Lexikon des Mittelalters. 2: Bettlerwesen bis Codex von Valencia. München & Zürich : Artemis-Verl. 1983. Vlll S., 2222 Sp. 4" 398 - DM. ISBN 3-7608-8902-6.
Bereits drei Jahre nach VoUendung des 1. Bandes (vgl. ZDMG 132 [1982],
S. 380-82) hegt der 2. Bd. des Lexikons des Mittelalters vor. Allerdings ist man im Alphabet nicht ganz so weit fortgeschritten, wie man gehofft hatte. So hat die Redaktion sich mit Erscheinen der Lieferung 10 des 2. Bandes entschließen müssen, den Gesamtumfang von fiinf auf sieben Bände zu erweitern.
Im Vergleich mit dem 1. Bd. ist die Zahl orientalistischen Artikel stark zurückgegangen. Das hat seinen Grund wohl in erster Linie in den Anfangsbuch¬
staben. Der Buchstabe A ist bekanntlich immer orientalistisch überlastet, im
Buchstaben C kommen vorderorientalische Wörter dagegen selten vor. Rein
orientalistische Artikel, d.h. solche, die Personen- und Ortsnamen betreffen,
sind nur': Bihiäti (B. Flemming); al-Birüni (E. S. Kennedy); al-Bi^rügi
(J. Vernet); Boabdh (H.-R. Singer); Bursa (K. Kreiser; im Artikel findet
sich eine Verweisung auf das Stichwort Broquiöre, welches fehlt. Vielleicht wird es unter D oder L erscheinen: De la Broquifere); Qankiri (Kreiser); Celebi (A. Tietze); Ceuta (Singer). In diesem Band überwiegen dagegen die Sachar¬
tikel mit einem Abschnitt über den Islam: Bettlerwesen (C. E. Bosworth);
Bevölkerung (C. Cahen u. Tietze; sehr kurz); Bibelübersetzungen, arabische (J. Assfalg); Bibliothek (R. Sellheim); Bilderverbot (R. Paret); Biographie (Zu Sellheims erfreulich ausführlichem Artikel kann man jetzt vielleicht G. H.
A. Juynboll: Muslim Tradition. Cambridge 1983, S. 134 ff. mit der dortigen Kritik an den ri^äi-Werken nachtragen; die türk. Literatur behandelt Tietze);
Botenwesen (S. Labib u. Tietze); Brief (L. Richter-Bernburg); Brücke (H.
Hellenkemper); Brunnen (B. Finster u. Kreiser); Buch (Sellheim);
Bucheinband (Sellheim); Buchhaltung (S. Labib; sehr ausführlich) ; Buchma¬
lerei (K. Brisch u. D. Duda); BuchstabensjTnbolik (W. Madelung; hier hätte vielleicht doch die Hurüfiya nicht nur implizit genannt und in der Literatur auf
Huart und Ritter hingewiesen werden sollen); Burg (H. Gaube); Bürgertum
(Cahen); Buße (B. Reinert; hier hätte vielleicht der orthodoxe Islam durch die Erwähnung al-Gazzälis und des Artikels von S. Wilzer: Untersuchungen zu öazzälis Kitäb at-Tauba. In: Der Islam 32-34 (1957-59) etwas mehr betont wer¬
den können); China (Labib, sehr ausführhch mit Schwergewicht auf den Han-
' Im Gegensatz zu dem Verfahren in meiner Besprechung des 1. Bandes
beschränke ich mich auf die islamkundlichen Artikel und lasse die judaistisohen, balkanologischen und byzantinistischen fort. Ich möchte jedoch auf die umfang¬
reichen Artikel unter den Zusammensetzungen mit dem Adjektiv byzantinisch
aufmerksam machen. Sie umfassen die Spalten 1169-1327 und damit fast die
ganze Lief 6.
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delsbeziehungen) ; Chronik (T. Nagel u. Flemming); Chronologie (Nagel).
Man vermißt einen Abschnitt über den Islam in den Stichwörtern Chirurgie und Christologie. Letzterer wird vielleicht unter Jesus Christus nachgeholt werden.
An der vorzüglichen äußeren Ausstattung des Werkes hat sich nichts geän¬
dert.
Ewald Wagneb, Gießen
Jean Vercouttbb [Hrsg.]: Institut Frangais d'Archeologie Orientale du Caire.
Livre du Centenaire 1880-1980. Kairo: Imp. de ITnst. 1980. XLVII, 521 S., 58 Taf. 4" (Memoires publics par les membres de ITnstitut Fran9ai8 d'Archeo¬
logie Orientale. 104.)
Zum hundertsten Jahrestag seines Bestehens im Dezember 1980 hat das
Französische Archäologische Institut in Kairo unter der Leitung seines damali¬
gen Direktors Jean Vercoutter einen großformatigen, prachtvollen Jubi¬
läumsband herausgegeben.
Die Darstellung der Entwicklung dieser Einrichtung von der ursprünglichen Ecole Fran9aise du Caire zum heutigen Institut, das seit 1907 seinen Sitz im ehe¬
maligen Palais Mounira hat, ist ein interessantes Stück Wissenschaftsge¬
schichte, die durch eine chronologische Liste der Direktoren und Mitglieder sowie der Veröffentlichungen des Instituts in diesen hundert Jahren ergänzt wird. Von Anfang an haben sich die Mitglieder dieses Instituts sowohl der Erfor¬
schung des pharaonischen wie auch der des hellenistischen Ägjrpten sowie der Koptologie und der Islamwissenschaft gewidmet, und auch assyriologische und südarabische Studien wurden anfangs von hier aus betrieben. Agjrptologen wie
Gaston Maspero und Pierre Lacau, Arabisten wie Pierre Casanova und
Gaston Wiet und Gräzisten wie Pierre Jouguet haben um die Jahrhundert¬
wende das Gesicht des Französischen Institutes geprägt, das durch seine in
eigener Druckerei hergestellten Publikationsreihen und Zeitschriften wie das BuUetin de l'Institut Fran9ais d'Archeologie Orientale (BIFAO; seit 1901) oder die Annales Islamologiques (seit 1954) berühmt ist. Als Ägjrptologe denkt man in erster Linie an die Pubhkation der Texte der ptolemäischen Tempel von Edfu,
Dendara, Esna, Kom Ombo und Philae, an die Grabungen in Teil Edfu, Abu
Roasch, Tod, Medamüd und vor allem Deir el-Medina, der unerschöpflichen Quelle literarischer und profaner Texte auf Ostraka und Papjri.
Einige der wichtigsten unter den mehr als vierzig Beiträgen seien hier in (viel¬
leicht willkürlicher) Auswahl wenigstens kurz angemerkt. Im I. Abschnitt
(Ägyptologie) bespricht N. C. Grimal die mittelägjTJtischen Literaturquellen der Siegesinschrift des kuschitischen Pharao Pije (Pi'anchi) ; G. Posener bringt neue Argumente fiir die Lesung des Namens des Verfassers der sog. Satire des Metiers; Mme. Zivie behandelt die Geschichte der Nekropole von Giza in grie¬
chisch-römischer Zeit; Mme. Letellier veröffentlicht ein bisher einmahges
ramessidisches Ostrakon mit einem Schreiben wegen des plötzhchen Todes
zweier Kinder; Y. Koenig gibt ein von S. Sauneron f bearbeitetes Papyrus¬
fragment heraus, das Teile eines noch unbekannten neuägjTitischen Literatur¬
werkes enthält; J. Vercoutter kann der von ihm selbst (1972 in RE) ver¬
öffentlichten Stele Sethos' I. aus Sai ein neues, fiir den Vergleich mit dem Paral¬
leltext aus Amara-West wichtiges Bruchstück hinzufügen.
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Im II. Teil (Demotistik, Koptologie) sind die Bearbeitung einer Getreideabga¬
beliste mehrerer Dörfer des Fayyüm (Zeit I^tolemaios' III.) durch Mme. de
Cenival, eine Untersuchung der Chronologie der alexandrinischen Patriarchen des Eutychius von J. Jarry sowie der Katalog von 93 bei Esna gefundenen kop¬
tischen Grabsteinen des 4.-12. Jh. von R. G. Coquin zu erwähnen, im III. Teil
(Griechisches Ägypten) ein Beitrag von F. Dunand zur Übernahme von Ele¬
menten des ägyptischen Kults durch die drei ersten Ptolemäer, von J. Schwarz
über Hephestion von Theben sowie die Publikation neuer griechischer Doku¬
mente aus byzantinischer und früharabischer Zeit durch J. Gascou.
Im IV. Teil (Islamkunde) bespricht G. C. Anawati die Glaubenslehre im Werk des Ibn Ruäd (Averroes) aus der Sicht seiner arabischen Kritiker; J. Jomier stellt politische Aspekte der Pilgerfahrt nach Mekka, vor allem die Rolle des
Chalifen, dar. Zu nennen wären ferner eine Untersuchung von A. Raymond zur
Topographie der hära (Wohnquartiere) des mittelalterlichen Kairo sowie die
umfangreiche Studie von D. Gril über die in mehreren Manuskripten überlie¬
ferte, aber noch unveröffentlichte Schrift al- Wahid fi sulük ahi al-tauhid des 'Abd al-Gaffar b. Nüh al-Qü^i (f 708/1308).
Jürgen von Beckerath, Münster/Westf.
Nilüfer Boysan, Massimiliano Marazzi und Helmut Nowicki: Sammlung
hieroglyphischer Siegel. Bd. 1: Vorarbeiten. Würzburg: Königshausen -H Neu¬
mann 1983. 150 S. 8° ISBN 3-88479-104-4.
Für die Entzifferung der hethitisch-luwischen Hieroglyphenschrift waren die zahlreichen Siegel bzw. Siegelabdrücke von entscheidender Bedeutung, da diese vielfach digraph, d.h. mit Keilschriftlegende und (davon abweichender) Bei¬
schrift in Hieroglyphen versehen sind. Trotz jahrzehntelanger Bemühungen waren bis etwa 1930 nur rund 20 phonetische Zeichen richtig bestimmt worden und die Forschung drohte mangels wirklich definitiver Absicherung zu stagnie¬
ren als bei den von K. Bittel geleiteten Ausgrabungen des Jahres 1936 im Zie¬
gelschutt des Gebäudes D der Palastaidage von Bogazköy rund 200 gesiegelte
Plomben zum Vorschein kamen. Sie wurden zusammen mit früher in Bogazköy
Entdecktem von H. G. Güterbock in seinem wichtigen Werk Siegel aus Bogaz¬
köy. 1. Berlin 1940 und 2. 1942 bearbeitet, wobei durch die Suche nach identifi¬
zierbaren Eigennamen und Titeln sowie durch die listenförmige Zusammenstel¬
lung der ältesten Zeichenformen der richtige Weg zur endgültigen Deutung die¬
ser Schrift gebahnt wurde. Inzwischen ist die Zahl der Siegel(abdrücke) durch Neufunde aus ca. 40 Fundstätten, die vom westlichen Kleinasien bis nach Palä¬
stina verteilt sind, stark angewachsen.
Leider existiert jedoch bisher kein umfassendes Siegelrepertoire, die große
Masse der Belege ist in Ausgrabungsberichten, Museumskatalogen und Zeit¬
schriftenaufsätzen verstreut. Die mit dem vorliegenden Band begonnene voll¬
ständige Sammlung der Siegel mit hierogljrphischen Aufschriften ist daher sehr zu begrüßen. Es handelt sich zunächst um die Bestandsaufnahme aller bekann¬
ten und veröffentlichten Exemplare mit Angabe der vorhandenen Dokumenta¬
tion (Erstveröffentlichung, Museumsnummer usw.), also um eine technische
Konkordanz ohne philologische Angaben, die späteren Bänden vorbehalten
sind. Die Belege sind nach Herkunfts- bzw. Ausgrabungsorten, Museumsbestän-
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den, Sanunlungsbeständen sowie nach Privatbesitz gegliedert. Das heißt, die Siegel bekannter Herkunft werden zunächst unter dem jeweiligen Grabungsort
aufgeführt und numeriert, erscheinen dann aber — falls sie sich in einem
Museum, in einer Sammlung oder in Privatbesitz befmden — in diesen Abteilun¬
gen nochmals als Kurzzitat. Leider ist nicht ersichtlich, warum in solchen Fällen
die ausführliche Behandlung manchmal unter dem Fundort, ein anderes Mal
unter der Museumsrubrik erfolgt, worunter die TJbersichtlichkeit leidet (so wer¬
den die im Vorderasiatischen Museum Berlin befindlichen Siegel zumeist unter
dem Fundort Bogazköy behandelt, die ebenfalls von dort stammenden Exem¬
plare des Louvre dagegen im Museumsabschnitt). Überhaupt ist dieses nütz¬
liche Nachschlagewerk durch die Einrichtung zu vieler Unterabteilungen (warum z.B. mußte das Fundstellenregister in eine Abteilung 'nördlich' und in eine 'südlich des Amanos-Gebirges' unterteUt werden?) etwas unübersichtlich
geraten. Es macht daher einige Mühe, Informationen von allgemeinerem Inte¬
resse aus den verschiedenen Listen herauszudestillieren:
Die hier behandelten 1111 Siegel(abdrücke) stammen aus dem 2. Jahrtau¬
send v.Chr. und aus der Übergangszeit zwischen dem 2. und 1. Jt. 28 jüngere Siegel, die in die Zeit nach dem 9. Jahrhundert v. Chr. zu datieren sind, wurden niu' kurz erwähnt (warum?) und sollen in einem eigenen Band behandelt werden.
Die Masse der Funde (568 Stück) stammt aus Bogazköy und ist zum größten
Teil bereits von Güterbock in dem erwähnten Werk behandelt worden. Wei¬
tere wichtige Fundorte sind Tarsus (Gözlü Kule, 66 Stück) und Ugarit (Ras
Shamra, 76 Stück). In Museen befmden sich insgesamt 181 Siegel(abdrücke), wobei sich der genaue Fundort meist nicht mehr feststellen läßt (weU die Stücke
über den Kunsthandel erworben worden waren).Während es sich bei den 568 in
Bogazköy gefundenen Stücken fast ausschließlich um Siegelabdrücke handelt (davon nur 18 Siegel), sind in die Museen und Sammlungen fast ausschließlich Siegeloriginale gelangt (lediglich die Sammlung Schlumberger in der Biblio¬
theque Nationale in Paris hewahrt auch 19 Abdrücke auf). Insgesamt sind
339 Siegel bekannt, von denen sich die Mehrzahl in Museen und Sammlungen
außerhalb der Türkei befindet, wobei wiederum das Ashmolean Museum in
Oxford (40 Stück) und der Louvre (33 Stück) die umfangreichsten Kollektionen besitzen.
Es ist zu hoffen, daß der Würzburger Forschergruppe, der wir diesen ersten Band verdanken, auch in Zukunft die materiellen Grundlagen fiir die Weiterar¬
beit an diesem wichtigen Repertoire zur Verfügung stehen werden.
Korrekturzusatz: Im Archiv für Orientforschung 29/30 (1983/84),
S. 605, sind soeben wichtige 'Verbesserungen und Nachträge' zu dem angezeig¬
ten Buch erschienen.
Johann Tischler, Gießen
Abraham Tal: The Samaritan Targum of the Pentateuch. A Critieal Edition. P. 3:
Introduction. Tel-Aviv Univ. 1983. FV, 399, IV, »yp S. 8" (Texts and Studies
in the Hebrew Language and Related Subjects. 6.)
Mit diesem Band ist A. Tals dreibändige kritische Edition des samaritanisch-
aramäischen (:SA) Targum erfolgreich abgeschlossen. Die abschließenden
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Worte meiner Besprechung des Bd. I: Genesis, Exodus (1980): „Bis dat qui cito dat" (ZDMG 131 [1981], 388-395) haben sich doppelt bewahrheitet: Schon 1981 erschien Bd. II: Leviticus, Numeri, Deuteronomium (s. ZDMG 134 [1984], 186 f.) und seit 1983 ist auch Bd. III: Introduction in unseren Händen. Gründe, aus welchen dieser schon bei der Vorbereitung des Bd. I weitgehend ausgearbei¬
tete Einleitungsband erst nach der TextveröfTentlichung erscheint, habe ich
schon (ZDMG 131 [1981], 392) erörtert. Der Entschluß des Hrsg., dem Leser
zuerst den Targumtext und erst dann die darauf bezogenen Erörterungen in die Hand zu geben, war sicher gerechtfertigt, zumal er das Notwendigste über seine Parallelveröffentlichungen der älteren (J) und der späteren (A) Version des
samaritanisehen Targum (:ST) sowie über seine Auswahlkriterien für das
Variantenmaterial vor der Veröfientlichung des I. Bd. in: Israel Oriental Studies 8 (1978), S. 107-128, mitgeteht hat. Ausführliche Verweise auf außergewöhn¬
liche Formen und buntes Variantenmaterial des noch nicht veröffentlichten Tex¬
tes sind für den Leser, der keine Vergleichs- und Nachprüfungsmöglichkeit hat, nutzlos und wenig brauchbar. Bei der Mannigfaltigkeit der Formen des SA war trotz der Eliminierung minderwertiger später Hss. die Veröffentlichung des Tex¬
tes vor der der Prolegomena unvermeidhch.
Darüber hinaus wurde für diesen Band ursprünglich auch eine Konkordanz zum ST geplant, deren Veröffentlichung vor der des Textes wenig Sinn gehabt hätte. Aus dem Vorwort (S. I) erfahren wir aber, daß dieser Plan aufgegeben worden ist, weil der Hrsg. und sein Lehrer Z. Ben Hayyim ein Wörterbuch des
SA per Computer vorbereiten, von dem schon die gesamte prosaische ara¬
mäische Literatur der Samaritaner (ST und Mimar Marqe = MM) bearbeitet wor¬
den ist. Angesichts der erhofften baldigen Veröffentlichung eines seit langem erwünschten vollständigen Lexikons des SA würde eine Sonderveröffentlichung der Konkordanz zum ST einer Doppelveröffentlichung gleichen.
Eine Doppelveröffentlichung ist jedoch in diesem Band geschehen: Das Buch
ist eine hehräisch-englische Bilingue ein- und desselben Textes, wobei der
hebräische auf 179 S. nur wenig ausfuhrlicher ist als der englische auf 159 S. Auf detailliertere Angaben der hebr. Version wird gelegentlich in der englischen hin¬
gewiesen (s. S. 28, Abs. 2, Z. 3; S. 50, Abs. 2, Z. 3 mit Hinweis auf S.U ff., obwohl
auch die vorangehende Liste der Unterschiede zwischen den Hss. N. u. V auf
S. 49 f von der auf S. 33 ff. um zwei Drittel kürzer und die Beispiele ziemlich
unterschiedlich gewählt worden sind, was mit keinem Wort erwähnt worden
ist). Auf Angaben kleinerer Unterschiede zwischen den beiden Versionen wurde verzichtet, so daß der Leser, der sich nichts entgehen lassen möchte, sie ständig vergleichen muß. Da es kaum einen israelischen Gelehrten gibt, der Englisch
nicht versteht und die übrige Gelehrtenwelt an die Mitveröffentlichung der
hebräischen Version zwecks besseren Verständnisses des englischen Textes
noch weniger angewiesen ist, gibt es für dieses Verfahren, das die Material- und
Produktionskosten verdoppelt hat, keine ausreichende Rechtfertigung. Die
hebr. Version ist zwar die ursprüngliche, während die englische, an der außer dem Hrsg. noch weitere Hände mitgewirkt haben (S. I), nur deren Wiedergabe ist. Bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen in fremden Dokumentationsspra¬
chen kommt es aber weder auf die Schönheit des Stils noch auf die genaue
fremdsprachige Idiomatik, sondern nur auf die wissenschaftliche Verständlich¬
keit an, und diese Aufgabe hätte die englische Version besser erfüllt, wenn man sich auf sie allein konzentriert hätte.
Der Band ist für Studien des SA im allgemeinen und des ST im besonderen
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von grundlegender Bedeutung. Es enthält nicht nur eine detaUlierte Beschrei¬
bung der für die Edition verwendeten besseren sowie der aus ihr ausgeschlosse¬
nen minderwertigen Hss., sondern auch ihre linguistische Auswertung, die nicht nur als ein Kriterium der Text- und Variantenauswahl der Edition in Betracht kommt, sondern auch das schwierige Problem der sprach- und kulturgeschicht¬
lichen Genesis des ST sowie dessen VerfaU nach dem Absterben des SA darzu¬
stellen versucht. Es ist eine systematische Bearbeitung von fast allem, was sich
aufgrund des vorhandenen Handschriftenbefundes über den Werdegang des ST,
semantische Entwicklung seines mannigfaltigen Wortschatzes, grammatische Veränderungen, Mißverständnisse der Abschreiber, Schreibfehler, Sinnverän¬
derungen, exegetische Auffassungen, Interpolationen u. ä. aussagen läßt.
Da alle Hss. des ST ihr individuelles Gepräge haben, lassen sich ihre ver¬
wandtschaftlichen Beziehungen und Unterschiede nur annähernd und versuchs¬
weise diagrammatisch darsteUen (S. 105 = ap). Die schablonenhafte EinteUung in drei Sprachperioden läßt sich grundsätzlich aufrechterhalten, obwohl aus der ersten, die sich an das Palästinische Aramäisch (Qumran, Onqelos und palästi¬
nische Targumim) anschließt, kein direktes, sondern nur mehr oder weniger gut überliefertes Hss.-Material vorhanden ist. Bei den dieser Periode zugewiesenen Hss., J (Brit. Mus. Or 7562, vollständig aufder rechten Editionsseite veröffent¬
licht) sowie größeren Fragmenten M (Leningrad Sam. Nr. 182, Brit. Mus. Or
1442, Cambridge Trinity Coll. R 15.66, zwei Blättter in Kahles Bibhothek) und N (Len. Sam. Nr. 182, Oxf Bodleian Opp. add. 8v 29)läßt sich auf die Entste¬
hungszeit im 13.-14. Jh. schließen. Die Sprache dieser Periode wird eher eine rein literarische als eine volkstümliche sam.-aram. Sprachform darstellen, die man erst im 4. chr. Jh. zu schreiben anfing, in dem die zweite Periode des ST und SA ansetzt. Dieses volkstümliche SA ist schon die Sprache der Liturgien und des MM. Dieser Periode gehören an die Hss. C (Nablus-Synagoge Nr. 6) aus d. J.
1204, hiermit die älteste datierte Hs., sowie V (Cod. Barberini), deren ältester Teil aus d. J. 1226 stammt, und das hebr.-aram.-arabische Wörterbuch Hameli§
wahrscheinlich aus dems. Jh. Der dritten Periode nach dem Absterben des SA
als Volkssprache gehören folgende Hss. an: A (Nablus Nr. 3, aus d. J. 1518/19, als repräsentativer Typus der jüngeren Version vollständig auf der linken Edi¬
tionsseite veröffentlicht), B (Nablus Nr. 4, vor d. J. 1485, eine deteriorierte
Abschrift von M) und E (Vatican Sam. Nr. 2, aus d. J. 1514, Grundlage der
Polyglottenausgaben). Bei kleinen Fragmenten D (B.M. Or 5036) und K (Len.
Sam. 184) läßt sich keine Verwandtschaft mit den anderen Hss. feststellen.
Obwohl moderne Hss. der letzten Jahrhunderte wegen endloser Verschreibun¬
gen und Sprachverderbnisse mit vollem Recht aus der Edition ausgeschlossen wurden, werden zehn von ihnen (Class B, S. 106-124 = JDp—jp ) dargestellt und auf ihre Verwandtschaft hin untersucht. Alle von ihnen, mit Ausnahme von e (Sassoon Nr. 390, ein Teil der Genesis nach J), gehen auf A zurück und stehen kein brauchbares kritisches Material dar.
Die Unmenge von PseudoVarianten, Verschreibungen, Buchstabenverwechs¬
lungen und -Verstellungen, Auslassungen und Hinzufiigungen von Buchstaben, die schwankende Piene-Schreibung und zahlreiche andere orthographische Eigentümlichkeiten und Gepflogenheiten des SA haben den Hrsg. zur größten Vorsicht bei der Auswahl der Varianten für den kritischen Apparat gezwungen.
Wie umsichtig er verfahren ist, sieht man aus der DarsteUung seiner Kriterien
für die Variantenauswahl (S. 125-155 = KOp-iap). Während sich bei solcher
Übermenge von überflüssigen Varianten willkürliche Entscheidungen schwer
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vermeiden lassen, war sein Entschluß, im Zweifelsfah heber mehr als weniger zu
geben, sicher der einzige richtige: „every strange reading that could not
be labelled „error" beyond any shadow of doubt, has been in¬
cluded. Thus we have deliberately taken the risk of including errors, in order not to condemn good but uncomprehended readings to oblivion." (S. 151, vgl.
S. up).
Man kann sich jedoch leicht gegen phonetische und andere grammatische Tat¬
sachen aus der Zeit des lebenden SA versündigen, wenn man sie aufgrund der in
anderen aram. Dialekten übhchen Formen korrigieren möchte. Z.B. Dt. II24
haben beide der Paralleledition der älteren und jüngeren Version zu Grunde gelegten Hss. , J und A, dieselbe Form regelgon. Tal hat trotzdem die „bes¬
sere", in keiner der beiden Hss. vorhandene Form p3^>jn „euer Fuß" in den Text gesetzt und auf die erstere, in den beiden belegte, nur im oberen kritischen Apparat hingewiesen, weil er meinte, daß der Schreiber von A hier gedankenlos einen Fehler von J abgeschrieben hat, s. S. 25, vorletzter Abs., Z. 2 (wo die Versangabe 21 zu 24 zu verbessern ist). Nur sind aber derartige progressive sowie regressive Sonoritätsassimilationen sowohl in Kontakt als auch in Fern¬
stellung noch in der heutigen traditionellen Lesung des SA üblich. Ich habe in meiner Grammatik des samaritanisehen Aramäisch. Berlin 1982, §§ 14b u. 18a-b,
auf mehrere Aussprachen dieser Art in Priester §adaqas Rezitationen des SA
hingewiesen: progressiv in Kontakt VsV cel-gel „jedem", progr. in Fernstellung nsioa l)ä-züfa „ins SchilP, regr. rrnsa gäburiyya „die Ungläubigen" u. ä. Obwohl
ich meinen Zweifel über die uneinheitlichen Lesungen Sadaqas deutlich zum
Ausdruck gebracht habe, kann man solche Assimilationen, die sich in verschie¬
denen Weltsprachen beobachten lassen, in einer Sprache zu ihren Lebzeiten noch weniger anzweifeln als in deren Lesen nach ihrem Aussterben. Die spon¬
tane Aussprache regelgon ist doppelt gestüzt: (a) durch partielle progr. Assimil.
in Kontakt (vgl. cel-gel ob. ), und (b) durch totale progr. Assimil. ; deshalb konnte
sie auch in der lebenden Sprache kaum anders lauten. Den Abschreibern von
zwei verhältnismäßig guten Hss., J u. A, die die Grundlage der Edition bilden, war die korrekte Form des Suff. d. 2. P. PI. p3 — sicher zu gut bekannt, als daß sie sich bei ihr sinnlos, ohne irgendwelchen phonetischen Grund hätten ver¬
schreiben können. Die sam. Orthographie ist aber sehr oft alles andere als ety¬
mologisch und trägt den phonet. Tatsachen Rechnung. Deshalb hätte das in bei¬
den Hss. vorhandene pjVn (wenn auch mit einem Ausrufungszeichen od. „sie"
versehen) im Text „unverbessert" belassen werden sollen.
Ähnhch verhält es sich mit D'"I3K Dt. 13:14, das in beiden Hss. J. u. A steht, in der Ed. aber durch D'n3J als eine üblichere Übers, des hebr. D'BJK ersetzt wurde (vgl. S. 25, vorl. Abs., Z. 3). Die Buchstaben K u. J sind allzu unterschiedlich, als
daß sie einfach hätten verwechselt werden können. Die Wurzeln 'BR u. GBR
beinhalten aber gleichfalls den Begriff der Stärke, so daß die Wortverwechslung ( *CEbbärem fiir gäbärem) nicht nur aufgrund der äußeren Ähnhchkeit, sondern
auch der Bedeutungsverwandtschaft der beiden Wurzeln stattfinden konnte.
Obwohl es sich dabei nur um eine Möglichkeit handelt, hätte entsprechend dem Entschluß des Hrsg., im Zweifelsfall das fragliche Textwort nicht zu „verbes¬
sern", das in den beiden Hss. vorhandene Wort belassen und die „Verbesserung"
in den kritischen Apparat verwiesen werden sollen.
Zahlreichen mannigfaltigen Problemen, mit denen der Hrsg. aufgrund des
bunten Variantenmaterials der manchmal weit auseinandergehenden Hss. kon¬
frontiert wurde, kann freilich keine Besprechung gerecht werden. Auch dieser
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Band bietet nur einen unvollständigen Einblick in die Schwierigkeiten bei der Herstellung seines Editionstextes, der alle bisherigen an Vollständigkeit und Genauigkeit übertrifft. Durch seine schnell und erfolgreich abgeschlossene Edi¬
tion wird das kritische Studium des ST nicht abgeschlossen, sondern erst eröff¬
net, wozu dieser Band eine unentbehrliche Anleitung bildet.
Druckfehler, die sich in den schweren technischen Text eingeschlichen haben, werden meistens vom Leser selbst verbessert werden können, z.B. S. 7,2. Abs.
antep. 1. linguistic; 25, vorl. Abs. Z. 2 1. Dt. XI 24; 61, Z. 141. as adoration; 95,3.
Abs., paen. engl. Wiedergabe unverständlich; 96 A. 115 ergänze das ausgefalle¬
ne gr. naXaioTivTi; 106,3. Abs. 1. is given; 144 A. 31 Seitenangabe fehlt (nach d.
Wortindex s. V. ni; 143:paen. zu ergänzen); 144 A. 331. pronounced; 152,3 Abs.
paen. Dittogr. : are are; 157 unt. Harkavy: Publiönoj; 158 (bis) 1. Margohouth. In der Abkürzungsliste sollte alphabetisch Tal vor Theodor-AIbeck und von Gall (als: Gah, von) vor Goldberg stehen. Da die Vokallänge im SA mechanisch ver¬
teilt wird (s. meine Gr. d. SA §§ 35, 37), lassen sich einige unterlassene Längen¬
bezeichnungen leicht ergänzen: S. 129 Säta, A. 4 lädäni, Sädi; 139 A. 20 nürä'a;
142 A. 27 'ä\>s; 148, 3. Abs. malbäSm, Säb.in, azbänjni; 153, vorl. Abs. uit. ban¬
kim u.ä.
Im Wörterverzeichnis sind Angaben zum hebr. Text vollständiger als zum
englischen, was z. T. dadurch erklärt wird, daß die hebr. Version etwas ausführ¬
licher ist. Einige Angaben zur engl. Version wurden aber vernachlässigt, z.B.
pnat nieht nur S. na, sondern auch 28; ISO' nicht nur S. njp, sondern auch 150;
l'iyo (1. nnyo ) nicht nur S. p , sondern auch 103 u. ä. Da im Band zahlreiche Ara¬
bismen der späteren Hss. erörtert werden, wäre auch ein ar. Wörterverzeichnis nützlich gewesen.
In dem mir vom Vf freundlicherweise zugeschickten Exemplar befand sich
eine eingelegte Druckfehlerliste von anderthalb Seiten zu Bd. II (ähnlich wie schon in dem mir von ihm zugeschickten II. Bd. eine zu Bd. I eingelegt worden war). In den Besprechungsexemplaren fand ich aber diese Einlagen nicht. Der verhältnismäßig geringe Umfang der inzwischen entdeckten Druckfehler zeugt
von bewundernswerter Sorgfalt der Setzer sowie der Korrektoren. Es wäre
jedoch sehr wünschenswert gewesen, diese zur Zeit des Druckes des III. Bd. fer¬
tigen Druckfehlerlisten mit zu veröffentlichen.
Rudolf Macuch, Berlin
Stanislav Seoert and Andräs J. E. Bodrogligeti [Hrsgg.]: Ethiopian
Studies. Dedicated to Wolf Leslau on the occasion of his seventy-fifth birthday November 14th, 1981 by friends and colleagues. Wiesbaden: Harrassowitz 1983.
XH, 582 S. 8" 198,- DM. ISBN 3-447-02314-7.
Keinem Forscher verdankt die äthiopische Sprachwissenschaft und die Äthio¬
pistik allgemein so viel wie Wolf Leslau. Allen semitischen Sprachen Äthio¬
piens hat er zumindest eine monographische Darstellung gewidmet und seine
zahllosen Aufsätze haben viele Einzelprobleme der vergleichenden Äthiopistik geklärt. Die vorläufige Krönung seines Werkes ist zweifellos das dreibändige, fast 3000 Seiten umfassende Etymological Dietionary of Gurage. Wiesbaden 1979. Der vorliegende umfangreiche Band, zu dem 42 Äthiopisten beigetragen haben, stellt eine würdige Ehrung dar.
Zeitschrift der Deutschen Morgeniändischen Gesellschaft Band 135, Heft 2 (1985)
© Deutsche Morgenländische Gesellschaft e. V.
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Während das Vorwort der Herausgeber kurz das Wirken Leslaus's in Los
Angeles darstellt, schildert M. Rodinson: Wolf Leslau et la France (38-66) aus¬
führhch nicht nur Leslau's wissenschaftliches Schaffen in Frankreich, sondern auch sein persönliches Schicksal in dem von der Wirtschaftskrise erschütterten und unter der Bedrohung und Besetzung durch das nationalsozialistische
Deutschland gegenüber Ausländern hysterisch reagierenden Frankreich und
schließlich die vergebhchen Versuche Marcel Cohen's, Leslau für die franzö¬
sische Wissenschaft zurückzugewinnen. S. S. Bbrhane Mariam gibt ein Bei¬
spiel für Leslau's Methode bei der Erfragung linguistischen Materials von
Informanten {Intellectual Labourer, 67-69). An annotated Bibliography of the
works of Wolf Leslau (1-37) hat M. S. Devens ZusammengesteUt und durch
einen Index gut erschlossen.
Die weiteren Beiträge stehen in sieben Sachgruppen und innerhalb dieser alphabetisch nach Autoren. Ich folge in meinen Kurzreferaten dieser Einteilung.
Linguistics and philology: A. Akl,il,v. Principles for the creation of new science and technohgy terms in Amharic (73-80): Grundsätze der Sprachakade¬
mie für die Schaffung von Neologismen: 1. Nur die Termini übersetzen, die in
allgemeinbildenden Schulen verwendet werden, spezielle Termim dagegen unü¬
bersetzt lassen. 2. Die unübersetzten Termini dem amh. phonologischen System
anpassen. 3. Schon eingebürgte Fremdwörter nicht durch Neologismen erset¬
zen. 4. Grammatische Affixe bei Fremdwörtern durch amh. ersetzen: Brownian
> braunawi. 5. Hat ein Terminus der Gebersprache mehrere Bedeutungen, sind verschiedene Neologismen zu prägen. 6. Als Gebersprache nicht nur das Engl, berücksichtigen. 7. Schon stark belastete amh. Wörter nicht als Termini ver¬
wenden. 8. Gleiches fremdes Affix möglichst immer durch das gleiche amh. Affix wiedergeben. 9. Neologismen sollten ohne Schwierigkeit flektierbar sein. — D.
Cohen: Egyptien, arameen et ethiopien (8\-9S): Vergleicht äg. Verbalformen mit jungen sem. und ham. Bildungen, z.B. sieht er in dem i/y des äg. Pseudoparti-
zips ein mit Präfixen konjugiertes Hilfsverb, wie es es im Berb. gibt, sdm-f ver¬
gleicht er mit dem im Tfla. eine Verbalform des Hauptsatzes darstellenden Gerundium und sdm-n-f mit neusjT. Smi'-l-i. Zu dem Übergang iw.f hr sdm (il [est] dans entendre) > iw.f sdm mit Verlust der Präposition vergleicht er die neu¬
syr. Konstruktion ile b-graSa (il tire < il est dans [le proces de] tirer), bei der im Dialekt der Juden von Urmia die Präposition ebenfalls geschwunden ist. — R.
Cowi^ey: a Geez Prologue conceming the work of MämA tr K,)flä Giyorgis on the text and interpretation of the Book of Ezekiel (99-1 f 4): Von Kidanä Wäld-Kafle auf¬
gezeichnete autobiographische Bemerkungen des äth. Gelehrten Ksflä Giyorgis (nach dem Ms. Jerusalem Ethiopia 301 E = Däbrä gännät 116 der äth. Kirche in der Ethiopia Street in Jerusalem) über seine Bemühungen, den Hesekiel-Text ins Äth. zu übersetzen und zu kommentieren. Cowley sieht in Ksflä Giyorgis ein spätes Beispiel fiir die philologische Arbeit traditioneller äth. Gelehrter und ihre
Bemühungen um Übersetzung, Textkritik und Kommentierung. Während seines
elfjährigen Aufenthaltes in Rom arbeitete Ksflä Giyorgis mit Ignazio Guidi
zusammen. — M. S. Devens: The Amharic First Order Vowel (115-22): „The
Amh. first order vowel is a mid-low central vowel, halfway between [a] and [a]. It is the vowel expressed by the IPA symbol [b]. While ä will probably continue to be the symbol used to transcribe it, it should be understood to express the pho¬
netic fact: /&/ = [b]." — A. B. Dolgopolsky: Semitic and East Cushitic: sound correspondences and cognate sets (123-42): Sem. *b = Ostkusch. '''6; *p = ■*/; *d =
*d: *t = *t: *( = *d: g = g; *k = *k; *q = *q; *t = *s: *$, *s = *S; *d, *z = *z; *?, *9= *c.
Bücherbesprechungen
— L. Fusella: Una Scaramfmcciapoetica tra 'Afawarq Oabra 'lyasus ed il Blättä Gabra 'Egzi'abeher {14:3-56): Ital. Übers, zweier antiital. Gedichte Blatta Gäbrä 3gzi'abher's, die dieser aus Anlaß des ital.-türk. Krieges 1911-12 verfaßte, sowie Edition des amh. Textes und der ital. Übersetzung von Afäwärk' Gäbrä lyasus' proital. Antwort darauf. — G. Haile: Old Amharic Features in a manu¬
script from Wollo {EMML 7007) (157-69): Orthographisches; Schwanken zwi¬
schen III w/y und III lar., Verben in abgeleiteten Stämmen, die heute in diesen Stämmen nicht mehr gebräuchlich sind bzw. andere Bed. haben; PI. -a6{ö) ; gs'az inbala statt amh. yalä fiir „ohne"; im zusammengesetzten Gerundium wird das Hilfsverb auch in der 3. pl. konjugiert; Fehlen des -mm- der Relativpartikel
yämm- auch im positiven imperfektischen Relativsatz; -n auch am indefiniten Objekt; Gerundium im Hauptsatz; besondere Funktionen von -mna; t ist nicht Kopula (so Goldenberg), sondern eher definiter Artikel. — G. Goldenberg:
Nominalization in Amharic and Harari: adjectivization (170-93): Goldenberg zeigt, daß adjektivisches, genitivisches und relativisches Attribut gleichbehan¬
delt werden bezüglich Pluralisierung, Determinierung und Setzung in den Akku¬
sativ. Bekannt, auch aus den äahri, ist die nominale Pluralendung am Relativ¬
satz. Weniger bekarmt sind wohl Fälle wie yä-Aksum-o6S-u nägästat „Aksums-e Könige" oder näfsai&äw tät'ämta yä-näbbär-u säwo66 „people, whose soul had been thirsty", wo der Plural verbal hergestellt wird, aber in Kongruenz mit säwoöö und nicht mit näfs. — G. Gragg: Representation of language similarity in a sample of Semitic (194-211): Versuch, an Hand von Lukas 7,1-19 lexikalische,
morphologische und syntaktische Ähnlichkeiten zwischen Hebr., Arab., Syr.,
Neuaram., Gs'sz, Tna. und Amh. zu erfassen und dreidimensional darzustellen.
Es zeigt sich, daß das Neuaram. im allgemeinen sem. Rahmen bleibt, während Amh. und Tna. stark abweichen. (Für historische Zwecke hat die Methode wohl vor allem den Nachteil, daß sich Angestammtes, Entlehntes und zufällige Paral¬
lelentwicklung nicht trennen lassen.) — H. Fulass: A Note on Ge'ez relative clau¬
ses (212-20): Der Relativsatz im Gs'az bedarf keines 'ä'id, wenn das Bezugswort direktes Objekt des Relativsatzes ist: wald^iya za-afak'k'.>r „mein Sohn, den ich liebe", während im Amh. und den anderen neuäth. Sprachen ein 'ä'id nötig ist
{yämm,)wäddäw U^e), soweit dessen Position am Verb nicht anderweitig, z.B.
durch ein indirektes Objekt {yä-s'afkullät däbdabbe „der Brief, den ich ihm schrieb") besetzt ist. Fulass weist daraufhin, daß man, wenn dieser und andere Unterschiede in der Relativsatzkonstruktion in Ga'aztexten nicht beachtet wer¬
den, annehmen kann, daß es sich um rezente, vom Tfla. oder Amh. beeinflußte Texte handelt. — R. J. Hayward: Some Aspects of the phonology of ultimate vowels
in Saho-'Afar (221-31): 1. Proto-Saho-'Afar *i, '''e in unakzentuierter Endsilbe fielen im 'Afar > i zusammen, wodurch eine Unregelmäßigkeit (i und e vorhan¬
den; aber nur o, während u fehlt) im Vokalsystem ausgeglichen wurde. 2. Die Akzentregeln des 'Afar erfordern, daß bestimmte Endvokale als lang zu betrach¬
ten sind, obwohl sie phonetisch gleich lang wie die kurzen Vokale gesprochen werden und diachron alle Endvokale lang waren. Hayward gibt jedoch Gründe, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob die Markierung dieser Vokale als lang im Lexikon berechtigt ist. 3. Ein Teil der langen Vokale wird gekürzt, wenn sie in geschlossene Silben geraten, jedoch nicht alle. Hayward zeigt, daß die Kürzung stattfindet, wenn der Akzent auf der ersten More des Langvokals liegt, aber unterbleibt, wenn er auf der zweiten More liegt. — M. Höfner : Zur Funktion von Infinitiven und Demonstrativen im Altsüdarabischen (232-5): 1. Der Infinitiv, der im Asa. ein finites Verb fortsetzt, lautet im II. Stamm fl und nicht tfl (wie in
Bücherbesprechungen
nominaler Funk'tioii). Höfner vermutet deshalb, daß auch bei den anderen
Stämmen je zwei Infinitive, die sich durch die Vokalisation unterschieden, vor¬
handen waren, und vergleicht den das finite Verb fortsetzenden Infinitiv mit dem Gerundium im Ga'az, Amh. und Tna. 2. Die mit d gebildeten Demonstrativa bezeichnen das Nähergelegene, die mit h das Fernergelegene. — G. Hudson:
Evidence of the nominal origin of theperfect in Amharic (236-42): Hudson möchte die Tatsache, daß einige Morpheme (Verneinung al(ä)-, Genitiv und Relativprä¬
fix yä- u. a.) sowohl mit dem Perfekt als auch mit dem Nomen verbunden werden
können, als Beweis fiir die nominale Herkunft des Amh. Perfekts ansehen.
(Obwohl auch ich es für wahrscheinlich halte, daß das westsem. Perfekt nomina¬
len Ursprungs ist, halte ich die angeführten sieben Punkte für nicht beweiskräf¬
tig, da die Entwicklung von Nomen zum Verb lange vor der Entstehung des
Amh. stattgefunden haben muß, während es sich bei den sieben Erscheinungen um speziell amh. Phänome handelt.) — Th. L. Kai^e : An unpublished Geez-Amha- ric magic manuscript (243-56): Ausführliche Beschreibung und Inhaltsangabe
eines Rezeptbuches (geschrieben zwischen 1938 und 1960), das Kane 1977 in
Addis Ababa erwarb. — 0. Kapeliuk: Les Verbes „redondants" en amharique
(257-74): Verwendung der Gerundien von honä, mässälä, adärrägä, alä zum
Ausdruck von adverbiellen Wendungen und deutsch „als" in Ausdrücken wie „er spricht als Minister". Zum Schluß Vergleiehe mit dem Türk, (olarak, diye). — W.
W. Müller: Äthiopische Margirmlglossen zum sabäischen Wörterbuch (275-85):
Liste sab. Wörter, die im Ga'az, jedoch nicht im Arab, eine Etymologie haben. — K. PeträCek: La Copule näw en amharique dans une perspective chamitosemitique et africaine (286-95): Sieht in näw eine Kopula verbalen Ursprungs und ver¬
gleicht sie mit w-haltigen Kopulae anderer semitoham. und afr. Sprachen. — H.
J. Polotsky: Amharic Minutiae (296-306): 1. Die beiden Ausdrucksweisen für
das Subjekt des Infinitivs N madräg-u vs. yä-N madräg. 2. Syntax der cleft sen¬
tences nach dem Typ zare näw yämmihedut „es ist heute, daß sie gehen". — S.
Raz: Souree Materials for the study of the Tigre languages (S. 307-22): Ubersicht
über Texte, Grammatiken und Wörterbücher des Te. mit Angaben zur Entste¬
hungsgeschichte und vor ahem über die Gewährsleute und deren Herkunft. —
M. V. Right: B. A. Turaev's Contribution to the world science of Ethiopian studies (323-29): Übersicht über die Arbeiten Turaev's. „One can hardly find a single historical souree that was overlooked by B. A. Turaev. His investigations on Ethiopia have laid a solid foundation for Russian and Soviet Ethiopian studies."
— 0. Rössler: Äthiopisch urul Hamitisch (330-36): 1. II etymologische Ver¬
gleiehe ausschließlich zwisehen äth. und ham. Sprachen. 2. 14 sem.-ham. Ver¬
gleiehe mit oder ohne Beteiligung der äth. Sprachen. — S. Segert: Ethiopian and Hebrew Prosody: some preliminary observations (337-50): Äth. Poesie ist vor allem durch den Reim und einen (aus den geschriebenen Texten nicht erkennba¬
ren) musikalischen Rhythmus gekennzeichnet. Reim tritt im Hebr. in größerem Umfang erst im Mittelalter auf. Obwofil die sonstigen Übereinstimmungen — vor allem wegen der schlechten Greifbarkeit in den schrifthchen Quellen — mager sind, meint Segert, daß „they are probably not the result of parallel sponta¬
neous development". (Eine Anm.: zu den Wiederholungen von Wörtern am
Versanfang der Te.-Klagelieder vgl. die gleiche Erscheinung in arab. maräti. Bei den musl. Te. ist arab. Einfluß ja naheliegend.) — E. Ullendorff: Emperor
Yohannes IV of Ethiopia and the building of the Ethiopian church of Däbrä Gännät at Jerusalem (351 -54): FaksimUe und Übersetzung eines Schreibens von Yohan¬
nes IV. an den griech. Konsul in Jerusalem (womit walirscheinlich der Konsul
Bücherbesprechungen
Mitzakis in Suez gemeint ist) vom 30. 5. 1883. — R. M. Voigt: The Vowel System of G,)'z (355-62): Voigt setzt die historische Reihenfole der Vokalveränderun¬
gen im Ga'az in Beziehung zu den Stufen des Schwundes der Laryngale. Er sieht in Studien wie der vorliegenden die Möglichkeit, die historische Aussprache des Ga'az unabhängig von der unzuverlässigen tradtitionellen Aussprache zu rekon¬
struieren. — E. Wagner: Selt'i-Verse in arabischer Schrift aus dem Schlobies- Nachlafi (363-74): Gibt an Hand einiger Selt'i-Verse eine Probe der Selt'i-Ortho- graphie in arab. Schrift und vergleicht sie mit der des Harari in arab. Schrift. — A. Zaborski: Basic Numerais in the Omotic langunges (375-90): The "numerals are quite important for the internal classification ofthe Omotic languages while they contribute less to the elucidation ofthe problem ofthe external genetic rela¬
tionship of Omotic, though in hght of them a genetic link with Cushitic is much stronger than a suspected link with Nilo-Saharan."
Alphabet: A. Demoz: Amharic Script Reform Efforts (393-411): Demoz
beschreibt ausführlich die Reformversuche Manilak's II. und der Lovers of Lear¬
ning in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg und tritt selbst für eine gemäßigte Reform ein: Eliminierung der überflüssigen aus dem Ga'az ererbten Buchstaben, Beseitigung der gröbsten Unregelmäßigkeiten bei den Vokalzeichen vor allem in der 6. Reihe. Zeichen für Konsonantenlängung und S>wä seien dagegen für amh.
Leser unnötig und verwirrend. — R. Schneider: Les Origines de l'ecriture ethio¬
pienne (412-16): Die äth. Schrift ist nicht aus der asa. Monumentale, sondem aus einer Kursive hervorgegangen. Die Reihenfolge des äth. Alphabets ist durch eine 1959 publizierte Inschrift aus Dakhanomo in Eritrea bereits fiir das Ende des 3. /Anfang des 4. Jhdts. belegt.
History : E. van Donzel: King Fäsilidas, Abuna Marqos andAbeto Galäw¬
dewos (419-29): Auswertung der Berichte der kath. Missionare und der Sirat al- HabaSa von al-Haimi (beide gegenüber Fäsilidas feindlich eingestellt, da er sich gegen die kath. Mission wandte und auch nicht Muslim wurde) zum Schicksal
des Abüna Mark'ös und des Abetö Galäwdewos, des Bruders von Fäsilidas. —
H. G. Marcus: France's Abandonment of Ethiopia to Italy , 1928-1935 (430-37):
Ras Täfari's Bemühungen Ende der 20iger Jahre, Äthiopiens diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen von Frankreich zu lösen und auf eine breiter inter¬
nationale Basis zu stellen, fiihrten zu einem wachsenden Desintresse Frank¬
reichs an Äthiopien, was schließlich Laval dazu veranlaßte, den Italienern in einem Gespräch mit Mussolini am 7.1. 1935 in Äthiopien freie Hand zu lassen. — W. A. Shack: Obi: an heroic Gurage praise chant (438-41): Text und Überset¬
zung eines wäyäg oder Lobliedes auf den großen Krieger Obi, der vor gut 50 Jah¬
ren gelebt haben muß. — J. Tubiana: Le Mariage ethiopien d'Amauld d'Abbadie
(442-48): Nach einer Tradition in der Famhie d'Abbadie war Arnauld d'Ab¬
badie in Äthiopien mit Wälättä Rufa'el, einer Verwandten des dä^azmadG"o&u, verheiratet, die ilim zwei Kinder gebar, eine Tochter, die d'Abbadie in Bairüt erziehen ließ, wo sie früh starb, und einen Sohn, den er bei seiner Abreise 1848 bei der Mutter ließ, da er ihn nicht als seinen Sohn anerkennen wollte. Tubiana macht es wahrscheinlich, daß es sich bei dem Ouold-Mikael, den Alexandre Girard: Souvenirs d'un voyage en Abyssinie (1868-1869). Le Caire 1873, S. 235,
erwähnt, um den Sohn d'Abbadie's handelt.
Anthropology : E. Haberland: Gambo's Story — a mythical tradition from
Male (S-W Ethiopia) (541 -65): Text mit wörtlicher und freier Übersetzung eines Mythos in der zum Ometo gehörenden Male-Sprache. — H. S. Lewis: Spirit Pos¬
session in Ethiopia: an essay in interpretation (466-80): Besessenheitskulte
Bücherbesprechungen
haben in den letzten Jahrzehnten in Äthiopien eine immer größere Verbreitung
gefunden. Einen Grund dafür sieht Lewis in den amh. Erobenmgen, die einer¬
seits alte politische und religiöse Autoritäten beseitigten, andererseits die inter- tribale Kommunikation erleichterten. So konnten die Kulte schnell in die ent¬
standenen Vakuen eindringen. Nach Lewis sollte man über der Tatsache, daß
die Kulte vor allem von Unterprivilegierten für ihre persönlichen sozialen, psy¬
chologischen, ideologischen, politischen und ökonomischen Bedürfnisse und
Ambitionen benutzt werden, nicht vergessen, daß vor all diesem eine Idee und ein Glaube gestanden haben muß. — R. Pankhurst: Some Names for foreigners in Menelik's Ethiopia: Färänj, Taleyan and 'Ali — and the Greek who became a Färänj (481-94): Das Wort färänj, das zunächst den röm.-kath. Westeuropäer bezeichnete, wird seit Manilak's Zeit allgemein für den Westeuropäer gebraucht.
Die Griechen, früher mit anderen Orthodoxen als gibs' bezeichnet, erhielten in Manilak's Zeit den Namen grek, das weiter zum Wort für den sozial niedrig gestellten Europäer wurde und auch Italiener und Armenier einschloß (durch sozialen Aufstieg konnte ein grek zum färänj werden). Seit der Schlacht von Adwa bis etwa 1900 war zunächst für die Italiener und dann liir alle Europäer das ursprünghch verächtliche 'ali in Gebrauch, das die Italiener, die in Eritrea
vor allem mit Mushmen in Berührung gekommen waren, vor ihrer Niederlage
umgekehrt fiir die Äthiopier verwendet hatten. — F. Rosenthal: A fourteenth- century Report on Ehtiapia (495-503): Arab. Text und Übersetzung einer Pas¬
sage aus Ibn al-öazari: Hawädit az-zamän, in der der Historiker über einige Informationen berichtet, die er im Jalire 1330 von einem Kaufmann erfuelt,
der in Äthiopien gereist war. Die Informationen betreffen in erster Linie
Lebensgewohnheiten. Das Essen von rohem Fleisch und 6'at werden er¬
wähnt.
Archaeology: F. Anfray: Tumulus, pierres levees et autres vestiges dans le Menz en Ethiopie (507-18): Beschreibung archäologisch interessanter Objekte
nahe Mehal Meda, 260 km nordöstl. von Addis Ababa: 1. Tumulus Graft Gour.
2. Steinsetzung in Tchat-Weha-Sellassie. 3. Steinskulptur in der Rufael-Kirche bei Mesahale-Maryam. 4. Grotte mit chrisi. Heiligtum in Abrara-Medhane-Alem.
Außerdem macht Anfray auf die Mönchsgemeinde von Yelemme-Ghedam von
etwa 175 Männern und Frauen aufmerksam, die dort ohne Kirche (nur Gebets¬
saal) und ohne religiöse Symbole (auch keine Kreuze) ein asketisches Leben führt. Er fragt, ob es sich um alte Falaäas oder eine früh von der äth. Kirche abgetrennte Gemeinde handle.
Art: St. Chojnacki: A Note on the costumes in 15th and early 16th-century paintings: portraits ofthe nobles and their relation to the images of saints on horse¬
back (521-53): Der Vergleich der Kleidung von drei Stifterbildem mit der Klei¬
dung von Reiterheiligen zeigt, daß auch letztere nach der äth. Mode der Zeit gekleidet waren. Es scheint deshalb erlaubt zu sein, aus der Kleidung der Rei¬
terheiligen Rückschlüsse auf die historische Kleidung des äth. Adels zu ziehen.
Es zeigt sich, daß die Kleidung bereits in dem von Chojnacki untersuchten Zeitraum modischen Schwankungen unterworfen war, so daß es erst recht nicht angängig ist, aus modernen Verhältnissen Rückschlüsse auf die Vergangenheit zu ziehen. Außerdem weist die Kleidung des Adels starke ausländische Einflüsse auf — M.E. He LDMAN : An Ethiopian Miniature of the head of St. Mark: Egyptian influence of the Monastery of St. Stephan, Hayq (554-68): Das Evangeliar, das der Gründer von Haik' 38tifänös, lyäsüs Mö'a, 1280 seinem Kloster schenkte, ent¬
hält eine Miniatur des Hauptes von St. Markos, das in der kopt. Kirche eine
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große Rolle als Reliquie spielt. Heldman trägt weitere Fakten zusammen, die äg. Einfluß speziell auf dieses Kloster wahrscheinlich machen.
Music: K. K. Shbi.emay: A new System of musical notation inEhtiopia{5T 1- 82): Das 1963 gegründete Orchestra Ethiopia hatte die Aufgabe, traditionelle äth. Musik in Orchestermusik umzuformen. Künstler aus verschiedenen Provin¬
zen, die zumeist nur an Solo-Auftritte gewöhnt waren, sollten nun ihnen teil¬
weise fremde Musik im Orchester darbieten. Dafiir bedurfte es eines Notations¬
systems, das 1974 von Tesfaye Lemma, Nigussu Retta und Abebe Wolde vorge¬
legt wurde. In diesem wurden die Tonhöhen durch äth. Zahlen ausgedrückt, in¬
dem man die Saiten des k)rar durchzählte. Sie lassen sich ebenso wie die
Bezeichnung der Tonlängen durch geometrische Zeichen (Viereck = ganze Note, Dreieck = Viertelnote usw.) leicht in europ. Noten umsetzen. Daneben werden traditionelle Melodien und provinzielle Rhythmen auf alte äth. Weise durch
Buchstaben (Abkürzung des Namens) ausgedrückt. Außerdem gibt es für Laut¬
stärke, Spielweise usw. noch geometrische und piktographische Zeichen. (Mir scheinen hier im Grunde zwei voneinander unabhängige Systeme vorzuliegen:
die generellen Anweisungen durch Buchstaben und geometrische Zeichen, die
der traditionell Gebildete liest, und die in europ. Notation umsetzbaren Zahlen und Zeichen für Tonhöhen und -längen, die der modern Gebildete liest. Beide bedürften der jeweils anderen Angabe eigentlich nicht.)
Ewald Wagner, Gießen
1. diethnes Synedrio hellenoarabikön spudön. First Intemational Congress on Greek and Arabic Studies. Athena 1983-84. 296 und 258 S. 8" (Graeco-Arabica.
Vol. 2. 3.)
Die Veröffentlichung der Vorträge des 1. Kongresses fiir Griechisch-Arabische Studien, der im Juni 1983 in Athen stattfand (vgl. ZDMG 134 [1984], S. *70*-
*71*), hat nicht lange auf sich warten lassen. Sie wurden als 2. und 3. Band der Zeitschrift Graeco-Arabica (vgl. die Anzeige des 1. Bdes in ZDMG 134 [1984], S. 189) publiziert. Die Beiträge zeigen, daß der Begriff „Griechisch-Arabisch"
sehr weit gefaßt wurde, so daß Vorträge über die Beziehungen der griech.-heile¬
nist. Welt zu den heute islam. Ländern vor der arab. Eroberung und über noch
ferner Liegendes (Sibesh Bhattacharya über die Integration von Griechen
und Saken in das ind. Kastensystem) gehalten werden konnten.
Ägyptologie und Koptologie (einschließlich Nubien und Afrika) waren
vertreten durch Elsaadani über den Vergleich zwischen prähistorischer kret.
und äg. Kunst, Rodziewicz über Marea nahe dem heutigen Alexandrien, Ras-
saet-Debergh über hellenist.-röm. Einflüsse auf die kopt. Malerei, Desanges über Hellenismus in Meroe, Donadoni über griech. Inschriften in Nubien, Van-
TiNl über Nubien nach griech. und arab. Geographen und Lazarou über Grie¬
chen im röm. Ägypten. Kaegi rät zur Vorsicht gegenüber Garrards Theorie
vom transsaharanischen Goldhandel zur Zeit der byzant. Herrschaft in Nord¬
afrika.
Das vorislamische Vorderasien behandelten Gawlikowski mit sei¬
nem Vortrag über AUat-Athena in Palmyra und Papathomopoulos mit seiner
Ubersicht über die griech. Quellen über die vorislam. Araber.
Zeitschrift der Deutschen Morgeniändischen Gesellschaft Band 136, Heft 2 (1985)
© Deutsche Morgenländische Gesellschaft e.V.
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Der griech.-arab. Philosophie galten die Vorträge von Macuch über
griech. und oriental. Quellen in der Theosophie von Avicenna und as-Suhra¬
wardi {al-hikma al-maJriqiya und hikmat al-iSräq) und al-Sharkawi über die
aristotelischen Kategorien und die göttlichen Attribute im Islam (glaubt, daß die stoische Lehre von den Kategorien die mu'tazUitische und aä'aritische Attri¬
butenlehre beeinflußte). Ziakas greift; mit seiner Untersuchung über die Her¬
kunft der pseudo-aristotelischen Werke bei den Arabern in die Diskussion über die Anfänge des griech. Einflusses auf die arab. Wissenschaft ein und Shama handelt über die Haltung der Muslime zur griech. Philosophie.
Die byzant.-arab. Beziehungen in Politik und Wirtschaft waren
Gegenstand der Beiträge von O'Bweno über Afrikaner in den byzant.-arab.
Beziehungen und Kyrris über Arabern und Byzantiner auf Zypern.
Die byzant.-arab. literarischen Beziehungen und die Kenntms von¬
einander waren Thema der Vorträge von MeImaris und Selim über die arab.
Version der Vita der Hl. Theodora von Edessa, die in einer 1978 entdeckten
Sammelhs. enthalten ist, RYD^:N über die Darstellung des arab. Eunuchen
Samonas, der unter Leo VI (886-912) eine Rohe spielte, in byzant. QueUen,
MARiN über „Rüm" bei den span. -arab. Geographen, Oikonomäkes über Athen und die Peloponnes bei den arab. Geographen, Kolias über die Araber in Leo's VI. Tactica, Christides über Zitate über den Seekrieg aus dem gleichen Werk in Ibn al-Manqalis (14. Jhdt.) al-Ahkäm fifann al-qitäl fi l-bahr, MeImaris über die Erwähnung der Higra-Ara in griech. Inschriften und Papyri aus Palästina,
LöLOS über die arab. Version des Pseudo-Kallisthenes, Condylis über die
griech. Version von Kalila und Dimna und Kechagiöglu über die ersten griech.
Übersetzungen von 1001 Nacht, die aus den ital. Übersetzungen der franz. Über¬
setzungen von Galland und P^;TIS de la Croix übersetzt wurden.
Die christl. -islam. Apologie wird behandelt durch Cariotoglou über
die Darstellung der Araber in der Apokalypse des Pseudo-Methodios von Patara und durch Argyeiou mit dem griech. Text nebst franz. Übersetzung einer pole¬
mischen Muhammad-Vita.
Kunstgeschichtliches kommt zu Wort bei Peters über die Erbauer des
Felsendoms, Delivorrias über die islam. Schätze des Benaki-Museums in
Athen (mit 1 1 Taf) und Philon über ein Stück dieser Sammlung, das Fragment einer musl. Schale mit dem Bild der Kreuzesabnahme (mamlükisch).
Weitere Vorträge hielten: Smith: How Magic was changed by the Triumph of
(Jhristianity, Giannakis: The Concept of the term umma during the life of the Pro¬
phet Mohammet; Karap atösoglu: Etymologikes semeiöseis (Etymologie von
abdranJcas, agaros, gazi, klapa, uzo). Besonders interessant erscheint mir, obwohl ich total anderer Ansicht bin, der Beitrag von Mazzaoui : East and West: Moslem Intellectual History during the Eighteenth Century. M. glaubt, daß — wäre die Ent¬
wicklung nicht durch den europäischen Eingriff unterbrochen worden — „as a
result ofthe ideas ofthe 18th century Moslem intellectuals, the Moslem world
was expected to be engulfed within a French Revolution type cataclysmic
change which would have totally transformed the traditional Moslem way of
life."
Ewald Wagner, Gießen
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Angelika Neuwirth: Studien zur Komposition der mekkanischen Suren. Berhn,
New York: De Gruyter 1981. IX, 433 S., 3 Tab. (Beihefte zur Zeitschrift „Der Islam". N.F. 10.) 276,- DM. ISBN 3-11-007547-4.
Als D. H. MtJLLER vor etwa einem Jahrhundert seine Arbeit über Strophen¬
bau im Koran vorlegte {Die Propheten in ihrer ursprünglichen Form. Die Grundge¬
setze der ursemitischen Poesie. I/II. Wien 1896), fand er wenig Zustimmung. Nöl¬
dekes vorsichtiges Urteil {Geschichte des Qoräns. T. 1. 2. Aufl. Leipzig 1909, S. 43 f) schloß die Möglichkeit künstlerischer Formen in einzelnen Suren zwar nicht aus, war jedoch in seiner Zurückhaltung kaum geeignet, MtJLLERs These Anerkennung zu verschaffen. Ungünstig hat sich vermutlich die Verflechtung der Koranfrage mit einer „ursemitischen" Theorie ausgewirkt, dazu die wenig differenzierte Methodik und der enge Strophenbegriff der Zeit, in der die heute vertraute Vorstellung von ungleichmäßigen Strophen noch nicht geläufig war.
Ein anderer wesentlicher Grund dafiir, daß die Arbeit vergessen und ihr Ansatz bis vor kurzem nicht wieder aufgenommen wurde, liegt zweifellos in der proble¬
matischen Text- und Überlieferungsgeschichte des Korans, die zu formalästheti¬
schen Analysen größerer Texteinheiten nicht ermutigte. Die vorliegende Unter¬
suchung von A. Neuwirth beweist jedoch, daß der textkritisehe und der ästhe¬
tische Ansatz sich fruchtbar ergänzen. Nach dem mißglückten Versuch von G.
LtJLiNG, einen vorislamischen, christlichen Ur-Koran nachzuweisen {Der Ur-
Qoran. Erlangen 1974), ist dies die erste systematische Formanalyse korani¬
scher Suren seit MtJLLER und stellt trotz ihres abweichenden Beweiszieles eine späte Rechtfertigung seiner These dar. Sie macht zudem deutlich, daß auch die Literaturwissenschaft zur Diskussion über die Textgeschichte des Korans bei¬
tragen kann.
Bei ihrem Versuch, die Kompositionsgesetze der mekkanischen Suren heraus¬
zuarbeiten, verzichtet die Vf auf den Begriff der Strophe, der mißverständlich sei, da er „eine jeweils gleiche Verszahl" suggeriere (S. 177). Sie verwendet stattdessen für kleinere thematische Einheiten den Ausdruck „Gesätz", den A.
Bloch aus der Altgermanistik für die Qit'a und die verschiedenen Abschnitte der Qaside übernommen hatte {Qasida. In: Asiatische Studien 2 [1948], S. 106- 132). Die Hauptthese der Arbeit betrifft jedoch die größere Formeinheit, die Sure, in der die Vf bewußt gestaltete Rezitationstexte sieht, die gattungsmäßi¬
gen Charakter haben; nach Analogie der Psalmen wären sie als „zusammenge¬
setzte Gattungen" anzusehen (S. 10). Dem Nachweis der Gattung „Sure" sind die drei Hauptteile des Buches gewidmet, denen als erstes Kapitel eine ausfiihr¬
liche Diskussion der bisher üblichen Versabteilungen vorangeht (S. 11-63). Im
zweiten Kapitel (S. 65-114) untersucht Neuwirth den koranischen Reim und
seine Funktion für die thematische Gliederung der Texte. Sie geht dann zur Ana¬
lyse des Verses über (S. 117-174) und behandelt anschließend, als wichtigsten Teil der Beweisführung, die Komposition voUständiger Suren (S. 175-321). Es folgen ein Exkurs, in dem die Vf auf der Basis der Reimwörter die Frage des Wortakzents im Koran zu klären sucht (S. 323-359), und mehrere Surentrans- kripte (S. 362-420), die die Ergebnisse optisch verdeuthchen und ihre Nachprü¬
fung erleichtern.
Die Untersuchung ist in allen Teilen von zwei heuristischen Prinzipien gelei¬
tet, die sich im Ganzen als fruchtbar erwiesen haben. Die Vf ist bestrebt, die for¬
malen Mittel des Korans in ihrer Eigenart zu erkennen, statt sie an den Formka¬
tegorien von Poesie und Reimprosa zu messen, und sucht nachzuweisen, daß
Zeitschrift der Deutschen Morgeniändischen Gesellschaft Band 135, Heft 2 (1985)
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diese Mittel fiinktional eingesetzt sind und damit in Relation zur wechselnden Thematik der Suren stehen. Ihr Reimbegriff ist daher so weit gefaßt, daß er von der Übereinstimmung der Silbenstruktur und des Reimbuchstaben bis zu leich¬
ten klanglichen Entsprechungen reicht, wie sie bei gleicher morphologischer Struktur und verschiedenen Phonemen entstehen (z. B. hafi?/mari^). Die Unter¬
scheidung von „Reimwechsel" (= Änderung der Silbenstruktur) und „Reimab¬
wandlung" (= Änderung des Reimbuchstaben) ermöglicht es ihr, den Wandel in
der Funktion des Reimes von den frühen bis zu den spätmekkanischen Suren
genauer, als dies bisher geschah, zu erkennen. Bei der Untersuchung des Rei¬
mes als Mittel zur Gliederung der Suren weist Neuwirth u. a. auf das Phäno¬
men der „Reimverkettung" hin, d. h. ReimwechselZ-abwandlung wenige Verse vor oder nach einem thematischen Einschnitt, die sie als Mittel zum Zusammen¬
schluß von Gesätzen interpretiert. Ferner macht sie auf die Funktion der schon von Nöldeke erwähnten „reimlosen Verse" zur Hervorhebung bestimmter Aus¬
sagen aufmerksam; die Bezeichnung „isolierte Reime", die sie stattdessen ein- liihren möchte (S. 92), halte ich allerdings nicht fiir glücklich. Die Ergebnisse der Analyse werden in zwei großen Tabellen dargelegt, wobei mir die Feststel¬
lung von „Reimserien", d.h. Versgruppen mit harmonischer Konsonantenwahl (z.B. Sonore, Explosive), besonders wichtig erscheint, da sie bisher keine Beachtung gefunden haben. Wer das ausführhch präsentierte Material in diesem Kapitel durchprüft, wird neben interessanten Detailergebnissen ohne Zweifel
auch Einteilungen und Deutungen finden, die der Diskussion bedürfen. Die
Figur der „Reimverkettung" (z.B. in Sure 25, 62/63) fordert dazu heraus, ebenso die Relevanz von Reimserien mit „dominanten Phonemen" (z.B. Sure 50, 1-45). Wie homogen wurden sie von den Hörern empfunden? Dennoch bleibt als Fazit, daß sich die methodischen Ansätze der Vf zum großen Teil bewährt haben.
Bei der Behandlung des Koran verses wendet Neuwirth das Verfahren der
kolometrischen Analyse an, das fiir Prosatexte entwickelt worden ist und in der Gliederung von Texten in kleine syntaktische Einheiten besteht, die in einem
Atemzug gesprochen werden können. Da das Kolon nicht notwendig mit dem
Satz oder Nebensatz identisch ist, kann die Vf auf diesem Wege die wechselnde Länge des Koranverses und seine rhythmische Gestalt präziser erfassen, als es durch die syntaktische Analyse allein möglich wäre. Ein weiterer Begriff ihrer Versanalyse ist die „Klausel", das formelhafte, nur leicht reimende Versende der
späten mekkanischen Suren, dem sie „eine Mittelstellung zwischen Reim und
Refrain" zuspricht (S. 168). Durch die Gegenüberstellung von „Reimvers"
(= Vers mit integriertem Reimwort) und „Klauselvers" ist der Unterschied zwi¬
schen dem Sprachstil der frühen Suren und den langen, rhythmisch stark geglie¬
derten Versen der späteren Texte hervorgehoben. Wie die Vf zeigen konnte,
haben die oft als „prosaisch" bezeichneten Suren gegen Ende der mekkanischen Periode einen ganz eigenen rhetorischen Charakter, der sich aus ihrer liturgi¬
schen Funktion erklärt und sie von jeder anderen Prosa unterscheidet. Die
Übertragung der Verstheorie von R. P. Scheindlin: Form und Stmcture in the
Poetry of Mu'tamid Ibn 'Abbäd. Leiden 1974, S. 31 ff., auf den koranischen Vers (S. 136ff.) halte ich jedoch für unzulässig. Scheindlin hatte versucht, die
besondere ästhetische Leistung der klassischen arabischen Metrik und des
Monoreims auf einen unveränderlichen Zyklus von „Erwartung und Erfüllung"
(anticipation and resolution) zurückzuführen, der im stark akzentuierten Reim¬
wort seinen befriedigenden Abschluß fmdet. Wenn man diese Theorie mit Neu-
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WIBTH auf die allgemeine und keineswegs neue Beobachtung reduziert, daß
Vers- und Reimschemata mit der Erwartung des Hörers/Lesers spielen, sie
erfüllen oder enttäuschen und damit Uberraschungseffekte erzielen, dann wird sie flach und verliert den Sinn und die Punktion, die sie für Scheindlin hat.
Richtig ist, daß im Koran, wie in ausnahmslos jeder literarischen Form mit Vers
und Reim, Erwartungen geweckt werden, und daß je nach dem Grade ihrer
Erfüllung verschiedene ästhetische Wirkungen entstehen.
Der letzte Teil der Analyse betrifft die Gliederung der Suren in klassifizierbare Versgruppen und die Gesetzmäßigkeit ihrer Anordnung. Die Vf hat eine Anzafif von Gesätztypen herausgearbeitet (Hymnus, Schwurserie, Offenbarungsbestäti¬
gung, Polemik, Legende etc.) und dabei den Anfangs- und Schlußformen beson¬
dere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie konnte nachweisen, daß diese oft ähnlich gestaltet sind, und daß auch in den HauptteUen vieler Suren inhaltliche und for¬
male Schemata vorliegen, die auf eine kompositorische Absicht schließen las¬
sen. Hier reicht der Begriff „Gesätz" zur Beschreibung allerdings nicht mehr aus und es wird deuthch, wie künstlich die Vermeidung des Wortes „Strophe" ist, die
im übrigen nicht immer gelingt. Die Vf spricht einmal von „Strophen und
Gegenstrophen" (S. 180) und verwendet häufig den Terminus „Refrain", der den Strophenbegriff impliziert. Ich meine, daß nichts gewormen ist, wenn man statt des etwas belasteten Ausdrucks „Strophe" die Umschreibung „Versgruppen mit Refrain" wählt. Es ist ofiensichtlich, daß der Koran an verschiedenen Stellen Strophenformen enthält, und die Bemerkung der Vf , die Sure basiere „auf den in ihrem Miheu iebendigen Formen liturgischer Rede" (S. 316, Anm.), gibt eine
der Richtungen an, in der die Erklärung zu suchen ist. Man kann außerdem
daran denken, daß Ansätze zu strophischen Gliederungen auch in der zeitgenös¬
sischen Poesie erkennbar sind, z.B. in der berühmten martiya des Abü Du'aib
auf den Tod seiner Söhne {Der Diwan des Abu Du'aib. Hrsg. u. übers, von
Joseph Hell. Harmover 1926, Nr. 1). Die Analogie zur Dichtung scheint mir
noch in anderer Hinsicht von Bedeutung zu sein. Neuwibth hat zurecht betont, daß die mittel- und spätmekkanischen Suren in ihrer Länge der Qaside ähneln, also eine Rezitationsdauer vorsehen, die den Anhängern des Propheten vertraut
war. Es ist ferner daran zu erinnern, daß nach der Untersuchung von M. C.
Bateson: Structural Continuity in Poetry. Paris, The Hague 1970, S. 123, nicht der Vers, sondern die Versgruppe die kleinste Kompositionseinheit der vorisla¬
mischen Dichtung sei; sie würde in etwa dem entsprechen, was die Vf „Gesätz"
nennt. Auf die „Ähnlichkeit" (similarity) , wenn auch nicht Identität der künstle¬
rischen Mittel in Poesie und Koran hat kürzlich auch 1. Shahid entschieden hin¬
gewiesen {Another Contribution to Koranic Exegesis: The Süra of the Poets {XXVPf.
In: Journal of Arabic Literature 14 (1983), 1-21, s. S. 19. AU das deutet auf ver¬
gleichbare Kompositionsbedingungen in beiden Textarten hin.
Der Wert der Untersuchung liegt einmal in der Darlegung des analysierten Materials, die als Grundlage für weitere Forschungen dienen kann. Zum andern hat die Vf durch ihre Interpretation bekannter Phänomene und durch die Erar¬
beitung neuer Formkategorien zeigen können, daß in einem großen Teil der
mekkanischen Suren planvolle, von rhetorischen Absichten geleitete Komposi¬
tionen vorliegen. Was bedeutet dies für das Beweisziel der Arbeit, die Gattung
„Sure", und welche Folgerungen lassen sich daraus für die Textgeschichte des Korans ziehen? Der erste Punkt, die Anwendbarkeit des Gattungsbegriffs,
bedarf nach meiner Auffassung noch der Diskussion. Ich habe gegen „die Gat¬
tung, die historisch nur eimnal begegnet" (S. 316, Anm.), dieselben Vorbehalte 26 ZDMG 135/2
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wie gegen den „isoherten Reim" (s.o.); es widerspricht der Definition, mit der wir zu arbeiten gewohnt sind. Außerdem müßte der Gattungsbegriff sehr djma- misch konzipiert werden, um sowohl die Gruppe der finihen Suren, als auch die späteren Zeugnisse einzuschließen. Was den zweiten Punkt betrifft, so stellen die Ergebnisse der Arbeit ohne Zweifel gewichtige Argumente für die Auseinan¬
dersetzung um die Entstehung des Korantextes dar. Wenn wir statt der mehr
oder weniger zufälligen KompUation von Einzeloffenbarungen eine bewußte,
von liturgischen Zielen bestimmte Komposition anzunehmen haben, dann ist es einleuchtend, diese Tätigkeit dem Propheten selbst zuzuschreiben. Das würde gegen verschiedene ältere Theorien sprechen, vor allem aber gegen die neuere
These von J. Wansbrough: Quranic Studies. Oxford 1977, der im Korantext
das Resultat eines längeren Überlieferungsprozesses sieht. Es ist zu bedauern, daß die Vf dem Leser den Zugang zu ihren Erkenntnissen so schwer macht. Das Buch ist durch leicht vermeidbare Ungeschicklichkeiten der Anordnung, verwir¬
rende Zeichen- und Abkürzungssysteme und durch den oft zu knappen verbin¬
denden Text eine mühsame Lektüre. So ist zu beliirchten, daß sich nur die Spe¬
zialisten den Weg zu seinen wertvollen Ergebnissen bahnen werden.
Renate Jacobi, Saarbrücken
Mansour Ajami: The Neckveins of winter. TTie controversy over natural and arti¬
ficial poetry in medieval Arabic literary criticism. Leiden: Brill 1984. X, 84 S. 8"
(Studies in Arabic literature. 9.) 28,- hfl. ISBN 90-04-07016-8.
Nach der „Hand des Nordwinds" nun die „Halsschlagadern des Winters"' ! Sie
behandeln den von den arabischen Literaturwissenschaftlern immer wieder
traktierten Gegensatz zwischen dem matbü'- und dem mutakallif-Dichter. Dabei handelt es sich nicht im eigenthchen Sinne um eine Kontroverse, denn alle Kriti¬
ker sind liir /a6' und gegen takalluf. Was sich ändert, ist vielmehr die Definition der Begriffe tafi' und takalluf, bzw. die Klassifizierung der Verse unter den einen
oder anderen Begriff. Während frühe Autoren matbü' mehr oder minder mit
„vor- und frühislamisch" gleichsetzten und spätere Dichter als mutakallif a,nsa.- hen, wurde später oft der badi'-Sül mit takalluf identifiziert, bis 'Abdalqähir al- öurgäni dem früher mit takalluf nahezu gleichgesetzten Begriff ^an'a sein negati¬
ves image nahm und von dem matbü'-masnü'-Dichter (wodurch ma^nü' etwa von
„gekünstelt" zu „kunstvoll" wurde) sprach, dessen moderate und vor allem
geistreiche Anwendung rhetorischer Figuren durchaus positiv zu werten ist.
Ajami fiihrt die Anschauungen der arabischen Literaturwissenschaftler einer nach dem anderen vor, wobei er sie in drei Gruppen einteilt: 1. Polarization of the issue. Natural poetry accorded precedence over artificial poetry: early third to early fifth century. Hier werden al-A§ma'i, Ibn Salläm al-öumahi, al-öähiz, BiSr b. al-Mu'tamir, Ibn Qutaiba, al-Mubarrad, Ibn al-Mu'tazz, Ibn Tabätabä,
Qudäma b. öa'far, Ishäq b. Wahb, Abü Bakr a^-^üli, al-Färäbi, al-Ämidi,
' Das offensichtliche Vorbild fiir den Titel wird nicht genannt, obwohl dort im Zusammenhang mit der gleichen Ämidi-Stelle, die Ajami S. 25-6 behandelt,
Abü Tammäms ahädi' auch erwähnt werden (W. Heinrichs: The Hand of the
Northwind. Wiesbaden 1977, S. 39).
ZeiUchrift der Deutschen Morgeniändischen Gesellschaft Band 135, Heft 2 (1985)
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