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Forster, Iris u. a. (Hrsg.): Sprachdenker 223

Rezensionen Info DaF 2/3 · 2014

 Forster, Iris; Heinz, Tobias; Neef, Martin (Hrsg.):

Sprachdenker. Frankfurt/M.: Lang, 2012. – ISBN 978-3-631-61536-2. 297 Seiten,

€ 49,95

(Eva Sommer, Wilhelmshaven)

Wie die zugrundeliegenden Ringvorlesungen der TU Braunschweig (Institut für Germanistik, SoSe 2009+2010) an eine »sprach- und literaturinteressierte Öffent- lichkeit« (13) adressiert, sind die Vorträge über einzelne »Sprachdenker«-Persön- lichkeiten glücklicherweise für diese Veröffentlichung überarbeitet und mit einem gleichartigen Aufbau versehen worden, vergleichbar den Artikeln in einem Lexikon oder populärwissenschaftlichen Lehrbuch: Abbildung (meist Porträt) – Biographie – referierende und evtl. kritische Darstellung ihrer Position.

Zeitgeschichtlichen Hintergrund bekommen die Biographien teils wenig (ausge- spart der jüdische Familien-Hintergrund bei Chomsky und, einschließlich der Exilgründe, bei Kerr), teils ausgiebig mit ideologiekritischen Hinweisen, z. B. bei Leo Weisgerber (53 f. und 55, mit weiterführender Literaturangabe S. 60). Unter- schiedlich auch die Darstellung der jeweiligen Position: mal allgemein zusam- menfassend (Cordemoy, Humboldt, H. Paul, Bachtin), mal mit ausführlicher zitierten Beispielen (z. B. Kratylos, Campe, Weisgerber, H. P. Grice, Bloomfield und Chomsky), selten mit kritischer Exemplifizierung und Folgerung durch die Vortragenden selbst, z. B. zur »Inkonsequenz« in Kerrs »Sprachgebrauchskritik«

(187), zu »nicht unumstritten[en Punkten]« bei H. P. Grice (222), zum deutsch- italienischen Kulturkontrast beim Erschließen von Ecos Beispielen (280).

Eine Besonderheit erklärt sich wohl aus dem »fächerübergreifenden« (12) Kon- zept der Ringvorlesungen: Vorgestellt sind mehrheitlich philosophische Sprach- denker, aber von mehrheitlich germanistischen bzw. anglistischen Fachleuten, die sich allerdings zur Hälfte (von insgesamt 14) einen Sprachdenker gewählt haben, der auch in ihren früheren Publikationen schon einmal eine Rolle spielte (H. Paul, Eco, Kratylos, Schottelius, Campe, Chomsky, Bloomfield). Für die andere Hälfte jedoch scheint – nach der knappen letzten Seite über »Autorinnen und Autoren«

und nach den Literaturangaben der Beiträge selbst zu urteilen – eine Art Erstbegegnung stattzufinden mit Humboldts »Sprach-[studiums]-projekt« (22), mit Adornos Kritischer Theorie, mit Gérauld de Cordemoys Kartesianismus, mit Bachtins »polymorphem« Werk (192), mit Weisgerbers und Kerrs Sprachkritik oder mit der Konversationstheorie von H. P. Grice.

Bestimmt kein Nachteil bei einem relativ voraussetzungslosen Ringvorlesungs- und Lesepublikum, wenn sich die Annäherung wie eine gemeinsame Expedition entwickelt, z. B. bei Humboldt, Cordemoy, Bachtin, Weisgerber. Bei Schottelius wird es sogar eine Art touristische Stadtführung (117–119); hier passt einmal das Parlando (mit wiederholtem »wir« und »man«, mit lockeren Anschlüssen und vielen rhetorischen Fragen), das in den Beiträgen zu Cordemoy und Adorno eher

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224 Forster, Iris u. a. (Hrsg.): Sprachdenker

Info DaF 2/3 · 2014 Rezensionen

auf unvollständige Überarbeitung hinweist. Doch gelegentlich ist die Expedition nur ein kleinschrittiges Entlanghangeln an den Wegmarken kompetenterer Vor- gänger, noch dazu mit ungeeigneter Ausrüstung: Lexikographie und Semantik aus dem IDS (Institut für deutsche Sprache) erschließen nicht die Kritische Theorie Adornos1. Und ohne Einbeziehung von uneigentlichem Sprechen, vor allem ironischem Mit- und Nicht-Meinen, bleibt H. P. Grice’s zentraler Begriff

»meaning« unscharf (noch dazu in wechselnder Übersetzung als ›Bedeutung‹,

›Bedeutungshaftigkeit‹ u. a.).

Wenn dagegen die Vortragenden ihr Terrain schon früher einmal sondiert haben, dann kommt das auch fachübergreifend den »Sprachdenkern« und dem Publi- kum zugute, vor allem bei H. Paul, Eco, Kratylos, Bloomfield, Campe. Das gilt ebenfalls für Schottelius, wo allerdings gerade durch die versierte Präsentation eine Überbrückung misslingt: Das Kupferstich-»Sinnebild« (Schottelius), das als

»Bild aus einer allegorischen Darstellung« (120) eine seiner Schriften und auch das Cover dieses Buches ziert, soll ihn und seine Arbeit anschaulich porträtieren, wird aber an zwei verschiedenen Stellen unterschiedlich falsch erklärt2, macht also eher ratlos als klüger. Der Hinweis auf solche Details soll das Projekt nicht kleinreden, sondern lediglich warnen vor typischen Fehlern, die beim populärwissenschaftli- chen (vermeintlich nützlichen) Simplifizieren leicht passieren. Die Sammlung ist nicht frei davon, aber sie gibt als Kompendium eine gute Orientierung und einen (im Vorwort erläuterten) originellen Titel-Begriff, so dass Orientierungs-Suchende bei den »Sprachdenkern« erst einmal die Scheu vor Sprachphilosophen und Linguistik-Theoretikern verlieren.

Anmerkungen

1 Mit dem Ziel, Adornos aufklärerischen Moralismus und seine Sprachkritik zu analysie- ren (255 f.), wird seine Wortwahl in Titelformulierungen und Begriffen mit einem semantisch-lexikalischen Instrumentarium beschrieben, wobei das wichtige Wort »ideo- logiekritisch« nur einmal und uncharakteristisch vorkommt (261). Und bei den »biogra- fischen Voraussetzungen« gibt es neben ausführlicheren Hinweisen, nach seinem Biographen zitiert oder referiert, nur merkwürdig verklausulierte Andeutungen – dankbares Analysematerial für Kerr, Eco oder Adorno selbst! – zur Studentenbewegung (als Fußnote, 259), zu Adornos Autoritäts-Begriff (257) oder zu seinem Lebensende (255). Vielleicht nicht zufällig, ist dieser Beitrag als einziger von allen schon vorher veröffentlicht worden, und zwar in der sprachkritischen (!) Zeitschrift aptum.

2 Die »Umschlagabbildung« wird zurückgeführt auf »Konrad Bruno [!] zu einem Gedicht von Johann Rist [….] Signatur: Um 1800 [!]«, das Abbildungsverzeichnis verweist korrekt auf Konrad Buno, aber auch nur »zu einem Gedicht von Johann Rist […] um 180[!]«. Und so war es wirklich: Johann Rist verfasste auf Schottelius ein lateinisches Gedicht Ad Clarissimum Virum, das seine Vorzüge in vielen Metaphern aufzählt (»Seht diesen […]«), lateinisch-deutsch nachzulesen unter: http://www.zeno.org/Literatur/M/

Schottelius,+Justus+Georg/Theoretische+Schrift/Teutsche+Vers-+oder+Reimkunst/

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Germer, Kerstin: (Ent-)Mythologisierung deutscher Geschichte 225

Rezensionen Info DaF 2/3 · 2014

Ad+Clarissimum+Virum+Dn. Und dazu fertigte Konrad (oder Conrad) Buno, ein Kupferstecher und Zeitgenosse des Schottelius (17. Jh.!), diesen Kupferstich, der die aufgezählten Details veranschaulicht und wohl auf seiner persönlichen Kenntnis des Dargestellten beruht, vgl. zu den Personen um Johann Rist: http://www.wedel.de/

fileadmin/user_upload/media/pdf/Kultur_und-Bildung/Johann_Rist/Personen_um_

Johann_Rist.pdf (abgerufen jeweils 21.8.2013).

 Germer, Kerstin:

(Ent-)Mythologisierung deutscher Geschichte. Uwe Timms narrative Ästhe- tik. Göttingen: V&R unipress, 2012 (Deutschsprachige Gegenwartsliteratur und Medien 12). – ISBN 978-3-8471-0042-3. 311 Seiten, € 46,90

(Lutz Köster, Bielefeld)

Uwe Timm, einer der erfolgreichsten Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur, wurde gerade erst wieder als zeitgenössischer Erzähler für den muttersprachlichen Deutschunterricht entdeckt (vgl. Kammler 2010). Aber auch im DaF-Bereich kann das Werk Uwe Timms gewinnbringend eingesetzt werden: Die BRD und ihre un- mittelbare Vorgeschichte, Krieg und Nachkriegszeit, 1968 und die Folgen, die

»Wende« von 1989/1990, der Mythos Berlin sind seine Themen, erweitert um den postkolonialen Blick besonders in Morenga (1978). Insofern können Timms Texte als narrative – und autobiographisch gesättigte – Verarbeitung deutscher Geschichte verstanden werden, die Rezension zu Freitisch (2011) in der ZEIT (12/2011) spricht folgerichtig vom weiteren »Stückchen Mentalitätsgeschichte der Bundesrepublik«.

In ihrer Dissertation will Kerstin Germer nun gedächtnistheoretische Kategorien mit erzähltheoretischen verknüpfen (13), unter Berücksichtigung der von Timm entwickelten Ästhetik des Alltags1 und ausgehend von der Beobachtung, dass seine Texte wichtige Themen der deutschen Geschichte ansprechen, in einer »bezeich- nenden Mischung von Fakten und Fiktion« (11), sie sich aber gleichwohl diese Themen narrativ aneignen: »Die narrativen Bedingungen der Geschichtsmythen und Familienlegenden werden […] selbst thematisch und dadurch immer schon hinterfragt und problematisiert.« (286)

Dieses Resümee findet sich im Fazit, dem letzten Kapitel des Buches; nach der Einleitung (Kap. 1) geht Kerstin Germer auf die Beziehungen von Mythos, Literatur und kollektivem Gedächtnis ein (Kap. 2), ausgehend von folgendem frühen Zitat von Jan Assmann (1992):

»Im kulturellen Gedächtnis [wird] faktische Geschichte in erinnerte und damit in Mythos transformiert […]. Mythos ist eine fundierende Geschichte, eine Geschichte, die erzählt wird, um eine Gegenwart vom Ursprung her zu erhellen. […] Durch Erinnerung wird Geschichte zum Mythos. Dadurch wird sie nicht unwirklich, sondern im Gegenteil erst Wirklichkeit im Sinne einer fortdauernden normativen und formativen Kraft.« (20)

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