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Dr. Georg Zinell

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Dr. Georg Zinell

Die Welt zu Füßen

Globale Wertschöpfungsketten in der Schuh-Branche - ein Praxisbericht

Wenn Sie heute diese Zeitschrift durchblättern, haben Sie wahrscheinlich gerade einen Arbeitstag hinter sich und machen sich hoffentlich einen angenehmen Abend. Dass Ihre HiFi-Anlage aus Fernost stammt, ist Ihnen wahr- scheinlich bewusst. Die Möbel sind aus Italien, die Armbanduhr vielleicht aus einer deutschen Manufaktur, der Wein hoffentlich aus der Südsteiermark. Aber wie Sie Ihre Schuhe verräumt haben - war Ihnen dabewußt,dass Sie das Ergebnis einer wirklich globalen Wertschöpfungskette in Händen halten?

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on Schuhen "made in Italy" hat sich der Markt schon weitgehend verabschiedet. Für die Massenmärkte - bis hinein in obere Preis- und ~a­

litätslevel - finden ca. 90 Prozent der weltweiten Produktion in Fernost statt.

Die gilt für Markenprodukte gleicher- maßen wie für non branded goods.

Doch die Wertbeiträge, bis Sie den Schuh im Geschäft kaufen können, stammen aus den unterschiedlichsten Regionen dieser Erde, wie eine typische Konstellation aufzeigen soll:

Non Branded Goods werden von den Handelshäusern bei sogenannten

"Tradern" erstanden. Trader erstellen Kollektionen, erzeugen Auswahlmuster und teilen die administrative Schnitt- stelle zum Händler dar. Kleinere Händ- ler bedürfen hier meist zwischenge- chalteter Ei n kau fsgenossenschaften.

Die Trader sind häufig Gemeinschafts- unternehmen von Italienern oder Hol- ländern und Taiwane en bzw. Hong Kong - Chinesen. Erstere übernehmen

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Kollektion und Absatzmarkt, letztere den Beschaffungsmarkt.

Die Modelle werden fast ausschließ- lich von Europäern designt. Die Er- stellung der Kollektionsmuster jedoch erfolgt nur noch selten in Europa, son- dern eher in Taiwan oder Indien.

Entscheidet sich das Handelshaus für den Kauf eines speziellen Artikels, werden die Produktionskapazitäten vom Trader gebucht und die Material- beschaffung angestossen. Produktions- starke Länder sind derzeit Festlandchi- na, Vietnam, Indien, Bangladesch und teilweise noch Indonesien.

~altitativ hochwertige Leder sind dort jedoch selten lokal zu beschaffen.

Sie stammen teilweise aus Korea und Südamerika, werden für die mittleren und oberen Segmente jedoch häufig noch aus Italien importiert.

Die Informationen für die Preiseti- ketten werden von den Händlern lokal in das System eines Dienstleisters ein- gespeist, welcher dann in einem von ca.

30 weltweit verstreuten Druckzentren die Etiketten fertigt und zum jewei- ligen Schuhproduzenten transportiert.

Die Transportkette des Endpro- duktes vom Schuhproduzenten zur Verkaufsstelle dauert 45 bis 55 Tage - für den modischen Einzelhandel eine oft quälend lange Dauer. Dennoch, aus Kostengründen erfolgt der Interkonti- nentaltransport meist per Schiff.

Herausforderungen für die Gestal- tung der globalen Wertschöpfungs- ketten

Gesetz der großen Zahl- und der gerin- gen Bestellvolumina

Die Schuh-Branche ist von einer un- glaublichen Varianten- und Stückzahl gekennzeichnet. Über Länderspezifika, Artikel, Farben und Größen erreichen Schuhhändler wie die Leder & Schuh eine Anzahl an lebenden Varianten

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(Stock keeping units), welche ein Mehr- faches jener der größten Lebensmittel- händler ausmacht. Aufwendige IT-Sys- terne unterstützen die Abarbeitung der vielzahligen Supply Chain Manage- ment - Prozesse. Das Wissen um die Anwendung dieser Systeme bei den zahlreichen Beteiligten (Trader, Produ- zenten, Spediteure, Prüfinstitute, etc.) in den oft entlegensten Winkeln Süd- ostasiens aufzubauen ist eine laufende Herausforderung.

Die Produktionsstätten sind meist spezialisiert auf enge Warengruppen, was die Fragmentierung der Bestellvo- lumina weiter treibt. Produktionsbe- gleitende ~-Prozesse sind kostenmä- ßig kaum darstellbar. Oftmals - und insbesondere bei Bestellungen in Indien - bleibt oft nur die bange Erwartung, ob die Lieferung

auch tatsächlich in akzeptabler Q!!ali- tät eintrifft.

Mobilität der Produktionskapazi- täten

Es ist erst gut dreis- sig Jahre her, dass bedeutende Schuh- produktionen in Österreich als Niedriglohnland

aufgebaut wurden. Mittlerweile ist der Großteil verlagert worden. Die itali- enische Massenproduktion lässt sich kaum mehr halten - sie ist schon weit- gehend nach Rumänien, Moldawien und Fernost abgewandert. Doch auch innerhalb von Asien setzt die Migrati- on fort: Malaysien und Taiwan haben massiv verloren, Vietnam und China gewonnen. Aus den südchinesischen Küstenregionen wurde die Schuhfer- tigung jedoch bereits durch wertin- tensivere Industrien ins Landesinnere verdrängt. Und als die EU Antidum- ping-Schutzzölle auf chinesische und

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vietnamesische Produkte eingeführt hat, wurden nach nicht einmal 9 Mo- naten in Kambodscha neu errichtete Produktionsstätten eröffnet. Für das Sourcing bedeutet dies, einen ausrei- chenden Innovationsgrad und eine Portfolio-Strategie gegenüber kurzfris- tigen Optimierungspotenzialen auf- recht zu erhalten.

Veifügbarkeit und Kosten der Transport- kapazitäten

Die unmittelbaren Transportkosten der Schuhe von Produktion bis Verkaufs- stelle machen "nur" zwischen 4 und 8 Prozent der Retail-Erlöse aus. Die Transportkosten der Vorstufe hinzu- gerechnet ergeben sich grob geschätzt rund 5 bis12Prozent. Das Zurückdrän-

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gen der Produktion in entlegene, infra- strukturschwächere Regionen und die Entwicklung der Treibstoffkosten lässt einen deutlich überproportionalen An- stieg in den kommenden Jahren erwar- ten. Weiters treten bereits jetzt Engpäs- se in den Abwicklungskapazitäten der Fernost-Häfen auf. Ein Szenario, das künftig den äußersten Osten Europas als Sourcingquelle in den Mittelpunkt rücken könnte; insbesondere, wenn der Ausbau der Eisenbahnverbindungen voranschreiten sollte. Unentwegte Pioniere versuchen sich derzeit auch mit Produktionen in Äthiopien und

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nordafrikanischen Ländern - ob sich hier nachhaltiger Erfolg einstellen wird ist noch nicht absehbar.

Vertikalisierung

Zauberwort der gesamten Fashion-In- dustrie. Gemeint ist die durchgängige Bestimmung der Wertschöfungskette - durch Eigentum (Fertigungstiefe) oder beherrschende Partnerschaftsver- hältnisse. Dadurch soll eine besonders rasche und zielgenaue Reaktion auf die Kundenbedürfnisse gewährleistet wer- den. Paradebeispiele der Textilbranche sind Zara und H&M. Im Gegenzug dazu gibt es in Europa kein vollständig vertikalisiertes Schuhhandelsunterneh- men. Daher winken jenen Akteuren nachhaltige Wettbewerbsvorteile, die trotz hoher Fragmentierung und wan- dernder Produktionskapazitäten ihre Vertikalisierungsanteile erhöhen kön- nen. Mit Sicherheit gibt es hier kritische Mindestgrößen und einen beachtlichen Konzentrationsdruck im Wettbewerb.

Hinter den Kulissen, die dem Kon- sumenten geboten werden, entpuppt sich die Fashion-Branche als hochin- teressante Welt mit einer starken Sys- tem-Komponente. Insbesondere im Schuh-Bereich ist die Industrie auch noch nicht ausgreift. Gerade für Wirt- schaftsingenieure ein buntes, ergie- biges und immer abwechslungsreiches Betätigungsfeld!

Kurzlebenslauf Dr. Georg Zinell (1969),

MB-WI TU-Graz, Studien- und Univer- sitätsassistent an der BWL / TU-Graz

2000-2003 McKinsey & Comp.

Seit2003 bei Leder & Schuh - Gruppe Vorerst Projekte im Supply Chain Ma- nagement.

Seit2006innerhalb der Leder & Schuh - Gruppe als Geschäftsführer verant- wortlich für Humanic in AT, OE und SI sowie Shoe4You in AT.

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