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Anwendung der Methoden und Prinzipien der sozialraumorientierten Arbeit auf die ambulante sozialpädagogische Familienhilfe

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Academic year: 2021

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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung

Bachelorthesis

Anwendung der Methoden und Prinzipien der

sozialraumorientierten Arbeit auf die ambulante

sozialpädagogische Familienhilfe.

Bachelorarbeit

im berufsbegleitenden Studiengang Soziale Arbeit (Bachelor) von

Knöller, Christian

URN: urn:nbn:de:gbv:519-thesis2018-0106-2

Erstprüfer: Prof. Dr. Boettner

Zweitprüfer: Prof. Römer

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Abstract:

Diese Bachelorthesis beschreibt zunächst die ambulante sozialpädagogische Familienhilfe und wird untersuchen, ob und in welchem Umfang die beschriebenen Prin-zipien und Methoden der Sozialraumorientierung auf die SPFH angewendet werden kön-nen.

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Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG ... 1

1 AMBULANTE SOZIALPÄDAGOGISCHE FAMILIENHILFE... 3

1.1 Grundmerkmale der ambulanten Familienhilfe ... 3

1.2 Arbeitsansätze der sozialpädagogischen Familienhilfe ... 4

1.3 Anspruch, Adressaten und Ausschlusskriterien der Hilfe zur Erziehung ... 5

2 SOZIALRAUMORIENTIERTE ARBEIT ... 9

2.1 Der soziale Raum ... 10

2.2 Grundprinzipien der sozialraumorientierten Arbeit ... 11

2.2.1 Am Willen der Menschen orientieren ... 11

2.2.2 Selbsthilfe und Eigeninitiative fördern ... 12

2.2.3 Fokussierung auf die Ressourcen der Menschen ... 13

2.2.4 Fokussierung auf die Ressourcen des Sozialraumes ... 14

2.2.5 Bereichsübergreifende Sichtweise, Koordination und Kooperation ... 15

2.3 Das SONI-Schema ... 17

2.3.1 Definition des SONI-Schemas ... 17

2.3.2 Zugrundeliegende Theorien ... 19

2.3.3 Handlungsfelder und Methoden ... 20

3 SOZIALRAUMORIENTIERUNG ALS UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE SPFH ... 27

3.1 Prinzipien der sozialraumorientierten Arbeit auf SPFH anwenden ... 27

3.2 Methoden der sozialraumorientierten Arbeit auf die SPFH anwenden ... 31

4 FAZIT ... 38

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Einleitung

In den Hilfen zur Erziehung, nach dem achten Sozialgesetzbuch, nimmt die am-bulante sozialpädagogische Familienhilfe einen großen Stellenwert ein. In der Form der Hilfe werden Familien bei der Lösung ihrer Problemlagen betreut. Diese vielfältigen Un-terstützungen werden auf den Einzelfall angepasst, angewendet und bedienen sich je nach Familiensituationen verschiedenen Methoden und Theorien. Da übergeordnete Ziel ist dabei die Sicherung des Kindeswohls. Da viele Arbeitsweisen für die sozialpäda-gogische Familienhilfe genutzt werden, soll in dieser Bachelorthesis untersucht werden, wie und ob die Prinzipien und Methoden der sozialraumorientierten Arbeit für die derzeit gestaltete sozialpädagogische Familienhilfe anwendbar sind.

Im ersten Kapitel wird auf die ambulante sozialpädagogische Familienhilfe ein-gegangen, die den einzelnen Klienten oder eine Familie in den Fokus ihrer bedarfsori-entierten Hilfe nimmt und somit an dem Einzelfall orientiert ist. Es werden zunächst ei-nige Grundmerkmale der ambulanten Hilfe zur Erziehung benannt, um im Anschluss die verschiedenen Arbeitsansätze aufzuzeigen und darzustellen, dass die sozialpädagogi-sche Familienhilfe Auszüge aus mehreren Methoden vereint. Dieser Methodenmix aus verschiedenen Ansätzen bietet die Grundlage für eine mögliche Anwendung einiger Prinzipien und Methoden der sozialraumorientierten Arbeit. Danach werden die gesetz-lichen Rahmenbedingungen erörtert, um zu klären, wer Anspruch auf die ambulante Fa-milienhilfe hat, wer die Adressaten einer solchen Hilfe sind und unter welchen Bedingun-gen eine ambulante Familienhilfe nicht installiert werden kann oder sollte.

Nach den Merkmalen der sozialpädagogischen Familienhilfe, wird beschrieben, was man unter dem sozialen Raum verstehen kann und welche Bedeutung er für die in ihm lebenden Menschen hat. Es werden danach die Grundprinzipien der Sozialraumori-entierung erörtert, um die zentralen Ideen dieses Konzeptes vorzustellen. Im Anschluss wird das SONI-Schema dargestellt, die vier Handlungsfelder erläutert und die methodi-schen Einflüsse für die Erstellung des Schemas vorgestellt. Für jedes dieser vier Hand-lungsfelder wird eine Methode dargestellt.

In dem dritten Abschnitt wird der Versuch unternommen, ob und wie die vorge-stellten Prinzipien und Methoden aus der sozialraumorientierten Arbeit auf die ambu-lante sozialpädagogische Familienhilfe hypothetisch angewendet werden können. Es soll geklärt werden, ob zwei so unterschiedliche Arbeitsansätze in Auszügen vereint wer-den können, um wer-den Methower-denmix der sozialpädagogischen Familienhilfe um einen the-oretischen Handlungsansatz zu erweitern.

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Personengrup-differente, biologische und nichtbiologische/soziale Geschlechtszugehörigkeiten gleich-ermaßen miteinschließen und ansprechen.

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1 Ambulante sozialpädagogische Familienhilfe

Zu Beginn wird die sozialpädagogische Familienhilfe (auch abgekürzt mit der ge-bräuchlichen Verwendung SPFH) kurz erläutert. Es wird auf die rechtlichen Grundlagen eingegangen, es werden Arbeitsansätze skizziert und es wird untersucht, wer die Adres-saten der ambulanten sozialpädagogischen Familienhilfe sind.

1.1 Grundmerkmale der ambulanten Familienhilfe

Bevor die rechtlichen Grundlagen umfassend dargelegt werden können, soll für ein besseres Verständnis dieser zunächst die allgemeinen Merkmale der ambulanten Familienhilfe im Folgenden zu nennen. Die ambulante Hilfe zur Erziehung soll nach Heintz und Seithe die Gewährleistung einer Erziehung der Kinder zu ihrem Wohle, vor allem in der familiären Häuslichkeit und im sozialen Umfeld der Minderjährigen, ermög-lichen und sichern. Das Hauptaugenmerk dieser Hilfeform liegt dabei auf der Entwick-lung der Kinder und Jugendlichen in der Familie und der Wahrnehmung der elterlichen Aufgaben durch die Kindeseltern selbst. Bei diesen Prozessen wird die Familie begleitet und unterstützt. Die Entwicklung hin zur Autonomie und der Erweiterung der sozialen Kompetenzen der Minderjährigen und deren Eltern, mit Hilfe von pädagogischen Ange-boten soll, gefördert und forciert werden. Diese Prozesse können nur angestoßen wer-den, wenn die Klienten aus eigenem Antrieb heraus und freiwillig mitwirken. Auch wenn die Eigenmotivation der Betroffenen nicht von Beginn der Hilfe an besteht, ist die Moti-vation für die Hilfe selbst ein entscheidender Aspekt im Vorfeld, ohne den die Verände-rungsprozesse nicht angestoßen werden können (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 62f).

Ausschlaggebend für den Prozess der Motivationsentwicklung der Klienten ist, nach Auffassung von Heintz und Seithe, ein intensiver Beziehungsprozess, welcher im Wesentlichen von gegenseitigem Vertrauen, Respekt, Partizipation und Empowerment geprägt ist. Denn nur so können Eltern, welche eventuell selbst mangelnde Bindungen zu ihren Bezugspersonen erfahren haben, motiviert werden, sich auf die Hilfe einzustel-len und diese zuzulassen. Um die häufig bestehenden Defizite an emotionaler Zuwen-dung oder Struktur in diesen Familien positiv beeinflussen zu können, dient die Fachkraft mit den gerade beschriebenen Eigenschaften, als Modell für die Klientel. Die Menschen, welche ambulante Hilfen zur Erziehung erfahren, werden als Subjekte wahrgenommen und sind Kooperationspartner für die Fachkraft. Auch in Fällen von akuter Kindeswohl-gefährdung sind die Eltern nicht als feindliche Einheit gegenüber ihren Kindern zu be-greifen, sondern als Persönlichkeiten, die zum Wohle ihrer Kinder beitragen können. Um

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ambulante Hilfe zur Erziehung die negativen oder einschränkenden Faktoren in der So-zialisation der Klienten transparent und kritisch aufgezeigt, um gemeinsam mit der Fa-milie an einer Entwicklung im Sinne des Kindeswohls zu arbeiten (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 63).

1.2 Arbeitsansätze der sozialpädagogischen Familienhilfe

In der sozialpädagogischen Familienhilfe finden einige methodische Ansätze ihre Beachtung, sie werden in verschieden Situationen und in unterschiedlicher Ausprägung angewendet. Es finden Arbeitsansätze, wie z.B. Lebensweltorientierung oder Empower-ment in der SPFH Anwendung. Auf diese beiden Methoden wird im Kapitel 2.3 der vor-liegenden Arbeit eingegangen und im Zusammenhang der sozialraumorientierten Arbeit kurz beschrieben.

Exemplarisch werden nun einige weitere Arbeitsansätze kurz erläutert, welche sich nach Heintz und Seithe, an den rechtlichen Rahmenbedingungen der Kinder- und Jugendhilfe orientieren und somit eine auf wissenschaftlichen Grundlagen beruhende Sozialpädagogik ermöglichen und entstehen lassen. Das übergeordnete Ziel all dieser Methoden ist es, die Klienten bei ihrer individuellen Lebensbewältigung respektvoll zu unterstützen und Partizipation am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 45).

Nach Martin Schmidt findet die Zielgruppenorientierung in der SPFH Anwendung. Bei dieser Methode werden die Interessen der Klienten parteilich vertreten und einige Aufgaben der Menschen zum Teil von den Sozialarbeitern übernommen. Damit wird diese Art der Hilfe für die Familie erlebbar, da die Interessenvertretung gegenüber Äm-tern, Behörden und Institutionen im Alltag der Familien für Entlastung sorgen kann. Durch die Interaktion der sozialpädagogischen Fachkraft mit den genannten institutio-nellen Verbindungsstellen, kann die Teilhabe der Familie am gesellschaftlichen Leben gesichert oder erleichtert werden. Auch das dadurch entstehende „Lernen am Modell“, welches der Sozialpädagoge den Klienten in der Zusammenarbeit mit den Behörden aufzeigt, kann für die Vermittlung und Erweiterung von Kompetenzen für die Familie in Frage gestellt werden. Durch die Vertretung der Interessen durch die sozialpädagogi-sche Fachkraft, kann es eine Abhängigkeit der Familie gegenüber dem Helfer entstehen und der Wunsch nach Veränderung der einzelnen Familienmitglieder, kann in den Hin-tergrund gedrängt werden. Außerdem kann bei einer intensiven Anwendung dieser Me-thode, und der damit einhergehenden persönlichen Identifizierung des Familienhelfers mit den Interessen der Klienten, die wichtige professionelle Distanz verloren gehen und sich abmindern (vgl. Schmidt 2007, S. 15).

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Im familiensystemischen Arbeitsansatz werden nach Schmidt die wechselseiti-gen Beziehunwechselseiti-gen und ihre dynamischen Auswirkunwechselseiti-gen auf das familiale System bear-beitet. Hauptbestandteile sind dabei die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder und deren Auswirkungen, sowie der Einfluss der externen Bedingungen des Lebensum-felds. Aufgrund der Komplexität dieses Ansatzes werden andere Methoden vorausge-setzt und finden Anwendung (vgl. Schmidt 2007, S. 19).

Neben dem Spezifikum der aufsuchenden Hilfeform der ambulanten sozialpäda-gogischen Familienhilfe ist nach Schmidt festzuhalten, dass die gemeinsam mit der Fa-milie vereinbarten Ziele nicht nur durch Gespräche oder Beratung zu erreichen sind, sondern vielmehr durch praktisches Handeln. Dennoch sollte die Kommunikation zwi-schen der sozialpädagogizwi-schen Fachkraft und der Klientel an die sprachliche Gebräuch-lichkeit der jeweiligen Familie angepasst werden. Außerdem sollten in der Arbeit der Fachkraft zwei Faktoren gleichermaßen Berücksichtigung finden. Zum einen sollte die Hilfe auf die ökonomischen Gegebenheiten der Familien abzielen und diese verändern, verbessert oder halten. Zum anderen kann eine Hilfe, welche jedoch die „innerpsycho-logischen oder systemischen Faktoren“ außer Acht lässt, mittelfristig und nachhaltig keine Verbesserung im Familienverbund erzielen (vgl. Schmidt 2007, S. 20).

1.3 Anspruch, Adressaten und Ausschlusskriterien der Hilfe zur Erziehung

Ob ambulante Hilfe zur Erziehung gewährt und installiert werden kann, ist nach Heintz und Seithe nicht mit objektiven Anhaltspunkten, wie z.B. dem Alter der Klienten, beurteilbar. Um über eine Hilfegewährung zu entscheiden ist eine „fachliche Einschät-zung der psychosozialen Ausgangslage“ erforderlich (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 46). Die beiden Autoren zitieren einen Kommentar zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (im Folgenden wird die gebräuchliche Abkürzung KJHG verwendet) von Wiesner, in dem dieser beschreibt, dass die Angebote des KJHG individuelle Hilfen zur Erziehung sind, und als solche dem Einzelfall und den jeweiligen Gegebenheiten angepasst und entwi-ckelt werden müssen. Alle Hilfen zur Erziehung sind individuelle Rechtsansprüche und somit keine „Ermessensentscheidungen“. Im achten Teil des Sozialgesetzbuchs, wel-ches das KJHG beinhaltet, sind Kriterien definiert, welche der Frage nachgehen sollen, ob die Gegebenheiten, unter denen Kinder- oder Jugendliche aufwachsen, ausreichend sind, um die im § 1 SGB VIII angestrebten Entwicklungsziele zu einer eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu erfüllen (vgl. § 1 SGB VIII). Weiter wird be-schrieben, dass die Hilfen zur Erziehung dann zu gewähren sind, wenn die Erziehungs-prämissen die Sicherung des Wohls des Kindes nicht sicherstellen. Ausschlaggebend

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um eine Ausgangsituation und deren anhaltenden Dauer, durch die eine Kindeswohlge-fährdung wahrscheinlich folgen könnte. Es muss sich nicht zwangsläufig um eine akute Kindeswohlgefährdung handeln.

Der vorhandene Rechtsanspruch und dessen Feststellung setzt einen Bedarf und dessen Wahrnehmung durch einen Mitarbeiter der Jugendämter voraus. Dieser muss anschließend eine Einschätzung über die Gewährung einer Erziehung zum Kin-deswohl abgeben muss. Da das KinKin-deswohl nach Heintz und Seithe ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, muss die Anspruchsfrage von sozialpädagogischen Fachkräften ge-klärt werden. Um diese für die Familie oft folgenschwere Entscheidung letztlich treffen zu können, sind wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich. Diese Entscheidung darf nicht aus subjektiven Beweggründen heraus getroffen werden. Auch finanzielle Gege-benheiten dürfen nicht ausschlaggebend sein (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 46f).

Trotz der wissenschaftlichen Erkenntnisse, welche möglichst objektiv bearbeitet werden sollten, ist nach Heintz und Seithe die Beantwortung der Kindeswohlfrage immer auch eine Interpretation mit subjektiven Anteilen, welche sich aus der Wertung des Sach-verhaltes durch die zuständige sozialpädagogische Fachkraft des Jugendamtes oder aus der gesellschaftlichen Sichtweise ergeben. Entscheidend für das Beantworten offe-ner Fragen ist das individuelle Menschenbild und die Wertschätzung der Klienten gene-rell. Aufgrund der beschriebenen subjektiven Anteile bei der Entscheidung ob Hilfe zur Erziehung gewährt werden kann, besteht immer die Gefahr von Interpretation, Willkür und Zufall. Werden diese Merkmale von Entscheidungsträgern aus den verschiedensten Gründen willkürlich ausgelegt, um eventuelle Kosten einzusparen oder werden die Kon-trollinteressen übersteigert war genommen, ist besondere Vorsicht geboten.

Heintz und Seithe beziehen sich in ihrer Arbeit auf den § 27 des KJHG und be-schreiben Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfen zur Erziehung (im Folgenden mit der gebräuchlichen Abkürzung HzE). Die HzE muss aus verschieden Gründen ge-eignet sein. Darunter ist zu verstehen, dass im existenten Fall davon ausgegangen wer-den kann, dass sich die Bedingungen oder die Problemsituationen der Familie oder des Minderjährigen durch verschiedene Methoden der Hilfe zur Erziehung ändern lassen. Des Weiteren muss die Klientel prinzipiell in der Lage sein, an der Hilfe mitzuarbeiten, auch wenn sie dafür erst motiviert werden muss.

Die Hilfe zur Erziehung muss für die Klienten vonnöten sein. Das bedeutet, dass für die Lösung der zum Teil massiven Probleme in den Familien keine anderweitigen, weniger aufwändigen Möglichkeiten, wie z.B. Schulsozialarbeit oder Erziehungsbera-tung, in Betracht kommen. Ob eine Hilfe zur Erziehung notwendig und geeignet ist, wird in einer detaillierten und eindringlichen Diagnostik durch den Allgemeinen Sozialen Dienst des zuständigen Jugendamtes entschieden. Eine derartige Entscheidung treffen

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zu können, setzt ein umfangreiches und breit gefächertes Wissen über die pädagogische Angebotslandschaft der ambulanten Hilfen in der Region voraus (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 47f).

Der § 1 des achten Sozialgesetzbuches beschreibt das Recht jedes jungen Men-schen zur Förderung seiner Entwicklung und es wird das Recht auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gesellschaftsfähigen Person formuliert. Nach Heintz und Seithe tritt der junge Mensch somit als Träger der Menschenwürde (vgl. Art. 1 Grundge-setz (GG)) auf und welchem das Recht auf die freie Persönlichkeitsentfaltung nach Art. 2 GG eingeräumt wird. Die Eltern bzw. die Sorgeberechtigten haben die Verantwortung für die Pflege und die Erziehung ihrer Kinder (vgl. § 1 Abs. 2 SGB VIII). Der Staat wacht nach § 1 Abs. 2, Satz 2 SGB VIII über die Erziehungs- und Pflegeverantwortung der Eltern (vgl § 1 Abs. 2, Satz 2 SBG VIII). Grundlegend wird im Grundgesetz davon ge-sprochen, dass die Pflege und Erziehung das Recht und die Pflicht der Eltern sind (vgl. Art. 6, Abs. 2, Satz 1 GG). Das Recht auf die Erziehung des Kindes durch die Eltern entspricht der Elternverantwortung (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 48).

Das Kinder- und Jugendhilfe Gesetz des achten Sozialgesetzbuches ist nach Heintz und Seithe auf die Sicherung des Wohles des Kindes oder des Jugendlichen in der Familie ausgerichtet. Bei der Frage nach den notwendigen Bedingungen für die Er-ziehung des Minderjährigen, wird zunächst die Qualität in dessen Familie oder Ersatzfa-milie untersucht. Somit sind die Eltern oder Erziehungsberechtigten die Träger des Rechtsanspruches für die ambulante Hilfe zur Erziehung. Die ambulante sozialpädago-gische Familienhilfe richtet sich an die Familien und unterliegt den Bedingungen des Sozialen Gesetzbuches. Es steht dabei die Beziehung zwischen den Elternteilen und den Kindern im Fokus zur Sicherung des Kindeswohls. Die zentralen Hilfen zur Erzie-hung im SGB VIII sind dabei die ambulanten, klientenzentrierten Hilfen. Heintz und Seithe zitieren in ihrem Werk zu ambulanten Hilfen zur Erziehung den Dozenten Wies-ner, welcher formuliert, dass durch die Wahrnehmung der Erziehungsaufgaben durch die Eltern und durch die Unterstützung von bedarfsgerechten und rechtzeitigen Hilfen zu Erziehung das Elternrecht auf Erziehung sowie das Kindeswohl gesichert werden. Eine gestörte Interaktion zwischen Kindern und ihren Eltern ist dabei im Mittelpunkt der am-bulanten Erziehungshilfen, welche dann als geeignet und notwendig erachtet werden, wenn sie in der Lage sind diese Interaktion zu verbessern. In dem Prozess der Verbes-serung sollten die vorhandenen familiären Ressourcen genutzt oder neue aktiviert wer-den. Die Arbeit mit den Eltern ist dabei ein elementarer Bestandteil der Hilfen zur Erzie-hung. Kann dieses entscheidende Merkmal in der Einzel- oder Gruppenarbeit nicht

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um-Auch ein ganzheitlicher und systemischer Blick, über das System Familie hinaus, findet Anwendung. Jedoch sind Ziele, die ohne die Einbeziehung des Elternhauses be-arbeitet werden, nach Heintz und Seithe, nur wenig erfolgsversprechend. Eine Aus-nahme bei der Einbeziehung der Eltern kann z.B. die Ablösung eines Jugendlichen aus dem Familiensystem sein. Daher sind die familienbezogenen ambulanten Hilfen von gro-ßer Bedeutung. Dabei ist die sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31 SGB VIII) nur eine Möglichkeit der ambulanten Hilfen zur Erziehung nach dem § 27 des SGB VIII (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 50).

Weitere sozialrechtliche Rahmenbedingungen sind nach Schmidt, außer den ge-nannten, noch in dem § 2 Abs. 1 SGB I verortet. Dieser Paragraph formuliert das Recht zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit. Dadurch soll ein des Menschen würdigendes Dasein und die freie Entfaltung der Persönlichkeit ermöglicht und gesichert werden. Die Familie soll geschützt sowie gefördert werden und besondere Belastungen des Lebens durch Hilfe zur Selbsthilfe abgewendet oder ausgeglichen wer-den. Alle nachfolgenden Gesetze des Sozialrechts sind nach den Vorschriften des § 2 Abs. 2 SGB I zu beachten. Die sozialen Rechte sollen weitgehend verwirklicht und si-chergestellt werden.

In der Zusammenfassung des § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgebe-rechtigter bei der Erziehung eines Minderjährigen Anspruch auf Hilfen zur Erziehung, wenn eine Erziehung dem Kindeswohl entsprechend nicht sichergestellt werden kann. Dabei muss die Hilfe, wie vorrangehend bereits erwähnt, notwendig und geeignet sein. Die sozialpädagogische Familienhilfe wird im § 31 des achten Teiles des Sozialgesetz-buches beschrieben. Die SPFH soll durch umfangreiche Begleitung und Betreuung der Familie, bei ihren Aufgaben der Erziehung entsprechend unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Weitere Aufgabenfelder sind die Unterstützung bei Alltagsproblemen, bei Konflikt- und Krisenlösung sowie die Begleitung zu Ämtern und die Unterstützung in Behördenangelegenheiten. Die Mitwirkung der Eltern ist elementare Grundlage dieser Hilfeform und sie ist auf Langfristigkeit ausgelegt (vgl. Schmidt 2007, S.12ff).

Der Autor Schmidt beschreibt welche Familien mögliche Empfänger der sozial-pädagogischen Familienhilfe sein können. Trotz einer individuellen Differenzierung von Familie zu Familie können nach Schmidt auf verschiedenen Ebenen der Hilfen Konsens hergestellt werden. Er führt einige Faktoren auf, die für eine Vielzahl der Hilfefälle rele-vant sein könnten:

1. Viele Kinder in der Familie (drei, vier oder mehr Kinder) 2. Junge Mutter

3. Alleinerziehende, „Patchworkfamilien“, getrenntlebende oder geschieden Elternteile

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4. Wenig verfügbare finanzielle Mittel (z.B. ALG II) 5. Geringe Schul- oder Berufsbildung

6. Gefährdung durch ein Suchtmittel oder die Tendenz zur Suchtproblematik 7. Leben in sozial benachteiligten Stadtteilen

Auch Mindestanforderungen sind nach Schmidt für eine Initialisierung einer sozi-alpädagogischen Familienhilfe ausschlaggebend, ohne die das praktische sozialpäda-gogische Handeln nicht möglich ist. Die Grundvoraussetzung für den Beginn der Hilfe ist die Freiwilligkeit. Ohne die Zustimmung der Familie zur Hilfe, ist die Mitwirkung der Fa-milienmitglieder erschwert und ist nicht selten wenig erfolgversprechend, auch wenn es in seltenen Fällen gerichtlich angeordnet werden kann. Zudem sind nach Schmidt kog-nitive Fähigkeiten der Elternteile, wie z.B. die Lern- und Transferfähigkeit, von zentraler Bedeutung. Bei der Familie sollte die Orientierung zur Lösung der Probleme und der Wunsch auf Erhalt des familiären Systems vorhanden sein.

Es können auch Voraussetzungen, welche gegen eine Installierung der sozialpä-dagogischen Familienhilfe sprechen, vorhanden sein. Mögliche Ausschlusskriterien könnten nach Schmidt folgende sei: Bei beiden Elternteilen liegt eine Suchtproblematik vor. Erst nach der erfolgreichen Entzugsbehandlung eines Elternteils kann Hilfe zur Er-ziehung gewährt werden. Dieses Ausschlusskriterium ist nicht für alle freien Träger der Hilfe zur Erziehung zutreffend. Auch die fehlende Mitarbeit der Familienmitglieder kann die ambulante Familienhilfe erschweren oder torpedieren (vgl. Schmidt 2007, S. 23f).

Einige der gerade genannten Ausschlusskriterien können von vornherein die Hilfe erschweren oder unmöglich gestalten. Sie können auch zu einem Abbruch der so-zialpädagogischen Familienhilfe führen. Nach Schmidt ist die SPFH gerade in der An-fangsphase einem erheblichen Abbruchrisiko ausgesetzt. Durch mangelnde Kommuni-kation zwischen beiden Parteien und durch zu hohen Erwartungsdruck kann Frustration entstehen, welche zu einem Abbruch der Hilfe führen kann. Ein vertrauensvolles Ver-hältnis zwischen den Klienten und dem Helfer, ist für die Umsetzung der Ziele und die oftmals jahrelange Begleitung durch den Familienhelfer essentiell.

2 Sozialraumorientierte Arbeit

Um die Grundlage dieser Arbeit zu bilden, wird im folgenden Abschnitt zunächst beschrieben, was der soziale Raum ist und was er für die Menschen, die in diesem le-ben, bedeutet. Im Anschluss werden Prinzipien und Methoden der sozialraumorientier-ten Arbeit erläutert.

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2.1 Der soziale Raum

Der soziale Raum kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Nach Heintz und Seithe ist in der Sozialwissenschaft der Begriff „Raum“ von zentraler Bedeu-tung und wird als Lebensraum der Menschen gesehen. Er ist gesellschaftlich geordnet und dient den dort lebenden Bewohnern als Bezugspunkt und freier Raum, der individu-ell angeeignet werden kann. Durch das gesindividu-ellschaftliche Zusammenleben und die mit-einander interagierenden Menschen in einem speziellen Raum, wie z.B. einem Haus-aufgang, einer Straße oder einem Stadtteil, ergibt sich ein Sozialraum, der auf den ein-zelnen Menschen oder eine Gruppe sozial wirkt und in welchem der Mensch wiederum agiert und reagiert und in Kausalität den Raum beeinflusst und verändert (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 260).

Der Sozialraum wird von Heintz und Seithe als Lebensraum in sozialer, materiel-ler und räumlicher Hinsicht gesehen, in welchem Menschen leben und Organisationen tätig sind. Zwischen diesen beiden entstehen soziale Netzwerke, da sie untereinander und miteinander in Verbindungen stehen. In Sozialräumen, wie z.B. der Wohnung, dem Stadtteil oder der Stadt, entstehen soziale Kontakte oder Gelegenheiten zur Kommuni-kation, sie bieten Orientierung und Informationen. So können die dort lebenden Men-schen konsumieren, sich bilden, betreuen oder unterstützen, sie sind mobil und können sich reproduzieren. Diese Funktionen ermöglichen die verschiedenen Institutionen, wie z.B. Krankenhäuser, Heime, Schulen oder Arbeitsplätze, die in diesem sozialen Raum ansässig sind (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 261). Dieser Sozialraum dient dem Sozialar-beiter als Tätigkeitsfeld, in welchem er in verschiedenen Arten und Funktionen tätig wer-den kann.

Der Sozialraum, wie z.B. das Wohngebiet oder der Stadtteil, wird nach Heintz und Seithe als Ort mit materiellen, sozialen und emotionalen Ressourcen für den Men-schen beschrieben. Diese lebensnotwendigen Ressourcen, wie z.B. Konsum, Spielmög-lichkeiten für Kinder, gesundheitliche Versorgung oder Bildungsangebote können reich-lich vorhanden sein, nur bedingt zur Verfügung stehen oder gar komplett fehlen. Die sachlichen oder objektiven Gegebenheiten, wie z.B. die Infrastruktur, oder die Verkehrs-anbindung werden von den dort lebenden Menschen individuell interpretiert und mit Emotionen verknüpft. Somit wird dem objektiven Raum eine subjektive Wertung hinzu-gefügt, die je nach Bewohner unterschiedlich ausfällt. So ist es möglich, dass die selben sachlichen Gegebenheit in den Menschen verschiedene Gefühle auslösen können, wie z.B. Leere und Geborgenheit (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 262).

Nach Heintz und Seithe hat der besondere Stellenwert des Sozialraumes für die Soziale Arbeit zur Folge, dass sämtliche Aspekte, wie z.B. die sachlichen Gegebenhei-ten und dessen Ressourcen, die Infrastruktur aber auch die gesellschaftlichen Faktoren,

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berücksichtigt und einbezogen werden sollten. In der sozialraumorientierten Arbeit wer-den die Problemlagen einzelner Personen indirekt bearbeitet, in dem die Veränderungen und Verbesserungen am Gemeinwesen und die dadurch entstehende Partizipation, Em-powerment und Eigenverantwortung der Menschen ermöglicht und gefördert werden. Also verändert sich in der sozialraumorientierten Arbeit nicht die Klientel, denn sie be-schäftigt sich mit Menschen und deren Lebensbewältigung. Allerdings wird der Zugang zu den einzelnen Menschen über die strukturellen Verbesserungen im Gemeinwesen und die nach innen und außen gerichteten Problembewältigung durch das Gemeinwe-sen erlangt (vgl. Heintz/Seithe 2014, S. 263).

Nachdem beschrieben wurde, was man unter einem sozialen Raum versteht kön-nen im Folgenden die Grundprinzipien der Sozialraumorientierung vorgestellt und erör-tert werden.

2.2 Grundprinzipien der sozialraumorientierten Arbeit

In der sozialraumorientierten Arbeit werden nach Hinte verschiedene Ansätze zu methodischen Grundsätzen zusammengetragen. Diese gelten als Richtlinien und Hand-lungsmöglichkeiten, an denen sich die Arbeit im Sozialraum anlehnen kann und nicht als ein starres Gebilde für die „Eine richtige“ Verhaltensweise. Die folgenden Grundprinzi-pien stellen somit die Kerngedanken des sozialraumorientierten Arbeitens dar (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 45). Diese grundlegenden Maximen werden nun genauer vorge-stellt.

2.2.1 Am Willen der Menschen orientieren

Ein Kerngedanke des sozialraumorientierten Arbeitens ist es, auf den Willen der Klienten einzugehen. Nach dem Autoren Hinte wird nach Ansätzen gesucht, bei denen Menschen bereit sind mit ihrem eigenen Handeln Änderungen herbeizuführen, ihr Leben aktiv zu gestalten und so zur Entwicklung des Wohnviertels beizutragen. Im Unterschied zu einem formulierten Wunsch, bei dem die Verantwortung für die Umsetzung an andere, wie z.B. an den Sozialarbeiter, abgetreten wird, ist der Wille eine Haltung, aus der heraus die aktive Umsetzung des erstrebten Zieles aus den Menschen selbst hervorgeht. Sie nutzen eigenständige Ressourcen, die zur selbst gewählten Art und Weise der Umset-zung beitragen. Welche konkreten Schritte das sein können und in welcher Form Unter-stützung geleistet werden kann, ist das Produkt eines kooperativen Prozesses zwischen den Bewohnern eines Viertels und dem Sozialarbeiter (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 46f).

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Es werden bei Menschen Energien geweckt, die nicht durch professionell entwi-ckelte Gedanken des Sozialarbeiters für den „besseren“ oder „richtigeren“ Willen ge-schwächt werden sollten. Denn laut Hinte verstellen diese übergestülpten Vorstellungen den Blick auf die von den Personen selbst gesteckten Ziele und Interessen. Diese res-pektvolle und aufmerksame Suche nach dem Willen, sollte nicht durch im Vorfeld entwi-ckelten Vorstellungen des Sozialarbeiters eingeschränkt oder gar ersetzt werden. Nur im persönlichen, direkten Kontakt mit den Menschen und die offene Wahrnehmung der individuellen Situation kann ein Wille entdeckt werden, der mitunter schwer zu sehen, zu formulieren oder erst nach etlichen Versuchen erkenntlich wird. Bereits in den ersten Kontakten zwischen dem Sozialarbeiter und den Bewohnern eines Wohnviertels wird der Wille der Menschen benannt, der sich in den späteren Phasen ändern oder genauer ausformuliert werden kann. Dieser Wille zieht sich dann, wie ein roter Faden durch den professionellen Kontakt (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 48).

Diese Ausrichtung am Willen der Adressaten ist eine der bedeutendsten Grund-merkmale der sozialraumorientierten Arbeit, ohne welche nachhaltige Hilfe zur Selbst-hilfe nur bedingt oder auch gar nicht gelingen kann.

2.2.2 Selbsthilfe und Eigeninitiative fördern

Wie bereits erwähnt, ist ein weiterer Kerngedanke der sozialen Arbeit, dass die Menschen befähigt werden sollen, ihre Angelegenheiten aus eigenem Antrieb heraus zu lösen. Somit ist der Leitsatz: „den Klienten dort abzuholen, wo er steht“ trefflich formuliert (vgl Hinte/Treeß 2014, S. 51). Eben dieser Satz birgt, nach Hinte, bei genauerer Be-trachtung eine Versuchung für sozialarbeiterische Organisationen im Wohlwollen für die Adressaten deren Probleme stellvertretend für sie zu lösen. Gerade, wenn Betroffene einen Sozialarbeiter in die Position des Experten drängen und von diesem erwarten, dass er die Angelegenheit schnellst möglich für sie erledigt, ist die Versuchung beson-ders groß. Dadurch entsteht ein schmaler Pfad, auf dem sich die professionelle Fachkraft behutsam bewegen muss. In welchen Fällen ist die Hilfe durch die professionelle Instanz angebracht und welche Aufgaben sollte der Klient selbstständig lösen? Nach Hinte gilt im Zweifelsfall, dass den Adressaten mehr zugetraut werden kann, als man zunächst annehmen könnte (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 51f).

In diesem Zusammenhang kritisiert Hinte den „Kundenbegriff“. In diesem steht der „Klient“ im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines Dienstleisters, also dem Sozialpä-dagogen. Anders als im früheren öffentlichen Verwaltungsbereich bezeichnet, soll ein Kunde mit Respekt und Freundlichkeit behandelt werden, es wird also nach seinen Wün-schen gefragt. Man sollte nach Herrn Hinte den Kundenbegriff nicht markwirtschaftlich interpretieren, sondern diesen als Anstoß dafür nutzen, die Menschen als eigenständige

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Subjekte anzusehen, die zu eigenen Entschlüssen in der Lage sind. Mit dieser Sicht-weise wird dem Anspruch der Jungendhilfe entsprochen (vgl. Hinte/Treeß 2014, S 54f).

Trotz des Fortschritts, welcher sich in der öffentlichen Verwaltung auf den ersten Blick eingestellt hat, birgt diese Ansicht nach Hinte doch einige Tücken, denn ein Kunde wird bedient, um ihn wird geworben und es gilt je mehr Kunden desto besser. Außerdem ist der Klient keine Begrifflichkeit, die Demokratie fördert. Denn durch die bloße Bedie-nung eines Kunden wird dieser nicht angeregt selbständig zu handeln oder sich aktiv in die Gestaltung einer Demokratie einzubringen. Genau auf diese Mitwirkung und das En-gagement ist Demokratie angewiesen. Durch das einfache bedienen der Kunden, wer-den diese nicht zum eigenständigen Lösen ihrer Belange oder zum selbstständigen Han-deln animiert. Die Reduzierung auf Dienstleister und Kunden in der öffentlichen Verwal-tung führt zum Abbau der GestalVerwal-tungs- und Aktivierungsfunktion der kommunalen Äm-ter. Dadurch wird eine Versorgungsmentalität aufgebaut, die einer modernen Bürgerge-sellschaft nicht zuträglich ist. Eine öffentliche Verwaltung nur nach betriebswirtschaftli-chen Eigenschaften aufzubauen, kann nur einen Teilbereich ausmabetriebswirtschaftli-chen. Eine rein wirt-schaftlich als Unternehmen ausgerichtet Verwaltung führt zu einem Abbau von zentralen demokratischen Funktionen, z.B. eine mitgestaltende Gesellschaft. Mit einer einseitigen Ausrichtung der Menschen als Kunden besteht die Gefahr, dass man Menschen lediglich zufrieden stellen will (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 57ff).

2.2.3 Fokussierung auf die Ressourcen der Menschen

Die defizitorientierte Haltung und Blickrichtung in der sozialen Arbeit sind bekannt und weitverbreitet. Um Hilfe anbieten zu können, müssen nach Hinte stets Mängel oder Problemlagen im sozialen Bereich der Menschen vorliegen. Dieser Ansatz führt zu einer Fixierung auf die eventuellen Schwächen der Menschen. Doch auch hinter diesen ver-meintlichen Defiziten können nach der sozialraumorientierten Arbeit auch Stärken ste-cken, die in einem anderen Kontext für den Klienten nützlich sein könnten. Denn was eine Stärke oder ein etwaiges Defizit ist, hängt von verschieden Gegebenheiten ab. Be-trachtet jemand eine Situation wird diese interpretiert und in einen Rahmen gesetzt. Wird der zu betrachtende Rahmen vom Sozialarbeiter möglicherweise geändert, ergibt sich für das jeweilige, eventuell problematische Verhalten des Menschen ein anderes Inter-pretationsergebnis. Denn die Art der Erscheinung der Sachverhalte wird mehr vom Be-obachter und dessen innere Struktur, seiner Haltung und Überzeugungen beeinflusst. Ein diebischer Jugendlicher hat aufgrund seiner Erfahrung vielleicht eine besondere Eig-nung als Kaufhausdetektiv, da er weiß wie sich delinquente Menschen verhalten. Genau

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eingesetzt werden. Situationen mit einem neuen Blickwinkel zu betrachten erfordert von den professionellen Fachkräften jedoch ein hohes Maß an Interpretations- und Definiti-onsfähigkeit. Dabei ist es wichtig in einem kommunikativen Prozess gemeinsam mit allen Beteiligten angemessen zu interagieren (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 60ff).

Trotz des Standards vieler sozialer Theorien, auf die Ressourcen der Klienten zu schauen und diese zu stärken, spielen eben diese nach Hinte kaum eine Rolle im pro-fessionellen Handeln der Sozialarbeiter. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen sind die Anlässe für die Soziale Arbeit meist Problemlagen, defizitäre Situationen oder Ein-schränkungen der Klienten, die den Blick der Hilfen zunächst dorthin richten lässt. Zum anderen sind Leistungsgesetze an Bedarfe der Menschen gerichtet und rufen so eine Leistungsberechtigung hervor. Folglich entsteht eine widersprüchliche Situation, in der die Hilfe mit Defiziten begründet werden muss, aber auf der Handlungsebene bei den Klienten nach Ressourcen für die Problembewältigung gesucht wird. Der Abschnitt der Feststellung etwaiger Bedarfe ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfeverfahrens. Jedoch sorgt dies dafür, dass die Sicht auf Ressourcen in der alltäglichen sozialpädagogischen Arbeit oft erschwert und somit nicht im nötigen Aufwand betrieben wird (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 64f).

Genauso wichtig, wie die Einbeziehung und Arbeit mit den Ressourcen der Men-schen ist auch die Fokussierung auf die Ressourcen des sozialen Raumes.

2.2.4 Fokussierung auf die Ressourcen des Sozialraumes

Die Ressourcen eines Sozialraumes sind in allen Bereichen, Städten und Stadt-teilen zu finden. Nach W. Hinte gibt es sie in allen Regionen und Milieus, auch wenn man sie auf dem ersten Blick nicht erkennen kann. Denn auch unter vermeintlich widri-gen Bedingunwidri-gen können die dort lebenden Menschen mit Kreativität und einem solida-rischen und kooperativen Miteinander etwas Positives für sich herausholen. Jeder Mensch hat mindestens eine der folgenden Netzwerke, z.B. Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen usw. Das alles umgibt der Stadtteil, indem sie leben. Dieser hat mal mehr mal weniger Ressourcen, wie z.B. Dienstleister, Vereine, Fußballplätze oder dergleichen. Der materielle Sozialraum wird von Mensch zu Mensch unterschiedlich, subjektiv wahr-genommen und interpretiert (vgl. Hinte/Treeß, 2014 S. 68f). Für die Erwachsenen ist ein großer Haufen Sand oder Kies eventuell ein störender Faktor, für Kinder allerdings wirkt dieser sehr einladend und animiert zum Spielen mit Eimer und Schaufel.

Ein Netzwerk geht nach Hinte, meist über den nahen Bereich, wie z.B. die Familie hinaus und ist in verschiedenen Situationen für die Menschen nutz- und aktivierbar. Durch diese erhalten die Menschen vielfältige Informationen oder Tipps für die Bewälti-gung des Alltages oder Ratschläge bei Fragen. Die meisten Befragten kennen für viele

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Situationen persönliche oder institutionelle Quellen, welche Hilfe leisten können. In dem Werk von Hinte und Treeß zitiert W. Hinte die Autoren Früchtel und Budde und bezieht sich auf „starke und „schwache“ Beziehungen zwischen Menschen in einem sozialen Raum. Beziehungen der starken Art können z.B. Familienmitglieder, der Partner oder Freunde sein, die einem in schwachen Momenten zur Seite stehen. Diese Beziehungs-verhältnisse sind zeitlich unbegrenzt und durch enge Bindungen gekennzeichnet. Durch schwache Beziehungen erhalten Menschen Informationen, die ihnen im bekannten Netzwerk nicht zur Verfügung stehen. Die Art und Weise der Einbeziehung der Men-schen eines Wohngebietes und auch darüber hinaus sind sehr unterschiedlich. Hilfe o-der Unterstützungen werden im Alltag in verschiedenen Situationen gegenseitig geleis-tet. Sie werden mal reflektiert und bewusst angeboten oder aus der Routine heraus in-tuitiv dargeboten (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 70).

2.2.5 Bereichsübergreifende Sichtweise, Koordination und Kooperation

In der Sozialraumorientierung wird mit einem universellen und allseitigen Blick, egal in welchen Bereichen oder mit welchen Zielgruppen gearbeitet. Nach Hinte sind derartige Konzepte durch eine umfassende und an die jeweiligen Begleitumstände an-gepasste Sichtweise gekennzeichnet. Somit richtet sich die Art des Herangehens nicht an bestimmte, im Vorhinein definierte Zielgruppen, wie z.B. junge schwangere Mütter, Empfänger von Hartz IV oder Familien in Problemsituationen, sondern an das komplette Wohnviertel und all dessen Bewohner. Es stehen die zahlreichen Individuen eines Wohngebietes, mit ihren höchst differenten Interessen und Themen, im erweiterten Fo-kus der sozialraumorientierten Arbeit. So wird der einzelne Mensch nicht als Zugehöriger einer übergeordneten Ziel- oder gar Randgruppe und den damit interpretierten, gruppen-typischen Verhaltensweisen degradiert. Aus diesem zunächst unspezifischen und be-reichsübergreifenden Zugang können sich vielfältige Projekte herauskristallisieren, die sich auch an bestimmte Gruppen richten. Jedoch sind diese Angebote dann nicht auf diese eine, im Vorfeld definierte Gruppierung begrenzt, sondern optional offen für alle Menschen, die sich in unterschiedlichster Weise beteiligen und einbringen möchten. Durch eine derart erweiterte Sichtweise können die sozialräumlichen Ressourcen viel-fältig mit einbezogen und andere Unterstützungsmöglichkeiten durch die Bewohner des Wohnviertels hergestellt werden. Arbeitet man stattdessen mit einem im Vorfeld einge-schränkten Blickwinkel, so kann nicht beobachtet werden, in welchem Maße eben diese Zielgruppe in ihr jeweiliges sozialräumliches Umfeld eingebunden ist. Etwaige Projekte, die sich anschließend an einen Teil der Viertelbewohner richten sollen, können an

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even-integriert werden. Somit wird diese Gruppe von Menschen im Vorhinein nicht stigmati-siert oder als eine „Problemgruppe“ definiert (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 73f).

Die übergreifende Sichtweise in der Sozialraumorientierung wird nicht nur in der direkten Arbeit mit dem Menschen in einem Wohnviertel angewandt, sondern auch in der Arbeit mit anderen, nicht zum engen Sozialbereich gehörenden, Sektoren. Denn nach Wolfgang Hinte, wird die Wirklichkeit der Menschen nur gering durch Aktivitäten im Sozialraum beeinflusst. Viel substanzieller für die materiellen Gegebenheiten der Men-schen in einem Wohnviertel, sind die kommunalpolitiMen-schen Bedingungen, wie z.B. Schul-politik, Stadtplanung oder die Möglichkeiten einen Arbeitsplatz zu finden. Um die Situa-tionen der Klienten gemeinsam verbessern zu können, sind unter anderen die genann-ten Instanzen der Kommunalpolitik essenziell. Trotz einer Differenzierung in bürokrati-schen, rechtlichen und verwaltenden öffentlichen Bereichen und die damit zerklüfteten Problemlagen der Klienten, sollten für den konkreten Fall im konkreten Viertel die Res-sourcen vereint und kombiniert werden. So werden durch die übergreifende Sichtweise und mit der Einbeziehung der hiesigen Unternehmen, Vereine oder kommunalen Ämter nahezu alle Bereiche im Wohnviertel und dem dortigen Leben der Bewohner abgedeckt. Zum einen werden die vorherrschenden Ressourcen des Sozialraums erkannt sowie genutzt und zum anderen sollte die eigene Fachkompetenz der Sozialen Arbeiter ge-genüber anderen Instanzen verdeutlicht werden. Um bereichsübergreifende Projekte zu realisieren werden verschiedene Komponenten benötigt, wie z.B. die zahlreichen Inte-ressen der Viertelbewohner oder sichtbare Verbesserungsnotwendigkeiten der Umge-bung, materielle Ressourcen, die in verschiedenen Instanzen verteilt sind und nach di-versen Richtlinien nutzbar sind, umsetzbare Ideen für den Sozialraum und die Viertelbe-wohner, mit ihren Stärken und Kompetenzen in verschiedenen Bereichen (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 75f).

Ein bereichs- und zielgruppenübergreifender Blick, der auf die Problemlagen im Wohnviertel und deren Bewohner ausgerichtet ist, erfordert von der sozialraumorientier-ten Arbeit eine kooperierende Zusammenarbeit mit verschiedenen Instanzen oder Insti-tutionen, die mitunter nicht zusammenarbeiten. Nach Hinte werden planerische und bü-rokratische Aktivitäten zur Verbesserung der Infrastruktur mit einer Aktivierung der Po-tenziale zur Selbsthilfe der Klienten kombiniert. Dabei kann mit allen Beteiligten direkt kooperiert werden oder sie werden zur Kollaboration untereinander angeregt. In ver-schiedenen kooperierenden Gremien, wie z.B. in Stadtteilarbeitskreisen, werden Ab-sprachen bezogen auf den Einzelfall, eine Zielgruppe und bestimmte soziale Projekte getätigt. Diese vernetzten Ausschüsse, mit ihrem großen Einfluss auf die Hilfelandschaft, werden durch Professionelle besetzt, die zum Teil auch in anderen Stadtteilen arbeiten, und spiegeln nach der Auffassung von Hinte die Lebenswelt der Klienten nur kaum oder

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gar nicht wieder. Es besteht sogar die Gefahr, dass diese Gremien sich weiter von der Lebenswelt der Menschen eines Wohnviertels entfernen. Nur wenn Bürger sich an der-artigen Prozessen aktiv beteiligen und den Prozess mitgestalten können, wird die Le-benswelt der Bewohner eines Viertels entscheidend beachtet. Es sollte vielmehr mit den Klienten gemeinsam ausgehandelt werden, was sich in ihrem Sozialraum ändern soll und nicht über ihre Köpfe hinweg. Die entscheidenden Prozesse in diesen Mitarbeiter-kreisen sollten durch die Sozialarbeiter, die in den betreffenden Stadtteilen arbeiten, um-gesetzt und begleitet werden. Denn nur wo Professionelle am Geschehen der Menschen eines Wohnviertels teilhaben und diese in den Situationen begleiten, können Arbeits-kreise lebensweltorientiert arbeiten und die sich ergebenen Aktivitäten werden von den Bürgern gemeinschaftlich getragen (vgl. Hinte/Treeß 2014, S. 76ff).

2.3 Das SONI-Schema

2.3.1 Definition des SONI-Schemas

Vom chinesischen Schriftzeichen für das Wort „Feld“ ausgehend bezieht sich die Einteilung des SONI-Schemas auf die Aussage: „Vom Fall zum Feld“. In einer vierecki-gen Umrandung, dem chinesischen Wort für „Umzäunung“, werden eine vertikale und eine horizontale Linie hinzugefügt. So entsteht ein Viereck, welches sich in vier kleine Vierecke aufgliedert. Diese vier Quadrate stehen für die vier, im oberen Abschnitt dieses Kapitels beschriebenen, Handlungsfelder. Dabei befindet sich das Handlungsfeld

„So-zialstruktur“ im oberen linken Rhombus, das Handlungsfeld „Organisation“ ist in der

oberen rechten Ecke lokalisiert, das Handlungsfeld „Netzwerk“ ist im unteren linken Abschnitt und das vierte Handlungsfeld „Individuum“ befindet sich im unteren rechten Viereck. Somit entsteht aus den jeweiligen Anfangsbuchstaben der Handlungsfelder von linksoben nach rechtsunten gelesen, das Akronym SONI. Die horizontale Linie begrenzt die Lebenswelt vom System. Wolfgang Budde, Gudrun Cyprian und Frank Früchtel be-ziehen sich dabei auf Habermas, der die Gesellschaft gleichzeitig als Lebenswelt und System skizziert. Dabei wird die Lebenswelt als Potpourri aus dem sozialen Umfeld, der Provenienz und der Zugehörigkeit verstanden. Aus diesen Gegebenheiten entstehen Wissen und Ressourcen der Menschen und die Lebenswelt bietet soziale Integration und leistet so Reproduktion und Sozialisation. An den dadurch entstandenen Werten, Normen und kulturellen Traditionen kann sich die Gesellschaft orientieren. An Verstän-digung und Einverständnis ausgerichtet, bezieht sich die Lebenswelt auf das betroffene Individuum und dessen Umfeld oder Netzwerk. Die Lebenswelt wird gesteuert durch

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eine Art der Arbeitsteilung der Gesellschaft angesehen werden, die in Teilbereichen spe-zifische Aufgaben erfüllen und in den jeweiligen Grenzen funktionsabhängig handeln. Nach Habermas stellt das Wirtschaftssystem zwar die Bedingungen des Hilfesystems dar, kann aber keine Werte produzieren, die Solidarität sichern. Als Teil der Systeme ist die Soziale Arbeit mit ihren Organisationen eine institutionelle, professionelle Schnitt-stelle zwischen der Lebenswelt der Klienten und den Systemen. Dabei erhält die Soziale Arbeit ihren „Systemcharakter“ durch rechtliche, bürokratische Rahmenbedingungen und die Finanzierung durch staatliche Gelder. Die Systeme umfassen die

„Sozialstruk-tur“ und die „Organisation“. In diesen vier Handlungsfeldern, also „Sozialstruk„Sozialstruk-tur“, „Organisation“, „Netzwerk“ und „Individuum“, ist die sozialraumorientierte Arbeit

ak-tiv (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2007, S. 27ff).

Ein besonderes Merkmal der Sozialraumorientierung ist es, dass alle sozialpä-dagogischen Aktivitäten und Projekte stets in jedem der genannten Handlungsfelder an-gewendet und ausgeübt werden. Nach Budde, Cyprain und Früchtel ist der Beginn oder ein möglicher Ausgangspunkt je nach Handlungsfeld und –zusammenhang anders strukturiert. Betrachtet man das Arbeitsfeld „Individuum“ ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn die professionellen Interventionen oder andere sozialarbeiterische Maßnahmen an organisatorische oder sozialstrukturelle Gegebenheiten angelehnt oder reflektiert wer-den, um etwaige Konsequenzen für den Einzelfall daraus ziehen zu können. Auch sollten die sozialräumlichen Ressourcen, wie z.B. persönliche, städtische Netzwerke oder fremde Personen mit besonderen Fähigkeiten in verschieden Bereichen, für den einzel-nen so erschlossen werden, dass integrative Lösungen gefunden werden köneinzel-nen. Budde, Cyprain und Früchtel nennen zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Zum einen kann man sich eine Art „Weitwinkelobjektiv“ vorstellen, welches im übertragenden Sinne im jeweiligen Handlungsfeld positioniert wird, wobei sich der Ausgangspunkt je nach Arbeitsfeld ändert. Ausgehend von diesem Punkt werden die anderen Felder und daraus die Aktivitäten mit einbezogen. Zum anderen werden die Methoden aus den ver-schieden Handlungsfedern miteinander kombiniert und auf einander abgestimmt.

Jedem der vier Handlungsfelder wird zunächst eine Raumdimension hinzugefügt. Die „Sozialstruktur“ verstehen Budde, Cyprian und Früchtel als Ebene der Thematisie-rung von Divergenz und ungleiche Distribution von Ressourcen, wie z.B. Einfluss und Besitz. Es sollten auch Möglichkeiten der Veränderung benannt und aufgezeigt werden. Die dazugehörige Raumdimension sind „Ungleichräume“, die sich z.B. in Ausstattung der Infrastruktur äußern oder sich aus Inklusion oder Exklusion ergeben können. Im Handlungsfeld „Organisation“ werden organisatorische Gegebenheiten, wie z.B. wirt-schaftliche und rechtliche Bedingungen, kumuliert, die die professionelle Soziale Arbeit bedingen. Dadurch entstehen organisatorische Portale, die die Einflussmöglichkeiten

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der Bürger auf das Handeln der sozialen Organisationen definieren. Auch zählen raum-bezogene Kooperation oder raumraum-bezogenes Wissen um Ressourcen der Organisatio-nen dazu. Unter „Netzwerken“ verstehen die Autoren vorhandene und initiier bare Be-ziehungen zwischen Bürgern in einer Region oder auch Kollegen in einer oder mehrere Institutionen innerhalb des Stadtteils. Individuen sind einer oder mehrere Menschen, Be-wohner oder eine Interessengruppe, welche als Träger von Interessen und Ressourcen angesehen werden. Als Raumdimension wird die Wirkungszone der Menschen in dem subjektiv abgesteckten Raum angesehen, die räumliche Interaktionschancen ermöglicht oder begrenzt (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2007, S. 29f).

2.3.2 Zugrundeliegende Theorien

Nach Budde, Cyprain und Früchtel ist die sozialraumorientierte Arbeit eine Ver-knüpfung aus mehreren unterschiedlichen Theorien und Handlungsansätzen der Sozia-len Arbeit. Da die Sozialraumorientierung viele Methoden und Theorien verbindet, ist sie auf mehreren Ebenen einsetzbar und kann somit als integrierender sowie aus mehreren Dimensionen bestehender Arbeitsansatz verstanden werden. Die Ansätze können in der strategischen Koordination von Politik oder im Bereich des Top-Managements angesie-delt sein und jeweils unterschiedlich interpretiert werden. Auch im alltäglichen sozialpä-dagogischen Bereich, z.B. in der Sozialen Arbeit, kann diese Theorie angewendet wer-den und dabei unterschiedliche Maximen hervorheben. In diesen unterschiedlichen Di-mensionen kann man als Sozialarbeiter tätig sein und somit diese auf unterschiedliche Weise beeinflussen (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2007, S. 22).

Der sozialraumorientierten Arbeit liegen nach Budde, Cyprain und Früchtel viele Theorien zugrunde, welche Anwendung finden.

In der Gemeinwesenarbeit, welche sich auf die Sozialraumorientierung entschei-dend auswirkt, wird nicht der einzelne Klient oder Hilfesuchende als Einzelfall betrachtet, sondern der Mensch wird in und mit seiner Umwelt betrachtet, auch die „Mensch-in-Umwelt-Perspektive“ eingenommen. Die sozialen, ökonomischen und kulturellen Ver-hältnisse haben unterschiedliche Einflüsse auf die Menschen und diese wiederum kön-nen kausal die vorherrschenden Relatiokön-nen bedingen. Dazu ist es wichtig von der Indi-vidualisierung der Problemdefinitionen, wie es in der Sozialen Arbeit heute noch prakti-ziert wird, abzustreifen und eine Kooperation von Betroffenen zu ermöglichen.

Ein weiteres Konzept, das die sozialraumorientierte Arbeit beeinflusst, ist die „Or-ganisationsentwicklung“, in welcher Institutionen und Verwaltungen als Ergebnis sozialer Tätigkeit interpretiert werden sollten. Somit können diese sozialen Einrichtungen

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zielori-Einen großen Einfluss auf die sozialraumorientierte Arbeit im Einzelfall hat das „Empowerment“, das Menschen ermutigt ihre Angelegenheiten eigenständig zu regeln und deren intrapersonelle Kräfte zu entdecken. Auch der Wert der selbst erarbeiteten Lösungen wird geschätzt. Dabei ist es nahezu egal welche Art von Lösung es ist.

Die betroffenen Menschen werden in der „Lebensweltorientierung“ immer als kompetent eingeschätzt ihren Alltag zu bewältigen und zu gestalten. Das Ziel dieser Theorie ist der gelingende Alltag, der durch eine höhere Erreichbarkeit von bisher struk-turell vorenthaltenen Ressourcen ermöglicht werden soll. Der Alltag soll in verschiede-nen Bereichen auf den Betroffeverschiede-nen hin orientiert werden, um eine größtmögliche Integra-tion am gesellschaftlichen Leben zu erreichen.

Eine weitere Theorie, die der sozialraumorientierten Arbeit zu Grunde liegt, ist die des „Sozialen Kapitals“. Dieses Konzept erweitert die bekannten ökonomischen, rechtlichen und professionellen Ebenen um die Dimension der sozialen Wechselbezie-hungen zwischen Menschen, aus der heraus viele Ressourcen entstehen können (vgl. Budde/Cyprian/Früchtel 2007, S. 22f).

2.3.3 Handlungsfelder und Methoden

Die gerade aufgezählten Handlungskonzepte bilden nach W. Budde, G. Cyprian und F. Früchtel die theoretischen Grundlagen, auf denen die sozialraumorientierte Arbeit aufbaut und sie markieren die Handlungsfelder, in denen Sozialraumorientierung tätig ist. Somit wird der „Mehrebenenansatz“ der sozialraumorientierten Arbeit verdeutlicht. In den verschiedenen Systematisierungsversuchen der Sozialraumorientierung werden nach den genannten Autoren Budde, Cyprain und Früchtel Unterschiede deutlich, die auf die doppelte Eigenart von Handlungs- und Raumkonzept zurückzuführen sind. Wäh-rend die Handlungskonzepte strategisch, technisch oder operativ umgesetzt werden, verknüpft das Raumkonzept den Lebensraum von Individuen, mit dem Raum als Pla-nungs- und Steuerungseinheit. Diese beiden Ebenen finden sich in unterschiedlicher Ausprägung in einigen Systematisierungen wieder (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2007, S 24).

Im Folgende wird nun detailliert auf das „Mehrebenenmodell“ von Budde, Cyprain und Früchtel eingegangen und das „SONI-Schema“ beschrieben. Die Systematisierung durch das „SONI-Schema“ geht zunächst auf die Handlungsfelder ein und stellt anschlie-ßend einen Raumbezug für jedes einzelne Feld her. Die Handlungsfelder werden unter-teilt in „Sozialstruktur“, „Organisation“, „Netzwerk“ und „Individuum“.

Mit der „Sozialstruktur“ wird nach Budde; Cyprain und Früchtel der gesell-schaftliche Bezugsrahmen zunächst auf die kommunale Ebene begrenzt und meint da-mit die ortsgebundene Interpretation des Sozialrechts oder der Sozialpolitik. Sie spiegelt

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damit die Normalitätsvorstellungen, die öffentliche Meinung sowie die Werte und Nor-men der Regionalbevölkerung wieder. Mit der Thematisierung von ungleichen Verteilun-gen von Chancen oder Besitz unterstütz der Sozialarbeiter auf der sozialstrukturellen oder sozialpolitischen Ebene die Kommunen bei der Lösung von Problemen oder bei der Erarbeitung fachlicher Ziele. Somit entsteht Einfluss auf die Gestaltung sozialen Wan-dels, um die Ideale sozialer Gerechtigkeit zu forcieren aber die egoistischen Interessen des Einzelnen nicht zu vernachlässigen oder zu negieren. Um in diesem Spannungsfeld adäquat zu agieren und die Interventionsaufträge umzusetzen, ist Wissen über soziale Probleme, Sozialpolitik aber auch über wirtschaftliche Zusammenhänge notwendig. Ge-nau in diesen Gegebenheiten werden die Zusammenhänge zwischen den Theorien der Lebensweltorientierung und der Gemeinwesenarbeit deutlich (vgl. Budde/Cyp-rian/Früchtel 2007, S. 25).

Für das Handlungsfeld „Sozialstruktur“ werden von Budde, Cyprian und Früch-tel Methoden vorgesFrüch-tellt, mit deren Hilfe strukturelle Gegebenheiten beeinflusst werden. Es wird auf die Methode „Lobbying“ eingegangen, die eine Wissensnutzung von Klienten und deren Probleme beschreibt und die damit verbundene Einmischung in die kommu-nale Politik (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 253).

„Lobbying“:

Unter Lobbying verstehen die drei Autoren einen informellen Informationsaus-tausch und den damit verbundenen Beeinflussungsversuch in der Politik zugunsten von Einzelinteressen. Es ist ein wechselseitiger Austausch von Informationen, wobei der Lobbyist Auskünfte und politische Unterstützung anbietet. Die politischen Entscheider berücksichtigen im Gegenzug die speziellen Interessen des Lobbyisten. Dieser immense Einflussreichtum ist nicht zu unterschätzen, denn nach Budde, Cyprain und Früchtel existieren Studien, denen zu folge 80 Prozent aller Gesetzesentwürfe im Entstehungs-prozess von Lobbyisten beeinflusst worden sind. Die Autoren stellen die „Tripple-I-Re-gel“ vor, nach der die Grundaufgaben von Lobbyarbeit zu gliedern ist:

- „Interessenvertretung“ beschreibt die themenbezogene Vertretung von ei-genen Interessen

- „Informationsaustausch“ ist die Hereingabe von wichtigen Informationen in die verschiedenen, dem Zweck dienlichen, politischen Gremien

- „Informelles Vorgehen“: abseits der Medienvertreter finden nicht öffentli-che Gespräöffentli-che zwisöffentli-chen dem Lobbyisten und dem politisöffentli-chen Entsöffentli-chei- Entschei-dungsträger statt (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 291).

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unterschiedliche freie Träger miteinander koalieren, wenn dadurch gemeinsame Interes-sen vertreten werden. Dabei gib es immer zwei Arten von Zielen. Auf der einen Seite werden die Interessen der Organisation vertreten und zum anderen die „anwaltschaftli-che Interessenvertretung für benachteiligte Mens„anwaltschaftli-chen“ (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 292). Durch die anhaltende Überforderung von Verwaltung und Politik im sozi-alen Bereich wächst die Bedeutung der Informierung durch den Lobbyisten. Demnach ist ein staatlicher Sektor, welcher ressourcenarm ist stärker auf äußere Informationszu-fuhr angewiesen. Gerade für die Lobbyarbeit des sozialen Bereiches ist es erfolgsver-sprechend, wenn das Informationsangebot einen Mehrwert gegenüber den öffentlich zu-gänglichen Informationen bereitstellt. Die soziale Arbeit sollte „Lobbying von unter“ her betreiben und so die Anliegen der Betroffenen auf höhere politischer Ebene vortragen. Durch dies individuellen Informationen können Hilfeleistungen des deutschen Sozial-staates auf die Bedürfnisse der Menschen angepasst werden. Denn die freien Träger der Sozialen Arbeit wissen am besten, wie Sozialhilfeleistungen von den Mitarbeitern für die Klienten legal ausgereizt werden oder ungünstige Regelungen umgangen werden. Da freie Träger Verwaltungskonzepte umsetzen, haben deren Geschäftsführer durch eine überregionale Vernetzung einen größeren Überblick und können schneller ein-schätzen, ob neue entstehenden Regelungen sinnvoll oder unnütz sind und etwaige Al-ternativen benennen (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 292).

Die Lobbyarbeit will Entscheidungen beeinflussen, deswegen sind nach Budde, Cyprain und Früchtel alle kommunale Behörden und Verwaltungsorgane, die Verordnun-gen erstellen und umsetzen, sowie die vorgelagerten Parteien, wichtige Adressaten. In der kommunalen Politik sind besonders qualifizierte und leitende Mitarbeiter, wie z.B. Geschäftsführer, unerlässlich. Lobbying lebt von seiner Präsenz und der Pflege von Be-ziehungen. Um neue Netzwerke zu knüpfen müssen sich Lobbyisten wissen, für wen welche Art von Informationen wichtig ist und wer welche Interessen vertritt. Somit spre-chen sie eigeninitiativ neue Kontakte an, stellen eigene Imaginationen vor und beziehen Position. Dabei darf der Gegenüber nicht aus den Augen gelassen werden und mit sei-nen Interessen und Handlungsspielräumen wahrgenommen werden (vgl. Budde/Cyp-rian/Früchtel 2013, S. 293).

Als Gegenleistungen für die exklusiven Informationen und eine unkomplizierte Lösung von unangenehmen Problemlagen, kann sich nach Budde, Cyprian und Früchtel eine soziale Institution dann für Pilotprojekte anbieten, sich mögliche Fachtagungen ein-laden und somit öffentlichkeitswirksame Arrangements umsetzen. Durch eine Beteili-gung an kommunalpolitischen Veranstaltungen kann im geschützten Rahmen mit den Politikern ins Gespräch gekommen werden. Die preisgegebenen Informationen des

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Lob-byisten müssen zu einhundert Prozent verlässlich und vertraulich sein und zu aufgetre-tenen Fehlern muss sich sofort bekannt werden. Ein guter Ruf ist dabei für einen Lobby-mitarbeiter die wichtigste Grundlage (vgl. Budde/Cyprian/Früchtel 2013, S. 293).

Welche grundlegenden Schritte man bei der Lobbyarbeit beachten sollte, wird im dritten Kapitel näher erläutert.

Die Methoden im Handlungsfeld „Organisation“ wenden sich nach Budde, Cyp-rain und Früchtel an die Rahmenbedingungen von Institutionen, um die bereits beste-henden Dienstleistungen im sozialräumlichen Sinne zu verändern oder zu verbessern. So ist eine ständige und zu wiederholende Kontrolle der Merkmale der eigenen Organi-sation oder einer Sozialeinrichtung eine grundlegende sozialraumorientierte Besonder-heit. Die Angebote sollen sich nicht, wie bereits praktiziert wird, an Teilgruppen von Kli-enten richten. Auch sollen nicht die „passenden“ KliKli-enten für die Zuständigkeit der Or-ganisation herausgefiltert werden. Vor diesem Hintergrund sollen spezialisierte Eintungen abgebaut und die Menschen sozial integriert werden. Die Sozialen Dienste rich-ten ihre Zuständigkeirich-ten auf die räumlichen Dimensionen aus, in dem sie sich nach Wohnvierteln oder Städten aufteilen. Nur durch veränderte und systematische Beteili-gung von Adressaten an ihren Problemlösungen kann ein Perspektivwechsel in der Be-ziehung zwischen Helfer und Adressat erreicht werden. Die Veränderung einer Organi-sation, hin zu einer sozialraumorientierten Ausrichtung, erfordern eine Ansichtsänderung in vielen Bereichen. Techniken, wie der „Perspektivwechsler“, können in Fallbespre-chungen angewendet werden und sorgen dafür, dass routinierte Verhaltensweisen der Fachkräfte und Verfahren innerhalb der Organisation aufgebrochen und neue Sichtwei-sen eröffnet werden (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 189f).

„Perspektivwechsler“:

Durch eine Änderung der Betrachtungsweise wird nach Budde, Cyprain und Früchtel der Fokus verstärkt auf die Sichtweisen der Lebenswelt und an den Stärken der Menschen ausgerichtet. So können verfestigte Perspektiven auf Problematiken oder Menschen aufgebrochen werden. In Sachverhalten sind häufig hintergründig verschie-dene Teilaspekte von Belang. Man nimmt jedoch meist nur die Gegebenheiten wahr, die man kennt oder gewohnt ist. Diese Wahrnehmung ist von Wissen, Erfahrungen und Fä-higkeiten abhängig und beeinflusst. Genauso wie dieses Verhalten menschlich ist, nei-gen auch Organisationen dazu, eingefahrene und bekannte Sichtweisen beizubehalten, die durch eingespielte Abläufe und juristische Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Ist ein Kollektiv nicht in der Lage die Perspektive zu ändern, manifestieren sich die be-kannten Blickwinkel. Im weiteren Verlauf werden dann die Problemlagen oder die

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Mei-andere Sichtweisen werden negiert (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 210). Ein mögliches methodisches Vorgehen wird im dritten Gliederungspunkt beschrieben.

In „Netzwerken“, die sich zwischen Menschen im sozialen Raum ergeben und verzweigen, entstehen nach Budde, Cyprain und Früchtel Potenziale des „Sozialen Ka-pitals“, welche wesentlicher Bestandteil der sozialraumorientierten Arbeit sind. Der sozi-ale Raum stellt sich analog als Netz dar, in dem die dort lebenden Menschen und Insti-tutionen die Knoten sind und die Konnexionslinien zwischen diesen Knotenpunkten stel-len die Beziehungen unter den Menschen dar. Auf diesen Verbindungen finden verschie-dene Prozesse des Austausches und der Interaktion zwischen den Bewohnern, den Fachkräften und Organisationen in einer Region statt. Um diese Austauschbeziehungen, egal ob bereits vorhanden oder vom Sozialarbeiter hergestellt, geht es in der Netzwerk-arbeit. Es wird dabei weniger auf den Einzelfall eingegangen, sondern vielmehr werden die Beziehungen zwischen Gruppen und dem Einzelnen hergestellt, um somit das Po-tenzial dieser Verbindungen für die Menschen nutzbar zu gestalten. Dadurch können möglicherweise neue, bislang ungenutzte Räume für die Klienten entstehen (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2007, S. 26).

Die Netzwerke innerhalb einer Stadt oder eines Stadtteils sind nach Budde, Cyp-rain und Früchtel ein biologisches Geflecht des Sozialraumes. Durch dieses Gebilde werden verschiedene soziale Gefüge miteinander verbunden oder voneinander abge-grenzt. Somit entsteht für die Bewohner ein erleb- und nutzbarer Raum. Zuerst sollte nach Budde, Cyprain und Früchtel der neue und unbekannte Arbeitsort Stadtteil oder Wohnviertel auf unterschiedliche Weise vom Sozialarbeiter angeeignet und die objekti-ven Gegebenheiten, wie z.B. die Geschichte, die Größe oder die Verkehrsanbindung durch etwaige Recherchen im Internet oder anderen Medien, wie einer Stadtführung er-schlossen werden. Durch die aktive Erkundung werden die ersten Eindrücke persönlich vertieft, in dem man sich an belebte Orte, wie z.B. ein zentrales Café begibt und die flanierenden Menschen beobachtet. Auch eine Stadtführung kann sinnstiftend sein. Nach dem man sich ein erstes persönliches Bild verschafft hat, können Methoden, wie die „subjektive Landkarte“ einem die Sicht der dort lebenden Menschen verdeutlichen und ein differenziertes Bild des Sozialpädagogen entstehen lassen (vgl. Budde/Cyp-rain/Früchtel 2013 103ff).

Mit der vorgestellten Technik in diesem Abschnitt steht nach Budde, Cyprain und Früchtel die gemeinsame Erkundung und Aktivierung von Ressourcen im Fokus, welche in Stadtteilen stecken. Mit dieser Methode kann man sich wertvolle Eindrücke über einen unbekannten Sozialraum, eine Stadt oder deren Stadtteil verschaffen und so die unüber-sichtliche Menge von Gegebenheiten ordnen. Am Beispiel der „subjektiven Landkarte“

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können die individuellen Sichtweisen der dort lebenden Menschen von ihnen eigenstän-dig skizziert, aufgezeigt und gemeinsam verarbeitet werden. Diese Technik wird am Bei-spiel von Kindern beschrieben. Sie lässt sich in abgewandelter Form auch auf Erwach-sene anwenden (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 103).

„Subjektive Landkarten“:

Nach Budde, Cyprain und Früchtel haben räumliche Strukturen für jeden Bewoh-ner eine differenzierte und individuelle Bedeutung, die sich je nach Alter, Geschlecht, Lebenslage oder ähnlichen soziokulturellen Merkmalen voneinander unterscheiden. Diese subjektiven Bedeutungen sind geprägt von persönlichen Erfahrungen und Famili-enzusammensetzungen. Durch die subjektive Landkarte kann aufgezeigt werden, wel-che Bedeutungen die verschiedenen Gegebenheiten für die Kinder in einem Stadtteil haben. Um das zu erfahren kann man den Kindern deren eigenen Landkarten ihres Stadtteils malen lassen. Dabei sind Gegenstände, Orte oder Gebäude von Wichtigkeit, die die Kinder dann zeichnen. Nach einem einleitenden Gespräch und der Vorstellung des Vorgehens haben die Kinder anschließend Zeit ihre persönlichen Landkarten auf einem A3-Blatt zu malen (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 118f). Die genaue Vor-gehensweise wird im dritten Abschnitt dieser Arbeit beschrieben.

Während es in der Netzwerkarbeit eher um Beziehungen zwischen Nachbarn, Bewohnern und Institutionen geht, beschäftigt sich das Handlungsfeld „Individuum“ überwiegend mit dem Einzelfall. Wolfgang Budde, Gudrun Cyprain und Frank Früchtel beschreiben damit die Arbeit mit einzelnen Klienten, Familien oder kleinen Gruppen. Die Einzelfallarbeit wird dabei als professionelles Handeln in Kooperation mit dem Klienten gesehen, durch die gemeinsam mit dem Sozialpädagogen Pläne und Ziele entwickelt werden, um Veränderungen herbeizuführen. Dabei soll die Hilfe auf den Kenntnissen, Fähigkeiten, Kompetenzen der Adressaten und Sozialarbeiter aufbauen und somit den Zugang zu bislang für die Klienten unzugänglichen Ressourcen erweitern. Ausgehend von individuellen Voraussetzungen der Klienten, wie z.B. individuelle Erfahrungen, Le-benslagen und Ressourcenausstattungen, soll die Fallarbeit die sozialen Netzwerke des Hilfesuchenden mit einbeziehen oder aktivieren und aus dem subjektivem Blickwinkel des Einzelnen heraus die etwaigen Probleme betrachten. Hierbei wird sich stets am Wil-len und an den Interessen der Klienten orientiert und dieser fachkritisch reflektiert (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2007, S. 26).

Dabei arbeiten die Betroffenen gemeinsam mit den sozialpädagogischen Fach-kräften an Lösungen für ihre Probleme, setzen diese alleine oder gemeinsam um. Die Erfahrung und das Wissen des Sozialpädagogen und die des Betroffenen bilden dabei

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Verhalten hervorrufen stehen hierbei im Fokus. Die übergeordneten Ziele der Fallarbeit sind die Nutzung und die Erweiterung von Kompetenzen der Adressaten und die vergrö-ßerte Erreichbarkeit von Ressourcen. So können sich Betroffene als wirksam und selbst-bestimmt erleben. Die folgend dargestellte Methode lässt die Adressaten ihre persönli-chen Ressourcen erfahren und ihre eigene Stärke erleben. Auch die sozialpädagogi-schen Fachkräfte erfahren durch diese Selbstwirksamkeit der Betroffenen, dass sie viel-fältige Veränderungspotenziale besitzen, die für eine nachhaltige Veränderung nutzbar sind. Der Familienrat ist als Verwaltungsverfahren gedacht, welches die Familienmitglie-der, deren Angehörigen und Bekanntschaften als Hauptakteure im Gestalten und Ent-scheiden von ihren eigenen Lösungen macht. Dabei fungieren die Fachkräfte nicht als Problemlöser oder Planer von Hilfeleistungen, sondern sie helfen bei der Organisation des Familienrates, sie dienen als Informationsquellen und als Partner und Moderator bei Verhandlungen. So soll der Rat der Familie das Selbsthilfepotenzial der privaten Netz-werke und der Organisationen erkennen, aktivieren und miteinander verknüpfen (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 24f).

„Familienrat“:

Der Familienrat wird durch Budde, Früchtel und Cyprain beschrieben und be-zeichnet eine Hilfeform, die durch eine fallzuständige Fachkraft des Jugendamtes und durch Sozialarbeiter angeregt, initialisiert und organisiert wird. Es ähnelt in Grundzügen dem „Hilfeplanungsverfahren“, welches bereits in deutschen Jugendämtern Anwendung findet und auf einer sozialrechtlichen Grundlage, dem § 36 SGB VIII, beruht. Jedoch gibt es im Vergleich zur „Hilfeplanung“ einige Unterschiede, da dieses „Hilfeplanungsverfah-ren“ die Koordination des Helfersystems unter Beteiligung der Menschen, denen Hilfe zuteilwird, fokussiert. Außerdem wird sich auf die Leistungen des professionellen Sys-tems konzentriert. Der Prozess in einem Familienrat wird von den Autoren deshalb als „Lösungsplanung“ benannt, beschreibt es doch das Planen einer Lösung und stellt somit die Leistungen der Lebenswelt des Betroffenen in den Mittelpunkt. Denn in der „Lösungs-planung“ des Familienrates wird eine Art des Verfahrens und die Haltung präferiert, wel-che die Betroffenen selbst als die handelnden Hauptakteure des Hilfeprozesses ansieht. Mit dieser Begrifflichkeit wird forciert, dass die Familie selbst einen Plan erstellt, der ein Problem lösen soll. Bei der Planung und Organisation dieses Familienrates bedient sich die Familien dann der professionellen Unterstützung (vgl. Budde/Cyprain/Früchtel 2013, S. 30f).

Für die Organisation und die Umsetzung eines Familienrates sind nach Budde, Cyprain und Früchtel folgende Rahmenbedingungen grundlegend: Das Netzwerk der Familie ist genügend groß, um die Lösungen eigenständig umzusetzen. Falls dies nicht der Fall sein sollte, muss ein entsprechendes Netzwerk zunächst ausgebaut und für den

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