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Archiv "Kleditzsch kämpft für Kompromisse" (27.09.1990)

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AKTUELLE POLITIK

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

I

n der umstrittenen Frage eines Abschlags auf die Arzneimittel- preise sowie auf die Vergütung ärztlicher Leistungen im Gebiet der bisherigen DDR hat der (Bon- ner) Bundesarbeitsminister ein er- stes Signal zum Einlenken gegeben.

Unmittelbar nach der Ratifizie- rung des Einigungsvertrags will der Bundesarbeitsminister nämlich die Vorarbeiten für ein Gesetz nach Ar- tikel 33, Absatz 2 des Einigungsver- trags aufnehmen. In jenem Artikel ist relativ allgemein festgelegt, daß der gesamtdeutsche Gesetzgeber zur Vermeidung von Defiziten bei den Arzneimittelausgaben der Kranken- versicherung eine zeitlich befristete Regelung treffen kann, durch die der Herstellerabgabepreis um einen Ab- schlag verringert wird, der dem Ab- stand zwischen den beitragspflichti- gen Einkommen in der DDR und im Bundesgebiet entspricht.

In der Zusicherung von Bundes- arbeitsminister Dr. Norbert Blüm, unverzüglich ein solches Gesetz in Angriff zu nehmen, ist von dem bis- her beharrlich verfochtenen 55-Pro- zent-Abschlag (der in einer Anlage des Einigungsvertrages bis dahin ex- pressis verbis genannt wird) nicht mehr die Rede. Blüm geht freilich davon aus, „daß bei jeder Lösung das Einsparvolumen der jetzigen Rege- lung für die Arzneimittelpreise er- reicht werden muß". Tatsächlich könnte eine Lösung auch mit Hilfe eines Rabattes erreicht werden. Ein solcher Vorschlag ist bereits aus der Pharmaindustrie gekommen, und auch DDR-Gesundheitsminister Professor Dr. sc. med. Jürgen Kle- ditzsch hatte sich dafür erwärmt.

Kleditzsch dürfte ohnehin das Blümsche Einlenken wesentlich zu verdanken sein. Jedenfalls ist Blüms Zusicherung in einem Brief an Kle- ditzsch enthalten, in dem ein ge- meinsames ministerielles Gespräch

„zur Auslegung einiger offener Fra- gen des Einigungsvertrags" bestätigt wird. In diesem Brief wird gleichfalls der Abschlag auf die Vergütung für ärztliche Leistungen angesprochen.

Auch hier werden keine Prozentsät- ze genannt. Es heißt vielmehr:

„In Übereinstimmung mit den Prinzipien des Einigungsvertrages

wird nach seinem Inkrafttreten der Einstiegsbetrag für die Gebühren nach der GOÄ und GOZ sowie für de- ren entsprechende Anwendung für die Vergütung privatärztlicher Lei- stungen der ambulanten Einrichtun- gen unter Beachtung der eingetrete- nen Grundlohnentwicklung neu fest- gesetzt. Dabei ist auch dem Anstieg der Sachkosten Rechnung zu tragen.

Eine Überprüfung und eventuell Dy- namisierung der Vergütungen erfolgt in Abhängigkeit von der Grundlohn- entwicklung mindestens vierteljähr- lich. Bei der Punktbewertung der ärzt- lichen Leistungen müssen die Unter- schiede im technischen Ausrüstungs- niveau der Gesundheitseinrichtungen in der DDR im Verhältnis zur Bundes- republik berücksichtigt werden. Die Veränderung der Vergütung für kas-

Kleditzsch kämpft für Kompromisse

senärztliche und kassenzahnärztliche Leistungen sowie die Bemessung der Vergütung der sonstigen Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Kranken- versicherung ist Aufgabe der Ver- tragspartner; diese werden die Ver- gütungen entsprechend den aufge- zeigten Grundsätzen im Vertragswe- ge vornehmen."

Diese Vereinbarung zwischen Blüm und Kleditzsch kommt auch ärztlichen Vorstellungen entgegen.

Vertreter der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung hatten jedenfalls in die- sem Sinne mit Gesundheitspolitikern der CDU aus Ost und West in Berlin verhandelt. Teilnehmer waren neben Kleditzsch und weiteren Gesund- heitspolitikern der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, und der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung, Dr. Urich Oesingmann. In ei- ner gemeinsamen Erklärung wird vor allem der strittige Abschlag ange- sprochen; dabei wird auch differen-

ziert zwischen der Gebührenord- nung für Ärzte (GOÄ) und den Kas- senärztlichen Gebührenordnungen.

Wörtlich heißt es:

„Im Hinblick auf die Vergü- tung der ärztlichen Leistungen in der jetzigen DDR wurde klar herausge- stellt, daß die Höhe ausreichen muß, um die Kosten für die Miete, den Er- werb von Geräten aus der Bundesre- publik zu decken sowie den medizi- nisch-wissenschaftlichen Anforderun- gen bei der Versorgung der Patienten gerecht zu werden. Die Absenkung auf ein Niveau von 45 Prozent des Ge- bührensatzes der Bundesrepublik Deutschland bei der amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist damit weder vereinbar noch ent- spricht sie den Grundsätzen einer so- zialen Marktwirtschaft. . . . Darüber hinaus wurde klargestellt, daß sich die Festlegung eines Niveaus von 45 Prozent des Gebührensatzes der Bun- desrepublik Deutschland allein auf die GOÄ bezieht, die ausschließlich für Privatliquidationen außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung und für bestimmte Kostenträger (zum Beispiel Unfallversicherung) gilt. Für die Vergütung von ärztlichen Leistun- gen in der gesetzlichen Krankenversi- cherung - die in der jetzigen DDR für die nächsten Jahre in erster Linie rele- vant sein wird -, werden aufgrund der bald in Kraft tretenden Rechtsgrundla- gen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzen- verbänden der gesetzlichen Kranken- versicherung Vergütungsregelungen für zugelassene Kassenärzte vertrag- lich vereinbart werden. Dringend an- zustreben ist hierbei die Vereinba- rung eines angemessenen Punktwer- tes, der jedenfalls erheblich über dem für die GOÄ festgelegten Niveau von 45 Prozent des Gebührensatzes der Bundesrepublik liegen muß."

Inzwischen ist auch von Kassen- seite signalisiert worden, daß man es nicht bei einem Abschlag von 45 Pro- zent belassen will, sondern daß man zumindest innerhalb des Leistungs- spektrums differenzieren möchte.

Seitens der Ersatzkassenverbände ist

sogar erklärt worden, daß man im

Bereich der vertragsärztlichen Ver- sorgung einen Punktwert deutlich über 45 Prozent des westdeutschen Punktwertes anstrebe. EB Dt. Ärztebl. 87, Heft 39, 27. September 1990 (19) A-2867

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