Die Information:
Bericht und Meinung
BRIEFE AN DIE REDAKTION
KRANKENGYMNASTIK
Zu dem Erfahrungsbericht von Bettina H. Stephan: „So ende- te der Traum von der Kranken- gymnastik" (Heft 17/1983):
Krasses Mißverhältnis
... Die in dem Artikel ge- schilderte Auswahlprüfung an der hiesigen Lehranstalt für Krankengymnastik fin- det zweimal jährlich statt und wird von den an dieser Schule tätigen Lehrkräften durchgeführt; es versteht sich von selbst, daß die Or- ganisation und Durchfüh- rung dieser Prüfung einen erheblichen Aufwand an zusätzlichen Arbeitsstun- den erfordert. Es können in der Tat unter jeweils 100-120 Bewerbern nur ca.
15 für die Aufnahme in die Schule berücksichtigt wer- den. Die Prüfung besteht aus einem theoretischen Teil (Tests) und einem praktischen Teil, wobei selbstverständlich die An- forderungen nicht zu nied- rig angesetzt werden, da al- le an der Prüfung beteilig- ten Lehrkräfte wissen, wel- che Leistungen eine Kran- kengymnastin heutzutage erbringen muß. Gerade der für die Auswahl besonders wichtige praktische Teil ist durchaus nicht unange- messen hart, sondern orientiert sich an dem, was auch an körperlicher Ein- satzfähigkeit und Ge- schicklichkeit in diesem Beruf verlangt wird. Daß die Konfrontation mit die- ser Realität bei den jungen Damen ebenso wie auch bei den Prüfern häufig Er- staunen (und Amüsiert- heit!) bewirkt, kann eigent- lich niemanden verwun- dern. Man möge sich vor Augen führen, daß die ge- samte Prüfung in einem Krankenhaus der Maximal- versorgung an einem ganz normalen Werktag stattfin- det. Übrigens sind nen- nenswerte gesundheitliche Komplikationen infolge von Überanstrengung oder dergleichen bisher bei kei-
ner Kandidatin eingetreten.
Entschieden unter die Gür- tellinie fielen Aussagen in dem Artikel, die den Ein- druck erwecken lassen, als werde in eklatanter Weise durch den Prüfungsablauf die Menschenwürde ver- letzt und als würden die Prüflinge nackt oder halb- nackt in Augenschein ge- nommen. Da der prakti- sche Teil der .Prüfung schlecht in Straßenklei- dung durchführbar ist, wer- den alle Beteiligten vorher schriftlich um Mitnahme von Turn- oder Gymnastik, kleidung gebeten. Das Um- kleiden findet weder auf der Straße noch in Fluren statt. Geradezu grotesk mutet die Vorstellung an, die technische Leiterin der Schule müsse jeder abge- lehnten Kandidatin einen persönlich gehaltenen trö- stenden Brief mit der Be- gründung des Nichtbeste- hens schreiben! Ob es wirklich so schwierig ist sich vorzustellen, daß in dem dargestellten Verfah- ren unter dem Strich her- auskommt: es gibt minde- stens 15 Konkurrentinnen, die besser abgeschnitten haben? Natürlich fragen wir uns alle, wie ein solch krasses Mißverhältnis zwi- schen Ausbildungsplatz- Zahlen und der Menge an interessierten und moti- vierten Bewerbern in die- sem Beruf entstehen könn- te. Diese Frage müssen sich die Bildungspolitiker insbesondere von denjeni- gen stellen lassen, die seit Jahren auf den Ausbil- dungsengpaß gerade in diesem Berufszweig hinge- wiesen haben. ...
Dr. med.
Bernhard Kleineidam Lehrkraft und Beauftragter für die Durchführung der Auswahlprüfung in der Schule für Krankengymna- stik am Städtischen Krankenhaus Frankfurt M.-Höchst Ludwigshafener Straße 30 6230 Frankfurt-Höchst
ARBEITSLOSIGKEIT
Zu dem Leserbrief von Chri- stiane Boecker: „Mehr disku- tieren", in Heft 23/1983:
Gegenseitig Mut zusprechen
... Der dankenswerte Bei- trag unserer jungen Kolle- gin bringt mich auf die Idee, eine Arbeitsgemein- schaft für Chirurginnen und Ärztinnen, die es wer- den wollen, zu gründen.
Ich kann mir vorstellen, ei- ne solche Gemeinschaft könnte fruchtbare Arbeit in der Weise erbringen, daß sich die Betreffenden den Mut zusprechen, den sie in ihrem unmittelbaren beruf- lichen Umfeld womöglich schon verloren haben.
Dr. Dorothea Steinle Südweg 2
7910 Hausen
ÄRZTE„SCHWEMME"
Eine Lösung des Problems könnte die Aufnahme ange- stellter Ärzte als Assistenten beim niedergelassenen Arzt sein, meint der Verfasser des nachfolgenden Leserbriefes:
Vorteile
Vorteile für den Ange- stellten:
1. Der junge Kollege kann im erlernten Beruf arbei- ten, ohne sofort die volle Verantwortung des Allein- seins übernehmen zu müssen.
2. Er hat keine oder nur sehr geringe Investitionen.
Die mangelnde Verschul- dung erlaubt ein effektives Arbeiten.
3. Der Facharzt kann das Krankenhaus früher verlas- sen. Ausbildungsplätze werden frei.
4. Der Übergang in eigene Praxis kann jederzeit erfol-
gen. Er kann in Ruhe ge- plant werden, er kann aber auch unterlassen werden und ggf. später in Koopera- tion oder Übernahme der Praxis einmünden. Was spricht auch gegen ein langjähriges Assistenten- verhältnis?
Vorteile für den Praxisin- haber:
1. Exakt berechenbare Un- kosten (BAT) Gemein- schaftspraxis: vollständige wirtschaftliche Sicherheit für beide Beteiligten.
2. Vermehrbares Lei- stungsangebot durch mög- liche Dienstregelung (Mitt- woch, Wochenende, nachts). Hierdurch wün- schenswerte Verkleinerung der Krankenhausambulanz und rundum Versorgung der Bevölkerung durch ih- ren Hausarzt.
3. Reduktion der Jahresar- beitsleistung auf vernünfti- ges Maß
4. Kassenarztzahlen blei- ben erhalten
5. Gemeinschaftliches Ar- beiten wird endlich mög- lich, für Fachpraxen häufig die entscheidende Voraus- setzung zur Erweiterung des Leistungsangebotes.
6. Arbeitsplätze werden geschaffen, Ausbildung und Weiterbildung verbes- sert, die Versorgung maxi- miert, das ambulante Kran- kenhaus(un)wesen wird re- duziert und — der Staat wird aus unserem freiem Beruf noch einmal heraugehal- ten. In meiner Generation wurden abgeschafft: die doppelt besetzten Kran-
kenhausausbildungsplät- ze, die befristeten Arbeits- verträge, die beschränkte
Niederlassungsmöglich- keit, und jetzt wollen wir wieder eine Zulassungs- sperre?
Dr. med. Christof Sund Murgtalstraße 10 7290 Freudenstadt
12 Heft 33 vom 19. August 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A