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Vortrag Dr. Fabian Escher: Gibt es Besonderheiten in der Psychotherapie mit Jungen oder Mädchen?

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Academic year: 2022

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(1)

Gibt es Besonderheiten in der Psychotherapie

mit Jungen oder Mädchen?

Inge Seiffge-Krenke & Fabian Escher

Psychologisches Institut der Universität Mainz

(2)

GESCHLECHTS-

UNTERSCHIEDE IN DEN

DIAGNOSEN, ABER...

(3)

Geschlechtsunterschiede in der Prävalenz psychischer Erkrankung

Prävalenz psychischer Auffälligkeiten bei KJ bei ca.

20%, Mädchen bis zu 30% (Hölling et al., 2014)

Häufig früher Beginn: ca. 50% aller psychischer Störungen beginnen vor dem 14. Lebensjahr (Kessler et al., 2005)

Geringe Inanspruchnahme (Hintzpeter et al., 2014, BELLA-Studie 2.863 Familien):

Nur 28% der Kinder und Jugendlichen mit auffälliger

Symptomatik wurde innerhalb eines Jahres psychiatrisch- psychotherapeutisch gesehen

Bei depressiv-ängstlicher Symptomatik nur 11%: Mädchen mit emotionalen Problemen werden häufig übersehen

(4)

Depressionen bei Frauen

(5)

Depressionen bei Mädchen

Klasen, Petermann et al., 2016

Ergebnisse der BELLA-Studie

3 256 Befragte (49.0% Mädchen)

Hohe Bedeutung des Selbsturteils bei internalisierender Symptomatik, da Eltern unterschätzen

(Seiffge-Krenke & Kollmar, 1998)

(6)

Geschlechtsspezifische Zusammenhänge im Jugendalter mit depressiven Symptomen

Seiffge-Krenke & Stemmler, 2002

Mädchen Jungen

Alter 14 15 16 17 14 15 16 17

Aktives

Coping .07 .21 .03 .18 .11 -.10 -.13 -.01

Rückzug .33** .32** .45** .63** .05 .08 -.04 .11

Stress mit

Mutter .22+ .43** .34** .26+ .05 .13 .36* .29+

Körperbild -.27* -.52*** -.43** -.13 -.23 -.36*

+ = p < .10

* = p < .05

** = p < .01

*** = p < .001

(7)

Verlauf internalisierender Störungen

Übergang ins Jugendalter: Vergangene Depression sagt Angststörung voraus (odds ratio 2.8) und umgekehrt (or 2.7)

Übergang ins Erwachsenenalter: ¾ aller junger

Erwachsener mit einer psychiatrischen Diagnose bereits im Alter von 11-18 Jahren eine psychiatrische Diagnose

→ Frühere Erkrankung stärkster Prädiktor für spätere Erkrankung, häufig gleiche Erkrankung oder überkreuzt Angst- und depressive Erkrankung

Review von Costello, Copeland & Angold, 2011

(8)

Externalisierende Störungen bei jungen Männern

Bei externalisierendem Verhalten berichten Eltern häufig mehr Probleme als ihre Kinder (Seiffge-Krenke &

Kollmar, 1998)

Jungen früh betroffen (in Deutschland Prävalenzraten zwischen 14% CBCL und 23% SDQ) und unbehandelt gravierende Langzeitfolgen im jungen Erwachsenenalter (Haller, Klasen & Petermann, 2016):

◦ 27 % Alkoholkonsum, 14% Drogen, 19% Delinquenz, 41% Gewaltbereitschaft

Entsprechend bedeutet geringe Inanspruchnahme später hohe Belastung des Gesundheitssystems durch

Chronifizierung und Verminderung von Heilungschancen (Hintzpeter et al., 2014)

(9)

Geschlechtsabhängige Diagnosen findet man generell bei KJ, aber...

Seiffge-Krenke, Fliedl & Katzenschläger, 2013

(10)

.. aber durchaus nicht massive

Geschlechtsunterschiede in den Konflikten!

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3

M

Jungen Mädchen

Seiffge-Krenke, Fliedl & Katzenschläger, 2013

(11)

Therapeutische Implikationen

Ähnliche entwicklungsbehindernde, intrapsychische Konflikte für Jungen und

Mädchen, aber…

…anderer symptomatischer Ausdruck

(internalisierend – externalisierend)

(12)

DIE BESONDERHEITEN DER PASSUNG:

PATIENTEN UND

THERAPEUTEN

(13)

Geschlecht und Alter der Patienten

Interaktion von Alter und Geschlecht, d.h.

Jungen eher Patienten in Kindheit,

überwiegend Mädchen in der Adoleszenz (Klasen et al., 2016)

wir haben vor allem Jungen und

weibliche Jugendliche in Behandlung.

Ihnen stehen gegenüber...

(14)

PsychotherapeutInnen mit KiJu- Zulassung

Lehndorfer & Maur, 2018 79%

weiblich

21%

männlich

KJP Geschlechterverteilung

> 60:

30%

< 39:

17%

KJP Altersstruktur

50-59:

33%

40-49:

21%

(15)

BESONDERHEITEN IN DER THERAPIE MIT

MÄDCHEN

(16)

Die Therapie mit Mädchen

Therapeutisches Setting kommt ihnen generell entgegen

Allerdings gibt es spezifische

Herausforderungen in der Therapie mit

Mädchen...

(17)

Mädchentypische Konflikte:

In der Triade – Die Mutter

Schwierigkeiten der Selbst-Objekt-Differenzierung, insbesondere in Bezug auf die Mutter:

Trennungsaggression notwendig

Tochter als Selbstobjekt der Mutter

Symbiose mit der Mutter u.a. zur Abwehr der Beziehung zum Vater

Mädchen Risikogruppe für Parentifizierung, besonders bei depressiven Müttern

Aschenputtel – Phänomen: Aufspaltung des Mutterbildes

Seiffge-Krenke, 2017

(18)

Mädchentypische Konflikte:

In der Triade – Der Vater

Abtrennung vom Körper der Mutter schwieriger → Vater notwendig

Große Bedeutung der Spielfeinfühligkeit des Vaters (behutsamer, unterstützender; vorsichtiger)

Vater als Autonomieförderer, Rollenmodell für Autonomie und Abgrenzung

Gefahr: Die tüchtige Tochter und die selektive Identifizierung

Umgang mit der körperlichen Reife: Secure Excitement

Schlafarrangement: Erlernen des ödipalen Verzichts

Seiffge-Krenke, 2017

(19)

Mädchentypische Konflikte:

Körper

Negatives Körperbild und auffälliges Essverhalten seit Jahrzehnten konstant

Körperinszenierungen durch Essstörungen und

Schnittsymptome mit unterschiedlichen Funktionen

Diffusität der Erregung (anal, genital, uretral)

Bisexuelles Schwanken ausgeprägter

Der Mann als Indikator für Weiblichkeit

Viele Vergewaltigungsängste

Gefahr durch die physische Reifung, Innergenitalität

Seiffge-Krenke, 2017

(20)

Mädchentypische Konflikte:

Geschwister und Freundinnen

Massiver sozialer Vergleich

Neid und Eifersucht als Thema zwischen Freundinnen und Geschwistern

Angst vor Liebesverlust und die Schwierigkeiten sich abzugrenzen

Online und Offline geschönte Selbstdarstellung durch Preisgabe persönlicher, intimer Informationen

Massive Tabuisierung der Aggression

Seiffge-Krenke, 2017

(21)

SCHLAGLICHTER AUF DIE THERAPIE MIT

JUNGEN

(22)

Die Therapie mit Jungen

Überwiegend weiblich dominierte Therapieszene

Mädchenorientiertes Vorgehen

◦ Mädchenspiele

◦ Puppenhaus

◦ Sprechen – Bedeutung der Verbalisierung

◦ Begrenzung auf engem Raum → Expansionsdrang der Jungen, aggressivere Spiele finden wenig Raum

Hopf, 2014

(23)

Jungentypische Schwierigkeiten

Expansiver Bewegungsdrang

Mehr Handlung, weniger Sprache

Aggression wichtiges Mittel der Beziehungsgestaltung, Affektregulierung mehr über das Außen, interpersonell

Externalisieren und Ausagieren von überflutenden Affekten ins Außen

Geringere Aufmerksamkeit i. S. von attention, d.h.

gezieltes Achtgeben

Hopf, 2014

(24)

FÜR EINE

GESCHLECHTERSENSIBLE

PSYCHOTHERAPIE BEI KJ

(25)

Was sich geändert hat...

Hohe und zunehmende Komorbidität

Mädchen als Täterin übersehen

Sexuelle Gewalt bei Jungen übersehen

Mehr Mädchen mit Störungen des Sozialverhaltens, inzwischen mehr Jungen mit Essstörungen

Angleichung hat stattgefunden, dennoch...

(26)

Spezifisch für Mädchen gilt:

Angst vor Liebesverlust zentral, Konflikt zwischen dazugehören und abgrenzen

Größere Bedeutung des Schamaffektes, aber auch Schamschuld

Größere Schwierigkeiten in der Selbst-Objekt-

Differenzierung

Massive Wahrnehmung des Selbst durch die Augen

anderer

Besonders für Mädchen im Migrationskontext

Sohnorientierte Kulturen:

Mädchen nicht geimpft/ nicht psychotherapiert

Entlastung von Scham und Schuld

Übernahme des dritten Objektes (Hilfen bei der Triangulierung)

Unterstützung der Doppelidentifizierung

Förderung der triadischen

Kompetenz des Mädchens und in der Elternarbeit

Hilfen bei der Selbst-Objekt- Differenzierung

Förderung der Integration von aggressiven Aspekten im

Selbsterleben

Veränderte

Autonomiebestrebung bei Migrationskontext

Besonderer Fokus in der Therapie:

Seiffge-Krenke, 2017

(27)

Spezifisch für Jungen gilt:

Externalisieren und

Ausagieren als Ausdruck intrapsychischer Konflikte im Außen

Umgang mit Aggression

Aufmerksamkeitsprobleme

Bewegungsdrang, Wünsch nach Räumen

Sprachliche Unterlegenheit im Vergleich zu Mädchen

Ausagieren als Ausdruck unaushaltbarer Affekte verstehen, Containen

Affektwahrnehmung und –kommunikation fördern

Raum für Aggression geben

Spiele eher technisch und mechanisch

orientiert

Besonderer Fokus in der Therapie:

Hopf, 2014

(28)

Stolpersteine in den Behandlungen

Versuchung widerstehen die bessere Mutter zu sein

Idealisierung nicht zu lange annehmen

Negative Übertragung zulassen und

bearbeiten, insbesondere aggressive

Impulse nicht scheuen

(29)

VIELEN DANK FÜR IHRE

AUFMERKSAMKEIT!

(30)

Literatur

Costello, E. J., Copeland, W. & Angold, A. (2011). Trends in psychopathology across the adolescent years: What changes when children become adolescents, and when adolescents become adults? Journal of Child Psychology and Psychiatry, and Allied Disciplines, 52, 1015–1025.

Hopf, H. (2014). Psychoanalyse des Jungens. Klett-Cotta:

Stuttgart.

Klasen, F., Petermann, F., Meyrose, A. K., Barkmann, C., Otto, C., Haller, A. C., ... & Ravens-Sieberer, U. (2016). Verlauf

psychischer Auffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen. Kindheit und Entwicklung, 25, 10-20.

Seiffge-Krenke, I. (2017). Psychoanalyse des Mädchens. Klett- Cotta: Stuttgart.

Referenzen

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