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Modalverben als Prädikat in der vietnamesischen Sprache

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(1)

Z. Phon. Sprachwiss. Kommun,forsch. (ZPSK), Berlin 42 (1989) 6, 778—781

Ng u ye n Min h Ha (Berlin)

Modalverben als Prädikat in der vietnamesischen Sprache

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B CTaTte oöcyjKgaeTcn Bonpoc oö ocoßemiocTnx BbeTiiaMCKiix Mosajibiiux rnarojioB.

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aaM CK OM n3bine MoryT caMOCTonTejibiio urpaTb pojn, cnaayeMoro bnpeAJiOHeeHini.

Die Präge der Modalverben in der vietnamesischen Sprache wird in einer Reihe von Grammatiken und Lehrbüchern erörtert.! In vietnamesischen Originalarbeiten werden dabei Benennungen verwendet, die übersetzt werden können als

d()ng tir tinh tliäi — Verben der Absicht und Einstellung (Ng uyen Kim Th a n, 165);

düng tir ein trijng thdi y chi — Verben, die den Willenszustand zeigen (U v Ban, 84f.) oder aber es wird auf eine Umschreibung als Gruppe von Verben, die W illen, W unsch, Fähigkeit, Absicht usw. ausdrücken, zurückgegriffen (Tbuong Da i Hoc, S. 57). Ob­

wohl es über die Zugehörigkeit des einen oder anderen Verbs Meinungsverschieden­

heiten gibt, ist man sich über die Existenz einer eigenständigen Gruppe derartiger

„Modalverben“ einig. Ihre Eigenschaft, sehr häufig in Verbindung mit anderen Verben aufzutreten, wird als syntaktisches Hauptmerkmal angesehen. Traditionell werden Modalverben als ein Teil des Prädikats, neben dem Hauptverb (döng tir chlnh), be­

trachtet.1 2

Der Einfluß der europäischen Sprachforschung auf die Untersuchung der Modal­

verben des Vietnamesischen ist bei einigen Autoren unverkennbar3, was nicht zuletzt daher rührt, daß man bei der Übertragung dieser Verben in eine andere Sprache oft auf Modalverben als Äquivalent zurückgreifen muß.

Obwohl natürlich Ähnlichkeiten im Gebrauch von Modalverben in verschiedenen Sprachen bestehen, wie z. B. die gemeinsame Verwendung mit anderen Verben, gibt es jedoch auch wesentliche Unterschiede. So ist für das Vietnamesische die Eigen­

schaft von Modalverben, in Verbindung mit anderen Verben im Infinitiv aufzutreten, von untergeordneter Bedeutung: Alle Verben in der vietnamesischen Sprache stehen immer im „Infinitiv“ . Außer Modalverben gibt es viele Verben, die unmittelbar im Zusammenhang mit einem zweiten Verb auftreten können. Zur Gruppe „Modalverben“

zählt man im Vietnamesischen nicht nur solche Verben wie

1 Vgl. u. a. Ng u y e n Kim Th a n, S. 165ff.; By s t r o v; Ng u y e n Ta i Ca n; St a n k e v iö, S. 97;

Tb u o n g Da i Ho c, S. 57 f f . ; V u Du y Tu, S. 88.

2 Ng u y e n Kim Th a n, S. 16 5; Ho a n o Th i Ch a u, S. 157 und Ng u y e n Th a n h Hu n g, S. 131.

3 Vgl. V u Du y Tu, S. 8 8; Ng u y e n Th a n h Hu n g, S. 130ff. und Co r d i e r, S. 82ff.

(2)

Z. Phon. Sprachwiss. Kommun.folgen. (ZPSK) 42 (1980) 6 779 muön ‘wollen’ , nèn ‘ sollen’ , sondern auch solche wie dinh ‘ beabsichtigen1, ma iróc, ao uóc

‘wünschen, träumen’, thxch ‘gefallen, gern liaben’,

die man in anderen Sprachen nicht unbedingt den Modalverben zuordnen würde/ 1 Die Modalverben des Vietnamesischen besitzen eine eigene, vollwertige Bedeutung. Ihre Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Sie können nicht nur zusammen mit Verben, sondern auch mit Vertretern anderer Wortarten benutzt werden. Hieraus wird verständlicher, warum bei der Zuordnung eines Verbs zur Gruppe der Modalverben oder alternativ zu einer anderen Gruppe Zweifel bzw. differierende Ansichten auf­

tret en können. Modalverben werden in der vietnamesischen Sprache nicht als Mittel zur Wiedergabe von indirekter Rede oder zur Bildung von Konditionalsätzen u. ä.

benutzt.

Welche Rollt können Modalverben im Satz übernehmen?

Betrachten wir zunächst einige typische Beispielsätze, die zwei Verben (ein Modal­

verb und ein 2. Verb) enthalten.

Tòi muchi bai.

(ich wollen schwimmen) ich will schwimmen.

Tòi phòi <li.

(ich müssen gehen) Tch muß gehen.

Tòi dinh ngù.

(ich beabsichtigen schlafen) (ich beabsichtige zu schlafen.

Bezüglich aller dieser Sätze steht primär nur fest, daß das Subjekt den Willen, die Pflicht, die Absicht zu einer bestimmten Handlung hat; ob diese Handlung, die durch das zweite Verb ausgedrückt wird, tatsächlich realisiert wird, ist sekundär, vgl.:

Höm qua tòi muchi bai nbirng bè bai döng cfru vi ly do l«y tliuAt.

(gestern ich wollen schwimmen aber das Bad schließen Tür wegen Grund Technik) Gestern wollte ich schwimmen, aber das Bad hatte aus technischen Gründen geschlossen.

Somit liefert also das Modalverb die Hauptaussage, die sich ihrerseits auf das zweite Verb richtet.

An Stelle des 2. Verbs können auch andere Wörter (Wortgruppen, Sätze) erscheinen, die sich zu dem Modalverb genauso wie das zweite Verb verhalten.4 5

Vgl.: Anh ày nuiòn fin. (M odalverb-fV erb) (er wollen essen)

Er will essen.

und Anh ày nuiòn inòt eòe bin. (Modalverb + Subst.) (er wollen ein Glas Hier)

Er möchte ein Glas Bier.

bzw. Anh ày muon *ràng tàp thè ùng h§ y kién eòa anh ày. (Modalverb 4- Satz) (er wollen daß Kollektiv unterstützen Meinung seine)

Er möchte, daß das Kollektiv seine Meinung unterstützt.

4 Weitere Verben dieser Gruppe: cun ‘ brauchen’ , phäi ‘ müssen’, cän phni ‘ müssen, Pflicht haben’, khöi ‘nicht müssen, nicht brauchen’, dam ‘sich erkühnen, wagen’ , cö ‘sieh an­

strengen’ , toan ‘vorhaben, beabsichtigen’ , nö ‘sich erdreisten, (schlechte) Absicht haben’, cö the ‘können’ u. a.

5 Vgl. Ng u y e n Ta i Ca n, S. 252.

51*

(3)

780 Ng u y e n Min h Ha, Modalverben in der vietnamesischen Sprache Bä cu cun ngü. (Modalverb + Verb)

(Frau alt brauchen schlafen) Die alte Frau braucht den Schlaf.

Bä cu cän am. (Modalverb + A d j.) (Frau alt brauchen warm)

Die alte Frau braucht Wärme.

Bä cu cän cliüng töi giäp dö tlnrirng xuyen. (Modalverb + Satz) (Frau alt brauchen wir helfen regelinällig)

Die alte Frau braucht unsere regelmäßige Hilfe.

Die halbfett gedruckten Satzteile zeigen eine Abhängigkeit0 vom Modalverb und er­

gänzen dieses.7 Dementsprechend wird auch von einer Reihe anderer Autoren das Modalverb als Zentrum der Wortgruppe des Verbs8, das 2. Verb (Substantiv, Adjek­

tiv, Satz) als „ycü to plm“ , „thänh to phu“ (Nebenglied, Nebenelement) behandelt.9 Den nach dem Modalverb stehenden Satzteil kann man ersetzen, erweitern oder zum Anfang des Satzes verschieben. Dies bekräftigt die relative Selbständigkeit des Modalverbs einerseits und des nach dem Modalverb stehenden Satzteils andererseits.

In Sprechsituationen können Modalverben auch allein stehen und den ganzen Satz vertreten.

Töi cö nen <li Iläi Phöng khöng?

(ich ja sollen fahren Haiphong nein) Soll ich nach Haiphong fahren?

N6n. (sollen) Ja.

Man kann somit feststellen: Das Verb (Substantiv, Adjektiv, Satz), das nach dem Modalverb stellt, übt die Funktion einer Ergänzung zum Modalverb aus. Faßt man das durch das Modalverb Ausgedrückte (Wille, Wunsch, Absicht usw.) verallgemei­

nernd als innere Bewegung bzw. geistige Handlung auf, so stellt sich diese Ergän­

zung als Objekt dar (Objekt, auf das sich eine innere Bewegung richtet oder bezieht).

Daß als Objekt oft ein Verb gefordert wird, ist eine Eigenschaft von Modalverben, genauso wie es Verben gibt, die z. B. ein Substantiv mit Präposition als Objekt ver­

langen. Sätze mit Modalverben als Prädikat weisen mithin die Struktur S - P - 0

(Modalverb) auf.

Abschließend sei zur Illustration des Gesagten die Analyse eines komplexeren Bei­

spiels, eines bekannten Satzes von Hö Chi Minh angeführt10:

(1) Cun Ho phäi chän di, inät thäy, tai nghe, mieng nöi, tay läm, öc nghl.

(Funktionäre müssen Fuß gehen Auge sehen Ohr hören Mund sprechen Hand tun Ge­

hirn denken)

Funktionäre müssen überall sein, alles sehen und hören, sprechen, tun und denken können.

Dieser Satz ist nicht tiur ein Leitgedanke für Funktionäre, sondern auch ein ausge­

zeichnetes Beispiel des Gebrauchs von Modalverben im Vietnamesischen.

0 Vgl. By s t r o v; Ng u y e n Ta i Ca n; St a n k e v i ö, S. 97: zavisirny] ilen — abhängigos Glied.

7 Vgl. Tb u o n o Da i Ho o, S. 57: „yöu to bö sung“ — ergänzendes Glied.

8 „Wortgruppe des Verbs“ : Eine Konstruktion mit einem Verb als Kern, das von einem oder mehreren W örtern bestimmt wird.

9 Vgl. z. B. Tr u o n g Da i Ho c, S. 58 und 70; Ng u y e n Ta i Ca n, S. 253.

10 Vie n Ng o n Ng u Ho c, S. 88

(4)

Z. Phon. Spraehwiss. Koinmunik.forsch. (ZPSK) 42 (1089) 6 781 Im Satz sind ein Modalverb (phäi-müssen) und andere Verben (di-gehen, thâÿ- sehen, nghe-hören, nöi-sprechen, làm-tun, nght-denken) vorhanden, jedoch besteht zwischen ihnen zunächst keine direkte Verbindung. Die nach dem Modalverb phäi

‘müssen’ stehenden Wörter bilden geschlossene Gruppen, bestehend jeweils aus einem Substantiv, das ein bestimmtes Körperteil beschreibt und anschließend einem Verb, das eine entsprechende Bewegung anzeigt. Letzteres wird durch die Wortkombination insgesamt an das Modalverb phäi ‘müssen’ geknüpft. Man kann weder die Substantive noch die Verben auslassen, auch nicht die Reihenfolge zwischen ihnen ändern. An­

derenfalls wird die Aussage völlig verändert bzw. sinnlos. Vgl. zu (1):

(2) bän hi) phäi ili, tliäy, nghe, mii, läin, nglii.

(Funktionäre müssen gehen sehen hören sprechen tun denken) (3) ( ¡in ln) phäi cliän, niât, tai, iniçng, tay, 6c.

(Funktionäre müssen Fuß Auge Ohr Mund Hand Gehirn)

(4) kän ho phäi di cliän, tliäy m it, nghe tai, noi iniçng, liun tay, nglii öc.

(Funktionäre müssen gehen Fuß sehen Auge hören Ohr sprechen Mund tun Hand denken Gehirn)

Die Auffassung „Modalverb + Hauptverb = Prädikat“ findet also keine Bestätigung.

Vielmehr wird durch die obige Betrachtung verdeutlicht, daß das Verb phäi ‘ müssen’

die Hauptrolle im Satz spielt. Es steht in Verbindung mit dem Subjekt und fordert einen Satz als Ergänzung. 11 Die Verben di, thâÿ, nghe, nôi, làm, nghl können nicht vor die Substantive chân, mât, tai, miçng, tay, öc geschoben werden, w’eil sie inner­

halb des Objektsatzes als Prädikate ihren jeweiligen Subjekten postpositionieren müssen.12

Somit fungiert das Verb phäi ‘ müssen’ als Prädikat:

( än hä phäi cliän di, mät thäy, . . 6c nglii.

: ( S - P ) ( S - P ) . . . ( S - P ) S - P - O

Literatur

By s t r o v, L S . ; Ng u y e n Tai Ca n; Sta nkkviö, N . V. (1 0 7 5 ): Grammatika v’etnamskogo jazyka, Leningrad.

Co r d i e r, G. (1032): Cours de langue annamite, Hanoi.

Ho a n g Th i Ch a u (1082): Grundkurs Vietnamesisch, 1. Auf]., Leipzig.

Le Xu a n Th a i (1083): Nghîa công eu trong câu tiêng Viel, in: Ngôn ngü, Hanoi, 2, S. 37-42.

Ng u y e n Kim Th a n (1977): Dong tfr trong ticng Viçt, Hanoi.

Ng u y e n Min h Ha (1 9 8 7 ): Die Satzglieder des einfachen Satzes in der vietnamesischen Sprache, Diss. A, H UB, Berlin.

Ng u y e n Ta i Ca n (1975): Ngfr phäp tiêng Viçt (Ticiig-Tfr ghép-Doân ngft), Hanoi.

Ng u y e n Th a n h Hu n g (1970): Einführung in die vietnamesische Sprache, Frankfurt/Main.

Haikdhjioh, B. C., (1984): HcxogHbie nommm HbeniaMCKoro ciurraKCHca, in: Bonpocu ii.hjkos- iiaiiHH, Moeiuia, 1, S. 66—70.

Tr u o n g Da i Hoc To n g H oe Ha n o i (1976): Giäo trink lÿ thuyct ticng Viçt (II), Hanoi.

Uy Ba n Kh o a Hog Xa Ho i Vi e t n a m (1983): Ngü pliäp tiling Viçt, Hanoi.

Vie n Ng o n Ng u Hog (1980): Hoc tap phong each ngôn ngü (din tjcli Ho thi Minli, Hanoi.

Vu Duy Tu (1983): Lehrbuch der vietnamesischen Sprache, Huinburg.

Dr. Ng u y e n Min h P1a, Humboldt-Universität zu Berlin, Sektion Asienwissenschaften, Bereich Südostasien

11 Vie n Ng o n Ng u Ho c, S. 8 8 ; Pa n f i l o v, S. 70. 12 V g l. Le Xu a n Th a i, S. 41.

Referenzen

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