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Stützpfeiler Telegram

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Academic year: 2022

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Wie Rechtsextreme und

Verschwörungsideolog:innen auf Telegram ihre

Infrastruktur ausbauen

Lea Gerster, Richard Kuchta, Dominik Hammer & Christian Schwieter

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Lea Gerster ist Analystin beim ISD. Sie befasst sich mit der Verbreitung von extremistischen Ideologien, Desinformation und Verschwörungsmythen im deutschen und englischen Sprachraum. Zuvor arbeitete sie zwei Jahre im Bereich der digitalen Extremismusbekämpfung bei Think Tanks und Beratungsfirmen in London. Sie ist Co-Autorin der ISD Forschungsberichte »Krise und Kontrollverlust«

und Ȇberdosis Desinformation: Die Vertrauenskrise РImpfskepsis und Impfgegnerschaft in der

COVID-19-Pandemie«.

Richard Kuchta

Richard Kuchta ist Analyst beim ISD. Er konzentriert sich auf die Forschung zu Wahlen, politischer Online- Kommunikation, Extremismus und Desinformation.

Er arbeitet beim ISD an Projekten zur Erforschung des Online-Extremismus in verschiedenen Ländern wie der Slowakei, Tschechien oder in deutschsprachigen Ländern. Zuvor arbeitete Richard Kuchta bei

Globsec’s Democracy & Resilience Programm als Projektkoordinator, wo er an Projekten zum Thema ausländischer Einflussnahme und Wahlbeobachtung beteiligt war.

Dominik Hammer

Dominik Hammer ist Research Manager bei ISD Germany. Er befasst sich mit der Analyse

rechtsradikaler und rechtsextremer Onlineaktivitäten.

Seine Arbeitsgebiete sind Demokratietheorie, die Stärkung demokratischer Praxis sowie die Analyse antidemokratischer Bewegungen. Vor seiner Arbeit beim ISD war Dominik Hammer in der universitären Forschung und Lehre und in der Erwachsenenbildung tätig.

Christian Schwieter ist Project Manager bei ISD

Germany und arbeitet in den Bereichen digitale Analyse und Digitalpolitik. Er erforscht die Auswirkungen von Online-Regulierung auf extremistische Akteur:innen und leitet das Forschungsprojekt »Radikalisierung in rechtsextremen Online-Subkulturen entgegentreten«.

Vor seiner Tätigkeit für ISD forschte Christian Schwieter am Oxford Internet Institute und war Fachberater für Desinformationsfragen für den Digital- Untersuchungsausschuss des britischen Unterhauses.

Herausgeberische Verantwortung:

Huberta von Voss, Executive Director ISD Germany Der vorliegende Bericht ist im Rahmen des

vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) geförderten Projektes

»Radikalisierung in rechtsextremen Online-Subkulturen entgegentreten« entstanden. Die inhaltliche

Verantwortung liegt ausschließlich beim ISD Germany.

Danksagung

Der Bericht wurde mit Unterstützung von

Francesca Arcostanzo, Andrew Robertson, Jacob Davey, Zoë Rübbert und Gil Jung verfasst. Wir danken ihnen sehr herzlich für ihre wichtigen Beiträge.

Copyright © Institute for Strategic Dialogue (2021).

Das Institute for Strategic Dialogue (gGmbH) ist beim

Amtsgericht Berlin-Charlottenburg registriert (HRB 207 328B).

Die Geschäftsführerin ist Huberta von Voss. Die Anschrift lautet:

Postfach 80647, 10006 Berlin. Alle Rechte vorbehalten.

www.isdglobal.org

(3)

Zentrale Ergebnisse 5

Glossar 6

Einleitung 7

Hintergrund zu Telegram 8

Gründungsgeschichte 8

Verwendung durch extremistische Gruppen und Individuen 8

Nutzungsbedingungen und Datenschutz bei Telegram 9

Moderation, Sperrung und Anwendung des NetzDG 10

Features und Affordances 10

Ergebnisse der Linkanalyse 12

Auswertung nach Funktionsweise der Plattformen 12

Auswertung nach ideologischer Ausrichtung 29

Rechtsextreme 29

Rechtsradikale 30

Reichsbürger:innen und Souveränist:innen 31

Verschwörungsideolog:innen 32

Anti-Lockdown-Bewegungen 33

AfD 34

Medienoutlets 35

Die Telegram-Infrastruktur von Attila Hildmann 36

Fazit 39

Annex: Methoden 40

Endnoten 42

(4)

Executive Summary

Bisherige Untersuchungen des ISD im Projekt

»Radikalisierung in rechtsextremen Online-Subkulturen entgegentreten« zeigen,1 dass Telegram die beliebteste alternative Plattform des rechtsextremen Onlinemilieus in Deutschland ist. Die als Messenger-Dienst konzipierte App verfügt über Funktionen, die sie zu einem Hybrid zwischen Messenger und sozialem Netzwerk haben werden lassen. Aufbauend auf bisherigen Studien wird in der vorliegenden Analyse die Nutzung Telegrams durch das rechtsextreme Onlinemilieu in den Blick genommen. Hierfür wurde eine Linkanalyse durchgeführt, die aufzeigt, welche Plattformen von Akteuren aus diesem Spektrum verlinkt werden und welche Strategien in der Verlinkung erkennbar sind.

Neben alternativen Plattformen wird in Telegram auch auf etablierte Social Media-Plattformen verwiesen.

Inhalte auf diesen Plattformen, die unter dem NetzDG angehalten sind, illegale Inhalte zu löschen, werden sogar häufiger geteilt jene auf kleineren, nicht regulierten Plattformen. Die Art der Inhalte und auch die Häufigkeit, mit der sie in den Telegram-Kanälen geteilt werden, unterscheiden sich zwischen den ideologischen Ausrichtungen der untersuchten Kanäle und deren Funktion.

Zu den untersuchten Spektren gehören Rechtsextreme, Rechtsradikale, Verschwörungsideolog:innen,

Reichsbürger:innen/Souveränist:innen, Medienoutlets und AfD-Mitglieder. Die der Analyse zugrunde liegenden Daten stammen sämtlich aus öffentlich zugänglichen Telegram-Kanälen. Eine Nutzung der Plattform ist also nicht mit dem Rückzug in einen verschlossenen, abgekapselten Raum gleichzusetzen. Wie auch auf den etablierten Plattformen zeigt sich auf Telegram die Bedeutung einzelner, sehr aktiver »Poweruser«. In einer Fallstudie stellt dieser Report am Beispiel Attila Hildmanns dar, wie von bestimmten Akteur:innen eine strategische, intensive Nutzung Telegrams durch ein Netzwerk von Kanälen betrieben wird.

(5)

· Die untersuchten Akteur:innen aus dem

rechtsextremen und verschwörungsideologischen Spektrum teilten auf Telegram eine Vielzahl von alternativen Plattformen, jedoch scheint keine dieser Plattformen von zentraler Bedeutung für die rechtsextreme Szene in Deutschland zu sein.

Vielmehr dient Telegram selbst als Sammelbecken für Personen und Organisationen, deren Profile von größeren Plattformen gelöscht wurden. Die verlinkten Plattformen scheinen durch eine Mischung aus strategischen Überlegungen, persönlichen Bindungen und Präferenzen bestimmt zu werden.

· Audiovisuelle Plattformen wie Video- und Livestreaming-Seiten sind bei Rechtsextremen und Verschwörungsideolog:innen auf Telegram besonders beliebt. Die beliebtesten Webseiten dieser Kategorie wurden außerhalb des deutschen Sprachraumes aufgesetzt. Die beobachteten Kanäle teilten aber auch Plattformen, die von deutschsprachigen Personen aufgesetzt wurden.

· Lediglich acht Prozent aller Links, die auf die im Datensatz erfassten 8.252 Zieldomains verwiesen, führten zu einer alternativen

Plattform, die mehr als 15-mal geteilt wurde. Die meist geteilten Domains gehören zu etablierten Plattformen, Desinformationsseiten sowie etablierten Medienhäusern.

· Extremistische Akteur:innen nutzen weiterhin häufig Plattformen, welche unter dem NetzDG angewiesen sind, illegale Inhalte rasch zu löschen. Mit 16 Prozent führten doppelt so viele Links im untersuchten Datensatz auf etablierte Seiten als auf kleinere Plattformen, die unterhalb der gesetzlichen Moderationspflicht operieren.

Unter etablierten Plattformen spielt YouTube eine wesentlich größere Rolle als die sozialen Netzwerke Twitter und Facebook. Es scheint, dass trotz

Regulierungsbemühungen seitens der Plattform bei

Rechtsextremen und Verschwörungsideolog:innen weiterhin massives Interesse an der Nutzung von YouTube besteht. Anstatt des zu erwartenden (und in Fällen »deplatformter« Extremist:innen beobachteten) Effektes, dass eine Nutzung von etablierten Plattformen unterlassen wird, ist hier ein andere Dynamik erkennbar. So ändern Rechtsextreme auf den etablierten Plattformen ihre Kommunikationsstrategie, um dort weiter aktiv sein zu können. In manchen Fällen kommen aber auch die Plattformen ihren Pflichten nach dem NetzDG nicht nach, oder illegale Inhalte werden nicht flächendeckend gemeldet.

· Das Verlinkungsverhalten der untersuchten Akteur:innen unterscheidet sich entlang ideologischer Bruchlinien und zwischen Bewegungen, Parteien und Medienoutlets.

Rechtsextreme Kanäle verlinken in geringerem Umfang als rechtsradikale, verweisen

aber häufiger auf etablierte Plattformen.

Reichsbürger:innen verlinken vor allem auf eine Telegram-eigene Filesharing-Plattform. Für Verschwörungsideolog:innen und Lockdown- Gegner:innen sind Videoplattformen besonders wichtig. Das Postingverhalten von AfD und Medienoutlets wird durch deren institutionelle Rahmenbedingungen geprägt.

· Einzelne »Poweruser« spielen eine zentrale Rolle für das Verlinken auf der Plattform. Sie gehen hierbei strategisch vor und werben für ihre Profile auf einer Vielzahl von verschiedenen Plattformen.

Dieses bereits im vorangegangenem »Fluchtwege«- Report des ISD beobachtete Phänomen konnte auch für die Plattform Telegram festgestellt werden.

Manche Nutzer:innen bauen sich, wie das Beispiel Attila Hildmann zeigt, komplexe Netzwerke zwischen verschiedenen Kanälen und Gruppenchats auf, um ihre Reichweite zu vergrößern.

(6)

Affordances: Affordances beschreiben die

spezifischen technischen Möglichkeiten, die einzelne Plattformen ihren Nutzer:innen bieten.

Blockchain: Blockchain-Technologie, die insbesondere für alternative Währungen entwickelt wurde, zeichnet sich durch ihre besondere Datenstruktur aus. Sie gilt aufgrund ihrer Transparenz und ihres dezentralen Aufbaus, bei dem die Daten an vielen verschiedenen Orten gespeichert und regelmäßig verglichen werden, als besonders fälschungssicher. Blockchain- Technologie ermöglicht anonyme Transaktionen und Kommunikation – ein Umstand, der die Technologie auch für Kriminelle und Extremist:innen attraktiv macht.

Deplatforming: Deplatforming bezeichnet die Sperrung von Accounts und Gruppen auf den sozialen Medien. Es führt regelmäßig dazu, dass diesen

Gruppen Reichweite für ihre Agitation verloren geht und dass Einnahmequellen wegbrechen. Zugleich hat Deplatforming und die Angst vor der Sperrung oder Löschung von Konten und Websites dazu beigetragen, dass alternative Plattformen der sozialen Medien entstanden sind.

Medienoutlet: Als Medienoutlet werden im vorliegenden Report diejenigen Accounts codiert, aufgrund deren Funktion davon auszugehen ist, dass sie größtenteils auf ihre eigenen Kanäle und Webseiten verweisen. Zu den hier erfassten Accounts zählen etablierte Medien, kleinere Blogs bis hin zu Desinformationsakteur:innen, die Inhalte häufig in Form von Nachrichtenwebsites aufbereiten, um seriöser zu wirken.

Alternative Plattformen: Sogenannte alternative Plattformen werden von Gruppen und Einzelpersonen genutzt, die aufgrund der Gesetzeslage wegen ihrer politischen Ansichten auf den großen Plattformen der sozialen Medien nicht mehr willkommen sind oder sich dort nicht mehr willkommen fühlen.

NetzDG: Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist ein am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenes Gesetz zur Stärkung der Rechtsdurchsetzung im Internet und wurde zuletzt im Mai 2021 geändert. Ziel des Gesetzes ist es, eine effektivere Bekämpfung strafbarer

Hassrede und anderer strafbarer Inhalte in den sozialen Netzwerken zu erwirken. Der Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst Plattformen mit mindestens zwei Millionen registrierten Nutzer:innen im Inland bezüglich der Pflicht zur Entfernung rechtswidriger Inhalte.

Plattform: Unter Plattformen fassen wir Internetseiten oder Apps zusammen, über die Nutzer:innen

miteinander in Austausch treten können. Besonders relevant sind hierbei die sogenannten sozialen Medien oder sozialen Netzwerke sowie Messenger-Dienste.

Rechtsextremismus: Nach der Arbeitsdefinition des ISD bezeichnet Rechtsextremismus eine Form des Nationalismus, die sich durch ihren Bezug auf rassistische, ethnische oder kulturelle Vorherrschaft auszeichnet.

Rechtsradikalismus: Rechtsradikale Akteur:innen teilen ideologische Bezugspunkte des

Rechtsextremismus, sie lehnen Demokratie als Staatsform jedoch nicht im selben Ausmaß ab, wie Rechtsextreme es tun.

Glossar

(7)

Der digitale Messengerdienst Telegram ist in den letzten Jahren massiv gewachsen.2 Nach Angaben des Unternehmens nutzen weltweit über eine halbe Milliarde Menschen den Messenger.3 Telegram ist ein Dienst, der mit einer starken Datensicherheit und einer sehr eingeschränkten Moderation für sich wirbt. Laut einer Umfrage vom Mai 2021 wird Telegram von 18 % der deutschen Bevölkerung verwendet, was der zweithöchste Wert für einen Messengerdienst nach WhatsApp ist.4 Im Gegensatz zu anderen Messengerdiensten wie WhatsApp oder Signal verfügt Telegram zudem über Funktionen zur Massenkommunikation, die denjenigen von sozialen Medien ähneln. Telegram wurde rasch zu der beliebtesten Plattform einer neuen sozialen Bewegung in Deutschland: die der Anti-Lockdown Proteste, die sich gegen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie wandten.5 Rechtsextreme nutzten als Strömung der Anti-Lockdown-Protestbewegung die Plattform, um ihre Propaganda zu verbreiten und für ihre eigenen Kanäle zu werben. Hierbei halfen den Rechtsextremen auch die spezifischen technischen Funktionen, die Affordances der Plattform. Wenngleich der Messenger sich in weiten Teilen der Bevölkerung etabliert hat, und mittlerweile große Gruppen und Kanäle unter das NetzDG fallen, erfüllt Telegram für rechtsextreme Online-Subkulturen die Funktionen einer alternativen Plattform. Denn Telegram ist kein soziales Netzwerk im traditionellen Sinn und wurde zuerst als verschlüsselter Messenger aufgebaut. Erst mit der Zeit verwandelte sich der Dienst in eine hybride Plattform. Zudem wird Telegram von Extremist:innen und Verschwörungsideolog:innen selbst als »alternativ«

empfunden. Daher vertrauen diese Telegram mehr als den vermeintlichen „»Mainstream«-Plattformen.

Im Rahmen des vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geförderten Projektes

»Radikalisierung in rechtsextremen Online-Subkulturen entgegentreten« untersucht das ISD seit Anfang 2021 die alternativen Plattformen, auf denen sich rechtsextreme Akteure im deutschsprachigen Raum organisieren. Bereits in der ersten Studie6 stellte das Forschungsteam fest, dass Telegram die wichtigste alternative Plattform des rechtsextremen Onlinemilieus in Deutschland ist. Telegram wurde in dem Datenset, das für den »Fluchtwege« Report untersucht wurde, wesentlich häufiger als jede andere alternative Plattform geteilt. Der Messenger, der wie ein soziales Netzwerk genutzt wird, wurde, wie eine Linkanalyse ergab, im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 13.05.2021 2.950-mal geteilt. Zum Vergleich: Das am zweithäufigsten geteilte alternative soziale Netzwerk, VK, wurde im selben Zeitraum nur 41-mal7 verlinkt.

Im vorliegenden Report wird daher untersucht, wie Telegram von den Akteur:innen im rechtsextremen und verschwörungsideologischen Milieu genutzt wird. Nach einem Überblick zur Plattform wird durch eine Linkanalyse untersucht, welche Plattformen und Webseiten von Nutzer:innen verlinkt werden und wie sich deren Nutzungs- und Verlinkungsverhalten nach ideologischer Strömung und Art des Kanals unterscheidet. Eine Fallstudie zur strategischen Nutzung von Telegram durch den prominenten Rechtsextremisten Attila Hildmann zeigt, wie auf Telegram ganze Netzwerke an Kanälen eingesetzt werden, um Propaganda und Hetze möglichst weit zu verbreiten. In einem Annex werden die Methoden der Untersuchung erörtert.

(8)

Gründungsgeschichte

Telegram wurde 2013 von den Brüdern Pavel und Nikolai Durov aus St. Petersburg gegründet. Im Jahr 2006 kreierten und leiteten die beiden das russische Netzwerk VKontakte (heute VK.com).

Schon damals zeigte sich insbesondere Pavel Durov unwillig, Inhalte zu zensieren oder mit Behörden zusammenzuarbeiten. Nachdem Vladimir Putins Gegner 2011 Demonstrationen gegen Wahlbetrug über VKontakte organisierten, versuchte der russische Geheimdienst FSB, Pavel Durov, der damals noch Chef von VKontakte war, zum Löschen der Onlinegruppen zu zwingen. Nach einem Zwischenfall mit den russischen Behörden soll Durov beschlossen haben, zusammen mit seinem Bruder ein sicheres Kommunikationsmedium aufzubauen.8 Schließlich wurde VKontakte von den Firmen Mail.ru und United Capital Partners, die beide Verknüpfungen zum Kreml besitzen, aufgekauft.

Im April 2014 musste Pavel Durov seine Position bei VKontakte verlassen. Er baute bereits während seiner Arbeit bei VKontakte eine neue Firma namens Digital Fortress in den USA auf und einige seiner Programmierer zogen in die Vereinigten Staaten um.

2013 wurde bekannt, dass die Durovs in dieser Zeit Telegram entwickelten.9

Laut eigenen Angaben unterstützt Pavel Durov

Telegram »finanziell und ideologisch«, während Nikolai Durov hauptsächlich an der technischen Infrastruktur arbeitet.10 Stand 2021 ist, dass das Unternehmen nach eigenen Angaben in Dubai angesiedelt ist, während die meisten Programmierer:innen ursprünglich aus St. Petersburg stammen.11 Die Plattform hat weltweit über 550 Millionen monatlich aktive Nutzer:innen.12 Telegram lehnt aus geschäftlichen Motiven und wohl auch wegen der politischen Überzeugung seiner Unternehmensgründer die Moderierung von Inhalten weitestgehend ab. Somit sind auch illegale Aktivitäten wie der Handel mit Drogen oder gefälschten Impfpässen auf der Plattform öffentlich einsehbar.13

Verwendung durch extremistische Gruppen und Individuen

Aufgrund der Versprechen von Privatsphäre und unregulierter, sicherer Kommunikation wurde der Service besonders unter den Bevölkerungen autoritärer Staaten beliebt. Demonstrant:innen

in Weißrussland, Hong Kong und dem Iran nutzen Telegram um sich zu organisieren und staatliche Überwachung zu umgehen. Jedoch fanden auch

Terrorist:innen, Extremist:innen und Kriminelle Zuflucht auf dieser Plattform.

Telegrams Ablehnung inhaltlicher Moderation machte den Messengerdienst attraktiv für Gruppierungen, die von sogenannten etablierten Social Media- Plattformen verbannt wurden. So erschienen beispielsweise 2015 Medienberichte, dass Mitglieder der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) die App für ihre Rekrutierung, Propaganda und Koordination von Attentaten verwendeten. Unter anderem im Umfeld der blutigen Terror-Anschlägen in Paris im November 2015 spielte der Messengerdienst eine wichtige Rolle zur Verbreitung von IS-Werbung.14 Ein Bericht von Jugendschutz.net aus dem Jahr 2016 untersuchte 130 deutschsprachige islamistische Telegram-Kanäle und stellte fest, dass Kanäle, die Hinrichtungsvideos posteten, teilweise über 200 Beiträge pro Tag

produzierten. Jugendschutz.net hat für diesen Bericht 51 Kanäle mit jugendgefährdenden Inhalten gemeldet, von denen nur sechs gelöscht wurden, die rasch wieder unter neuen Namen auftauchten.15

Inzwischen ist Telegram auch als bevorzugtes Kommunikationsmittel für Rechtsextreme bekannt.

Ein Anstieg an rechtsextremer Aktivität auf Telegram konnte insbesondere ab 2019 festgestellt werden, als es international zu mehreren rechtsterroristischen Anschlägen kam. Große Tech-Konzerne standen vermehrt unter Druck, rechtsextremistische Inhalte zu löschen. Laut einer Untersuchung der Zeitschrift Vice seien von 150 analysierten rechtsextremen Kanälen aus dem englischsprachigen Raum über zwei Drittel in den ersten acht Monaten des Jahres 2019 gegründet worden.16 Eine Studie des ISD aus dem Jahr 2020 untersuchte 208 rechtsextreme Telegram-Kanäle und über eine Million Nachrichten auf Englisch.

In 60,1 % der Kanäle wurde terroristisches Material geteilt.17

Außerhalb des englischen Sprachraums spielt Telegram für Rechtsextreme ebenfalls eine wichtige Rolle, beispielsweise in den postsowjetischen Staaten.18 Auch im deutschsprachigen Raum gewann Telegram unter Rechtsextremen an Popularität. Neben Forschungen des ISD19 stellen auch ein mehrjähriges Monitoring von Jugendschutz.net20 Telegram als wichtigste alternative

Hintergrund zu Telegram

(9)

Plattform für Rechtsextreme im deutschsprachigen Raum heraus. Unterschiedliche rechtsextreme Akteure wie zum Beispiel die Initiatoren von Pegida, sowie Martin Sellner besitzen seit 2019 Telegram-Kanäle.21 Während der Covid-19-Pandemie organisierten sich auch zunehmend Verschwörungsideolog:innen, Reichsbürger:innen und QAnon-Anhänger:innen auf der Plattform. Laut einer im Mai 2021 erschienenen Studie ist Telegram in Deutschland inzwischen die Hauptplattform für Verschwörungserzählungen.22 Nutzungsbedingungen und Datenschutz bei Telegram

Laut der Nutzungsbedingungen von Telegram sind die folgenden Inhalte auf der Plattform verboten:

Betrug und Spam sowie Gewaltaufrufe oder illegale Pornographie auf öffentlichen Kanälen und Bots.23 In der App besteht die Möglichkeit, Kanäle und Nachrichten mit derartigen Inhalten zu melden. Für die auf der Plattform teilbaren »Sticker« gibt es im Gegensatz zu den Kanälen und Nachrichen (Siehe Abbildung 2) allerdings keinen »Report-Button«. Ein

»Report-Button« für die »Sticker« existiert nur in der Browser-Version und in der Desktop-App.

Abbildung 1 Screenshot der Telegram-App vom 24.08.2021

Abbildung 2 Screenshot der Telegram-App vom 24.08.2021

Telegram betont, dass das Unternehmen illegales Material aus Privat- und Gruppenchats kategorisch nicht löscht, da diese Chats »Privatsache« seien. Im Falle von Bots, illegalen Inhalten auf Kanälen oder

illegalen Sticker-Paketen sollen sich Nutzer an eine E-Mail-Adresse wenden oder an das Profil »ISISwatch«, welches zur Bekämpfung von IS-Propaganda aufgesetzt wurde. Telegram rechtfertigt dieses Vorgehen damit, dass das Unternehmen »legitime Anfragen« bearbeiten müsse um seinen Dienst »dort, wo er am meisten gebraucht wird, zu gewährleisten.«24 Dabei verweist Telegram auch explizit auf den AppStore und Google PlayStore, da sie deren Auflagen für das Angebot ihrer Apps erfüllen müssten. Jedoch behauptet Telegram, das Unternehmen würde Inhalte nicht im »Zusammenhang mit den lokalen Beschränkungen der Redefreiheit«

entfernen. Telegram würde zwar öffentlich zugängliche Terrorpropaganda löschen, aber »keinesfalls Nutzer daran hindern, auf friedliche Weise alternative Meinungen zum Ausdruck zu bringen.«25 Telegram verspricht nicht nur einen (nahezu) unregulierten Service. Die Plattform wirbt auch mit einem hohen Grad an Datenschutz. Nachrichten und Dateien, die via Telegram versendet werden, können laut Angaben des Unternehmens nicht von Internetanbietern, Netzwerkadministratoren oder Dritten eingesehen werden.26 Telegram erklärt, dass Chats, die nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt sind, durch Server-zu-Client Verschlüsselung gesichert sind.

Es handelt sich dabei um sämtliche Cloud-basierte Chats, wie zum Beispiel offene Gruppen und Kanäle.

Nutzerdaten würden auf Servern in verschiedenen Staaten gespeichert, womit Telegram nur durch Gerichtsurteile von mehreren Gerichtsbarkeiten zur Herausgabe der Daten gezwungen werden könne. Die Firma behauptet von sich, noch nie ein einziges Byte an Nutzerdaten herausgegeben zu haben.27

Telegram wurde jedoch in der Vergangenheit von Datenschützer:innen wegen der Intransparenz des Unternehmens und wegen der Beschränkung von Eins-zu-Eins-Verschlüsselung auf Privatchats kritisiert.

Im Gegensatz beispielsweise zum Messengerdienst Signal, stellt Telegram den Quellcode der Plattform nicht zur Verfügung. Telegram speichert aber die Nachrichten der Nutzer:innen auf seinen eigenen Servern anstelle auf deren Telefonen. Das Unternehmen hat somit Zugriff auf Kopien aller Chats in zentralen Datenbanken und wäre in der Lage, diese Daten an staatliche Behörden freizugeben.28

(10)

Moderation, Sperrung und Anwendung des NetzDG In der Vergangenheit hat Telegram lediglich sporadisch und nur widerwillig Inhalte gelöscht - hauptsächlich auf Druck von außen. So entfernte die Plattform 2015 nach den Bataclan-Anschlägen in Paris 78 IS- Kanäle in 12 Sprachen und kündete ein einfacheres System zur Meldung von Inhalten an. Hiervon war der private Nachrichtenaustausch zwischen den Terroristen jedoch laut Medienberichten nicht betroffen.29 Im November 2019 verkündete Europol, dass die Behörde in Zusammenarbeit mit Telegram und anderen Onlineserviceanbietern viele Aktivitäten des IS durch weitreichende Löschung der Kanäle der Terrororganisation unterbrochen hätte.

Nach der Stürmung des US-amerikanischen Kongresses am 6. Januar 2021 durch Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump begann Telegram, auch rechtsextreme Kanäle zu sperren. Kurz danach bestätigte ein Sprecher von Telegram, dass das Unternehmen »dutzende« von rechtsextremen und Neonazi-Kanälen gesperrt habe, wie in einem Artikel von TechCrunch berichtet wird.30 Diese Aktion sei Teil eines neuen Durchsetzungsverfahren, dass »expandiert« würde.31 Jedoch ist unklar, wie flächendeckend diese neuen Regeln durchgesetzt werden. Laut TechCrunch seien einige der »gesperrten«

Kanäle immer noch über Telegrams Web Client einsehbar gewesen. Zudem seien zahlreiche der betroffenen Kanäle unrechtmäßig entfernt worden.

Pavel Durov schrieb auf seinem eigenen Kanal, dass Telegrams Moderator:innen hunderte von öffentlich einsehbaren Gewaltaufrufen entfernt hätten.32 Nach den Ausschreitungen wurde öffentlich bekannt, dass die alternative Plattform Parler zur Streuung von Verschwörungserzählungen und zur Organisation der Erstürmung des Kapitols genutzt wurde. Daraufhin brachen viele Unternehmen die Zusammenarbeit mit Parler ab, darunter Apple und Google, die zuvor die App zum Herunterladen angeboten hatten.33 Die gegenwärtige Formulierung von Telegrams »Frequently Asked Questions«34 legt nahe, dass seitens Telegram die Sorge besteht, Restriktionen durch andere Tech- Unternehmen auferlegt zu bekommen. Die Sperrung von einigen Kanälen Attila Hildmanns via Apps, die im AppStore oder Google PlayStore heruntergeladen wurden, war zum Beispiel möglicherweise eine

vorbeugende Maßnahme seitens Telegrams.

Im Juni 2021 wurde bekannt, dass der Telegram-Kanal des rechtsextremen Verschwörungsideologen Attila Hildmann nicht länger über Telegram-Appversionen erreichbar war, die über den AppStore oder Google Play heruntergeladen wurden. Sein Kanal war jedoch nach wie vor über einen Browser oder Versionen der App, die direkt von Telegrams Webseite heruntergeladen wurden, aufrufbar. Ein Pressesprecher von Google sagte, dass das Unternehmen Hildmanns Kanal nicht selbst gesperrt hatte. Die Hintergründe dieser Teilsperrung waren unklar, jedoch haben möglicherweise Google und Apple Druck auf Telegram ausgeübt. Möglicherweise hat auch die Plattform die Sperrung teilweise selber eingeführt, um nicht gegen die Nutzungsbedingungen der beiden App-Anbieter zu verstoßen.35

Obwohl Telegram wahrscheinlich über zwei Millionen Benutzer:innen in Deutschland hat,36 fiel es als Messengerdienst zuerst nicht unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Jedoch entwickelte sich Telegram zum Hybrid zwischen Messengerdienst und sozialem Netzwerk. Durch diese Weiterentwicklung wäre Medienberichten zufolge möglicherweise eine Regulierung Telegrams durch das NetzDG gerechtfertigt.37 Im Juni 2021 gab das Bundesjustizministerium die Einleitung rechtlicher Schritte gegen Telegram bekannt. Als Grund gab das Ministerium an, dass es auf der Plattform keinen einfach ersichtlichen Weg gäbe, um rechtswidrige Inhalte zu melden. Des Weiteren sei unklar, an welche Adresse sich Gerichte wenden könnten, falls jemand gegen die Plattform klage. Das Bundesamt für Justiz hat zwei Schreiben an Telegrams Geschäftsadresse in Dubai übersandt. Somit wendet das Bundesamt für Justiz das NetzDG zum ersten Mal auf einen vermeintlichen Messengerdienst an.38

Features und Affordances

Während Telegrams weitreichende Zensurfreiheit und der Schutz der Privatsphäre die Plattform auch für extremistische Akteure attraktiv machen, tragen darüber hinaus die Handhabung und technischen Angebote (die Affordances) zur Popularität der Plattform bei. Im Gegensatz zu anderen Messengerdiensten kann Telegram leicht für Massenkommunikation verwendet werden. Telegram wurde zwar als Messengerdienst konzipiert, durch die Erweiterung

(11)

der Komponenten hat sich die Plattform aber in einen Hybrid zwischen Messengerdienst und Social Media-Plattform entwickelt. Telegram bietet seinen Nutzer:innen drei verschiedene Kommunikationswege.

Neben Eins-zu-Eins-Chats, wie sie auch auf anderen Messengerdiensten möglich sind, ermöglicht die Plattform das Erstellen von Chatgruppen, und Kanälen.

Beiträge können ohne Aufwand zwischen Gruppen und Kanälen weitergeleitet werden, was deren Vernetzung erleichtert.

Chatgruppen

Mit Telegram können sowohl private wie auch

öffentliche Chatgruppen mit bis zu 200.000 Mitgliedern erstellt werden. Die maximale Teilnehmer:innenzahl bei den Gruppenchats von Telegram ist damit wesentlich höher als bei anderen Messengerdiensten wie Signal (1.000) oder WhatsApp (256).39 Die potenzielle Reichweite der Gruppenchats bei Telegram ist dabei eher mit der Reichweite von Social Media-Plattformen wie Instagram, Twitter oder Facebook vergleichbar, als mit der von Messengerdiensten. Die Administratoren der Gruppen können die Unterhaltungen von anderen Plattformen wie WhatsApp übertragen, und den ganzen Kommunikationsverlauf mit neuen Gruppenmitgliedern teilen.

Kanäle

In Telegram-Kanälen ist die Kommunikation einseitig von den Kanaladministrator:innen zu den Mitgliedern hin strukturiert. Nur die Administrator:innen können Beiträge veröffentlichen. Die Zahl der Kanalmitglieder ist unbegrenzt. Die Kanal-Funktion bietet

Influencer:innen die Möglichkeit, ihr Publikum auf eine ähnliche Art zu erreichen wie auf etablierten Social Media- Plattformen. Telegram-Kanäle dürfen mehrere Administratoren haben, die unter anderem einstellen können, ob die versandten Nachrichten mit dem Namen des Kanals oder der jeweiligen Administrator:innen versehen werden. Die Admins können seit 2019 Kommentare unter den Beiträgen erlauben, was die Kommunikation zwischen den Nutzer:innen ermöglicht.

Filesharing- und Streamingfunktion Neben Text-, Ton, Bild- und Videonachrichten

ermöglicht Telegram auch das Teilen von Dokumenten mit einer Größe von bis zu zwei Gigabyte. Telegram hat eine Streaming-Funktion, dank der bis zu 30 Personen aktiv Video und Tonaufnahmen streamen und bis

zu 1.000 Personen die Streams als Zuschauer:innen verfolgen können.40 Sprachchats sind sowohl in Gruppen wie in Kanälen verfügbar und haben keine Teilnehmer:innenbegrenzung.41 Zudem können Benutzer:innen Video- und Sprachnachrichten in ihren Kanälen hinterlassen.

Stickerpacks und Bloggingfunktion

Benutzer:innen können personalisierte Stickerpacks kreieren, teilen und herunterladen. Diese Sticker, Bilder oder kurze Animationen können sowohl in Chats als auch in Kanälen verwendet werden. Illegale Inhalte können Telegram zwar über eine Email- Adresse gemeldet werden,42 jedoch finden sich auf der Plattform immer noch zahlreiche extremistische und gewaltverherrlichende Stickerpacks. 2016 führte Telegram das Publishing-Tool Telegra.ph ein. Dies erlaubt es Nutzer:innen, längere Texte mit Bildern zu veröffentlichen. Beiträge auf Telegra.ph können auch anonym veröffentlicht werden. Für die Nutzung von Telegra.ph ist keine Registrierung notwendig und es können Inhalte von anderen Webseiten verankert werden.

Kontaktbörse

Seit 2019 ermöglicht Telegram seinen Nutzer:innen, Gruppen und andere Nutzer:innen in ihrer Nähe zu finden. Mit wenigen Klicks können Nutzer:innen so mit anderen in ihrer Gegend in Kontakt treten. Telegram selbst bewirbt die Funktion als Kontaktbörse, ähnlich zur Dating-Plattform Tinder.43 Tatsächlich wird diese Funktion allerdings oft für den Handel mit Drogen oder Waffen genutzt.44

Diese Vielzahl an Affordances bedeutet, dass Telegram kein einfacher Messengerdienst ist. Telegram ist durch seine Funktionen auch Filesharing-Plattform, Streamingdienst, Blogging-Werkzeug, Kontaktbörse und Handelsplattform. All dies macht Telegram zu einem attraktiven Tool für soziale Bewegungen – aber auch für Extremist:innen und Kriminelle.

(12)

Ergebnisse der Linkanalyse

Auswertung nach Funktionsweise der Plattformen Die untersuchten Daten wurden durch eine

Linkanalyse ermittelt. Zu diesem Zweck sammelte das ISD mithilfe des Programmes Method52 sämtliche zwischen dem 01.01.2021 und dem 12.09.2021 veröffentlichten Beiträge in den ausgewählten 238 Kanälen von Rechtsextremen, Rechtsradikalen, Verschwörungsideolog:innen, Reichsbürger:innen/

Souveränist:innen, Medienoutlets und AfD-Accounts.

Für die Linkanalyse wurden ausschließlich öffentlich zugängliche Kanäle untersucht. Aus insgesamt 659.110 Nachrichten wurden sämtliche Links

herausgefiltert. Aus 371.988 ermittelten Links wurden 8.252 verschiedene Domains extrahiert. Das ISD- Team überprüfte anschließend manuell sämtliche Domains, die häufiger als 15-mal in den beobachteten Kanälen geteilt wurden. Anhand dieser Recherche wurde eine Liste von Domains erstellt, die zu sozialen Medien gehören, sowie zu anderen Plattformen für Nutzer:innen kreierte Inhalte.

Zur Erforschung des rechtsextremen Onlinemilieus auf Telegram wurde eine Linkanalyse verwendet, da diese Form der Untersuchung feststellt, welche Domains oder Links besonders relevant für gewisse Akteure sind und welche Webseiten sie besonders hervorheben wollen. Eine Linkanaylse ermöglicht, neue Webseiten zu entdecken und deren Verbreitung innerhalb gewisser Internetgemeinschaften zu erforschen. Sie kann mithilfe manueller Forschung eruieren, welche Art von Plattformen besonders beliebt sind.

Die Online-Plattformen, die in den beobachteten Kanälen verlinkt wurden, lassen sich anhand ihrer Funktionsweisen unterscheiden. So wurden einige von ihnen spezifisch für die Verbreitung von extremistischem Gedankengut geschaffen, während andere von Rechtsextremen genutzt werden, obwohl extremistische Inhalte gegen die Nutzungsbestimmungen dieser Plattformen verstoßen. Plattformen mit mehr als zwei Millionen deutschen Nutzer:innen stehen unter der Berichts- und wissenschaftlichen Auskunftspflicht (§2 und §5a) und den Beschwerde- und Gegenstellungsverfahren (§3- §3b) des NetzDGs. Sie werden in der Analyse separat aufgeführt. Darunter fallen bekannte Online- Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube

und Twitter. Der Fokus dieses Forschungsprojektes liegt zwar auf der rechtsextremistischen Aktivität außerhalb dieser etablierten Plattformen. Jedoch zeigt diese Analyse auch, wie relevant die etablierten Plattformen nach wie vor für Extremist:innen

und Verschwörungsideolog:innen im deutschen Sprachraum sind.

Einordung der Analyse

Wichtig zur Einordung der folgenden Analyse ist, dass Benutzer:innen aus den verschiedenen Benutzerkategorien unterschiedlich viele Nachrichten auf Telegram verschickt haben. Manche Kanäle tun sich durch eine hohe Postingaktivität hervor. Gleichzeitig stammt die hohe Anzahl an Nachrichten und Links in gewissen Benutzerkategorien von einigen besonders aktiven Kanälen. Des Weiteren verweist nur ein sehr geringer Anteil der geteilten Links auf alternative Plattformen. Von insgesamt 371.988 Links verwiesen weniger als acht Prozent auf eine alternative Plattform, die mehr als 15-mal verlinkt wurde. Im Gegensatz dazu führten über 16 % aller Links zu etablierten Plattformen.

Bei einem Großteil der restlichen Links handelt es sich um Verweise auf Artikel von Desinformationsseiten, aber auch von etablierten Medienportalen. Telegram ist ein zentrales Kommunikationsmedium für

die verschwörungsideologische Szene, weshalb Nachrichten und neue Verschwörungsideologien konstant über solche Kanäle gestreut werden.

Die beobachteten Akteur:innen zeigen sehr

unterschiedliche Verhaltensweisen in der Vermarktung ihrer Profile auf anderen Plattformen. Akteure wie Ignaz Bearth, Mitglied der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer, und ein deutscher Verschwörungsideologe, den ISD im rechtsradikalen Milieu verortet, verlinken fast alle ihre Kanäle auf anderen Plattformen in ihren Telegram-Beiträgen.

Andere, wie der veruteilte Holocaustleugner Nikolai Nerling, unterhalten zwar aktive Kanäle auf alternativen Plattformen, verlinken aber kaum auf diese.45 Das heißt, dass eine Linkanalyse keine vollständige Übersicht über die Nutzung sämtlicher alternativen Plattformen geben kann. Dennoch kann sie zur Identifizierung solcher Räume sehr hilfreich sein.

(13)

Im Gegensatz zu anderen Kommunikations-Plattformen wie Twitter ist Telegram auch ein beliebtes Medium für den Austausch von Bild-, Video-, Audio und Textdateien.

Diese Dateien werden nicht durch externe Verlinkungen geteilt, sondern direkt auf Telegram hochgeladen.

Die folgende Analyse basiert auf folgenden Metriken:

Verlinkungen insgesamt, einzelne Verlinkungen (»unique Links«), verlinkende Kanäle und Aufrufe.

Verlinkungen insgesamt steht für alle Links zu einer Domain, die in diesem Datensatz enthalten waren.

Die Anzahl einzelner Verlinkungen zeigt an, wie viele verschiedene Links zu einer bestimmten Domain geteilt wurden. Dies hilft unter anderem, zu bestimmen, ob die Anzahl der Nennungen einer Domain mit einzelnen Links zusammenhängt. Die Zahl der verlinkenden Kanäle zeigt an, wie viele verschiedene Kanäle mindestens einen Link zu der Domain enthielten. Aufrufe zeigen, wie oft ein Beitrag nach den Angaben Telegrams angesehen wurde. Das ISD-Team testete durch einen hierfür

angelegten Kanal, wie Aufrufe auf Telegram entstehen.

Hierbei stellte sich heraus, dass die Angabe zu »Views«

eher unscharf ist. Wie sich die Metrik konkret ergibt ist unklar und intransparent. Nach mehreren Tagen können die »Views« eines Kanals, die von einem spezifischen Telegram-Konto stammen, doppelt gezählt werden.

Ein nur augenblickliches Verweilen auf einem Beitrag wird als »View« gezählt. Laut Telegram-Guide können die Ansichten eines einzelnen Nutzers mehrfach gezählt werden, Kopien weitergeleiteter Beiträge mitinbegriffen.46 Daher sind die Zahlen zu den Aufrufen ungenau. Sofern nicht anders gekennzeichnet beziehen sich sämtliche Angaben zur Anzahl von Posts oder gesetzten Links auf den Untersuchungszeitraum vom 01. 01.2021 bis zum 12.09.2021.

Videoplattformen

Videoplattformen sind Webseiten, deren Hauptzweck das Hochladen und Wiedergeben von Videos ist. Sie können über Livestreaming-Funktionen verfügen, jedoch ist dies nicht ihr Hauptmerkmal. Links zu Videoplattformen machen knapp 38 % der Links zu alternativen Plattformen aus.

Domain #Verlinkungen insgesamt #einzelner Verlinkungen #verlinkender Kanäle #Views

odysee.com 2.816 965 112 84.608.358

tube.querdenken-711.de 1.900 210 51 28.813.936

bitchute.com 1.632 749 102 28.247.456

rumble.com 1.625 910 74 17.331.193

wtube.org 766 355 22 16.850.216

lbry.tv 582 189 58 7.757.373

vimeo.com 345 166 62 7.689.539

bittube.tv 337 238 25 2.226.602

youmaker.com 295 246 15 3.832.335

vdp.veezee.tube 186 80 9 5.539.172

frei3.de 157 67 22 1.426.525

veezee.tube 152 89 16 598.236

okitube.com 70 56 12 329.921

wirtube.de 61 21 15 2.177.273

gegenstimme.tv 55 39 13 206.681

dailymotion.com 44 25 23 1.377.864

dein.tube 42 24 13 103.910

wiki-tube.de 35 19 15 645.561

tube.klardenken.tv 26 8 19 329.865

(14)

Internationale und deutschsprachige Plattformen Auffällig ist, dass viele der populärsten Videoplattformen außerhalb von Deutschland aufgesetzt wurden. Sie gelten auch in anderen Ländern als Rückzugsort für Extremist:innen und Verschwörungsideolog:innen. So wurde die auf Blockchain-basierende Videoplattform Odysee mit 2.816 Links nicht nur am häufigsten verlinkt, sondern tauchte auch in den meisten Kanälen auf, nämlich in 112.

Odysee ist der Nachfolger der inzwischen stillgelegten Webseite LBRY.tv. Sie wurde 2020 gestartet und ist Teil des LBRY-Netzwerkes, dass sich als Alternative zu zentralisierten und kommerziellen Plattformen präsentiert. Das LBRY-Netzwerk hat eine eigene Kryptowährung, mit der Videos auf Odysee monetarisiert werden können. Die Plattform geriet insbesondere während der Covid-19-

Pandemie auf Grund von mangelnder Moderation, Falschinformationen und extremistischen

Inhalten in die Kritik. In Frankreich gilt Odysee als Videoplattform der verschwörungsideologischen Szene.47 Auch Akteur:innen aus dem US-

amerikanischen rechtsradikalen und rechtsextremen Milieu fanden auf der Seite Zuflucht, nachdem ihre Inhalte zur Covid-19-Pandemie auf den größeren Plattformen gesperrt wurden.48 Einer internen E-Mail zufolge sagte eine Führungsperson bei LBRY, dass der Podcast eines US-amerikanischen Neonazis nicht gegen die Regeln von Odysee verstoßen würde und es keinen Grund zur Löschung von dessen Konto gäbe.49 Genaue Nutzerstatisken zu Odysee gibt es nicht. Laut eigenen Angaben hat das LBRY Netzwerk über 10 Millionen Nutzer:innen.50

Im analysierten Datensatz verwiesen insbesondere verschwörungsideologische Kanäle auf Odysee, wobei diese Kanäle für etwa 70 % aller Links verantwortlich waren. Die drei Kanäle, die diese Videoplattform am häufigsten verlinkten, gehören zur QAnon-Bewegung.

Rechtsextreme teilten zwar nur 6 % der Links zu Odysee, jedoch ist die Plattform in diesem Milieu durchaus bekannt, so dass ein Drittel der beobachteten rechtsextremen Kanäle mindestens einen Link zu Odysee enthielten.

Auch die Domains von Bitchute und Rumble gehörten zu den meistgeteilten Videoplattformen in diesem Datensatz. Beide haben einen Ruf als Ausweichort für

Akteur:innen, die von etablierten Plattformen gesperrt wurden.51

Bitchute ist eine britische Plattform, die sich als Verteidigerin der Meinungsfreiheit inszeniert, aber auch wegen mangelnder Moderation von Propagandainhalten von Terrorgruppen in der Kritik steht.52 Bitchute ist bei Epik registriert, einem Hosting-Service, der seine Dienste auch den alternativen Plattformen Gab und Parler anbietet.53 Die Plattform ist seit 2017 online und hat zurzeit um die 44 Millionen Besucher pro Monat.54 Bitchute sperrt zwar inzwischen einige Inhalte innerhalb gewisser Regionen wie dem Vereinigten Königreich oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), diese Restriktionen können aber mithilfe eines

»Virtual Private Network« (VPN) umgangen werden.55 Rumble wurde 2013 in Kanada gegründet und fokussierte sich zunächst auf leicht vermarktbare Inhalte wie familienfreundliche Videos, die Kinder oder Tiere zeigen. Im Verlauf des Jahres 2020 erhielt Rumble einen Zustrom von Nutzer:innen durch Unterstützer:innen von Donald Trump, die Falschinformationen zur Pandemie verbreiteten und dafür auf anderen Plattformen gesperrt worden waren.56 Ende des ersten Quartals 2021 hatte Rumble laut Angaben seines CEOs 31,9 Millionen monatliche Nutzer:innen.57

Nach Odysee und tube.querdenken-711.de war Bitchute die drittmeistgeteilte Videoplattform im untersuchten Datensatz. Ein Großteil der Verlinkungen stammt mit 1.033 von insgesamt 1.632 Links aus verschwörungsideologischen Kanälen. An zweiter Stelle stehen »Querdenker«-Kanäle, die 255-mal (dies entspricht knapp 16 % aller URLs) auf Bitchute verwiesen. Auch Rechtsextreme nutzen Bitchute häufig. 11 % (175 Links) aller geteilten Verlinkungen in rechtsextremen Kanälen führten zu Bitchute, und mehr als jeder vierte rechtsextreme Kanal (28 %) enthielt mindestens einen Link zur Plattform. Insbesondere bekannte Rechtsextreme wie Lutz Bachmann, Attila Hildmann und Sven Liebich teilten Bitchute häufig.

Auch bei Rumble standen Verschwörungsideolog:innen und »Querdenker« mit 1.056 (65 %) beziehungsweise 352 (22 %) Verlinkungen vorne. Jedoch wurde diese Plattform mit 132 Links (8 %) wesentlich häufiger von Rechtsradikalen geteilt als von rechtsextremen

(15)

Kanälen, die nur 16 (1 %) der Rumble-Links enthielten.

Die zahlreichen Links unter Rechtsradikalen gingen insbesondere auf einen als rechtsradikal eingestuften Verschwörungsideologen zurück, da dieser alleine 114 Links (7 %) teilte. Bei Rechtsextremen scheinen die Verlinkungen zu Rumble eher sporadisch zu sein.

Eine mögliche Erklärung ist, dass sich viele Inhalte mit Donald Trump und dessen Politik auseinandersetzen.

Während der ehemalige US-Präsident unter QAnon- Anhängern als Heilsfigur gilt, lehnen viele deutsche Rechtsextreme, insbesondere Neonazis, Trump ab.

Plattformen aus dem deutschen Sprachraum werden zwar weniger häufig geteilt, sind aber dennoch für die rechtsextreme Szene relevant. Dazu gehört Frei3, die offiziell in Ungarn registriert ist und von einem AfD- Unterstützer aufgesetzt wurde.58 Auf Frei3 können Videos eingebettet und über andere Quellen wie YouTube, Odysee, 3Speak und Bitchute abgespielt werden.

Rechtsextremistische Kanäle enthielten mit 130 von 157 Links (83 %) die meisten Verweise zu Frei3. Etwa ein Drittel stammt aus dem Kanal der Organisation Ein Prozent, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird.59 Weitere 11 % stammen vom Moderator eines Szene-Podcasts. Auch die Identitäre Bewegung und Pegida teilten Links zu Frei3. An zweiter Stelle stehen Rechtsradikale, die 19-mal auf die Plattform verwiesen. Eine weitere deutschsprachige Plattform, die im untersuchten Datensatz zu finden ist, ist OKiTUBE. Hierbei handelt es sich um ein Videoportal, das zu einem österreichischen Internetradio gehört. OKiTUBE behauptet von sich, es fördere den »Zukunftsbereich der Freien Medien« und ruft Leser seiner Webseite auf, sich über 5G, »Corona-Zwang« und den »Großen Umbruch«

zu informieren.60 Die Popularität dieser Plattform ist auf die Aktivität von einer Minderzahl von Akteur:innen zurückzuführen, da 83 % der Verlinkungen aus nur zwei Kanälen stammen. Darüber hinaus stammen 68 von 70 Links aus dem verschwörungsideologischen Spektrum.

PeerTube

Bei vielen populären deutschsprachigen

Videoplattformen im untersuchten Datensatz handelt es sich um PeerTube-Instanzen. In den analysierten Telegram-Kanälen ist am häufigsten auf die PeerTube- Instanzen »tube.querdenken-711.de«, »veezee.tube«

und »Gegenstimme.tv« verwiesen worden. Bei tube.

querdenken-711.de handelt es sich um eine offizielle Plattform der Querdenker-Bewegung. Diese wird

meist in Kanälen von Lockdown-Gegner:innen zitiert.

1.775 von 1.900 (93 %) der Verlinkungen stammen aus Anti-Lockdown-Kanälen. Alleine aus dem Hauptkanal der Querdenken-Bewegung stammen 38 % aller Verlinkungen. Auffällig ist, dass es sich in 78 % der Verlinkungen um Verweise auf die Homepage handelt.

Die Domain wird als eigene Plattform beworben und in der »Signatur« beinahe all ihrer Beiträge aufgeführt neben ihrem Twitter-Profil und ihrer Webseite. 61 der Links stammen aus dem Kanal des Rechtsextremen Ignaz Bearth, der den Querdenker-Initiator Michael Ballweg auf seinen eigenen Kanälen interviewt hatte.

PeerTube ist eine Open Source-Videoplattform, die auf Peer-to-Peer-Technologie aufbaut. Sie wird zurzeit von der gemeinnützigen Organisation Framasoft in Frankreich unterstützt. Nutzer:innen können einzelne sogenannte »Instanzen« erstellen. Instanzen können als eigenständige Webseiten über eigene Domains aufgerufen und nach den Bedürfnissen der Ersteller:innen gestaltet werden. Jede Instanz ist standardmäßig unabhängig von anderen PeerTube-Instanzen. Jedoch können mehrere Instanzen mit ähnlichen Regeln sich zu Föderationen zusammenschließen, womit sie den Videos anderer Mitglieder folgen können. Die Videos sind jedoch immer nur auf der Instanz, die sie veröffentlicht hat, abgespeichert. Wegen seiner dezentralisierten Struktur wurde bereits 2018 die Sorge geäußert, dass dieses Netzwerk für extremistische oder gewaltverherrlichende Inhalte missbraucht werden könnte. Um dem vorzubeugen, setzt PeerTube auf Moderation durch andere Nutzer:innen. Ein Sprecher von Framasoft erklärte im Juli 2018 auf Nachfrage der Zeitung »Le Monde«, dass gewisse Instanzen von anderen Gemeinschaften ausgeschlossen werden können.61 Laut eigenen Angaben hat PeerTube 60.000 Nutzer:innen, die über 400.000 Videos mit insgesamt über 15 Millionen Klicks hosten.62

(16)

Hinter veezee.tube steht der Verein Free Media Network, der in der Schweiz registriert ist und die Livestreaming-Plattform veezee.tv (siehe unten) betreibt. Laut eigenen Angaben bietet Free Media Network »kleineren Kanalbetreibern und

›Newcomern‹ « gratis Kanäle auf veezee.tube und veezee.tv an. Zahlende Kunden bekommen Server zum exklusiven Gebrauch via veezee.tube, die von Free Media Network gewartet und administriert werden.63 Laut eigenen Angaben hatte veezee.tube bisher über 2 Millionen Videoaufrufe.64

Veezee.tube wurde mit 91 % der Verlinkungen

hauptsächlich in verschwörungsideologischen Kanälen geteilt. Alleine 74 % der Links stammen aus dem Kanal einer Sängerin aus der Szene. Des Weiteren konnten im Datensatz mehrere Plattformen identifiziert werden, die über das Netzwerk von veezee.tube laufen. Beispiele dafür sind das 186-mal verlinkte vdp.veezee.tube, das zu einem verschwörungsideologischen Podcast gehört, und das viermal geteilte engelsburgtv.veezee.

tube, dessen Besitzer von der Akademie Engelsburg65 ideologische Elemente von Reichsbürgern, QAnon und der Anastasia-Bewegung verbinden. Laut Angaben von Free Media Network betreibt dieser hinter vezee.

tube stehende Verein auch das Portal wirtube.com von Heiko Schrang,66 der von Medienberichten der rechts- esoterischen Szene zugerechnet wurde.67 Das Portal wurde im Datensatz 61-mal verlinkt.

Die meisten PeerTube-Instanzen scheinen an

bestimmte Personen oder Organisationen gebunden zu sein, die hauptsächlich für die Inhalte dieser Videoplattformen verantwortlich sind. Dazu gehören tube.kenfm.de, die Instanz eines Ex- Radiomoderators, der unter seinem Künstlernamen

»Ken Jebsen«68 bekannt ist und dessen Kanal vom Verfassungsschutz beobachtet wird, exo.tube vom UFO- Verschwörungsportal Exomagazin und eine Instanz, die von Anti-Wikipedia-Aktivisten betrieben wird. Die Anzahl der Verlinkungen zu den meisten PeerTube- Instanzen war in den meisten Fällen so gering, dass sie außerhalb des Rahmens dieser Analyse fielen.

Jedoch sind nicht alle PeerTube-Instanzen an bestimmte Individuen gebunden. Gegenstimme.tv, das im

Datensatz 55-mal verlinkt wurde, hat eine Vielzahl an verschiedenen Nutzern. Gerade diese Website scheint für die beobachteten Rechtsextremen die relevanteste

PeerTube-Instanz zu sein. 47 von 55 Links im Datensatz stammen aus rechtsextremistischen Kanälen, darunter die von Martin Sellner und Frank Kraemer.

Gegenstimme.tv beschreibt sich als »eine zensurfreie Videoplattform, die von einigen Aktivisten betrieben wird«. Im Impressum wird eine Firma namens Plan B Solutions Ltd.

angegeben, die auf den Seychellen registriert ist.69 Auf seiner Webseite führt Plan B Solutions neben Gegenstimme.tv unter anderem einen rechten Podcast als Klienten auf, der wegen Verstoßes gegen die Nutzerbedingungen von Spotify entfernt wurde.70 Die Seite hat 2.055 registrierte Nutzer und hostet 5.014 Videos.

Knapp die Hälfte aller Links stammt aus einem einzigen Kanal, der insbesondere auf Videos seines rechtsextremen Betreibers verlinkt.

YouTube-Rivalen

Neben Videoplattformen, die als weniger moderierte Alternativen zu großen Tech-Unternehmen geschaffen wurden, gibt es Videoplattformen, die keine klaren politischen Ziele verfolgen, aber von Extremist:innen ausgenutzt werden. Da diese Plattformen einen kleineren Markanteil als YouTube haben, mangelt es ihnen möglicherweise an Ressourcen zur Moderation von Inhalten. Auch sind diese Plattformen weniger dem öffentlichen Druck ausgesetzt. Im analysierten Datensatz betrifft dies insbesondere das US-Videoportal Vimeo und die französische Plattform Dailymotion.

Beide sind verhältnismäßig alt, da sie 2004 bzw. 2005 gegründet wurden. Sie sind zwar weit weniger populär als YouTube, zählen aber trotzdem hunderte Millionen von aktiven Nutzer:innen.71

Bei Vimeo stammten die meisten Verlinkungen aus verschwörungsideologischen (59 %) und »Querdenker«- Kanälen (32 %). Links aus rechtsextremen Kanälen machten etwa 6 % aus. Zu Vimeo wird von einer relativ breiten Nutzerbasis wiederholt verlinkt. Etwa ein Drittel (21 von 62) der Kanäle, die Links zu Vimeo enthielten, teilten die Domain mehr als viermal. Unter den eifrigsten Verbreiter:innen finden sich zahlreiche

»Querdenken«- und QAnon-Profile. Auch Dailymotion wurde hauptsächlich von Verschwörungsideolog:innen und Lockdown-Gegner:innen geteilt, die für 27

beziehungsweise zehn von 44 Links verantwortlich

(17)

waren. Jedoch finden sich auf Dailymotion auch rechtsextreme Inhalte, darunter ein Rechtsrock- Musikvideo, das innerhalb des Datensatzes viermal verlinkt wurde.

Verbindungen zwischen Akteur:innen und Plattform Die Verbreitung einiger Videoplattformen hängt stark mit einzelnen Kanälen zusammen, die überproportional häufig auf die entsprechende Domain verweisen. In manchen Fällen besteht eine persönliche Beziehung zwischen Plattform und Betreibern der Telegram- Kanäle. So wurde die Videoplattform Youmaker 295-mal zitiert, jedoch stammen 88 % der Links aus dem Kanal der deutschen Ausgabe der Epoch Times. Youmaker selbst hat scheinbar Verbindungen zu der Epoch Media Group.72 Auch die Seite WTube, die im September 2021 vom Hackerkollektiv Anonymous gekapert wurde, taucht primär im Hauptkanal von Attila Hildmann auf, der 90 % der insgesamt 765 Links teilte. Laut Dokumenten, welche die Hacker veröffentlichten, setzte Hildmann die Domain wtube.org über seine eigene GmbH auf.73 Bei anderen Videoplattformen, die überwiegend von einzelnen Kanälen geteilt wurden, ist eine persönliche oder geschäftliche Beziehung nicht offensichtlich.

Ein Beispiel dafür ist Dein.Tube. Etwa zwei Drittel der 41 Links stammen aus dem Kanal von Sven Liebich.

Liebich hat ein Profil auf der Webseite, jedoch gibt es zahlreiche Videos von anderen Rechtsextremen und Verschwörungsideolog:innen. Das Impressum von Dein.

Tube führt auf eine Firma namens Alternative Network Foundation, die in den USA registriert ist und nach dem gegenwärtigen Forschungsstand keine direkten Beziehungen zu Liebich besitzt. Auch die Domain von Bittube wird insbesondere von einem souveränistischen Kanal geteilt, der für 92 % der 331 Verlinkungen

verantwortlich war. Während ein persönliches oder finanzielles Motiv hinter den überproportionalen Verlinkungen einer spezifischen Domain nicht auszuschließen ist, scheinen die beobachteten Akteur:innen schlicht verschiedene Präferenzen zu besitzen, was Plattformen anbelangt.

Zeitliche Unterschiede74

Aus der Analyse ging hervor, dass Plattformen

unterschiedlich oft geteilt wurden. Bekannte alternative Videoplattformen wie Odysee oder Bitchute wurden im Beobachtungszeitraum mit gleichbleibender Häufigkeit ohne signifikante Schwankungen geteilt.

Abbildung 3 Verlinkungen in den analysierten Telegram- Kanälen pro Tag im Jahr 2021 zu odysee.com

1. Jan 1. Feb 1. Mär 1. Apr 1. Mai 1. Jun 1. Jul 1. Aug 1. Sept

10

0 20 30

Abbildung 4 Verlinkungen in den analysierten Telegram- Kanälen pro Tag im Jahr 2021 zu bitchute.com

1. Jan 1. Feb 1. Mär 1. Apr 1. Mai 1. Jun 1. Jul 1. Aug 1. Sept

10 5 0 20 15 25

(18)

Bei anderen Webseiten lassen sich jedoch klare zeitliche Trends erkennen. So stiegen die Verlinkungen zur Domain tube.querdenken-711.de ab Mai 2021 stark an. Die wachsende Popularität dieser Plattform steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Löschung des YouTube-Kanals der Querdenken-Bewegung und eines weiteren Ersatzkanals. Michael Ballweg bestritt die Existenz eines zweiten Kanals und kündigte die Schaffung einer eigenen Plattform an.75 Da bereits Anfang des Jahres Links zur PeerTube-Instanz der Bewegung geteilt wurden, scheint das Projekt bereits vor der Sperrung des YouTube-Kanals aufgesetzt worden zu sein. Dies könnte darauf hinweisen, dass Akteur:innen versuchen sich proaktiv auf Sperrungen auf etablierten Plattformen vorbereiten, indem sie eigene Infrastrukturen aufbauen.

Bei anderen Domains wird eine Abnahme über den beobachteten Zeitraum hinweg festgestellt. Dies kann

technische Gründe haben, wie im Falle von LBRY.tv, das durch Odysee abgelöst wurde. Inzwischen führen LBRY.tv-Links auf das entsprechende Video bei Odysee.

Nennungen der alten Domain nahmen ab Sommer 2021 stark ab.

Bei WTube ist der Grund für den Rückgang an Verlinkungen weniger leicht erkennbar. Obwohl die Plattform während des ausgewählten Zeitrahmens noch funktional war, nahmen Hildmanns Verlinkungen auf seine eigene Plattform ab Juli 2021 signifikant ab. Aus geleakten Emails geht hervor, dass WTube’s Hosting-Service Hetzner Hildmann bereits im Februar 2021 wegen urheberrechtlich geschützten und verfassungsfeindlichen Materialen angeschrieben hatte und die Webseite letztlich auf neue Server umzog.76 Unklar ist, ob Probleme mit den Inhalten auf WTube direkt in Verbindung mit dem Rückgang an Verlinkungen auf Telegram stehen.

Abbildung 5 Verlinkungen in den analysierten Telegram- Kanälen pro Tag im Jahr 2021 zu tube.

querdenken-711.de

Abbildung 6 Verlinkungen in den analysierten Telegram- Kanälen pro Tag im Jahr 2021 zu wtube.org

1. Jan 1. Feb 1. Mär 1. Apr 1. Mai 1. Jun 1. Jul 1. Aug 1. Sept

1. Jan 1. Feb 1. Mär 1. Apr 1. Mai 1. Jun 1. Jul 1. Aug 1. Sept

10

5 0

0 20

10 15 20 30 40

(19)

Livestreaming-Plattformen

Online-Livestreams sind ein zunehmend beliebtes und wachsendes Unterhaltungs-und Informationsformat, insbesondere befeuert von der Covid-19-Pandemie. Alleine zwischen März und April 2020 wuchs die Anzahl der Livestream-Stunden um 45 %.77 Auch deutschsprachige Rechtsextreme und Verschwörungsideolog:innen scheinen dieses Medium für sich entdeckt haben. Dafür gibt es mehrere Erklärungen: Zum einen könnten sie sich in einen gesellschaftlichen Trend einfügen und die wachsende Bedeutung dieses Mediums ausnutzen. Im Gegensatz zu vorgefilmten Videos können sie mit ihren Zuschauer:innen direkt interagieren und vermitteln ihnen Gefühl der Aktualität, wie durch das Streamen bei Corona-Demos. Gerade für Akteur:innen, die sich der umstrittenen Natur ihrer Inhalte bewusst sind, bietet Livestreaming die Möglichkeit, Sperrungen und strafrechtlichen Verfolgungen auszuweichen. Sofern eine Aufnahme des Livestreams nicht abgesichert wurde, können Aussagen der Akteur:innen im Nachhinein nur schwierig auf diese zurückgeführt werden. Jedoch ist die Nutzung von Livestreams durch das rechtsextreme Onlinemilieu keine Entwicklung, die alleine der Pandemie geschuldet wäre. Martin Sellner etwa nutzte das bereits vor der Covid-19-Pandemie.

Nicht nur auf politische Interventionen bedachte Rechtsextreme wie Sellner nutzten Livestream- Plattformen. Auch andere Teile des rechtsextremen Onlinemilieus griffen auf solche Plattformen zurück.

So haben in der Vergangenheit Rechtsterroristen ihre Anschläge gelivestreamt, darunter der Attentäter von Halle, dessen Angriff auf eine Synagoge und einen Dönerladen von 2.200 Menschen auf Twitch

mitverfolgt wurde.78

Im Datensatz wurden vier Livestreaming-Seiten gefunden. Jedoch sollte beachtet werden, dass zahlreiche (Video-)Plattformen auch eine Livestreaming-Funktion anbieten. Die folgende

Auflistung beinhaltet einzig die Verlinkungen auf Plattformen, die speziell für das Livestreaming konzipiert wurden.

Plattformen für Gaming und E-Sport Drei der vier Livestreaming-Dienste wurden insbesondere für das Übertragen von Videospielen aufgebaut. Die »Gaming and Extremism Series«79 des ISD untersuchte rechtsextreme Nutzer:innen von DLive und Twitch im englischen Sprachraum. Die 2021 erschienene Studie befand, dass Rechtsextreme zu DLive eine ambivalente Beziehung haben und wegen zunehmender Moderation auf andere Plattformen wie Trovo und Odysee auswichen. Während auf Twitch rechtsextreme Inhalte leicht auffindbar waren, stellte Rechtsextremismus kein endemisches Problem auf der Seite dar.80

In diesem Datensatz wurden DLive und Twitch über viele Kanäle und Benutzerkategorien hinweg geteilt. So taucht DLive unter anderem in 31 »Querdenker«-, 30 verschwörungsideologischen und 18 rechtsextremen Kanälen auf. Twitch wurde in jeweils 18 »Querdenker«- und verschwörungsideologischen Kanälen geteilt.

Das Phänomen, dass ein paar Kanäle den Großteil der Links produzieren, ist bei Livestreaming-Plattformen besonders ausgeprägt. Livestreams werden besonders von bekannten Akteur:innen der rechtsextremen Szene genutzt. Zudem streamen einige von diesen über mehrere Plattformen gleichzeitig.

Ein Beispiel dafür ist Ignaz Bearth. In seinem Kanal teilte er die meisten Links zu Twitch (30 %) und DLive (45

%) und die zweitmeisten Links zu Trovo (25 %). Bearth kündigte seinen Livestream im Untersuchungszeitraum generell via Telegram an und verlinkte dabei zahlreiche Plattformen wie VK Live und YouTube. Bearth unterhielt früher auch On-Demand Videos auf seinem YouTube- Hauptkanal. Aktuell sind dort alle Inhalte gelöscht und das Profil dient nur noch zum Livestreaming.

Auf Telegram gab Bearth bekannt, dass YouTube Domain #Verlinkungen insgesamt #einzelner Verlinkungen #verlinkender Kanäle #Views

dlive.tv 3.001 255 87 44.882.320

veezee.tv 943 20 32 12.490.196

trovo.live 428 33 29 8.088.034

twitch.tv 350 50 50 3.901.773

(20)

ihn »regelmäßig« sperre und auch sein DLive-Konto gelöscht wurde. Er betrieb Ersatzkanäle auf DLive mit Namen wie »Baby_Yoda_inda_House« und »Yoda_das_

Baby«, die inzwischen ebenfalls entfernt wurden.

Der zuvor erwähnte rechtsradikale

Verschwörungsideologe betreibt ebenfalls eine Multiplattform-Strategie. Er teilte die meisten Links zu Trovo (58 %) und am zweitmeisten zu DLive (10 %).

Wie Bearth kündigte er seine Livestreams auf Telegram an, mit Links zu mehreren Plattformen, darunter Odysee und Rumble. Auch Martin Sellner verwendete im Untersuchungszeitraum mehrere Plattformen für Livestreams, wobei er aber weniger aktiv als Bearth oder der rechtsradikale Verschwörungsideologe war.

So fanden sich in seinem Kanal nur 10 Links zu Trovo und 17 zu DLive. Am 4. Oktober 2021 gab Sellner bekannt, dass er von Trovo gesperrt wurde und künftig exklusiv über Odysee streame.81 Rechtsextreme im untersuchten Datensatz evaluierten, welche Plattformen bei ihren Zuschauern am beliebtesten ist.

So fragte zum Beispiel Sven Liebich in einer Umfrage auf Telegram, ob sein Publikum VK, Facebook oder Twitch für Livestreams vorziehe.82

Ein Sonderfall unter den Livestreaming-Plattformen stellt veezee.tv dar, da die Seite anders als Trovo, DLive und Twitch nicht für Gamer aufgesetzt wurde. Stattdessen trat sie mit dem Anspruch an,

»unabhängigen Journalisten« und Aktivisten eine zensurfreie Plattform geben zu wollen. Hinter ihr steht der Verein Free Media Network, der bereits im Zusammenhang mit veezee.tube erwähnt wurde. Veezee.tv unterhält zurzeit 24 Kanäle von verschiedenen Individuen aus dem rechten oder verschwörungsideologischen Spektrum.

Auch Ignaz Bearth und ein rechtsradikaler

Verschwörungsideologe sind hier vertreten. Beide haben die Webseite auch über ihre Telegram-Kanäle beworben. Bearth teilte 68 % aller Links während der Kanal des Verschwörungsideologen

21 % der Verlinkungen enthielt. Free Media Network gibt an, dass auf veezee.tv über 3.000 Livestream- Stunden übertragen wurden.83

Zeitliche Unterschiede

Während es bei der Menge an Verlinkungen zeitliche Schwankungen gab, schienen diese oft von der Selbstvermarktung einzelner Akteur:innen oder Beiträgen mit Livestream-Listen beeinflusst worden

Abbildung 7 Verlinkungen in den analysierten Telegram- Kanälen pro Tag im Jahr 2021 zu dlive.tv

1. Jan 1. Feb 1. Mär 1. Apr 1. Mai 1. Jun 1. Jul 1. Aug 1. Sept

10 20 30 40 50

0 60 70 80

(21)

zu sein. So teilte der Kanal von Ignaz Bearth 33 von insgesamt 70 Links zu DLive am 20.03.2021 und 30 von 40 DLive-Links am 10.04.2021. Bearth postete an Tagen von Demonstration über die neusten Entwicklungen und verlinkte unter diesen Posts die zahlreichen Plattformen auf denen er livestreamte.

»Masterposts« mit einer Auflistung von Livestreams unterschiedlicher Akteur:innen werden häufig im Zusammenhang mit öffentlichen Ereignissen geteilt.

Bodo Schiffmann und ein der QAnon-Ideologie

angehörender Kanal verbreiteten am 01.08.2021 Listen von bis zu 10 Livestreams auf DLive zur damaligen Corona-Demonstration in Berlin. Am 28.08.2021 etwa verbreiteten der selbsternannte Querdenkeranwalt Ralf Ludwig und Attila Hildmann Livestream-Listen zur Berliner Kundgebung.

Soziale Netzwerke und Chatplattformen Als soziale Netzwerke werden in der vorliegenden Untersuchung Plattformen kategorisiert, die

insbesondere auf »Microblogging« und den schriftlichen Austausch zwischen registrierten Nutzer:innen

setzen. Während in einem breiteren Verständnis des Begriffes auch Video- und Streamingplattformen unter soziale Netzwerke fallen, wurde die Kategorie

enger gefasst, um auf schriftliche Interaktionen ausgelegte Plattformen zu fassen und diese von den audiovisuellen Plattformen im untersuchten Datensatz abzugrenzen. Unter soziale Netzwerke fallen zum Beispiel Webseiten, die Twitter nachempfunden sind und als Antwort auf Deplatforming aufgebaut wurden.

Beispiele dafür sind Gettr, Gab und Parler. Auch das in Russland weitverbreitete VK.com, das ähnliche Funktionen wie Facebook besitzt, wird aufgrund seiner Popularität bei deutschsprachigen Rechtsextremen und Verschwörungsideologen aufgeführt. Telegra.ph ist das Blogging-Tool von Telegram und wurde als

Bestandteil dieses Netzwerkes aufgenommen. Discord ist eine multifunktionale Plattform, die insbesondere für Gamer entwickelt wurde. Sie erlaubt Video- und Voicechats sowie Direktnachrichten. Mitglieder des gleichen Servers können sich in Kanälen miteinander austauschen oder sich gegenseitig Direktnachrichten schreiben. Die Chatplattform Discord wurde

aufgenommen, da sie meist für mündliche und schriftliche Unterhaltungen genutzt wird.

Plattformen aus Russland

Die sozialen Netzwerke mit den meisten Verlinkungen wurden von den Brüdern Durov aufgebaut, wenn auch VK inzwischen von regierungsnahen russischen Firmen übernommen wurde. Eine mögliche Erklärung für die Beliebtheit der Plattformen ist die libertäre Haltung ihrer Gründer. Andererseits scheinen zahlreiche deutschsprachige Rechtsextreme eine Affinität für Russland zu haben. So erhielten beispielsweise Angehörige deutscher Neonazi-Parteien militärische Trainings durch die »Russische Reichsbewegung«.84 Vertreter der russischen Regierung unterhalten Beziehung zu rechtspopulistischen Parteien wie der AfD und FPÖ oder zu Medien wie dem COMPACT- Magazin.85 Russland spielt für QAnon-Anhänger:innen eine wichtige Rolle, da es als Verbündeter für eine

imaginierte »Befreiung« Deutschlands gesehen wird.

Ob dies die angeblich libertäre Haltung der Plattformen oder Sympathien für die russische Regierung

Nutzer:innen motiviert, hängt freilich von den jeweiligen Akteur:innen ab.

Die häufige Verlinkung von Telegra.ph wurde insbesondere von einem souveränistischen Kanal beeinflusst, da dieser 95 % aller Links zu der Domain verbreitete. Der Kanal kopierte mehrmals täglich Ausschnitte von Artikeln anderer Seiten auf Telegra.ph und konnte somit ein hohes Volumen an Links

Domain #Verlinkungen insgesamt #einzelner Verlinkungen #verlinkender Kanäle #Views

telegra.ph 12.727 12.031 64 59.970.142

vk.com 307 96 33 3.286.136

gettr.com 239 60 53 2.770.852

gab.com 230 108 32 3.771.868

parler.com 144 69 24 3.626.937

discord.com 19 10 8 221.323

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