Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 34–35|
24. August 2009 A 1637D
as Statistische Bundesamt hat es vorgerechnet:Der durchschnittliche Reinertrag der niederge- lassenen Ärztinnen und Ärzte lag im Jahr 2007 bei 142 000 Euro. Im Vergleich zur letzten Erhebung aus dem Jahr 2002 entsprach das einer Steigerung von 12,7 Prozent. Der Reinertrag ist in etwa mit dem Bruttoge- halt eines angestellten Arbeitnehmers zu vergleichen.
Von dem Betrag müssen deshalb zum Beispiel noch die Steuern sowie die Kosten für die Altersvorsorge und die Krankenversicherung abgezogen werden.
Diese Zahlen waren der „Süddeutschen Zeitung“ ei- ne Schlagzeile auf der Titelseite wert: „Ärzte-Einkom- men überdurchschnittlich gestiegen“, stand dort zu le- sen – mit dem Hinweis darauf, dass die Wiesbadener Statistiker die jüngste Honorarerhöhung noch gar nicht berücksichtigt hätten. Denn nach Angaben der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stieg das Honorar der Kassenärzte im ersten Quartal 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum im Schnitt um 7,4 Prozent.
Nun ist es mit Zahlen so eine Sache. Ein jeder legt sie auf seine Weise aus. Für die Krankenkassen kom- men die neuen Daten wie gerufen. Sie verhandeln seit Anfang August mit der KBV über die Honorare für 2010 und mahnen nun zur Mäßigung, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ titelte. Die KBV wiederum be- tont, die Zahlen des Statistischen Bundesamtes gäben die Realität in den Arztpraxen nur verzerrt wieder. Ent- scheidend sei, was für die Ärzte am Ende netto heraus- komme: im Durchschnitt 2 300 Euro, so ein Sprecher.
Außerdem werden Ärztevertreter nicht müde, darauf hinzuweisen, wie unterschiedlich sich die Vergütung auf die einzelnen ärztlichen Fachgruppen verteilt.
Sprach man darüber hinaus mit Teilnehmern an den zu- letzt zahlreichen Protestveranstaltungen gegen die Ge- sundheitspolitik im Allgemeinen und die Honorarre- form im Besonderen, spürte man bei einigen Ärzten echte Existenzsorgen – Sorgen, die in den Augen des Einzelnen berechtigt sein mögen, die aber die Zahlen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank für das große Ganze nicht widerspiegeln: Im Gespräch mit dem
Deutschen Ärzteblatt betonte jüngst deren scheidender Vorstandssprecher Günter Preuß, es komme extrem sel- ten vor, dass Ärzte ihre Kredite nicht bedienen könnten.
Komme es zu Kreditausfällen, seien diese meist nicht auf die Praxisumsätze zurückzuführen, sondern ergä- ben sich aus der Lebensführung: Scheidung, Sucht oder Krankheit.
Tatsache ist, dass die gesetzliche Krankenversiche- rung im Jahr 2007 rund 24,8 Milliarden Euro für die Honorare der Kassenärzte ausgegeben hat. Aus der pri- vaten Krankenversicherung kamen noch einmal 4,6 Milliarden dazu. In diesem Jahr dürfen die Ärzte mit schätzungsweise 31,6 Milliarden Euro rechnen – das sind rein rechnerisch bei 140 000 niedergelassenen Ärzten gut 221 000 Euro für jeden Einzelnen (vor Ab- zug aller Kosten; das sei betont). Wie viel von dem Geld jedoch bei wem ankommt, hängt in erster Linie natürlich von der Praxisstruktur ab, und in zweiter Li- nie von den Verteilungsmechanismen innerhalb der ärztlichen Selbstverwaltung. Die Frage, ob das verblei- bende Honorar viel oder wenig ist, muss jeder für sich selbst beantworten. Unterdessen scheinen die Medien eine Antwort gefunden zu haben: In der Öffentlichkeit schrumpft das Verständnis für weitere Proteste, Wahl- kampf in den Wartezimmern oder Praxisschließungen.
ÄRZTEEINKOMMEN
Schwarze Zahlen
Heike Korzilius
Heike Korzilius Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik