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B R E N N P U N K T

20 Physik Journal 15 (2016) Nr. 7 © 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

interstellaren Gas- und Staubwolke entstanden. Andere Regionen mit einer geringeren Kraterdichte dürf- ten nur rund eine Milliarde Jahre alt sein. Als jüngste Struktur gilt derzeit eine auffallend glatte Region von etwa 1000 km Ausdehnung, die eine Schicht aus Stickstoffeis mit Beimengungen von Kohlen- monoxid enthält. Sie zeigt keine Einschlagkrater und ist wohl erst innerhalb der letzten 10 Millionen Jahre entstanden. Dabei könnte es sich um ein großes Einschlagbecken handeln, das später mit Eis mit den genannten Beimengungen aufge- füllt wurde [4]. Pluto war also bis in die jüngste Vergangenheit geolo- gisch aktiv oder ist es noch. Dabei handelt es sich hier nicht um geolo- gische Prozesse im herkömmlichen Die Bilder von Pluto zeigen bizarre

Eislandschaften mit bis zu 10 km hohen Bergen aus hart gefrorenem Eis. Methan (CH4) kondensiert in den Hochlagen der Berge sowie auf der Winterhalbkugel [3].

Anhand der Häufigkeit von Ein- schlagkratern lässt sich bestimmen, wie alt die Oberflächen von Him- melskörpern sind. Je dichter die Krater gesät sind, umso älter sind die Oberflächen. Die kraterreichs- ten Regionen auf Pluto, mit Kratern von bis zu 250 km Durchmesser, ähneln auf den ersten Blick sehr den Hochländern des Erdmondes (Abb. 1). Diese Pluto-Regionen sind rund vier Milliarden Jahre alt, also relativ früh nach Entstehung unseres Planetensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren aus einer

A

m 14. Juli 2015, nach neun Jahren Reise, war es soweit:

Die Sonde New Horizons1) durch- querte das Plutosystem und näherte sich der Oberfläche von Pluto bis auf etwa 12 500 km an, der kleinste Abstand zu Mond Charon betrug rund 29 000 km. Pluto, der 2006 zum Zwergplaneten degradiert wurde [1], rückte damit wieder ins Rampen licht. New Horizons führt sechs Messinstrumente an Bord:

zwei Kamera- und Spektrometer- systeme für den optischen und den Nahinfrarotbereich, ein UV- Spektrometer, zwei Instrumente zur Messung elektrisch geladener und neutraler Teilchen sowie einen Detektor für Staubpartikel. Die im Oktober 2015 veröffentlichten Bil- der und Messergebnisse ent hüllten ein überraschend viel fältiges Pluto- system [2]. Neue Daten und Aus- wertungen vervollständigen unser neues Bild vom Pluto [3 – 7].

Pluto und Charon durchliefen jeweils eine sehr komplexe, aber unterschiedliche geologische Ent- wicklung. Beim großen Abstand zur Sonne betragen die Oberflä- chentemperaturen nur etwa 33 bis 55 K. Wasser ist daher ständig tiefgefroren, und auch gasförmige Substanzen wie Kohlenmonoxid (CO) und Stickstoff (N2) sind bei diesen Temperaturen fest. Subli- mieren und Rekondensieren füh- ren allerdings zu sehr langsamen Veränderungen der Oberfläche.

Pluto voll im Bild

Die Raumsonde New Horizons erreichte vor einem Jahr den Zwergplaneten Pluto.

Die bisherigen Bilder und Messdaten zeigen eine erstaunlich vielfältige Welt.

Abb. 1 Diese kontrastverstärkte Aufnah- me von Plutos Oberfläche zeigt mit Ein- schlagkratern übersäte, rund vier Milliar- den Jahre alte Gebiete (unten rechts), die von rötlichen organischen Substan-

zen überzogen sind. Die Kraterränder und größeren Gebiete links zeigen wesentlich jüngere Ablagerungen von hellem Methaneis. Die abgebildete Re gion ist etwa 420 × 225 km2 groß.

Fotos: NASA/Johns Hopkins Univ. Appl. Phys. Lab./Southwest Research Inst.

Plutos Oberfläche ist stark zerklüftet, wie dieser 1250 Kilo meter breite Ausschnitt zeigt.

Zu erkennen ist die Atmosphäre mit mehreren Dunstschichten.

1) Mehr Informationen zur Mission und ihrem aktuellen Stand finden sich auf http://pluto.

jhuapl.edu

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B R E N N P U N K T

© 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 15 (2016) Nr. 7 21 Sinne mit heißem Gesteinsmagma.

An einigen Stellen findet sich flie- ßendes Gletschereis, das immer noch in Bewegung sein könnte.

Auf Pluto fanden sich aus- gedehnte Strukturen, die bis zu 220 km Durchmesser besitzen und sich bis zu 6 km über ihre Umgebung erheben. In ihrem Zentrum befindet sich jeweils eine Einwölbung, die vermutlich kein Einschlagkrater darstellt, sondern eine so genannte Caldera [4]. Auf der Erde entstehen Calderas, wenn einst mit Lava gefüllte Hohlräume unter den Gipfeln von Vulkanen in sich zusammenfallen. Auf Pluto förderten Eisvulkane vermutlich eine Mischung aus flüssigem Was- ser und Eis mit Beimischungen von Stickstoff, Ammoniak (NH3) und Methan. Ammoniak würde den Schmelzpunkt des Eises erheblich absenken, sodass sehr viel weniger Wärmeenergie notwendig wäre, um das Eis zu schmelzen, als dies bei reinem Wassereis der Fall wäre.

Plutos Oberfläche zeigt eine Vielzahl von Grabenbrüchen und Verwerfungen, die einige hundert Kilometer lang und mehrere Kilo- meter tief sein können. Sie überzie- hen weite Teile seiner Oberfläche.

Das deutet darauf hin, dass sich der gesamte Himmelskörper über die Jahrmilliarden gedehnt hat. Eine Ursache dafür könnte das Ausfrie- ren von Plutos Eismantel sein.

Plutos Atmosphäre besteht bis in eine Höhe von etwa 1800 km hauptsächlich aus Stickstoff, aber auch Kohlenwasserstoffe wie Me- than (CH4), Azetylen (C2H2), Ethy- len (C2H4) und Ethan (C2H6) sind vorhanden [5]. Diese Substanzen bilden zahlreiche Dunstschichten, die bis in eine Höhe von 200 km mit dem Infrarot-Spektrometer LEISA gemessen wurden (Abb. 2).

Der Dunst schlägt sich auf der Oberfläche von Pluto nieder und führt zu einer lachsroten Färbung (Abb. 1). Die Atmosphäre ist äußerst dünn, der Druck an der Oberfläche beträgt nur etwa 10 Mikrobar.

Die Teilcheninstrumente an Bord von New Horizons maßen den Sonnenwind und die Plasma- dichte in der Nähe des Zwergpla- neten. Die Wechselwirkungsregion

mit dem Sonnenwind erwies sich als wesentlich kleiner als erwartet, was vermutlich auf eine geringe atmosphärische Verlustrate zurück- zuführen ist [6]. Der Staubdetektor an Bord wies ein einziges Teilchen in der Plutoumgebung nach.

Charon scheint im Gegensatz zu Pluto zurzeit geologisch nicht aktiv zu sein. Das Alter seiner Oberfläche dürfte aufgrund der hohen gefun- denen Kraterdichte mindestens vier Milliarden Jahre betragen. In der Vergangenheit hat sich seine Ober- fläche wahrscheinlich ebenfalls stark gedehnt. Charon könnte einen unterirdischen Ozean gehabt haben, der in der Vergangenheit ausfror.

Seine Oberfläche ist vergleichsweise hell und im Gegensatz zu Pluto von Wassereis dominiert. Seine Schwer- kraft reicht nicht aus, um flüchtigere Substanzen als Wasser über lange Zeiträume festzuhalten.

Die vier kleineren Monde von Pluto sind nur etwa 10 bis 50 km groß,weichen alle deutlich von der Kugelform ab und sind länglich mit einem Achsenverhältnis von ungefähr zwei [7]. Ihre Umlauf- bahnen um Pluto befinden sich alle ziemlich genau in einer Ebene. Die kleinen Monde sind möglicherwei- se Überreste der Kollision, durch die das Pluto-Charon-System vor mindestens vier Milliarden Jahren entstanden ist. Gegenseitige Kollisi-

onen oder Stöße mit anderen Him- melskörpern formten wahrschein- lich ihre unregelmäßige Gestalt. Ih- re Oberflächen sind vergleichsweise hell, was auf einen hohen Anteil an Wassereis hindeutet.

Die Übertragung aller Daten von Pluto und seinen Monden wird im Herbst abgeschlossen sein und sicher für weitere Erkenntnisse sor- gen. Derweil setzt die Sonde New Horizons ihren Weg in den Kuiper- Gürtel fort. Am 1. Januar 2019 wird sie ein etwa 35 km großes Objekt mit der Bezeichnung 2014 MU69

passieren. Die Energiereserven an Bord reichen noch für einige Jahre danach aus, um weitere Objekte im Kuiper-Gürtel zu untersuchen. Et- wa 2043 wird die Sonde die Helio- pause durchqueren und unser Pla- netensystem in den interstellaren Raum verlassen und dann allmäh- lich die beiden Sonden Voyager 1 und 2 überholen. Wie diese beiden Sonden könnte New Horizons dann noch in regelmäßigen Abständen Daten zur Erde schicken.

Harald Krüger [1] H. Klahr, Physik Journal, Okt. 2006, S. 18 [2] S. A. Stern et al., Science 350, 292 (2015) [3] W. M. Grundy et al., Science 351, 1283

(2016)

[4] J. M. Moore et al., Science 351, 1284 (2016) [5] G. Randall et al., Science 351, 1280 (2016) [6] F. Bagenal et al., Science 351, 1282 (2016) [7] H. A. Weaver et al., Science 351, 1281

(2016)

3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5

0,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 Wellenlänge λ in µm

Spez. Intensität I/F + Offset

1

2

6 5 3 4 1 Nordpol 2 Unbenannte Region 3 Al-Idrisi Montes

4 Pulfrich (Krater) 5 Sputnik Planum 6 Cthulhu Regio

nach [3]

Priv.-Doz. Dr. Harald Krüger, Max-Planck- Institut für Sonnen- systemforschung, Jus tus-von-Liebig- Weg 3, 37077 Göttin- gen

Abb. 2 Die Spektren einiger Pluto-Regi- onen zeigen unterschiedlich starke Absorp tion durch Methan (1,3 bis 1,4 μm), Stickstoff (2,15 μm), Wasser (1,5; 1,65 und

2 μm), Kohlen monoxid (1,58 μm) und schwerere Kohlenwasserstoffverbin- dungen (2,3 μm).

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