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Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 17, 25. April 1997 (1) as System der Kranken-
hausfinanzierung wird mit Inkrafttreten des 2. GKV- Neuordnungsgesetzes (2. NOG) zwar nicht von Grund auf reno- viert, doch werden die rund 2 300 Krankenhausträger mit der Rück- kehr zur mehr leistungsbezogenen Vergütung in die eigenverantwort- liche Ausgabensteuerung auf kal- kulierbarer gesetzlicher Grundla- ge eingebunden.
Trotz moderater Ausgaben- steigerungen im Jahr 1996 (GKV- West je Mitglied: minus 0,7 Pro- zent; GKV-Ost: plus 5,9 Prozent;
GKV-Bund: plus 0,4 Prozent) gibt sich der Gesetzgeber zuversicht- lich, daß die Krankenhäuser unter dem Druck gesetzlicher Regulati- ve ihren Stabilisierungspart ernst nehmen. Die seit 1993 im sta- tionären Sektor praktizierte feste Budgetierung wird mit dem 2. NOG beendet. Der Gesetzge-
ber sieht dies positiv, zumal die Länder unter dem Druck der klammen Krankenkassen mitzö- gen und Kapazitäten abbauten.
Zu stringenteren und durchgrei- fenderen Regelungen im Kran- kenhaussektor reichte die Bun- deskompetenz nicht, wurden die im 2. NOG verankerten Regulati- ve doch auf das Notwendigste begrenzt, um nicht die Blockade des SPD-dominierten Bundesra- tes heraufzubeschwören.
Einen Schlag in die Klinik- budgets bewirkt allerdings die Bestimmung des Beitragsentla- stungsgesetzes, das am 1. Januar 1997 bereits in Kraft trat, nämlich in den nächsten drei Jahren je- weils ein Prozent ihrer Budgets zu opfern, um einen Ausgleich für Einsparmöglichkeiten infolge der Einführung der Pflegeversiche- rung zu erzielen. Im übrigen gilt auch im Kliniksektor die gesetzli-
che Norm der strikten Bindung der Ausgaben an die Einnahmen- möglichkeiten der Kassen. Die Grundlohnrate begrenzt die nor- male Ausgabenentwicklung für alle Krankenhäuser und ist zu- gleich eine Obergrenze für die Er- höhung der Preise der Fallpau- schalen und Sonderentgelte. Sie sind für alle Kliniken verbindlich.
Das 2. NOG sieht folgendes vor: Anstieg der Budgets in den alten Ländern um 1,3 Prozent und um 2,3 Prozent in den neuen Bun- desländern – gemäß der Er- höhung des BAT; zusätzliche Er- höhung des Budgets um 1,1 Pro- zent (pauschal) für die Instand- haltung (Reparaturaufwand). Ab 1998 wird eine Ausgleichsrate für den Fall vorgesehen, daß es eine Differenz zwischen der Grund- lohnsummenschätzung für 1997 und der BAT-Veränderungsrate geben sollte. Dr. Harald Clade
D
eallöhne senken! Ein Ruf wie Donnerhall. Wenn ein Freiberufler derarti- ges fordert, ergießt sich über ihn der Vorwurf der „sozialen Kälte“.
Um so beachtlicher, wenn ein Pfarrer, nämlich Herr Eppelmann, diese Forderung aufstellt, der schon in der damaligen DDR zu den Mutigen gehörte und heute immerhin Vorsitzender der CDU- Arbeitnehmervereinigung ist. Ent- gegen dem Zeittrend, Verteilungs- debatten mit Neidgefühlen zu füh- ren, gibt er einen Rat, der überfäl- lig ist.
Eine lange Zeit der Unter- drückung bildet vielleicht eine bes- sere Grundlage für Solidarität. In einer satten Konsumgesellschaft ist dieser Begriff zur Leerhülse ge- worden. Doch es geht um Millio- nen Arbeitslose und eine zweifel- los wachsende Armut, die eben nur durch einen Akt der Solida-
rität beseitigt werden kann. Wäre es dabei zuviel verlangt, wenn die- jenigen mit der Solidarität voran- gehen, die sich in wirtschaftlich ge- sicherten Verhältnissen befinden, nämlich Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst?
Wäre da nicht ein Akt der So- lidarität gerechtfertigt, indem man nur so viele Gehälter in Anspruch nimmt, wie der Gregorianische Kalender Monate pro Jahr auf- weist?
Ein Verzicht auf das 13. Mo- natsgehalt würde keinen einzigen Arbeitsplatz kosten. Zudem blie- ben Beihilfe und Altersversorgung erhalten. Immerhin werden Beam- ten- und Angestelltengehälter im öffentlichen Dienst aus dem Steu- eraufkommen bezahlt, zu dem ganz wesentlich Mittelstand und Freie Berufe beitragen und dem- nächst – wenn es so weit kommt – sogar noch die Rentner.
Zu dem Solidaritätsargument gesellt sich ein weiteres: das Effizi- enzargument. Solange der öffentli- che Dienst nicht die Effizienz erfolg- reicher Wirtschaftsunternehmen hat, sind Gehälter wie in der freien Wirtschaft auch nicht berechtigt.
Man denke nur an die langen Lauf- zeiten von Anträgen – im Ausland ist man da schon viel weiter.
Die Forderung nach einer Amtsträgerhaftung für den öffent- lichen Dienst wird daher immer wieder gestellt, aber derzeit ohne Aussicht auf Erfolg. Man muß künftig über Maßnahmen nach- denken, wie zu effizienten Verfah- ren der staatlichen Administration zu gelangen ist. Solange das aber nicht erreicht ist und die Produkti- vität dort weit hinter dem Stand der Zeit hinterherhinkt, bleibt es fraglich, warum die Gehälter dem Stand der Zeit entsprechen sol- len. Prof. Dr. med Horst Bourmer