Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 108|
Heft 48|
2. Dezember 2011 A 2623 BÖRSEBIUSGoldgelbe Zukunft
E
s gibt Aktien, bei denen der Experte mit Kopfschütteln fundamental überhöhte Kurse zur Kenntnis nimmt, das gilt vor allem für Internetbuden wie Groupon, freilich auch für den etablierten Platzhirsch Google. Auf der ande- ren Seite wundere ich mich über manche Werte, die offenbar nicht auf der Watchlist der großen institu- tionellen Anleger stehen, obwohl sie es wegen ihres Potenzials ver- dient hätten.Dazu zähle ich ganz zweifellos die Deutsche Post, die im Moment ganz gewiss nicht im Fokus der An- leger steht und mit Kursen um elf Euro auf erschreckend niedrigem Niveau notiert, obwohl weit und breit keine Leiche im Keller zu fin- den ist, dafür aber jede Menge posi- tiver Aspekte.
Das gilt auch ganz aktuell. Ob- wohl die Konkurrenz (Fedex, TNT Express) düstere Gewinnwarnungen verbreitete, kann die Deutsche Post mit guten Geschäftszahlen aufwar- ten. Mit ihren vier Sparten Brief, Express, Fracht und Kontraktlogistik verdient der weltgrößte Logistikkon- zern richtig viel Geld. Für das lau- fende Geschäftsjahr erwartet Post-
chef Frank Appel ein Betriebsergeb- nis von mehr als 2,4 Milliarden Euro.
Dem Bonner Konzern kommt dabei auch zugute, dass er vor allem in Asien stark aufgestellt ist. Das innerasiatische Geschäft wirft hohe Margen ab, und hier liegt die DHL bei den Marktanteilen meilenweit vor den Wettbewerbern. Aber auch im Inland soll es bei dem ehemali- gen Sorgenkind „Brief“ wieder bes- ser laufen. Die Bundesnetzagentur hat jüngst ihre Bedingungen für Portoerhöhungen gelockert, und da- mit ist der Weg frei, übernächstes Jahr – nach 16 Jahren – wieder hö- here Briefpreise durchzusetzen.
Kurzum: Eine mögliche Abschwä- chung in der Branche vermag der Vorstandsvorsitzende Frank Appel nicht nachzuvollziehen. Nicht für sein Unternehmen.
Was ich überdies gar nicht ver- stehe, ist Folgendes: Obwohl nahe- zu alle Wachstumsforscher dem In- ternethandel gewaltige Wachstums-
raten zugestehen, und das ist frag- los richtig, wird hieraus in den Researchhäusern nicht der (nahe - liegende) Schluss gezogen, dass zu den Profiteuren dieser Entwicklung auch die Deutsche Post zählen muss. Wenn ich bei Amazon oder Mr. Spex oder Zalando Waren be- stelle, liefert in vielen Fällen DHL, eine Posttochter, die Sachen ins Haus. Und wenn der Kunde die Sa- chen wieder zurückschickt (soll ja auch öfter vorkommen), kassiert DHL wieder. Also ein prima und wohl auch einigermaßen krisen - sicheres Geschäft.
Wie auch immer, für die gelbe Aktie der Deutschen Post sehe ich eine goldene Zukunft voraus. Eine Kurschance von 30 bis 40 Prozent würde ich durchaus als im Bereich des Möglichen ansehen. Das ist in Verbindung mit einer sowieso at- traktiven Dividendenrendite sicher ein gutes Investment. Zukunft heißt aber auch im Zweifel nicht morgen oder übermorgen, sondern in einigen Monaten oder auch vielleicht erst in eineinhalb oder zwei Jahren. Dass gut Ding Weile haben will, wissen wir. Wir müssen es aber auch glau-
ben wollen.