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Philosophische Konsequenzen der Relativitätstheorie

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Academic year: 2022

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Dr. Christian Thies, Wintersemester 2002/03: „Zum Wandel des Naturbegriffs“, 6.1.2003

Philosophische Konsequenzen der Relativitätstheorie

(1) Allgemein

(a) Der Ausdruck „Relativitätstheorie“ darf nicht mit der verbreiteten Aussage „Alles ist relativ“ in Zusammenhang gebracht werden (Russell 18). Das wäre das Gegenteil von dem, was Einstein beabsichtigte; ihm ging es gerade darum, unsere Standortgebundenheit auszuschalten. Das belegt auch sein Widerstand gegen die Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik.

(b) Eine Konsequenz der Relativitätstheorie ist, dass sich die Physik noch weiter von lebensweltlicher Erfahrung entfernt (Russell Kap. 1). Die Welt, die wir sinnlich wahrneh- men, ist nur ein begrenzter Ausschnitt des Universums, in dem besondere Bedingungen gelten (vor allem kleine Geschwindigkeiten, geringe Massen und kurze Raum-Zeit- Abstände). Die physikalische Welt ist, wie schon Hegel feststellte, aus unserer alltäglichen Perspektive eine „verkehrte Welt“ („Phänomenologie des Geistes“, 3. Kap.).

Die folgenden Punkte beziehen sich auf die vier Grundbegriffe der klassischen Mechanik:

(2) Raum

(a) Der euklidische Raum, der durch das cartesische Koordinatensystem dargestellt werden kann, wird zum Riemann-Raum, einem gekrümmten Raum, der unbegrenzt, aber doch endlich ist. Damit entfällt die erste Antinomie aus Kants „Kritik der reinen Vernunft“

(Endlichkeit vs. Unendlichkeit).

(b) Der Raum ist nicht etwas, was von Anbeginn besteht, sondern etwas, was ständig geschaffen wird (Theorie des expandierenden Universums, vgl. Esfeld 33).

(c) Am wichtigsten ist, dass Raum und Zeit sich gar nicht mehr voneinander trennen lassen (Raum-Zeit-Kontinuum von Minkowski).

(3) Zeit

In Bezug auf die Zeit ergeben sich die spektakulärsten Folgerungen: Es gibt keine objektive Zeit, sondern alle Bezugssysteme haben ihre eigene Zeit. Wie Lichtstrahlen abgelenkt werden können, verläuft auch die Zeitlinie nicht unbedingt geradlinig. Während der Raum gekrümmt wird, kommt es zur Dehnung der Zeit (Zeitdilatation). Einige Interpreten (Reichenbach, Gödel u.a.) halten sogar kreis- und spiralförmige Linien für möglich. Zudem können wir Existenzbestimmungen nicht mehr zeitlich qualifizieren; alles existiert schlechthin, auch das Vergangene und das Zukünftige (Esfeld 34f.). „Für uns gläubige Physiker hat die Scheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur die Bedeutung einer wenn auch hartnäckigen Illusion.“ (Einstein 1955)

(4) Kraft

Newton musste mit der Gravitation eine rätselhafte Fernwirkungskraft annehmen (vgl. Esfeld 19). Darauf kann nun verzichtet werden: Das, was wir als Folgen der Gravitation interpretieren, ist in Wirklichkeit die Beschaffenheit des Raum-Zeit-Kontinuums (vgl. Russell Kap. 13). Darauf stützt sich vor allem die Geometrodynamik von Wheeler (Esfeld 42f.).

(5) Körper

Die Relativitätstheorie legt es nahe, nicht mehr von räumlichen Dingen (ausgedehnten Körpern, res extensae) zu sprechen, sondern von raum-zeitlichen Ereignissen (Esfeld 37).

Mit der Ding-Ontologie wird auch der philosophische Begriff der Substanz hinfällig (Russell 158f.).

Literaturhinweise

Bertrand RUSSELL: Das ABC der Relativitätstheorie. Hg. F. Pirani. Reinbek 1972 (zuerst GB 1925) Michael ESFELD: Einführung in die Naturphilosophie. Darmstadt 2002. Kap. 4

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