Modellierung von
Unternehmensarchitekturen
Fragen an das IS-Management
Wie soll das Management der grundlegenden Bausteine von Informationssystemen gestaltet werden: Daten und Prozesse ?
Wie wird der Lebenszyklus einer einzelnen Anwendung von der ursprünglichen Idee über Entwicklung und Betrieb?
Wie kann die gesamte Systemlandschaft im
Unternehmen harmonisch gestaltet werden, d.h.
wie werden neue Informationssysteme
aufeinander abgestimmt und ins bestehende
Portfolio eingefügt?
(Enterprise Architecture)
Zusammenspiel von Elementen der Informationstechnologie und der geschäftlichen Tätigkeit im Unternehmen. Sie ist ge- kennzeichnet durch einen ganzheitlichen Blick auf die Rolle der IT im Unternehmen
Architektur = Beschreibung (Modell) der grundsätzlichen
Struktur der Teile eines Systems sowie der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Elementen
ISO-Standard 15704 „Allgemeine Anforderungen an Unternehmensarchitektur“
ANSI/IEEE Std. 1471-2000
The fundamental organization of a system, embodied in its
components, their relationships to each other and the environ- ment, and the principles governing ist design and evolution.
Unternehmensarchitektur
Strategieebene: Produkte / Dienstleistungen Marktsegmente
Strategische Unternehmensziele / Vorhaben / Projekte Interaktion mit Kunde oder Zulieferern
Organisationsebene: Vertriebskanäle Geschäftsprozesse Organisationseinheiten
Rollen / Verantwortlichkeiten Informationsflüsse / Standorte
Integrationsebene: Applikationen und Applikationsdomainen Fachliche Services
IS-Funktionalitäten Informationsobjekte Schnittstellen
Softwareebene: Softwarekomponenten Datenstrukturen
IT-Infrastrukturebene: Hardwarekomponenten Netzwerkkomponenten
Weiterentwicklung von Architekturen
Typ1-Architektur vs. Typ2-Architektur
– Typ1: Beschreibung der Unternehmensarchitektur zu einem bestimmten Zeitpunkt (Momentaufnahme)
– Typ2: Schwerpunkt ist Prozess zur
Weiterentwicklung der Unternehmensarchitektur
Prozess zur Weiterentwicklung
– Weiterentwicklung vom IST zum SOLL als Kreislauf betrachten
– Geschäfts-/IT-Strategie bestimmt Transformation der Ist-Architektur
– Regelmäßige Anpassung bei Änderungen
– Ansätze in Enterprise Architektur Frameworks
Anwendungsszenarien für Unternehmensarchitektur
Planung IT-Strategie
IT/Business-Alignment
Prozessoptimierung
Architekturkonformität von Projekten
Management des Anwendungsportfolios
Qualitätsmanagement
Security-Management
Business-Continuity-Planung (IT-Notfallplanung)
IT-Konsolidierung
Standardsoftware-Einführung
Compliance-Management
Sourcing-Entscheidungen
Unterstützung von Fusionen / Übernahmen / Teilungen
bei der UBS AG Zürich
Business Architecture
– Tasks and targets at a strategic level
– Business principles
Application Architecture
– Partitioning of business-oriented functionality into (reference) models according to different viewpoints
Software Architecture
– Set of rules (guidelines, patterns) for software development;
may result in application infrastructure components
Technical Architecture
– Set of products (basic platforms) and a set of rules and patterns how to apply these products
Operations Architecture
– Elements and Processes needed to run the software system of the bank
Enterprise Architecture Frameworks
Frameworks unterstützen Unternehmensarchitektur
Beispiele:
– Zachman Framework (1987): Einflussreicher Vorläufer heutiger Frameworks
– The Open Group Architecture Framework (TOGAF)
– Enterprise Architecture Frameworks amerikan. Behörden:
FEAF, E2AF, DoDAF
Werkzeuge
– IBM Rational System Architect
– IDS Scheer: ARIS
– alfabet: planningIT
– Casewise: Corporate Modeler
TOGAF
Umfassender Ansatz für Entwurf, Planung, Implementierung und Wartung von
Unternehmensarchitekturen
Entwickelt durch die Open Group
Aktuell (2009): Version 9
Kostenfrei verfügbar
4 Architekturbereiche: Geschäftsarchitektur, Informations- und Datenarchitektur,
Anwendungsarchitektur, Technologiearchitektur
definiert Prozess zur Architekturentwicklung
(Architecture Development Method, ADF)
Architekturbereiche
Geschäftsarchitektur: Strategie, Organisation, Geschäftsprozesse des Unter- nehmens, Ergebnis der Geschäftsprozessmodellierung Informations- und Daten- Daten mit ihren Beziehungen, die für die Durchführung architektur der Geschäftsprozesse benötigt werden
Datenmodell (stabil, vollständig, konsistent)
Informationsgruppen (Rollen) mit gleichem Info-Bedarf Anwendungsarchitektur: Anwendungen für die Ausführung der Geschäftsprozesse
stabiles Anwendungsportfolio Funktionalität / Informationen
Technologiearchitektur: Elemente für Aufbau und Betrieb der IT-Infrastruktur stabiles Anwendungsportfolio Basis für Beschaffung, Integration und Betrieb von
Anwendungen
Basisarchitekturen
Weitere Architekturen möglich:
• Sicherheitsarchitektur
• Betriebsarchiektur
Architecture Development Method (ADF)
TOGAF - Bestandteile
1.
TOGAF Architecture Develoment Method (ADM)
Methodik für Architekturentwicklung
Guidelines für Tools
Verweise auf Case Studies
2.
Enterprise Continuum = „virtuelles Repository“
Zwei Referenzmodelle:
Foundation Architecture: Technical Reference Model (TRM), Standards Information Base (SIB)
Integrated Information Infrastructure Reference Model (III- RM)
3.
TOGAF Resource Base
Guidelines, Templates u.ä. für Enterprise Architects
Referenzmodelle
Vgl. Begriff Modell: „wovon-wozu-für wen?“
Referenzmodell: nicht nur im Kontext eines IS, sondern auch in weiteren Anwendungskontexten
Referenzmodell
– Ebenen- und Architekturmodelle
– Metamodelle, Referenzmodelle, Tools zur Anwendung von Referenzmodellen
Ein Referenzmodell ist ein für eine Branche oder
einen ganzen Wirtschaftszweig erstelltes Modell, das allgemeingültigen Charakter haben soll. Es dient als Ausgangslösung zur Entwicklung unternehmens-
spezifischer Modelle (Becker/Schütte, 1996).
Referenzmodelle (Forts.)
Beispiele
– SAP R/3 Referenzmodell
– ISO/OSI Referenzmodell
– WFMC-Referenzmodell (Workflow Management)
Bereitstellung von Referenzmodellen durch Softwarehersteller
– Dokumentationsfunktion
– Zur Entscheidungsunterstützung beim Softwarekauf
– Schulung der Mitarbeiter
– Dokumentation der betrieblichen Abläufe, die durch die Software unterstützt wird
Architekturmodelle
UML
– Funktionsmodell: Funktionen des Systems aus der Sicht des Anwenders (Use Cases)
– Objektmodell: Klassendiagramm mit Attributen, Assoziationen, Operationen
– Dynamisches Modell: Aktivitäts-, Sequenz- und Zustandsbedingungen
ARIS (Scheer)
– Datensicht: Entity-Relationship-Modell
– Organisationssicht: Organigramm
– Vorgangssicht: Funktionsbaum
– Steuerungssicht: Ereignisgesteuerte Prozessketten (EPK)
MDA
– Beschreibung eines Informationssystems unabhängig von der technologischen Ebene
Metamodelle (Wirtschaftsinformatik)
Organisations- Sicht
Funktionssicht Datensicht
Steuerungssicht Leistungssicht
Scheer
Organisation Funktionen Daten
Personal Österle
Leistungssicht Lenkungssicht Ablaufsicht
Ferstl/Sinz
Organisations- Sicht
Funktions- Sicht
Datensicht Gehring
Prozess- Sicht
Organisations- struktursicht Aktivitäts- struktursicht Informations- struktursicht
Gadatsch
SAP R/3 Referenzmodell
Anwendungskomponentenmodell
Business-Objekt
Ereignis Funktion
SAP R/3 - Referenzmodell
Interaktionsmodell
Business-Objekt
Datenmodell
Prozessmodell
Organisationsmodell
Ereignis Funktion
Edition 2004
Quality Management Inventory Management
Supply to Line Manufacturing Execution
Supply Planning Manufacturing (Make to
Order, Make to Stock)
Event Management Vendor Performance
Billing Inbound Logistics
Operational Procurement Supplier Relationship
Management Supplier Collaboration
(Procurement)
Lifecycle Support Product Data
Management Preproduction
Phase Prototyping Phase
Verification of Concept Define Strategy &
Concept Product Lifecycle
Management
Business Analytics Financial Supply
Chain Management Corporate
Governance Financial
Accounting Management
Accounting Strategic Enterprise
Management Enterprise Management
Event Management Assembly
Inventory Management (Kit Management) Inbound Logistics
Planning CKD Assembly
Operations
Event Management
Financing, Leasing &
Insurance Services Vehicle
Delivery New & Used
Vehicle Sales Vehicle Planning
& Forecast Marketing
Customer & Vehicle Relationship Management Marketing, Sales &
Distribution
Dealer Channel Management Fleet & Rental Management
Customer Interaction &
Warranty Care Service & Workshop
Management Customer Service
Lifecycle Logistics Procurement
Manufacturing Sales & Delivery
Supply Network Planning Demand, Planning &
Forecasting Service Parts
Incentive & Commission Employee Life-cycle &
Einführung von Software
Alternative 1:
– Spezifikation künftiger Systeme nur auf Basis des Referenzmodells
– setzt voraus, dass alle (auch spezialisierte Funktionalitäten) beschrieben sind
– anderenfalls Verlust an Individualität
Alternative 2:
– Vergleich eigener Modelle mit dem Referenzmodell der Software
→ Anpassungsbedarf (Customizing)
– Anpassung der Software vs. Anpassung des Unternehmens
– Regel: Relevanz des Geschäftsprozesses (wie wettbewerbs- kritisch?) bestimmt Entscheidung
IF Prozess wichtig
THEN Änderung der Standardsoftware veranlassen ELSE Veränderung des Prozesses durch
Softwareeinführung akzeptieren
(z.B. Bildschirm-Masken oder Reports)
ARIS
ARIS = Architektur integrierter Informationssysteme
Eine methodenorientierte Architektur
Ein Programm zur Unterstützung bei der Modellierung
Unterscheidung
– ARIS Haus (die „Idee“)
– ARIS Toolset (das „Programm“)
Beschreibung von Unternehmen und Anwendungssystemen
Verwendung betriebswirtschaftlicher Beschreibungstechniken
Geschäftsprozess steht im Mittelpunkt der Betrachtung
Komplexitätsreduzierung durch Sichtenbildung
Die vier Sichten des ARIS-Hauses
Von Problem zur IT (Daten- und Prozessbeispiele)
fachliche Sprachwelt
halbformale Beschreibungsmethoden („Lieferant produziert Artikel“)
Modellhafte Abbildung der betrieblichen Realität unter
Berücksichtigung einer formalisierten Beschreibungsmethode („ERM“ bzw.
„EPK“)
Einbezug von DV-Spezifika
(„Relationen“ bzw. „Kontrollflüsse“)
Übertragung auf die konkreten DV- Komponenten („SQL-Code“ bzw.
„Java-Code“)
Sichten und Ebenen ARIS-Architektur
Modellierungstechniken auf Fachkonzeptebene
Organisationssicht
Bildet die Funktionen ausführenden Mitarbeiter, die Organisationseinheiten sowie deren Struktur
untereinander ab
Datensicht
Beschreibt Informationsobjekte, deren Attribute und Beziehungen
Informationsobjekte werden von Funktionen erzeugt, verwendet oder manipuliert und erhalten in Ereignissen definierte Zustände
Datenmodelle dienen zur Klärung und Strukturierung der betrieblichen
Begriffswelten, werden aber vor allem für Anforderungsdefinitionen von DV- Anwendungssystemen genutzt
Darstellung als
Fachbegriffsmodell (FBM)
Bestellung
Auftrag FB Lagerauftrag FB Beschaffungs- auftrag FB
bildet ab
Darstellung als
Entity-Relationship-Modell (ERM)
Ort
Datum Kunde
Artikel Bestellung
Gewicht Benennun
Artikel-Nr. g
(0,n)
(0,n)
Funktionssicht
Beschreibt und ordnet die durch Ereignisse ausgelösten Funktionen
Funktionssicht – Gliederungskriterien
Auftrag bearbeiten
Auftrag prüfen
Grunddaten erfassen
Positionsdaten erfassen
Kundenauftrag erfassen
Kundendaten erfassen
Finanzdaten erfassen
Bestelldaten erfassen
Kundenauftrag bearbeiten
Kundenauftrag anlegen
Kundenauftrag ändern 1. Prozess-Schritt
2. Prozess-Schritt 3. Prozess-Schritt
Prozessorientierte Funktionsgliederung
1. Verrichtung 2. Verrichtung 3. Verrichtung
1. Teilfunktion 2. Teilfunktion
Verrichtungsorientierte Funktionsgliederung
Objektorientierte Funktionsgliederung
Steuerungssicht
Bildet die durch die Sichtenbildung verlorenen Zusammenhänge in einer eigenen Darstellung
redundanzfrei ab
Das Zusammenwirken der
unterschiedlichen Komponenten wird durch die Prozessmodellierung beschrieben
Ereignisse zeigen Übergänge auf
EPK Sichtenintegration
Hintergrundinformationen zu ARIS
Entwicklungsgeschichte
– Idee: Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer, Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Saarbrücken
– Hersteller: 1984/85 IDS – Prof. Scheer Gesellschaft für integrierte Datenverarbeitungssysteme mbH
– Seit Anfang 1999: IDS Scheer AG am Neuen Markt
– Produkt: ARIS Toolset seit Version 3.x im größeren Einsatz, seit Version 6.0 auch mit relationaler
Datenbank (Oracle)
– Name: Bis Version 4.12 als ARIS-Toolset seit Version 5.0 als ARIS e-Business Suite aktuell als ARIS Design Platform
Nutzen der Modellierung mit ARIS
Objekte werden genau einmal, einheitlich definiert
Modelle erhalten ein einheitliches Layout (Vorlagen)
Änderungen an einem Objekt (z.B. Umbenennung einer Stelle) werden auf alle Modelle in der Datenbank
übertragen
Redundant angelegte Objekte lassen sich konsolidieren
Es existieren Zusatzfunktionen
– Web Publisher, Business Publisher
– Auswertungsreports (z.B. für Prozesshandbuch)
– Analysereports
– Simulationskomponente
– Prozesskostenrechnung (Activity Based Costing, ABC)
– Balanced Scorecard (BSC)