• Keine Ergebnisse gefunden

Oberflächliche Phlebitis doch nicht so harmlos?

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Oberflächliche Phlebitis doch nicht so harmlos?"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

422

ARS MEDICI 10 2010

S T U D I E R E F E R I E R T

Eine Beobachtungsstudie hat un- tersucht, wie oft eine oberflächli- che Phlebitis der unteren Extremi- täten von einer tiefen Venenthrom- bose begleitet oder innert dreier Monate von thromboembolischen Komplikationen gefolgt wird.

ANNALS OF INTERNAL MEDICINE

Eine oberflächliche venöse Thrombose ist schmerzhaft und häufig, hat aber nach allgemeinem Verständnis eine günstige Prognose. Diese Einschätzung erfuhr jedoch eine gewisse Anpassung, seit klar wurde, dass auch diese «harm- lose» Venenaffektion von einer tiefen Ve- nenthrombose (TVT) oder Lungenem- bolie (LE) begleitet sein kann. Allerdings variieren die Schätzungen zur Häufigkeit dieser schweren Begleiterscheinungen in retrospektiven Studien ganz beträcht- lich. Eine grosse, prospektive Beobach- tungsstudie wollte hier mehr Klarheit schaffen.

Methodik

Die POST-(Prospective Observational Superficial Thrombosis)-Studie erfasste prospektiv Patienten, die von ihren Hausärzten mit Verdacht auf eine ober- flächliche Phlebitis der unteren Extremi- tät an Gefässspezialisten in freier Praxis oder in Spitälern zur Bestätigung der Diagnose mittels Kompressionsultra- schalls und zum Ausschluss einer TVT überwiesen wurden. Die Studie hatte

eine Querschnittkomponente, in der die Prävalenz einer TVT oder symptomati- schen Lungenembolie bei oberflächli- cher venöser Thrombose erfasst wurde.

Die prospektive Komponente betraf dann das bestätigte Auftreten von throm- boembolischen Komplikationen innert der folgenden 3 Monate bei Patienten mit initial isolierter oberflächlicher Phlebitis (primärer Endpunkt) sowie die Gesamt- mortalität nach 3 Monaten (sekundärer Endpunkt).

Ergebnisse

Von 211 angeschriebenen Institutionen steuerten 96 (79 private Zentren und 17 öf- fentliche Spitäler) insgesamt 844 Patien- ten bei. Das mediane Patientenalter betrug 65 Jahre, ein Viertel waren mindestens 75 Jahre alt, 28,8 Prozent waren übergewich- tig und fast zwei Drittel Frauen. Median dauerte es von den ersten Symptomen bis zur Vorstellung beim Gefässspezialisten 6 Tage. Zwei Drittel der oberflächlichen Venenthrombosen betrafen die Saphena magna. Eine Ausdehnung auf perforie- rende Venen wurde bei 13,8 Prozent der Patienten verzeichnet.

Die Angiologen bestätigten mittels geeig- neter Untersuchungen bei 24,9 Prozent der Phlebitispatientinnen und -patienten eine gleichzeitige TVT (proximale TVT:

9,7%, symptomatische LE 3,9%). Die tiefe Venenthrombose war bei 41,9 Pro- zent nicht in direkter anatomischer Be zie - hung zur oberflächlichen Venenthrom- bose.

Von den 844 Patienten hatten 634 bei der Erstuntersuchung eine isolierte ober- flächliche Phlebitis. Von 597 Patienten lagen die Informationen zur dreimonati- gen Nachbeobachtung vor. 90,5 Prozent hatten eine Antikoagulation erhalten,

überwiegend mit niedermolekularen He- parinen in therapeutischer (62,9%) oder prophylaktischer Dosierung (36,7%).

16,8 Prozent wurden mit einem Vit - amin-K-Ant agonisten für median 81 Tage antikoaguliert. Praktisch alle (97,7%) Patientinnen und Patienten mit isolierter oberflächlicher Thrombophlebitis erhiel- ten Kompressionsstrümpfe. Bei 10,2 Pro- zent erfolgte ein venenchirurgischer Ein- griff (Stripping oder Ligatur).

Von den 586 Patienten mit initial isolier- ter oberflächlicher Phlebitis und voll- ständigem Datensatz hatten nach 3 Mo- naten 58 eine thromboembolische Kom- plikation erlitten, also 10,2 Prozent.

Asymptomatische Komplikationen (nur entdeckt durch Ultraschall am 10. Tag) hatten 12 Patienten (2,1%), symptomati- sche Ereignsse 46 Patienten (8,3%).

In der multivariaten Analyse erwiesen sich männliches Geschlecht, TVT oder LE in der Anamnese, vorangegangenes Krebsleiden sowie fehlende variköse Venen als unabhängige Risikofaktoren für symptomatische thromboembolische Ereignisse (inklusive Rezidiv oder Aus- dehnung der oberflächlichen Phlebitis) innert 3 Monaten. Insgesamt wurden

Oberflächliche Phlebitis doch nicht so harmlos?

Prospektive epidemiologische Studie aus Frankreich

Merksätze

Eine oberflächliche venöse Thrombose im Bereich der unteren Extremität gilt als eher harmlos.

Eine prospektive Beobachtungsstudie relativiert diese Einschätzung etwas, da bei solchen Patienten in immerhin nahezu 25 Prozent trotz Therapie mit Antikoagu- lation und Kompressionsstrümpfen ein venöser Thromboembolismus beobachtet wurde.

Schlussfolgerungen: «Eine symptomati-

sche oberflächliche Venenthrombose der

Beine ist nicht gänzlich benigne, denn

etliche Patienten haben gleichzeitig eine

tiefe Venenthrombose oder erfahren

innert 3 Monaten thromboembolische

Komplikationen.»

(2)

ARS MEDICI 10 2010

423

S T U D I E R E F E R I E R T

2 Todesfälle verzeichnet, 1 an metasta- siertem Tumorleiden und 1 als mögliche Folge einer Lungenembolie. Dies ent- spricht einer (sehr tiefen) Mortalitätsrate von 0,4 Prozent.

Diskussion

«In unserer grossen Beobachtungsstudie fanden wir, dass venöser Thromboem- bolismus eine symptomatische ober- flächliche Venenthrombose in nahezu 25 Prozent der Patienten begleitete», fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen.

Die meisten dieser Patienten hatten eine TVT, aber immerhin 3,9 Prozent erlitten eine symptomatische LE. Die Häufigkei- ten liegen damit innerhalb derjenigen anderer ähnlicher Studien und sind ver- gleichbar mit jenen, die bei chirurgi- schen Patienten ohne Prophylaxe in der Gruppe mit dem höchsten Thrombo - embolierisiko zu erwarten wären.

Als bemerkenswert heben die Autoren ferner hervor, dass immerhin 8,3 Prozent

der Patienten mit initial isolierter Phlebi- tis innert 3 Monaten mindestens ein symptomatisches thromboembolisches Ereignis erlitten, obwohl mehr als 60 Pro- zent eine therapeutische Anti koagu la - tion und nahezu alle Kompres sions - strümpfe erhalten hatten.

Die Autoren erwähnen auch Einschrän- kungen ihrer Studie. Die Ergebnisse las- sen sich nur auf Patienten übertragen, die durch ihre Hausärzte zur Diagnose- bestätigung zum Gefässspezialisten ge- schickt werden. Ausserdem war hier als Diagnosekriterium eine mindestens 5 cm lange oberflächliche Thrombose in der Kompressionssonografie gefordert, um nur klinisch signifikante Erkrankungen zu erfassen. Eine Übertragung auf Pa- tienten mit rein klinischem Verdacht auf oberflächliche Phlebitis (also ohne den beweisenden Kompressionsultraschall) ist somit reine Spekulation, wie die Au- toren schreiben. Sie sehen ihre Resultate als repräsentativ für ein Routinepatien-

tengut von bestätigten oberflächlichen Thrombosen beim Gefässspezialisten.

Dies, obwohl die erfasste Patientenzahl wegen vorzeitiger Beendigung der Re- kru tierung durch das Leitungskom ittee unter der statistisch angestrebten Grösse blieb. Dennoch sei eine stattliche An- zahl Patienten nahezu lückenlos verfolgt worden.

■ Hervé Decousus et al. for the POST (Prospective Observational Superficial Thrombophlebitis) Study Group: Superficial venous thrombosis and venous thromboembolism. Ann Intern Med 2010;

152: 218–224.

Interessenlage: Die Studie wurde finanziert durch die Firmen GlaxoSmithKline und Sanofi-Aventis sowie das französische Gesundheits- und Sportministerium und die französischen Gesellschaften für Gefässmedizin und für Phlebologie. Die Studiensponsoren hatten auf Durchführung, Analyse und Interpretation keinen Einfluss.

Halid Bas

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Hauptmann Madeleine Stooss sie kommandiert das R+Spit Det 11/56 sieht den Nutzen solcher Übungen eben gerade darin, dass sich die Eigenart der verschiedenen Persönlichkeiten zeigt,

Die erste plazebokontrollierte Studie bei isolierter oberfläch- licher Venenthrombose ohne Beteiligung des tiefen Bein - venensystems sowie mit Lokalisation > 3 cm entfernt

Eine kardiologi- sche Untersuchung wird auch für angehende Wettkampfsport- ler sowie für Personen über 65 Jahre, die Sport mit hoher Intensität beginnen wollen,

Bei unmittelbarer Nähe zum tie- fen Venensystem oder bei Ausdehnung der SVT transfaszial ist eine therapeutische Antikoagulation analog der Behand- lung einer tiefen

Das Über- leben aller Patienten betrug 87,1 Pro- zent nach sechs Monaten, 83,0 Pro- zent nach 12 Monaten und 77,8 Pro- zent nach 18 Monaten (insgesamt wurden 49 Todesfälle

Of special interest is the mixing zone of both water masses in July, when there exists a coincidence between the phytoplankton peak of the polar waters and the zooplankton peak of

Besonders für kleine Kinder, aber auch für Erwachsene können sie gefährlich

Im abgelaufenen Jahr betrafen rund zwei Drittel der Meldungen Ereignisse im Ausland.. Dabei waren zwei thematische Schwerpunkt zu