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Archiv "Alkohol am Steuer: Bald 0,5-Promille-Grenze in ganz Deutschland?" (06.06.1991)

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tum des Lebens". In der auf Ehe be- gründeten Familie schaffe die gegen- seitige Hingabe von Mann und Frau eine Lebensatmosphäre, in der das Kind geboren werde und seine Fä- higkeiten entfalten könne.

Die Enzyklika warnt vor den al- ten Formen des „Totalitarismus und Autoritarismus", die noch nicht voll- ständig besiegt seien. In den Indu- strieländern gebe es bisweilen eine geradezu besessene Propaganda für die rein utilitaristischen Werte, ver- bunden mit einer „Enthemmung der Triebe" und einem Drang zum un- mittelbaren Genuß. In einigen Län- dern zeigten sich neue Formen eines religiösen Fundamentalismus. „Ver- schleiert, aber auch offen wird den Bürgern eines anderen Glaubensbe- kenntnisses die freie Ausübung ih- rer bürgerlichen und religiösen Rechte verwehrt." Ohne die Ach-

Für Dr. Günther Krause, Bun- desminister für Verkehr, liegt das rechte Maß so etwa in der Mitte. In Zukunft sollen es höchstens 0,4 Pro- mille sein, mit denen man gerade noch straffrei auf Deutschlands Stra- ßen unterwegs sein darf. Noch in diesem Jahr will Krause eine gesetz- liche Regelung herbeiführen, die ei- ne einheitliche Rechtslage für den Problembereich Alkohol im Straßen- verkehr schafft. Statt 0,8 (im We- sten) und 0,0 (im Osten) dann 0,5 in ganz Deutschland.

Daß Promille-Grenzen unter- halb eines bestimmten Niveaus, aber oberhalb der absoluten Null-Lösung, rein „politische Grenzwerte" sind, räumt das Bundesverkehrsministeri- um auch in der aktuellen Diskussion ein. Dennoch: Neuere wissenschaft- liche Untersuchungen scheinen die bisherige West-Regelung fragwürdi- ger denn je zu machen. „Es zeigt sich", heißt es beispielsweise in einer umfangreichen Literaturstudie, die Professor Dr. Hans-Peter Krüger

tung des natürlichen Grundrechtes, die Wahrheit zu erkennen und nach ihr zu leben, könne es keinen Fort- schritt geben.

Auch (oder gerade) im 20. Jahr- hundert könnten all diejenigen, die nach Orientierung und Wertmaßstä- ben suchen, auf die christliche Lehre zurückgreifen. Die katholische Kir- che, die auf Schutz der Umwelt und des Lebens, Erhalt der Familie sowie Hilfe für die Dritte Welt setzt, dürfte bei vielen Menschen Anklang fin- den. Aber solange sie ihre Positionen in Fragen der Empfängnisverhütung oder der Emanzipation der Frau nicht revidiert, wird man auch Jo- hannes Paul II. wie seinem Vorgän- ger vor 100 Jahren vorwerfen müs- sen, daß er in der Einschätzung der gesellschaftlichen Situation am Ende des 20. Jahrhunderts nicht mit der Zeit geht. Kli

vom Psychologischen Institut der Universität Würzburg im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt hat, „daß ab 0,3 Promille Blutalko- holkonzentration bereits nachweis- bare Wirkungen feststellbar sind. Ab 0,5 Promille treten deutliche Beein- trächtigungen auf: Rasch wechseln- de Verkehrssituationen, unvorher- sehbare Ereignisse, Mehrfachanfor- derungen an den Fahrer oder Situa- tionen mit aggressionsauslösenden Reizen werden schlecht bewältigt."

Krüger kommt nach der Prüfung von rund 100 000 einschlägigen Lite- raturangaben, der persönlichen Sich- tung von etwa 8000 Artikeln und der Extrahierung von 1126 relevanten Wirkungsbefunden zu dem Schluß:

„Eine Absenkung des Gefahren- grenzwertes auf 0,5 Promille ist zu befürworten." Für Werte über 0,7 Promille seien die medizinisch-psy- chologisch nachweisbaren Leistungs- minderungen generell so extrem, daß ein Grenzwert nicht weiter begrün- det werden müsse. Für Werte unter

0,7 Promille ließe sich hingegen un- ter Angabe besonderer Bedingungen jeder Grenzwert rechtfertigen. Bei Grenzwerten über 0,3 Promille kön- ne die Begründung mit den Ergeb- nissen aus wissenschaftlichen Studi- en allein nicht geführt werden. Dazu bedürfe es zusätzlicher Argumente.

Überwiegend junge Menschen betroffen

Eines dieser Argumente ist das erhöhte Unfallrisiko. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes star- ben im vergangenen Jahr fast 1500 Menschen bei Verkehrsunfällen, die unter Alkoholeinfluß geschahen.

Das sind 18 Prozent aller Verkehrs- toten in den alten Bundesländern — im Vergleich zu Unfällen ohne Al- koholeinwirkung eine überdurch- schnittlich hohe Unfallschwere. Die meisten Unfälle dieser Art ereignen sich an den Wochenenden, beson- ders an Samstagen. Etwa 70 Prozent der Alkoholunfälle fallen in die Zeit von 18 Uhr abends bis 4 Uhr mor- gens, während im selben Zeitraum nur 30 Prozent aller Unfälle regi- striert werden.

„Die Masse der ,Alkoholtäter`

ist relativ jung", sagt Sigrid Nicode- mus vom Statistischen Bundesamt.

„31 Prozent sind zwischen 18 und 25 Jahre, weitere 30 Prozent zwischen 25 und 34." Auch in den neuen Bun- desländern sind überwiegend junge Menschen in Alkoholunfälle verwik- kelt. Und auch dort lag in den letzten Jahren der Anteil der Unfälle unter Alkoholeinfluß in vergleichbarer Höhe, trotz der 0,0-Promille-Marke.

Allerdings: Nach Öffnung der Gren- zen kam es in den neuen Bundeslän- dern zu einem dramatischen Anstieg der Verkehrsunfälle insgesamt — be- sonders aber der Alkoholunfälle mit Personenschaden. Ein Anstieg um 72 Prozent gegenüber dem Vorjahr wurde registriert. Noch schlimmer die Entwicklung bei den Unfalltoten durch Alkohol am Steuer: 94 Prozent mehr, das sind insgesamt 509 im Straßenverkehr getötete Menschen.

Zahlen wie diese legen den Schluß nahe, daß eine gesetzlich festgelegte Promille-Grenze allein offenbar nicht ausreicht, um das Pro-

Alkohol am Steuer

Bald 0,5-Promille-Grenze in ganz Deutschland?

A-2038 (22) Dt. Arztebl. 88, Heft 23, 6. Juni 1991

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blem Alkohol am Steuer wirkungs- voll einzudämmen. Die aktuelle Dis- kussion leidet zudem an einem Para- doxum ersten Ranges: Eine Absen- kung der Grenzwerte aus westdeut- scher Sicht bedeutet für die neuen Bundesländer eine Liberalisierung gegenüber dem Status quo mit mög- licherweise unliebsamen Folgen.

Gleichwohl versprechen sich die Be- fürworter einer 0,5-Promille-Grenze einen „verkehrspädagogischen Warn- schuß" für das ganze Deutschland.

Schon die breitangelegte Diskussion um das Für und Wider könnte die Einsicht in das objektive Risiko von Alkohol am Steuer stärken. Vor die- sem Hintergrund sind Umfragen zur Akzeptanz eines reduzierten Promil- le-Grenzwertes für das Bundesver- kehrsministerium von besonderem Interesse. Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat solche Erhebun- gen angestellt. Das Ergebnis: 62 Pro- zent der westdeutschen Bevölkerung wären bei einer einheitlichen Rege- lung für eine Promille-Grenze bis zu 0,5, in den neuen Ländern sind es 89 Prozent, darunter immerhin 60 Pro- zent mit einem Votum für das abso- lute Alkoholverbot am Steuer.

Wo auch immer die künftige Grenze liegen mag: Das Bundesver- kehrsministerium weiß um die Not- wendigkeit von effizienten Kontrol- len. Bislang darf die Polizei nur bei begründetem Verdacht einen Alko- holtest anordnen. Als Beweis vor Gericht hält dann letztlich nur die Blutalkoholanalyse stand, ein Ver- fahren, das wegen des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit von Anfang an umstritten war. Mögli- cherweise wird aber bald die Atem- alkoholanalyse, bislang lediglich ein Vortest, zur echten Alternative. Da- für sprechen unter anderem die Er- gebnisse eines Gutachtens des Bun- desgesundheitsamtes zur „Beweissi- cherheit der Atemalkoholanalyse".

Nach allen durchgeführten Un- tersuchungen sei unumstritten, heißt es beim Bundesgesundheitsamt,

„daß die arterielle Blutalkoholkon- zentration und damit auch die Atem- alkoholkonzentration die Beein- trächtigung der Fahrsicherheit bes- ser charakterisiert als die nach den gegenwärtigen Regelungen bestimm- te venöse Blutalkoholkonzentrati-

on." Die bereits heute verwendeten Geräte würden zwar allen meßtech- nischen Anforderungen genügen, nicht aber den strengen Maßstäben der Beweissicherheit. Was dazu not- wendig sei, sei bekannt und auch er- füllbar. Nur, die entsprechenden Ge- räte gibt es noch nicht.

Die Diskussion über Grenzwerte bei Alkohol im Straßenverkehr ist im übrigen — trotz der Besonderheiten durch die deutsche Vereinigung — nicht auf Deutschland beschränkt.

Einen Rechtsstreit um die Er- richtung einer Betriebskrankenkasse hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel endgültig entschieden:

Nach Ansicht des BSG gefährdet die Gründung der Betriebskrankenkasse für das Saarbrücker Unternehmen ZF Getriebe GmbH die Leistungsfä- higkeit der AOK Saarland nicht.

Ist der Durchschnitt wirklich maßgebend?

Die Krankenkasse der ZF Ge- triebe GmbH arbeitet in Wirklich- keit bereits seit zwei Jahren, nach- dem ein Urteil des Landessozialge- richts 1989 zu ihren Gunsten ausge- fallen war. Die damals unterlegene AOK Saarland strengte danach ein Revisionsverfahren beim Bundesso- zialgericht an, über das diese letzte Instanz jetzt entschieden hat.

Die AOK Saarland hatte sich vor dem Bundessozialgericht wie in den Vorinstanzen darauf berufen, ihre Leistungsfähigkeit sei durch den Mitgliederabgang gefährdet. In die- sem Fall war nach der damals gelten- den Reichsversicherungsordnung — wie heute nach dem Sozialgesetz- buch — die Gründung einer Betriebs- krankenkasse nicht möglich.

1985 hatte sich das Bundessozi- algericht letztmals mit dieser Frage auseinandergesetzt. Es stellte da- mals fest, daß die Errichtung von Be- triebskrankenkassen nur dann nicht

Sie wird auch in den Nachbarländern geführt. In Europa gelten — wie in der Bundesrepublik — noch die un- terschiedlichsten Werte: von 0,0 bis 0,8 Promille. Und auch auf europä- ischer Ebene wird es wohl über kurz oder lang zu dem Kompromiß 0,5 Promille kommen. Das jeden- falls, so Dr. Dieter Ellinghaus, Mit- glied der EG-Expertenkommission für Verkehrssicherheit, ist der in Brüssel allgemein favorisierte Vor- schlag. JM

zulässig sei, wenn als Folge davon der Bedarfssatz einer betroffenen AOK um mindestens 20 Prozent über dem Durchschnitt der Bedarfs- sätze benachbarter Ortskrankenkas- sen liegen würde. Die AOK Saarland wehrte sich in dem Revisionsverfah- ren gegen diese Rechtsprechung des Bundssozialgerichts insbesondere mit dem Argument, für den Ver- gleich der Bedarfssätze dürfe nicht lediglich auf den Durchschnitt be- nachbarter Ortskrankenkassen abge- stellt werden. Vielmehr müsse die Leistungsfähigkeit der AOK im Ver- hältnis zu den Bedarfssätzen der konkurrierenden Kassen bestimmt werden. Es sei also eine kassen- artenübergreifende Vergleichsbe- trachtung erforderlich.

Grundlage: Das gegliederte System

Das Bundesozialgericht hat die- se Auffassung zurückgewiesen: Sein Präsident, Prof. Dr. Heinrich Reiter, erklärte, Vergleichskassen könnten nur Ortskrankenkassen sein. Das Bundessozialgericht sei für die Frage der Gefährdung der Leistungsfähig- keit an die Vorgabe des Gesetzge- bers gebunden. Diese sei das geglie- derte Kassensystem als tragendes Prinzip der gesetzlichen Kranken- versicherung. Das Urteil ist für wei- tere Betriebskrankenkassen jünge- ren Datums von Bedeutung. dfg

Betriebskrankenkasse gefährdet AOK nicht

Dt. Ärztebl. 88, Heft 23, 6. Juni 1991 (23) A-2039

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