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Rechnergestützte Koordination von Geschäfts- partnern beim Auftragsdurchlauf

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Rechnergestützte Koordination von Geschäfts- partnern beim Auftragsdurchlauf

Autoren: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Mertens, Dr. Wolfgang Faisst und Dipl.-Kfm.

Alexander Zeier, Bereich Wirtschaftsinformatik I, Universität Erlangen-Nürnberg, Lange Gasse 20, D-90403 Nürnberg

1 Einleitung

Der Auftragsdurchlauf stellt einen der wichtigsten Teilbereiche des Supply Chain Ma- nagement (SCM) dar. Ihn zeichnen folgende Elemente aus: Kombination von Marktme- chanismen und Kooperationsmodellen, gemeinsame Zielsetzung und Zieleinheit, vor allem Kostenreduktion im „Erweiterten Unternehmen“ („Extended Enterprise“), unter- nehmensübergreifende Synchronisation und Transparenz sowie Priorität von Messwer- ten vor allem aus dem überbetrieblichen Bereich gegenüber Prognosewerten, simultane Planung sowie gleichzeitige Berücksichtigung von Informations-, Material- und Fi- nanzlogistik. In unserem Beitrag wollen wir aufzeigen, wie sich unter Einsatz moderner Informationslogistik die Zuordnung von Aufgaben im Auftragsdurchlauf in vielen Fällen ändert. Die neue Aufgabenteilung setzt andere Formen der Koordination voraus.

Es ist eine beachtliche Vielfalt von Formen der Kopplung schon zu beobachten bzw. für die Zukunft zu erwarten. Sie unterscheiden sich darin, ob im Sinne einer zwischenbetrieblichen Integration Absprachen über Daten, Algorithmen, Nachrichten, Workflows oder ganze Anwendungssysteme getroffen werden.

2 Neue Aufgabenverteilung im Verbund

Durch das dynamische Konfigurieren und Umkonfigurieren der Unternehmensnetz- werke und die zunehmende Aufgabenteilung im Verbund erhöht sich der Regelungs- bzw. Informationsbedarf (z. B. zur Transparenz in der Logistik-Pipeline oder Tracking- und Tracing-Funktionalitäten). Als Basis für die überbetriebliche Koordination benötigt man daher einheitliche IV-Plattformen bzw. Interorganisationssysteme. So wurde etwa für die Herstellung des Smart eine integrierte Plattform für Logistik und Produktions- planung implementiert, welche Produktionsvorbereitung, Materiallogistik, Montage, Vertriebslogistik sowie Produktions- und Logistikplanung (inkl. Logistik- und System- partner) verbindet.

Aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem Management überbetrieblicher Netzwerkstruktu- ren (z. B. zwischen Versender und Spediteur oder auch zwischen Versand- und Emp- fangsspediteuren, Frachtführern, Lagerhaltern usw.) kommt Logistikdienstleistern eine wichtige Rolle bei der Koordination der Unternehmen in der Supply Chain zu. Spedi- tionen entwickeln sich zunehmend auch zu logistischen Systemdienstleistern, die zu- gleich produktionsvorbereitende Aufgaben, beispielsweise Vormontagen, oder absatz- unterstützende Arbeiten, wie Bestellabwicklung für Kunden, Regalservice oder technische Kundendienstleistungen, übernehmen. So hat z. Β. der Transport- und Logi- stikdienstleister TNT bei der Smart-Herstellung die Verantwortung für die Steuerung der gesamten Ersatzteilversorgung übernommen.

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Hier ist generell die Entscheidung zu treffen, wer die Verantwortung trägt. Einerseits kommt als Leader der Hersteller des Fertigproduktes in Frage (z. B. im Automobilbe- reich aufgrund der Machtstellung gegenüber den Zulieferern und Händlern). Falls die Verhältnisse ausgewogener sind, bietet sich die Einschaltung eines Brokers an, wodurch wohl eher auch auf die Interessen der restlichen Mitglieder der Kette eingegangen wer- den kann (z. B. bei Festlegung der Prioritäten).

3 Bausteine und Phasen des Auftragsdurchlaufs der Zukunft

In der folgenden Beschreibung gehen wir von einer Gliederung des Auftragsdurchlaufs (vgl. Abb. 1) in die Phasen Angebots- und Auftragserstellung, -übermittlung, -durch- führung und Versand aus. Diese Kette umschließt alle Beteiligten vom Rohstoffliefe- ranten bis zum Point-of-Sale.

Kunde

Angebots- und Auftragserstellung Electronic Commerce Available-to-Promise

Verteilte Produktion Partner

Agent zum Konditionenvergleich

Verteilte Konstruktion und Design Mass Customization

Partner

Partner

Zulieferer Zulieferer Zulieferer Postponement

Assemble-to-Order

Auftrags- übermittlung

Auftragsdurchführung Versand aktive Bevorratungsmethoden Tracking

Tracing Transportbörsen Cross Docking

Pegging

Collaborative Scheduling Monitoring

Abb. 1: Auftragsdurchlauf der Zukunft 3.1 Angebots- und Auftragserstellung

Neuere Informations- und Kommunikationstechnologien tragen maßgeblich dazu bei, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden individueller, wirkungsvoller, schneller und kostengünstiger zu erfassen und zu bearbeiten. Beim Electronic Commerce wird sogar der gesamte Angebotsprozess auf den Kunden übertragen, wenn man Angebotssy- steme - versehen mit entsprechenden Such-, Beratungs-, Bestell- und Bezahlungsfunk- tionen - in öffentlich zugängliche Datennetze (z. B. Internet) stellt. Der Kunde steigt über die Homepage des Herstellers ein und gelangt zunächst in einen elektronischen Verkaufsraum mit einem Produktkatalog. Das Bestellen erfolgt auf der Basis eines elektronischen Warenkorbs. Erteilt der Kunde den Auftrag, so werden für alle Bestell- positionen die Verfügbarkeit (Available-to-Promise, d. h. die Zusicherung von Liefer- mengen und -terminen bei Kundenanfragen) und der mögliche Liefertermin ermittelt.

Ebenso werden bei der Preisberechnung sowohl die Konditionen und Rabatte kunden-

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individuell bestimmt als auch das Kreditlimit des Kunden durch Zugriff auf die Systeme des Vertriebs überprüft und gegebenenfalls, bei Überschreitung, um den Vorschlag ei- ner alternativen Zahlungsart ergänzt. Den elektronischen Produktkatalog kann der Her- steller mit WWW-Werkzeugen gestalten und im Materialstamm ablegen. Die Einträge übernimmt man zum Teil direkt aus der Unternehmensdatenbank (z. B. aktuelle Preise, Sonderangebote, Mengenrabatte).

Elektronische Verkaufshilfen sind auch eine wichtige Voraussetzung für die sog. Mass Customization als eine Synthese aus Massenproduktion einerseits und der Befriedi- gung individueller Kundenbedürfnisse durch Produkte und Dienstleistungen, die der Kunde nach seinem Wunsch gestaltet, andererseits. Der Kunde konfiguriert sich sein Erzeugnis aus einem größeren Angebot an Varianten bzw. Komponenten. Man darf an- nehmen, dass im Anschluss daran ein „machbares“ Erzeugnis definiert ist. Der Kun- denwunsch wird in der Regel per Datenfernübertragung in den Fertigungsbetrieb ge- sandt und löst dort sofort die Produktion aus (Assemble-to-Order). Im Sinne des sog.

Postponement ist es auch denkbar, Komponenten bzw. Bausteine bei räumlich verteil- ten Montagebetrieben vorzuhalten, die auf Kundenabruf zusammengebaut werden. Auf diese Weise bräuchte man nicht jede Variante zu lagern und könnte dennoch schnell reagieren. Diese Vorgehensweise wirft natürlich zahlreiche Optimierungsprobleme auf (z. B. kombinierte Lagerhaltungs- und Tourenplanung).

Eine reizvolle Facette mag auch darin liegen, ein individuelles Angebot im WWW nicht durch einen Produzenten bzw. Dienstleister abzugeben, sondern die Individualisierung gerade dadurch zu erreichen, dass sich mehrere Lieferanten zusammenschließen. Eine solche Kompetenzbündelung erlaubt es kleinen und mittleren Unternehmen in vielen Konstellationen, mit Großunternehmen zu konkurrieren. Die Bündelung bzw. Verma- schung von Betrieben, die im Internet anbieten, steht noch am Anfang; gleichwohl wird sie in Zukunft womöglich mehr Bedeutung erlangen.

3.2 Auftragsübermittlung

Nachdem die Kundenbestellung aufgenommen wurde, werden die Aufträge für die Weiterverarbeitung im Unternehmensnetzwerk aufbereitet, also den internen Anforde- rungen angepasst. So ergänzt man fehlende Informationen, prüft ggf. die Verfügbarkeit oder erstellt Bearbeitungspapiere. An dieser Stelle werden aus den Kundenaufträgen die Aufträge für Beschaffung, Produktion und Transport bei den beteiligten Unternehmen abgeleitet bzw. abgestimmt.

3.3 Auftragsdurchführung

3.3.1 Verteilte Konstruktion

Wenn bei ausgeprägter Einzelfertigung das Produkt nach Auftragseingang im Detail konstruiert werden muss, arbeiten die Mitarbeiter der beteiligten Verbund-Mitglieder im Sinne des Concurrent und Simultaneous Engineering parallel an der Produktentwick-

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lung1 mit der Absicht, Durchlaufzeiten zu verkürzen. Das folgende Beispiel illustriert den Ablauf einer Design-Konferenz2:

Möchte der Mitarbeiter von Partnerbetrieb A über konstruktive Fragestellungen bei dem mit CAD erstellten Modell des Partners B diskutieren, so verabredet er unmittelbar eine Design-Konferenz. Dazu legt der Konstrukteur von B die elektronischen Abbilder seines CAD-Modells in einem gemeinsam nutzbaren elektronischen Skizzenblock („Sha- red Whiteboard“) ab und startet die Telesitzung. Hierbei wird einerseits eine Video- konferenz zwischen beiden Partnern geschaltet, so dass auch physische Teile während der Diskussion ins Bild gerückt und demonstriert oder Lösungsmöglichkeiten mit Hilfe von Gestik verdeutlicht werden können. Andererseits synchronisiert man die elektroni- schen Skizzenblöcke. Dadurch sind beide Partner in der Lage, das CAD-Modell online zu besprechen. Sowohl Zwischenstände als auch die endgültige Lösung lassen sich mit- protokollieren. Ein umfangreiches Nachbereiten entfällt.

3.3.2 Verteilte Produktion

Nach Luczack u. a. wird die gewünschte partnerübergreifende Grobdisposition im Be- reich der Produktionsprogrammplanung, z. B. unter Berücksichtigung einer Ressour- centeilung, durch die vorhandenen PPS-Systeme bisher nur ansatzweise unterstützt.3 Eine primitive Form der Koordination im Verbund bieten gemeinsame Kapazitätsspei- cher. Dabei übermitteln die Partner in bestimmten Zeitabständen ihre Leerkapazitäten nach Art und Größe. Es ist auch möglich, sich gegenseitig Einblick in die Unterneh- mensdatenbanken zu gewähren oder Informationen über eine gemeinsame Zwischenab- lage auszutauschen. Gegebenenfalls gibt man auch Technologie, Rüst- und Fertigungs- zeiten bekannt. Der sequentielle MRP-II-Ansatz ist hierbei durch eine simultane Be- rücksichtigung aller Faktoren zu ersetzen, um einen aktuellen Informationsstand bzw.

eine schnelle Reaktion bei allen Beteiligten zu ermöglichen

Die Produktionsbedarfsplanung ist bereits darauf ausgerichtet, über Fremdvergaben zu entscheiden. Die für das Unternehmensnetzwerk notwendigen Funktionen sind bei den gängigen PPS-Systemen schon vorhanden. Es müssen nur weitere Datenfelder (bspw. über die Produktionsanteile der beteiligten Partner) bereitgestellt werden. Die klassische „Make-or-Buy“-Frage erweitert sich auf „Make or Cooperate or Buy“, d. h., es ist zu entscheiden, ob ein Partner („Cooperate“) fertigen könnte.

Die Durchlaufterminierung generiert dazu mehrere Alternativen für Aufträge, die auch über Partnerarbeitsplätze wandern (Collaborative Scheduling). Anschließend bewertet man die Wahlmöglichkeiten und legt die sinnvollsten ab. Als problematisch könnte sich in diesem Zusammenhang der unterschiedliche Detaillierungsgrad der Daten erweisen4.

1 Vgl. Anderl, R., Katzenmaier, J.: Trends in der Produktdatenverwaltung, Engineering-Daten-Mana- gement 3 (1997) 1, S. 5-7.

2 modifiziert nach: Luczak, H.: Vernetzt und erfolgreich, Blick durch die Wirtschaft, 1. September 1997, S. 5.

3 Luczak, H., Heiderich, T.: Leistungsstand aktueller Standard-PPS-Systeme bei der Unterstützung wandelbarer Produktionsnetze, Industrie Management 13 (1997) 4, S. 12.

4 Vgl. Wiendahl, H.-P., Yu, K.-W.: Produktionsmanagement in der verteilten Produktion, Beitrag zur Tagung „PPS - Sanierung oder Ablösung“ am 15. und 16. Oktober 1997 in München, München 1997 (nicht paginiert).

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Mit Hilfe eines Visualisierungstools sollten unternehmensübergreifend Beschaffungs-, Produktions-, Transport- und Kundenaufträge mit ihren Interdependenzen dargestellt werden, um z. B. auf zeitliche und mengenmäßige Abweichungen reagieren zu können (z. B. SAP SCOPE Alert Manager). Man spricht hier auch von „Pegging“, d. h. der hie- rachischen Abbildung des Materialflusses entlang der Supply Chain. Davon ausgehend könnte man sich dem Gesamtoptimum planerisch nähern und einzelne Partner für suboptimale Teillösungen (z. B. höhere Losgrößen, kürzere Transportzyklen), die sie im Interesse des Gesamtoptimums im „Extended Enterprise“ in Kauf nehmen, entschädi- gen.

Bei einer engeren Verzahnung der Partner im Verbund ist auch daran zu denken, Netto- sekundärbedarfe für Teile, die in mehreren Unternehmen Verwendung finden, zusam- menzufassen und gemeinsam zu beschaffen (um Bündelungseffekte zu erreichen) oder durch einen Partner herstellen zu lassen. An dieser Stelle kann es bei entsprechenden Stückzahlen sinnvoll sein, auch auf der Sekundärbedarfsebene den (Kern-)Kompeten- zen entsprechend die Fertigung zu segmentieren.

Bestellungen lassen sich zumindest teilweise automatisieren. Zum Einholen von Ange- boten werden die Stammsätze der Partnerteile benötigt. Entweder tauscht man diese zuvor aus oder bezieht sie aus einem netzwerkinternen Datenpool. Gleiches gilt für die Lieferkonditionen (Preise, Transportbedingungen, Skonti, Rabatte etc.). Wenn ein Part- ner eine aktive Konditionenpolitik betreibt, z. B. um seine aktuelle Ressourcenausla- stung zu erhöhen, so könnte das anbietende Unternehmen entweder die Änderungen aktiv in die Systeme der Partner schreiben oder in einem Intranet zur Verfügung stellen.

Eine sehr fortgeschrittene Variante stellen sog. Verhandlungsagenten dar, mit deren Hilfe man marktähnliche Mechanismen5 elektronisch unterstützen kann („interne Märkte“). Ähnliche Lösungen (agentenbasierter Konditionenvergleich) für Standardteile bieten sich in Zukunft verstärkt auch für die Beschaffung bei externen Lieferanten bzw.

auf Elektronischen Märkten an.

Die Auftragskoordination im Verbund wird derzeit noch nicht befriedigend unter- stützt. Hier ist an eine Art Verbund-Leitstand (z. B. SAP Supply Chain Cockpit) zu denken. Erst mit zunehmender bzw. häufiger Zusammenarbeit erscheint es lohnenswert, die gesamte Auftragsabwicklung umzustrukturieren.6 Zumindest sollten die Partner quasi „online“ über sog. „Monitoring-Module“ Auskünfte über Ressourcen, Pro- zessketten und Aufträge geben können. Wenn Störungen bzw. außergewöhnliche Er- eignisse eintreten, die Kettenreaktionen auslösen können, bedarf es eines Systems, das Warnungen ausgibt (bei SAP SCOPE wäre dies z. B. der oben erwähnte Alert Mana- ger).

Im Bereich der Datenverwaltung gilt es zu beachten, dass die lokale Planung der ein- zelnen Partner mit der anderer Verbundmitglieder konsistent sein muss. Dazu bezieht man neben den eigenen lokalen auch globale, d. h. verbundweit verfügbare, Daten ein.

Die herkömmliche Stückliste ist im Unternehmensnetzwerk um den Ort der Speiche- rung und den Besitzer des jeweiligen Materials zu ergänzen. Vor der Weitergabe an die

5 Vgl. Weigelt, M.: Dezentrale Produktionssteuerung mit Agenten-Systemen: Entwicklung neuer Ver- fahren und Vergleich mit zentraler Lenkung, Dissertation an der Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg 1994.

6 Vgl. Much, D.: Prozeßgestaltung bei Unternehmenszusammenschlüssen, in: Forschungsinstitut für Rationalisierung an der RWTH Aachen (Hrsg.): Vorwärts mit innovativen Lösungen „vom Praktiker für den Praktiker“, Proceedings der Aachener PPS-Tage 1997, Aachen 1997 (nicht paginiert).

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anderen Netzwerkmitglieder müssen die teilweise sensiblen Daten durch Selektion und Kapselung geschützt bzw. partnergerecht aufbereitet werden.7 So hat bspw. SAP einen Available-to-Promise-Server konzipiert, der auch große Datenmengen aus den R/3-Sy- stemen, Legacy-Systemen und Non-R/3-Systemen realtime verarbeiten kann. Hierdurch ist eine stets aktuelle Verfügbarkeitsprüfung möglich, die eine höhere Auflösungstiefe auch bei hohem Datenvolumen erlaubt.

Wollen sich die Partner gegenseitig Einblick in die Workflows gewähren, so bietet sich z. B. an, die jeweiligen Prozessbilder auf einer geeigneten Granularitätsstufe und die Kennzahlen über den Prozess (z. B. erwartete Restbearbeitungszeit) anzuzeigen. Zudem könnte man eine Liste mit Umdispositionsmöglichkeiten (bei jeder Aktivität ließen sich auch Alternativen abspeichern) über das Internet bereitstellen.

Im Bereich des Lagerwesens geben die Partner evtl. gegenseitig ihre Bestände bekannt (i. a. im Batch übermittelt). Als Reaktion auf einen Lagerengpass kommen folgende Al- ternativen in Betracht: Oberhalb einer Bestandsgrenze verlässt sich das PPS-System des Partners 1 auf bei Partner 2 verfügbare, d. h. nicht reservierte, Vorräte. Unterhalb dieser parametrierbaren Lagermenge fragt es z. B. per E-Mail zurück, da Sicherheitsbestände betroffen sein können. Die Kenntnis der aktuellen Lager- und Umlaufbestände aller Partner im Netzwerk ist besonders wichtig, wenn man Anfragen reaktionsschnell be- antworten und erfüllen will. Gegebenenfalls würde man reservierte, aber noch nicht sofort benötigte Bestände umdisponieren.

Für das Transportwesen bestehen bei den auf dem Markt befindlichen PPS-Systemen bisher kaum Hilfestellungen für Unternehmensnetzwerke: „Eine Abstimmung von Lo- gistikdienstleistern und Produktionsunternehmen, z. B. durch eine integrierte Produkti- onsprogramm- und Tourenplanung, aber auch eine zur Steuerung unerlässliche Trans- portüberwachung, sind bisher nicht verfügbar“.8 Als pragmatischer Ansatz könnten Transportzeiten zum/vom Partner als Rüstzeiten in die Arbeitspläne aufgenommen wer- den. Je nach räumlicher Verteilung im Netzwerk sind Transport- und Ladehilfsmittel, wie Maschinenkapazitäten bei der Ressourcengrobplanung, zu berücksichtigen und der aktuelle Standort abzuspeichern. Bei SAP SCOPE ist es möglich, eine Integration des Transportwesens und der PPS-Systeme auch überbetrieblich herbeizuführen.

Im Bereich des PPS-Controlling9 sollte die ressourcenbezogene Sichtweise durch Pro- zessbetrachtungen ergänzt werden, um Unternehmensverbünde durchgängig am Markt auszurichten.10 Mit Hilfe von Betriebskennlinien, die durch Simulation oder Messungen über eine gewisse Zeitstrecke hinweg gewonnen werden, lässt sich das logistische Ver- halten der Arbeitssysteme betrachten und darstellen, wie sich Durchlaufzeit, Über- gangszeit und Leistung über dem Bestand entwickeln. So könnte man z. B. erkennen, dass nach einem steilen Anstieg die Leistung nicht mehr zunimmt, wenn der Bestand eine gewisse kritische Höhe erreicht und ein „angemessener“ Betriebsbereich verlassen

7 Vgl. Helms, K., Höbig, M., Saretz, B.: Netzwerkfähiges Monitoring als Voraussetzung einer koope- rativen Auftragsabwicklung, in: Kuhn, A., Kloth, M. (Hrsg.): Dem Trend voraus: Wandelbare Produktionsnetze, Dortmund 1997, S. 5-25.

8 Luczak, H., Heiderich, T.: Leistungsstand aktueller Standard-PPS-Systeme bei der Unterstützung wandelbarer Produktionsnetze, Industrie Management 13 (1997) 4, S. 12.

9 Vgl. Hildebrand, R., Mertens, P.: PPS-Controlling, Heidelberg u.a. 1992.

10 Vgl. Luczak, H., Heiderich, T.: Leistungsstand aktueller Standard-PPS-Systeme bei der Unterstützung wandelbarer Produktionsnetze, Industrie Management 13 (1997) 4, S. 9-12.

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wird. Bei der Engpassorientierten Logistikanalyse werden - basierend auf den Werten aus der Betriebsdatenerfassung - Kenngrößen an den einzelnen Arbeitsstationen regi- striert. So lassen sich kapazitive Engpässe ebenso wie durchlaufzeit- und lieferzeitbe- stimmende Arbeitssysteme lokalisieren und in ihrer Bedeutung für den Auftragsdurch- lauf quantifizieren.11 Bei entsprechender Redundanz der Kompetenzen im Netzwerk ergeben sich im Sinne des Benchmarking auch Vergleichsmöglichkeiten zwischen den Partnern, z. B. hinsichtlich Qualität, Durchlaufzeit oder Termintreue.

Das interne Datenmodell kann bei fast allen gängigen PPS-Systemen über SQL-fähige Datenstrukturen angepasst werden. Manche Anbieter erlauben sogar den Anschluss des PPS-Systems an externe Reportgeneratoren12. Eine besondere Herausforderung liegt darin, Kennzahlen oder allgemein Management-Informationen zu definieren, auf die sich alle Instanzen in der Kette einigen können, und die zugehörigen (gemeinsamen) Datenbasen aufzubauen und zu pflegen.

3.4 Versand

Die Komponenten aus der Versandlogistik13 sollen vor allem bei der Entscheidung hel- fen, aus welchen Außenlagern mit welchen Touren welche Aufträge erfüllt werden. Da- bei könnten auch Transportbörsen eingesetzt werden. Reizvoll sind in diesem Zusam- menhang aktive Bevorratungsmethoden, etwa nach dem Muster von AUTOPART, oder ein Verfahren, das Procter & Gamble mit kleineren und größeren Distributoren und Kunden vereinbart hat. Viele Vorbilder findet man auch in überbetrieblichen Geschäfts- prozessen, wie sie zwischen dem Grosshandel und dem Einzelhandel üblich sind.14 Bei Semich15 wird ein Distribution Resource Planning System (DRP) vorgeschlagen, das ein Hersteller oder ein Handelsunternehmen installiert. Es verfolgt die Verkäufe und Lagerbestände im marktnahen Bereich, z. B. im Einzelhandel, sorgt für die Nachbevor- ratung unter Einbezug von Querlieferungen und übermittelt verdichtete Bedarfsdaten an die Primärbedarfsplanungssysteme des (der) Produzenten.

Von moderner Versandlogistik in erweiterten Unternehmen erwartet man, dass sich Transportmittel Teile ihrer Ladungen flexibel übergeben, ohne dass an definierten Stel- len physische Zwischenläger entstehen. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel des sog. Cross Docking:

An einem vereinbarten Austauschpunkt, z. B. auf einem Autohof nahe der Autobahn, tauschen die Fahrzeuge Teile ihrer Ladungen aus. Cross Docking setzt eine intensive Koordination voraus. Oft wird man ohne einen zwischenbetrieblichen Leitstand nicht auskommen, wobei von den Partnern zu vereinbaren ist, welcher Kooperationspartner den Leitstand betreibt und durch welche Kostenbeiträge er finanziert wird.

11 Vgl. Wiendahl, H.-P., Nyhuis, P., Helms, K., Durchlaufzeit/2 - Die Potentiale liegen auf der Hand!, Werkstattstechnik 88 (1998) 4, S. 159-164.

12 Gronau, N.: Anpassungsfähigkeit von PPS-Systemen an sich ändernde Organisationsstrukturen, PPS Management 3 (1998) 1, S. 29.

13 Vgl. Mertens, P.: Integrierte Informationsverarbeitung 1, 11. Auflage, Wiesbaden 1997.

14 Vgl. Porel, V.: Computergestützte Dispositionshilfen: Fallbeispiel der Supermarktkette Shaw's in den USA, in: Zentes, J. (Hrsg.): Moderne Warenwirtschaftssysteme im Handel, Berlin u.a. 1985, S. 179-196.

15 Vgl. Semich, J.W.: Information Replaces Inventory at the Virtual Corp., in: Datamation 15 (1994) 7, S. 37-42.

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Lieferant 1

Lieferant 2

Kunde 1

Kunde 2 Austausch-

punkt Ladung für

Kunde 2

Ladung für Kunde 1

Ladung für Kunde 1

Ladung für Kunde 2

Abb. 2: Cross Docking

Im Sinne des Tracking sollte es etwa über Global Positioning Systeme jederzeit mög- lich sein, die Standorte der Sendungen über die gesamte Transportstrecke zu bestim- men, wobei die Frachtpartner bei Verspätungen unverzüglich zu benachrichtigen sind (im WWW z. B. Federal Express16). Auf diese Weise sind die einzelnen Partner auch gegenüber den Kunden immer auskunftsfähig. Im Falle von Störungen während des Versands mag man sich des sog. Tracing bedienen. Eine elektronische Aufzeichnung des gesamten Sendungsverlaufs erleichtert hier das nachträgliche Verfolgen und Finden von Störungsursachen bzw. -verantwortlichen.

4 Zur Normung

Während in der Güterlogistik inzwischen eine überschaubare Zahl robuster Normen effiziente weltweite Gütertransporte erleichtert, ist man bei der Standardisierung in der Informationslogistik noch weit von einer zufriedenstellenden Lösung entfernt.17 Ein fruchtbarer Ansatz mögen die Arbeiten der Open Applications Group sein, denn sie bauen auf dem Prinzip der Nachrichtenkopplung auf, das sich bei der Kooperation hete- rogener Partner stabiler erweisen könnte als das der Datenkopplung. Bei den Übertra- gungsnormen hat man inzwischen den Vorteil, dass sich das Internet als ein „quasi na- türlicher“ Standard etabliert: Erfahrungsgemäß einigt man sich rascher darauf, während früher viele Partner im Zweifel ihre proprietäre Lösung als Norm durchsetzen wollten.

Die Durchsetzung von Standards ist erwartungsgemäß in Verbünden, in denen ein Großunternehmen die Rolle des „Leaders“ übernimmt, leichter als dann, wenn ein mit wenig Macht ausgestatteter Broker tätig werden muss.

16 Vgl. URL: http://www.fedex.com, Stand: 11. September 1998.

17 Vgl. Mertens, P.: Wirtschaftsinformatiker an die Normungsfront, WIRTSCHAFTSINFORMATIK 40 (1998) 4, S. 271.

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5 Ausblick

Sogenannte Advanced Planning Tools wie SCOPE/APO von SAP oder Rhythm von i2 streben eine integrierte Planung und Simulation der gesamten logistischen Kette an. Sie sollen im Endausbau eine Fülle von Verfahren aus der Statistik, dem Operations Re- search und der Künstlichen Intelligenz enthalten. Sowohl bei den Verfahren, bei der Zu- ordnung der Methoden zu Problemen (ausgerichtet nach Branchen, Betriebstypen, Netztypologien, Kritischen Erfolgsfaktoren, Zielstrukturen u. ä.) als auch bei der Kom- bination der Methoden zu Modellen ist noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten; diese sollte nicht unterschätzt werden.

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