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Archiv "Monozyten und Phagozyten" (13.10.1988)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Monozyten

und Phagozyten

Rudolf Gross

1. Hämato-Zytologie

Unbeschadet der steigenden Aufmerksam- keit und neuer Entdeckungen oder Präzisierun- gen ihrer Funktionen und ihres Zusammen- spiels, die den Lymphozyten in den letzten Jah- ren zukam (siehe zum Beispiel DÄ 82 [1985] 27:

2024, wendet sich die Aufmerksamkeit derzeit zunehmend den Makrophagen und ihren Vor- läufern, den Monozyten zu (zum Beispiel aus- führliche Übersichten mit weiterführender Lite- ratur bei 2, 3, 4, 6, 7). Es gilt als sicher, daß sich in enger Beziehung zur Granulozytopoese (de- ren Funktion die Monozyten mindestens teilwei- se übernehmen können, etwa bei Agranulozyto- se) im Knochenmark der Reifungsprozeß der Monozyten aus Stammzellen (GM-CSF) ab- spielt und etwa sechs Tage beträgt.

Die ausgeschwemmten Monozyten haben im Blut eine Lebensdauer von ein bis drei Tagen (4). Sie werden danach aber überwiegend nicht abgebaut, sondern wandern in Gewebe ein, wo sie als ortsspezifische Makrophagen Monate überleben und ihre vielseitigen Funktionen aus- üben. Dafür sind sie in gewisser Weise morpho- logisch und biochemisch unterschiedlich adap- tiert und als Histiozyten im Bindegewebe, als Alveolarmakrophagen in der Lunge, als Kupfer- sche Sternzellen in der Leber, als Makrophagen im Knochenmark und in den Lymphknoten, als Plasma- und Peritoneal-Makrophagen in den se- rösen Häuten, als Phagozyten in der Darm- wand, als Osteoklasten im Knochenmark, als re- aktive Mikroglia im zentralen Nervensystem lo- kalisiert. Ob sie durch entsprechende organspe- zifische Stimuli „adaptiert" oder schon gene- tisch für bestimmte Organe präformiert sind, ist meines Wissens zur Zeit noch offen. Offenlassen möchte ich auch die Frage, ob man mehrkernige Riesenzellen wie bei Tuberkulose, M. Hodgkin,

M. Boeck trotz einiger gemeinsamer Funktio- nen noch den Phagozyten zuordnen darf (zum Beispiel in 3). In jedem Fall können sie maligne entarten und werden dann meist den Monozy- ten-Leukämien oder einer Form aus der bunten Gruppe der sogenannten Non-Hodgkin-Lym- phome zugeordnet.

Das gesamte Abwehrsystem sollte man al- lerdings trotz der genialen Entdeckung Aschoffs nicht mehr als retikulo-endotheliales System be- zeichnen, wie es heute noch häufig geschieht:

Die meisten Endothelien gehören nicht zu die- sem weit verbreiteten Abwehrsystem, „dem zweiten Gewebe", während umgekehrt Aschoff die Histiozyten und ihre Funktion nicht beson- ders hervorhob. Wir (5) benutzen daher mit an- deren seit über zwanzig Jahren den Begriff des retikulo-histiozytären Systems (RHS) — einem auch nicht voll befriedigenden, aber korrekteren Ausdruck.

2. Biochemie und Funktionen

Die Hauptleistung der Monozyten liegt nicht in der Phagozytose, auch wenn man manchmal kleinere Zelltrümmer intrazellulär findet. Ihre Hauptleistung ist wohl die Präpara- tion zu zerstörender Bakterien, Tumorzellen usw. für die Lymphozyten, in deren T-B-Koope- ration sie (in Verbindung mit dem major Histo- kompatibilitätskomplex II) eine wichtige Rolle spielen (4).

So sind bisher über 50 Rezeptoren auf ihrer Oberfläche und über 100 sezernierte Substanzen (Monokine) gefunden worden (3, 4). Dabei steht die Freisetzung von lysosomalen Enzymen im Vordergrund. Ähnlich den Leukozyten (sie- he DÄ, 85 [1988] 18: 1261) kommt es durch kör- pereigene oder körperfremde Mediatoren zu Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988 (49) A-2829

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einem „burst" mit starker Zunahme der NADPH-vermittelten Oxydation und der Bil- dung von Wasserstoffsuperoxyd. Gleichzeitig werden in einer „kleineren" Reaktion aus Phos- pholipiden über Arachidonsäure durch Cycloo- xygenase oder Lipoxygenase Prostaglandine und Leukrotrine gebildet (3). So wird unterschieden zwischen der oxygenierenden und anderen Fol- gen der Aktivierung. Die Aktivität stimulierter Makrophagen soll zwei bis drei Tage anhalten.

Die derzeit stärksten bekannten Aktivato- ren der Phagozyten sind Interferon-gamma und ein zunächst als MAF (Macrophage Activ. Fac- tor) bezeichnetes niedermolekulares Glykopep- tid. Die verstärkte Wirkung wenig gereinigter Lymphozytenextrakte spricht für das Zusam- menspiel mehrerer Monokine oder Lymphoki- ne; doch wurde die dominierende Wirkung von Interferon-gamma auch mit hochgereinigten Ex- trakten inzwischen nachgewiesen (6). Dieses Lymphokin ist zugleich ein „multiplier" vieler Immunreaktionen. Nach Hamilton und Adams (2) kann die Aktivierung unter besonderen Be- dingungen in Sekunden oder Minuten erfolgen;

die Regel sind zwei langsamere Schritte:

O Interferon führt zur selektiven Bindung, zur Antigen-Präsentation (an die Lymphozyten und natürlichen Killer-Zellen) bei gleichzeitig reduzierter eigener Proliferation;

• unter dem genannten Polysaccharid kann es zur Zerstörung von Tumorzellen, ver- minderter Antigenpräsentation und verminder- ter Proliferation kommen.

Bei allen diesen Prozessen spielen die um den Faktor 2 bis 4 gesteigerten Phosphorylierun- gen sowie die vermehrte Bildung von Proteinki- nasen eine maßgebliche Rolle.

3. Krankheiten und Pharmakologie

• Die wichtigste Funktion der Monozyten und Phagozyten bezieht sich auf Krankheitserre- ger wie Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten, so- wohl intra- wie extrazelluläre — aber paradoxer- weise keineswegs alle (6). Dabei soll das HIV sich in den zu den Phagozyten gehörenden Glia- zellen gut erhalten. Sie gelten neben mehrkerni- gen Riesenzellen im Gehirn als die bei AIDS auftretende Demenz begünstigend. Nach neu- esten Untersuchungen hält sich der AIDS-Erre- ger, das HIV, auch bei Lymphozytenfreiheit in Monozyten/Makrophagen, ja soll sogar über diese zuerst aufgenommen werden. Diese wur- den sogar als zuerst betroffen angesehen (7).

Q An zweiter Stelle stehen Tumorzellen.

Dabei scheinen der Tumornekrosefaktor (Ka- chectin) und die Aktivierung des Komplement- systems eine wesentliche Rolle zu spielen. Zur Zeit ist unübersehbar, unter welcher Tumorart und -masse die ebenfalls nachgewiesene Funk- tionsminderung des RHS eintritt. Man kann in solchen Fällen erfolgreich mit Interferon-gam- ma substituieren (3). Die bisher bekanntgewor- denen Dosierungen von 5 bis 500 .ig/M2/Tag können mit Fieber, Schüttelfrost, Muskel- schmerzen u. a. einhergehen. Diese sollen durch eine Vorbehandlung mit Antipyretica ge- mildert werden (Literatur bei 6).

O Eine wesentliche Rolle spielen die Pha- gozyten bei Speicherkrankheiten, besonders beim M. Gaucher und M. Niemann-Pick. (Bei der Giemsa-Färbung tritt das unspezifische Syn- drom der „meerblauen" Histiozyten auf!)

• Auch anorganische Partikel wie Staub oder Zigarettenrauch werden durch die (drei verschiedenen) Phagozyten der Luftwege ent- fernt (3).

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Monozytenleukämien zeichnen sich durch hohe Spiegel der freigesetzten oder ver- mehrt gebildeten Lysozyme und Fieber aus.

O Neben Monozytenleukämien und dem Lupus erythem. dis. zeigen alle chronischen gra- nulomatösen Erkrankungen einen Trend zur Funktionsminderung der Phagozyten, eine gra- vierende Begleiterscheinung, die ebenfalls auf Interferon-gamma ansprechen soll (3).

eb

Kortisonderivate beeinträchtigen die Funktion des RHS (kritische Konzentration in vitro 1 x 10' bis 1 x 10' M). Dies wurde auch in Tierversuchen bestätigt. Es sollte Veranlassung sein, bei Infektionen und Tumoren die Indika- tion von Kortisonpräparaten sorgfältig abzuwä- gen. Siehe dazu auch die Ubersicht von E. Kauf- mann über Interleukine (DÄ vom 18. 7. 1988 Nr. 28/29)

Literatur

1. Berthold, F., in: Immunität und Infektion 9 (1981) 3, zit. bei Gross, R.; Schölmerich, P.; Gerok, W.: Lehrbuch der Inneren Medizin, Stuttgart, Schattauer 1987

2. Hamilton, Th. A.; Adams, D. 0.: Molecular mechanism of Sig- nal transduction in macrophages. Immun. today 8 (1987) 151 3. Johnston, R. B. jr.: Current concepts — Immunology: Monocyt-

es and macrophages. N. Engl. J. Med. 318 (1988) 747 4. Nelson, D. S. (Edit.): Immunbiology of the Macrophage. New

York, Academic Press, 1976

5. Gross, R.; Jahn, D.: Lehrbuch der Inneren Medizin. Stuttgart, Schattauer 1966

6. Murray, H. W.: Interferon Gamma, the activated macrophage and hast defense against microbiological challange. Ann. Int.

Med. 108 (1988) 595

7. Bericht FAZ vom 29. 6. 1988, S. 31

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Rudolf Gross Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41 A-2830 (50) Dt. Ärztebl. 85, Heft 41, 13. Oktober 1988

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