Informale Absprachen, Mediation und vertragliche Regelungen?
‐ Neue (und alte) Formate zur Konsensfindung sind gefragt! ‐
Prof. Dr. Sabine Baumgart
• Rahmen: demographische Veränderungen, Liberalisierung, Wettbewerb
• Komplexe Akteurskonstellationen: vielfältige Handlungslogiken und –optionen
• Raumnutzungskonkurrenzen im Bestand: überörtlich (z.B. EE‐Ausbau) und kommunal (z.B. Seveso‐Richtlinie)
• Verhältnis Räumliche Gesamtplanung und Infrastrukturplanung konflikthaft
• Kaum sektoral übergreifende Infrastrukturplanung, mangelnde Koordination der Fachplanungen untereinander
• Konflikte aus Sicht der betroffenen Bevölkerung, insbes. bei Infrastruktur‐
Großvorhaben: Gesundheitsgefährdung (Lärm, Feinstaub, Mehrfachbelastungen), negative Immobilienentwicklung, Landschaftsbeeinträchtigung, Umweltschutz
• Ergebnis‐ und Verfahrensoffenheit an die Öffentlichkeit angezeigt, aber
Wahrnehmung als eine mangelnde Verfahrens‐ und Entscheidungstransparenz
Projektbereiche
50 10
14
8 1
Verteilung der Projektbereiche
Straße Schiene Wasser Energie
Verteilung der Projektbereiche (Eigene
Darstellung nach Webseite bauindustrie.de, Juli 2011)
Vor dem Verfahren
• ca. 4,3%
Im Verfahren
• ca. 44,3%
Nach dem Verfahren
• ca. 45,7%
Stand des Verfahrens
Verfahrensaufgabe: ca. 5,7 %
Stand des Verfahrens (Eigene Darstellung nach Webseite bauindustrie.de, Juli 2011)
Überörtliche Planung
Gründe der Projektverzögerung im Überblick
3 5
6 8
13 16
20
0 5 10 15 20 25
Verfahrensfehler / rechtl.
Schwierigkeiten Widerstand der übergeordneten
Politik
Naturschutzorganisation Klage Fehlender politischer Konsens /
sonst. politische Gründe Bürgerinitiative Fehlende Finanzierung
Gründe der Projektverzögerung ‐ insgesamt ‐
Nennungen
Gründe der Projektverzögerungen
(Mehrfachnennungen möglich) (Eigene Darstellung nach Webseite bauindustrie.de, Juli 2011)
40,43%
12,77%
21,28%
19,15%
6,38%
Bürgerinitiative und Anwohner
Naturschutzorganisation
Politik im Allgemeinen
Landespolitik
Bundespolitik
Verteilung der Akteure, die zur Verzögerung oder Aufgabe des Projektes führen (ohne Projekte die aufgrund fehlender Finanzierung scheiterten) (n=47) (Quelle: eigene Darstellung nach Webseite bauindustrie.de, Juli 2011)
Beteiligte Akteure
Gründe der Projektverzögerung im Detail
1 1
2 2 2 2
9 9 9
0 2 4 6 8 10
Widerstand der…
Anwohnerbeschwerden Widerstand…
Widerstand gegen…
Rechtsunsicherheit Technische Umsetzung fehlender politischer Konsens Widerstand Bürgerinitiative fehlende Finanzierung
Gründe der Projektverzögerung ‐ im Verfahren und …
Anzahl Nennungen
(Mehrfachnennungen möglich) (Eigene Darstellung nach Webseite bauindustrie.de, Juli 2011)
1 1 1 1
2 3
4
9
11
0 2 4 6 8 10 12
geplanter Volksentscheid Streitigkeit Bundes‐ und…
Klage gegen B‐Plan / Andere Widerstand des Landes Materieller oder formeller…
fehlender politischer Konsens Widerstand Bürgerinitiative Klage gegen…
fehlende Finanzierung
… nach dem Verfahren ‐
Anzahl Nennungen
(Mehrfachnennungen möglich) (Eigene Darstellung nach Webseite bauindustrie.de, Juli 2011)
Örtliche Planung: Informelle Beteiligung von Trägern
leitungsgebundener Ver‐ und Entsorgung im Rahmen von Bauleitplanungsverfahren
Quelle: SRP Online‐Befragung in Mittelstädten, 2006
n = 236 0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
20.000 - 30.000
30.000 - 40.000
40.000 - 50.000
> 70.000
Anzahl der Einwohner Anzahl der Nennungen in %, Mehrfachantwort mgl.
Abstimmungsgespräche im Vorfeld zu formellen Bauleitplanungsverfahren auf Sachbearbeiterebene Abstimmungen im Rahmen von informellen
Plankonzepten (Integrierte Konzepte, Stadtentwicklungskonzepte, Rahmenpläne) Nur formelle Beteiligung
Sporadische informelle Abstimmungen
Abstimmungsgespräche im Vorfeld zu formellen Bauleitplanungsverfahren auf Führungsebene Durch einen regelmäßigen Austausch in Form von Runden Tischen, Arbeitskreisen,
Abstimmungsgremien etc.
Kommunale Perspektive: Aktive Beteiligung der Ver‐ und
Entsorgungsträger an der städtischen Entwicklungsplanung …
Quelle: Online‐Befragung in Mittelstädten, 2006
n = 229
0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
Nein Ja Zum Teil
Nennung in % der Größenklasse
> 70.000 EW
50.000 - 70.000 EW 40.000 - 50.000 EW 30.000 - 40.000 EW 20.000 - 30.000 EW
n = 232
0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0%
gut mittelmäßig schlecht
Nennungen in % je Größenklasse
> 70.000 EW 50.000 - 70.000 EW 40.000 - 50.000 EW 30.000 - 40.000 EW 20.000 - 30.000 EW
… scheint auf kommunaler Ebene
besser als auf überörtlicher Ebene
zu funktionieren!?
„Perspektivischer Inkrementalismus“: „symbolische Zielvorgabe ‐ eigenständige Strategieentwicklung von Einzelakteuren eines Ebenen‐ und fachübergreifenden Netzwerks, Selbstbindung der Akteure durch Klimaschutzpakt vorgesehen,
Aufgabe des Konzeptträgers: Prozesssteuerung /Evaluation; Konzept‐Umsetzung durch Leuchtturm‐Projekte und zielgruppenspezifische Kampagnen.
„Konzept als Haupt‐Strategie‐Element“: Entwicklung eines Regionalen Leitbilds in moderiertem, akteursbasierten, diskursiven Prozess, (zunächst) ohne externe Expertise; Prozessgestaltung verbunden mit der Hoffnung auf breite regionale Verankerung des Leitbilds, Selbstbindung der beteiligten Akteure; Ziele und Leitbilder des Energiekonzepts als Teil des Regionales Entwicklungskonzept für das Zieljahr 2025. Regionalplanungsstelle als Konzeptträger, Initiator, Moderator der Erstellung, Raumbeobachtung; Institutionalisierung: Regionale Energie‐
Agentur.
„Komprehensive Energie‐Entwicklungsplanung“: abgeleitet aus Ergebnissen einer Expertise des technisch Machbaren, quantitativ‐exakte Ziele für 2020,
Bürgermeister als Umsetzungspartner, Ziel: Stärkung der Regionalentwicklung auf Basis eines „Integrierten ländlichen Entwicklungskonzepts (ILEK)“.
Regionalplan Regionales
Energiekonzept
• Energiepolitik
• Energiewirtschaft
Grundsätze und Ziele Räumlich konkrete
Festlegungen
Regionalmanagement
Monitoring und Koordination von
‐Bevölkerung
‐Wirtschaft
‐Siedlung
‐Infrastruktur
„Regionales Aktionsbündnis aus den Akteuren vor Ort“
Inform. Regionalentwicklung formelle Regionalplanung
12
Kommunale Energie‐ und Klimaschutz‐
konzepte Übergeordnete Energiekonzepte (EU/Bund/Land)
Gesamtheit der Akteure in einer Region
Überprüfungs- phase
Umsetzungs- phase
Vor-
bereitungs- phase
Konzept- phase
Analyse Zielvereinbarung
Umsetzung Strategieentwicklung
Monitoring
Fortschreibungsbeschluss Konstituierung / Vernetzung
Aufstellungsbeschluss
Aufgabenverteilung in einem regionalen Energiekonzept
Energiewirtschaft Regionalplanung
EVUs Verbandsversammlung Alle Akteure der
Energieversorgung
Energiesystem Raumstruktur
Energiewirtschaft
Regionalplanung breiter Konsens zw. Politik u. Wirtschaft
Maßnahmen‐
und Investitionen
Standorte, Trassen und Flächen
14
Arbeitskreis 1 Arbeitskreis 2
. . .
Arbeitskreis n
Beispiel für ein regionales Energie‐Akteursnetzwerk
Regionales Energie‐Akteursnetzwerk
Finanz‐
wirtschaft Kammern
Regionale Wirtschafts‐
förderung
Regionale Wohnungs‐
wirtschaft
Energie‐
wirtschaft
Abfall‐
wirtschaft
Land‐und Forstwirt‐
schaft
Verkehrs‐
betriebe
ansässige Hoch‐schulen
Naturschutz‐
verbände
Kommunen/
Landkreise
Lenkungs‐Gruppe
Regio‐
nal‐
Politik
Regional‐
planungs‐
träger
Regionale Fach‐
behörden
Regionales Energiekonzept
Regionalplan Bundes‐, Landes‐
energiepolitik
Bundes‐, Landes‐
raumordnung
Regionale Energie-Ziele Zieldiskussion / Ziele / Grundsätze (EE-Quote, Effizienz) Abwägung der Raumordnung
Analyse konkurrieren- der Nutzungs- und Schutzansprüche, Verträglichkeitskriterien Abgrenzung
raumverträglicher EE- Potenzialflächen
Szenarien, demo- graphische, wirtschafts-
und raumstrukturelle Entwicklung Energiebedafs-
analysen und -szenarien EE- Standortkonzepte, Eignungsflächenanalyse EE- Endenergie
-leistungspotenziale
Wirtschafts‐, Tourismusförderung
Gewässerschutz Wasserwirtschaft Landschaftsplanung
Natur‐, Denkmalschutz Umsetzungsstrategie
Beispiel: Regionales Energiekonzept ‐ Regionalplan ► Schnittmenge !
Vertragliche Vereinbarungen zur Koordinierung/Verwirklichung eines Entwicklungskonzeptes (gem. § 13 ROG)?
S. Baumgart: Informale Absprachen, Mediation und vertragliche Regelungen? Informale Absprachen, Mediation und vertragliche Regelungen? Folie 13Folie 13
Gesundheit Gefährdungen/Risiken
Umgebungslärm (von http://www.umgebungslaerm‐kartierung.nrw.de/laerm/viewer.htm24 LdenStraßenpegel
Beispiel: Pro‐aktive Fachplanung „Gesundheit“(svorsorge)
Abb. 1: Akteure und Adressaten des Fachplans Gesundheit
Ein Fachplan Gesundheit formuliert explizit
Problemstellungen, Zielsetzungen, Strategien und notwendige Maßnahmen, bringt die Belange ein in
‐ Integrierte Planungen,
‐ Sektorale Planungen und
‐ Genehmigungsverfahren.
Interessenslagen, Verantwortlichkeiten, Verfahrensgerechtigkeit =
„Strategische Navigation“
(Jean Hillier)• Komplexität von Vorhaben erkennen, vermitteln, kommunizieren!
• Horizontale Verknüpfung zwischen Fachplanungen, räumlicher Gesamtplanung und Zivilgesellschaft = Schnittstellen‐Kompetenz ist gefragt
• Wie Bedingungen für Artikulation/Dialogorientierung/Deliberation schaffen, aber nicht Entscheidungsprozesse ersetzen (vgl. u.a. Nanz/Fritsche 2012:117‐118)
• Wie Gelegenheitsstrukturen für kollektive Lernprozesse für Politik, Verwaltung, Bürger/innen schaffen: Befragung, Mediation/Runder Tisch/Dialog, als Nutzer beteiligen
• Pionierprojekte > Routinen: wie Beteiligungsinstrumente vorausschauend und vorbereitend einsetzen zur effektiven Kopplung von deliberativen Gremien mit Entscheidungsprozessen in Exekutive und Legislative (C. Leggewie 2011)
• Projektsteuerung: klare / unklare Projektdefinition erfordert „change management“
• Do the people on board have the same resources? Who is the scipper? (Jean Hillier, 10.11.2011)
Strategische Ausrichtung der Raumordnung ‐ Adressat Fachplanungen?
Leitbilder als Grundlage für planerische Abwägungsentscheidungen?
Qualitätsstandards für kontinuierliche Raumbeobachtung und Datenmonitoring?
Erläuterungskarten, insbes. auf regionaler Ebene auch als raumbezogene
Grundlage für Fachplanungen, Datenbereitstellung im Internet für Öffentlichkeit?
Kommunikation durch Visualisierung von Szenarien, Plänen, Konzepten, Multiplikation durch Medien, SUP/Zusammenfassende Erklärung?
Mediation/Runde Tische zur Entwicklung von Handlungsoptionen im Rahmen von Aushandlungsprozessen (Anwaltsplanung, Planungszelle, Ombudsperson)?
Bereitstellung professioneller Unterstützung/Beratung für zivilgesellschaftliche Gruppen: Zukunftsforum?
Danke für die Aufmerksamkeit
sabine.baumgart@tu‐dortmund.de
„Der neue Gesellschaftsvertrag umfasst den gestaltenden Staat, eine aktive Bürgergesellschaft, innovative Unternehmen und
Technologie und wissenschaftliche Reflektion und Beratung.“
(Claus Leggewie 2011: 72/73)