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Wie kam es zu Hexenprozessen?

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Academic year: 2022

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Wie kam es zu Hexenprozessen?

eine Facharbeit der Bildungspartnerschaft Brilon

Maike Vogel

Gymnasium Petrinum Brilon LK Geschichte Herr Thüer

Schuljahr 2020/2021

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2 Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Einführung in die Fragestellung Kapitel 2: Die Gründe für Hexenprozesse Kapitel 2.1. Anklage und Verhaftung Kapitel 2.2. Verhör und Hexenprobe

Kapitel 2.3. Geständnis, Besagung, Verurteilung und Hinrichtung

Kapitel 3: Die Gründe und Hergänge am Beispiel Anna Amalia Muschel im Jahr 1684 Kapitel 3.1. Anklage und Verhaftung

Kapitel 3.2 Verhör und Geständnis

Kapitel 3.3 Besagung, Verurteilung und Hinrichtung Kapitel 4: Fazit

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3 Kapitel 1: Einführung in die Fragestellung

Den Glauben an höhere Mächte gab es schon immer, egal welche Konfession die Menschen hatten. Sie suchten nach einer Erklärung für die Welt und die Wunder die dort geschehen. Bereits in der Antike glaubte man an Dämonen und andere Zwischenwesen. Damals wurden die Verbrechen zwar schon teilweise mit dem Tod bestraft, zur Hexenverfolgung kam es allerdings noch nicht.1

Ab der frühen Neuzeit wurde der Glauben an Magie und Hexerei immer stärker, vor allem beim einfachen Volk war der Glaube sehr verbreitet. Die frühe Neuzeit war also die Zeit der Hexenverfolgung. Die Kirche lehnte zunächst den Gedanken an Hexen ab. Den Grundstein für die spätere Massenvernichtung setzte der Kirchentheoretiker Thomas von Aquin zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Er stellte die These auf, dass Magie möglich war, allerdings nur in Zusammenarbeit mit dem Teufel. Zwei Jahrhunderte später wurde ein Konzil in Basel (1431- 1449) einberufen. Dieses Konzil befasste sich unter anderem mit einer neuen Definition für den Hexenglauben.

Der Beruf des Inquisitors wurde geschaffen. Deren Aufgabe war es, in der Gesellschaft aufzupassen und mögliche Hexen und Hexer aufzuspüren. 1484 unterschrieb der amtierende Papst Innozenz VIII (1432-1492) ein Papier von Heinrich Kramer. Diese sogenannte „Hexenbulle“ legalisierte die Hexenverfolgung durch die Inquisitoren, ausgehend von der katholischen Kirche.

1487 veröffentlichte Heinrich Kramer das Buch „Hexenhammer“.2 Zunächst war es nur in lateinischer Sprache erhältlich und damit nur für Gelehrte verständlich. Aufgrund des hohen Interesses wurde das Buch dann in weitere Sprachen übersetzt. Das Buch diente „als Anleitung zur Überführung und Verurteilung von vermeintlichen Hexen“.3

„Der Inquisitor sät gezielt Angst und Misstrauen in der Bevölkerung“.4 Alles, was einem verdächtig vorkam, musste gemeldet werden. So kam es dann, dass häufig Unschuldige verhaftet wurden, die lediglich nicht der Norm entsprochen, oder sich anders als der Rest verhalten haben. Da das Wissen über Medizin und Krankheiten noch nicht so weit verbreitet war, wurde auch oft Massensterben von Tieren einer Person angehängt. Den Gedanken, dass es z. B. einfach eine Schweinepest sein konnte, die sich schnell ausbreitet, gab es damals noch nicht.

Wenn man heute an eine Hexe denkt, kommt einem wahrscheinlich das Bild einer älteren Frau, die im Wald lebt, in den Sinn. Das hat mit der damaligen Situation aber kaum etwas zu tun. Neben den rund 60.000 Frauen, die der Verfolgung in Europa zum Opfer fielen5, wurden auch Männer und teilweise auch Kinder der Hexerei

1 Aufmolk, Tobias: Hexenverfolgung https://www.planetwissen.de/geschichte/neuzeit/hexenverfolgung/

pwwbhexenverfolgung100.html Stand: 09.04.2020, 16:50, (abgerufen am: 08.04.2021).

2 Institoris, Heinrich; Sprenger, Jakob: Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum). Hrsg. Schmidt, J.W.R., 13 Aufl., München: Deutscher Taschenbuchverlag 1997.

3 Aufmolk, Tobias: Hexenverfolgung https://www.planet-

wissen.de/geschichte/neuzeit/hexenverfolgung/pwwbhexenverfolgung100.html Stand: 09.04.2020, 16:50, (abgerufen am:

09.04.2021).

4 (Drotschmann, Mirko (2020) Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]: ZDF).

5 Vergl. (Terra X (2017) Wie kam es zur Hexenverfolgung? [Terra X]: ZDF.

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beschuldigt und deswegen verhaftet. Die Hexenverfolgung nahm so ein großes Ausmaß an, weil die Angeklagten beim Prozess noch bis zu 30 weitere Namen von potentiellen Hexen und Hexern nannten. In Deutschland nahm die Hexenverfolgung das größte Ausmaß an. Hier starben insgesamt etwa 25.000 Menschen aufgrund von Hexenverfolgung.6 Etwa 80% der Opfer waren Frauen.7

Kapitel 2: Die Gründe für Hexenprozesse 2.1. Anklage und Verhaftung

Jeder Hexenprozess begann mit einer Anklage. Bevor es allerdings zur Verhaftung kam, litt die Person oft schon jahrelang unter Misstrauen und Skepsis ihr gegenüber. Es reichte die Aussage einer Person, um eine andere anzuklagen. Dabei war der Rang der Person in der Gesellschaft, die die Aussage traf, nicht von Bedeutung, weil erstmal alle Aussagen als richtig anerkannt wurden. Die Gründe, warum jemand einen der Hexerei beschuldigt, waren oft subjektiv. Häufige Faktoren waren Neid und Missgunst der angeklagten Person gegenüber. Aber auch der Wunsch nach Bereicherung spielte eine große Rolle bei der Anklage. Wenn Frauen oder Männer unter geistigen oder körperlichen Behinderungen litten, wurden sie oft für vom Teufel besessen gehalten. Abgesehen von den persönlichen Differenzen waren auch Faktoren wie Klima und Aberglaube Gründe für Anklagen. Um sich gegen Hexerei zu schützen, entwickelten sich Rituale in der Bevölkerung. Es war typisch, Lochsteine an seine Tür zu hängen und zusätzlich noch Spalten in den Türen mit Zetteln, welche mit Hexagrammen versehen waren, zu verschließen. Viele Menschen trugen auch zusätzliche Amulette bei sich, um sich gegen dunkle Magie zu schützen. All diesen Sachen wurden positive magische Kräfte zugesprochen.

Hexerei galt als Verbrechen und wurde genauso hart bestraft wie Mord, Brandstiftung oder Diebstahl. Allerdings wurde nur schwarze Magie bestraft. Schadenszauber waren verboten, positive Zauber oder Abwehrzauber, wie die Hexagramme, wurden toleriert8 Die „Teufelsbuhlschaft“ galt als fester Bestandteil bis ins 18. Jahrhundert.9 Wenn es dann zur Verhaftung kam, wurden den Frauen die langen Harre abgeschnitten. Lange Haare standen für den Besitz von übernatürlichen Kräften. Außerdem wurden die Haare abgeschnitten, damit sie nicht als Zaubermittel verwendet werden konnten. Oft wurden auch Muttermale, auch Hexenmale genannt, überprüft, da sie als Stempel vom Teufel auf seine Opfer galten. Bei der Überprüfung wurde mit einer Nadel in die Muttermale gestochen. Wenn kein Blut fließt, so glaubte man, war es ein Stempel vom Teufel. Beim Verhör trugen die Angeklagten sogenannte „Hexenhemden“. Ihnen wurde ihre Kleidung weggenommen und einfache gegeben, damit die Richter ausschließen konnten, dass sich Zaubermittel in den Nähten der eigenen Kleidung befanden.

Da es noch keine richtigen Gefängnisse gab, wurden die Angeklagten oft in Kellern von Rathäusern oder Türmen gefangen gehalten. Da die Angst vor dem Teufel so groß war, wurden selbst die Schlüssellöcher zu den Zimmern ausgestopft, sodass der Teufel keine Chance hatte mit der vermeintlichen Hexe Kontakt aufzunehmen.

6 Drotschmann, Mirko (2020). Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]: ZDF).

7 Aufmolk, Tobias: Hexenverfolgung https://www.planet- wissen.de/geschichte/neuzeit/hexenverfolgung/

pwwbhexenverfolgung100.html Stand: 09.04.2020, 16:50, (abgerufen am: 10.04.2021).

8 Drotschmann, Mirko (2020) Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]: ZDF (Minute 9:21.

9 Drotschmann, Mirko (2020) Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]: ZDF).

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5 2.2. Verhör und Hexenprobe

Das Verhör und die Hexenproben ließen keine Chance zu, dem Prozess zu entgehen. Meistens konnte das Verhör in drei Schritte eingeteilt werden;

1. Die gütliche Befragung:

Im ersten Schritt wurde der oder die Angeklagte vom Hexenrichter detailliert nach der Teufelsbuhlschaft, also der physischen Verbindung zwischen Teufel und Hexe, oder nach Zauberei befragt.10

2. Territion:

Wenn der oder die Angeklagte bei der gütlichen Befragung noch kein Geständnis ablegte, wurde der zweite Schritt eingeleitet. Hierbei wurden der Person die Foltergeräte gezeigt, teilweise auch schon angelegt, aber ohne Schmerzen zu verursachen, die sie im dritten Schritt erwarten würde. Territion gilt vor allem der Einschüchterung der Beschuldigten.

3. Peinliche Befragung:

Wenn die gütliche Befragung und das Zeigen der Folterinstrumente die oder den Beschuldigten noch immer nicht zu einem Geständnis gebracht hatte, kam es zur peinlichen Befragung. Die peinliche Befragung ist lediglich ein anderes Wort für Folter. Sie war das letzte Mittel um ein Geständnis zu erreichen.11

Hexenprozesse waren „crimen exceptum“ (Ausnahmeverbrechen). Deswegen galten Schutzvorschriften, wie die Regel, dass Folter nur drei Mal durchgeführt werden darf und insgesamt nicht länger als eine Stunde dauern durfte, häufig nicht. Bei anderen Verbrechen wurde der oder die Angeklagte, wenn sie nach der dritten Durchführung von Folter noch immer kein Geständnis abgelegt hat, freigesprochen. Heinrich Kramer forderte in seinem Buch „Hexenhammer“ sogar dazu auf, die Folterung ohne neue Erkenntnisse hinsichtlich des Hexenprozesses, als Zeichen für die Fortsetzung der Folter zu sehen.12

Hexenproben, auch „Gottesurteil“ genannt, sind neben der Folter weitere Methoden um herauszufinden, ob es sich bei jemanden um eine Hexe handelt oder nicht. Hexenproben heißen deshalb auch Gottesurteil, weil geglaubt wurde, dass die Unschuld nur durch ein Zeichen Gottes bewiesen werden kann.13 Wurden die Hexenproben geschafft, so glaubte man, musste die Person Hilfe vom Teufel gehabt haben.

10 Deutschland im Mittelalter: Ablauf eines Hexenprozesses https://deutschland-im-mittelalter.de/Hexenverfolgung/Ablauf- Hexenprozesse Stand: 2020 (abgerufen am 10.04.2021).

11 Vergl. Deutschland im Mittelalter: Ablauf eines Hexenprozesses https://deutschland-im-mittelalter.de/Hexenverfolgung/Ablauf- Hexenprozesse Stand: 2020 (abgerufen am 09.04.2021).

12 Vergl. Institoris, Heinrich; Sprenger, Jakob: Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum). Hrsg. Schmidt, J.W.R., 13 Aufl., München:

Deutscher Taschenbuchverlag 1997.

13 Das Hexenbad e.V.: Die Hexenproben. https://das-hexenbad.beepworld.de/info-hexenproben.htm Stand: 15. 01.2015, (abgerufen am: 09.04.2021).

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Zu den bekanntesten Hexenproben gehört die Wasserprobe. Dabei muss man zwischen der Wasserprobe mit heißem Wasser und der Wasserprobe mit kaltem Wasser unterscheiden. Bei der Kaltwasserprobe (indicium aquae) wurde die Person gefesselt und in kaltes Wasser geworfen. Wenn die Person nicht unter ging und an der Wasseroberfläche schwimmen konnte, weil das Wasser sie nicht aufnehmen konnte, so wurde sie für schuldig erklärt.14

Bei der Heißwasserprobe, auch Kesselfang (iudicium aquae ferventis) genannt, war die Aufgabe, aus einem Kessel mit kochendem Wasser einen Gegenstand, z. B. einen Stein heraus zu holen. Die Hand war dabei nicht geschützt, sodass sich die auf die Probe gestellte Person auf jeden Fall Verbrennungen zuzog. Danach wurde der verbrühte Arm verarztet und nach einigen Tagen untersucht. War der Arm unverletzt, so wurde die Person für unschuldig erklärt und freigesprochen.15

Eine weitere Hexenprobe war die „Wägeprobe“. Bei dieser Hexenprobe wurden die Angeklagten gewogen, um festzustellen, ob sie unterdurchschnittlich leicht waren. Hierbei durften sie nichts anderes als ein Hemd tragen, um das Gewicht nicht zu verfälschen oder sich mit Zusatzgewicht zu erschweren. Es wurde davon ausgegangen, dass Hexen leicht sein müssen, um auf ihren Besen fliegen zu können.

2.3. Geständnis, Besagung, Verurteilung und Hinrichtung

Der fünfte typische Punkt bei Hexenprozessen war das Geständnis. Niemand durfte verurteilt werden, ohne ein Geständnis abgelegt zu haben. „Im Rechtsverständnis der Zeit zählte nur das Geständnis.“16 Da bei Hexenprozessen die Schutzvorschriften der damaligen Zeit nicht galten, konnte in den meisten Fällen während der Folter mit einem Geständnis gerechnet werden, ob es nun der Wahrheit entsprach oder nicht.

Wenn der oder die Beschuldigte das Geständnis abgelegt hatte, wurde häufig unter erneuter Folter versucht, bei der Besagung noch viele andere Namen von Hexen und Magiern zu erfahren. Wenn eine Frau beispielsweise angeklagt wurde, an Hexensabbaten teilgenommen zu haben, musste sie bei der Besagung alle Namen der weiteren Anwesenden nennen. Meistens wurden um die 30 weitere Namen genannt, manchmal aber auch bis zu 100.17 Aufgrund dieser Besagungen entstanden Kettenprozesse, das heißt, nach jeder Anklage gab es im Durchschnitt 30 weitere Anklagen und so nahmen die Hexenprozesse ihren Lauf.

Bekamen die Hexenrichter keine weiteren Namen genannt, wurde das Verfahren der Verurteilung eingeleitet. Bei der Verurteilung wurde die Todesart entschieden. Bei Hexen war das in den meisten Fällen der Feuertod auf dem Scheiterhaufen, manchmal wurden sie aber auch gehängt oder ertränkt. Der Feuertod „sollte die vom Teufel besessene Seele reinigen“.18

14 Schels, Peter Carl August: https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Gottesurteil Stand: 13.09.2010, 11:14 (abgerufen am:

09.04.2021).

15 Erler, Adalbert: Handbuch der Deutschen Rechtsgeschichte, Band 2, Berlin 1978, Spalte 707/08

16 Grabuschnig, Ralf: Hexenprozesse: Woher kamen sie und wie liefen sie ab? https://ralfgrabuschnig.com/hexenprozesse-geschichte/

Stand: 18.11.2019 (abgerufen am 09.04.2021).

17 Drotschmann, Mirko (2020) Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]: ZDF.

18 Zitat: Genesis, Marita: Strafe für Mord und Unzucht: So grausam richteten unsere Vorfahren

https://www.focus.de/wissen/experten/genesis/tod-auf-dem-scheiterhaufen-strafe-fuer-mord-und-unzucht-so-grausam-richteten- unsere-vorfahren_id_5357478.html Stand: 09.01.2017, 11:36 (abgerufen am 10.04.2021).

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Ein typischer Ort der Hinrichtung war der Marktplatz, also ein öffentlicher Ort. Zu den Hinrichtungen musste sich die gesamte Dorfgemeinschaft versammeln und die Hinrichtung mit ansehen. Das diente als Abschreckung.19 Der Ablauf der Hinrichtung begann damit, dass der oder die Angeklagte vom Scharfrichter, meistens mit Eisenketten, stehend an eine Leiter oder einen Pfahl gefesselt wurde. Um die Person wurde dann der bereits errichtete Scheiterhaufen angezündet. Teilweise wurden auch mehrere Hexen an einen Pfahl befestigt und gleichzeitig verbrannt. Manchmal wurden die Hexen als „Akt der Gnade“20 schon vor dem Verbrennen getötet.

Das geschah in kleinen Hütten aus Holz, die entweder neben oder auf dem Scheiterhaufen errichtet worden waren. In ihnen wurden sie dann, hinter den Augen des Volkes, erdrosselt oder erstickt. Eine andere Art war, dass extra noch nasses oder grünes Holz beim Errichten des Scheiterhaufens genutzt wurde, damit mehr Rauch entstehen konnte und die Gefesselten daran ersticken, anstatt an den Verbrennungen zu sterben. Obwohl die Hexen dann schon gestorben waren, wurden ihre Körper dennoch zu Ende verbrannt, damit das Böse vollkommen aus ihren Körpern ausgetrieben werden konnte und der Teufel nicht in ihnen weiterleben kann.21

Kapitel 3: Die Gründe und Hergänge am Beispiel Anna Amalia Muschel im Jahr 1684 3.1. Anklage und Verhaftung

Der Prozess der Anna Amalia Muschel gehört zu den späteren Briloner Hexenprozessen. Bereits Ende des 16.

Jahrhunderts gab es in Brilon Verhaftungen, weil Personen der Zauberei beschuldigt wurden.22 Der Prozess begann am 13. August 1684 und dauerte etwa einen Monat. Anna Amalia Muschel war eine ältere Frau und zur Zeit des Verhörs bereits das zweite Mal verheiratet, weil ihr erster Mann, Dachdecker Heinrich Bachs, bereits verstorben war. Der Name ihres zweiten Mannes war Martin Rheman. Er brachte, genau wie Anna Muschel, Kinder aus der ersten Ehe mit in die neue Ehe. Aus der Quelle wird nicht ersichtlich, wann oder wo Anna Muschel geboren wurde, wann die zweite Eheschließung stattfand oder wo sie in Brilon wohnte. Der Gerichtsschreiber in Brilon war im Fall Muschel Dr. Ludwig Laer, welcher 1690 als Bürgermeister amtierte.23

Gegen Anna Amalia Muschel gab es insgesamt diese neun Anklagepunkte24:

1. wahr daß über all berüchtiget daß sie Zaubern könne, undt davon ins gemein ein gerüchte undt gestraiche

19 Drotschmann, Mirko (2020) Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]: ZDF.

20 Genesis, Marita: Strafe für Mord und Unzucht: So grausam richteten unsere Vorfahren

https://www.focus.de/wissen/experten/genesis/tod-auf-dem-scheiterhaufen-strafe-fuer-mord-und-unzucht-so-grausam- richteten-unsere-vorfahren_id_5357478.html Stand: 09.01.2017, 11:36 (abgerufen am 10.04.2021).

21 Genesis, Marita: Strafe für Mord und Unzucht: So grausam richteten unsere Vorfahren

https://www.focus.de/wissen/experten/genesis/tod-auf-dem-scheiterhaufen-strafe-fuer-mord-und-unzucht-so-grausam- richteten-unsere-vorfahren_id_5357478.html Stand: 09.01.2017, 11:36 (abgerufen am 10.04.2021).

22 Rainer Decker: Die Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen. Forschungsstand, Quellenlage und Zielsetzung. In:

Westfälische Zeitschrift Nr. 132/133. 1981/82. S. 341 f.

23 zur Liste der Bürgermeister siehe: Müller, Magnus: 750 Jahre Stadt Brilon. 1220 bis 1970. Hg. V. Stadt Brilon. Brilon 1970.

S. 87.

24 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 2v-3r.

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2. war daß sie auch eine solche Persohn von bosen gerücht ist, daß man sich deß bosen Zauberey lasters zu ihr wohl und kuhnlich versehen moge

3. Daß sie von Kindt aud bey ihren groß Vattern und groß Mutter, weclhe beyde in der stadt Brilon von bosen gerüchte der Zauberey halber geweßen, undt über all da für gehalten worden, alle zeit geweßen undt aufgezogen worden

4. gestalt auch wahr ist, daß sie damit beruchtiget, auch dar für gehalten wirdt, daß sie durch Zauberey so Viell gemacht undt gethan daß die Bigger Hütten außgegangen undt daß feÜr außgeloschet

5. Wahr daß ihr auch von deß Jürgen Ckußmans fall von der Kirchen zum Scharfenberg mit bewußt undt schuldig

6. wahr das sie auch vielmahlen zuvor eine Zauberinen und Hexe gescholten worden, aber dazu still geschwiegen undt zu recht sich nit verthatiget hatt

7. wie dan wahr zum siebenden daß Jorgen Becker ein pferdt bezauberet undt zu gleich darauf gestorben.

8. Wahr daß auch unterschiedlichen von anderen Zaubern der Zauberey halber besagt

9. wahr daß auch auf den teüfelischen Zusamenkünften undt nachtäntzen mit Zaubernscher geseltschaft gewesen undt mit ihrem buel geist unzüchtige werck gehabt

Die Gründe für die Anklage finden sich, bei Anna wieder.25 Die Anklagepunkte steigerten sich von Punkt zu Punkt.

Bei den ersten beiden Anklagepunkten wird erstmal nur von Gerüchten gesprochen, dass sie zaubern könne und über die böse Zauberei im Vertrauen ist.26 Die Gerüchte entstanden wahrscheinlich durch Streit mit anderen Mitbürgern, wodurch dann ihr schlechter Ruf in Brilon entstand. Die Auslöser für die Gerüchte könne, Neid und Missgunst ihr gegenüber gewesen sein.27

Beim dritten Anklagepunkt wird Anna Amalia Muschel vorgeworfen, dass bereits ihre Großeltern mit der Zauberei vertraut waren. Da Anna Amalia von ihren Großeltern aufgezogen wurde, ging der Verdacht, dass auch sie eine Hexe sei und mit dem Teufel zusammenarbeite, auf sie über. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Kinder von Anna Amalia Muschel später ebenfalls angeklagt wurden, mit der Beschuldigung, von ihren Vorfahren gelernt zu haben.

Ihre Stieftochter Johanna Rheman, zu dem Zeitpunkt 25 Jahre alt und mit Johan Rautenburg verheiratet, erwähnte, dass sie ihren Vater bereits des Öfteren vor Anna Amalia Muschel gewarnt habe, da sie Verdacht gegen sie schöpfte und ihr gegenüber ein schlechtes Gefühl hatte. Unter anderem fragte sie ihren Vater vor der Hochzeit,

„waß er mit der Hexen thun wolle“.28 Die gegenseitige Beschuldigung innerhalb der Familie ist bei Hexenprozessen typisch gewesen und zeigt, wie viel Misstrauen aufgrund von Angst gegenüber schwarzer Magie und Zauberei in der frühen Neuzeit herrschte. Die Uneinigkeiten und Unstimmigkeiten zwischen Anna Amalia Muschel und ihrer Stieftochter kann man nur vermuten, da sie aus dem Protokoll nicht hervor gehen. Die andere Person die Anna beschuldigte war Jürgen Becker. Im Verlauf der Anhörung bestätigte er, „eß seye lange zeit in

25 Siehe Kapitel 2.

26 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 2v).

27 Siehe Kapitel 2.1.

28 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 4v.

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gemein gerüchte gewesen, daß sie zaubern könne“.29 Anna Amalia Muschel schien eine mutige Frau gewesen zu sein, denn sie sagte „die leute mögen ihr vorkommen undt ins ansicht sagen“, also, dass alle Zeugen ihre Aussage vor ihren Augen treffen und ihr ihre Beschuldigungen ins Gesicht sagen sollen.30

Die beiden Beschuldigungen sind zwar erstmal nicht aussagekräftig, jedoch ging aus den landesfürstlichen Bedingungen hervor, dass zwei voneinander unabhängige Zeugen die Gerüchte bestätigen und damit diese Strafprozesse verhängen können.31 Die Beziehung der Kläger gegenüber der Angeklagten waren bei der Anklage irrelevant.

Beim vierten Punkt wird ihr die Fähigkeit zugesprochen, dass Feuer der Bigger Hütten ausgelöscht zu haben. Hier ist es nicht ganz klar ob, es sich bei den Bigger Hütten um normal bewohnbare Hütten der Einwohner handelt, oder ob Produktionsstätten der Montanindustrie gemeint sind. Die Produktionsstätten waren Eisenhütten, welche durch die umliegenden Feuer beheizt wurden. Welche der beiden Deutungen nun richtig ist, ist für die Anklage irrelevant, weil nur die Tatsache, dass sie Wetterzauber ausgeführt haben könnte, wichtig für den weiteren Verlauf ist. Die Behauptung, jemand könnte Wetterzauber ausführen, findet sich wie in Kapitel zwei beschrieben, auch bei Anna in diesem Anklagepunkt wieder. Aufgrund dieses Anklagepunktes wird sie auch für die Ungezieferplage verantwortlich gemacht.

„deß Montags nachts aum general danntze bey dem Heiger throm, wurden sie von dem Teufel angeführt undt ihnen sachen gegeben um alles zu verhegen undt zu verderben mit machung raupen, meusen, schungall leuse undt andere allerhand [ungeziehfer]“32

Laut Anklage soll Anna vom Teufel Eier bekommen zu haben, aus denen dann die verschieden Ungezieferarten schlüpfen können. Die Aufgabe der Hexe war es daraufhin die Eier auf den umliegenden Feldern zu verteilen.

„dieselbe Meuse in einem beutell ins feldt getragen, sie den ihrige ins streitfeldt, südfeldt undt hösterfeldt getragen, die Maria Sommer die ihrige in das Niederfeldt, sollen gegen Martini wieder sterben“33

Das Streitfeld liegt beim heutigen Ort Madfeld, welcher ca. 14 km von Brilon entfernt ist. Das Südfeld liegt zwischen dem heutigen Brilon und Olsberg, wobei das Hösterfeld wiederum in der Nähe von Rixen zu finden ist.

Punkt fünf besagt ebenfalls wie Punkt vier, dass sie Schadenszauber angewendet hat, die verboten waren. Der sechste Punkt wiederholt quasi nochmal die Anschuldigungen aus Punkt eins und zwei, dass sie eine Zauberin, bzw. eine Hexe sei. Der nächste ist wieder die Anschuldigung, dass sie einen Schadenszauber ausgeführt hat. Sie soll das Pferd von Jürgen Becker verzaubert haben, worauf es kurz darauf verstorben ist. Der achte Punkt bezieht sich unter anderem auf die Aussage von Anna Merecken. Sie selbst wurde wie Gertrud Pipenbecken der Hexerei beschuldigt und sie sagte aus, Anna Amalia Muschel auf einem Hexenplatz bei einem Treffen gesehen zu haben.34

29 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 4v.

30 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 5r.

31 Rainer Decker: Die Hexenverfolgung im Herzogtum Westfale. Forschungsstand, Quellenlage und Zielsetzung. In: Westfälische Zeitschrift Nr. 132/133. 1981/82. S. 347-349.

32 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 8v.

33 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 8v.

34 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 4r.

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Der letzte Punkt ist die schwerste Anklage gegen Anna Amalia Muschel, und zwar der Teufelspakt auf dem Hexensabbat. Im Verlauf der Anklagen lässt sich eine Art Klimax feststellen. Zuerst werden nur Gerüchte genannt, danach wird von Schadenszauber und Wettermanipulation gesprochen, daraufhin folgen die Beschuldigungen am Mord von einem Pferd und schließlich der Vorwurf der Teufelsbuhlschaft.

Drei Tage später, am 16. August 1684, wurde sie verhaftet und ins Rathaus von Brilon gebracht, wo sie immer bewacht werden konnte.

3.2 Verhör und Geständnis

Die Ratsstube war der erste Ort, wo Anna Amalia Muschel Aussagen zu den Anklagen traf. Sie selbst lehnte alle Anschuldigungen ab, denn sie sei „fromb und Ehrlich“, denn auch ihre Großeltern hätten „bey der auferziehung zu allen guten dingen gehalten“.35

Beim Verhör probiert Anna Amalia Muschel Personen zu finden, die ihre Unschuld beweisen. Dazu möchte sie einen Schieferdecker aus Paderborn auf ihre Seite bekommen, denn ihm gegenüber war sie immer freundlich gewesen. Dieser Plan scheint allerdings nicht aufzugehen, denn er wird nicht einmal im Protokoll erwähnt.

Ihr Wunsch, die Zeugen, die gegen sie aussagen persönlich zu sehen, wurde ihr erfüllt. Ebenfalls in der Ratsstube kam es dann zur Konfrontation zwischen Anna Amalia Muschel und Anna Merecken. Anna Merecken gestand in ihrem Hexenprozess unter Folter, was nach damaligem Stand als Wahrheit gewertet werden konnte. Das Zusammentreffen der beiden führte allerdings nicht zur Entlastung, da Anna Mereckens Aussage gegen die Aussage der Juristen stand. Da Anna Merecken aufgrund ihres Geständnisses den Juristen als unglaubwürdig erschien, wurde ihrer Aussage in dem Prozess keinen Glauben geschenkt. Aufgrund der Hexenordnungen war es dem Opfer kaum möglich, ohne Folter einen Prozess zu überstehen oder gar den Freispruch zu erreichen. Rainer Decker spricht hier von einer Unrechtmäßigkeit der Angeklagten während des Prozesses. Ein weiteres Paradoxon der Hexenprozesse.36

Beim Verhör wurde speziell nochmal auf den siebten Punkt der Anklage eingegangen. Anna beichtete, dass sie das Pferd von Jürgen Becker mit einer „Saat“ vom Buhlen vergiftet zu haben, indem sie es in den Futtertrog vom Pferd geworfen hat. Beim Öffnen des Tieres konnte der Besitzer im Herzen desselben Spuren von dem Gift finden.37 Mithilfe des Teufels soll Anna noch weitere Nutztiere in Brilon ermordet haben.

Am 17. August 1684, einen Tag nach dem Verhör schrieb der Gerichtsschreiber Ernst Prange „daß vor erst dieselbe mit scharfer strafe gedrewet undt dem negst befindenen dingen nach mit scharfen frage verfahren werden solle“.38 Daraufhin wurde Anna Amalia Muschel wahrscheinlich in das Briloner Siechenhaus gebracht, welches

35 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 5v.

36 Vgl. Rainer Decker: Die Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen. Forschungsstand, Quellenlage und Zielsetzung. In: Westfälische Zeitschrift Nr. 132/133. 1981/82. S. 349.

37 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 9r u. 10v.

38 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 6v.

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knapp außerhalb der Stadtmauern lag. Dieser Ort wurde vor allem als Versammlungsstätte für Kranke genutzt, allerdings wurden dort auch vermeintliche Hexen und Zauberer gefangen gehalten. Am 18. August 1684 begann die Folter, die in den Akten aber nicht beschrieben wird.

Einen Tag dauerte die Folter, bis Anna unter den quälenden Schmerzen zusammenbrach. Deswegen kam es im Laufe des 18. August 1684 erneut zu einem Verhör. Dort kam es dann auch zum Geständnis. Sie gab zu, nach dem Tod ihres ersten Mannes 1671 „von Enneckens Schweins so verstorben daß Zaubern gelernt“.39 In der Stube von Schweins soll ihr ihrer Aussage nach, zum ersten Mal der Teufel erschienen sein. Er kam als Maus und verwandelte sich daraufhin in einen Mann mit schwarzen Kleidern und Hut.40 Das optische Aussehen des Teufels ist nicht ungewöhnlich. Bereits einige Jahre zuvor, genauer gesagt 1628, wurde der Buhle von einem jungen Mann aus Alme ebenfalls mit einem schwarzen Hut und blauen Kleidern beschrieben. Das geht aus Prozessakten gegen Erling Reinecke aus Alme hervor.41 Die Begegnung mit einem Buhlen ist ein typisches Merkmal für Hexenprozesse, welches fast in jedem Fall auftrat. Der Jurist und Theologe Benedict Carpzov der Jüngere unterschied zwischen malefiz-Personen wie Anna Amalia Muschel, also eine Person die mit Hilfe des Teufels zaubert und zwischen denen, die ohne den Teufel zaubern.42. Die Vorwürfe der Teufelsbuhlschaft gab Anna auch zu. Da der Pakt mit dem Teufel durch den Feuertod auf dem Scheiterhaufen bestraft werden sollte, drohte Anna schon der qualvolle Tod.

In den Akten wird der Pakt mit dem Teufel detailliert beschrieben. Die Kontaktaufnahme geschah aufgrund des Todes ihres ersten Mannes. Damals schien sie kurz vor dem finanziellen Aus gestanden zu haben, weswegen der Buhle seine Chance ergriff. Er bot ihr seine Hilfe an, woraufhin Anna laut Gebot Gottes absagen musste. Danach soll der Teufel erst einmal gegangen sein, doch die nächsten Tage immer wieder und wieder bei ihr aufgetaucht sein.43

3.3 Besagung, Verurteilung und Hinrichtung

Da Anna dem Buhlen immer mal wieder Dienste erfüllte, lehrte er ihr im Gegenzug das Zaubern auf dem sogenannten „dantzplatz“. Das war auch der Ort, wo sie Anna Merecken getroffen haben, welche dort als Koch gearbeitet haben soll. Andere Namen die Anna Amalia Muschel noch bei der Besagung nannte, waren Maria und Catharina Sommer, sowie Trine Vogel und Johann Koch als Hexenkönigin und Hexenkönig. Es ist wahrscheinlich, dass viele der Genannten daraufhin ebenfalls an einem Hexenprozess teilnehmen mussten. Anna Amalia Muschel beschrieb das Aufeinandertreffen auf dem „dantzplatz“ folgendermaßen:

„ein jeder sitze bey seinem buhlen der Königin quenter [Johann Koch Amn. d. A.] undt die königin Vogelsche [Trine Vogel Amn. d. A.] sitzen oben an, nach gehatener mahlzeit dantzen sie wie schon bekennt, nach dem dantz sie den teufel anbetten, undt Ehren kniefälligen Ergeizen müßen, der täuffell sitze bißweilen auf einem hohen thron, daß rinken komme von lauter schneidlichen orten, nach

39 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 6v.

40 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 6v.

41 Bruns, Alfred: Amt Thülen. Geschichte und Überlieferung. Brilon 1974. S.300.

42 Carpzov, Benedict: Iurisprudentia forensis Romano-Saxonica odriem Costitutionum D. Augusti Electoris Saxoniae aus dem Jahre 1638 liegt in der ehemaligen Klosterbibliothek in Brilon vor. Vgl. Archiv Haus Hövener. Inv. Nr. GymP 2015:743. Brilon 2015.

43 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 6r.

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beschehenem tantz sie undt brgmr. Koch von Almen auf dem bruche auf den dantzplatz bier geholt, und seyn nit viell im faße geblieben.“44

Aus heutiger Sicht sind die Aussagen von Anna Amalia Muschel sehr absurd, damals wurde es aber als wahr empfunden, sodass es als Geständnis reichte und die Verurteilung eingeleitet werden konnte.

In den folgenden Tagen wurde Anna noch mehrmals der Folter ausgesetzt, damit der anwesende Hexenkommissar sicher gehen konnte, dass sie bei ihrer Aussage bleibt. Am 28. August 1684 entschied sich Anna nochmal ihre Aussage verändern zu wollen. Hätte sie Ihre Aussage geändert, hätte man wiederrum „mit scharferer frage gegen dieselbe verfahren“.45 Aus Angst vor erneuten Qualen blieb Anna dann doch bei ihrer Erstaussage und bekräftigte ihre Schuld mit den Worten:

„Diesem negst dich erklärend bey dieser undt voriger bekändtniß zu pleiben, vor dem letzten gerichte auch offentlich zu bekennen undt zu bestättigen alle begangene sünde wehren ihr von herzen leidt, undt alß wahre bußfertige Mensch ihren abschiedt zu nehmen bereit[…]“ 46(

Ende September oder Anfang Oktober 1684 wurde Anna Amalia Muschel von einem Henker vor den Toren der Stadt Brilon hingerichtet. Ob die genaue Todesursache jetzt der Scheiterhaufen war, oder ob sie anderweitig hingerichtet wurde geht aus den Akten nicht hervor und bleibt deshalb unklar.

Kapitel 4: Fazit

Hexenverfolgung hat nicht den einen bestimmten Auslöser, weswegen es schwer ist die Geschichte dahinter kurz zusammenzufassen. In der frühen Neuzeit wurde den Menschen der Gedanke, dass nicht nur Gott als Allmächtiger über die Welt bestimmen könne, sondern, dass auch Hexen, z. B. durch die Hilfe des Teufels in der Lage sind, übernatürliche Dinge zu tun, immer vertrauter. In Deutschland war mit 25.000 Toten das Ausmaß der Hexenverfolgung in Europa am größten. Hexen wurden die Sündenböcke der Neuzeit. Wenn es Seuchen gab, schlechte Ernten oder Tiere ohne erkennbaren Grund plötzlich verstarben, dann waren es die Hexen, die an all diesem schuld sein sollten. Zahlreiche unschuldige Menschen wurden der Hexerei beschuldigt. Unüberlegte Aussagen oder Misstrauen von anderen ihnen gegenüber waren häufig die Ursache für die Anklagen. Viele Menschen mussten deshalb den Feuertod auf dem Scheiterhaufen, bloßgestellt vor der gesamten Dorfgemeinschaft, erleiden. Häufig waren Frauen die Opfer, da sie aufgrund überdurchschnittlichen Wissens, u.

a. über die Natur, aus der Gesellschaft herausstachen und deshalb für Unwetter oder Brände verantwortlich gemacht wurden. Aufgrund des entstandenen Aberglaubens, verbreiteten sich Rituale in der Gesellschaft.

Hexagramme und Amulette gehörten zum Alltag und Lochsteine an Türen waren in fast jedem Haus zu sehen.

Ein Grund dafür, dass es Hexenverfolgungen über mehrere Jahrhunderte gab, könnten die Kettenprozesse sein, die durch die Besagung entstanden. Auch die Anklage der Nachfahren von vermeintlichen Hexen sorgte dafür, dass lange kein Ende der grausamen Prozesse zu sehen war.

44 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 7r.

45 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 9v.

46 Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen. Msc. VI. 266 1. Folio 11r.

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13 Literaturverzeichnis

Abbildungen:

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Aufmolk, Tobias: Hexenverfolgung: https://www.planet-

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Bruns, Alfred: Amt Thülen. Geschichte und Überlieferung. Brilon 1974.

Carpzov, Benedit: Iurisprudentia forensis Romano-Saxonica odriem Costitutionum D. Augusti Electoris Saxoniae aus dem Jahre 1638 liegt in der ehemaligen Klosterbibliothek in Brilon vor. Vgl. Archiv Haus Hövener. Inv. Nr.

GymP 2015:743. Brilon 2015.

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Decker, Rainer: Die Hexenverfolgung im Herzogtum Westfalen. Forschungsstand, Quellenlage und Zielsetzung.

In: Westfälische Zeitschrift Nr. 132/133. 1981/82.

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https://deutschland-im-mittelalter.de/Hexenverfolgung/Ablauf-Hexenprozesse Stand: 2020 (abgerufen am 10.04.2021).

Drotschmann, Mirko (2020) Eine kurze Geschichte über die Hexenverfolgung [Terra X]:ZDF.

Erler, Adalbert: Handbuch der Deutschen Rechtsgeschichte, Band 2, Berlin 1978, Spalte 707/08.

Genesis, Marita: Strafe für Mord und Unzucht: So grausam richteten unsere Vorfahren

https://www.focus.de/wissen/experten/genesis/tod-auf-dem-scheiterhaufen-strafe-fuer-mord-und-unzucht-so- grausam-richteten-unsere-vorfahren_id_5357478.html Stand: 09.01.2017, 11:36 (abgerufen am 10.04.2021).

Grabuschnig, Ralf: Hexenprozesse: Woher kamen sie und wie liefen sie ab?

https://ralfgrabuschnig.com/hexenprozesse-geschichte/ Stand: 18.11.2019 (abgerufen am 09.04.2021).

Institoris, Heinrich; Sprenger, Jakob: Der Hexenhammer (Malleus Maleficarum). Hrsg. Schmidt, J.W.R., 13 Aufl., München: Deutscher Taschenbuchverlag 1997.

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14

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Müller, Magnus: 750 Jahre Stadt Brilon. 1220 bis 1970. Hrsg. Stadt Brilon. Brilon 1970.

Schels, Peter Carl August: https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Gottesurteil Stand: 13.09.2010, 11:14 (abgerufen am: 09.04.2021).

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Referenzen

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