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I 233/2003 POM 17. März 2004 46C
Interpellation
0933 Renggli, Biel (FDP)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 16.09.2003
Beeinträchtigungen durch Openair-Veranstaltungen
Seit einigen Jahren kann eine starke Zunahme von Openair-Veranstaltungen jeglicher Art festgestellt werden. Rund um den Bielersee hat praktisch jedes Dorf sein eigenes Fest. Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren verschlimmert, da diese Feste nun bis 5 oder 6 Uhr morgens dauern und die Lautsprecher so laut eingestellt sind, dass die Veranstaltung eines Dorfes am Bielersee praktisch die ganze umliegende Bevölkerung stört. Da im Sommer praktisch an jedem Wochenende in irgendeinem Dorf ein Fest stattfindet, wird die Bevölkerung fast ständig in ihrem Schlaf beeinträchtigt. Sicher leidet auch die Bielersee- Fauna unter dieser Situation, denn das rhythmische Hämmern der Bässe stellt eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung dar.
Auch in den Bergen kann eine Zunahme der Openair-Veranstaltungen festgestellt werden.
Im Winter gleicht die Kleine Scheidegg beispielsweise eher einer Diskothek als einem Wintersportort. Hier und in vielen anderen Bergstationen werden ebenfalls lärmige Konzerte im Freien durchgeführt. Wenn nun solche Veranstaltungen schon für den Menschen eine Beeinträchtigung darstellen, so dürfte die Störung für die Fauna, welche die erholsame Ruhe benötigt, umso grösser sein.
Der Regierungsrat wird somit um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Wie sieht das Bewilligungsrecht für solche Veranstaltungen aus und welches sind die Beschränkungen in Bezug auf Lärmemissionen und Veranstaltungsdauer?
2. Welches sind die Auswirkungen solcher Openair-Veranstaltungen auf die Fauna und die Natur ganz allgemein?
3. Wird die Einhaltung der gesetzlichen Umweltschutzbestimmungen regelmässig verlangt und kontrolliert?
4. Gibt es Bestimmungen, mit denen solche Veranstaltungen zahlenmässig begrenzt werden, so dass die Beeinträchtigungen, die der Umwelt durch die Häufung und den Lärm solcher Veranstaltungen entstehen, nicht übermässig werden?
5. Ist der Regierungsrat ebenfalls der Ansicht, dass die Anzahl der Openair-Veran- staltungen in gewissen Regionen, z.B. rund um den Bielersee, zu übermässigen Störungen führt? Ist er gegebenenfalls bereit, Massnahmen zu ergreifen, um diese Veranstaltungen zahlen- und lärmpegelmässig auf ein akzeptables Niveau zu bringen?
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Antwort des Regierungsrates
Zu Frage 1
Die gesetzlichen Grundlagen der Bewilligungspflicht von Veranstaltungen finden sich in der Gastgewerbegesetzgebung. Bezüglich der Beschränkung von Lärmimmissionen sieht das Gastgewerbegesetz dabei vor, dass der Musikschallpegel begrenzt werden kann, und zwar auf ein tieferes Niveau, als dies die Grenzwerte der Schall- und Laserverordnung aus gesundheitlichen Gründen vorsehen. Ebenso können die im Gastgewerbegesetz formulierten maximalen Schliessungszeiten durch die Bewilligungsbehörde situativ angepasst werden, falls dies zum Schutze der Bevölkerung als erforderlich erachtet wird.
Um eine Bewilligung zu erhalten, hat der Veranstalter ein Gesuch bei der Standortgemeinde des vorgesehenen Festplatzes einzureichen. Das Gesuch beinhaltet ein Veranstaltungskonzept. Die Gemeinde prüft die Eingabe auf Vollständigkeit, nimmt dazu Stellung, insbesondere bezüglich Zeitdauer und Immissionen, und leitet es an die Bewilligungsbehörde, das heisst an das Regierungsstatthalteramt weiter.
Die Regierungsstatthalterin oder der Regierungsstatthalter prüft das Gesuch und legt die betreffend Lärm, Anfahrtswege, Umweltschutz, lebensmittel- und feuerpolizeilichen Vorschriften usw. notwendigen Auflagen fest. Soweit erforderlich werden dabei Spezialistinnen und Spezialisten beigezogen.
Zu Frage 2
Openair-Veranstaltungen können eine direkte Beeinträchtigung von Fauna und Flora am Veranstaltungsort darstellen. Über die Auswirkungen von Lärm auf die Fauna im Bereich von Festgeländen gibt es jedoch bis heute keine aussagekräftigen Untersuchungen.
Arbeiten, z.B. über das Verhalten von Gämsen bei Störung durch Flugbetrieb, zeigen jedoch die grosse Komplexität der Zusammenhänge. Es ist davon auszugehen, dass die Störung der Tiere durch Lärm artspezifisch sehr unterschiedlich ist und dass eine Störung ganz allgemein die Zusammensetzung der Fauna beeinflusst.
Zu Frage 3
Die Bewilligungsbehörde verlangt bei Openair-Anlässen vom Veranstalter ausnahmslos einen angemessenen privaten Sicherheits- und Ordnungsdienst. Ebenso wird in den Bewilligungen auf die gesetzlichen Grundlagen und die entsprechend formulierten Auflagen (vgl. Antwort zu Frage 1) verwiesen. Bewilligungskopien von Openair-Veranstaltungen werden den zuständigen Gemeinde- und Kantonspolizeistellen sowie der Fachstelle Lärmbekämpfung der Kantonspolizei zugestellt. Gemäss ihrer Zuständigkeit erfolgen durch diese Stellen Kontrollen, ob die Auflagen eingehalten werden. Ein besonderes Augenmerk wird auf wiederkehrende Veranstaltungen gerichtet, vorab selbstverständlich dort, wo immer wieder Klagen eingehen.
Zu Frage 4
Die Umweltschutzgesetzgebung, insbesondere das Umweltschutzgesetz (USG), die Lärmschutzverordnung (LSV), die Kant. Lärmschutzverordnung (KLSV), die Schall- und Laserverordnung wie auch das kantonale Gastgewerbegegesetz beinhalten Vorschriften zur Eindämmung von Lärmimmissionen. Grundsätzlich entscheidet die Bewilligungsbehörde (Regierungsstatthalter), auf Antrag der zuständigen Gemeindebehörde, in welchem Rahmen eine Veranstaltung abgehalten werden kann.
Dabei werden auch die Anliegen und Bedürfnisse der direkt betroffenen Bevölkerung berücksichtigt.
Eine zahlenmässige Begrenzung ist in der Gesetzgebung nicht direkt vorgesehen.
Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Bevölkerung nicht übermässig gestört werden darf.
Beurteilungskriterien sind dabei etwa Intensität, Dauer, Häufigkeit, Tageszeit, Ortsüblichkeit, Auffälligkeit und touristische Bedeutung. Die Interessenabwägung obliegt
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der Bewilligungsbehörde. Gesuche für Openair-Veranstaltungen werden in der Form der Verfügung jeweils im Einzelfall bewilligt oder abgelehnt.
Zu Frage 5
Dem Regierungsrat ist die Problematik der Schallausbreitung bei Openair-Anlässen bekannt. Diese Anlässe finden vor allem in den Sommermonaten, d.h. konzentriert auf die Monate Juni, Juli und August, statt. Nach Erhebungen des Regierungsstatthalteramts Nidau werden pro Jahr in den neun Ufergemeinden des Amtsbezirkes Nidau rund zehn bis zwölf Openair-Veranstaltungen bewilligt. In den Amtsbezirken Biel, Erlach und La Neuveville sowie in der neuenburgischen Gemeinde Le Landeron, werden zusätzliche Anlässe bewilligt. Hinzu kommen privat durchgeführte Partys am Seeufer und in der näheren Umgebung, die nicht der Bewilligungspflicht unterstehen, bei denen aber dennoch zuweilen eine gewisse Lärmbelästigung erfolgen kann.
Von Seiten der Bewilligungsbehörde sind diverse Massnahmen bereits erfolgreich umgesetzt worden. Das Regierungsstatthalteramt Nidau hat im Frühjahr 2000 einschränkende Richtlinien für die Bewilligungserteilung für Openair-Anlässe erlassen (Anzahl Tage, zeitliche Beschränkung für Musikdarbietungen), an welche sich auch die übrigen Regierungsstatthalterämter des Seelands (Aarberg, Biel, Büren a.A., Erlach) halten. Spezifisch für den jeweiligen Anlass werden Auflagen betreffend Verkehr, Park- und Ordnungsdienst sowie Lärm in den Bewilligungen verfügt.
Gleichzeitig steht bereits vor Erlass der Bewilligung die Lärmfachstelle der Kantonspolizei Bern den Bewilligungsbehörden für „präventive“ Abklärungen zur Verfügung. Sie wird denn auch kantonsweit immer wieder für die Beurteilung von lärmproblematischen Anlässen beigezogen. In eigener Kompetenz als Organ der gerichtlichen Polizei überprüft sie zudem stichprobenweise oder auf Klage hin einzelne Anlässe. Nicht zuletzt bei bewilligungsfreien privaten Anlässen kommt auf Klage hin der Kontrolle durch die Gemeinde- und Kantonspolizei, der Anordnung der notwendigen Massnahmen direkt vor Ort und der Einreichung allenfalls notwendiger Anzeigen grosse Bedeutung zu.
Gestützt auf die heute verfügbaren Informationen über die rund um den Bielersee stattfindenden Veranstaltungen ist sich der Regierungsrat bewusst, dass einzelne Anwohnerinnen und Anwohner, insbesondere in den Sommermonaten, erhöhte Beeinträchtigungen durch Lärm in Kauf nehmen müssen. Insgesamt liegt aber keine übermässige Beeinträchtigung vor. Der Regierungsrat ist überzeugt, dass die Bewilligungsinstanzen der Problematik auch in Zukunft die notwendige Aufmerksamkeit schenken werden und übermässige Beeinträchtigungen durch eine den Verhältnissen angepasste Bewilligungspraxis mit sinnvollen Auflagen verhindern werden.
An den Grossen Rat