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14 P H A R M A K O T H E R A P I E

B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L12 05

P i o g l i t a z o n u n d d i e P R O a c t i v e - S t u d i e

Die Therapie des Diabetes mellitus zielt auf die Vermeidung vaskulärer Komplikationen.

Im Oktober erschien die „PROactive“-Studie, in der die Wirkung von Pioglitazon auf makro- vaskuläre Ereignisse untersucht wurde.

Sie liefert trotz möglicher Hinweise auf einen therapeutischen Nutzen keine Daten, die Pioglitazon als zusätzlichen Standard in der Therapie des Diabetes mellitus rechtfertigten.

Pioglitazon (Actos®) ist ein orales Antidiabe- tikum, das vermutlich über eine Aktivierung spezifischer Kernrezeptoren (peroxisome pro- liferator activated receptor-gamma, PPAR-) wirkt. Im Tiermodell führt es zu einer erhöh- ten zellulären Insulinsensitivität, reduziert die hepatische Glukosesynthese, steigert die periphere Glukoseverwertung und verbes- sert die -Zellfunktion des Pankreas.

An der prospektiven, randomisierten und plazebokontrollierten „PROactive-Studie“

(prospective pioglitazone clinical trial in macrovascular events) nahmen europaweit 5238 Patienten teil, die Studiendauer be- trug 30 Monate. Eingeschlossen wurden Typ-II-Diabetiker zwischen 35 und 75 Jah- ren (HbA1c > 6,5 Prozent), die bisher rein diätetisch oder mit oralen Antidiabetika, ggf. zusätzlich mit Insulin behandelt wur- den. Eine alleinige Insulintherapie galt als Ausschlusskriterium. Ferner sollte mindes- tens eine schwerwiegende makrovaskuläre Komplikation vorliegen: Myokardinfarkt (MI), Schlaganfall oder revaskulierende Ein- griffe an den Koronararterien innerhalb der letzten sechs Monate, ein akutes Koronar- syndrom innerhalb der letzten drei Monate vor Studieneintritt, eine durch Angiogra- phie oder Szintigraphie gesicherte Korona- rerkrankung oder eine pAVK. Ausgeschlos- sen wurden Patienten mit Typ-I-Diabetes, Herzinsuffizienz NYHA II bis IV, ischämi-

schen Ulcera, Ruheschmerz der Beine, Hä- modialyse oder mit einem um das zweiein- halbfache erhöhten GPT-Wert.

Der primäre Endpunkt setzte sich aus sieben (!) Komponenten zusammen: Morta- lität, MI (einschließlich stummem Infarkt), Schlaganfall, akutes Koronarsyndrom, Re- vaskularisierung der Koronar- oder der Beinarterien sowie Amputationen oberhalb des Sprunggelenks. Die Tagesdosis Pioglita- zon wurde in den ersten 3 Monaten auf 45 mg gesteigert, die Dosis konnte während der gesamten Laufzeit entsprechend der Klinik angepasst werden. Eine bestehende Begleitmedikation (-Blocker, Antihyper- tensiva, Diuretika, Nitrate, Fettsenker, ASS und gerinnungshemmende Mittel) sollte beibehalten bzw. optimiert werden. Die Patienten wurden regelmäßig auf Vital- zeichen, Gewicht, EKG und Laborwerte un- tersucht. Sie wurden zu möglichen uner- wünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) befragt. Besonderes Augenmerk wurde da- bei auf Symptome gelegt, die auf Hypo- glykämie, Herzinsuffizienz oder das Auftre- ten von Ödemen hinwiesen.

Die Ergebnisse waren für die Autoren ent- täuschend. Es zeichnete sich für Pioglitazon bezüglich des primären Endpunktes eine geringgradig erniedrigte Ereignisrate ab, die jedoch nicht signifikant war. Dennoch wird in der Publikation das Ergebnis der Studie positiv dargestellt. Für einen kombinierten Endpunkt, der Tod, MI und Schlaganfall be- inhaltete und als „main secondary end- point“ bezeichnet wurde, ließ sich eine sig- nifikante Verringerung der Ereignisrate erkennen. Diese Beobachtung bleibt jedoch ohne Aussagekraft, da dieser Endpunkt in der Publikation des Studien-Designs nicht erwähnt und damit offenbar post-hoc ein- geführt wurde. Ohnehin wäre die statisti- sche Signifikanz dieser Beobachtung anzu- zweifeln gewesen, da keine Adjustierung für multiples Testen erfolgte.

Eine Erklärung für das tendenziell bessere makrovaskuläre Outcome der pioglitazon- behandelten Patienten könnte ein im Me- dian 3 mmHg reduzierter systolischer Blut- druck sein. Dieser allein würde ausreichen, um Mortalität, MI oder Schlaganfall zu re- duzieren. Ob dieser Effekt auf Pioglitazon

zurückzuführen ist, kann die Studie selbst- verständlich nicht beantworten. Erstaun- licherweise erhielten am Ende der Studie nur 55 Prozent der Patienten ein Statin, ob- wohl die „Heart Protection Study“, die für Diabetiker mit Atherosklerose einen deut- lichen Vorteil für Simvastatin zeigte, noch während der „PROactive“-Studie publiziert wurde. Nur eine Subgruppenanalyse könn- te klären, welchen Einfluss eine konsequen- te Statin-Gabe auf das Outcome gehabt hätte.

Die Inzidenz von Herzinsuffizienz war unter Pioglitazon signifikant höher als unter Pla- cebo, auch wenn keine standardisierte Er- hebung dieser Nebenwirkung stattfand. Der Tod infolge Herzinsuffizienz zeigte keinen Unterschied. Ödeme traten dagegen unter Glitazon häufiger auf. Es ist schwer nach- vollziehbar, dass Herzinsuffizienz nicht als Endpunkt ausgewählt wurde, da gerade diese UAW der Glitazone diskutiert wird.

Hypoglykämische Symptome waren signifi- kant häufiger unter Pioglitazon, ent- sprechende Krankenhauseinweisung in der Tendenz ebenfalls. Insgesamt war unter Placebo bei Studienende der Bedarf an In- sulin und Metformin deutlich höher. Leber- toxische Ereignisse, wie sie für Glitazone in der Praxis bereits beobachtet wurden, tra- ten in dieser Studie nicht auf.

Als Fazit bleibt zu bedauern, dass eine solch aufwendige Studie mit über 5000 Patienten – vermutlich aufgrund falsch gewählter Zielvariablen – keine eindeutigen Antwor- ten gibt. Die durchaus interessanten Hin- weise auf eine Verringerung makrovasku- lärer Risiken durch Pioglitazon werden nicht durch statistisch signifikante Daten gestützt und dazu durch eine häufigere Herzinsuffizienz konterkariert. Auf keinen Fall unterstützen die Studiendaten die An- wendung von Pioglitazon in der Stan- dardtherapie des Diabetes mellitus. Sie be- gründen allenfalls weitere klinische Studien zu diesem Medikament.

Dr. Anne Jackisch-Riemann, Isabel Püntmann, Prof. Dr. Bernd Mühlbauer

Institut für Klinische Pharmakologie Klinikum Bremen-Mitte

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