Formen der kassenärztlichen Kooperation sind kein An- reiz mehr für Kollegen, die Kooperation unter einem Dach zu wagen:
➀In der Gemeinschaftspra- xis bestehen vor allem durch die Komplexabrechnungszif- fern (zum Beispiel bei Haus- ärzten) Honorarnachteile, die die Einsparungsmöglich- keiten durch Synergieeffekte nicht ausgleichen (siehe Be- rechnung in Homepage www.idgp.de).
➁Die gegenseitige Haftung von Kollegen in der GP er- scheint juristisch bindender als im Eherecht. Für Ehepaa- re oder verwandte Kollegin- nen und Kollegen mag diese enge rechtliche Form der Ko- operation unter einem Dach noch passen. Als Anachronis- mus wird die GP jedoch gera- de von jungen Kollegen gese- hen: Dies wird ihnen durch zahlreiche „Scheidungsge- schichten“ von Gemein- schaftspraxen mit großen Folgeproblemen belegt!
➂Die Vorteile von Koopera- tion (Vertretung, inhaltliche Ergänzung und die Bewälti- gung neuer Aufgaben etc.) wiegen die Probleme der möglichen Praxiskooperati- onsformen nicht auf! Bei- spiel: Es ist ökonomischer, seine Praxis im Urlaub zu schließen und sich von der Nachbarpraxis vertreten zu lassen als vom eventuellen GP-Partner. Letzteres wird nicht nur nicht honoriert, son- dern dazu auch noch durch eher erreichte Budgetgren- zen und Regresse bedroht.
➃Der Nachwuchs (zum Bei- spiel im hausärztlichen Be- reich) fehlt nicht nur, weil die Relation von Aufwand und Ertrag hinkt, sondern weil durch mangelnde Möglich- keit zur Kooperation der Faktor Lebensqualität zu klein ausfällt. Wenn die At- traktivität von Zusammenar- beit und dem inhaltlichen kollegialen Austausch durch juristische (Berufsordnung) und abrechnungstechnische Fußangeln (EBM) torpediert wird, müssen Ratschläge wie der von Dr. Richter-Reich- helm als Hohn erscheinen.
➄Die Praxisform der PG kann so lange nicht als Lö- sung für Kooperation dienen, als es keine klaren Bestim- mungen dafür gibt. In Hin- blick auf die Abrechnungs- modalitäten ist Rechtssicher- heit für die Kollegen, die das – auch menschliche – Wagnis der Praxiskooperation einge- hen möchten, eine Mindest- bedingung. Dazu ist vonsei- ten der KBV bis dato keine Bereitschaft zu erkennen!
Um den Rahmen nicht zu sprengen, seien hier nur die wichtigsten Punkte dieser Diskussion angesprochen, die damit nicht erschöpft sind. Die Folgerung: Solange weder Honorargerechtigkeit in der GP noch Rechtssicher- heit in der PG besteht, ist keinem der Kollegen zu ra- ten: „Schließt Euch zusam- men!“
Dr. med. Wolfgang Krombholz, Sankt-Zeno-Platz 4, 84424 Isen
Traumaopfer
Zu dem Beitrag „Unzureichend und wenig koordiniert“ von Dr. med.
Thomas W. Heinz in Heft 16/2002:
Drei Fragen
Dem Autor möchte ich mei- nen Dank aussprechen. Zu- gleich erlaube ich mir – als während des Zweiten Welt- kriegs selbst Betroffener – drei Fragen aufzuwerfen:
➀Gibt es wissenschaftlich solide Arbeiten, die sich mit psychischen und psychoso- zialen Spätfolgen unbehan- delter psychischer Traumen während des Zweiten Welt- kriegs in Deutschland befas- sen? Die kriegsbedingten posttraumatischen Bela- stungssyndrome, denen Mas- sen von Menschen (Soldaten wie Zivilisten) – natürlich nicht nur in Deutschland – ausgesetzt gewesen sind und die nur zu einem ganz klei- nen Teil behandelt und be- treut werden konnten, sind ja nicht weniger tief greifend gewesen, haben aber oft un- vergleichlich mehr Menschen gleichzeitig betroffen (auch wenn sie nach der Meinung
vieler von „den Deutschen“
selbst verschuldet waren) als die Traumen nach heutigen Unfällen und Katastrophen in Mitteleuropa. Als zwei Beispiele, die besonders be- kannt sind, aber für die ganze Zeit damals stehen sollen, nenne ich nur die Namen Stalingrad und Dresden. Vom Vietnam-Krieg gibt es doch wohl solche Untersuchun- gen?➁ Ließe sich nicht aus der Art und Weise, wie die Men- schen damals (und heute noch nach großen Naturkata- strophen) unbehandelt und unbetreut diese Traumen ver- arbeiten mussten (müssen), und das großenteils offenbar auch vermochten, etwas für die Entwicklung therapeuti- scher Strategien für die durch das CPTB geschädigten Menschen in unserem heuti- gen Lebenskontext lernen?
➂ Existieren Untersuchun- gen, wie sich die CPTB der Kriegsgeneration sozialpsy- chologisch auf die Nach- kriegsgeneration ausgewirkt hat?
Um nicht missverstanden zu werden: Meine Fragen zielen nicht auf eine Kritik der mo- dernen psychologischen Traumatologie, sondern nur auf den unterschiedlichen psychosozialen Kontext von damals und heute. Diese Fra- gen zu bedenken könnte viel- leicht auch mit zur besseren wissenschaftlich korrekten
„Vergangenheitsbewälti- gung“ beitragen. Nur wer die Vergangenheit gut kennt, kann auch die Gegenwart gut gestalten.
Dr. med. Eberhard Bäßler, Hirschfelder Weg 9, 12679 Berlin
Ergänzung
Auf medikamentöse und psychiatrisch-psychothera- peutische Behandlungsmög- lichkeiten der PTSD wird aus Sicht der Psychiater zu wenig eingegangen. Es wird richtig die Komorbidität von circa 80 % mit Depressionen an- gegeben, hier besteht eine gute Behandlungsmöglich- keit zum Beispiel mit SSRIs.
Mit trizyklischen Antidepres- siva (zum Beispiel Trimipra- min) steht eine gute Behand- lungsmöglichkeit der in der Regel auftretenden schweren Schlafstörungen mit Albträu- men zur Verfügung. Eine Suchtgefährdung durch
„Selbstmedikation“ des Hy- perarousals mit Alkohol oder Benzodiazepinen muss im- mer mit bedacht werden.
Die Wichtigkeit der Anpas- sung der spezifischen Trau- matherapie an das jeweilige Stadium des Heilungsprozes- ses kann nicht oft genug be- tont werden. Zu frühe Kon- frontation bedeutet in der Regel Retraumatisierung und Gefahr der Chronifizie- rung. Eine wichtige suppor- tiv-psychotherapeutische Be- handlungsmaßnahme ist die Aufklärung des Betroffenen über Veränderungen der physiologischen Stressreak- tionen des Körpers und der zerebralen Wahrnehmungs- verarbeitung durch das Trau- ma mit dem Ziel der bald- möglichen Wiedererlangung der Selbststeuerungsfähig- keit.
Dr. med. Christa Roth-Sacken- heim,Berufsverband Deutscher - Psychiater e.V., Breite Straße 63, 56626 Andernach
Leasing
Zu Finanzierungsproblemen für Jungärzte:
Warnung
Als sich meine Frau im März 2002 ein Ultraschallgerät für eine monatliche Rate von 639 Euro für eine gynäkolo- gische Praxisneueröffnung leasen wollte, wurde sie ohne Bonitätsprüfung gleich fern- mündlich abgelehnt. Die Be- gründung: Das Risiko für die Leasinggesellschaft sei prin- zipiell bei Neuniederlassun- gen zu groß. Ich kann nur alle Jungärzte vor allzu eiligen Vertragsunterzeichnungen warnen, bevor die Finanzie- rung/das Leasing nicht ge- klärt ist.
Dr. med. Frank Bredemeier, Jasperallee 79, 38102 Braunschweig
A
A1508 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 22½½½½31. Mai 2002
B R I E F E