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Erwerb von Handlungskompetenz in der Pflegeausbildung im Rahmen des Dritten Lernortes

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Academic year: 2022

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Maria Gramer

Erwerb von Handlungskompetenz in der Pflegeausbildung

im Rahmen des „Dritten Lernortes“

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Science

im Rahmen des Universitätslehrganges

Masterupgrade für Lehrende der Gesundheits- und Krankenpflege

Begutachterin: Eveline Berger, BSc MSc

Karl-Franzens-Universität Graz und UNI for LIFE

Linz, November 2017

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Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht be- nutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungs- behörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fas- sung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

20. November 2017

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Jede berufsbildende Einrichtung hat die Aufgabe und das Bestreben, ihre Studierenden umfassend auf den Berufsalltag vorzubereiten. Dazu braucht es neben der theoretischen und praktischen Ausbildung Lernarrangements welche zur Entwicklung der nötigen Kompetenzen beitragen. Der „Dritte Lernort“ übernimmt in der Pflegeausbildung seit vielen Jahren eine tragende Rolle zur Erreichung dieser Ziele. Durch den Einsatz unterschiedlicher Lern- konzepte werden dort fachliche, methodische, sozial-kommunikative und personale Kompetenzen gefördert. Einen im deutschsprachigen Raum re- lativ neuen Weg dahin stellen Simulationen dar. In Form von Skillstrainings können einfache Fähigkeiten und Fertigkeiten erlernt, geübt und gefestigt werden. Slow-Fidelity-Simulatoren oder sogenannte Tasktrainer können das Training unterstützen. Für das Einüben komplexer Pflegesituationen und umfassender Handlungsabläufe kommen technisch hoch entwickelte Trainingssimulatoren zum Einsatz. Diese High-Fidelity-Simulatoren sind so- wohl im Ankauf als auch in ihrer Anwendung kosten- und ressourceninten- siv und bedürfen deshalb einer wohlüberlegten gezielten Nutzung. Simula- tionspatientinnen und -patienten (SP) können vor allem zur Förderung so- zialer und kommunikativer Kompetenzen einen wichtigen Beitrag leisten.

Die Rekrutierung, Schulung und Betreuung der SPs muss gut organisiert werden und ist sehr zeit- und personalintensiv. Ein valides und reliables Messinstrument zur Überprüfung von klinisch-praktischen und kommunika- tiven Kompetenzen stellt die „Objective Structured Clinical Examination“

(OSCE) dar. Das Erstellen von geeigneten Szenarien, das Anlegen von Strukturpapieren und Ratinginstrumenten, die Einführung der Prüfenden, der Studierenden und der SPs und die organisatorische Planung rund um den OSCE-Ablauf sind sehr zeitaufwendig. Es bedarf des Zusammenwir- kens eines ganzen Teams damit ein reibungsloser Ablauf gelingen kann.

(4)

Abstract

Every school providing vocational education aims to prepare its students extensively for their daily professional work. Additional to theoretical and practical education, it is the learning arrangements that help students dis- cover the required learning competences. These arrangements can be seen as a so called “third field of learning” at nursery colleges. By applying differ- ent concepts of learning, - technical, methodical, social communicative and individual skills are promoted. In this context “simulations” can be very help- ful for the students. When it comes to German speaking countries these simulations have only been introduced in the recent past. By means of spe- cial trainings, students can acquire simple manual skills and – on the long run – professional skills. These trainings mentioned above can also be sup- ported by ”slow-fidelity-simulators” and task trainers. For nursing situations that are more complex and demanding, it is necessary to install technically highly developed training simulators (“high-fidelity-simulators). But such an equipment is not only expensive in terms of money, but also requires a lot of human resources. That is why the use of high-fidelity-simulators has to be very well considered. Simulated patients (SP) play an important part to encourage communicative and social skills. The instruction and assistance of simulated patients has to be well organized – which is not only time-con- suming but also personnel-intensive. The “objective structural clinical exam- ination” (OSCE) is a valid and reliable measuring instrument when it comes to examine practical and communicative skills in the clinical field. The whole process concerning the OSCE takes up a lot of time: arranging suitable scenarios, preparing structural papers and rating instruments, introducing examiners as well as students and SPs are all issues that have to be considered. To be successful and efficient in operating OSCE, teamwork is of great importance among the clinical staff.

(5)

Abbildungsverzeichnis ... 3

Abkürzungsverzeichnis ... 4

1 Hintergrund und Problemdarstellung ... 5

1.1 Zielsetzung und Fragestellung ... 7

1.2 Methodik... 8

1.3 Struktur und Aufbau ... 9

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen ... 11

2.1 Neuerungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz durch die GuK-Novelle 2016 ... 11

2.2 Die FH-GuK-Ausbildungsverordnung ... 14

2.3 Gesetzliche und curriculare Implementierung des „Dritten Lernortes“ ... 16

3 Der „Dritte Lernort“ ... 18

3.1 Definition, Hintergrund ... 18

3.2 Aufgaben und Ziele des „Dritten Lernortes“ ... 19

4 Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung ... 21

4.1 Der Begriff „Kompetenz“... 21

4.2 Berufliche Handlungskompetenz ... 24

4.3 Berufliches Handeln ... 26

4.4 Die Stufen der Pflegekompetenz nach Patricia Benner ... 27

4.5 Didaktische Überlegungen zur Handlungskompetenz ... 32

4.5.1 Millers Pyramide ... 32

4.5.2 Erwachsenenbildung ... 34

4.5.3 Cognitive Apprenticeship (CAS) ... 35

5 Simulationstraining ... 37

5.1 Hintergrund, Ziele und Grenzen ... 37

5.2 Skillstraining ... 40

5.2.1 Definition von Skills ... 40

5.2.2 Definition von Skillslab ... 41

5.2.3 Lernform Skillstraining ... 41

5.2.4 Abgrenzung Skillstraining versus Simulation ... 46

5.3 Trainingssimulatoren ... 47

5.4 Hybridsimulation ... 51

(6)

5.5 Simulations-Teamtrainings ... 52

5.6 Einsatz von Simulationspatientinnen und -patienten ... 53

5.6.1 Mehrwert und Grenzen ... 55

5.6.2 Planung und Koordination von Simulationen mit SPs ... 56

5.6.3 Auswahl und Rekrutierung ... 57

5.6.4 Schulung ... 59

5.6.5 Feedback für SPs und Honorierung ... 60

5.6.6 Strukturpapiere ... 61

5.6.7 Ein- und Ausstieg in die Simulation ... 62

5.6.8 Während des Szenarios ... 63

5.6.9 Debriefing ... 65

6 Objective Structured Clinical Examination (OSCE) ... 67

6.1 Was ist eine OSCE? ... 67

6.2 Validität und Reliabilität der OSCE ... 68

6.3 Überprüfte Kompetenzen ... 69

6.4 Konzeptionierung der OSCE ... 71

6.4.1 Zeitliche und personelle Rahmenbedingungen ... 72

6.4.2 Blueprint ... 72

6.4.3 Aufgaben und Fallkonstruktion ... 73

6.4.4 Ratinginstrumente/Bewertung ... 75

6.4.5 Einführung der Studierenden ... 76

6.4.6 Anleiten der Simulationspatientinnen und -patienten ... 76

6.4.7 Einführung der Prüferin oder des Prüfers ... 77

6.5 Durchführung der OSCE ... 77

6.5.1 Vorbereitung ... 77

6.5.2 Ablauf ... 78

6.5.3 Auswertung ... 80

7 Diskussion ... 81

Literaturverzeichnis ... 87

Anhang ... 92

(7)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Überblick über GuK-Ausbildungen/Berufe ... 13

Abbildung 2: Aspekte des Kompetenzkonzepts. ... 22

Abbildung 3: Professionalisierungsebenen in Anlehnung an Miller ... 32

Abbildung 4: Integratives Modell von Skillslab und CAS ... 36

Abbildung 5: Arten von Simulationstrainings in Anlehnung an Müller ... 39

Abbildung 6: Skillstraining in Kleingruppen ... 42

Abbildung 7: Elemente des Fähigkeits-/Fertigkeitstrainings ... 43

Abbildung 8: Phasen und Schritte im Skillstraining ... 44

Abbildung 9: Strukturpapiere ... 62

Abbildung 10: Schritte einer Simulationssequenz ... 64

Abbildung 11: Planung der OSCE ... 71

Abbildung 12: Blueprint-Auszug in Anlehnung an Nikendei/Jünger ... 73

(8)

Abkürzungsverzeichnis

CAIPE The Centre for the Advancement of Interprofessional Education Careum gemeinnützige Stiftung zur Förderung der Bildung im Gesund-

heits- und Sozialwesen mit Sitz in Zürich CAS Cognitive Apprenticeship

BGBl Bundesgesetzblatt

BScN Bachelor of Science in Nursing bzgl. bezüglich

BZ Pflege Berner Bildungszentrum Pflege bzw. beziehungsweise

DGKP Diplomierte Gesundheits-und Krankenpflegerin, Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger d.h. das heißt

ECTS European Credit Transfer System EQR Europäischer Qualifikationsrahmen

FH Fachhochschule

FHGuK-AV Fachhochschule Gesundheits- und Krankenpflege- Ausbildungsverordnung

GuKG Gesundheits- und Krankenpflegegesetz GuKP Gesundheits- und Krankenpflege

KMK Kultusministerkonferenz

Nr. Nummer

OÖ Oberösterreich

OSCE Objected Structured Clinical Examination PA Pflegeassistenz

PBL Problembasiertes Lernen / problem-based-learning PFA Pflegefachassistenz

RIS Rechtsinformationssystem

SP Simulationspatientin, Simulationspatient u.Ä. und Ähnliches

vgl. vergleiche

(9)

1 Hintergrund und Problemdarstellung

Die professionelle Pflege wird zunehmend mit knapper werdenden Res- sourcen und veränderten Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem konfrontiert. Der Mangel an gut ausgebildeten Pflegekräften, bei gleichzeitig steigendem Versorgungsbedarf in einer alternden Gesellschaft repräsen- tiert einen kritischen Aspekt dieser Situation. Auch die Technisierung der Gesundheitsberufe stellt hohe Ansprüche an die pflegerische Berufs- gruppe. Außerdem nimmt die Zahl der Krankenhausverweildauer ab und es kommt zu einem schnelleren Wechsel der Patientinnen und Patienten. Auf- grund des Kostendruckes im Gesundheitswesen fordern die Versorgungs- einrichtungen immer häufiger von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, eine größere Patientinnen- und Patientenanzahl mit derselben Beleg- schaftsstärke zu betreuen. Die Pflegekräfte stehen unter höherem Zeitdruck und können sich dadurch weniger intensiv um die Auszubildenden küm- mern. Lernerfahrungen in der pflegerischen Praxis werden für Auszubil- dende so schwerer zugänglich. Außerdem können Praxisanleiterinnen und -anleiter ihrer pädagogischen Funktion oft schwer nachkommen, da sie für ihre Aufgabe keine Freistellung erhalten. Überdies sind sie häufig für eine hohe Anzahl von Lernenden zuständig, weil zu wenige Kolleginnen oder Kollegen bereit sind, neben den hohen Anforderungen des Arbeitsalltages diese zusätzliche Aufgabe zu übernehmen. Studierende kritisieren zudem immer wieder den mangelnden Theorie-Praxis-Transfer während der Aus- bildung. Sie stehen realen Situationen im Berufsalltag oftmals überfordert gegenüber. Dies kann zu Frust, Leistungsnachlass und im schlimmsten Fall zum Ausbildungsabbruch führen (vgl. Schlegel/Shaha 2007, S.167;

Thomseth et al. 2017, S.3; Loewenhardt et al. 2014, S.65).

Auch die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes 2016 brachte durch die Erweiterung der pflegerischen Kompetenzen und Aufga- ben neue Herausforderungen für das Pflegepersonal mit sich (vgl. RIS 2016, S.3-6).

(10)

Hintergrund und Problemdarstellung

Alle diese Faktoren machen eine Anpassung der Gesundheits- und Kran- kenpflegeausbildung zwingend nötig. Lehrpersonen sind gefordert, prakti- sche Erfahrungen für die Lernenden bereits im Bereich der Schule zu er- möglichen, um sie so auf die Anforderungen des Berufsalltags noch besser als bisher vorzubereiten. Pädagogische Konzepte, die zur Erreichung be- ruflicher Handlungskompetenz beitragen und die eine Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen, sollen dabei zum Einsatz kommen. (vgl.

Schröder 2011, S.44; Landwehr 2002, S.42).

Die Simulation im Rahmen des „Dritten Lernortes“ bietet eine optimale Mög- lichkeit, um diesen genannten Veränderungen und Herausforderungen ent- gegenzuwirken. Die Auszubildenden lernen dabei, ihr angeeignetes Wissen aus dem Klassenzimmer in den klinischen Kontext zu übertragen. Mit Hilfe von sogenannten Simulationsszenarien können sie pflegerische Fertigkei- ten und Abläufe in einer sicheren und geschützten Lernumgebung einüben und kontinuierlich verbessern. Die Auszubildenden stärken dadurch nicht nur ihr Selbstvertrauen, sondern auch ihr Wissen und die Routine bei pfle- gerischen Maßnahmen. Durch Simulationstraining wird evidenzbasiertes Wissen in die Patientinnen- und Patientenversorgung transportiert und re- flexives Bewusstsein der Auszubildenden gefördert. Simulationsbasiertes Lernen verbessert die Sicherheit der zu betreuenden Personen, indem die Lernenden pflegerische Handlungen und den Umgang in Notfällen in geeig- neten Szenarien einüben und diese im Bedarfsfall sicherer und schneller auf die jeweilige Situation übertragen können (vgl. Thomseth et al. 2011, S.3; SimNAT Pflege 2017, S.1; Schlegel/Shaha 2007, S.167). Neben der Vermittlung von technischen Fertigkeiten und Abläufen werden in der Simu- lation Kompetenzen im Bereich Kommunikation, Entscheidungsfindung, kritisches Denken, Selbstvertrauen und Eigeninitiative gefördert (vgl.

Schlegel/Huber 2010, S.25).

Die oben beschriebenen Veränderungen in der Gesundheitsversorgung er- fordern von Pflegefachpersonen Kompetenzen, die sie befähigen, den ge-

(11)

genwärtig bestehenden und zukünftig bereits absehbaren Versorgungsbe- darf adäquat und qualitätsgesichert abzudecken (vgl. Beyer et al. 2016, S.194). Bereits in der pflegerischen Erstausbildung wird ein Großteil dieser Kompetenzen vermittelt. In der FH-Gesundheits- und Krankenpflege-Aus- bildungsverordnung, welche 2008 in Kraft trat, werden für die Studierenden Bewertungsmethoden gefordert, welche die individuelle Kompetenzerrei- chung beurteilen und überprüfen lassen (vgl. RIS 2017, S.3). Die bisherige praktische Diplomprüfung ist in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbil- dung auf Bachelorniveau nicht mehr vorgesehen. Neue Prüfungsformen müssen zum Einsatz kommen, um die Kompetenz der Studierenden zu si- chern. Diese Prüfungen sollen hohen und internationalen Qualitätsanforde- rungen gerecht werden. Die „Objective Structured Clinical Examination“

(OSCE) könnte diesen Ansprüchen gerecht werden.

Die OSCE hat in der Ausbildung von Medizinerinnen und Medizinern schon länger weltweit eine hohe Akzeptanz und Verbreitung gefunden und ist seit einigen Jahren auch in der Pflegeausbildung etabliert. Mit dieser Prüfungs- form werden die Studierenden direkt auf der Stufe des „shows how“ der Lernpyramide von Miller geprüft. Es wird eine gerechte, dem Wissensstand angepasste, reliable und valide Beurteilung gewährleistet (vgl. Niken- dei/Jünger 2006, S.1). Das Planen und Durchführen von OSCEs ist mit gro- ßem personellen und finanziellen Aufwand verbunden und bedarf einer gu- ten Organisation (vgl. Schlegel/Shaha 2007, S.773).

1.1 Zielsetzung und Fragestellung

Ziel dieser Arbeit ist es, sich mit dem Erwerb von Handlungskompetenzen in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung zu beschäftigen. Im spe- ziellen werden Lernmethoden, welche im Rahmen des „Dritten Lernortes“

zum Einsatz kommen, näher beleuchtet. Dies sind das Skillslabtraining, simulationsbasiertes Training unter Einbindung von Fidelity-Trainingspup- pen und/oder von Simulationspatientinnen und -patienten und als Überprü- fungsmöglichkeit der erworbenen Kompetenzen die „Objective Structured Clinical Examination“ (OSCE). Die Arbeit soll eine Informationsgrundlage

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Hintergrund und Problemdarstellung

für Lehrende und auch Lernende bieten, sodass sie das Wesen und die Bedeutung dieser Lernmethoden verstehen und die Lernarrangements mit Überzeugung nutzen können.

Daraus ergeben sich folgende Fragestellungen für diese Arbeit:

1. Inwiefern unterstützt der „Dritte Lernort“ den Erwerb von Handlungs- kompetenz in der pflegerischen Ausbildung?

2. Welche Kompetenzen können durch gezieltes Skillstraining und den Einsatz von Trainingssimulatoren und Simulationspatientinnen bzw.

-patienten erworben und/oder vertieft werden?

3. Ist die „Objective Structured Clinical Examination“ (OSCE) ein geeig- netes Instrument, um erworbene Kompetenzen zu überprüfen?

4. Welche Rahmenbedingungen und Organisationsstrukturen braucht es, um Simulationen und OSCEs methodisch sinnvoll einsetzen zu können?

1.2 Methodik

Die Masterthesis basiert auf einer interpretativ–hermeneutischen Vorge- hensweise. Die Grundlage dieser Arbeit bilden daher bereits existierende wissenschaftliche Beiträge.

Um die definierten Fragestellungen zu beantworten, wurde im Zeitraum von Jänner bis Mai 2017 gezielt nach relevanter Literatur gesucht. Die syste- matische Literaturrecherche bezog sich dabei insbesondere auf Literatur, welche zwischen den Jahren 2007 bis 2017 publiziert wurde. Ältere Quellen wurden dann hinzugezogen, wenn es sich um Basisliteratur handelte. Elekt-

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ronisch wurde in der Datenbank PubMed, sowie in Datenbanken von Fach- zeitschriften gesucht. Dafür wurden folgende Suchwörter verwendet: kom- petenz, simulation, high-fidelity, low-fidelity, skillstraining, OSCE, simulati- onspatient, LTT, dritter Lernort. Es wurden die Bool’schen Operatoren AND und OR eingesetzt, um dabei zu relevanten Ergebnissen zu gelangen. Meh- rere Fachbeiträge aus der Zeitschrift „Pflege. Die wissenschaftliche Zeit- schrift für Pflegeberufe“ und der Zeitschrift „PADUA. Fachzeitschrift für Pfle- gepädagogik, Patientenedukation und -bildung“ stellten sich als besonders informativ heraus. Zusätzlich wurde auch allgemein im Internet über Google und Google Scholar nach geeigneter Literatur gesucht. Außerdem dienten der Bibliothekskatalog der Medizinischen Universität Graz und der Karl- Franzens-Universität Graz als Grundlage für die Recherche. Ergänzend wurden einschlägige Buchverlage auf relevante Fachliteratur hin überprüft.

1.3 Struktur und Aufbau

In der vorliegenden Arbeit wird die Thematik „Erwerb von Handlungskom- petenz“ im Zusammenhang mit Lernen im „Dritten Lernort“ erörtert.

Zunächst wird ein kurzer Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingun- gen für die Pflegeausbildung in Österreich gegeben. Gerade in den letzten Jahren gab es einschneidende gesetzliche Veränderungen, die sich auch maßgebend auf die Ausbildungssituation der Pflegeberufe auswirken.

Im Folgenden wird der Dritte Lernort beschrieben, dem in dieser veränder- ten Ausbildungssituation ein besonderer Stellenwert zukommt.

Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Erwerb von Handlungskompe- tenz notwendig sind und welche didaktischen Möglichkeiten dafür zur Ver- fügung stehen, wird im dritten Abschnitt dargestellt.

Das nächste Kapitel geht schließlich vertiefend auf die Arbeit mit Simulatio- nen ein. Dies umfasst das einfache Skillstraining, den Einsatz von Simula- toren und die Arbeit mit Simulationspatientinnen und -patienten. Obwohl in der Medizin bereits seit 1964 eingesetzt, sind Simulationspatientinnen und -patienten in der Pflegeausbildung immer noch verhältnismäßig neu. Es gibt

(14)

Hintergrund und Problemdarstellung

allerdings einige Bildungseinrichtungen, die dieses Konzept bereits meh- rere Jahre erfolgreich umsetzen (vgl. Schlegel/Shaha 2007, S.167;

Pesl at al. 2010, S.401; SimNAT Pflege 2015, S.1). Basierend auf deren Erfahrung wird in diesem Kapitel umfassend auf die Vorbereitung und den Ablauf solcher Lernsequenzen eingegangen.

Eine in der Pflege neue Methode, praktisches Handeln zu überprüfen, stellt die „Objective Structured Clinical Examination“ (OSCE) dar. Im Verlauf der Arbeit wird die Planung und Durchführung dieser Prüfungsform vorgestellt.

Es befasst sich mit den Voraussetzungen für die Durchführung einer OSCE, beschreibt die Entwicklung notwendiger Strukturpapiere und die Planung und den Aufbau einzelner Stationen. Es gibt Auskunft über die Vorbereitung der Prüferinnen und Prüfer, der Studierenden und der Simulationspatientin- nen und -patienten. Schließlich wird illustriert, wie die Durchführung der OSCE abläuft und die Auswertung aussehen kann.

Abschließend wird im Diskussionsteil auf die definierten Fragestellungen kritisch Bezug genommen und relevante Ergebnisse werden erörtert.

(15)

2 Gesetzliche Rahmenbedingungen

In diesem Kapitel wird auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Pfle- geberufe eingegangen, da diese Einfluss auf die Ziele und die Ausrichtung des „Dritten Lernortes“ nehmen. Durch die Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) 2016 kam es zu erheblichen Änderungen in den Berufsbildern, der Ausbildung und den Tätigkeitsbereichen bzw.

Kompetenzen der Pflegeassistenzberufe und des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Im folgenden Abschnitt wird auf wesent- liche Neuerungen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eingegangen. Es wird das Berufsbild der Gesundheits- und Krankenpflege (GuKP) in Öster- reich erläutert und bedeutsame Inhalte der FH-Gesundheits- und Kranken- pflege-Ausbildungsverordnung (FHGuK-AV) und der Pflegeassistenzbe- rufe-Ausbildungsverordnung (PA-PFA-AV) werden dargelegt. Ebenfalls wird das Curriculum der „FH Gesundheitsberufe OÖ“ beleuchtet, in wel- chem dem „Dritten Lernort“ ein besonderer Stellenwert in der Ausbildung zur allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege zukommt.

2.1 Neuerungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz durch die GuK-Novelle 2016

Mit der Novelle des Gesundheits-und Krankenpflegegesetzes 2016, die am 14. Juli 2016 im Nationalrat beschlossen wurde und mit 1. September 2016 in Kraft trat, erhält der „gehobene Dienst für Gesundheits- und Kranken- pflege“ die Berufsbezeichnung „Diplomierte/r Gesundheits- und Kranken- pfleger/in“ (§ 11). Dies gilt für die nach geltender Fassung des GuKG aus- gebildeten diplomierten Gesundheits- und Krankenschwestern/pfleger ebenso wie für die bisher und künftig an (Fach)hochschulen ausgebildeten BScN (vgl. RIS 2016, S.2). Die GuKG-Novelle 2016 erlaubt ausschließlich eine Ausbildung zur allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege (gene- ralistische Ausbildung). Psychiatrische bzw. Kinder- und Jugendlichen- GuKP wird zukünftig durch setting- und zielgruppenspezifische Spezialisie- rungen (§ 70a) im Ausmaß von zusätzlich 90 ECTS nach Absolvierung der

(16)

Gesetzliche Rahmenbedingungen

allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege abgedeckt (vgl. RIS 2016, S.10).

Die bisherigen Tätigkeitsbereiche (eigenverantwortlich, mitverantwortlich, interdisziplinär) des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Kranken- pflege wurden im neuen Gesetz im § 13 durch Kompetenzbereiche abge- löst. Diese umfassen:

1. die pflegerischen Kernkompetenzen, 2. Kompetenz bei Notfällen,

3. Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie, 4. Weiterverordnung von Medizinprodukten,

5. Kompetenzen im multiprofessionellen Versorgungsteam, 6. Spezialisierungen (RIS 2016, S.3f).

Mit der Novelle kommt es auch zu einer weitreichenden, systematisch ab- gestuften Neuregelung und Anpassung des gesamten Bildungsbereiches der GuKP-Berufe. In Zukunft gibt es drei Berufsbilder. Neben der einjähri- gen Ausbildung zur Pflegeassistenz (bisher: Pflegehilfe) wurde auch eine Pflegefachassistenz geschaffen, die mehr Kompetenzen hat und deren Ausbildung zwei Jahre dauert. Beide werden weiterhin an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen ausgebildet. Die gehobenen Pflegefachkräfte (derzeit "diplomierte Pflegekräfte") absolvieren künftig ausnahmslos eine tertiäre Ausbildung an einer Fachhochschule. Die Umsetzung erfolgt laut

§ 117 stufenweise bis 2024 (vgl. RIS 2017, S.53f).

Die Berufe der Pflegeassistenz (PA) und der Pflegefachassistenz (PFA) ge- hören laut BGBl. I Nr.8/2016 § 82 zu den „Pflegeassistenzberufen“. Pfle- geassistenzberufe werden zur Unterstützung von Angehörigen des geho- benen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sowie von Ärzten tätig.

Ihre Aufgaben umfassen laut § 83 die Durchführung der ihnen durch DGKPs im Rahmen des Pflegeprozesses übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten und im Rahmen der medizinischen Diagnostik und Therapie von Ärztinnen

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und Ärzten oder DGKPs übertragenen Maßnahmen entsprechend ihres je- weiligen Tätigkeitsbereiches. Prinzipieller Unterschied zwischen PA und PFA ist das Ausmaß der Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Die PA wird ausschließlich unter Anordnung und Aufsicht tätig. Die PFA ist für die an sie delegierten Aufgaben eigenverantwortlich tätig, nur im Falle der Wei- terdelegation von Tätigkeiten im Rahmen von Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie kommt für DGKPs die Verpflichtung zur Aufsicht zum Tragen (vgl.

RIS 2017, S.40).

In Abbildung 1 wird ein Überblick über die Ausbildungen und die dazugehö- rigen Berufsbezeichnungen gegeben. Die Durchlässigkeit zwischen diesen Ausbildungen bietet allen Interessierten die Möglichkeit, in einem Gesund- heitsberuf Fuß fassen zu können und sich weiterzuentwickeln und stellt da- mit auch ein Karrieremodell dar (vgl. Resetarics 2016, S.29).

Abbildung 1: Überblick über GuK-Ausbildungen/Berufe

Quelle: Resetarics 2016, S.18

(18)

Gesetzliche Rahmenbedingungen

2.2 Die FH-GuK-Ausbildungsverordnung

Mit der Umstellung der pflegerischen Diplomausbildung von der bisherigen berufsbildenden Schule auf eine fachhochschulische Ausbildung knüpft Österreich an europäische und internationale Standards an. In fast allen europäischen Nachbarländern ist die Ausbildung der gehobenen Gesund- heits- und Krankenpflege schon seit längerer Zeit im tertiären Bereich an- gesiedelt. In den USA wird Pflege schon seit 100 Jahren an den Hochschu- len als Studium geführt. Die Umstellung von der Berufsausbildung auf Hochschulniveau ist auch dadurch begründet, dass für die immer komplexer werdenden Aufgaben und Handlungsfelder der Pflege ein wissenschaftlich fundiertes Kompetenzprofil erforderlich ist. Im Europäischen Qualifikations- rahmen für lebenslanges Lernen (EQR) wird der Gesundheits- und Krankenpflegeberuf auf Stufe 6 geführt. Dies bedeutet ein Hochschulstu- dium mit Bachelorabschluss (vgl. Österreichischer Austauschdienst-GmbH 2011, S.2).

Die FH-Gesundheits- und Krankenpflege-Ausbildungsverordnung legt fest, dass die Studierenden im Rahmen der Ausbildung die für die Berufsaus- übung erforderlichen Kompetenzen zu erwerben haben. Diese sind in An- lage 1 der FHGuK-AV festgelegt und umfassen drei große Kompetenzbe- reiche. Dazu gehört als erstes die Fachkompetenz, welche die Sach- und Methodenkompetenz sowie die instrumentell-technische Kompetenz um- fasst. Die Fachkompetenz wird von den Aufgabenfeldern der Pflege abge- leitet und in individuumsbezogene, organisationsbezogene und gesell- schaftsbezogene Kompetenzen gegliedert. Der zweite große Kompetenz- bereich enthält die sozialkommunikative Kompetenz und die Selbstkompe- tenz. Und zum dritten Bereich gehört schließlich der wissenschaftliche Kom- petenzbereich (vgl. RIS 2017, S.5-9).

Um den oben beschriebenen Kompetenzen gerecht zu werden, wurden ei- gene didaktische Grundsätze in § 4 der FHGuK-AV festgelegt:

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1. Situations- und Handlungsorientierung, damit die Gesundheits- und Krankenpflege sowie deren Berufs- und Handlungsfeld in der Aus- bildung Ausgangs- und Bezugspunkt für die Bearbeitung der Themen-, Frage- und Problemstellungen wird.

2. Problembasiertes Lernen, damit theoriegeleitete Analyse und indi- viduelles Fallverstehen bei der Problembearbeitung in der Pflege ermöglicht und gefördert wird.

3. Selbstorganisiertes, selbstgesteuertes und eigenverantwortliches Lernen, damit ein Beitrag zur Eigenverantwortung in der Pflege, zum eigenständigen Wissenserwerb und dem Prinzip des lebens- langen Lernens geleistet wird.

4. Exemplarisches Lernen, um dem Erarbeiten und Verstehen von grundlegenden Prinzipien und grundlegendem Wissen gegenüber der vielfältigen oberflächlichen Wissensvermittlung den Vorzug zu geben.

5. Förderung von Schlüsselqualifikationen in den Bereichen sozial- kommunikative und methodische Kompetenz sowie Selbstkompe- tenz als Voraussetzung für die situationsadäquate Anwendung von fachlichem und fächerübergreifendem Wissen in den beruflichen Handlungsfeldern einschließlich situative Handlungskompetenz in zwischenmenschlichen Beziehungen.

6. Arbeit in Teams und Kleingruppen, damit insbesondere Fertigkeiten und Techniken geübt sowie Haltungen, Einstellungen, Sichtweisen, Handlungsmuster und Erfahrungen reflektiert und für den weiteren Lernprozess nutzbar gemacht werden können.

7. Der praktischen Ausbildung hat ein dem Ausbildungsfortschritt ent- sprechendes Fertigkeitentraining (z.B. Skillslab, Lehrstation) voran zu gehen, um grundlegende praktische Fertigkeiten im Sinne der Patientinnen- und Patientensicherheit zu gewährleisten.

8. Aufeinander aufbauende Verschränkung von theoretischer und praktischer Ausbildung unter Berücksichtigung des didaktischen Prinzips „Vom Einfachen zum Komplexen“.

9. Implementierung von praktikumsbegleitenden Maßnahmen zur Un- terstützung des Theorie-Praxis-Transfers sowie zur Reflexion und Bearbeitung von Praxiserfahrungen, insbesondere in Form von Lerngruppen vor Ort, Intervision, Supervision oder Fachsupervi- sion.

10. Bewertungsmethoden, die mit den gewählten Ausbildungs- und Lernstrategien im Einklang stehen und die individuelle Kompe- tenzerreichung beurteilen und überprüfen lassen (RIS 2017, S.3).

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Gesetzliche Rahmenbedingungen

Diese didaktischen Prinzipien sollen sicherstellen, dass das wissenschaftli- che und praxisorientierte Lernen im Rahmen der Ausbildung ein offener Prozess ist. Fasst man die didaktischen Grundsätze der GuK-AV zusam- men, so wird die Forderung nach einem Unterricht deutlich, welcher sowohl situations- und handlungsorientiert als auch problembasiert aufgebaut ist.

Dies bedeutet, dass die Studierenden aktiv in den Lernprozess miteinbezo- gen werden und sie selbstorganisiert, selbstgesteuert und eigenverantwort- lich an der Lösung von Problemstellungen arbeiten sollen. Exemplarisches Lernen und die Förderung von Schlüsselqualifikationen sind ebenso wichtig wie das Arbeiten in Teams und Kleingruppen. Praktikumsbegleitende Maß- nahmen zur Unterstützung des Theorie-Praxis-Transfers, gezieltes Fertig- keitentraining (z.B. Skillslabs oder Simulationstraining) und effiziente Be- wertungsmethoden (z.B. OSCEs) sollen den Erwerb von grundlegenden praktischen Fertigkeiten im Sinne der Patientinnen- und Patientensicherheit gewährleisten (vgl. RIS 2017, S.3).

2.3 Gesetzliche und curriculare Implementierung des

„Dritten Lernortes“

Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz legt fest, dass die Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege drei Jahre dau- ert und mindestens 4600 Stunden theoretischen Unterricht und praktische Ausbildung umfasst (vgl. RIS 2017, S.2). Das Curriculum bildet einen Orientierungs- und Konzeptionsrahmen für die Ausbildung. Die Inhalte sind so ausgewählt, dass die Studierenden bestens auf ihre künftigen Tätigkeits- bereiche im Gesundheitswesen vorbereitet werden.

Im Curriculum für das Bachelorstudium „Gesundheits- und Krankenpflege“

an der FH Gesundheitsberufe OÖ sind 88 ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) der theoretischen und 92 ECTS der praktischen Ausbildung gewidmet. 14 ECTS aus dem Berufspraktikum sind dem „Dritten Lernort“ zugeteilt. Ein ECTS-Punkt steht für 25 Echtstunden á 60 Minuten

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sich insgesamt 350 Stunden. Das bedeutet, dass die Studierenden in jedem Semester (außer im 5. Semester) im Rahmen des Berufspraktikums zwei bis drei ECTS, das sind durchschnittlich 4 Stunden pro Woche, am „Dritten Lernort“ verbringen. Umso bedeutender ist es, dass in diesem Rahmen ein qualitativ hochwertiger Unterricht sichergestellt wird. Die Lehrinhalte für den

„Dritten Lernort“ sind ebenfalls im Curriculum fixiert und orientieren sich an den Inhalten des vorangegangenen theoretischen Unterrichts des jeweili- gen Semesters. Ebenso wird im Curriculum die Überprüfung der im „Dritten Lernort“ erworbenen Handlungskompetenzen geregelt (vgl. FH-Gesund- heitsberufe OÖ 2016, S.11).

Auch in der Ausbildung für die Pflegeassistenz und Pflegefachassistenz legt das Bundeskanzleramt in Anlage 1 und Anlage 2 der Pflegeassistenzbe- rufe-Ausbildungsverordnung (PA-PFA-AV) fest, dass dem „Dritten Lernort“

Stunden zugeteilt werden müssen. In der einjährigen Ausbildung zur Pfle- geassistenz sind dafür 45 Stunden vorgesehen. Die Weiterführung der Aus- bildung zur Pflegefachassistenz in einem zweiten Ausbildungsjahr umfasst 170 Stunden für den „Dritten Lernort“ (vgl. RIS 2017 S.2f).

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Der „Dritte Lernort“

3 Der „Dritte Lernort“

Ein Problem im dualen Ausbildungssystem der Pflege stellt die ungenügende Verknüpfung der beiden Lernorte „Schule“ und „Praxis“ dar. In diesem Kapitel wird ein Einblick in den Hintergrund, in Ziele und Aufgaben des „Dritten Lernortes“ gegeben, der als Bindeglied zwischen theoretischer und prakti- scher Ausbildung fungiert und dazu dient, die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu verringern und Handlungskompetenz zu erwerben (vgl. Landwehr 2002, S.40).

3.1 Definition, Hintergrund

Der Dritte Lernort ist ein klar definierter, von den beiden anderen Lernorten Schule und Praxis abgegrenzter virtueller oder tatsächlicher Raum des be- ruflichen Lernens. Dieser Ort ist bewusst zwischen beiden Lernorten ange- siedelt. Als eigenständiger Lernbereich mit einer klar definierten schuli- schen und betrieblichen Transferfunktion unterscheidet er sich durch inhalt- liche, methodische, personelle und didaktische Merkmale von den beiden anderen Lernorten. Die Abgrenzung zu Schule und Praxis besteht auf insti- tutioneller und weniger auf räumlicher Ebene. Das heißt, dass es sich hier um einen relativ selbständigen Bereich der Ausbildung handelt, welches al- lerdings räumlich und strukturell an einer Schule oder in einem Betrieb an- gesiedelt werden kann (vgl. Landwehr 2002, S.43). Meyer-Hänel und Um- bescheidt würden auf alle Fälle eine Anbindung an einen der Bereiche Schule oder Praxis bevorzugen (vgl. ebd. 2006, S.277).

Die Aufgaben und Anforderungen an eine Lehrperson sind im „Dritten Lern- ort“ andere als dies im klassischen schulischen Lehren und Lernen der Fall ist. Es verlangt unter anderem Moderationsfähigkeit, Lernberatung und eine professionelle Unterstützung von Lernprozessen. Lehrende müssen über ein Repertoire spezifischer didaktischer Methoden verfügen und deren An- wendung für den „Dritten Lernort“ ableiten können. Die Lehrperson nimmt

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eine Haltung ein, die sie selbst in den Hintergrund treten lässt, um eine stu- dierendenzentrierte Begleitung zu ermöglichen (vgl. Landwehr 2002, S.60;

Landolt 2002, S12).

3.2 Aufgaben und Ziele des „Dritten Lernortes“

Landwehr zeigt auf, dass die beiden Lernorte der beruflichen Ausbildung (Praxis/Schule) unterschiedliche Lernmöglichkeiten beinhalten und sich dadurch ergänzen können. Insofern hebt er damit die positiven Aspekte des dualen Systems hervor. Doch werden durch die minimale Koordination und Kooperation, sowie durch mangelnde curriculare Abstimmung beide Lern- bereiche den Ansprüchen eines gemeinsamen Ausbildungskonzeptes viel- fach nicht gerecht. Der „Dritte Lernort“ greift diese Defizite auf und versucht sie auszugleichen (vgl. ebd. 2002, S.44).

Das Ziel des „Dritten Lernortes“ liegt nicht in der Vermittlung neuer Stoffin- halte, sondern es soll das Handeln der Lernenden vertieft oder expliziert werden. Das heißt, es wird immer auf Vorkenntnisse und Erfahrungen der Lernenden aufgebaut. Nach der Wissensvermittlung im Theoriebereich werden die Lernenden durch ein systematisches, geführtes Training schritt- weise mit der realistischen Situation des Arbeitsalltags vertraut gemacht.

Entsprechend ihrem Ausbildungsstand erwerben sie berufliche Fähigkeiten und Fertigkeiten. Dazu stehen ihnen spezielle Begleitmaterialien und kom- plexe Lernarrangements zur Verfügung. Das Üben findet in einem ge- schützten Rahmen statt, der Fehler verzeiht und positiv mit diesen umgeht.

Dies wiederum stärkt die innere Motivation der Auszubildenden, pflegeri- sche Tätigkeiten auszuprobieren und Vertrauen in ihr Handeln zu gewinnen.

Ihre eigenen Erfahrungen sind dabei genauso wichtig wie das in der Theorie vermittelte Wissen. Die Auszubildenden werden dazu befähigt, kritisch mit dem eigenen und dem Wissen anderer umzugehen (vgl. Ludwig/Umbe- scheidt 2014, S. 34).

Zudem lernen die Studierenden im „Dritten Lernort“, die eigenen Handlun- gen zu analysieren und auf ähnliche Situationen zu übertragen. Somit sind

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Der „Dritte Lernort“

sie in der Lage, ihren eigenen Lernprozess zu verbalisieren, unterschiedli- che Handlungen zu artikulieren sowie Fremd- und Selbstanalysen durchzu- führen (vgl. Meyer-Hänel/Umbescheidt 2006, S.284).

Die wichtigsten Punkte eines Profils des „Dritten Lernortes“ umschreibt Landwehr wie folgt:

Der „Dritte Lernort“ ...

• ... ist ein Ort, an dem theoretisches und praktisches Lernen integriert werden. Er zeichnet sich durch eine systematisch gestaltete Interak- tion von Theorie und Praxis, praktisches Handeln und systematische Reflexion aus. Es wird angestrebt, die Lernimpulse beider Orte nach- haltig miteinander zu verbinden.

• ... steht in enger Kooperation von Schule und Betrieb und bildet deren Verbindung. Lernziele werden in enger Zusammenarbeit aller drei Lernorte definiert.

• ... kann Einseitigkeiten des jeweils anderen Lernortes kompensieren.

Hier können Praxiserfahrungen ohne Handlungsdruck der Berufs- praxis und im geschützten Rahmen gemacht werden und theoreti- sche Inhalte werden ohne praxisfremde Systematik für die Praxisre- flexion verfügbar gemacht.

• ... orientiert sich an Situationen der betrieblichen Praxis, d.h. dass Lehr- und Lernsituationen auf die Bedürfnisse der Praxissituation zu- geschnitten sein müssen. Somit sind die Anforderungen der Praxis für den „Dritten Lernort“ wichtiger als die der Schule (vgl. ebd. 2002, S.43f).

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4 Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Kran- kenpflegeausbildung

In diesem Kapitel wird der Kompetenzerwerb in der Pflegeausbildung ge- nauer definiert und beleuchtet. Im Mittelpunkt stehen die verschiedenen Fä- higkeiten und Fertigkeiten, welche die Studierenden innerhalb ihrer Ausbil- dungszeit erwerben müssen, um professionell pflegen zu können. Diese er- geben sich einerseits aus den im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz festgelegten Kompetenzbereichen und andererseits aus den in der FH-Ge- sundheits- und Krankenpflegeverordnung beschriebenen Kompetenzen.

Daraus wiederum resultiert die berufliche Handlungskompetenz, welche im Fokus der Ausbildung steht.

4.1 Der Begriff „Kompetenz“

Der Begriff Kompetenz wird in unterschiedlichen wissenschaftlichen Diszip- linen gebraucht und ist darin in verschiedenen Konstellationen anzufinden.

Der Begriff muss kontextabhängig verstanden werden und ist somit nicht allgemein gültig anzuwenden (vgl. Brand et.al 2005, S.3). In der Debatte um nationale Bildungsstandards wird Kompetenz überwiegend verstanden als eine Disposition, die Personen befähigt, bestimmte Arten von Problemen erfolgreich zu lösen, also konkrete Anforderungssituationen eines bestimm- ten Typs zu bewältigen (Klieme et al. 2003 zit. n. Brand et.al 2005, S.3).

„Kompetenz“ kommt aus dem Lateinischen und wird im Duden im Zusam- menhang mit Bildung mit Befähigung, Vermögen, etwas zu tun oder auch Zuständigkeit und Befugnis übersetzt (ebd. 2017, S.1).

Demnach ist ein kompetenter Mensch jemand, der für einen bestimmten Aufgaben- und Handlungsbereich zuständig ist und mit seinen speziellen Fähigkeiten in der Lage ist, die vorliegenden Aufgaben bewältigen zu kön- nen. Die Person besitzt neben der Zuständigkeit auch die „Befähigung“ und das „Vermögen, etwas zu tun“. Somit wird die Kompetenz als ein kognitives Regelsystem gesehen, in dem unterschiedliche Prozesse und Strukturen

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

zusammenspielen. Aufgrund der Tatsache, dass der Mensch seine Kompe- tenzen ein Leben lang weiterentwickelt, fließen Werte und Einstellungen, Bedürfnisse und Motive, sowie Ziele und Erfahrungen immer mit ein. Dies wirkt sich wiederum auf die Art und Weise aus, wie die Person ihre persön- lichen Ressourcen und Kompetenzen in konkreten Situationen zur Lösung von Problemen einsetzt (vgl. Heißenberger/Lauber 2012, S.69f).

Kompetenz kann in diesem Sinne auch folgendermaßen definiert werden:

Kompetenz ist die Möglichkeit eines Individuums, in Abhängigkeit von sei- nen Lebensbedingungen seine kognitiven, sozialen und verhaltensmäßigen Fähigkeiten so zu organisieren und einzusetzen, dass es seine Wünsche, Ziele und Interessen verwirklichen kann (Fei et al. 1993 zit. n. Heißenber- ger/Lauber 2012, S.74).

Trotz unterschiedlicher Definitionen lassen sich doch auch übereinstim- mende Merkmale des Kompetenzbegriffes herausstellen. Diese werden in Abbildung 2 dargestellt und anschließend differenziert beschrieben.

Abbildung 2: Aspekte des Kompetenzkonzepts in Anlehnung an Brand et al.

Quelle: Brand et al. 2005, S.3

• Kompetenzen sind subjektbezogen: d.h. sie werden auf Menschen bezogen, welche diese besitzen oder sich aneignen sollen.

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• Kompetenzen werden performanzbezogen erfasst: d.h. sie sind auf abgegrenzte Leistungen und Leistungsbereiche der jeweiligen Per- son bezogen.

• Kompetenzen sind wissensbasiert: d.h. Kompetenzentwicklung ist immer auch Wissensentwicklung und umgekehrt. Wissenserwerb schlägt sich daher immer in Kompetenzerweiterung nieder. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um deklaratives, prozedurales oder konditionales Wissen bzw. um explizites oder implizites Wissen handelt.

• Kompetenzen werden mehrdimensional gestaltet: d.h. sie umfas- sen nicht nur kognitive und psychomotorische Aspekte, sondern be- rücksichtigen auch Motivation, soziale Fähigkeiten, Willenseinsatz und Haltungen.

• Kompetenzen werden als lern- und erfahrungsabhängig einge- stuft, egal ob und inwieweit gewisse elementare Schemata angebo- ren sein mögen oder nicht.

• Kompetenzentwicklung kann als ein individueller Lern- und Entwick- lungsprozess verstanden werden und es kann angenommen

werden, dass dieser Prozess sich in Entwicklungsstufen oder -phasen vollzieht.

• Kompetenzen sind domänenbezogen zu erfassen: d.h. sie bezie- hen sich auf abgegrenzte Gegenstandsbereiche, Problem- und Handlungsfelder und setzen dazu spezifisches Wissen und Können voraus.

• Die Differenzierung in Kompetenzdimensionen kann beispiels- weise durch eine Unterteilung in Sach-, Sozial- und humane Selbst- kompetenz erfolgen.

• Kompetenzen sind bei jeder Person in unterschiedlichen qualitativen Ausprägungen vorhanden. Deshalb macht es Sinn, Niveaustufen der Kompetenz zu definieren und diese auf der Performanzebene zu erfassen (vgl. Brand et. al 2005, S.3f).

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

4.2 Berufliche Handlungskompetenz

Zentrales Ziel der pflegerischen Ausbildung ist die Förderung einer umfas- senden Handlungskompetenz. Als Handlungskompetenz wird laut der Kul- tusministerkonferenz (KMK) die Bereitschaft und Befähigung des Einzel- nen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sach- gerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten beschrieben (ebd. 2017, S.14).

Handlungskompetenz entfaltet sich in mehreren Dimensionen und wird demnach in die Fachkompetenz, die Sozialkompetenz und die Selbstkom- petenz unterteilt. Methodenkompetenz, kommunikative Kompetenz und Lernkompetenz werden als Bestandteile dieser drei übergeordneten Kom- petenzbereiche gesehen (vgl. KMK 2017, S.14).

Fachkompetenz

Fachkompetenz lässt sich als Bereitschaft und Fähigkeit, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen definieren (ebd. 2017, S.14).

Einen wichtigen Bereich der Fachkompetenz in der Pflege nimmt die Be- obachtungsfähigkeit ein. Dies zeigt sich im Können, physische und psychi- sche Veränderungen bei zu betreuenden Personen wahrzunehmen und einzuordnen. Ebenso wichtig ist die Fähigkeit, pflegerische Tätigkeiten fach- und sachgerecht und unter Einbeziehung der betroffenen Person durchfüh- ren zu können. Die Pflegepersonen sollen dazu in der Lage sein, ihre Arbeit sinnvoll zu planen und zu organisieren, durchzuführen und zu bewerten. Sie müssen Entscheidungen treffen und auftretende Probleme lösen können (vgl. Heißenberger/Lauber 2012, S.75).

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Sozialkompetenz

Unter Sozialkompetenz versteht die Kultusministerkonferenz die Bereit- schaft und Fähigkeit, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten, Zu- wendungen und Spannungen zu erfassen und zu verstehen sowie sich mit anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen. Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität (ebd. 2017, S.14).

Um Pflegeprobleme und Ressourcen identifizieren zu können, benötigt die Pflegeperson neben der Fachkompetenz auch die Fähigkeit zur Empathie (Fähigkeit, die Situation aus der Sicht des Betroffenen wahrzunehmen).

Pflegepersonen stehen in sehr engem Kontakt mit den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen und sind für diese eine wichtige An- sprechperson zu fachlichen, oft aber auch sehr persönlichen Themen und Problemen. Deshalb wird der Sozialkompetenz in der Pflege eine entschei- dende Rolle zugeschrieben. Die Beratung sowie Anleitung zu gesundheits- förderndem Verhalten gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dazu benötigen Pflegepersonen nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch kommunikative Fähigkeiten. Um eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zu gewährleis- ten, sind Teamfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und Kommunikationsfä- higkeit weitere wichtige soziale Fähigkeiten (vgl. Heißenberger/Lauber 2012, S.75).

Selbstkompetenz

Die Selbstkompetenz umfasst die Bereitschaft und Fähigkeit, als individu- elle Persönlichkeit die Entwicklungschancen, Anforderungen und Ein- schränkungen in Familie, Beruf und öffentlichem Leben zu klären, zu durch- denken und zu beurteilen, eigene Begabungen zu entfalten sowie Lebens- pläne zu fassen und fortzuentwickeln (KMK 2017, S.14). Selbständigkeit, Kritikfähigkeit, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein sind genauso Teil der Selbstkompetenz, wie auch die Entwicklung durchdachter Wertvorstellungen und die selbstbestimmte Bin- dung an Werte (vgl. ebd. 2017, S.14).

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

Methodenkompetenz, kommunikative Kompetenz und Lernkompetenz Nachfolgend werden die drei Begriffe Methodenkompetenz, kommunikative Kompetenz und Lernkompetenz definiert, welche die Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz unterstützen:

Methodenkompetenz: Bereitschaft und Fähigkeit zum zielgerichte- ten, planmäßigen Vorgehen bei der Bearbeitung von Aufgaben und Problemen (zum Beispiel bei der Planung von Arbeitsschritten).

Kommunikative Kompetenz: Bereitschaft und Fähigkeit, kommuni- kative Situationen zu verstehen und zu gestalten. Hierzu gehört es, eigene Absichten und Bedürfnisse sowie die Partner wahrzunehmen, zu verstehen und darzustellen.

Lernkompetenz: Bereitschaft und Fähigkeit, Informationen über Sachverhalte und Zusammenhänge selbständig und gemeinsam mit anderen zu verstehen, auszuwerten und in gedankliche Strukturen einzuordnen (KMK 2017, S.15).

4.3 Berufliches Handeln

Heißenberger und Lauber sehen in den drei oben beschriebenen Teilkom- petenzen (Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz) die Säulen der beruflichen Handlungskompetenz. Mit deren Hilfe ist es möglich ein optimales berufli- ches Arbeiten zu erreichen. Dabei wird die Gewichtung der einzelnen Teil- gebiete von der durchzuführenden Handlung bestimmt. So spielt beim Mes- sen des Blutzuckers die fachlich-technische Fähigkeit eine große Rolle. Bei einem Beratungsgespräch hingegen stehen hauptsächlich die Sozialkom- petenzen im Vordergrund. Das heißt jedoch nicht, dass nur fachlich-techni- sche Fähigkeiten beim Blutzuckermessen benötigt werden, sondern die Be- troffenen müssen genauso über Sinn, Zweck, Notwendigkeit und Ablauf der Maßnahmen informiert sein und diese in die Pflegetätigkeit miteinbeziehen.

Ein weiteres Beispiel für das Zusammenwirken mehrerer Kompetenzen lässt sich mit der Begleitung eines Kranken auf der Palliativstation darstel-

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bezüglich Verlauf und Prognose der Erkrankung nötig. Beruflich kompeten- tes Pflegehandeln ist dann gegeben, wenn Fähigkeiten aus allen drei Teil- gebieten in die jeweilige pflegerische Handlung einfließen (vgl. Heißenber- ger/Lauber 2012, S.76f).

4.4 Die Stufen der Pflegekompetenz nach Patricia Benner

Die Brüder Stuart (Mathematiker und Systemanalytiker) und Hubert (Philo- soph) Dreyfus haben sich Anfang der achtziger Jahre intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was Anfängerinnen und Anfänger von Expertinnen und Experten unterscheidet und wie sich die zweiten aus den ersten entwi- ckeln. Als Ergebnis ihrer Studien veröffentlichten sie ein Modell eines Ent- wicklungsprozesses über fünf Stufen. Dieses Modell wurde von Patricia Benner aufgegriffen und als Grundlage für ihr Stufenmodell zur Erlangung von Pflegekompetenz genutzt (vgl. Benner 2012, S. 21).

Dem Modell zufolge durchlaufen Lernende fünf Stufen, um Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben und zu vertiefen. Dabei ändern sich nicht nur ihre Handlungen, sondern auch drei grundlegende Aspekte der Leistungsfähig- keit:

1. Es vollzieht sich eine Veränderung weg vom Befolgen abstrakter Grundsätze hin zum paradigmatischen Rückgriff auf konkrete Erfah- rungen.

2. Die Lernenden verändern ihre Wahrnehmung bezüglich situativer Handlungen, indem sie erkennen, dass Situationen nicht nur aus gleichwertigen Einzelteilen bestehen. Sie erkennen beim Betrachten einer ganzheitlichen Situation, dass nur bestimmte Aspekte wichtig sind.

3. Die beobachtende Funktion der Lernenden nähert sich immer weiter der Funktion des engagierten Handelns an. Die Rolle der Lernenden ist nicht mehr passiv, sondern aktiv und sie steht nicht mehr außer- halb der Situation, sondern innerhalb dieser (vgl. ebd. 2012, S.57).

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Kompetenzerwerbsstufen nach Benner näher beschrieben:

Stufe 1: Anfängerin / Anfänger

Anfängerinnen und Anfänger können aufgrund ihres Ausbildungsstandes bzw. ihrer Erfahrungen in pflegerischen Situationen noch nicht aktiv werden.

Sie wissen wenig über die größeren Zusammenhänge, die sie gerade in Lehrbüchern gelernt haben. Das für Anfängerinnen und Anfänger typische regelgeleitete Verhalten ist noch sehr eingeschränkt und unflexibel. Es fehlt die objektive Entscheidungsfähigkeit, welche Aufgabe in einer realen Situation die dringlichste ist. Sie arbeiten mit objektiven Attributen der Pati- entinnen und Patienten. Objektive Attribute sind z. B. Blutdruck, Puls, Temperatur, Gewicht, Flüssigkeitsaufnahme und -ausscheidung und an- dere objektivierbare Zustände eines zu Pflegenden. Es handelt sich dabei um Zustände, die ohne Erfahrung erkannt werden können.

Unerfahrene Pflegende sind sehr stark an Regeln gebunden. Sie benötigen diese Regeln, um ihr Verhalten danach ausrichten zu können. Das Befolgen von Regeln steht den Lernenden jedoch oft im Weg, wenn sie in gewisse Situationen eingreifen möchten. Denn Regeln alleine können einem nicht immer sagen, welche Prioritäten und Handlungen in gewissen Situationen gesetzt werden müssen. Lernende sind normalerweise sehr unerfahren, wenn sie das erste Mal den Bereich der klinischen Praxis betreten. Sie erkennen oft die größeren Zusammenhänge nicht und können ihr theoreti- sches Wissen, welches sie aus den Lehrbüchern haben, nicht in die Praxis transferieren. Um höhere Stufen zu erreichen, benötigen Neulinge unter anderem mehr Erfahrung mit realen Situationen, um Regeln und Situations- aspekte miteinander verknüpfen zu können.

Nicht nur Schülerinnen und Schüler befinden sich auf der Stufe der Anfän- gerin oder des Anfängers. Auch jede Pflegeperson, die in ein neues klini- sches Gebiet wechselt, befindet sich wieder auf der Anfängerstufe. Sie muss sich erst einmal mit der neuen „Materie“ vertraut machen und sich in

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ihre neue Arbeitswelt einleben. Eine Expertin im Bereich der Erwachsenen- intensivpflege zum Beispiel wäre wieder auf der Stufe der Anfängerin, wenn sie sich auf eine Intensivstation für Neugeborene versetzen lassen würde.

(vgl. Benner 2012, S.63f).

Stufe 2: Fortgeschrittene Anfängerin / fortgeschrittener Anfänger Fortgeschrittene Anfängerinnen und Anfänger erfüllen bereits gewisse Min- destanforderungen, sodass sie einzelne situative Bestandteile identifizieren und danach handeln können. Die kontextfreien Fähigkeiten und Fertigkei- ten, welche sie als Anfängerin und Anfänger erlernt haben, müssen nun über die Erfahrungen mit realen Situationen in Zusammenhang gebracht werden. Sie nehmen in Situationen viele Einzelheiten wahr, wobei wieder- kehrende Bestandteile einer typischen Situation erkannt und eingeordnet werden können. Es fehlt allerdings noch das Gespür für das Wesentliche.

Sowohl Anfängerinnen und Anfänger als auch fortgeschrittene Anfängerin- nen und fortgeschrittene Anfänger können nur einen kleinen Teil der Situa- tion erfassen, da alles noch neu und fremd ist. Sie sind ebenfalls noch nicht in der Lage, Prioritäten zu setzen. Es fällt ihnen schwer, sofern sie die ein- zelnen Aspekte schon identifizieren können, diese in ein Verhältnis zuei- nander zu bringen und im Ganzen zu beurteilen. Daraus ergibt sich die Not- wendigkeit, dass auch fortgeschrittene Anfängerinnen und Anfänger in klinischen Situationen Unterstützung von erfahrenen Pflegepersonen benö- tigen. Um höhere Stufen zu erreichen, erscheint es hilfreich, fortgeschritte- nen Anfängerinnen und Anfängern Gelegenheiten zu bieten, Handlungsvor- schriften selbst zu formulieren, sowie sie beim Erkennen und Unterscheiden von Situationsaspekten und beim Setzen von Prioritäten anzuleiten. (vgl.

ebd. 2012, S.64f).

Stufe 3: Kompetente Pflegende

Von einer kompetenten Pflegeperson wird laut Benner gesprochen, wenn diese etwa zwei bis drei Jahre im gleichen oder in einem ähnlichen Berufs-

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

feld arbeitet. Sie hat die Möglichkeit, ihre Handlungen längerfristig einzu- üben und ihre zu Beginn der Berufskarriere gesetzten Ziele zu erreichen.

Sie erkennt in gewissen Situationen, welche Aspekte wichtig sind bzw. ver- nachlässigt werden können. Die kompetente Pflegeperson entwickelt nach der oben genannten Zeitspanne eine eigene Problemlösungsstrategie und kann entsprechend kompetent handeln. Sie arbeitet zwar schnell und flexi- bel, hat aber noch nicht die gleichen Kompetenzen wie eine erfahrene Pfle- geperson aufgebaut. Sie hat das Gefühl, den bevorstehenden Aufgaben gewachsen zu sein und alle Anforderungen des Berufsalltages meistern zu können. Sie ist ebenso in der Lage, ihre Arbeit zu organisieren und zu planen, um ihre Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen. Sie besitzt die Fähigkeit zur abstrakten und analytischen Betrachtung einer Problemlage und zu effizientem, organisiertem Arbeiten. Als Unterstützung, um höhere Stufen zu erreichen, könnte die Simulation von speziellen Prob- lemlagen dienen (vgl. Benner 2012, S.67).

Stufe 4: Erfahrene Pflegende

Die erfahrenen Pflegenden sind in der Lage, die Situation vor der sie ste- hen, als großes Ganzes wahrzunehmen. Sie versuchen ihr Handeln auf ein Maximum ihrer Kompetenz auszurichten, um Abweichungen vom Erwarte- ten und Normalen unmittelbar zu erfassen. Entscheidungen zu treffen, fällt ihnen sehr leicht und kostet ihnen kaum Mühe. Pflegende lernen aus Erfah- rungen, d. h. je mehr Erfahrungen sie zu einer Problematik gesammelt ha- ben, umso effizienter können sie in der nächsten ähnlichen Situation rea- gieren und agieren. Erfahrung nimmt einen großen Stellwert ein, wenn es darum geht, alle wichtigen Aspekte zu erkennen und danach zu handeln.

Situationen werden spontan begriffen und nicht mehr „nur“ durchdacht. Ler- nende auf dieser Kompetenzstufe profitieren am besten von Fallbeispielen, die ihre Fähigkeit, Situationen vollständig zu erfassen, auf die Probe stellen und ausbauen. Man gibt eine bestimmte klinische Situation vor und lässt die Lernenden ihr Verständnis der Situation schildern. Ihnen kontextfreie

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Stufe 5: Pflegeexpertinnen / Pflegeexperten

Pflegeexpertinnen und Pflegeexperten benötigen kaum noch Regeln, Maxime und Richtlinien, um in einer bestimmten Situation angemessen zu handeln. Durch ihren großen Erfahrungsschatz sind sie in der Lage, intuitiv richtig zu handeln. Sie verlieren kaum Zeit mit Alternativdiagnosen und -lösungen. Sie besitzen umfassendes Verständnis für die jeweilige Situation und handeln somit sofort. Das einzige Problem bzw. die einzige Schwierig- keit die Expertinnen und Experten häufig haben ist es, ihr Wissen in Worte zu fassen. Dieses Wissen beruht auf Erfahrungen und die daraus resultie- rende Intuition. Aber auch für sie gibt es ab und zu Situationen, mit denen sie noch keinen Kontakt hatten. In einem solchen Fall sind sie in der Regel schnell in der Lage, mit ihren analytischen Fertigkeiten alternative Prob- lemlösungsstrategien zu entwickeln und direkt zum Kern des Problems vor- zustoßen. Pflegepersonen, die die Expertinnen- bzw. Expertenstufe erreicht haben, sind meist nicht schwer zu erkennen, denn sie zeichnen sich durch ihr klinisches Urteilsvermögen und ihren Umgang mit vielschichtigen klini- schen Problemen aus. Sie sind in der Lage, ihren Kolleginnen und Kollegen beratend zur Seite zu stehen. Besonders wertvoll ist auch ihre Fähigkeit, früh klinische Veränderungen am Zustandsbild von Patientinnen und Pati- enten zu erkennen und auf die Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen hinzuweisen. Der Blick auf das „Machbare“ ist das, was erfah- rene Pflegende und Pflegeexpertinnen und -experten von kompetent Pflegenden unterscheidet. Um auch auf der höchsten Stufe noch eine posi- tive Entwicklung zu erreichen, ist ein Austausch mit anderen Expertinnen und Experten erforderlich. Auch die Übernahme von Aufgaben im Bereich der Berufsausbildung und bei der Weiterentwicklung des Berufs erscheint förderlich (vgl. Benner 2012, S.71-74).

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

4.5 Didaktische Überlegungen zur Handlungskompetenz

Nach den Ausführungen über Benners Kompetenzerwerbsmodell wird im folgenden Kapitel auf didaktische Modelle eingegangen, welche zum Er- werb von Handlungskompetenzen verhelfen können. Dazu zählen unter an- derem die „Millers Pyramide“, didaktische Methoden der Erwachsenenbil- dung und das „Cognitive Apprenticeship Modell“ (CAS).

4.5.1 Millers Pyramide

George E. Miller identifiziert vier Ebenen, die Lernende während ihres Wis- sensaufbaues durchlaufen. Diese bauen aufeinander auf und zeigen den Professionalisierungsgrad der Lernenden auf dem Weg von der Anfängerin zur Expertin bzw. vom Anfänger zum Experten. Die beiden unteren Ebenen beschreiben den Theorie- und Erkenntnisgewinn (Cognition) und die obe- ren Ebenen deren Umsetzung in die Praxis (Behaviour). Die Art und Weise der Leistungsüberprüfung orientiert sich am jeweiligen Grad der Professio- nalisierung und muss der jeweiligen Ebene entsprechen (vgl. Kleinefeld 2016, S.1).

Abbildung 3: Professionalisierungsebenen in Anlehnung an Miller

Quelle: Kleinefeld 2016, S.1

Praktisch einsetzen Begleitende Messungen, Black Boxes, Videoanalyse

Fakten/Konzepte kennen Abfragen von Grundlagen Probleme lösen

Situationsbezogene Prüfungen, Fallbeispiele

Fertigkeiten zeigen

Objective Structured Clinical Evaluation, Simulatoren, virtuelle Labore

Praxis

Theorie

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Die genauere Beschreibung dieser vier Ebenen durch Kleinefeld lässt sich sehr gut mit Beispielen aus der Pflegeausbildung ergänzen:

Knowledge (Wissen): Deklaratives Wissen bildet die Grundlage der Professionalisierung. Wissen von Fakten, Sachverhalten und Kon- zepten wird von den Lernenden reproduziert, z.B. durch Multiple- Choice-Aufgaben oder einfaches Aufzählen von Lehrinhalten. Ein Beispiel dafür kann das Wissen um Wirkung und Nebenwirkung eines Schmerzmedikamentes sein oder die Beschreibung des theo- retischen Hintergrundes des Bobath-Konzeptes.

Competence (Problemlösung): Im nächsten Schritt sollen die Ler- nenden das vorhandene Faktenwissen zur Problemlösung einsetzen können. Hier sind situationsbezogene Prüfungen oder Fallbeispiele sinnvoll, die eine angemessene Anwendung bereits gelernter Fakten überprüfen können. Ein Beispiel aus der Pflege ist die Darstellung einer Schmerzsituation einer Patientin oder eines Patienten mit der Frage, was in diesem Fall zu tun ist.

Performance (Fertigkeiten): Diese Ebene umfasst praktische Fer- tigkeiten der Lernenden. Sie bezieht sich auf erlerntes Verhalten und verlässt somit den reinen Erkenntnisbereich. Hier geht es darum, Handlungsweisen nicht nur zu beschreiben oder verstanden zu ha- ben, sondern diese gezielt in praktisches Tun umzusetzen. Möglich- keiten, um diese Fertigkeiten zu erlernen und zu üben, bieten z.B.

Skillslabs oder Simulatoren. Komplexe Pflegesituationen können an- hand von Fallbeispielen im Dritten Lernort geübt und reflektiert wer- den. Der Einsatz von Videoaufzeichnungen und deren Analyse ist hier besonders effektiv. Überprüft werden kann diese Ebene in den OSCEs. Viele pflegerische Alltagssituationen bieten sich dafür an, zum Beispiel das Legen eines Einmalkatheters, die Mobilisation ei- nes Patienten nach einem Schlaganfall bis hin zur Simulation einer Notfallsituation.

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

Action (Können): Als Experte wenden die Lernenden schließlich Wissen, Problemlösekompetenz und Fertigkeiten in der Praxis an.

Durch Beobachtung und Aufzeichnung kann dieses Verhalten be- stimmt und analysiert werden. Auf dieser Ebene kommt vor allem der Pflegepraxis große Bedeutung zu, um die Lernenden im Pflegealltag zu fördern und zu fordern (vgl. Kleinefeld 2016, S.1).

4.5.2 Erwachsenenbildung

Die Ausbildung zu einem Pflegeberuf kann frühestens mit dem 17. Lebens- jahr begonnen werden. Und auch (junge) Erwachsene, die bereits einen anderen Beruf erlernt haben, wechseln mitunter in einen Pflegeberuf. Das bedeutet, dass didaktische Methoden der Erwachsenenbildung zum Ein- satz kommen müssen, um Lehrinhalte für diese Altersgruppe spannend und attraktiv vermitteln zu können. Wichtige Prinzipien des Lernens Erwachse- ner können in der Simulation (siehe Kapitel 5) optimal genutzt werden:

• Erwachsene Lernende wollen selbstbestimmt Wissen erwerben.

Sie suchen für ein ganz bestimmtes Problem eine konkrete Lö- sung. Sie lernen besser anhand von Problemen als von Inhalten.

Die Simulation ermöglicht besser als jedes andere Medium ein Erleben von Problemen und problemorientierten Lösungen.

• Erwachsene lernen besser durch intrinsische als durch extrinsi- sche Motivation. Scheint der Inhalt der Lernaufgabe nicht sinnvoll bzw. für sie nicht relevant, entsteht rasch Desinteresse. Ebenso können die Lehrenden durch einen wertschätzenden Umgang po- sitiv Einfluss auf die Situation und auch die Motivation der Ler- nenden nehmen.

• Erwachsene wollen wissen, wozu sie etwas lernen. Unpraktikable Lösungsvorschläge kommen nicht an, z. B. wenn auf keine ver- fügbaren Ressourcen zurückgegriffen werden kann oder etwas den etablierten Abläufen widerspricht. Es soll deshalb auf Reali-

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• Das Anknüpfen an Vorwissen fördert den Lernprozess, Erfahrun- gen und Fehler bilden die Grundlage für Lernaktivitäten. Die Lern- aufgaben kommen aus dem Kontext des beruflichen Alltags und beziehen Erlebnisse der Lernenden mit ein (vgl. Knowles et al.

2005 zit. n. Meyer 2013, S.63).

4.5.3 Cognitive Apprenticeship (CAS)

Unter „Cognitive Apprenticeship“ versteht man eine interaktive Lernme- thode zwischen Lernenden und Expertinnen bzw. Experten. Es ist aus ei- nem Meister-Lehrlings-Modell hervorgegangen, das aus der klassischen Abhängigkeitsbeziehung heraustreten will und stattdessen ein wechselsei- tiges Lernen ermöglichen soll. Es unterstützt im Besonderen die Entwick- lung und Verfestigung beruflicher Handlungskompetenzen. Dazu wird der Lernprozess in sechs Phasen unterteilt:

1. Modelling: In diesem Schritt wird exemplarisch die Durchführung ei- ner Aufgabe von einer Lehrperson vorgezeigt. Sie zeigt auf, wie das Problem professionell zu lösen ist, erläutert dazu ihre Gedanken und begründet ihr Handeln.

2. Coaching: Das Coaching lässt sich als unterstützendes Begleiten beschreiben. Die Lehrperson beobachtet die Studierenden, wäh- rend diese selbst die Aufgabe durchführen. Sie gibt individuelle Hil- festellung und Feedback und übernimmt bei Bedarf Teilhandlungen.

3. Scaffolding und Fading: Die Lehrperson unterstützt nur noch gezielt.

Sie baut für die Studierenden ein sogenanntes Gerüst, indem sie zusätzliche Raster oder Strukturen zeigt, gezielte Fragen stellt und die Lernenden bei Unsicherheiten in ihrem Tun bestärkt. Sie zieht sich immer mehr zurück und reduziert ihre Hilfestellung.

4. Articulation: In diesem Schritt ermutigt die Lehrperson die Studie- renden dazu, ihr Denken und Wissen zu verbalisieren. Diese be- gründen ihr Handeln, sprechen über Beobachtungen und mögliche Varianten der Problemlösung.

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Kompetenzerwerb in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

5. Reflection: Die Lehrperson regt die Studierenden an, ihr eigenes Handeln zu überdenken und mit dem Vorgehen von Kolleginnen und Kollegen und dem der Expertin oder des Experten zu vergleichen.

6. Exploration: In dieser Phase werden die Studierenden an eigene Problemlösungsprozesse herangeführt. Die Lehrperson schafft Rahmenbedingungen, die zur Weiterentwicklung anregen, die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit fördern und den Praxis- transfer ermöglichen (vgl. Schröder 2011, S.56-58).

Das Cognitive Apprenticeship-Modell wurde im Schweizer Lehrplan für die Kantone Aarau, Bern und Zürich mit der Skillslab-Methode zusammenge- führt, um komplexe Handlungsabläufe zu erlernen. Die Skillslab-Methode wird in Kapitel 5.2.3 näher beschrieben. Abbildung 4 zeigt eine schemati- sche Darstellung der einzelnen Schritte dieses integrativen Modells. Es ver- deutlicht, wie beide Lernstrategien ineinandergreifen (vgl. Jenni-Zullinger/

Schlegel 2012, S.137f).

Abbildung 4: Integratives Modell von Skillslab und CAS

Quelle: Jenni-Zullinger/Schlegel 2012, S.138

Referenzen

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