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Finanzierungstheoretische Aspekte von Tracking Stocks als Restrukturierungsinstrument

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B e r i c h t e

Finanzierungstheoretische Aspekte von Tracking Stocks als Restrukturierungsinstrument

von Dipl.-Kfm. Daniel R. Becker, M.B.A. (USA)

Gliederung

1. Einführung

1.1 Beschreibung und Definition von Tracking Stocks 1.2 Abgrenzung zu Equity Carve-Outs und Spin-Offs 2. Zunehmende Relevanz von Tracking Stocks

3. Vor- und Nachteile durch die Einführung von Tracking Stocks 3.1 Agency-theoretische Sicht

3.1.1 Vorteile 3.1.2 Nachteile

3.2 Transaktionskostentheoretische Sicht

3.2.1 Tracking Stocks als Hybridform zwischen Markt und Hierarchie

3.2.2 Vorteile

3.2.2.1 Vorteile gegenüber einer konsolidierten Einzelunternehmung

3.2.2.2 Vorteile gegenüber einer vollständigen

rechtlichen Abtrennung der Geschäftseinheiten 3.2.3 Nachteile

3.2.3.1 Nachteile gegenüber einer konsolidierten Einzelunternehmung

3.2.3.2 Nachteile gegenüber einer vollständigen

rechtlichen Abtrennung der Geschäftseinheiten 4. Abschließende Bewertung

Literatur

(2)

Dieser Beitrag befasst sich mit dem Thema Tracking Stocks als innovatives Eigenkapitalrestrukturierungsinstrument für große diversifizierte Konzerne.

Tracking Stocks ermöglichen die separate Abbildung von Geschäftsbereichen eines Unternehmens am Kapitalmarkt, indem für jede Geschäftseinheit, deren wirtschaftliche Entwicklung am Kapitalmarkt abgebildet werden soll, eine separate Aktiengattung (Tracking Stock-Gattung) an der Börse eingeführt und gehandelt wird. Dabei bilden die einzelnen Tracking Stock-Gattungen jedoch weiterhin zusammen mit dem Konzern eine rechtliche Einheit.

Nach einer detaillierten Beschreibung des Instruments und der Darstellung der historischen Entwicklung bzw. Relevanz sollen die Vor- und Nachteile aus agency-theoretischer und transaktionskostentheoretischer Sicht hergeleitet werden. Damit soll ein systematischer Analyserahmen entwickelt werden, um auch Entscheidungshilfen in der Praxis zu geben, ob eine Tracking Stock- Struktur für eine Unternehmung vorteilhaft sein kann oder nicht. Aus agency- theoretischer Sicht bieten sich Tracking Stocks vor allem an, um Informations- asymmetrien zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern abzubauen. Bei einer transaktionskostenökonomischen Betrachtung können Tracking Stocks als Hybridform zwischen Markt und Hierarchie angesehen werden. Tracking Stocks könnten sich somit immer dann anbieten, wenn eine Absicherung transaktionsspezifischer Quasirenten durch hierarchische Koordinationsele- mente notwendig ist und gleichzeitig die Vorteile punktueller marktlicher Anreize genutzt werden sollen. In einer abschließenden Bewertung werden die zu- künftigen Entwicklungsperspektiven von Tracking Stocks in Deutschland beurteilt.

1. Einführung

1.1 Beschreibung und Definition von Tracking Stocks

Tracking Stocks stellen ein innovatives Restrukturierungsinstrument im Eigen- kapitalbereich dar, das die separate Abbildung von Vermögensrechten be- stimmter Geschäftsbereiche eines Unternehmens am Kapitalmarkt ermöglicht.1 Dabei wird für jede Geschäftseinheit, deren wirtschaftliche Entwicklung am Kapitalmarkt abgebildet werden soll, eine separate Aktiengattung (Tracking Stock-Gattung) an der Börse eingeführt und gehandelt. Als Tracking Stocks

1 Vgl. Büschgen (1998), S. 862.

(3)

werden demnach die Aktien auf eine Geschäftseinheit („tracked unit“) eines Unternehmens bezeichnet. Im Gegensatz zu den „herkömmlichen“ Restruktu- rierungsinstrumenten wie z.B. Equity Carve-Out oder Spin-Off (vgl. Abschnitt 1.2) bilden die einzelnen Tracking Stock-Gattungen mit den jeweils reprä- sentierten Geschäftseinheiten jedoch weiterhin eine rechtliche Einheit.1

Man unterscheidet zwei Generationen von Tracking Stocks. Die erste Gene- ration wird auch als „Alphabet Stocks” (Alphabetaktien) oder „Letter Stocks”

(Buchstabenaktien) bezeichnet. Die Begriffe gehen auf die Namensgebung von Aktiengattungen durch die General Motors Corp. zurück. General Motors bezeichnete die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Electronic Data Systems (EDS) in 1984 und Hughes Aircraft in 1985 emittierten Aktien als Class E- und Class H-Stock.2 Die zweite und aktuelle Generation von Tracking Stocks wurde im Jahr 1991 durch die USX Corp. eingeleitet, die Tracking Stocks auf ihren Stahl- und Ölbereich emittierte. Die zweite Generation wird üblicherweise als „Tracking Stocks“ oder „Targeted Stocks“ bezeichnet. Im Vergleich zu den Bezeichnungen „Alphabet Stocks“ und „Letter Stocks“ sind die Bezeichnungen

„Tracking Stocks“ und „Targeted Stocks“ an den ökonomischen Hintergrund dieses Finanzierungsinstrumentes angelehnt. Die Bezeichnungen „to track“

bzw. „to target“ bedeuten wörtlich „verfolgen“, „anzielen“ bzw. „nachführen“ und sollen darauf hinweisen, dass durch diese Aktienart die Performance einer bestimmten Geschäftseinheit nachgebildet wird. Die Unterschiede der ersten und zweiten Generation liegen zum einen in der Ta tsache, dass Alphabet Stocks nur auf 100-prozentige Tochterunternehmen emittiert wurden.3 Zum anderen liegen die Unterschiede bei den Stimm- und Liquidationsrechten der Aktionäre, die bei der zweiten Generation noch enger an die einzelnen Geschäftseinheiten gebunden sind. Im folgenden Abschnitt soll sich der Einfachheit halber auf die grundlegenden Gemeinsamkeiten konzentriert und durchgehend der Begriff Tracking Stock verwendet werden.

Für den Begriff „Tracking Stock“ existiert weder eine Legaldefinition noch eine in der Literatur allgemein anerkannte Definition.4 Dies ist darauf zurückzufüh- ren, dass die Rechtsfigur Tracking Stock im US-amerikanischen Recht zur Zeit noch nicht explizit erfasst ist und Tracking Stock-Emissionen nicht normiert, sondern unternehmensindividuell ausgestaltet sind.

1 Vgl. Steiner/Natusch (1996a), S. 580; Jaeger (1999), S. 6.

2 Vgl. Perridon/Steiner (1999), S. 370; Natusch (1995), S. 65.

3 Vgl. Herz/Abahoonie (1986), S. 26.

4 Vgl. Steiner/Natusch (1996a), S. 585.

(4)

In der deutschen Literatur wird der Begriff „Tracking Stocks“ wie folgt um- schrieben: Müller definiert Tracking Stocks als „innovatives Finanzinstrument im Eigenkapitalbereich, bei dem einzelne Gesellschafter nicht am Gesamtunter- nehmenserfolg, sondern nur an einem spezifisch abgegrenzten Teil davon partizipieren.“1 Steiner/Natusch definieren Tracking Stocks ähnlich wie Müller als „eine börsennotierte Gattung von Stammaktien, die – bei Gewährung der üblichen Aktionärsrechte an dem gesamten Gesellschaftsvermögen – das mit dem Eigentum an der Aktie verbundene Recht auf Gewinnausschüttung auf einen Teilgeschäftsbereich ... des Emittenten beschränken.“2 Sie führen für den englischen Begriff Tracking Stocks das deutsche Synonym „Geschäftsbereichs- aktie“ ein.

Um den Inhalt dieses neuen Instruments deutlicher zu machen, sollen im Fol- genden trotz der unternehmensindividuellen Ausgestaltung die wichtigsten gemeinsamen Merkmale von Tracking Stock-Transaktionen aufgezeigt werden.

Damit die Vermögensrechte – insbesondere Gewinnbeteiligung und Liquida- tionserlös – auf einen Teilgeschäftsbereich („tracked unit“) beschränkt werden können, sollen Tracking Stocks die Aktien-Gewinne an die operative Leistungs- fähigkeit jeder einzelnen Geschäftseinheit binden.3 Im Gegensatz zum status quo vor der Durchführung einer Tracking Stock-Emission, bei dem eine ein- zelne Konzernaktie einer Gesellschaft alle Geschäftsbereiche am Kapitalmarkt aggregiert abbildet, werden im Kalkül der Tracking Stocks die einzelnen Geschäftseinheiten durch eine separate Aktienklasse am Kapitalmarkt reprä- sentiert. Theoretisch kann eine Gesellschaft ebenso viele Tracking Stock-Gat- tungen emittieren, wie separate Geschäftsfelder bzw. Geschäftseinheiten vorhanden sind. Zusammengenommen ergeben alle Tracking Stock-Gattungen das gesamte Aktienkapital der Gesellschaft. Dem Investor wird auf diese Weise die Möglichkeit gegeben, sich nicht an dem Gesamtunternehmen beteiligen zu müssen, sondern sich entsprechend seinen Präferenzen an einer, mehreren oder allen Geschäftseinheiten, auf die Tracking Stocks emittiert wurden, zu be- teiligen. Abbildung 1 dient der Veranscha ulichung der Tracking Stock-Struktur:

1 Müller (1997), S. 57.

2 Steiner/Natusch (1996a), S. 580.

3 Vgl. Logue/Seward/Walsh (1996), S. 44.

(5)

Stammkapital Tracking Stock A Tracking Stock B

Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten

Unternehmen Unternehmen

Stimmrechte Bewertung basiert auf der Performance der Geschäftseinheit A

Bewertung basiert auf der Performance der

Geschäftseinheit B Gemeinsame

Stimmrechts - ausübung

Geschäfts- einheit A

Geschäfts- einheit B

Geschäfts- einheit A

Geschäfts- einheit B Bewertung basiert

auf der Performance der beiden Geschäftseinheiten

vorder Tracking Stock-Transaktion: nachder Tracking Stock-Transaktion:

Stammkapital Tracking Stock A Tracking Stock B

Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten

Unternehmen Unternehmen

Stimmrechte Bewertung basiert auf der Performance der Geschäftseinheit A

Bewertung basiert auf der Performance der

Geschäftseinheit B Gemeinsame

Stimmrechts - ausübung

Geschäfts- einheit A

Geschäfts- einheit B

Geschäfts- einheit A

Geschäfts- einheit B Bewertung basiert

auf der Performance der beiden Geschäftseinheiten

vorder Tracking Stock-Transaktion: nachder Tracking Stock-Transaktion:

Abbildung 1: Diversifiziertes Unternehmen vor und nach Tracking Stock -Transaktion1

Da sich die Vermögensrechte der an der Börse notierten Tracking Stock-Gat- tungen nur auf die jeweilige Geschäftseinheit des Gesamtunternehmens rich- ten, besitzen die einze lnen Tracking Stock-Gattungen „quasi pure equity market play“-Charakteristika. Dies bedeutet, dass Tracking Stocks fast („quasi“) wie Aktien einer einzelnen Unternehmung angesehen werden können, die sich auf ein bestimmtes Geschäftsfeld konzentriert („pure equity market play“). Die Berechnung des Börsenwertes eines Tracking Stocks erfolgt somit nach den gleichen Regeln wie die Bewertung der ehemaligen Stammaktie. Allerdings ist die Bewertung nicht mehr von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem Wachstumspotentials des Gesamtunternehmens, sondern von der des abgebil- deten Geschäftsbereichs abhängig. Die operative Leistungsfähigkeit der ver- schiedenen Unternehmensbereiche kann somit vom Kapitalmarkt für einzelne Tracking Stock-Gattungen und nicht nur im Rahmen einer Einzelaktie für den Gesamtkonzern bewertet werden. Zur Steigerung der Transparenz der wirt- schaftlichen Leistungsfähigkeit der verschiedenen Geschäftsbereiche werden für die Investoren der einzelnen Tracking Stock-Gattungen neben einem kon- solidierten Konzernabschluss separate Einzelabschlüsse erstellt.2

Auch wenn sich die Vermögensrechte der Inhaber der Tracking Stock-Gattun- gen nur auf die jeweilige börsennotierte Geschäftseinheit des Gesamtunterneh- mens richten, und das Unternehmen damit wirtschaftlich in die einzelnen Teil-

1 In Anlehnung an Lehman Brothers/Price Waterhouse LLP/Simpson Thacher & Bartlett (1994a), S. 2.

2 Vgl. Brown/Callan (1995), S. 889.

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bereiche unterteilt wird, so bleibt das Unterne hmen mit den einzelnen Ge- schäftseinheiten zusammen doch eine rechtliche Einheit. Daraus folgt, dass die

- Inhaber der Tracking Stocks immer noch Aktionäre der Gesamtgesellschaft und nicht etwa Aktionäre einer Geschäftseinheit sind,1 so dass sich auch nur aus wirtschaftlicher und nicht aus rechtlicher Sicht eine Veränderung der Zugehörigkeit der Aktiva oder Passiva ergibt,

- weiterhin der konsolidierte Gesamtgewinn des Unternehmens steuerpflichtig ist und nicht etwa jeweils der Gewinn der einzelnen Geschäftseinheiten;

außerdem ist eine Tracking Stock-Transaktion sowohl auf Gesellschafts- als auch auf Anteilseignerebene steuerfrei,2

- die börsennotierten Geschäftseinheiten weiterhin nur einen Vorstand bzw.

„board of directors“ beschäftigen, der aufgrund möglicher Interessenkonflikte zwischen den Aktionären verschiedener Tracking Stock-Gattungen – wie sie z.B. bei der Festlegung der Verrechnungspreise für Transaktionen zwischen den Geschäftseinheiten auftreten können – zusätzliche Sorgfalts- und Treuepflichten gegenüber den Aktionären einer jeden Aktiengattung über- nehmen und systematische Benachteiligungen einer Tracking Stock-Gat- tung vermeiden muss,3

- die Aktieninhaber der verschiedenen Tracking Stock-Gattungen weiterhin – bis auf einige Ausnahmen – gemeinsam auf der Hauptversammlung abstim- men (siehe auch Abbildung 1)4 und

- die börsennotierten Geschäftseinheiten nicht nur gegenüber den Verbind- lichkeiten der eigenen Geschäftseinheit sondern weiterhin gesamtschuld- nerisch für die Verbindlichkeiten aller Geschäftseinheiten haften.5 Verluste, die innerhalb einer Geschäftseinheit entstehen und nicht durch das Eigen- kapital dieser Geschäftseinheit gedeckt sind, müssen von anderen Ge- schäftseinheiten des Unternehmens aufgefa ngen werden und können folg- lich auch das Jahresergebnis der „gesunden“ Geschäftseinheiten belasten.

1 Vgl. Baums (1996), S. 23.

2 Vgl. Natusch (1995), S. 53.

3 Vgl. Natusch (1997b), S. 1142; Lehman Brothers/Price Waterhouse LLP/Simpson Thacher &

Bartlett (1994a), S. 9.

4 Vgl. Brown/Callan (1995), S. 889.

5 Vgl. Steiner/Natusch (1996a), S. 580.

(7)

1.2 Abgrenzung zu Equity Carve-Outs und Spin-Offs

Tracking Stocks weisen einige Besonderheiten gegenüber den „herkömmli- chen“ Eigenkapitalrestrukturierungsinstrumenten auf wie Equity Carve-Outs (Börseneinführung von Tochterunternehmen) oder Spin-Offs (Ausgliederung eines Tochterunterne hmens).

Equity Carve-Outs

Bei einem Equity Carve -Out wird entweder ein Teil oder das gesamte Eigen- kapital eines Tochterunternehmens an der Börse eingeführt (vgl. auch Tabelle 1). Für gewöhnlich geht man allerdings bei einem Equity Carve-Out davon aus, dass auch nach der Transaktion noch ein „beherrschender Einfluss“ des Mutter- unternehmens auf das Tochterunternehmen bestehen bleibt und das Mutterun- ternehmen somit weiterhin eine Beteiligungsquote von über 50 Prozent hält.1 Ein Nachteil eines Equity Carve-Outs gegenüber einer Tracking Stock-Trans- aktion ist, dass Tracking Stock-Transaktionen ste uerneutral ausgestaltet wer- den können, während der Gewinn aus der Börseneinführung bei einem Equity Carve-Out ertragsteuerpflichtig ist. Ein weiterer Unterschied zu Tracking Stocks ist, dass das Tochterunternehmen bei einem Equity Carve-Out nach der Trans- aktion eine eigene rechtliche Einheit darstellt, die auch von einem eigenen Vor- stand geleitet wird.

Spin-Offs

Bei einem Spin-Off (Ausgliederung eines Tochterunternehmens) handelt es sich nach herrschender Definition um eine Eigenkapitalrestrukturierungsform, bei der eine Konzernunternehmung eine verhältniswahrende („pro-rata“) Auskeh- rung eines Unterne hmensteils, wie z.B. eines Tochterunternehmens oder eines Produktbereichs, an ihre Anteilseigner im Rahmen einer Sachdividende vor- nimmt (siehe auch Tabelle 1).2 Die Aktionäre der Muttergesellschaft erhalten also für jede Aktie, die sie von der Muttergesellschaft halten, eine bestimmte Anzahl von neuen handelbaren Aktien der Tochtergesellschaft.3 Nach der Transaktion halten sie somit in dem durch den Spin-Off abgespaltenen Unter- nehmensteil denselben quotalen Anteil wie in der Obergesellschaft. Schließt

1 Vgl. Natusch (1997b), S. 1142.

2 Vgl. Schultze (1998), S. 10; Weston/Chung/Hoag (1990), S. 6.

3 Vgl. Miles/Woolridge (1999), S. 3.

(8)

man wertsteigernde Effekte durch den Spin-Off aus, bleibt die Vermögens- position des Aktionärs gleich, da gleichzeitig der Wert der ursprünglichen Kon- zernaktie um den Wert der Sachdividende sinkt. Da ein Spin-Off als eine Gratisdividende an die Aktionäre der Konzernmutter angesehen werden kann, erhält das Mutterunternehmen bei dieser Restrukturierungsalternative keine Barmittel.

In den meisten Fällen wird die steuerneutrale Durchführungsform (Sachdivi- dende bleibt steuerfrei) des Spin-Off gewählt. Dabei werden nach US-amerika- nischem Steuerrecht mindestens 80 Prozent der Stimmrechtsanteile und des Gesamtkapitals der betroffenen Tochtergesellschaft ausgekehrt, so dass kein beherrschender Einfluss mehr im Sinne einer möglichen aktiven Einflussnahme besteht. Dies führt zu einer vollkommenen Abspaltung des Unternehmensteils von der Konzernunternehmung. Im Gegensatz zu einer Tracking Stock-Trans- aktion wird hier der Unternehmensteil rechtlich aus dem Konzernverbund her- ausgelöst und unabhängig vom Management des Mutterunternehmens als eigenständiges Unternehmen mit einem eigenen Vorstand und einem eigenen Jahresabschluss weitergeführt. Der abgespaltene Unternehmensteil gehört da- mit nicht mehr zur konsolidierten Konzernbilanz des abspaltenden Unter- nehmens.1

1 Vgl. Schultze (1998), S. 12; Natusch (1997b), S. 1143; Jaeger (1999), S. 51.

(9)

Grad der Unternehmensintegration

und -kontrolle

Volle Unabhängigkeit Pure EquityMarket Play Eine Unternehmung

Quasi-Pure Equity Market Play

Tracking Stocks Equity Carve -Outs Spin-Offs

Rechtsform Keinen Einfluss auf die Rechtsform; ein Vorstand

Separate, rechtlich selbständige Einheit; ggf.

neuer Vorstand

Separate, rechtlich selbständige Einheit; neuer

Vorstand

Unternehmens-

leitung Einheitliche Leitung

Grad der Einflussnahme abhängig vom Kapitalanteil

des Mutterunternehmens

Verlust der Kontrolle über das ausgegliederte

Unternehmen

Besteuerung

Ertragsteuerneutral, wenn Tracking Stocks steuerlich

als Eigenkapital des Mutterunternehmens

anerkannt werden.

Ertragsteuerpflichtig

Ertragsteuerneutral, wenn die Bedingungen des § 355

IRC* erfüllt sind

Rechnungs- legung

Konsolidierter Abschluss sowie separate Berichterstattung für jede

„tracked unit “

Konsolidierter Abschluss Nicht konsolidierter Abschluss

Kreditau- fnahme

Kreditaufnahme durch das Mutterunternehmen;

wechselseitige Haftung

Kreditunterstützung durch das Mutterunternehmen;

keine wechselseitige Haftung

Selbständige Kreditaufnahme; keine wechselseitige Haftung

Bewertung Quasi pure equity market play

Bewertung beeinflusst durch den Grad der Einflussnahme des Mutterunternehmens

Pure equity market play

Liquiditäts- zufluss

Liquiditätszufluss für das Mutterunternehmen

abhängig von der Emissionsform

Liquiditätszufluss für das Mutterunternehmen

abhängig von der Emissionsform

Kein Liquidit ätszufluss für das Mutterunternehmen;

allerdings wird dem Tochterunternehmen Fremdkapital zugeordnet

* IRC steht für „Internal Revenue Code “, das U.S. -amerikanische Steuergesetz Grad der Unternehmensintegration

und -kontrolle

Volle Unabhängigkeit Pure EquityMarket Play Eine Unternehmung

Quasi-Pure Equity Market Play

Tracking Stocks Equity Carve -Outs Spin-Offs

Rechtsform Keinen Einfluss auf die Rechtsform; ein Vorstand

Separate, rechtlich selbständige Einheit; ggf.

neuer Vorstand

Separate, rechtlich selbständige Einheit; neuer

Vorstand

Unternehmens-

leitung Einheitliche Leitung

Grad der Einflussnahme abhängig vom Kapitalanteil

des Mutterunternehmens

Verlust der Kontrolle über das ausgegliederte

Unternehmen

Besteuerung

Ertragsteuerneutral, wenn Tracking Stocks steuerlich

als Eigenkapital des Mutterunternehmens

anerkannt werden.

Ertragsteuerpflichtig

Ertragsteuerneutral, wenn die Bedingungen des § 355

IRC* erfüllt sind

Rechnungs- legung

Konsolidierter Abschluss sowie separate Berichterstattung für jede

„tracked unit “

Konsolidierter Abschluss Nicht konsolidierter Abschluss

Kreditau- fnahme

Kreditaufnahme durch das Mutterunternehmen;

wechselseitige Haftung

Kreditunterstützung durch das Mutterunternehmen;

keine wechselseitige Haftung

Selbständige Kreditaufnahme; keine wechselseitige Haftung

Bewertung Quasi pure equity market play

Bewertung beeinflusst durch den Grad der Einflussnahme des Mutterunternehmens

Pure equity market play

Liquiditäts- zufluss

Liquiditätszufluss für das Mutterunternehmen

abhängig von der Emissionsform

Liquiditätszufluss für das Mutterunternehmen

abhängig von der Emissionsform

Kein Liquidit ätszufluss für das Mutterunternehmen;

allerdings wird dem Tochterunternehmen Fremdkapital zugeordnet

* IRC steht für „Internal Revenue Code “, das U.S. -amerikanische Steuergesetz

Tabelle 1: Vergleich der herkömmlichen Eigenkapitalrestrukturierungsinstrumente mit Tracking Stocks1

2. Zunehmende Relevanz von Tracking Stocks

Noch bis Mitte der 70er Jahre führte der Diversifikationsgedanke zu immer grö- ßeren Konglomeraten mit dem Ziel einer Reduzierung des unternehmerischen Gesamtrisikos durch Risikostreuung und der Schaffung eines internen Kapital- marktes bei der Zentralverwaltung, „which could allocate investment funds more cheaply and efficiently than the banks or the stock and the bond markets.“2 Diese Vorstellung begründete Akquisitionen in Wirtschaftssektoren, die nicht zu den unmittelbaren Kern-Unternehmensaktivitäten zählten.

1 In Anlehnung an Natusch (1997b), S. 1142; Neish (1995), S. 29.

2 Shleifer/Vishny (1990), S. 746.

(10)

Nach dem Ausbleiben der erhofften strategischen und operativen Synergie- potentiale begann Mitte der siebziger Jahre vor dem Hintergrund des wirt- schaftlichen Misserfolges zahlreicher Konglomerate in der Literatur eine zunehmend kritische Auseinandersetzung über Erfolg und Nutzen solcher Unternehmensgebilde. Zahlreiche empirische Untersuchungen kamen nun zu dem Ergebnis, dass diversifizierte Unternehmen einen Holdingabschlag („conglomerate discount“) von durchschnittlich über 10 Prozent zu tragen haben.1

Aufgrund dieser Überlegungen begann Ende der 70er Jahre eine auch als

„Dekonglomeratisierungswelle“ apostrophierte Übernahmewelle. Ihr wesentli- ches Element bestand darin, durch die Übernahme – bislang aufgrund eines Holdingabschlags an der Börse unterbewerteter – in der Regel besonders breit diversifizierter Industriekonzerne und ihre anschließende Aufspaltung in meh- rere voneinander unabhängige Unternehmenseinheiten zusätzlichen Share- holder Value zu schaffen. Im Zuge der Übernahmewelle wurden die existierenden Wertlücken geschlossen und in Form von Übernahmeprämien an die Eigentümer ausgeschüttet.

Von der Möglichkeit einer feindlichen Übernahme ging demnach eine diszi- plinierende Wirkung auf Manager aus, indem sie gezwungen wurden, ihre Handlungen an den Interessen der Eigenkapitalgeber auszurichten (Markt für Unternehmenskontrolle). Die feindlichen Übernahmen können somit als eine marktwirtschaftliche Gegenreaktion auf vermutete Ineffizienzen und die Vergeu- dung finanzieller Ressourcen gesehen werden. Die disziplinierende Wirkung führte auch dazu, dass die Fusionen der letzten Jahre nicht mehr der Diversi- fikation, sondern in stärkerem Maße der Expansion in vertraute Tätigkeitsfelder dienten.

Um dem Druck der feindlichen Unternehmensübernahmen zu entgehen, fand in Amerika seit Mitte der 80er Jahre ein Umdenken mit dem Ergebnis einer Reduzierung des Diversifikationsgrades und einer Rückbesinnung auf das Kerngeschäft eines jeden Unterne hmens statt, um so den erhöhten Anforderun- gen des Kapitalmarkts im Hinblick auf ein konsequentes Shareholder Value- Management Rechnung zu tragen. Nicht nur operative Potentiale sondern auch Potentiale durch organisatorische Restrukturierung sollten ausgeschöpft wer-

1 Vgl. Shleifer/Vishny (1990), S. 746; Comment/Jarrell (1995), S. 67-87.

(11)

den.1 Angesichts der zunehmenden Liberalisierung des europäischen Kapital- markts hat die Diskussion um die möglicherweise effizientere Ausgestaltung diversifizierter Konzerne spätestens mit dem allmählichen Aufkommen stärkerer und z.T. feindlicher Unternehmensübernahmen nun auch Deutschland erreicht.2 Anschauliche Fallbeispiele dafür bieten z.B. Flick/VEBA/ Feldmühle-Nobel, Conti/Pirelli, Krupp/Hoesch oder Mannesmann/Vodafone. Auch große konglo- merate Konzerngesellschaften in Deutschland sind zunehmend bestrebt, ihr Unternehmensportefeuille zu bereinigen und die Unternehmensstrategie auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren. Diese Entwicklung zeigt sich in der zunehmenden Anzahl von Spin-Offs oder Equity Carve-Outs wie z.B. SKW- Trostberg (VIAG), SGL Carbon (Hoechst), Rofin-Sinar (Siemens), T-Online (Deutsche Telekom) oder Infineon (Siemens).

Neben den herkömmlichen Restrukturierungsinstrumenten werden seit einigen Jahren auch vermehrt Tracking Stocks eingesetzt, um die einzelnen Geschäftseinheiten separat am Aktienmarkt zu handeln und somit den Investoren die Möglichkeit zu geben, auch in einzelne Unternehmensbereiche zu investieren. Die steigende Anzahl realisierter und angekündigter Tracking Stock-Transaktionen in den letzten Jahren belegt eindrucksvoll das gegenwär- tige und zukünftige Anwendungspotential des Finanzierungsinstruments Tracking Stock. Während in den ersten 21 Jahren zwischen 1977 und 1992 nur 10 Transaktionen angekündigt und durchgeführt wurden, waren es in den letzten 7 Jahren von 1993 bis 1999 schon ganze 62 Transaktionen (siehe Abbildung 2).

Bisher haben insgesamt 24 Unternehmen 56 Tracking Stock-Gattungen emit- tiert. Außer einem neuseeländischen Unternehmen (Fletcher Challenge Ltd., 1993 und 1996), eine m kanadischen Unternehmen (INCO Ltd., 1996) und einem europäischen Unternehmen (Alcatel, 2000) haben bisher allerdings nur US-amerikanische Unternehmen Tracking Stocks emittiert. Zu den bedeutends- ten gehören General Motors, USX Corp., Telecommunications Corp., US West und Sprint. Inzwischen haben 11 weitere Unte rnehmen Tracking Stock-Trans- aktionen angekündigt, darunter AT&T, DuPont und das britische Unternehmen United News & Media. Nach der erfolgreichen Einführung von Tracking Stocks

1 Vgl. Comment/Jarrell (1995), S. 67-87.

2 Vgl. Schultze (1998), S. 185.

(12)

in den USA versuchen jetzt US-amerikanische Investmentbanken, das Tracking Stock-Konzept auch in Deutschland zu vermarkten.1

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22

1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999

Zeit

Anzahl

Anzahl angekündigte und noch nicht emittierte Tracking Stock-Gattungen Anzahl emittierte Tracking Stock-Gattungen

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22

1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999

Zeit

Anzahl

Anzahl angekündigte und noch nicht emittierte Tracking Stock-Gattungen Anzahl emittierte Tracking Stock-Gattungen

Abbildung 2: Emittierte und angekündigte Tracking Stock -Emissionen im Jahresvergleich welt weit (Stand: Ende 1999)2

3. Vor- und Nachteile durch die Einführung von Tracking Stocks

3.1 Agency-theoretische Sicht 3.1.1 Vorteile

Verbesserte Informationseffizienz durch Tracking Stocks

Die Emission von Tracking Stocks ist eine Art des Signalling, um Informa- tionsasymmetrien zwischen Manager und Investor abzubauen. Wie oben schon beschrieben wurde, veröffentlichen die Gesellschaften nach einer Tracking Stock-Transaktion für die einzelnen Geschäftseinheiten zusätzliche Rechnungs- legungsdaten3 und verbessern damit die Informationseffizienz und -versorgung der Kapitalmarktteilnehmer. Damit wird dem Wunsch der Investoren und Gläu- biger entsprochen, die sowohl im Hinblick auf Umfang als auch Häufigkeit nicht mit dem heutigen Niveau an Segmentberichterstattung von diversifizierten Kon- glomeraten zufrieden sind.4

1 Vgl. Steiner/Natusch (1996a), S. 580; Müller (1997), S. 57.

2 Eigene Darstellung; Quelle: Steiner/Natusch (1996a), S. 583; Natusch (1998), S. 559; Neish (1995), S. 30; Jaeger (1999), S. 68-69; Logue/Seward/Walsh (1996), S. 50-51; D’Souza/

Jacob (2000), S. 466-468; Sieger/Hasselbach (1999), S. 1278; o.V. (2000), S. 26.

3 Vgl. Lehman Brothers/Price Waterhouse LLP/Simpson Thacher & Bartlett (1994a), S. 3.

4 Vgl. Risse (1995), S. 737.

(13)

Verbesserte Bewertungseffizienz durch Tracking Stocks

Wegen einer höheren Informationseffizienz durch die getrennte Rechnungs- legung können sich sowohl Anteilseigner als auch potentielle Anleger ein besseres Bild von den einzelnen Geschäftseinheiten machen, woraus eine Homogenisierung der Erwartungen und eine verbesserte Bewertungsmöglich- keit bzw. eine höhere Bewertungseffizienz für die Aktienanteile folgt. Ein weiterer Vorteil einer Tracking Stock-Struktur bei der Bewertung von Unter- nehmensanteilen ist, dass sich anhand der Jahresabschlüsse der einzelnen Geschäftseinheiten Unternehmens- und Branchenvergleiche durchführen lassen, da die jeweiligen Bewertungsparameter wie z.B. Kurs-Gewinn-, Firmenwert-Chash Flow- und Firmenwert-Buchwert-Verhältnis nun industrie- spezifisch berechnet und ve rglichen werden können. Da ein täglich beobacht- barer Aktienkurs der einzelnen Geschäftseinheiten ein effizienteres Bench- marking der Bewertungsparameter ermöglicht, werden die Informations kosten und damit die Analyseaufwendungen und das Analyserisiko verringert. Bei diversifizierten Unternehmen ohne Tracking Stock-Struktur lassen sich dagegen kaum Vergleichsobjekte finden.1

Verringerung des Holdingabschlags

Aufgrund der Intransparenz und der damit verbundenen hö heren Unsicherheit bei diversifizierten Unternehmen erwarten risikoscheue Kapitalanleger eine höhere Rendite, so dass die Aktien konglomerater Unternehmen oft einen signi- fikanten Bewertungsabschlag (Holdingabschlag oder „conglomerate discount“) im Vergleich zu „pure plays“ erfahren. Dies belegen auch zahlreiche Studien.2 Wegen der verbesserten Informations- und Bewertungseffizienz bei Tracking Stocks-Strukturen kann der Holdingabschlag dagegen bei Tracking Stocks zumindest zum Teil vermieden werden. Dies ist gleichbedeutend mit einer Sen- kung der Finanzierungskosten, da die Investoren bei gleichem erwarteten Unternehmensgewinn bereit sind, mehr für das Unternehmen zu zahlen. Durch die Aufspaltung einer Unternehmung in Tracking Stocks kann also die Summe der Marktwerte der einzelnen Geschäftseinheiten größer sein als der Marktwert der Gesamtunterne hmung vor der Aufspaltung. Hartough, ein Manager bei Pittston Corp., beschrieb die diesen Zusammenhang in seinem Unternehmen wie folgt: „It’s an example of how the efficient market theory doesn’t work. ...

1 Vgl. Natusch (1998), S. 469; Müller/Haarmann (1997), S. 482.

2 Vgl. Berger/Ofek (1995), S. 39-65; Comment/Jarrell (1995), S. 67-87; Lang/Stulz (1994), S.

1248-1268.

(14)

Before Pittston announced the targeted stock transaction (am 15.3.1993, a.d.V.) the share price was $15 5/8. At the end of 1993 the combined value of the two stocks was $34. The market capitalization therefore doubled without any management or operating changes. We gave the shareholders what they already had, but we gave it to them in two different pieces.”1 Auch empirisch wurde die Vermeidung eines Holdingabschlags durch Tracking Stocks in sieben Studien bereits nachgewiesen.2

Erhöhte Analystenabdeckung

Eine wichtige Funktion nehmen Research- oder Rating-Agenturen ein, da sie aufgrund ihrer Spezialisierungsvorteile besser als Privatanleger in der Lage sind, die z.T. komplexen Tracking Stock-Strukturen zu durchleuchten und die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens zu beurteilen. So können sie zur Verbesserung der Informationseffizienz beitragen, indem sie die Informations- beschaffung und Analyse für Fremd- und Eigenkapitalgeber erleichtern. In sechs empirischen Untersuchungen wird nachgewiesen, dass es tatsächlich nach der Einführung von Tracking Stocks zu einer erhöhten Analystenab- deckung kommt.3

Die höhere Analystenabdeckung ist dadurch zu erklären, dass vor der Tracking Stock-Emission jeweils höchstens ein Analyst pro Research-Agentur das Unternehmen beobachtete. Da Analysten typischerweise auf eine oder wenige Industrien spezialisiert sind, kann sich der bisherige Analyst auf eine Geschäfts- einheit spezialisieren und andere Analysten dieser Research-Agentur können sich – je nach ihrer Spezialisierung des Industriezweiges – mit den anderen Geschäftseinheiten befassen. Neben einer höheren Analystenabdeckung ist somit auch mit verbesserten Analystenschätzungen bei Unte rnehmen mit Tracking Stock-Struktur zu rechnen, da wegen der getrennten Börsennotierung und Rechnungslegung der einzelnen Geschäftseinheiten ein Analyst nur noch die Unterne hmensteile bewerten muss, die in dem Industriezweig operieren, auf den er sich spezialisiert hat. Auch empirisch wurde eine hö here Analysten-

1 Hartough, Manager bei Pittston Corp.; zitiert aus Neish (1995), S. 32.

2 Vgl. Natusch (1995), S. 187-207; Logue/Seward/Walsh (1996), S. 43-61; Gilson/Healy/Noe/

Palepu (1997); Billet/Mauer (1997); Zuta (1998); Jaeger (1999); D’Souza/Jacob (2000), S.

459-483.

3 Vgl. Logue/Seward/Walsh (1996), S. 43-61; Gilson/Healy/Noe/Palepu (1997); Zuta (1998);

Jaeger (1999); D’Souza/Jacob (2000), S. 459-483; Anslinger/Klepper/Subramaniam (1999), S. 21.

(15)

abdeckung und eine Verbesserung der Informationsqualität z.B. aufgrund genauerer Gewinnschätzungen bereits nachgewiesen. 1

Kontrollmechanismen

Eine Möglichkeit, die Agency-Problematik zumindest zu vermindern, sind zusätzliche Kontrollen der Handlungen und des Leistungsverhaltens des Agenten, da die Möglichkeiten für den Agenten zur Täuschung oder zu eigen- nützigem Verhalten dadurch beschränkt werden. Indirekte Kontrollen können z.B. durch die folgenden Marktmechanismen ausgeübt werden.

Eine Form der Kontrolle durch Marktmechanismen sieht die Agency-Literatur in einer externen Bewertung des Unternehmens am Kapitalmarkt (Kontrolle durch den Kapitalmarkt).2 Der Aktienkurs eines Unternehmens bildet auf einem vollkommenen Aktienmarkt ein eindeutiges und zuverlässiges Signal für den Wert einer Beteiligung an dieser Gesellschaft. Auf einem vollkommenen Aktien- markt würden daher Agency-Probleme – also ein von den Interessen der Aktionäre abweichendes Managementve rhalten – durch entsprechende Kurs- reaktionen sofort signalisiert und ließen sich somit über den Aktienmarkt kon- trollieren. Der Aktienmarkt fungiert also als Kontrollorgan der Unter- nehmensführung bei der Verwendung der Kapitalmittel. Aufgrund der höheren Informations- und Bewertungseffizienz durch Tracking Stocks leisten Tracking Stocks tatsächlich einen Beitrag, die Kontrolle durch den Kapitalmarkt zu verstärken, da die Kapitalmarktteilnehmer besser in der Lage sind, den Zu- sammenhang zwischen Managementleistung und wirtschaftlicher Entwicklung des Unternehmens zu erkennen und so Agency-Probleme auch auf Geschäfts- bereichsebene aufzudecken.

Eine weitere Möglichkeit einer Verringerung der Agency-Probleme wird im Arbeitsmarkt für Manager gesehen.3 Durch die Konkurrenz auf einem unter- nehmensinternen und -externen Arbeitsmarkt wird eine fortwährende Bewer- tung der Leistung des Managers – z.B. anhand Produktivität, Betriebsergebnis oder Marktstellung – vorgenommen, die mit der Leistung anderer Manager in ähnlichen Unternehmen verglichen werden kann. Die Drohung eines möglichen Austauschs durch andere Manager soll zumindest teilweise zu einem Ausgleich der divergierenden Kapitalgeber- und Kapitalnehmerinteressen führen.

1 Vgl. Jaeger (1999); Gilson/Healy/Noe/Palepu (1997).

2 Vgl. Fama/Jensen (1983a), S. 324; Scholes/Wolfson (1991), S. 496.

3 Vgl. Fama (1980), S. 288-307.

(16)

Tracking Stocks können einen wichtigen Beitrag zur Effizienz dieses Kontrollmechanismus’ leisten. Ohne Tracking Stocks ist eine Erfolgsbeurteilung seitens des Arbeitsmarkts für Manager nämlich nur für das Konzernmanage- ment insgesamt möglich. Die typische Problematik einer jeden Gruppenbe- wertung – das sog. „shirking“ – kann somit zu Tage treten: Im Durchschnitt eines insgesamt recht guten Managements können weniger begabte oder einsatzfreudige Manager jedenfalls für außenstehende Beobachter nur schwer identifiziert werden. Diese profitieren sogar in der Marktbeurteilung ihres Humankapitals vom Ansehen des Konzerns insgesamt. Hier verändert die Durchführung einer Tracking Stock-Transaktion die Situation. Die Leistung von Managern einer Geschäftseinheit ist für andere Marktteilnehmer auf dem Arbeitsmarkt für Manager durch das getrennte externe Rechnungswesen und die Börsennotierung der einzelnen Geschäftseinheiten sowohl leichter bewertbar als auch besser vergleichbar mit denen anderer Manager als die eines Sparten- oder Abteilungsleiters in einem monolithischen Konzern.

Anreizmechanismen durch die Einführunggeschäftseinheitenbezogener Managementanreizsysteme

Neben den Kontrollmechanismen bieten auch Anreizmechanismen eine Möglichkeit, die Interessen zwischen Eigentümern und Managern zu harmonisieren.1 Eine naheliegende Möglichkeit besteht z.B. darin, den Agenten über die Art der Entlohnung (z.B. variable und erfolgsorientierte Vergütungs- bestandteile, Stock Options oder Tantiemen) Anreize zu bieten, die zu einer eigentümerorientierten Auswahl von Entscheidungsalternativen führen, weil dadurch sowohl Agent wie Prinzipal von der Entwicklung der Unterne hmung abhängig sind. Das Anreizsystem erreicht damit eine Interessenparallelisierung zwischen Prinzipal und Agent. Tracking Stocks stellen eine Möglichkeit dar, die Funktion eines Anreizsystems zu verbessern bzw. ein solches erstmalig zu installieren.2 Mit der Durchführung einer Tracking Stock-Emission können aufgrund der wirtschaftlich unabhängigen Kapitalmarktnotierung der einzelnen Geschäftseinheiten neue Anreizverträge vereinbart werden, die für die Geschäftsbereichsmanager nun direkt z.B. an die realisierte Shareholder Value- Steigerung der jeweiligen Geschäftseinheit und nicht mehr nur an die Ent- wicklung des Gesamtunternehmens geknüpft sind. Da der Manager größeren Einfluss auf das Ergebnis der von ihm geführten Geschäftseinheit als auf das

1 Vgl. Picot/Michaelis (1984), S. 260; Becker (1990).

2 Vgl. Lehman Brothers/Price Waterhouse LLP/Simpson Thacher & Bartlett (1994a), S. 3;

Natusch (1995), S. 184-185; Steiner/Natusch (1996a), S. 584.

(17)

Ergebnis des gesamten Unternehmens hat, bildet dies eine effektivere Anreiz- grundlage, so dass davon eine höhere Motivationswirkung auf das Manage- ment der einzelnen Geschäftseinheiten ausgehen und ein vom Auftrag abweichendes Verhalten des Managers reduziert werden kann.

3.1.2 Nachteile

Interessenskonflikte zwischen Aktionären unterschiedlicher Tracking Stock-Gattungen

Mit einem Konfliktpotential ist jeweils zu rechnen, wenn es Aktionäre gibt, die nicht an alle n Geschäftseinheiten beteiligt sind und ihre jeweiligen Parti- kularinteressen vor das Wohl der übrigen Geschäftseinheiten bzw. der Gesamtgesellschaft stellen.1 Da es jedoch gerade ein Ziel des Tracking Stock- Konzepts war, Investoren die Geldanlage in einze lne Geschäftseinheiten zu ermöglichen, ist es sogar wahrscheinlich, dass sich sog. Investorenklientels bil- den. Die folgenden Punkte könnten mögliche Auslöser eines Interessenkonflikts sein:2

- Die Verteilung (a) der Gemeinkosten, (b) der Kosten für sonstige zentral für alle Geschäftseinheiten erbrachten Leistungen oder (c) der verschiedenen Bilanzpositionen auf die Jahresabschlüsse der einzelnen Geschäftsein- heiten;

- die Festlegung von Verrechnungspreisen zwischen den Geschäftseinheiten, gerade bei spezifischen Gütern und Dienstleistungen, für die eine Ermittlung von fairen Marktpreisen schwierig bzw. nicht möglich ist;

- die Festlegung der Dividendenquoten für die einzelnen Geschäftseinheiten;

- die regelmäßige Überstimmung und Vernachlässigung der Interessen von Minderheitsaktionären auf Gesamtunternehmensebene durch die Aktionäre einer Geschäftseinheit, die eine Mehrheit der Stimmrechte des Gesamt- unternehmens halten;

1 Vgl. Steiner/Natusch (1996a), S. 584.

2 Vgl. Jaeger (1999), S. 125.

(18)

- die Unternehmenspolitik z.B. hinsichtlich der operativen und strategischen Entwicklung einzelner Geschäftseinheiten.

Neue Anreizprobleme aufgrund gesamtschuldnerischer Haftung

Neu entstehende Anreizprobleme durch die Ausgabe von Tracking Stocks sind bisher in der Literatur noch nicht erörtert worden. Geht man davon aus, dass es einen optimalen Verschuldungsgrad für die Gesamtgesellschaft und die ein- zelnen Geschäftseinheiten gibt, dann entstehen durch eine Tracking Stock- Struktur allerdings neue Anreizprobleme. Die Anreizprobleme ergeben ich im Wesentlichen aus zwei Gründen. Erstens können die Geschäftseinheiten auf der einen Seite die Steuervorteile eines vermehrten Einsatzes von Fremdkapital voll nutzen, da in der „tracked units“-Rechnungslegung die Steuerersparnisse durch einen Fremdkapitaleinsatz verursachungsgerecht den einzelnen Geschäftseinheiten zugerechnet wird. Zweitens müssen aber auf der anderen Seite die negativen Konsequenzen eines erhöhten Fremdkapitaleinsatzes – wie z.B. ein höheres Insolvenzrisiko und folglich eine höhere Risikoprämie – nicht in vollem Maße von den einzelnen Geschäftseinheiten getragen werden, da diese sich aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung auf alle Geschäftseinheiten verteilen. Dadurch, dass einzelne Geschäftseinheiten die positiven Effekte einer höheren Verschuldung (z.B. Steuereffekt) voll nutzen können, die negativen Effekte aber nur zum Teil tragen müssen, besteht ein Anreiz für die Geschäftseinheiten, ihre Verschuldung über ein aus Gesamtunterne hmenssicht sinnvolles Maß hinaus zu erhöhen.

Verbesserte Informationseffizienz

Reduzierung von Agency-

Problemen

Verschärfung von Agency- Problemen Informations-

mechanismen

Erhöhte Analystenabdeckung

Anreiz- probleme Informations- und Kontrollprobleme Verbesserte

Bewertungseffizienz Verringerung des Holdingabschlags

Kontrolle durch Markt für Unternehmenskontrolle

Kontrolle durch Arbeitsmarkt für Manager

Kontrolle durch Kapitalmarkt

Geschäftseinheitenbezogene Managementsysteme

Verrechnung der Gemeinkosten

Anreiz - mechanismen Kontroll-

mechanismen

Festlegung der Verrechnungspreise

Verteilungskampf um Fremdkapital Verbesserte

Informationseffizienz

Reduzierung von Agency-

Problemen

Verschärfung von Agency- Problemen Informations-

mechanismen

Erhöhte Analystenabdeckung

Anreiz- probleme Informations- und Kontrollprobleme Verbesserte

Bewertungseffizienz Verringerung des Holdingabschlags

Kontrolle durch Markt für Unternehmenskontrolle

Kontrolle durch Arbeitsmarkt für Manager

Kontrolle durch Kapitalmarkt

Geschäftseinheitenbezogene Managementsysteme

Verrechnung der Gemeinkosten

Anreiz - mechanismen Kontroll-

mechanismen

Festlegung der Verrechnungspreise

Verteilungskampf um Fremdkapital

Abbildung 3: Zusammenfassung der agency-theoretischen Betrachtung

(19)

3.2 Transaktionskostentheoretische Sicht

3.2.1 Tracking Stocks als Hybridform zwischen Markt und Hierarchie Tracking Stocks haben im Zusammenhang mit der Transaktionskosten- ökonomik bisher kaum Beachtung gefunden. In dieser Arbeit soll die Tracking Stock-Struktur das erste Mal in der Literatur als eine Hybridform zwischen Markt und Hierarchie eingeordnet werden. In einem Tracking Stock-Programm gibt es sowohl Merkmale, die dafür sprechen, dass die einzelnen „tracked units“

zusammen in wirtschaftlicher Sicht ein Einzelunternehmen (Hierarchie) bilden (z.B. gemeinsames Stimmrecht, ein Vorstand, gesamtschuldnersche Haftung etc.), als auch Merkmale, die für die wirtschaftliche Eigenständigkeit (Markt) der

„tracked units“ sprechen (z.B. eigenständige Notierung der Geschäftseinheiten an der Börse, Gewinnausschüttung an Gewinn der jeweiligen Geschäftseinheit gekoppelt etc.). Es liegt also nahe, Tracking Stocks im transaktionskosten- ökonomischen Sinne als eine Art Mischform oder Hybridform a nzusehen.

Im Folgenden sollen nach Williamson (1985) die Eigenschaften von Transaktionen als Entscheidungskriterien zur Beurteilung, wann Markt, Tracking Stocks und Hierarchie jeweils als Koordinationsformen überlegen sind, ange- wendet werden.1 Dazu werden hier die Eigenschaften Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit zur Vereinfachung in einer Variable s zusammengefasst. Bei der Einordnung von Tracking Stocks als Hybridform ergibt sich, dass bis zu einem s* die marktliche Koordination, zwischen s* und s** Tracking Stocks und ab s**

die hierarchische Koordination am günstigsten ist:

kM kM, kT S, kH

Markt günstiger

Hierarchie günstiger

s*

kT S

Tracking Stocks günstiger

s**

kH

s (Spezifität, Häufigkeit, Unsicherheit)

kM kM, kT S, kH

Markt günstiger

Hierarchie günstiger

s*

kT S

Tracking Stocks günstiger

s**

kH

s (Spezifität, Häufigkeit, Unsicherheit)

Abbildung 4: Tracking Stocks als Hybridform zwischen Markt und Hierarchie

1 Vgl. Williamson (1985), S. 54 ff.

(20)

Tracking Stocks als hybride Organisationsformen können im Sinne der Transaktionskostentheorie demnach immer dann auftreten, wenn eine Absiche- rung transaktionsspezifischer Quasirenten durch hierarchische Koordinations- elemente notwendig ist und gleichzeitig die Vorteile punktueller marktlicher Anreize genutzt werden sollen.

In den folgenden Abschnitten sollen jeweils die Vor- und Nachteile von Tracking Stocks sowohl gegenüber einer hierarchischen Koordination (konsolidiertes Einzelunterne hmen) als auch gegenüber einer marktlichen Koordination darge- stellt werden. Unter der marktlichen Koordination wird hier eine vollkommene rechtliche Abtrennung der Geschäftseinheiten durch herkömmliche Restrukt- urierungsinstrumente wie z.B. Spin-Off oder Equity Carve-Out verstanden.

Dadurch sollen weitere praktische Entscheidungshilfen gegeben werden, wann Tracking Stocks nicht nur einem konsolidierten Einzelunternehmen, sondern auch den herkömmlichen Restrukturierungsinstrumenten überlegen sind. In der bisherigen wissenschaftlichen Literatur wurden noch keine Vergleiche zu den herkömmlichen Restrukturierungsinstrumenten durchgeführt, obwohl die Unternehmensführung meistens nicht vor der Entscheidung steht, ob Tracking Stocks der bisherigen Situation eines konsolidierten Einzelunternehmens über- legen sind, sondern ob Tracking Stocks auch den anderen Restrukturierungs- maßnahmen überlegen sind. Agency-theoretische Aspekte bzgl. Tracking Stocks werden dabei ausgeklammert, da sie schon weiter oben in diesem Beitrag behandelt wurden.

3.2.2 Vorteile

3.2.2.1 Vorteile gegenüber einer konsolidierten Einzelunternehmung Vorteile durch Schaffung dezentraler Unternehmensstrukturen

Nachdem Tracking Stocks als Hybridform eingeordnet wurden, ist es auch ein- leuchtend, dass sie zumindest teilweise die Nachteile der streng hierarchischen Organisation vermeiden helfen. Da die einzelnen Geschäftseinheiten kleiner, überschaubarer und damit leichter kontrollierbar als das ursprüngliche Groß- unternehmen sind, kann dies zur Befreiung von größen- und bürokratie- bedingten Hindernissen beitragen. Die in Großunternehmen bekannte „Büro- kratisierung der Strukturen“ führt nämlich nicht nur zu einer tendenziell fest- stellbaren Schwerfälligkeit durch verwaltungsmäßig geprägte Routinen, sondern bewirkt auch im Verhalten der Mitarbeiter eine durch zunehmende Risiko- aversion unternehmerische Initiative und Dynamik ersetzende Verhaltensweise.

(21)

Zum anderen verringert sich mit der Erstarrung der Strukturen auch die Anpas- sungsfähigkeit großer Unternehmen infolge nachlassender Kreativitätsfähigkeit und Innovationsbereitschaft.1

Ermöglichung von geschäftseinheitsbezogenen und objektivierten Kapitalkosten zur verbesserten internen Kapitalallokation

In breit diversifizierten Unternehmen muss hinterfragt werden, ob die Anwen- dung eines einheitlichen Kapitalkostensatzes (sog. „company cost of capital rule“) für alle im Unternehmen geplanten Investitionsprojekte – quer durch die unterschiedlichen und daher häufig mit verschiedenen Risiken belasteten Geschäftsfelder – wirklich vertretbar ist oder zu möglichen Fehlsteuerungen des Kapitaleinsatzes führt.2 Die Anwendung eines einheitlichen Kapitalkostensatzes für alle innerhalb eines breit diversifizierten Unternehmens vorgeschlagenen Investitionsprojekte birgt die Gefahr, dass die erwartete Mindestverzinsung bei hoch spekulativen Projekten zu niedrig angesetzt und daher in solche Projekte tendenziell zu viel Kapital geleitet wird, während bei wenig riskanten Projekten die Mindestverzinsung zu hoch angesetzt wird und in diese Projekte tendenziell zu wenig investiert wird. Tracking Stocks können dieses Problem verhindern, da aufgrund der getrennten Börsennotierung der einzelnen Geschäftseinheiten nun auch objektivierbare, auf Marktdaten beruhende Kapitalkosten für die einzelnen Geschäftseinheiten z.B. mit Hilfe des CAPM3 berechnet werden können.

Gewinnung von „Natural Shareholders“

In der Neuen Institutionenökonomik kann man nicht davon ausgehen, dass jeder Investor einen Anteil am effizienten Marktportefeuille für risikobehaftete Wertpapiere hält, da die Bedingungen des vollkommenen Marktes bzw. des CAPM nicht erfüllt sind. Insbesondere fehlt die beliebige Teilbarkeit von Finanzierungstiteln und es existieren Irrationalität, finanzielle Restriktionen, Informationsasymmetrien und unterschiedliche Markteinschätzungen. Deshalb sind Anleger daran interessiert, ihre Investitionen am Kapitalmarkt direkt ent- sprechend ihren individuellen Risikopräferenz und ihren Einschätzungen der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens zu tätigen.4

1 Vgl. Hite/Owers (1986), S. 423.

2 Vgl. Copeland/Weston (1988), S. 613.

3 Zum CAPM vgl. Franke/Hax (1995), S. 354-351 und 377-381; Loistl (1991), S. 285-290.

4 Vgl. Wirth (1995), S. 11; Lizenberger/Sosin (1977), S. 203-230.

(22)

Aus diesem Grund sind Investoren häufig nicht an diversifizierten Unternehmen interessiert, die nur durch eine Aktiengattung am Markt abgebildet werden, wenn sie nur in einen Geschäftsbereich des Unternehmens investieren wollen.

Tracking Stocks ermöglichen es dem Investor aufgrund der Börsennotierung der einzelnen Geschäftseinheiten, gezielt in diesen für ihn interessanten Be- reich investieren zu können ohne gleichzeitig auch in alle anderen Geschäftsbe- reiche investieren zu müssen.1 Durch Tracking Stocks können “Natural Shareholders” gewonnen werden, die eine Beteiligung an einer oder mehreren Geschäftseinheiten erwerben möchten, nicht jedoch an allen Geschäftsein- heiten. Gallatin, Managing Director bei Lehman Brothers, beschrieb diesen Zusammenhang für das Beispiel USX Corp. wie folgt: „When USX traded prior to the creation of targeted stock, it traded horribly. Why? Because if you wanted to buy an oil stock and you thought the price of oil was going higher, would you rather own an oil company, or an oil company that’s got a steel business which in a recession could cost you a million dollars a day?”2

Tracking Stocks als Akquisitionszahlungsmittel

Die spezifische Problematik beim Verkauf von Unternehmen ist, dass den potentiellen Verkäufer regelmäßig der Umstand abschreckt, dass er durch den Verkauf seines Unternehmens alle zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten (Up- Side-Potential) des Unternehmens aus der Hand geben muss. Er kann zwar qua Aktientausch an der Erwerbergesellschaft beteiligt werden. Jedoch erhält er dabei nur eine Beteiligung an der Erwerbergesellschaft insgesamt, nicht aber an „seiner“ Gesellschaft, die regelmäßig im Erwerberunternehmen aufgeht.

Durch die Schaffung von Tracking Stocks kann dem Verkäufer allerdings die Perpetuierung der Beteiligung an „seiner“ Gesellschaft angeboten werden, wenn sich die zu schaffende Tracking Stock-Gattung auf das akquirierte Ziel- unterne hmen bezieht.3

1 Vgl. Müller/Haarmann (1997), S. 482.

2 Ron Gallatin, Managing Director bei Lehman Brothers, New York; zitiert aus: Neish (1995), S.

27.

3 Vgl. Kennedy (1993), S. 24; Wirth (1995), S. 2.

(23)

3.2.2.2 Vorteile gegenüber einer vollständigen rechtlichen Abtrennung der Geschäftseinheiten

Weitere Nutzung von Synergieeffekten

Tracking Stocks haben als Hybridform auch Vorteile gegenüber einer voll- ständigen rechtlichen Abtrennung der Geschäftseinheiten wie z.B. durch einen Spin-Off oder ein Equity Carve -Out, da sie zumindest teilweise noch die Vorteile einer hierarchischen Koordinationsform nutzen können. Durch eine Tracking Stock-Struktur ist es nämlich auch weiterhin möglich, evtl. vorhandene Syner- gieeffekte weiterhin zu nutzen.1 Bei der Realisierung von Synergieeffekten er- zielen die zusammenwirkenden Geschäftseinheiten ein Geschäftsergebnis über dem der summierten Einzelergebnisse rechtlich selbständiger Geschäftsein- heiten.

Beispiele für Kostenersparnisse bzw. Synergiepotentiale, die durch eine Tracking Stock-Struktur weiterhin genutzt werden könnten, sind die Einsparung von Verwaltungskosten durch eine zentrale Abwicklung bestimmter Verwal- tungsaufgaben, die Beschäftigung von nur einem Vorstand bzw. „board of directors“, ein konzernweites Cash-Management, die Ausnutzung von Größen- degressionseffekten („economies of scale“) oder Verbundeffekten („economies of scope“) bei gemeinsamer Produktion von (Vor-)Produkten, die Ausnutzung evtl. vorhandener Reputation des Großunternehmens auf den Absatz- und Be- schaffungsmärkten und die Verhandlung besserer Konditionen aufgrund größe- rer Verhandlungsmacht des Großunternehmens gegenüber kleineren rechtlich abgetrennten Einheiten.2 Die Verhandlungsmacht wird stärker, wenn andere Geschäftseinheiten innerhalb der Tracking Stock-Struktur zum Teil Beziehun- gen zu den selben Kunden bzw. Lieferanten haben.

Sicherung von Kernkompetenzen

Kernkompetenzen sind komplexe Cluster akkumulierten Wissens, die nur schwer imitiert werden können, zu den von den Kunden wahrgenommenen Vor- zügen des Endprodukts erheblich beitragen und den Zugang zu einem weiten Spektrum von Märkten eröffnen. Diese Merkmale machen Kernkompetenzen zum wichtigen Wettbewerbsfaktor und verschaffen langfristige komparative Vor-

1 Vgl. Willens/Phillips (1995), S. 5.

2 Vgl. Lehman Brothers/Price Waterhouse LLP/Simpson Thacher & Bartlett (1994a), S. 5;

Kennedy (1993), S. 24; Natusch (1997b), S. 1144.

(24)

teile gegenüber der Konkurrenz.1 Daher ist es aus unternehmensstrategischer Sicht nicht sinnvoll, Geschäftseinheiten mit Kernkompetenzen rechtlich voll- ständig abzuspalten und somit keine Möglichkeit der Nutzung dieser Kern- kompetenzen – wie z.B. eines bestimmten Konstruktionswissens oder des Zugangs zu bestimmten Märkten – mehr zu haben. Eine Tracking Stock-Kon- struktion verhindert den Verlust von Kernkompetenzen, da die einzelnen Geschäftseinheiten noch weiterhin zum Unternehmen gehören.

Geringere Fremdfinanzierungskosten

Bei einer vollständigen rechtlichen Abtrennung der Geschäftseinheiten durch herkömmliche Restrukturierungsinstrumente wie z.B. Equity Carve-Out oder Spin-Off besteht meistens das Problem, dass Haftungsmasse der Fremdkapital- geber auf eine neue Gesellschaft übertragen wird. Da die Fremdkapitalgeber der abspaltenden Gesellschaft nur noch auf begrenzte Haftungsmasse zurück- greifen können, erhöht sich für diese das Kreditausfallrisiko. Dies hat eine höhere Risikoprämie, steigende Fremdkapitalzinsen und somit fallende Kurse der abspaltenden Gesellschaft zur Konsequenz.

Dieser Nachteil steigender Fremdfinanzierungskosten kann durch Tracking Stocks ve rhindert werden. In der Regel bleibt ein bestehendes Kreditrating des Gesamtkonzerns auch nach der Emission von Tracking Stocks unverändert, da die Emission zu keiner rechtlichen Separierung bzw. Übertragung von Aktiva einer Gesellschaft auf einzelne Geschäftseinheiten führt und weiterhin die gesamtschuldnerische Haftung gilt.

Geringere rechtliche Probleme bei der Einführung einer Tracking Stock- Struktur

Aus rechtlicher Sicht ist die Einführung einer Tracking Stock-Struktur eine erheblich einfachere Restrukturierungsmaßnahme als eine vollständige recht- liche Abtrennung der Geschäftseinheiten z.B. durch einen Spin-Off oder ein Equity Carve-Out.2 Bestehende Unternehmensverträge müssen z.B. nicht hin- sichtlich der Namen, der Gesellschafterverhältnisse oder der Bonität geändert werden, so dass der Rechtsformaufwand wesentlich geringer ist. Des weiteren sind auch keine neuen und langwierigen Verhandlungen mit den Kreditgebern

1 Vgl. Rasche (1994), S. 112-148; Porter (1986), S. 19.

2 Vgl. Natusch (1997b), S. 1144; Willens/Phillips (1995), S. 8; Lehman Brot hers/Price Waterhouse LLP/Simpson Thacher & Bartlett (1994a), S. 4.

(25)

notwendig, da weiterhin – wie oben schon erklärt – gesamtschuldnerische Haftung besteht und somit keine Nachteile für die Gläubiger entstehen. Somit entfallen auch sonst evtl. notwendig werdende Kapitalzuführungen, um die auszugliedernde Gesellschaft mit einer branchenüblichen Finanzstruktur auszu- statten. Insgesamt sind also die Transaktionskosten einer Tracking Stock-Emis- sion geringer im Vergleich zu den herkömmlichen Restrukturierungsalterna- tiven.

Steuerliche Vorteile

Neben den einmaligen steuerlichen Vorteilen bei der Emission gibt es auch regelmäßige Vorteile einer Tracking Stock-Struktur bei der steuerlichen Gewinnveranschlagung. Da die einzelnen Geschäftseinheiten weiterhin zusam- men als eine steuerliche Einheit betrachtet werden, können sie die Vorteile einer steuerlichen Gesamtkonsolidierung nutzen.1 Dadurch können die steuer- lichen Verluste der einen Geschäftseinheit auf die steuerlichen Gewinne anderer Geschäftseinheiten angerechnet werden. Ohne Vorliegen einer steuer- lichen Gesamtkonsolidierung, wie dies bei Spin-Offs oder Equity Carve-Outs beispielsweise der Fall ist, müssten alle in den einzelnen Geschäftseinheiten anfallenden Gewinne unmittelbar einzeln versteuert werden. Anfallende Verluste in den Geschäftseinheiten könnten nicht innerhalb der Unternehmung steuerwirksam verrechnet werden, sondern nur – sofern kein Verlustrücktrag möglich ist – über einen Verlustvortrag auf künftige Geschäftsjahre vorgetragen werden. In diesem Fall würden Opportunitätskosten in Form entgangener Zins- gewinne zu anfallen, die durch die frühere steuerliche Belastung entstehe nden.

3.2.3 Nachteile

3.2.3.1 Nachteile gegenüber einer konsolidierten Einzelunternehmung

Kosten einer separat am Kapitalmarkt abgebildeten Geschäftseinheit

Die Kosten einer separat am Kapitalmarkt abgebildeten Geschäftseinheit sind diejenigen einmaligen und laufenden Kosten, die durch die mit der Börsenein- führung in Zusammenhang stehenden technischen Vorgänge verursacht wer- den.2 Zu den einmaligen Kosten zählen insbesondere die Kosten für die Ausge-

1 Vgl. Perlmuth (1995), S. 2-4; Brown/Callan (1995), S. 889.

2 Vgl. Arkebauer (1994), S. 26-34; DeAngelo/DeAngelo/Rice (1984).

(26)

staltung des internen und externen Rechnungswesens, die beim Emittenten anfallen, aber auch alle Kosten, die bei den begleitenden Investmentbanken anfallen und letztendlich vom Emittenten durch eine Provision abgedeckt und getragen werden müssen. Weniger ins Gewicht fallen demgegenüber die Börsenzulassungsgebühren. Die laufenden Kosten nach der Börseneinführung unterteilen sich in direkte und indirekte Kosten. Zu den direkten laufenden Kosten gehören z.B. die Kosten für die Erstellung, Prüfung und Veröffentlichung der Jahres- bzw. Quartalsabschlüsse und zusätzliche Investor Relations-Maß- nahmen, die bei einer nicht-börsennotierten Geschäftseinheit nicht erforderlich wären. Indirekte Kosten entstehen dadurch, dass Wettbewerber Sparteninfor- mationen, die vor der Tracking Stock-Restrukturierung nicht veröffentlicht wer- den mussten, nun für sich nutzen und Wettbewerbsvorteile erlangen.

Niedrigere Marktliquidität pro Aktiengattung

Ein bisher in der Literatur noch nicht beachteter Aspekt sind die Auswirkungen einer Tracking Stock-Struktur auf die Marktliquidität der einzelnen Aktiengattun- gen. Unter Marktliquidität ist die Liquidität eines Marktes für ein bestimmtes Wertpapier zu verstehen, nicht die Liquidität eines Handelsplatzes. Schmidt/

Iversen definieren Marktliquidität wie folgt: „Ein Wertpapier weist dann die Eigenschaft Liquidität auf, wenn es jederzeit sofort in kleinen und großen Men- gen ohne nennenswerten Aufschlag oder Abschlag vom marktgerechten Kurs gekauft oder ve rkauft werden kann.“1

Durch die Emission von Tracking Stocks verteilt sich die Liquidität der ursprüng- lichen Aktiengattung auf mehrere getrennt gehandelte Aktiengattungen. Dies führt dazu, dass sowohl das Volumen als auch die Anzahl der gehandelten Ak- tien pro Gattung niedriger sein werden als vor der Emission, so dass – je nach Liquiditätseinbuße – ein Tracking Stock evtl. nicht mehr so schnell oder nicht mehr zu einem marktgerechten Preis gehandelt werden kann. Hinzu kommt, dass bei sinkender Liquidität die impliziten Transaktionskosten – wie z.B. die Geld-Brief-Spanne auf Dealermärkten oder die unerwarteten Kurssprünge auf Auktionsmärkten – steigen, da einzelne Transaktionen schne ller zu transitori- schen Preisänderungen führen können. Da Anleger an größtmöglicher Liquidität interessiert sind, könnten sie eine geringe Liquidität deshalb bei der Bewertung der Tracking Stocks mit einem Preisabschlag berücksichtigen.

1 Schmidt/Iversen (1991), S. 210; Vgl. auch Nabben/Rudolph (1994), S. 3.

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