A-1480 (62) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 22, 31. Mai 1996
Die Einjahres-Überle- bensrate von Nierentrans- plantaten hat sich innerhalb der letzten zwanzig Jahre von etwa 56 Prozent auf rund 90 Prozent verbessert, obwohl die Empfänger immer älter werden. Die Langzeitergeb- nisse haben sich jedoch kaum verbessert. Nach zehn Jahren funktionieren nur noch 50 Prozent der transplantierten Organe. Häufigste Ursache ist das chronische Transplan- tatversagen. Seine Pathoge- nese und Ätiologie ist noch nicht vollständig aufgeklärt.
Eine rasch progrediente Ar- teriosklerose der Transplan- tatgefäße scheint im Vorder- grund zu stehen.
Wie Prof. Ulrich Frei (Ber- lin) auf der Einführungspres- sekonferenz von Hoffmann- La Roche in München be- merkte, ist nur ein Teil des Transplantatversagens durch einen Funktionsverlust be- dingt; in 35 bis 40 Prozent der Fälle verstirbt der Patient an einem anderen Leiden.
Neue
Substanzen
Die Möglichkeiten der modernen Immunsuppressi- on sind durch eine Reihe von neuen Substanzen bereichert worden. Vor kurzem wurde Mycophenolat-Mofetil (MMF, CellCept®) in Deutschland zu- gelassen. Im Gegensatz zu Ciclosporin, welches die proli- ferative Immunantwort durch Hemmung von Interleukin-2 unterdrückt, inhibiert Myco- phenolat-Mofetil die Purin- synthese. Damit wird die Pro- liferation von B- und T-Lym- phozyten als Träger der Im- munantwort im Körper unter- drückt. Wirksamkeit und Überlegenheit gegenüber an- deren Immunsuppressiva las- sen sich an Hand der Daten
belegen, die Prof. Günther Kirste (Freiburg) aufführte.
In zwei dreiarmigen, doppel- blinden und kontrollierten Studien wurde Mycopheno- lat-Mofetil in einer Dosis zwi- schen 2 g oder 3 g pro Tag ein- mal mit Placebo und einmal mit 1 bis 2 mg/kg/die Azathio- prin verglichen; alle Patienten erhielten darüber hinaus eine übliche immunsuppressive Basistherapie (Ciclosporin und Kortikosteroide).
In der ersten Studie wur- den innerhalb von sechs Mo- naten unter MMF (2 g) bei 17,0 Prozent der Patienten, unter MMF (3 g) bei 13,8 Pro- zent der Patienten und unter Placebo bei 46,4 Prozent der Patienten akute Abstoßungs- reaktionen beobachtet. In der zweiten Studie trat eine erste akute Abstoßung bei 19,8 Prozent, 17,5 Prozent (MMF 2 bzw. 3 g) und 38,0 Prozent (Azathioprin) ein.
Die starke immunsup- pressive Wirkung von Myco- phenolat-Mofetil führte da- zu, daß signifikant weniger komplikationsreiche und to- xische Immunsuppressiva wie Antithymozyten-Globu- lin und monoklonale Anti- körper gebraucht wurden.
Nebenwirkungen, wie Di- arrhö, Leukopenie, Sepsis und Erbrechen, waren gering ausgeprägt. Wie bei anderen Immunsuppressiva besteht auch bei MMF ein dosisab- hängiges Risiko für lebensbe- drohliche Virusinfektionen (zum Beispiel Zytomegalie).
Mit Mycophenolat-Mofe- til in Kombination mit Ciclo- sporin läßt sich eine hohe im- munsuppressive Wirkung mit geringstmöglicher Toxizität verbinden.
Erste tierexperimentelle Ergebnisse zeigen, daß auch die chronische Abstoßung durch MMF gehemmt werden kann. Dr. med. A. Bischoff
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