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Intensives Herdenmanagement

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Academic year: 2022

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RINDERHALTUNG

284

57 LANDTECHNIK 5/2002

Christoph Moriz und Reiner Doluschitz, Hohenheim

Intensives Herdenmanagement

Grundlage der Kostenrechnung in der Milchviehhaltung

Z

ur Überprüfung ihrer Wirtschaftlichkeit erscheint es notwendig, die Milchvieh- haltung nicht mehr ausschließlich in ihrer Gesamtheit, sondern vielmehr sowohl auf Basis tierindividueller Wirtschaftlichkeits- parameter als auch unterteilt in unterschied- liche partielle Aspekte (etwa Fütterung, Be- standsergänzung) zu kontrollieren [2, 3, 4].

Voraussetzung hierfür ist in erster Linie das Vorhandensein einer geeigneten Datenbasis auf Einzeltierebene. Hierbei können Her- denmanagementprogramme und der umfas- sende Einsatz rechnergestützter Verfahrens- technik, bis hin zur (Teil)-automatisierung der Milchviehhaltung, wichtige Funktionen übernehmen und den Betriebsleiter vor al- lem im Bereich von Managementaufgaben sinnvoll unterstützen [2, 8, 9, 10]. Die Auf- gaben rechnergestützter Prozesstechnik sind dabei insbesondere in der Datenerfassung, diejenigen von EDV-Kuhplanern in der Da- tenaufbereitung und -auswertung zu sehen.

Material und Methoden

Für die unterschiedlichen Kostenrechnun- gen konnte auf die Datenbasis der Versuchs- station I der Universität Hohenheim (Mei- ereihof) zurückgegriffen werden. Seit 1990 ist hier ein Produktionssystem in Betrieb, welches sich durch eine umfassende Pro- zess(teil)-automatisierung auszeichnet.

Neben der Milchmenge und den Kraftfutter- verzehrsmengen werden zusätzlich die Grundfutterverzehrsmengen sowie die Le- bendmassen tierindividuell erfasst und auf-

gezeichnet. Des Weiteren konnten auch die Aufwendungen für Besamung und Medika- mente einzeltierspezifisch ermittelt werden.

Für letztere bildeten die tierärztlichen Abga- be- und Anwendungsbelege die erforderli- che Datengrundlage. Die Berechnung ein- zeltierspezifischer Wirtschaftlichkeitspara- meter erfolgte anhand von Teil- und Vollkostenrechnungen. Diese bildeten zu- dem die Grundlage für die Bewertung der gesamten Milchviehherde. Eine Beurteilung unterschiedlicher partieller Aspekte wurde mit Hilfe von Kosten-Nutzen-Analysen durchgeführt. Neben diesen rein ökonomi- schen und überwiegend monetär zu bewer- tenden Aspekten wurden vorwiegend quali- tative Gesichtspunkte aus den Bereichen Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz mit Hilfe einer Nutzwertanalyse beurteilt.

Tierindividuelle Kostenrechnung Die Notwendigkeit der Berechnung einzel- tierspezifischer Wirtschaftlichkeitsparame- ter ergibt sich vor allem in Verbindung mit innerbetrieblich zu treffenden Selektionsent- scheidungen. Unter der derzeit noch gegebe- nen Garantiemengenregelung für Milch ist es dabei von besonderem Interesse, diesen in der Regel nur begrenzt zur Verfügung ste- henden Faktor mit dem größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen zu verwerten [3, 4, 5]. Für die Berechnung tierindividueller Deckungsbeiträge wurden neben den Grund- und Kraftfutterkosten auch die Auf- wendungen für Medikamente und Be-

Durch den Strukturwandel beding- te Bestandszunahmen bei gleich- zeitig steigenden Milchleistungen stellen zunehmend höhere Anforde- rungen an den Betriebsleiter sowie an das Herdenmanagement. Zudem machen es agrarpolitische Zwänge und ökonomische Überlegungen immer notwendiger, den Betriebs- zweig Milchproduktion an dafür geeigneten Kontrollobjekten und Kontrollzeitpunkten auf dessen rei- bungslosen Ablauf und seine Wirt- schaftlichkeit hin zu überprüfen.

Dipl.-Ing. agr. Christoph Moriz fertigte seine Diplomarbeit am Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre, Fachgebiet Agrarinformatik und Unternehmensführung (Leitung Prof. Dr. Reiner Doluschitz) zum Thema „Datenflussorientiertes Herdenmanagement als Grundlage der Kostenrech- nung und Leistungsbewertung in der Milchviehhal- tung“; e-mail: chrimor@gmx.de

Schlüsselwörter

Milchviehhaltung, Herdenmanagement, rechnerge- stützte Prozesstechnik, Kostenrechnung, Kontrolle, tierindividuelle Wirtschaftlichkeitsparameter

Keywords

Milk production, herd management, computer-aided process engineering, costing, controlling, single animal economic parameters

Bild 1: Gewinn und Deckungs- beitrag (Cent/kg Milch) in Abhängigkeit von der Milchleistung Fig. 1: Profit and contribution margin (cent/kg milk) versus milk yield

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samung tierindividuell bestimmt. Ebenfalls wurde anhand der MLP-Daten ein tierindivi- dueller monatlicher Milchpreis kalkuliert, welcher mit der jeweiligen monatlichen Milchmenge verrechnet werden konnte. Mit zunehmender Milchleistung steigt der Deckungsbeitrag in €/Kuh und Jahr erwar- tungsgemäß an. Bezogen auf ein kg Milch wurde dagegen deutlich, dass Kühe mit ge- ringerer Leistung den gleichen wirtschaftli- chen Nutzen erzielen können als Hochlei- stungstiere (Bild 1). Für das Quotenmanage- ment bedeutet dies wiederum, dass Tiere mit relativ geringer Leistung in der Lage sind, den in der Regel knappen Faktor „Garantie- menge“ mit gleichem ökonomischen Erfolg zu verwerten [5]. Müssen zudem die Fakto- ren „Arbeit“ und „Stallplatz“ berücksichtigt werden, zeigt sich allerdings im Gegensatz zum Deckungsbeitrag, dass Hochleistungs- kühe auch umgerechnet auf ein kg Milch, gerade im Bezug auf die Verwertung dieser Faktoren besser abschneiden. Im Falle von begrenzt zur Verfügung stehender Arbeits- zeit oder Stallplätzen wären die Selektions- entscheidungen also wieder anhand der er- zielten Milchleistung zu treffen.

Bewertung

verschiedener partieller Aspekte Bei der Betrachtung der variablen Kosten der Milchproduktion waren insbesondere bei den beiden großen Kostenblöcken „Füt- terung“ und „Bestandsergänzung“ Ein- sparungspotenziale zu erwarten. Aufgrund dessen wurden diese beiden Aspekte geson- dert einer Wirtschaftlichkeitsanalyse unter- zogen. Dabei zeigten sich die absoluten Futterkosten abhängig von der erzielten Milchleistung und stiegen mit zunehmender Leistung an. Bezogen auf ein kg Milch kön- nen die Futterkosten bei höherer Milchleis- tung aber deutlich reduziert werden (Bild 2).

Wie sich bei der Bewertung des Fütte- rungsmanagements weiterhin zeigte, kann der Deckungsbeitrag je kg Milch mit erhöh- ter Grundfutterleistung sowie reduziertem Kraftfutteraufwand deutlich gesteigert wer- den [6, 7]. Im Zusammenhang mit der Be- standsergänzung wurden vor allem die Ein- flüsse verringerter Erstkalbealter und redu- zierter Remontierungsraten untersucht. In beiden Fällen können beachtliche Mehrerlö- se erzielt werden. Die positiven Auswirkun- gen reduzierter Remontierungsraten fallen jedoch wesentlich höher aus und lassen sich in der Regel mit relativ geringem Aufwand realisieren.

Bewertung qualitativer Aspekte

Ziel einer weiteren Fragestellung war es, in- wieweit ein derart intensives Herdenmana-

gement beziehungsweise Produktionssys- tem einen Beitrag zu Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz leisten kann [1]. Um die anhand von Nutzwertanalysen ermittelten Gesamtnutzwerte eines sehr intensiven Pro- duktionssystems entsprechend einordnen zu können, wurden parallel sowohl ein Anbin- destall als auch ein extensiv geführtes Lauf- stallsystem derselben Bewertung unterzo- gen. Hierbei wurde zunächst deutlich, dass ein durch ein intensives Herdenmanagement gekennzeichnetes Laufstallsystem in allen Bereichen den höchsten Gesamtnutzwert er- reicht, somit auch in der Summe der Ge- samtnutzwerte an erster Stelle liegt und auf- grund dessen aus Sicht von Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutz den anderen Hal- tungsformen vorzuziehen wäre. Weiterhin konnte aber auch festgestellt werden, dass gerade zwischen den Aspekten Tierschutz (Flächenangebot) und Umweltschutz (emit- tierende Oberfläche) erhebliche Zielkonflik- te auftreten. Als zusammenfassendes Fazit dieser Nutzwertanalysen kann abschließend festgehalten werden, dass ein hochtechni- siertes und teilweise automatisiertes Hal- tungssystem durchaus einen positiven Bei- trag zu Tier-, Umwelt- und Verbraucher- schutz zu leisten vermag.

Fazit

Um auch langfristig eine erfolgreiche Milchproduktion zu gewährleisten, wird zukünftig der Kostenrechnung und damit der Erfolgskontrolle eine erhöhte Bedeutung beizumessen sein. Mögliche Potenziale zur Kostensenkung lassen sich aber nur dann ef- fektiv aufdecken, wenn der Betriebszweig Milchproduktion nicht mehr ausschließlich in seiner Gesamtheit, sondern unterteilt in verschiedene partielle Aspekte und auf tier- individueller Ebene einer Wirtschaftlich- keitskontrolle unterzogen wird. Hierbei kann ein zunehmend automatisiertes Hal- tungssystem unterstützende Funktionen übernehmen und die erforderliche Datenba- sis für die entsprechenden Kostenrechnun- gen bereitstellen. Über diese rein ökonomi-

schen Aspekte hinaus bietet ein intensives Herdenmanagement auch die Möglichkeit, erhöhte Anforderungen in den Bereichen des Tier-, Umwelt- und Verbraucherschutzes zu erfüllen. Gerade in Bezug auf den Verbrau- cherschutz kann ein derartiges Haltungs- system den geforderten Dokumentations- pflichten im Sinne eines lückenlosen Qua- litätsmanagements entlang der Produktlinie in sehr hohem Maße gerecht werden.

Literatur

[1] Brunsch, R., U. Brehme und M. Türk: Management im Kuhstall – ein Beitrag zur gläsernen Produkti- on. Forschungsreport, 2001, H. 2, S. 8-11 [2] Büscher, W.: Prozesse in der Tierhaltung effektiv

steuern. Agrarfinanz, (2002), H.3, S. 18-19 [3] Doluschitz, R.: Zur Unterstützung des Manage-

ments. EDV-gestützte Milchviehhaltung. Neue Landwirtschaft, (1995), H. 3, S. 20-21

[4] Doluschitz, R.: EDV-Kuhplaner. Produktion unter Kontrolle. Agrarfinanz, (1997), H. 5, S. 18-19 [5] Doluschitz, R. und R. Funk: Topmanagement für

große Milchviehherden. Der praktische Tierarzt 74 (1993), S. 347-357

[6] Over, R.: Im Grundfutter liegt der Gewinn.

Wochenblatt-Magazin, (2002), H. 2, S. 8-11 [7] Pries, M.: Damit die Kraftfutterkosten nicht

davonlaufen. Top Agrar, (1998), H. 3, S. R10-R12 [8] Schön, H.: Was kann der Milcherzeuger vom

technischen Fortschritt erwarten? Welt der Milch 54 (2000), H. 8, S. 260-264

[9] Schön, H. und G. Wendl: Rechnergestützte Tierhal- tung – Ein neuer Ansatz für eine wettbewerbs- fähige und tiergerechtere Nutztierhaltung.

Landtechnik 55 (2000), H. 3, S. 238-239 [10] Wendl, G. und K. Klindworth: Rechnergestütztes

Produktionsmanagement in der Milchviehhal- tung. Milchpraxis 38 (2000), H. 1, S. 9-13

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Bild 2: Futterkosten (Cent/kg Milch) in Abhängigkeit von der Milchleistung Fig. 2: Feed costs (cent/kg milk) versus milk yield

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