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Betrieblicher Geltungsbereich des AVE GAV FAR

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Betrieblicher Geltungsbereich des AVE GAV FAR

– Bei einem Branchen- bzw. Industrievertrag, wie dem AVE GAV FAR, unterstehen diejenigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dem Gesamtarbeitsvertrag, die in einem bestimmten Wirtschaftszweig tätig sind; die Frage, wel- chem Wirtschaftszweig ein Unternehmen zuzurechnen ist, beantwortet sich nach der betrieblichen Tätigkeit, die dem Unternehmen das Gepräge gibt (E.4a).

– Der in Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR in der Fassung vom 5. Juni 2003 verwendete Begriff der Recyclingan- lage umfasst alle Betriebe, die Bauabfälle zu wieder- verwertbaren Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen aufbereiten; es sind keine triftigen Gründe ersichtlich, die darauf schliessen lassen, dass dieses Auslegungser- gebnis nicht dem wahren Sinn der fraglichen Regelung entspricht; dies umso weniger, als der GAV FAR seine Schutzfunktion als Gesamtarbeitsvertrag nur erfüllen kann, wenn für die Betroffenen leicht erkennbar ist, ob sie ihm unterstehen oder nicht, weshalb eine von dessen an sich klarem Wortlaut abweichende Auslegung nur mit Zurückhaltung vorzunehmen ist (E.4c–i).

Campo d’applicazione aziendale del Decreto del Consiglio federale che conferisce obbligatorietà generale (DCFOG) al contratto collettivo di lavoro per il pensionamento anti- cipato nel settore dell’edilizia principale (CCL PEAN).

– Nei contratti nell’industria o in quelli settoriali, come il DCFOG CCL PEAN, sottostanno alle disposizioni del con- tratto collettivo di lavoro i lavoratori ed i datori di lavoro attivi in un determinato settore di attività; la questione di sapere a quale campo di attività appartenga una data azienda si decide in base all’attività aziendale che carat- terizza la ditta (cons. 4a).

– La nozione di imprese per lavori di riciclaggio di mate- riali di cui all’art. 2 cpv. 4 lett. b DCFOG CCL PEAN nella versione del 5 giugno 2003 comprende tutte le imprese che lavorano scarti edili in vista della loro rivalorizzazio- ne quali prodotti, materiali o sostanze; non vi sono validi motivi che permetterebbero di concludere che tale inter-

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protezione come contratto collettivo solo per quanto gli interessati possano riconoscere agevolmente se vi sot- tostanno o meno, per questo una interpretazione diver- sa dalla chiara lettera dalla disposizione è proponibile solo con grande riserbo (cons. 4c–i).

Sachverhalt:

1. Am 12. November 2002 haben der Schweizerische Bau- meisterverband (SBV) einerseits und die Gewerkschaften UNIA (vormals GBI Gewerkschaft Bau & Industrie) sowie SYNA anderer- seits den Gesamtvertrag für den flexiblen Altersrücktritt im Bau- hauptgewerbe (GAV FAR) abgeschlossen. Mit Stiftungsurkunde vom 19. März 2003 haben die Vertragsparteien daraufhin die Stif- tung für den flexiblen Altersrücktritt im Bauhauptgewerbe (nach- folgend: Stiftung FAR) mit Sitz in Zürich gegründet und diese mit dem Vollzug des GAV FAR beauftragt.

Deren Stiftungsrat hat zu diesem Zweck ein Stiftungsreglement erlassen, das auf dem GAV FAR beruht und gleichzeitig mit diesem am 1. Juli 2003 in Kraft getreten ist. Das fragliche Reglement regelt den freiwilligen vorzei- tigen Altersrücktritt für die letzten fünf Jahre vor dem ordentlichen AHV-Alter und dessen Finanzierung. Mit Beschluss vom 5. Juni 2003 hat der Bundesrat mit Wirkung ab dem 1. Juli 2003 den GAV FAR teilweise für allgemeinverbindlich erklärt (nachfolgend jeweils AVE GAV FAR).

Seither haben die Vertragsparteien den GAV FAR mehrfach geändert.

Der Bundesrat hat die entsprechenden Ände- rungen am 8. August 2006, 26. Oktober 2006, 1. November 2007,

6. Dezember 2012, 10. November 2015 und 14. Juni 2016 für allge- meinverbindlich erklärt und die Allgemeinverbindlicherklärung bei dieser Gelegenheit jeweils verlängert.

2. Die A. AG ist nicht Mitglied des SBV. Mit Schreiben vom 26.

Mai 2014 wandte sich die Stiftung FAR an die A. AG mit der Bitte, das beiliegende Selbstdeklarationsformular auszufül- len, damit sie abklären könne, ob die A. AG als Nichtmitglied in den Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen GAV FAR fal- le. Gestützt auf die erhaltenen Dokumente und Angaben stellte die Geschäftsstelle der Stiftung FAR mit Entscheid vom 28. November 2014 bzw. 4. Dezember 2014 in der Folge fest, bei der A. AG handle es sich um einen unechten Mischbetrieb mit Gepräge im betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR. Folglich habe die A. AG mit Wirkung ab dem 1. Juli 2003 für die Mitarbeiter, die in den persönlichen Geltungsbereich des GAV FAR fielen, FAR-Bei- träge zu bezahlen. Die dagegen erhobene Einsprache wies die

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Geschäftsstelle der Stiftung FAR mit Wiedererwägungsentscheid vom 19.

Januar 2015 ab. Auf Rekurs hin hielt der Stiftungsratsaus- schuss der Stiftung FAR mit Entscheid vom 12. März 2015 sodann fest, die A. AG sei bis zum 31. Dezember 2012 von Gesetzes wegen dem AVE GAV FAR unterstellt gewesen. Das entsprechende Vorsorgeverhältnis sei mit Schreiben vom 28. Juni 2014 gekündigt worden. Entsprechend schulde die A. AG FAR-Beiträge für die in den persönlichen Geltungsbereich des GAV FAR fallenden Arbeitnehmer vom 1. Juli 2003 bis zum 31. Dezember 2014. Für die- se Jahre habe die A. AG der Stiftung FAR innert 30 Tagen Lohnsummenmeldungen und Lohnbescheinigungen der FAR-un- terstellten Mitarbeiter einzureichen. Dieser Aufforderung kam die A. AG nicht nach.

3. Deshalb reichte die Stiftung FAR (nachfolgend: Klägerin) am 9. Juli 2015 beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Klage gegen die A. AG ein. Darin stellte und begründete sie folgende Anträge:

«1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin folgende Beiträge zu bezahlen:

– 5.66 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2005;

– 5 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2006;

– 5 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2006 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2007;

– 5 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2007 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe-

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reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2008;

– 5.3 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2008 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2009;

– 5.3 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2009 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2010;

– 5.3 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2011;

– 5.3 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2012;

– 5 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2013;

– 5 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2013 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1. Januar 2014;

– 5 % der noch zu beziffernden AHV-pflichtigen Lohnsumme vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 aller Mitarbeiter, soweit diese im genannten

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Zeitraum unter den persönlichen Anwendungsbe- reich des AVE GAV FAR gefallen sind, nebst 5 % Zins ab 1.

Januar 2015;

2. Der Klägerin sei Gelegenheit zu geben, nach dem Ab- schluss des Beweisverfahrens die unter Ziff. 1 gestell- ten Begehren innert angemessener Frist definitiv zu beziffern.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten.»

4. Die A. AG (nachfolgend: Beklagte) beantragte in der Klageantwort vom 2. Oktober 2015 die kostenfällige Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei.

5. In der Replik vom 5. November 2015 nahm die Klägerin zu den Vorbringen der Beklagten unter Erneuerung ihrer Rechtsbe- gehren Stellung. Die Beklagte setzte sich mit den entsprechenden Ausführungen in der Duplik vom 4. Dezember 2015 auseinander, ohne ihre Anträge zu ändern.

6. Mit prozessleitender Verfügung vom 3. Mai 2016 ver- pflichtete die Instruktionsrichterin die Beklagte, die Lohnsummen- meldungen/Lohnbescheinigungen ihrer Mitarbeiter für den Zeit- raum vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2014 unter Angabe der jeweiligen Funktion der Mitarbeiter einzureichen. Mit Schrei- ben vom 25. Mai 2016 kam die Beklagte dieser Aufforderung nach. Auf der Grundlage dieser Unterlagen bezifferte die Klägerin die ge- schuldeten FAR-Beiträge.

Erwägungen:

2. Zwischen den Verfahrensparteien ist in erster Linie strei- tig, ob die Beklagte dem (AVE) GAV FAR unterstand. Der GAV FAR gilt grundsätzlich nur für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Mit- glied der vertragsschliessenden Verbände, SBV, UNIA und SYNA, sind. Mit Beschluss vom 5. Juni 2003 hat der Bundesrat den GAV FAR allerdings teilweise für allgemeinverbindlich erklärt und die- se Allgemeinverbindlicherklärung am 8. August 2006, 26. Oktober 2006, 1.

November 2007, 6. Dezember 2012, 10. November 2015 und am 14. Juni 2016 verlängert sowie teilweise abgeändert (BBl 2015 8307, 2012 9763, 2007 7881, 2006 6751 und 8865, 2003 4039). Hier- durch wurde der persönliche Geltungsbereich des GAV FAR auf alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer des betreffenden Wirtschaftszwei- ges oder Berufs ausgedehnt (Art. 1 Abs. 1 AVEG; JEAN-FRITZ STÖCK- LI, Berner Kommentar, Gesamtarbeitsvertrag und Normalarbeits-

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vertrag, Art. 356–360 OR, Bern 1999, Art. 356 N. 87). Demzufolge gelangen die fraglichen Regelungen auf die Beklagte als Nichtmit- glied zur Anwendung, wenn diese in den räumlichen (Art. 2 Abs. 1 AVE GAV FAR), betrieblichen (Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR) und per- sönlichen (Art.

2 Abs. 5 AVE GAV FAR) Geltungsbereich des AVE GAV FAR fällt.

3. a) Diesbezüglich ist unbestritten, dass die Beklagte als in der Schweiz tätige Unternehmung vom räumlichen (Art. 2 Abs. 1 AVE GAV FAR) und grundsätzlich auch persönlichen (Art. 2 Abs. 5 AVE GAV FAR) Geltungsbereich des AVE GAV FAR erfasst wird. Streitig ist hingegen, ob sie in dessen betrieblichen Geltungsbe- reich (Art. 2 Abs. 4 AVE GAV FAR) fällt. Die Klägerin bejaht diese Frage mit der Begründung, zum betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR zählten unter anderem Hochbau, Tiefbau, Aushub, Abbruch, Deponie und Recycling. Die Beklagte betreibe eine sta- tionäre Recyclinganlage, in der unter anderem Sperrgut, Altholz, Alteisen, Eternit, Äste, Sträucher und Wurzeln recycelt würden. Das Recycling dieser Materialien sei nie in den betrieblichen Gel- tungsbereich des AVE GAV FAR gefallen. Die Beklagte recycle aber ebenfalls Mischabbruch, Betonabbruch sowie Ausbauasphalt. Die- se Tätigkeit habe vom 1. Juli 2003 bis zum 31. Dezember 2012 zum betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR gezählt. Da es sich hierbei um die Haupttätigkeit der Beklagten handle, sei diese als un- echter Mischbetrieb mit Gepräge im Bauhauptgewerbe anzusehen und daher bis zum 31. Dezember 2012 dem AVE GAV FAR unterstan- den. Auf diesen Zeitpunkt hin habe der Bundesrat mit Beschluss vom 6. Dezember 2012 den betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR begrenzt. Im August 2011 hätten die Vertragsparteien des GAV FAR den Bundesrat einerseits ersucht, die Bestimmungen des GAV FAR betreffend die Aufhebung von Sanierungsmassnahmen für allgemeinverbindlich zu erklären, andererseits die Allgemein- verbindlicherklärung bis zum 31.

Dezember 2016 zu verlängern. Der Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB) und der Aushub-, Rückbau- und Recycling-Verband Schweiz (ARV) habe gegen dieses Gesuch Einsprache erhoben und beantragt, die Betriebe im Bereich Deponien und stationäres Recycling vom Gel- tungsbereich des AVE GAV FAR auszunehmen. Der Bundesrat habe diesem Begehren teilweise stattgegeben und stationäre Recyclin- ganlagen ausserhalb von Baustellen vom betrieblichen Geltungs- bereich des AVE GAV FAR ausgeklammert. Mit Inkrafttreten dieses Bundesratsbeschlusses sei die Beklagte deshalb von Gesetzes we-

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gen aus dem Geltungsbereich des AVE GAV FAR herausgefallen. Bis dahin sei sie dem AVE GAR FAR indessen unterstanden.

b) Dieser Argumentation hält die Beklagte entgegen, als Betreiberin einer stationären Recyclinganlage nicht im Bauhaupt- gewerbe tätig zu sein. Seit der Allgemeinverbindlicherklärung des GAV FAR mit Bundesratsbeschluss vom 5. Juni 2003 sei unklar gewesen, ob stationäre Recyclinganlagen in den Geltungsbereich des AVE GAV FAR fielen. Dieser Disput sei im Jahr 2012 geregelt worden, indem die Sozialpartner am 6. Dezember 2012 klargestellt hätten, dass stationäre Recyclinganlagen nicht unter den AVE GAV FAR fielen. Hierdurch seien stationäre Recyclinganlagen nicht aus dem Geltungsbereich des AVE GAV FAR herausgefallen, sondern die Sozialpartner hätten klargestellt, dass solche Anlagen nie dem AVE GAV FAR unterstellt gewesen seien.

Stationäre Recyclingan- lagen seien folglich vom betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR nie erfasst worden. Dass die Verbände FSKB und ARV bei der Begründung der von ihnen im 2012 erwirkten Klarstellung des Geltungsbereichs des AVE GAV FAR von einer Änderung des betrieblichen Geltungsbereichs gesprochen hätten, sei ohne Be- deutung. Entscheidend sei, dass der betriebliche Geltungsbereich des AVE GAV FAR mit Bundesratsbeschluss vom 6.

Dezember 2012 nur präzisiert worden sei. Selbst wenn das Gericht jedoch wider Erwarten dieser Auffassung nicht folge, sei der AVE GAV FAR zu keinem Zeitpunkt auf die Beklagte anwendbar gewesen. Diese be- treibe nämlich eine Recyclinganlage, in der Glas, Papier, Karton, Holz etc.

recycelt werde. Demzufolge übe sie eine Tätigkeit aus, die nicht zum Bauhauptgewerbe zähle, weshalb sie dem betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR entzogen sei. Der AVE GAV FAR wolle seinem Sinn und Zweck nach im Übrigen den Arbeitnehmern, welche auf dem Bau schwere und abnützungsträchtige körperliche Arbeiten verrichteten, ein flexibles Rentenalter ermöglichen. Bei den Arbeitnehmern der Beklagten sei dies nicht der Fall (gewesen). Die Recyclingarbeiten fänden im geschützten Bereich statt. Die Ar- beitnehmer seien nicht, wie auf einer Baustelle, Wind und Wetter ausgesetzt und führten keine körperlich anstrengenden Tätigkeiten aus. Genauso könnten Hoch- und Tiefbauzeichner vom flexiblen Al- tersrücktritt profitieren. Die von der Beklagten ausgeübte Tätigkeit falle demnach so oder anders nicht in den betrieblichen Geltungs- bereich des AVE GAV FAR.

4. a) Bei einem Branchen- bzw. Industrievertrag, wie dem AVE GAV FAR, unterstehen diejenigen Arbeitgeber und Arbeitneh- mer dem Gesamtarbeitsvertrag, die in einem bestimmten Wirt-

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schaftszweig tätig sind. Die Frage, welchem Wirtschaftszweig ein Unternehmen zuzurechnen ist, beantwortet sich nach der betriebli- chen Tätigkeit, die dem Unternehmen das Gepräge gibt; entschei- dend ist nicht der Handelsregistereintrag, sondern die tatsächli- che Tätigkeit, die den Betrieb oder den selbständigen Betriebsteil prägt. Dabei gilt ein Gesamtarbeitsvertrag nach dem Grundsatz der Tarifeinheit im Allgemeinen für den ganzen Betrieb und somit auch für berufsfremde Arbeitnehmer, wobei regelmässig gewisse Funktionsstufen und besondere Anstellungsverhältnisse ausge- nommen werden. Allerdings kann ein Unternehmen mehrere Be- triebe umfassen, welche unterschiedlichen Branchen angehören, oder es können innerhalb eines Betriebes mehrere Teile bestehen, welche eine unterschiedliche Zuordnung rechtfertigen, weil sie eine genügende, auch nach aussen hin erkennbare Selbständigkeit aufweisen (sog. echter Mischbetrieb). In diesen Fällen können auf die einzelnen Teile des Unternehmens unterschiedliche Gesamtar- beitsverträge zur Anwendung gelangen.

Ansonsten liegt ein un- echter Mischbetrieb vor, der als Ganzes je nach Gepräge dem Ge- samtarbeitsvertrag untersteht oder nicht (BGE 141 V 657 E.4.5.2.1,

139 III 165 E.4.2.3, 134 III 11 E.2.1; Urteile des Bundesgerichts 4A_377/2009 vom 25. November 2009 E.3.1, 4C.350/2000 vom 12. März 2001 E.3d). Diesbezüglich ist Tatfrage, welche Tätigkeiten in einem Betrieb oder selbstständigen Betriebsteil in welchem Aus- mass vorkommen. Rechtsfrage ist dagegen, welche der festge- stellten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge geben (BGE 139 III 165 E.3.2;

Urteile des Bundesgerichts 9C_378/2012 vom 13. Februar 2013 E.4.2, 9C_378/2011 vom 9. Dezember 2011 E.7.3.2, 4A_377/2009 vom 25.

November 2009 E.3.2).

b) Im vorliegenden Fall ist unbestritten und aufgrund der Akten ausgewiesen, dass die Beklagte in X. eine stationä- re Recyclinganlage betreibt, in der sie von 2004 bis 2014 mithilfe von mindestens drei bis maximal sechs Mitarbeitern (Beilage der Beklagten [bB] 2) verschiedene Materialien umschlug, sortierte, aufbereitete oder verwertete (Beilagen der Klägerin [kB] 8). Ob die Beklagte aufgrund dieser Tätigkeit in den betrieblichen Geltungs- bereich des AVE GAV FAR fällt, ist gestützt auf Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR zu beurteilen. Der Wortlaut der fraglichen Regelun- gen wurde seit deren Inkrafttreten zweimal angepasst (vgl. BBl 2015 8307, BBl 2012 9763). Die erste Änderung erfolgte mit Bundes- ratsbeschluss vom 6. Dezember 2012.

Damals hat der Bundesrat den Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR dahingehend abgeändert, als danach die für allgemeinverbindlich erklärten Be-

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stimmungen des im Anhang wiedergegebenen Gesamtarbeitsver- trags über den flexiblen Altersrücktritt (GAV FAR) für die Betriebe, Betriebsteile und selbständige Akkordanten in den Bereichen Aus- hub, Abbruch, Deponie- und Recyclingbetriebe gelten; ausgenom- men sind stationäre Recyclinganlagen ausserhalb der Baustelle und das von ihnen beschäftige Personal (BBl 2012 9763). Die Ver- fahrensparteien sind sich zu Recht darin einig, dass Arbeitgeber, die – wie die Beklagte – stationäre Recyclinganlagen ausserhalb einer Baustelle betreiben und deren Arbeitnehmer dem AVE GAV FAR nicht mehr unterstehen, sobald diese Rechtsänderung für sie rechtswirksam wird. Fraglich ist dagegen, ob die diesbezügliche Rechtslage mit dem Bundesratsbeschluss vom 6.

Dezember 2012 eine Veränderung erfahren hat oder der bereits vormals geltende Rechtszustand hierdurch lediglich verdeutlicht wurde. Die Beant- wortung dieser Frage hängt vom Inhalt und der Tragweite des bis dahin geltenden Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR in der Fassung vom 5. Juni 2003 (nachfolgend als AVE GAV FAR 2003) ab.

c) Für die Auslegung der fraglichen Regelung, die in einem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag enthalten ist, gelten nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Grundsätze der Gesetzesauslegung (BGE 141 V 657 E.4.4, 127 II 318 E.2a; STREIFF/ VON

KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., Art. 356b N. 11, je m.w.H.). Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wer- tungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisier- te Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im nor- mativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 140 III 206 E.3.5.4, 139 II 173 E.2.1; ULRICH HÄFE-

LIN/WALTER HALLER/HELEN KELLER/DANIELA TURNHERR, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2016, N. 92). Diese Grundsätze gelten gleichermassen für die Auslegung von allge- mein verbindlichen Gesamtarbeitsverträgen. Hier besteht weder ein Grund für eine besonders restriktive noch für eine besonders weite Auslegung.

Besondere Bedeutung kommt freilich dem Be- dürfnis nach Rechtssicherheit zu. Wenn der Gesamtarbeitsvertrag seine Schutzfunktion erfüllen soll, muss es für die Parteien leicht

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erkennbar sein, ob sie ihm unterstehen oder nicht. Durch die All- gemeinverbindlicherklärung sollen die Arbeitsbedingungen der bei Aussenseitern angestellten Arbeitnehmer gesichert, die Sozial- und Arbeitsbedingungen als Faktor des Konkurrenzkampfes aus- geschlossen und dem Gesamtarbeitsvertrag zu grösserer Durch- setzungskraft verholfen werden (BGE 141 V 657 E.4.4, 139 III 165 E.3.2; Urteile des Bundesgerichts 9C_975/2012 vom 15. April 2013 E.3.2, 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E.2.3, 4C.191/2006 vom 17. August 2006 E.2.2).

d) Laut dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 gelten die im Anhang des Gesamtarbeitsvertrags über den flexiblen Altersrücktritt (GAV FAR) für allgemeinverbindlich erklär- ten Bestimmungen für Betriebe, Betriebsteile und selbständigen Akkordanten der Bereiche Aushub, Abbruch, Deponie- und Recy- clingbetriebe. Wird der hier interessierende Begriff der «Recy- clingbetriebe» isoliert betrachtet, so fallen darunter alle Betriebe, die Abfall zu wiederverwertbaren Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen aufbereiten.

Dieses sich aufgrund des allgemeinen Sprach- gebrauchs aufdrängende Begriffsverständnis ist insofern zu weit gefasst, als hierdurch auch Betriebe erfasst werden, die keinen Bezug zum Bauhauptgewerbe aufweisen. Wird der Begriff des Recyclingbetriebs jedoch verknüpft mit den vorgehend genannten Tätigkeitsbereichen «Aushub» und «Abbruch», so bezieht sich die fragliche Regelung auf Betriebe, die Aushub- sowie Abbruchma- terialien zu wiederverwertbaren Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen aufbereiten. Erfasst werden folglich Recyclingbetriebe, die Bauabfälle wiederverwerten.

e) Dieses Auslegungsergebnis, das sich aufgrund des Wortlauts von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 aufdrängt, steht im Einklang mit der von den vertragsschliessenden Verbän- den gewählten Umschreibung des betrieblichen Geltungsbereichs in Art. 2 Abs. 1 lit. b GAV FAR, die bei der Auslegung eines für allge- meinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrags als Auslegungs- hilfe herangezogen werden kann.

Die fragliche Regelung weicht von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 insofern ab, als darin Aushub, Abbruch, Deponie- und Recyclingbetriebe nur beispiel- haft als unter den GAV FAR fallende betriebliche Tätigkeiten aufge- führt werden, was durch die Begriffe «usw.» und «insbesondere»

zum Ausdruck gebracht wird. Die vertragsschliessenden Verbände wollten dem GAV FAR folglich in jedem Fall die in Art. 2 Abs. 1 lit. b GAV FAR genannten Bereiche und Betriebe unterstellen. Der Bun- desrat ist von dieser Regelung im Beschluss vom 6. Dezember 2003

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insofern abgewichen, als er sich durch die Streichung von «usw.» und

«insbesondere» für eine exhaustive Aufzählung der unterstell- ten betrieblichen Tätigkeiten ausgesprochen hat (BBl 2003 4039). Es finden sich indessen keine Hinweise, dass er den betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR in darüber hinausgehendem Umfang beschränken wollte. Soweit aus der Entstehungsgeschich- te Rückschlüsse auf Inhalt und Tragweite von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 gezogen werden können, wäre in Orientierung am Willen der vertragsschliessenden Verbände eine grosszügige Auslegung zu erwägen. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, dass der Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 den Wil- len des Bundesrats unzureichend widerspiegelt und insofern ein- schränkend auszulegen wäre, als Recyclinganlagen ausserhalb von Baustellen von dessen Anwendungsbereich auszunehmen wären.

f) Eine solche Auslegung drängt sich auch im Hinblick auf die mit dem GAV FAR verfolgte Zielsetzung nicht auf. Bauarbeiten sind im Allgemeinen mit erheblichem Materialumschlag verbun- den, der Bauabfälle nach sich zieht, die, soweit sie potenziell um- welt- oder gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten, fachgerecht zu entsorgen, ansonsten aber der Wiederverwertung zuzuführen sind (vgl. statt vieler Merkblatt Bauabfälle und Bauschadstoffe BM026 des Amts für Natur und Umwelt Graubünden, abrufbar un- ter http://www.gr.ch/ > Verwaltung >

EKUD > Amt für Natur und Umwelt > Bauabfälle, letztmals besucht am 10. November 2016). Die hiermit verbundenen Tätigkeiten werden auch von klassischen Bauunternehmen ausgeführt (vgl. Bundesratsbeschluss vom 6. De- zember 2012 [kB 20] S. 7 ff.), die in diesen Fällen in ein direktes Konkurrenzverhältnis zu Unternehmen treten, welche sich, wie De- ponien und stationäre Recyclingbetriebe, ausschliesslich mit der Abfallbeseitigung bzw. –verwertung beschäftigen. Es erscheint da- her durchaus sinnvoll, solche Unternehmen, soweit sie Bauabfälle entsorgen bzw. wiederverwerten, in den GAV FAR einzubeziehen, um deren wirtschaftliche Bevorzugung im Vergleich zu klassischen Bauunternehmen ausschliessen zu können, welche die im GAV FAR bezüglich des flexiblen Altersrücktritts festgelegten Mindeststan- dards zu respektieren haben und insoweit in ihrer Wirtschaftsfrei- heit eingeschränkt sind. Dies gilt selbstredend auch dann, wenn, der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten folgend, anzunehmen wäre, Mitarbeiter von stationären Recyclingbetrieben übten keine körperlich schweren Arbeiten aus und seien nicht Wind sowie Wet- ter ausgesetzt, weshalb keine Notwendigkeit für einen flexiblen Al- tersrücktritt bestehe.

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zutreffend darauf hin, dass die Verrichtung körperlich schwerer Arbeit nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung keine Tat- bestandsvoraussetzung für die Unterstellung unter den GAV FAR bildet (Urteile des Bundesgerichts 9C_975/2012 vom 15. April 2013 E.5.3.1, 9C_374/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 2.7.2.2). Die mit Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 verbundenen Zweckvorstellungen sprechen folglich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen eine Unterstellung stationärer Recyclinganlagen unter den GAV FAR.

g) Nichts anderes ergibt sich schliesslich aus dem Bun- desratsbeschluss vom 6. Dezember 2012 (kB 20). Darin führt der Bundesrat in Bezug auf die Neufassung von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR aus, die Vertragsparteien des Bauhauptgewerbes hät- ten – nachdem der Landesmantelvertrag für das schweizerische Bauhauptgewerbe (LMV) Ende 2011 abgelaufen sei – im Frühjahr 2012 eine neue Vereinbarung über den LMV abgeschlossen. Nach drei Monaten vertragslosem Zustand sei der geänderte LMV auf den 1. April 2012 mit geändertem Geltungsbereich wieder in Kraft getreten. Nachdem der Geltungsbereich des LMV und derjenige des GAV FAR fast identisch seien, sei davon auszugehen, dass die im LMV angebrachte Änderung früher oder später grundsätzlich auch in den GAV FAR einfliessen würde, wenn auch kleinere Ab- weichungen nicht ausgeschlossen seien. Der neue LMV schliesse stationäre Recyclinganlagen vom Geltungsbereich aus, wogegen Deponien dem LMV unterstellt blieben. Die genauen Gründe für diese Änderung des Geltungsbereichs seien dem Bundesrat zwar nicht bekannt, doch seien die Sozialpartner offenbar der Meinung, dass stationäre Recyclinganlagen nicht mehr zur Definition des Bauhauptgewerbes gehören sollten. Es sei davon auszugehen, dass diese Änderung des LMV in absehbarer Zeit auch in den GAV FAR einfliessen werde. Aus objektiver Sicht bestehe daher kein rechtliches Interesse an der Weitergeltung der Allgemeinverbind- licherklärung des GAV FAR für stationäre Recyclinganlagen. Im Gegensatz zu den stationären Recyclinganlagen blieben aber die Deponien dem LMV weiterhin unterstellt. Diese Ausführungen las- sen erkennen, dass der Bundesrat im Beschluss vom 6. Dezember 2012 davon ausging, den betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR mit der Neuformulierung von Art. 4 Abs. 2 lit. b AVE GAV FAR enger zu fassen, indem in Übernahme der entsprechenden Re- gelung im LMV stationäre Recyclinganlagen ausserhalb von Bau- stellen davon ausgenommen wurden. Nach dem Verständnis des Bundesrats erfuhr der betriebliche Geltungsbereich des AVE GAV

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FAR folglich mit dem Bundesschluss vom 6. Dezember 2012 nicht nur eine Präzisierung, sondern eine Änderung.

h) Aus dem vorangehend Ausgeführten ergibt sich, dass laut grammatikalischer Auslegung Betriebe, die Bauabfälle zu wie- derverwertbaren Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen aufberei- ten, unter Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 fallen. Es sind keine triftigen Gründe ersichtlich, die darauf schliessen lassen, dass dieses Auslegungsergebnis nicht dem wahren Sinn der frag- lichen Regelung entspricht. Dies umso weniger, als der GAV FAR seine Schutzfunktion als Gesamtarbeitsvertrag nur erfüllen kann, wenn für die Betroffenen leicht erkennbar ist, ob sie ihm unterste- hen oder nicht, weshalb eine von dessen an sich klarem Wortlaut abweichende Auslegung nur mit Zurückhaltung vorzunehmen ist. Gemäss Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 fallen somit sta- tionäre Recyclinganlagen, welche Bauabfälle wiederverwerten, in den betrieblichen Geltungsbereich des AVE GAV FAR. Bei diesem Ergebnis unterstand die stationäre Recyclinganlage der Beklagten, die mit drei bis sechs Mitarbeitern zu klein ist, um in selbständige Betriebsteile aufgeteilt zu werden, dem betrieblichen Geltungs- bereich des AVE GAV FAR 2003, wenn darin im interessierenden Zeitraum ausschliesslich Bauabfälle zu wiederverwertbaren Er- zeugnissen, Materialien oder Stoffen aufbereitet wurden oder die- se Tätigkeit als charakteristische Tätigkeit anzusehen ist, welchem dem Betrieb der Beklagten das Gepräge verleiht (vgl. dazu vorste- hende Erwägung 4a).

i) Laut dem Auszug aus dem Handelsregister bezweckt die Beklagte die Aufbereitung und Beseitigung von Abfällen, insbeson- dere von Bauschutt, Aushubmaterial und Inertstoffen, zur Rückfüh- rung in die Wiederverwertung (kB 4). Im Schreiben vom 19. August 2014 (kB 8) präzisierte die Treuhänderin der Beklagten diese Anga- ben dahingehend, als die Beklagte im 2013 1‘568 Tonnen Sperrgut, 1‘472 Tonnen Altholz, 27 Tonnen Alteisen, 158 Tonnen Eternit, 126 Tonnen Äste/Sträucher, 196 Tonnen Wurzelstöcke, 6‘091 Tonnen Mischabbruch, 8‘933 Tonnen Betonabbruch und 8‘907 Tonnen Aus- bauasphalt umgeschlagen, sortiert, aufbereitet bzw. der Wieder- verwertung zugeführt habe. Von den im 2013 insgesamt recycelten 27‘478 Tonnen Material (1‘568 Tonnen + 1‘412 Tonnen + 196 Tonnen

+ 6‘091 Tonnen + 8‘933 Tonnen + 8‘907 Tonnen) handelte es sich folglich bei 23‘931 Tonnen um Bauabfälle (6‘091 Tonnen + 8‘933 Tonnen + 8‘907 Tonnen), mithin recycelte die Beklagte im 2013 zu 87% Bauabfälle (87.09

% = 23‘931 Tonnen : 27‘478 Tonnen). Soweit die Beklagte im

(14)

le zu recyceln, erweist sich ihre Behauptung demnach als akten- widrig.

Im Übrigen macht sie nicht geltend, die sich auf das Jahr 2013 beziehenden Angaben im Schreiben vom 19. August 2014 seien für ihre Geschäftstätigkeit nicht repräsentativ. Damit gilt als überwiegend wahrscheinlich, dass die Beklagte von 2004 bis 2014 weitgehend Bauabfälle recycelte und ihre Mitarbeiter vorwiegend in diesem Bereich tätig waren. Bei diesem Ergebnis kann in an- tizipierter Beweiswürdigung davon abgesehen werden, die von der Klägerin begehrten Arbeitsrapporte für die Jahre 2004–2014 edieren zu lassen und die Arbeitnehmer der Beklagten zur Art der während dieses Zeitraums ausgeübten Tätigkeit als Zeugen einzu- vernehmen, da dieser Sachverhalt aufgrund der abgenommenen Beweise bereits mit hinreichender Gewissheit erstellt ist (vgl. statt vieler BGE 134 I 140 E.5.3, 131 I 153 E.3; Urteil des Bundesgerichts 4A_130/2014 vom 14. Juli 2014 E.5.3). Danach ist ausgewiesen, dass der Hauptbetrieb der Beklagten, welcher als charakteristische Leistung anzusehen ist und dem Recyclingbetrieb der Beklagten das Gepräge verleiht, in der Verwertung von Bauabfällen besteht. Als unechter Mischbetrieb mit Gepräge im Bauhauptgewerbe wird die betriebliche Tätigkeit der Beklagten demnach von Art. 2 Abs. 4 lit. b AVE GAV FAR 2003 erfasst.

S 15 85 Urteil vom 5. Januar 2017

Die an das Bundesgericht erhobene Beschwerde in öffentlich-recht- lichen Angelegenheiten wurde mit Urteil vom 22. November 2017 abgewiesen (9C_132/2017).

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