• Keine Ergebnisse gefunden

Teil 2: Freundschaft Auf Facebook haben manchen Menschen fast so viele

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Teil 2: Freundschaft Auf Facebook haben manchen Menschen fast so viele"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Prof. Dr. Christian Thies (Universität Passau)

Teil 2: Freundschaft

Auf Facebook haben manchen Menschen fast so viele Freunde wie die Passauer Domorgel Pfeifen. Sagen Sie mal, Herr Thies, was zeichnet echte Freundschaft aus?

Die imposante Orgel des Passauer Doms verfügt über exakt 17.974 Pfeifen. Wer will schon so viele Pfeifen als Freunde? Aber mal im Ernst: Kaum jemand mit einer dreistelligen Zahl an Freunden in den sozialen Netzwerken würde wohl auf die Idee kommen, all diese für wahre Freunde zu halten. Denn die wichtigste Voraussetzung echter Freundschaft ist sicher die reale Begegnung – ein vertrauensvolles Beisammensein über längere Zeit und mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Durch computervermittelte Kommunikation geht viel zu viel von dem verloren, was uns Menschen im Grunde ausmacht.

Worin besteht echte Freundschaft? Um diese Frage zu beantworten, empfiehlt sich der Blick in ein über 2.300 Jahre altes philosophisches Werk: die Nikomachische Ethik von Aristoteles.

Dort werden drei Arten von Freundschaft unterschieden. Erstens: Freundschaften um des Angenehmen und der Lust willen. Diese sind kurzlebig und besonders unter jungen Menschen verbreitet – man hat zusammen Spaß, etwa beim Sport oder bei anderen Freizeitaktivitäten. Den zweiten Typ charakterisieren gegenseitige Hilfsbereitschaft und gemeinsames Lernen. Es steht also ein wechselseitiger Vorteil im Vordergrund. Solche Freundschaften um des Nutzens willen sind besonders dann wichtig, wenn man – etwa wie ältere Menschen – auf solche Hilfe existenziell angewiesen ist.

Wahre Freundschaft jedoch beruht nach Aristoteles auf gemeinsamen Werten. Es herrscht Einigkeit in zentralen Lebensfragen, die Freunde schätzen den Charakter des jeweils Anderen. Nur solche Freundschaften existieren um ihrer selbst willen – und nicht etwa wegen eines äußeren Ziels. Sie sind damit auch am stabilsten: Denn wer erst einmal – wie Aristoteles meint – moralische Haltungen entwickelt hat, behält diese auch bei.

Sehr weise ist der Hinweis des berühmten antiken Philosophen, wahre Freundschaften bräuchten eine wichtige innere Voraussetzung auf beiden Seiten: Man müsse mit sich selbst befreundet sein.

Vor diesem Hintergrund vermag der geneigte Philosoph gegen die vielen Freundschaften in der virtuellen Welt nichts einzuwenden. Es handelt sich dabei zwar vielmehr um Beziehungen, die aber wiederum – punktuell – nützlich sein können. Soziologen haben schon vor langer Zeit gezeigt, dass es eine starke Kraft schwacher Bindungen gibt (Mark Granovetter). Gerade, weil mir meine echten Freunde meist sehr ähnlich sind, kann ich neue Anregungen und wichtige Informationen bisweilen eher aus diesen Beziehungen erhalten.

Trotzdem sollten wir es dennoch mit den Internet-Freundschaften nicht übertrieben. Zum einen wird Zeit verbraucht, die man wichtigeren Dingen widmen könnte; zum anderen zeigte eine empirische Untersuchung an einem US-amerikanischen College, dass das Ansehen eines Studierenden mit der Zahl seiner Freundschaften bis zu einem bestimmten Punkt wuchs, dann jedoch wieder zu sinken begann, weil man zu hohe Werte als unglaubwürdig und angeberisch empfand. 2008 lag diese Zahl bei 302, inzwischen mag sie sich der Zahl der Orgelpfeifen im Passauer Dom weiter genähert haben.

(PASTA!, März 2016, S. 22/23)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In Deutschland lebten Ende 2014 rund 81,2 Millionen Menschen, von denen 22,2 Millionen 60 Jahre oder älter waren.. Somit hatte zwischen Rügen und Alpen mehr als jede vierte Person

Personen, die Leistungen nach dem SGB XI erhalten, haben Anspruch auf indivi- duelle Beratung und Hilfestellung durch einen Pfl egeberater oder eine Pfl egebe- raterin bei der

Eine Freundschaft hat sich auseinander entwickelt oder ist durch Streit kaputt, jemand besucht eine neue Schule, zieht um oder alte Freundschaften fühlen sich nicht mehr gut an …

Bislang wurde deutlich, dass es schwere Unfäl- le gab, die von älteren Pkw-Fahrern verursacht wurden – auch wurde der Blick vom Einzelfall zu Statistiken gelenkt, die deutlich

«Schliesslich sind wir alle Schweizer», bringt es der Melchnauer Rolf Schultheiss auf den Punkt Und auch der Langenthaler Informatiker Erich Neuenschwander, dem nach der

Darüber hinaus müssten Menschen mit Behinde- rung nach Artikel 25 des „Überein- kommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ aus dem Jahr 2006

Die Angebote richten sich insbesondere an Einzelne oder Gruppen von Menschen mit demenziellen Veränderungen und er- heblichen Einschränkungen in der Alltags- kompetenz sowie an

Am vergangenen Samstag haben die NaturFreunde Ettlingen ihre Mitglieder zu einer Zukunftswerkstatt eingeladen. Es trafen sich 15 NaturFreund*innen, denen der Fortbestand