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November Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis i 1 Einleitung 1 2 Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment 3 2.1 Der Large Hadron Collider (LHC

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Physik-Department der TU M ¨unchen

Studium des Myonnachweises mit dem ATLAS-Detektor f ¨ur die Suche nach dem

Higgsboson im Kanal H ZZ(∗) 4`

DIPLOMARBEIT VON

Maximilian Goblirsch-Kolb

02. November 2011

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(3)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis i

1 Einleitung 1

2 Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment 3

2.1 Der Large Hadron Collider (LHC) . . . . 3

2.2 Der ATLAS-Detektor . . . . 5

2.2.1 ATLAS-Koordinaten . . . . 5

2.2.2 Aufbau des Detektors . . . . 5

2.2.2.1 Der Innendetektor . . . . 6

2.2.2.2 Die Kalorimeter . . . . 8

2.2.2.3 Das Myonspektrometer . . . 10

2.2.3 Das Triggersystem . . . 15

2.2.4 Strahlbedingungen 2011 . . . 17

2.2.5 Simulation . . . 19

3 Higgs-Suche am LHC 21 3.1 Higgsproduktion am LHC . . . 21

3.2 Bedeutende Zerfallskan¨ale . . . 23

3.3 Der KanalH ZZ(∗)4`[1] . . . 27

3.4 Die experimentelle Herausforderung . . . 29

4 Myonnachweis mit dem ATLAS-Detektor 31 4.1 Rekonstruktionsalgorithmen . . . 31

4.2 Kategorisierung identifizierter Myonen . . . 33

4.3 Z-Rekonstruktion . . . 34

4.3.1 Untergr¨unde . . . 34

4.3.2 Simulation . . . 34

4.3.3 Selektion . . . 35

4.3.4 Analyse . . . 35

4.4 Analyse der Untergrundakzeptanz - die Z-Tag-Methode . . . 43

4.4.1 Motivation und Ansatz . . . 44

4.4.2 Simulation . . . 44

4.4.3 Selektion . . . 44

4.4.4 Analyse . . . 46

4.4.5 Folgerungen . . . 53

4.5 Effizienzmessung . . . 53

4.5.1 Ansatz . . . 54

4.5.2 Selektion und Untergr¨unde . . . 54

4.5.3 Analyse . . . 55

4.6 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . 60 i

(4)

ii Inhaltsverzeichnis

5 Optimierung des Myonnachweises 61

5.1 Ausgangssituation . . . 61

5.2 Kalorimetermyonen . . . 61

5.2.1 Rekonstruktion . . . 62

5.2.2 Studie in der Z-Selektion . . . 63

5.2.3 Effizienzanalyse mit der Tag-and-Probe Methode . . . 67

5.2.4 Untergrundakzeptanz . . . 69

5.2.5 Folgerungen . . . 74

5.3 Spektrometermyonen . . . 74

5.3.1 Rekonstruktion . . . 74

5.3.2 Einsatzbereich . . . 74

5.3.3 Verwendung im Rahmen der Z-Analyse . . . 75

5.3.4 Effizienzmessung mit der Tag-And-Probe-Methode . . . 78

5.3.5 Alternative Effizienzbestimmung . . . 78

5.3.6 Untergrundmessung mit der Z-Tag-Methode . . . 80

5.3.7 Zusammenfassung . . . 84

5.4 Kombination von Spektrometer- und Kalorimetermyonen . . . 84

6 DieH ZZ(∗)4`Suche mit dem ATLAS-Detektor 87 6.1 Simulation . . . 87

6.2 Ereignisselektion . . . 88

6.2.1 Vorselektion . . . 88

6.2.2 Ereignisqualit¨at . . . 88

6.2.3 Leptonselektion . . . 89

6.2.4 Suche nach Signalereignissen . . . 93

6.3 Ermittlung von Ausschlussgrenzen . . . 100

6.4 Einbeziehen der Erweiterungsmyonen . . . 101

6.4.1 Vorstudie auf Wahrheitsebene . . . 101

6.4.2 Signal- und Untergrundzuwachs . . . 102

6.4.3 Einbeziehung in die Berechnung von Ausschlussgrenzen . . . 105

6.4.4 Schlussfolgerungen . . . 107

7 Zusammenfassung 109

Literaturverzeichnis 111

Abbildungen 115

Tabellen 119

(5)

Kapitel 1

Einleitung

Das Standardmodell der Teilchenphysik ist eine der erfolgreichsten Theorien in der bis- herigen Geschichte der Physik. Es beschreibt die bekannten Elementarteilchen und die elektromagnetische, starke und schwache Wechselwirkung mit h¨ochster Pr¨azision. Als rein lokale Eichfeldtheorie w¨urde das Standardmodell jedoch masselose Teilchen vorhersagen, im Gegensatz zur experimentellen Beobachtung.

Ein Weg, dies zu beheben, ist der 1964 vorgeschlagene Higgs-Mechanismus [2–4]. Hier wird ein Duplett komplexer Higgsfelder eingef¨uhrt, deren Beitrag zur Lagrangedichte ne- ben einer Kopplung an die SU(2)-Eichsymmetrie einen Potentialterm mit Selbstkopplung enth¨alt. Dieser bewirkt, dass die m¨oglichen Vakuumzust¨ande des Higgsfeldes von Null verschieden sind. Das Annehmen eines bestimmten solchen Vakuumzustandes bricht die SU(2)-Eichsymmetrie spontan. Es folgen bei geeigneter Wahl des Grundzustandes durch die SU(2)-Kopplung Massenterme f¨ur die W- und Z-Bosonen, w¨ahrend das Photon masse- los bleibt - wie in der Natur beobachtet. Die Fermionenmassen lassen sich durch Yukawa- Kopplung an das Higgsfeld ebenfalls erzeugen.

Als weitere Folge dieser spontanen Symmetriebrechung postuliert die Theorie ein mas- sives elektrisch neutrales, skalares Higgsbosons als beobachtbares Teilchen. Dieses zu ent- decken oder aber seine Existenz auszuschließen ist ein experimenteller Test des Higgsme- chanismus. Aufgrund der entscheidenden Rolle, die dieser f¨ur den Erfolg des Standardmo- dells spielt, ist die Frage nach der Existenz des Higgsbosons eines der vorrangigen Themen der aktuellen experimentellen Elementarteilchenphysik.

Erste Grenzen f¨ur die Masse des Higgsbosons, die ein freier Parameter im Standardmo- dell ist, konnten am Large Electron Proton Collider (LEP) festgelegt werden [5]. Hier ergab sich eine untere Grenze von114 GeV, w¨ahrend durch indirekte Suchen eine obere Gren- ze von182 GeVaufgestellt werden konnte, die jedoch die G¨ultigkeit des Standardmodells ohne Beteiligung weiterer Prozesse annimmt.

F¨ur weitere Untersuchungen waren die am LEP erreichbare Schwerpunktsenergien jedoch zu niedrig. Die n¨achsten Fortschritte gelangen daher erst am TEVATRON (Fermilab). Bei Proton-Antiproton-Kollisionen mit einer Schwerpunktsenergie von

s= 1.96 TeVkonnte bis 2011 der Bereich zwischen 156 und177 GeVausgeschlossen werden [6].

Mit dem Start seines Physikprogramms Anfang 2010 hat der LHC am CERN in Genf die F¨uhrungsrolle in der Suche nach dem Higgsboson ¨ubernommen. Hier stehen mit ATLAS und CMS zwei Mehrzweckdetektoren zur Verf¨ugung, die die vom LHC erzeugten Proton- Proton-Kollisionen bei einer Schwerpunktsenergie von

s = 7 TeV (ab 2013 14 TeV) aufzeichnen und analysieren. Ende 2011 kann das Standardmodell-Higgsboson am LHC

1

(6)

2 Kapitel 1. Einleitung in der Kombination der Ergebnisse von ATLAS [7] und CMS [8] in einem Massenbereich von141476 GeVausgeschlossen werden [9].

Aufgrund der bei Hadronkollisionen stark ausgepr¨agten QCD-Untergr¨unde, und der Pro- duktion von großen Mengen an b und t-Quarks sind bei den Suchen am LHC die noch bei LEP analysierten rein hadronischen Zerfallskan¨ale des Higgsbosons nur sehr schwie- rig zu untersuchen. Daher sind vor allem die Endzust¨ande unter Beteiligung von Leptonen vielversprechend. Von besonderem Interesse ist der Suchkanal H ZZ(∗) 4`, bei dem vier hochenergetische Leptonen eine markante, untergrundarme Signatur bilden. Die- ser Kanal ist zus¨atzlich attraktiv, da er eine vollst¨andige Rekonstruktion des 4-Impulses des Higgsbosons erlaubt - im Falle einer Entdeckung kann das Higgsboson so mit hoher Pr¨azision studiert werden.

Eine derartige Suche stellt mit dem simultanen Nachweis von 4 Leptonen (e,µ) hohe Anfor- derungen an die Leptonrekonstruktion. Die Wahrscheinlichkeit, einen Zerfall in 4 Leptonen zu erfassen, skaliert dabei mit der vierten Potenz der Leptonnachweiseffizienz. Relativ klei- ne Gewinne oder Verluste bei der Effizienz k¨onnen so einen deutlichen Unterschied bei der Empfindlichkeit der Analyse mit sich bringen.

In dieser Arbeit soll daher der Myonnachweis am ATLAS-Detektor als entschei- dender Beitrag zur Empfindlichkeit der Higgssuche im 4-Lepton-Endzustand genauer studiert werden. Ziel ist es, aus der Perspektive der Higgsanalyse die aktuelle Lei- stungsf¨ahigkeit zu untersuchen und f¨ur die Higgssuche zu optimieren. Im Rahmen der ak- tuellenH ZZ(∗) 4`-Analyse bei ATLAS werden die m¨oglichen Verbesserungen praktisch umgesetzt.

(7)

Kapitel 2

Der LHC und das ATLAS-Experiment

2.1 Der Large Hadron Collider (LHC)

Der Large Hadron Collider (LHC) ist ein supraleitender Proton-Proton-Ringbeschleuniger am europ¨aischen Forschungszentrum f¨ur Teilchenphysik CERN. Er ist seit Ende 2009 in einem unterirdischen Tunnel in Betrieb. Protonen werden aus einer Abfolge von Vorbe- schleunigern (Abb. 2.1) mit einer Energie von450 GeVin den rund 27 Kilometer langen Ring eingeschossen und auf eine Endenergie von3,5 TeVbeschleunigt. Diese wird in der vollen Ausbaustufe des Beschleunigers 2013 auf7 TeVerh¨oht.

Die Protonen werden in diskreten Paketen (Bunches) zu nominell je1,1·1011(aktuell bis zu1,4·1011) Protonen eingeschossen, die in den vier Experimenten ATLAS, CMS, LHCb und ALICE zur Kollision gebracht werden. 2011 zirkulieren maximal 1380 Pakete in dem Ring. In voller Ausbaustufe 2013 werden es 2808 sein, die eine Kollisionsrate von 40 Mhz liefern. Die Pakete haben nach der Beschleunigung L¨angen zwischen 1 und 10 Metern, und sind zeitlich um 50 ns (∼15m) versetzt. Dieser Versatz wird sich bis 2013 halbieren.

Damit werden instantane Luminosit¨aten von bis zu3,1033Hz/cm2erreicht, Zielsetzung nach dem Ausbau 2013 sind1034Hz/cm2.

Die volle Luminosit¨at wird nur bei die beiden Mehrzweckexperimente, ATLAS und CMS, geliefert. Die anderen beiden Detektoren arbeiten bei geringeren Luminosit¨aten, um die Untergr¨unde durch mehrere in der selben Paketkreuzung stattfindende Wechselwirkungen minimal zu halten. Dies wird erreicht durch Reduzierung der Anzahl an in diesen Detek- toren zur Kollision gebrachten Pakete und eine weniger starke Komprimierung. In dem auf Schwerionenkollisionen spezialisierten Experiment ALICE etwa kollidieren 2011 nur 39 Pakete mit einer L¨ange von 10 m, bei ATLAS hingegen 1318 mit L¨angen von 1 m. Dies bewirkt einen Faktor der Gr¨oßenordnung103in der instantanen Luminosit¨at.

3

(8)

4 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.1:Die Beschleunigerkette des CERN [10].

Abbildung 2.2:Schematische Darstellung des LHC-Rings [11].

(9)

2.2. Der ATLAS-Detektor 5

2.2 Der ATLAS-Detektor

Der ATLAS-Detektor ist einer der beiden großen Mehrzweckdetektoren am LHC. Zu den Hauptzielen von ATLAS z¨ahlt neben der Suche nach dem Higgsboson die Suche nach Anzeichen von Physik jenseits des Standardmodells, etwa supersymmetrischer Teilchen oder zus¨atzlicher Quarkgenerationen. Der Detektor ist nahezu hermetisch um den Wech- selwirkungspunkt aufgebaut, um m¨oglichst s¨amtliche austretenden Teilchen einer Kollision aufzeichnen zu k¨onnen.

2.2.1 ATLAS-Koordinaten

Im Folgenden wird das ATLAS-Koordinatensystem verwendet. Dabei liegt die z-Achse in Strahlrichtung. Die x-Achse zeigt zum Mittelpunkt des LHC-Rings, die y-Achse folglich senkrecht aus der Ebene der Ringes heraus. Es werden Kugelkoordinaten verwendet, wobei der Nullpunkt im Wechselwirkungspunkt liegt. Folglich ist der Azimutalwinkelφin der x- y-Ebene senkrecht zum Strahl definiert, und der Polarwinkelθvom Strahl aus [12].

Statt des Polarwinkels wird in der Regel die Pseudorapidit¨atηverwendet:

η=−ln

tanθ 2

(2.1) Diese ist beiθ=π2 gleich 0 und nimmt in Vorw¨artsrichtung zu.

Unter der Verwendung dieser Gr¨oße kann der Winkelabstand dR zwischen 2 Objekten als dR=

q

(∆η)2+ (∆φ)2 (2.2)

ausgedr¨uckt werden.

Die 4-Impulse von Teilchen werden meistens durch die 4 unabh¨angigen Koordinaten pT, η, φ, E oderET dargestellt. Dabei sind pT und ET die Projektionen von Impuls p und Energie E in die x-y-Ebene senkrecht zum Strahl.

2.2.2 Aufbau des Detektors

Der ATLAS-Detektor ist im Wesentlichen aus drei Hauptkomponenten aufgebaut, die im Folgenden n¨aher beschrieben werden. Dabei kann aufgrund der zylindrischen Struktur des Detektors eine geometrische Unterteilung vorgenommen werden. Hierbei unterscheidet man den Barrel-Bereich, also die Mantelfl¨ache des Zylinders, und die Vorw¨artsregion, wel- che Grund- und Deckfl¨achen umfasst. W¨ahrend die Detektorkomponenten im Barrel in konzentrischen Kreisen um das Strahlrohr angeordnet sind, sind sie in der Vorw¨artsregion in der x-y-Ebene, senkrecht zur Strahlachse ausgerichtet (Abb. 2.3). Hier soll eine kurze Einf¨uhrung in das Funktionsprinzip der wichtigsten Komponenten gegeben werden. Ge- nauere Informationen lassen sich u.a. [12–14] entnehmen, auf deren Beschreibung dieses Kapitel aufbaut.

(10)

6 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.3:Der ATLAS-Detektor - ¨Uberblick [15].

2.2.2.1 Der Innendetektor

Der Innendetektor hat die Aufgabe, eine Spurmessung geladener Teilchen in unmit- telbarer N¨ahe zum Wechselwirkungspunkt vorzunehmen. Dabei wird durch ein 2- Tesla-Solenoidfeld eine pr¨azise Impulsmessung erm¨oglicht. F¨ur diesen Subdetektor ist bestm¨ogliche Aufl¨osung unerl¨asslich, um Teilchenspuren und, damit verbunden, Vertizes (Kreuzungen von mindestens zwei Spuren) auch bei den erwarteten, sehr hohen Spurdich- ten in 7(14)-TeV-Protonkollisionen korrekt identifizieren und lokalisieren zu k¨onnen. Die Messung im Innendetektor bildet mit wenigen Ausnahmen die Grundlage f¨ur die Teilchen- rekonstruktion bei ATLAS. Optimal hierf¨ur geeignet sind Halbleiterdetektoren. Deren Ein- satz ist jedoch kostenintensiv [12, S.7], so dass ein Kompromiss zwischen optimaler Lei- stung und vertretbaren Kosten gefunden werden muss. Daher ist der Innendetektor aus drei Komponenten zusammengesetzt:

Pixeldetektor. Direkt am Strahlrohr befinden sich halbleitende Pixeldetektoren. Die- se liefern typischerweise die ersten drei Spurpunkte f¨ur jedes passierende Teilchen. Somit sind sie von besonderer Bedeutung f¨ur die Lokalisierung von Vertizes, und damit auch der Identifizierung kurzlebiger Teilchen (b-Mesonen,τ), deren Zerfallsvertizes getrennt vom Prim¨arvertex aufgel¨ost werden k¨onnen. Auch die Messung des Stoßparameters identifizier- ter Spuren wird von diesem System dominiert. Im Barrel sind die Pixeldetektoren in drei Hohlzylindern um das Strahlrohr angeordnet, in Abst¨anden von 4,10 und 13 cm. Die inner- ste Lage wird auch B-Lage genannt. Diese ist besonders intensiver Strahlung ausgesetzt, so dass die M¨oglichkeit vorgesehen ist, sie nach einer gewissen Zeitspanne komplett aus- zutauschen. Eine weitere Lage soll im Rahmen einer zuk¨unftigen ¨Uberholung innerhalb der bestehenden Lagen eingebaut werden. Diese wird direkt am Strahlrohr angebracht sein und wird auch als

insertable B-Layer“ bezeichnet. Im Vorw¨artsbereich kommen auf je- der Seite f¨unf scheibenf¨ormig angeordnete Schichten zum Einsatz. So wird insgesamt der Raumwinkel innerhalb von|η| <2,5abgedeckt. Der Pixeldetektor besitzt ¨uber 140 Mil- lionen Auslesekan¨ale, was neben der gebotenen hohen Aufl¨osung große Anforderungen an

(11)

2.2. Der ATLAS-Detektor 7

Abbildung 2.4:Der ATLAS-Innendetektor [16].

die Datenverarbeitung mit sich bringt.

Silizium-Streifendetektor (SCT). Die n¨achsten Schichten des Innendetektors setzen sich aus Silizium-Streifendetektoren zusammen. Diese tragen wie die Pixeldetektoren zur Vertexidentifizierung und -zuordnung bei, vor allem aber spielen sie bei der Impulsmes- sung eine Rolle. Im Barrel werden acht Lagen derartiger Mikrostreifendetektoren einge- setzt, wobei je 2 Lagen einen gemeinsamen Spurpunkt liefern. Im Vorw¨artsbereich sind je neun scheibenf¨ormige Anordnungen verbaut. So kommen zu den typischerweise drei Pixel- Treffern vier SCT-Treffer pro Teilchenspur hinzu. Auch die SCTs decken den Raumwinkel innerhalb von|η|<2,5ab.

Ubergangsstrahlungsdetektor (TRT).¨ Die dritte Komponente des Innendetektors ist der ¨Ubergangsstrahlungsdetektor. Hier kommt keine Siliziumtechnologie zum Einsatz.

Stattdessen wird eine Kombination aus mit Xe/CO2/CF4gef¨ullten Z¨ahlrohren und ei- nem dazwischenliegenden Radiatormaterial eingesetzt. Bei vertretbaren Kosten und Mate- rialeinsatz k¨onnen so typischerweise 36 Spurpunkte pro Teilchen aufgenommen werden, die jedoch einzeln nicht so hoch aufgel¨ost sind wie bei Siliziumdetektoren. Eine weite- re Funktion erf¨ullt das Radiatormaterial: Beim ¨Ubergang passierender Teilchen zwischen diesem und der Umgebung wird ¨Ubergangsstrahlung in einem Kegel freigesetzt, dessen Offnungswinkel charakteristisch f¨ur den relativistischen¨ γ-Faktor der Teilchen ist. In Ver- bindung mit einer Impulsmessung, welche ¨uber die Spurkr¨ummung im Magnetfeld erfolgt, erm¨oglicht dieser Effekt eine Teilchenidentifikation. Das wird besonders im Bereich des Elektronennachweises eingesetzt.

Die Z¨ahlrohre sind im Barrel parallel zur Strahlachse angeordnet. In der zentralen Ebene η = 0des Detektors sind die Rohre unterbrochen, um die sehr hohe Belegungsrate zu redu- zieren, so dass hier ein kleiner Bereich nicht abgedeckt ist. In der Vorw¨artsregion werden

(12)

8 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.5:Die verschiedenen Lagen des ATLAS-Innendetektors in der Barrelregion [16].

radial verlaufende Rohre verwendet, die in Scheiben angeordnet sind.

Vor allem zur Mustererkennung tr¨agt der TRT mit seiner hohen Dichte an Spurpunkten bei. Zus¨atzlich leistet er einen Beitrag zur Impulsmessung. Wie alle Komponenten des Innendetektors deckt auch vom TRT den Raumwinkel|η| < 2,5ab. Dies ist somit der Winkelbereich, in der bei ATLAS Spurmessungen m¨oglich sind.

2.2.2.2 Die Kalorimeter

Der Innendetektor ist umgeben von dem Kalorimetersystem des Detektors. In dieser De- tektorregion ist außerdem der Solenoidmagnet, welcher das Feld im Innendetektor zur Verf¨ugung stellt, untergebracht. Bei ATLAS kommen getrennte elektromagnetische und ha- dronische Kalorimeter zum Einsatz. Aufgabe dieser Systeme ist die Absorption und pr¨azise Energiemessung eintreffender Teilchen. Elektronen, Photonen und Jets sollen bei Energien zwischen einigen GeV und mehreren TeV rekonstruiert werden k¨onnen. Eine gute Orts- aufl¨osung ist n¨otig, um deponierte Energie mit Spuren in den ¨ubrigen Detektorkomponen- ten verbinden zu k¨onnen. Die Kalorimeter sind darauf ausgelegt, einen m¨oglichst großen Raumwinkel abzudecken, um zuverl¨assig die fehlende transversale Energie in Kollisionser- eignissen bestimmen zu k¨onnen. Um die vollst¨andige Absorption eintreffender Teilchen zu gew¨ahrleisten muss eine ausreichende Materialdicke gegeben sein. Im hadronischen Kalo- rimeter sind mindestens 10 Strahlungsl¨angen n¨otig [17], im elektromagnetischen Kalori- meter mehr als 24 [18].

Dabei absorbieren die elektromagnetischen Kalorimeter vor allem Elektronen und Photo- nen komplett, w¨ahrend Hadronen sie durchdringen und im hadronischen Kalorimeter ab- sorbiert werden. Dies kann als Anhaltspunkt f¨ur die Trennung von Elektronen, Photonen und Jets eingesetzt werden.

Mit rund 4000 Tonnen machen die Kalorimeter mehr als die H¨alfte der Gesamtmasse des

(13)

2.2. Der ATLAS-Detektor 9

Abbildung 2.6:Die ATLAS-Kalorimeter [19].

Detektors aus.

Das elektromagnetische Kalorimeter (LAr). Im elektromagnetischen Kalorime- ter wird Blei als passives Material eingesetzt, das sich in einer Ziehharmonikaanordnung mit fl¨ussigem Argon abwechselt. Die im Blei erzeugten Sekund¨arteilchen werden ¨uber im fl¨ussigen Argon ausgel¨oste Ionisation nachgewiesen. Dieses Material bedingt, dass dieser Detektorteil in Kryostaten untergebracht ist. Es kommen insgesamt drei davon zum Ein- satz, einer im Barrelbereich, der auch den Solenoidmagneten beherbergt, und zwei in den Endkappen. Dementsprechend ist das Kalorimeter ebenfalls aufgeteilt. Vor dem eigentli- chen Kalorimeter befindet sich eine einzelne, d¨unne Lage, der Presampler, welcher sich im Winkelbereich bis|η|<1,8erstreckt. Dieser erm¨oglicht es, die Messung auf Energie- verluste der eintreffenden Teilchen auf dem Weg vom Innendetektor zum Kalorimeter zu korrigieren. Das elektromagnetische Kalorimeter ist in Winkelsegmente unterteilt, um eine Ortsaufl¨osung f¨ur die deponierte Energie zu gew¨ahrleisten. In radialer Richtung werden drei Lagen unterschieden, wobei die mittlere den gr¨oßten Durchmesser hat. Die Verteilung der deponierten Energie zwischen diesen Lagen kann als Anhaltspunkt f¨ur die Teilcheni- dentifikation dienen.

Das elektromagnetische LAr-Kalorimeter deckt Pseudorapidit¨aten bis|η| <3,2ab. Eine umfangreichere Beschreibung dieses Detektorsystems liefert etwa [18].

Das hadronische Kalorimeter (Tile). Das hadronische Kalorimeter besteht aus meh- reren Komponenten. F¨ur den Barrelbereich und das erweiterte Barrel, die Region oberhalb der Endkappenkalorimeter, werden Samplingkalorimeter mit Eisen als passivem Materi- al verwendet. In das Eisen sind sogenannte

Tiles“ - Kacheln aus Szintillatormaterial - eingebettet, die ¨uber Lichtleiterkabel von Photovervielfachern ausgelesen werden. ¨Uber die Zuordnung der Kacheln zu unterschiedlichen Vervielfachern wird eine Unterteilung

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10 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.7:Die Unterteilung des LAr im Barrel-Bereich [18].

in Winkelsegmente ¨ahnlich wie im Falle des LAr erreicht. Dieses System wird als Tile- Kalorimeter bezeichnet.

Besonders beim hadronischen Kalorimeter ist es bedeutsam, dass die Dicke ausreichend ist, um die vollst¨andige Absorption eintretender Teilchen zu gew¨ahrleisten. Gelingt es hoch- energetischen Hadronen, das Kalorimeter zu durchdringen, so liegt f¨ur diese keine korrekte Energiemessung vor. Hinzu kommt, dass derartige Teilchen in das auf die Kalorimeter fol- gende Myonspektrometer durchschlagen und so die Fehlrekonstruktion von Myonen ver- ursachen k¨onnen.

Die Tile-Kalorimeter decken den Bereich |η| < 1,7 ab. Weiter in der Vorw¨artsregion kommt aus Gr¨unden der Strahlungsh¨arte LAr-Technologie zum Einsatz. Das hadronische LAr verwendet im Gegensatz zum elektromagnetischen Gegenst¨uck Kupfer als passives Material. Es erstreckt sich bis|η|<3,2.

Dar¨uber hinaus ist noch ein auf LAr-Technologie basierendes Vorw¨artskalorimeter instal- liert, das die Raumwinkelabdeckung bis auf|η|<4,9erweitert.

Die Kalorimeter weisen dabei im erweiterten Vorw¨artsbereich|η|>2,5eine gr¨obere Un- terteilung auf.

Eine umfassende Beschreibung des Tile-Kalorimeters ist in [17] gegeben.

2.2.2.3 Das Myonspektrometer

Myonen deponieren nur minimale Energiebetr¨age in den Kalorimetern und verlassen diese.

Um sie zu identifizieren und eine pr¨azise Impulsmessung (Zielsetzung: dpp <0,1beipT= 1 TeV) zu gew¨ahrleisten, sind die Kalorimeter von einem aufwendigen Myonspektrometer umgeben, das den Großteil des Detektorvolumens ausmacht. Toroidspulen, welche dem Detektor seine charakteristische Form verleihen, erzeugen hier ein Magnetfeld zwischen 0,5 und 2,5 Tesla.

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2.2. Der ATLAS-Detektor 11

Abbildung 2.8:Ausschnitt aus dem Tile-Kalorimeter [17].

Da das Myonspektrometer eine entscheidende Rolle in den hier pr¨asentierten Studien spielt, soll es etwas umfassender beschrieben werden. Basis dieser Beschreibung stellt [13]

dar.

F¨ur den Myonnachweis wird eine Kombination aus verschiedenen Technologien einge- setzt:

MDT-Kammern. Mit Ausnahme der Vorw¨artsregion jenseits von|η|>2,0werden f¨ur die Pr¨azisionsmessung Driftrohrkammern eingesetzt. Diese setzen sich aus 2 sogenannten Multilagen zusammen. Im Falle der innersten Kammern umfasst eine Multilage 4 Lagen an Driftrohren, sonst 3 Lagen. Die Rohre bestehen im Wesentlichen aus einem 30- mm- Aluminiumrohr von400µm Wandst¨arke, durch dessen Mitte ein Draht gespannt ist. Zwi- schen Draht und Rohrwand liegt eine Hochspannung von etwa 3 kV an. Das Rohr ist mit einem unter 3 bar Druck stehendenAr/CO2-Gasgemisch gef¨ullt.

Passierende Myonen hinterlassen eine Ionisationsspur im Gas. Die so getrennten Ladun- gen werden im hohen elektrischen Feld in Drahtn¨ahe verst¨arkt (Lawinenbildung) und das resultierende Spannungssignal gemessen.

Durch eine externe, von den Triggerkammern gelieferte Zeitinformation, die den Zeitpunkt des Myoneintritts in die Kammer einer p-p-Kollision zuordnet, kann damit ¨uber die Drift- zeit der Ladungen im Rohr der radiale Abstand zum Draht, in dem das Teilchen das Rohr durchquert hat, bestimmt werden. Dies ist mit einer Pr¨azision von unter 100µm m¨oglich.

In der Kombination mehrerer Rohrlagen einer Kammer wird durch diese Information ein gemeinsames Spurelement f¨ur das Myon rekonstruiert.

Es sind drei Lagen derartiger Kammern verbaut, so dass je Myon bis zu drei Spursegmente zur Verf¨ugung stehen.

Diese Kammern werden als MDT-Kammern (MDT = “monitored drift tube“) bezeichnet.

In der Region|η|>2,0umfassen sie den Detektor vollst¨andig. Eine Ausnahme ist hierbei die zentrale Ebene des Barrels (|η| = 0) - hier bleibt eine nicht abgedeckte ¨Offnung, die durch die Verkabelung zu den weiter innen liegenden Detektorkomponenten verl¨auft (Abb.

2.12).

CSCs. Weit im Vorw¨artsbereich, ab |η| > 2,0, k¨onnen aufgrund des erh¨ohten Strah- lungsniveaus keine MDT-Kammern verwendet werden. Daher wird hier mit Kathoden-

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12 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.9:Das ATLAS-Myonspektrometer [20].

Abbildung 2.10:Komponenten des Myonspektrometers im Barrelbereich [13].

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2.2. Der ATLAS-Detektor 13

Abbildung 2.11:MDT-Kammer und Driftrohr im ¨Uberblick (vgl. [21]).

Abbildung 2.12:Die L¨ucke in der Abdeckung der Zentralebene durch das in blau darge- stellte Myonspektrometer (Computeranimation).

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14 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.13:Schematische Darstellung einer CSC-Kammer [13].

Abbildung 2.14:Schematische Darstellung eines RPC-Moduls [13].

streifenkammern (Cathode Strip Chamber, CSC) gearbeitet. Dabei handelt es sich um Viel- drahtproportionalz¨ahlkammern, die mit einem unter 3 bar Druck stehenden Driftgas gef¨ullt sind. Durch die Kammer gespannte Anodendr¨ahte befinden sich auf einem Potential von 2,6 kV zur Kathode. Diese ist in Form mehrerer Streifen ausgef¨uhrt, die rechtwinklig zu den Dr¨ahten verlaufen. Gemessen wird, ¨ahnlich zum MDT-Rohr, der in der Kathode durch Lawinenbildung induzierte Spannungsstoß an den Kathodenstreifen.

Eine zweite Lage Kathodenstreifen, rechtwinklig zur ersten Lage und somit parallel zu den Dr¨ahten eingebaut, erm¨oglicht eine Messung der zweiten Winkelkoordinate.

Die CSCs werden in Lagen von 2x4 Kammern verbaut. Sie erweitern die Winkelabdeckung des Myonspektrometers auf|η|<2,7.

Neben den Pr¨azisionskammern sind schnell ansprechende Triggerkammern verbaut, die den Myontrigger des Detektors (siehe 2.2.3) ausl¨osen und die Zuordnung der im Spektro- meter nachgewiesenen Myonen zu einer p-p-Kollision erm¨oglichen. Da der Abstand der Bunches im LHC in seiner endg¨ultigen Ausbaustufe 25 ns betr¨agt, muss die Zeitaufl¨osung diesen Wert unterschreiten, um Paketkreuzungen im Detektor korrekt zuordnen zu k¨onnen.

Außerdem f¨allt es den Triggerkammern zu, dieφ-Koordinate der Myonspuren zu messen, denn das MDT-System misst nur entlang derη-Richtung. Weil dieφ-Koordinate f¨ur die Impulsmessung nicht erforderlich ist, ist die n¨otige Genauigkeit deutlich geringer als bei den Pr¨azisionskammern, Gr¨oßenordnungen von Millimetern reichen hier aus.

Wie schon bei den Pr¨azisionskammern kommen auch bei den Triggerkammern zwei unter- schiedliche Technologien zum Einsatz.

RPCs. Im Barrel werden als Triggerkammern Widerstandsplattenkammern (Resistive Plate Chamber, RPC) eingesetzt. Das Prinzip dieser Kammern ist recht einfach: Zwischen zwei Bakelitplatten wird durch isolierende Abstandshalter ein 2mm d¨unnes Gasvolumen eingeschlossen (Tetrafluouethan). Ein starkes elektrisches Feld von rund 4,5 kV /mm f¨uhrt bei Ionisation des Gases durch passierende Myonen zu Lawinenbildung. Die Ladung fließt

¨uber die Platten ab. Dabei f¨allt eine Spannung ab, die durch an den Seiten des Moduls montierte Metallstreifen kapazitiv abgegriffen und gemessen wird. Durch die Verwendung von zwei zueinander rechtwinkligen S¨atzen an Streifen k¨onnen beide Winkelkoordinaten aufgel¨ost werden. Die Zeitaufl¨osung dieses Systems liegt bei unter 1,5 ns.

Es werden insgesamt drei Lagen aus RPCs eingesetzt, zwei umgeben die mittlere MDT- Lage w¨ahrend die dritte an der ¨außeren MDT-Lage anliegt.

(19)

2.2. Der ATLAS-Detektor 15

Abbildung 2.15:Schematische Darstellung einer TGC [13].

TGCs. In den Endkappen sind Vieldrahtproportiortionalz¨ahler verbaut. Die Besonder- heit: Der Abstand der Anodendr¨ahte untereinander ist gr¨oßer als der derjenige zwischen diesen und den Kathoden. Die Auslese erfolgt ¨uber die Anodendr¨ahte und Auslesestreifen, die hinter den Kathoden montiert sind. Da die Streifen rechtwinklig zu den Dr¨ahten verlau- fen k¨onnen beide Winkelkoordinaten gemessen werden. Diese Konfiguration bietet dank der sehr kurzen Driftzeiten eine ausreichende Zeitaufl¨osung, um die 25ns Paketabstand zu erfassen. Auch bei den TGCs werden drei Lagen verwendet, die alle um die mittlere Lage der Pr¨azisionskammern liegen.

Die TGCs decken den Raumwinkel|η|<2,4ab.

2.2.3 Das Triggersystem

Ein Kollisionsereignis ben¨otigt aufgrund der zahlreichen Kan¨ale etwa 1 MB an Speicher- platz. Wenn in ATLAS bei voller Ausbaustufe Pakete mit einem zeitlichen Abstand von 25 ns kollidieren und je Paketkreuzung rund 23 Wechselwirkungen auftreten, bedeutet das Schreiben aller Ereignisse somit, dass Daten mit einer Rate nahe103T Bs anfallen w¨urden.

Dies ist technisch nicht realisierbar. Die verf¨ugbare Technologie erlaubt es, Ereignisse mit rund 300Hz zu schreiben. Daher ist ein hocheffizientes Triggersystem n¨otig, das interes- sante Ereignisse aufzeichnet und die viel h¨aufigeren Untergr¨unde verwirft.

Das ATLAS-Triggersystem ist in drei Stufen ausgelegt. Die erste Stufe, der Level- 1 Trigger L1 ist hardewareseitig implementiert und reduziert die Ereignisrate auf eine Gr¨oßenordnung von 100 kHz. Hier wird mit sehr groben Algorithmen gearbeitet. Wird der L1-Trigger ausgel¨ost, markiert er die Umgebung der ausl¨osenden Objekte als ”Region- of-Interest“,ROI, und gibt diese ROIs an den zweiten Trigger der Reihe weiter.

Die ROIs des L1-Triggers werden vom Level-2-Trigger, L2, genauer betrachtet. Dieser wird auf mehreren Rechnern außerhalb des Detektors ausgef¨uhrt. Es steht daher mit rund 10ms nun mehr Zeit f¨ur eine Entscheidung zur Verf¨ugung. Die ROIs werden umfassender rekonstruiert - hier existieren bereits Physikobjekte wie Myonen oder Elektronen, die Al- gorithmen ¨ahneln denen aus der Offline-Rekonstruktion. Basierend auf dieser genaueren Information wird eine erneute Trigger-Entscheidung getroffen. Mit rund 1 kHz werden die akzeptierten Ereignisse an den dritten und letzten Trigger weitergereicht.

(20)

16 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.16:Die Arbeitsweise des ATLAS-Triggers [22].

Abbildung 2.17:Ereignisraten und Kapazit¨at der Trigger bei ATLAS [23].

Dieser wird als Event Filter (EF) bezeichnet. Er l¨auft wie der L2 auf parallel arbeiten- den Rechnern außerhalb des Detektors. Nun stehen einige Sekunden pro Entscheidung zur Verf¨ugung. Es wird eine volle Rekonstruktion des Ereignisses vorgenommen, der EF ist al- so nicht mehr auf die ROIs beschr¨ankt. Dies kommt der Offline-Rekonstruktion bereits sehr nahe. Im EF k¨onnen damit Triggerentscheidungen getroffen werden, f¨ur die die Information der ROIS allein nicht ausreicht. Der EF schreibt die akzeptierten Ereignisse in Datenstr¨ome, die nach den ausgel¨osten Triggertypen getrennt sind (z.B. Myonstrom, Elektron/Photon- Strom), die dann gespeichert und in die Offline-Rekonstruktion weitergegeben werden. L2 und EF werden zusammen auch als High-Level-Trigger (HLT) bezeichnet.

Durch diese Kombination ist eine effiziente Selektion der interessanten Physikprozesse m¨oglich. Zugleich ist das System durch den externen, programmierbaren HLT flexibel an die vorherrschenden Bedingungen in der Datennahme anpassbar.

(21)

2.2. Der ATLAS-Detektor 17

Abbildung 2.18:Maximale instantane Luminosit¨at im Laufe des Jahres 2011. Gut zu er- kennen sind die regelm¨aßigen Unterbrechungen f¨ur Wartungsarbeiten und Weiterentwick- lung des Beschleunigers [24].

2.2.4 Strahlbedingungen 2011

Im Jahr 2011 hat der ATLAS-Detektor eine integrierte Luminosit¨at von 5,2 fb−1bei Pro- tonkollisionen aufnehmen k¨onnen. Diese verteilen sich jedoch nicht gleichm¨aßig ¨uber das gesamte Jahr. Mit zunehmendem Verst¨andnis des LHC und Anwendung einiger Optimie- rungen steigt die Kollisionsrate kontinuierlich an. Als entscheidende Schritte 2011 sind etwa zu nennen:

der Wechsel von 75ns auf 50ns Paketabstand in der fr¨uhen Datennahme,

das Steigern der Anzahl der zirkulierenden Pakete von rund 200 zu Jahresanfang auf rund 1380,

das Verk¨urzen der Paketl¨ange auf 1 m im September,

die langsame Steigerung der Protonenzahl pro Paket bei gleichzeitig sinkenden Emit- tenzen.

In der Folge steigt die instantane Luminosit¨at im Laufe des Jahres um mehr als eine Gr¨oßenordnung (vgl. Abb. 2.18)

Das hat Konsequenzen f¨ur die Qualit¨at der Daten: je h¨oher die instantane Luminosit¨at, umso mehr Wechselwirkungen ereignen sich pro Paketkreuzung. In Folge dessen tritt in aufgezeichneten Kollisionsereignissen immer mehr Untergrund aus sekund¨aren Wechsel- wirkungen bei der selben Paketkreuzung auf. Dieser als Pileup bezeichnete Effekt hat wie in der sp¨ateren Arbeit gezeigt wird einen sichtbaren Effekt auf die Eigenschaften der auf- genommenen Ereignisse. Physikanalysen m¨ussen diese Tatsache ber¨ucksichtigen. Dieses Ph¨anomen l¨asst sich bei Betrachtung der maximalen Zahl an Wechselwirkungen pro Pa- ketkreuzung erkennen (S.Abb. 2.20). Man erkennt eine deutliche Zunahme seit Juli 2011 - seit diesem Zeitpunkt ist die Zahl der Protonen pro Paket stetig gesteigert worden. Die Erh¨ohung der Anzahl der Pakete, welche bis Juli 2011 erfolgt ist, schl¨agt sich wie zu erwar- ten nicht sichtbar nieder. Weiter voneinander entfernte Pakete ¨uberlagern sich also nicht.

Eine weitere Folge der steigenden instantanen Luminosit¨at ist die Tatsache, dass die Trig- ger angepasst werden m¨ussen, um die Rate an akzeptierten Ereignissen konstant zu halten.

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18 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment

Abbildung 2.19:Verlauf der integrierten Luminosit¨at im Jahre 2011 [24].

Abbildung 2.20:Maximale Zahl an Wechselwirkungen pro Paketkreuzung im Laufe des Jahres 2011 [24]. Zwei Tage mit speziellen Studien zu hohem Pileup sind zu erkennen.

(23)

2.2. Der ATLAS-Detektor 19

Abbildung 2.21:Arbeitsschritte und Datenstr¨ome in der ATLAS-Simulation [25].

So werden immer mehr Trigger vorskaliert, die sonst zu hohe Raten schreiben w¨urden.

Dies bedeutet dass nur noch ein bestimmter Bruchteil der vom Trigger akzeptierten Ereig- nisse tats¨achlich gespeichert wird. Auch dies hat Auswirkungen auf Physikanalysen, die meistens einen bestimmten HLT verwenden um Ereignisse auszuw¨ahlen. Ist dieser vors- kaliert, entspricht die in der Analyse betrachtete integrierte Luminosit¨at nicht mehr der des verwendeten Datensatzes, sondern nur einem durch die Vorskalierung vorgegebenen Bruchteil. Daher wird wenn m¨oglich immer mit einem unskalierten Trigger gearbeitet.

2.2.5 Simulation

In s¨amtlichen Analysen bei ATLAS spielt die Monte-Carlo-Simulation verschiedener Phy- sikprozesse eine sehr bedeutende Rolle f¨ur das Verst¨andnis der Ergebnisse. Die Erzeu- gung simulierter Datens¨atze l¨auft dabei in mehreren Schritten ab [25]. Zuerst wird durch sogenannte Ereignisgeneratoren eine vorgegebene Zahl Prozesse (etwa Higgserzeugung und -zerfall im 4-Lepton-Kanal) simuliert. In dieser Arbeit eingesetzte Generatoren um- fassen vor allem die Mehrzweckgeneratoren PYTHIA [26] und die mit einer verbesserten Modellierung von Prozessen mit b-Quarks ausgestatte Modifikation PYTHIA-B [27], so- wie HERWIG [28]. Zus¨atzlich werden einige spezialisierte Generatoren genutzt, die auf die Darstellung bestimmter Prozesse ausgerichtet sind und ihre Ergebnisse zur weiteren Verarbeitung in die Mehrzweckgeneratoren einspeisen. AlpGen [29] wird bei der Model- lierung von Vektorboson-Ereignissen in Verbindung mit mehreren, r¨aumlich getrennten Jets genutzt. MC@NLO [30], ein Generator in erster Ordnung St¨orungstheorie, dient der Simulation von Diboson-Ereignissen. Beide arbeiten in Verbindung mit HERWIG. Eine Weiterentwicklung von MC@NLO, POWHEG [31], generiert in Verbindung mit PYTHIA Higgs-Ereignisse. Die Endzust¨ande werden gegebenenfalls erweitert, etwa durch geson- derte Programme zur Modellierung der Hadronisierung bei Jets oder der Restreaktion der Protonenreste, des sogenannten Underlying Event. Die Generierung endet mit Teilchen, die ausreichend stabil sind um sich im Detektor auszubreiten. Diese Konfiguration wird als Ausgangszustand in eine umfassende Detektorsimulation mit der Software GEANT4 [32]

eingespeist, anhand derer die Reaktion des Detektors - also einzelne Treffer und Ausgangs- signale der Subsysteme - erzeugt wird. Auf den erhaltenen Ergebnissen wird schließlich eine Rekonstruktion wie auf realen Daten vorgenommen. Ist der Detektor gut verstanden,

(24)

20 Kapitel 2. Der Large Hadron Collider und das ATLAS-Experiment k¨onnen so sehr genaue Vorhersagen getroffen werden.

(25)

Kapitel 3

Suche nach dem Higgs-Boson am LHC

Im Folgenden soll ein kurzer ¨Uberblick ¨uber die Higgs-Suchen am LHC gegeben werden.

Die bedeutenden Produktions- und Zerfallskan¨ale werden vorgestellt und ein Eindruck von den damit verbundenen Analysen vermittelt.

Grunds¨atzlich ist zu beachten, dass die Kopplung des Higgsbosons an Fermionen propor- tional zu deren Masse und an Eichbosonen proportional zum Quadrat ihrer Masse ist. So- mit koppelt das Higgsboson im Standardmodell prim¨ar an t- und b-Quarks sowie W- und Z-Bosonen.

3.1 Higgsproduktion am LHC

Am LHC sind die in Abb. 3.1 dargestellten vier Erzeugungsmechanismen f¨ur das Standardmodell-Higgsboson besonders bedeutend:

Gluonfusion (ggF) als Prozess h¨oherer Ordnung mit einer Quarkschleife (t oder b) ist der dominante Erzeugungsprozess am LHC. Rund 90 % der Higgsbosonen werden durch diesen Prozess erzeugt.

Vektorbosonfusion (VBF) ist durch die starke Kopplung an Eichbosonen der zwei- te bedeutende Erzeugungsprozess. Neben dem Higgsboson werden zwei Jets in Vorw¨artsrichtung abgestrahlt, was genutzt werden kann, um das Higgssignal von Untergr¨unden zu trennen. Dieser Prozess tr¨agt rund 10 % zur Higgsproduktion bei.

Die bei LEP dominante Higgs-Strahlung (WH/ZH) ist bei Hadronkollisionen ein seltener Erzeugungsprozess. Allerdings ist das zus¨atzliche Eichboson ein hervor- ragendes Mittel, um das Higgs-Signal vom Untergrund zu trennen, so dass dieser Prozess f¨ur manche Endzust¨ande sehr interessant ist. Ein Beispiel hierf¨ur ist der Zerfall des Higgsbosons in zwei b-Quarks, es ergeben sich Suchkan¨ale wie etwa ZH`+`+bb.

Die assoziierte Produktion mit t-Quarks (ttH) ist trotz der starken Kopplung des Higgsbosons an das t-Quark unterdr¨uckt. Dies liegt daran, dass die zwei t-Quarks (je 173 GeV) auf der Massenschale im Endzustand deutlich mehr Energie ben¨otigen als die Produktion eines Higgsbosons allein.

Mit zunehmender Higgsmasse sinkt der Produktionsquerschnitt global, da immer mehr Energie im Anfangszustand vorliegen muss. Es ergibt sich der in Abb. 3.2 gezeigte Verlauf.

Bei rund350 GeV(2·mt) steigt der ggf-Querschnitt an - hier wird das Dreiecksdiagramm mit 2 t-Quarks auf der Massenschale realisierbar.

21

(26)

22 Kapitel 3. Higgs-Suche am LHC

Abbildung 3.1: Relevante Produktionskan¨ale f¨ur das Standardmodell-Higgsboson am LHC. i): ggF, ii): VBF, iii): WH/ZH, iv): ttH.

Abbildung 3.2: Produktionsquerschnitt f¨ur das Standardmodell-Higgsboson bei s = 7 TeV[23].

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3.2. Bedeutende Zerfallskan¨ale 23

Abbildung 3.3:Verzweigungsverh¨altnisse beim Zerfall des Higgsbosons im Standardmo- dell [23].

3.2 Bedeutende Zerfallskan ¨ale

Die Verzweigungsverh¨altnisse f¨ur den Zerfall des Higgsbosons variieren stark mit seiner Masse (Abb. 3.3). Hier liegt die Massenabh¨angigkeit der Kopplung zu Grunde. Nicht jeder Zerfallskanal ist f¨ur die experimentelle Analyse gleich zug¨anglich, daher wird im Folgen- den auch auf diese Fragestellung eingegangen.

H bb[34] : Bei niedrigen Higgsmassen ist ein Zerfall in Eichbosonen oder t-Quarks kinematisch unterdr¨uckt. In diesem Fall stellt ein Endzustand aus zwei b-Quarks den bevor- zugten Zerfall dar. Dieser wurde bei LEP umfangreich untersucht [5]. Bei Hadronkollisio- nen ist er jedoch aufgrund der stark ausgepr¨agten Untergrundprozessebbundttnur schwer zug¨anglich. Ein Weg, empfindlicher zu werden, ist die Konzentration auf den WH/ZH- Produktionskanal. Hier dient der Zerfall des Eichbosons als Mittel, um Higgszerf¨alle von Teilen des Untergrundes abzutrennen (Abb. 3.5). Eine ATLAS-Analyse, die diesen beson- deren Fall untersucht, ist 2011 vorgestellt worden [34]. Doch auch mit dieser Optimierung ist der Suchkanal wenig empfindlich, und tr¨agt am LHC nicht bedeutsam zu den kombi- nierten Ausschlussgrenzen bei (Abb. 3.4).

Ein anderer Zerfallskanal des Higgsbosons erm¨oglicht im Bereich geringer Suchmassen den st¨arksten Ausschluss:

H γγ [35]: In f¨uhrender Ordnung ist kein ZerfallH γγ m¨oglich, da das Pho- ton masselos ist. Jedoch kann der Zerfall ¨uber eine Quark-Schleife in h¨oherer Ordnung ablaufen (Abb. 3.6). Obwohl das Verzweigungsverh¨altnis immer noch klein ist, ist dieser Kanal bei niedrigen Suchmassen von Interesse: Die beiden Photonen erlauben eine pr¨azise kinematische Rekonstruktion des m¨oglichen Higgsbosons. Untergr¨unde sind neben der ir- reduziblen prompten γγ-Produktion reduzible γ-Jet-Ereignisse und Zwei-Jet-Ereignisse, bei denen vor allem die Zerfallsphotonen neutraler Pionen f¨alschlich als prim¨are Photonen rekonstruiert werden k¨onnen. Da derartige Prozesse deutlich h¨ohere Querschnitte besitzen als der Higgszerfall, ist eine leistungsstarke Unterdr¨uckung des Untergrundes Grundvor- aussetzung, um in diesem Kanal empfindlich zu werden. Ein m¨ogliches Signal ist als Re- sonanz im invarianten Diphoton-Massenspektrum ¨uber einem kontinuierlichen Untergrund

(28)

24 Kapitel 3. Higgs-Suche am LHC

Abbildung 3.4:Ausschlussgrenzen der einzelnen Suchkan¨ale im August 2011 [7,33]. Dar- gestellt ist der maximale mit der experimentellen Beobachtung vereinbare Wirkungsquer- schnitt f¨ur die Higgserzeugung in Vielfachen des Standardmodellquerschnittes (95%Kon- fidenzniveau).

Abbildung 3.5:Invariante Massenverteilung desbb-Systems f¨ur den ZH-Kanal nach der vollen Selektion in der ATLAS(V+)Hbb-Analyse [7].

Abbildung 3.6:Signal (i) und irreduzibler Untergrund (ii) imH γγ-Kanal.

(29)

3.2. Bedeutende Zerfallskan¨ale 25

Abbildung 3.7:Invariante Massenverteilung desγγ-Systems nach der vollen Selektion in der ATLASH γγ-Analyse [7].

zu erkennen (Abb. 3.7)

H W W [36, 37]: Bei Massen ab etwa 140 GeV wird der Zerfall des Higgsbo- sons in zwei Eichbosonen bedeutsam. Diese Prozesse haben ein sehr hohes Verzwei- gungsverh¨altnis, da das Higgs quadratisch an die Masse der Eichbosonen koppelt. Der am st¨arksten ausgepr¨agte Prozess ist dabei der Zerfall in zwei W-Bosonen, da diesem End- zustand durch die unterschiedlichen Ladungen der Produkte ein gr¨oßerer Phasenraum zur Verf¨ugung steht als beim ZZ-Zerfall. H W W ist der f¨ur die bisherigen Ausschluss- grenzen bedeutendste Kanal in der ATLAS-Analyse. Hauptuntergr¨unde sind die irredu- zible WW-Produktion im Rahmen des Standardmodells, sowie t-Quarks (einzeln oder in tt-Paaren erzeugt), die beim dominanten Zerfalltb+W eine W-Signatur erzeugen,und die Produktion von W-Bosonen in Verbindung mit Jets, die zu f¨alschlich identifizierten Leptonen f¨uhren k¨onnen. Es gibt mehrere Endzust¨ande, die von Interesse sind:

H W W `ν`ν, bei dem beide W-Bosonen leptonisch zerfallen, bietet eine Si- gnatur mit zwei hochenergetischen, entgegengesetzt geladenen Leptonen und fehlen- der transversaler Energie durch die Neutrinos. Ein Weg, das Signal vom Untergrund zu trennen, ist die Tatsache, dass der ¨Offnungswinkel zwischen den Zerfallsleptonen aufgrund der Parit¨atsverletzung im Signalereignis tendenziell klein ist. Der Kanal ist besonders zwischenMH = 120 GeVund 240 GeVempfindlich. Ein Nachteil ist, dass keine vollst¨andige kinematische Rekonstruktion des Higgsbosons m¨oglich ist.

Ein m¨ogliches Signal ¨außert sich als breit verteilter ¨Uberschuss in der Verteilung der transversalen Masse (vgl. Abb. 3.8)

H W W `νqq, bei dem ein W-Boson hadronisch zerf¨allt, weist ein gr¨oßeres Verzweigungsverh¨altnis auf als der rein leptonische Prozess. Da nur ein Neutrino im Endzustand vorliegt, von dem bekannt ist, dass es aus einem W-Boson stammen muss, kann die Higgsmasse n¨aherungsweise bestimmt werden. Jedoch sind die Un- tergr¨unde deutlich ausgepr¨agter als in dem`ν`ν-Endzustand.

Beide Analysen unterscheiden nach der Zahl der Jets im Endzustand. So kann etwa der Fall der VBF-Higgserzeugung gesondert betrachtet werden.

(30)

26 Kapitel 3. Higgs-Suche am LHC

Abbildung 3.8:Verteilung der transversalen Masse nach allen Schnitten in der ATLAS- H W W `ν`ν-Analyse [7].

H ZZ [1, 38, 39] Der zweite Zerfallskanal des Higgsbosons in Vektorbosonen ist der ZZ-Endzustand. Dieser ist f¨ur Higgsmassen abMH 110 GeV erreichbar. Bei 160 GeV f¨allt das Verzweigungsverh¨altnis stark ab, da hier der WW-Endzustand in Resonanz produziert wird. Generell ist ZZ gegen¨uber WW trotz der h¨oheren Masse des Z wie bereits erl¨autert unterdr¨uckt. F¨ur alle Kan¨ale ist die Standardmodell-ZZ-Produktion ein irredu- zibler Untergrund. Weitere bedeutende Untergr¨unde sind die Produktion von Z-Bosonen gemeinsam mit b-Jets (bbZ) oder leichten Jets (Z+jets) und die Produktion von t-Quark- Paaren.

Auch beiH ZZgibt es mehrere Zerfallskan¨ale, die f¨ur Analysen in Frage kommen:

H ZZ ``νν ist besonders bei h¨oheren Higgsmassen von Interesse. Hier zerf¨allt eines der Z-Bosonen in zwei Neutrinos, das andere in ein Leptonenpaar. Der Endzustand l¨asst sich vonHW W `ν`νdurch die invariante Masse des Lepto- nenpaares trennen: W¨ahrend die WW-Analyse hier die Z-Resonanz ausschließt, um Untergrund durch WZ-Dibosonen und Z-Produktion mit zus¨atzlichen Jets zu unter- dr¨ucken, wird bei ZZ speziell dieser Bereich betrachtet. Der Z-Zerfall in Neutrinos bedeutet, dass sehr hohe fehlende transversale Energie gesucht werden kann. Bei ho- hen Suchmassen jenseits vonMH = 300 GeVist dieser Kanal f¨uhrend beim Setzen von Ausschlussgrenzen.

H ZZ ``qq bietet zus¨atzliche Empfindlichkeit bei hohen Suchmassen.

Trotz des gr¨oßten Verzweigungsverh¨altnisses aller in der Analyse untersuchten ZZ- Endzust¨ande ist die Empfindlichkeit durch die stark ausgepr¨agten Untergr¨unde ein- geschr¨ankt. Verbesserungen sind wie im Falle der WW-Analysen bei genauerem Be- trachten der Jets im Ereignis m¨oglich - Multiplizit¨at und Art erlauben, viel Unter- grund zu eliminieren.

H ZZ 4`, der Zerfall in 4 geladene Leptonen, wird als entscheidender Kanal f¨ur diese Arbeit im Folgenden genauer betrachtet.

(31)

3.3. Der KanalH ZZ(∗)4`[1] 27

Abbildung 3.9:invariante Masse des Endzustands in derH ZZ(∗)4`-Analyse. [7]

3.3 Der Kanal H ZZ(∗) 4`[1]

H ZZ(∗)4`ist der Zerfallskanal des ZZ-Endzustandes mit dem geringsten Verzwei- gungsverh¨altnis. Jedoch besitzt er f¨ur eine Analyse sehr g¨unstige Eigenschaften, weshalb er auch als “goldener Kanal” der Higgssuche am LHC bezeichnet wird.

Die vier hochenergetischen Leptonen im Endzustand, welche ohne Beteiligung von Jets oder fehlender Energie auftreten, machen eine pr¨azise Rekonstruktion des Ereignisses m¨oglich - beide Z-Bosonen und das Higgsboson k¨onnen kinematisch vollst¨andig rekon- struiert werden.

Damit ist dieser Kanal im Falle einer m¨oglichen Higgsentdeckung besonders interessant.

Wie im FalleH γγbei niedrigeren Massen kann hier etwa eine Massenbestimmung mit hoher Genauigkeit vorgenommen werden.

Der seltene Endzustand erlaubt auch das Vordringen in Suchmassenbereiche unter 180 GeV, bei denen nur eines der beiden Z-Bosonen auf der Massenschale liegt. Aus- schlussgrenzen k¨onnen f¨ur Massen zwischen 110 und 600 GeVgesetzt werden, wobei mit Ausnahme der unmittelbaren Nachbarschaft von 160 GeV (die WW-Resonanz unterdr¨uckt hier den ZZ-Endzustand) eine gute Empfindlichkeit ¨uber den weiten Bereich zwischen 130 und 500 GeVgegeben ist.

Es lohnt sich, die entscheidenden Untergr¨unde f¨ur diesen Kanal genauer zu betrachten:

ZZ-Produktion ohne Higgsboson im Anfangszustand ist ein im Standardmodell vor- gesehener Prozess mit einem Wirkungsquerschnitt von etwa 7 pb. Dieser Prozess stellt einen irreduziblen Untergrund f¨ur die Higgssuche dar. Die invariante Masse des ZZ-Systems ist breit verteilt - sie nimmt ab rund 150 GeV bis zu einem Maximum bei etwa 200 GeV zu, um dann exponentiell abzufallen. Ein m¨ogliches Higgs-Signal tritt als scharf aufgel¨oste Resonanz aus diesem Kontinuum hervor (S.Abb. 3.9).

Die Produktion von Z-Bosonen in Begleitung von Jets stellt besonders im Bereich niedriger Suchmassen, wo keine zwei Z-Bosonen auf der Massenschale liegen, ei- ne potentielle Quelle von Untergrund dar. Besonders bedeutend ist der Fall, in dem die Jets schwere b-Mesonen enthalten. In diesem Fall (sogenannteb-jets) besteht die M¨oglichkeit, ¨uber den Zerfallb c+l++νlhochenergetische Leptonen zu produzieren, was einen 4-Lepton-Endzustand erzeugen kann.

(32)

28 Kapitel 3. Higgs-Suche am LHC

Abbildung 3.10:ZZ 4l-Signal (i), ZZ-Untergrund (ii), bbZ (iii) und tt(iv) Unter- gr¨unde.

t-Quark-Paare k¨onnen im f¨ur die Analyse ung¨unstigsten Fall zwei hochenergetische Leptonen durch die t-Zerf¨alle und zwei weitere Leptonen aus den b-Jets erzeugen. In diesem Falle liegt ein 4-Lepton-Endzustand vor, in dem mindestens zwei der Lepto- nen kinematisch denjenigen eines Signalereignisses stark ¨ahneln.

Beispiele f¨ur Signal, irreduziblen Untergrund und die bedeutendsten reduziblen Unter- gr¨unde sind in Abbildung 3.10 dargestellt. F¨ur die Untergr¨unde wird hier speziell der Fall konstruiert, der am wahrscheinlichsten einen 4-Lepton-Endzustand erzeugen kann.

Dieser reduzible Untergrund kann unter Ausnutzung der Signaleigenschaften nahezu vollst¨andig eliminiert werden:

Die Leptonen aus dem Higgszerfall sindisoliert, es liegt also keine Jet-Aktivit¨at in ihrer unmittelbaren Umgebung vor. Dadurch kann man sie etwa von Leptonen aus leichten Jets gebildet unterscheiden. Eine Gr¨oße, die dies darstellt, ist die Spurso- lierung: Hier werden die Transversalimpulse aller vom selben Vertex ausgehenden Spuren aufaddiert, die im Innendetektor innerhalb eines gegebenen Winkelelements um die Spur des Leptons rekonstruiert sind:

pconeXT =

∆R(t,lepton)<X

X

IDtrack t

pT(t) (3.1)

Ein typischer Wert f¨ur das Winkelelement X ist dabei∆R <0.2. Isolierte Leptonen zeichnen sich durch Spursolierungen nahe Null aus, Leptonen aus Jets hingegen wei- sen h¨ohere Werte auf, da die Spuren der geladenen Teilchen des Jets sie umgeben.

Dieser Schnitt ist hocheffizient, um Leptonen aus leichten (u,d,s) und c-Jets abzu- filtern. Auch gegen Leptonen aus b-Jets ist noch eine gewisse Wirkung vorhanden, allerdings nicht mehr derartig ausgepr¨agt. Die Leptonen aus t-Zerf¨allen sind weitest- gehend isoliert, da hier reale W-Bosonen in Leptonen zerfallen.

Beim Zerfall des ZZ-Systems liegen zwei Paare entgegengesetzt geladener Lepto- nen vor, deren invariante Masse jeweils der des zerfallenen Eichbosons entspricht.

Bei hohen Higgsmassen liegen somit die invarianten Massen beider Paare nahe der Z-Masse. Bei niedrigeren Massen trifft dies f¨ur die Masse eines Paares zu, wobei die Masse des zweiten Paares oberhalb gewisser Grenzen bleibt. Durch das For- dern entsprechender invarianter Massen der rekonstruierter Leptonpaare lassen sich

Abbildung

Abbildung 2.5: Die verschiedenen Lagen des ATLAS-Innendetektors in der Barrelregion [16].
Abbildung 2.12: Die L¨ucke in der Abdeckung der Zentralebene durch das in blau darge- darge-stellte Myonspektrometer (Computeranimation).
Abbildung 3.3: Verzweigungsverh¨altnisse beim Zerfall des Higgsbosons im Standardmo- Standardmo-dell [23].
Abbildung 3.5: Invariante Massenverteilung des bb-Systems f¨ur den ZH-Kanal nach der vollen Selektion in der ATLAS (V +)H → bb-Analyse [7].
+7

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