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KIT-Zentrum Energie: Zukunft im Blick
Der Versuchsreaktor zur Methanspaltung ist Teil des Flüssigmetalllabors am KIT (aus- führliche Bildunterschrift am Textende; Foto: Amadeus Bramsiepe, KIT)
Energie aus Erdgas ohne klimaschädliche CO2-Emissionen: Das verspricht eine neue Technologie, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam in einem gemeinsamen Forschungsprojekt entwickelt haben. Das hauptsächlich aus Methan bestehende Erdgas wird dabei in Wasserstoff und festen Kohlenstoff umgewandelt. Für ihre Arbeit haben die Forscher nun den Innovationspreis der Deutschen Gaswirtschaft erhalten. Erfolgreich war das KIT au- ßerden beim erstmals vergebenen Sonderpreis für innovative Start-ups: Diesen erhält Ineratec, ein Spin-off der Forschungs- universität.
„Der Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft für das neue Verf ahren zur Methanspaltung ist ein Beleg für den Innovationsgeist un- serer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“, sagt der Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka, anlässlich der Preisverleihung.
Innovationspreis für klimafreundliche Methanspaltung
Wasserstoff emissionsfrei aus Erdgas herstellen: Deutsche Gaswirtschaft zeichnet ein von For- scherinnen und Forschern aus Karlsruhe und Potsdam entwickeltes Verfahren aus – Das Spin-off des KIT Ineratec erhält den Sonderpreis für innovative Start-ups
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„Die Möglichkeit, fossiles Erdgas zukünftig klimafreundlich zu ver- wenden, kann entscheidend dazu beitragen, unser Energiesystem CO2-neutral zu gestalten. Ich freue mich sehr darüber, dass wir als die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft gemein- sam mit unseren Partnern diesen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.“ Der Preis wurde am 22. November in Berlin an das Forschungsteam verliehen, das aus Wissenschaftlerinnen und Wis- senschaftlern des KIT und des IASS besteht. Bei einer vor Ort durch- geführten Abstimmung über einen zusätzlichen Publikumspreis konnte sich das Forschungsteam ebenfalls durchsetzen. Die Veran- staltung stand unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek.
Das neue Verfahren macht es möglich, Erdgas klimafreundlich zu nutzen. „Statt das hauptsächlich aus Methan bestehende Erdgas di- rekt zu verbrennen, trennen wir es in die Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff“, sagt Dr. Stefan Stückrad, der das Forschungspro- jekt am IASS mitgeleitet hat. Der bei der Methanspaltung produzierte Wasserstoff könne als Energieträger in Brennstoffzellenfahrzeugen sowie zur Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt werden. Auch Anwendungen in der chemischen Industrie seien möglich. „Bislang wird Wasserstoff für die Chemieindustrie meist in der Dampf-Methan- Reformierung aus Erdgas hergestellt. Dabei werden beträchtliche Mengen an Kohlendioxid freigesetzt“, so Stückrad. Neben Wasser- stoff entsteht beim Spalten oder „Cracken“ als Nebenprodukt sehr rei- ner, pulverförmiger Kohlenstoff, dessen Bedeutung als industrieller Rohstoff stetig zunimmt. Beispielsweise wird er in der Produktion von Elastomeren, Leichtbaustoffen, Druckfarben oder auch bei der Batte- riefertigung eingesetzt.
Die Methanspaltung ist keine grundsätzlich neue Idee und wurde zu- vor bereits experimentell in Gasphasenreaktoren untersucht. „Für eine Anwendung im industriellen Maßstab sind die konventionellen Methoden aber ungeeignet“, sagt Professor Thomas Wetzel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik (TVT) am KIT. „Der beim Cracken anfallende Kohlenstoff lagert sich als feste Schicht an den beheizten Reaktorwänden an und blockiert die Reaktoren so in kurzer Zeit. Andere Ansätze auf Basis von lichtbogen- beziehungsweise plasmagestützten Reaktoren haben sich ebenfalls nicht durchsetzen können.“ Das Forschungsprojekt von IASS und KIT hat deshalb einen grundlegend anderen Ansatz für eine kontinuierliche pyrolytische Spaltung von Methan gewählt: Die Grundidee ist die Verwendung von geschmolzenem Zinn als Wärmeübertragungs- und Flüssigmedium in einem Blasensäulenreaktor. Hier haben die Wissenschaftler des
Die Preisträger des Innovations- preises der Deutschen Gaswirt- schaft 2018 aus dem KIT und dem IASS in Potsdam (Foto:
Claudius Pflug)
KIT ihre Expertise in der Flüssigmetallforschung und -technologie ein- gebracht. In dem nun mit dem Innovationspreis ausgezeichneten Ver- fahren wird Methangas von unten in eine auf bis zu 1 200 Grad Cel- sius gehaltene Flüssigmetallsäule kontinuierlich eingebracht und steigt darin als Blasenschwarm auf. Dabei erreicht das Gas in den Blasen sehr schnell die Reaktionstemperatur, sodass die Pyrolysere- aktion abläuft. „An der Oberfläche des flüssigen Zinns öffnen sich die Blasen und setzen den gasförmigen Wasserstoff sowie den Kohlen- stoff frei“, so Wetzel. „Der Kohlenstoff fällt dabei als mikrogranulares Pulver an, das sich einfach vom Gasstrom abtrennen und handhaben lässt.“
Die neue Technologie macht nun erstmals den kontinuierlichen Be- trieb eines Reaktors zur Methanspaltung möglich. Im Labormaßstab konnte bereits eine Umwandlungsrate von bis zu 78 Prozent nachge- wiesen werden. Aktuell arbeiten die Wissenschaftlergruppen an einer weiteren Optimierung und Skalierung des Verfahrens in den Pilot- maßstab.
Das Team
Initiiert hat das Forschungsprojekt zur Methanspaltung der Nobel- preisträger Professor Carlo Rubbia, der auch ehemaliger wissen- schaftlicher Direktor des IASS ist. Koordiniert wurde das Projekt im IASS von Dr. Stefan Stückrad und Professor Alberto Abánades. Am KIT sind Forscherinnen und Forscher aus dem Karlsruher Flüssigme- talllabor KALLA, dem Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowel- lentechnik (IHM) sowie dem Institut für Angewandte Materialien (IAM) im Projekt aktiv. Hier koordinieren Professor Thomas Wetzel vom Institut für thermische Verfahrenstechnik (TVT), Dr. Leonid Stoppel (KALLA) und Dr. Alfons Weisenburger (IHM) die Arbeiten.
Sonderpreis für INERATEC
Synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energiequellen preiswert herzustellen, ist ebenfalls ein wichtiger Baustein für die Energie- wende. Zur Herstellung von synthetischem Benzin, Kerosin, Diesel oder Erdgas sind riesige Anlagen nötig. Die Firma Ineratec, ein Spin- off des KIT, baut chemische Reaktoren, die so kompakt sind, dass die fertig montierte Anlage in einen Schiffscontainer passt und überall eingesetzt werden kann. Beim Innovationspreis der Deutschen Gas- wirtschaft 2018 wurde das junge Unternehmen mit dem Sonderpreis für innovative Start-ups ausgezeichnet.
Der Innovationspreis der Deutschen Gaswirtschaft
Alle zwei Jahre verleihen die Verbände der deutschen Gaswirtschaft den durch die Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreund- lichen Energieverbrauch (ASUE) ausgerichteten Innovationspreis der Deutschen Gaswirtschaft. Partner der ASUE bei der Auslobung des Preises sind der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW), der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sowie die Brancheninitiative Zukunft Erdgas. Die Preise wer- den in vier Preiskategorien vergeben, das Projekt von KIT und IASS zur Methanspaltung wurde in der Kategorie „Forschung & Entwick- lung“ ausgezeichnet. INERATEC erhielt den erstmals vergebenen Sonderpreis für innovative Start-ups.
Ausführliche Bildunterschrift: Der Versuchsreaktor zur Methanspal- tung ist eine 1,2 Meter hohe Vorrichtung aus Quarz und Edelstahl, in der sich geschmolzenes Zinn befindet. Dort steigen Methanbläschen auf, in denen die Cracking-Reaktion stattfindet. Der Reaktor ist Teil des KALLA (KArlsruhe Liquid Metal LAboratory), in dem verschie- dene Technologien zum Einsatz von Flüssigmetallen entwickelt wer- den. (Foto: Amadeus Bramsiepe, KIT)
Details zum KIT-Zentrum Energie: http://www.energie.kit.edu Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“
schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaf- ten zusammen. Seine 25 500 Studierenden bereitet das KIT
durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und
Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaft- lichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Das KIT ist seit 2010 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.
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