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PRAXIS
DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2020 | www.diepta.de
I
n den ersten Lebensmonaten bereiten vor allem Hautausschläge auf der Kopfhaut und im Windel
bereich vielen Säuglingen Prob
leme. Oft sind sie harmlos und können im Rahmen der Selbst
medikation erfolgreich behan
delt werden. Andere erfordern eine Therapie, die in die Hand des Arztes gehört. Raten Sie den besorgten Eltern unter Ihren Kunden im Zweifelsfall einen Kinderarzt aufzusuchen.
Windeldermatitis – Win- delsoor Eine der häufigsten Hauterkrankungen im ersten Lebensjahr ist die Windelder
matitis. Durch das feucht
warme Klima unter der Windel quillt die Haut auf und wird äu
ßerst empfindlich gegen Reiben und Scheuern sowie Urin und Stuhl. Der Harnstoff aus dem Urin wird zu beißendem Am
moniak gespalten, Verdauungs
enzyme aus dem Stuhl greifen die Hautbarriere an. Vor allem bei Durchfallerkrankungen, nach dem Verzehr saurer und scharfer Lebensmittel oder während einer banalen Erkäl
tung, die das Immunsystem schwächt, stellt sich ein wun
der Po ein. Sehr selten sind Un
verträglichkeiten oder Aller
gien (z. B. auf die Windelma
terialien) für die entzündete Haut verantwortlich. Die Win
deldermatitis macht sich durch entzündliche Hautrötungen
(Erytheme) und nässende Bläschen bemerkbar, die nicht nur unangenehm sein können, sondern gelegentlich auch mit tiefen, schmerzhaften Schädi
gungen der Haut (Ulzera) ein
hergehen. Die Hauterscheinun
gen beginnen in der Regel in der Genitalregion und können sich auf den gesamten Windel
bereich beziehungsweise darü
ber hinaus auf den Unterbauch und die Oberschenkel ausdeh
nen. Die Hautfalten bleiben häufig ausgespart.
Eine derart lädierte Haut bietet Pilzen, die mit dem Stuhl aus dem Darm ausgeschieden wer
den, einen idealen Nährboden.
Das feuchtwarme Klima unter der Windel fördert ihr Wachs
tum, sodass sich leicht ein Befall mit dem Hefepilz Candida albi
cans entwickelt. Diese als Win
delsoor bezeichnete Infektion ist gekennzeichnet durch scharf
abgegrenzte Hautveränderun
gen. Typisch sind kleine, näs
sende Pusteln auf gerötetem Grund. Ein weißer Saum grenzt die infektiösen Bereiche zur nicht befallenen Haut ab. Für die Eltern sind die Hautverän
derungen leicht erkennbar. Die Frage allerdings, ob es sich wirklich um eine Pilzinfektion handelt, kann mit Sicherheit nur der Kinder oder Hautarzt beantworten. Möglich ist auch
SÄUGLINGE UND KLEINKINDER
Die noch nicht vollständig entwickelte Hautbarriere bei Säuglingen führt schnell zu unerwünschten Hautveränderungen, die mit einem unangenehmen Juckreiz einhergehen können.
Pusteln, Pilze, Plaques
© Anna_Om / iStock / Getty Images
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ein Befall mit Bakterien (meist Staphylococcus aureus), der ähnliche schmerzhafte Aus
schläge hervorruft. Ebenso sind andere Hauterkrankungen (z. B.
eine Schuppenflechte) auszu
schließen.
Damit sich erst gar nicht Haut
veränderungen einstellen, sollte die empfindliche Säuglingshaut nach jedem Windelwechsel mit lauwarmem Wasser gerei
nigt und sorgfältig abgetrock
net – am besten trockengetupft – werden. Feuchttücher sind zu vermeiden, da sie eine Windel
dermatitis zu fördern scheinen.
Zudem hilft häufiges Wickeln.
Eine frische Windel ist immer nach jeder Stuhlausscheidung erforderlich. Ansonsten benöti
gen die ganz Kleinen alle zwei Stunden und größere Kinder alle drei bis vier Stunden eine neue Windel. Diese sollte gut sitzen, um unnötige Reibung zu vermeiden. Zwischendurch sollte auf die Windel verzich
tet werden, damit viel Luft an den Po gelangt. Um die Haut zu schützen und ihre Regeneration zu fördern, sind Zinkpasten erste Wahl. Zinkoxid wirkt aus
trocknend und leicht desinfizie
rend. Zugleich bilden Zinkzu
bereitungen eine Barriere, unter der die Haut abheilen kann. Be
währt haben sich auch Kom
binationen mit Lebertran, der zur Hautregeneration beiträgt.
Alternativ sind Dexpanthe
nolhaltige Zubereitungen ge
eignet. Zudem sind Bäder und Umschläge mit gerbstoffhalti
gen Zusätzen empfehlenswert.
Auch sie wirken adstringie
rend und austrocknend. Bäder mit Kamillenextrakt haben eine entzündungshemmende Wir
kung. Puder ist nicht geeignet, da er verklumpen kann und dann auf der Haut scheuert.
Hat sich eine CandidaBesied
lung eingestellt, helfen antimy
kotische Zubereitungen mit Nystatin, die rezeptfrei sind. Sie
sollten bis zu fünfmal täglich nach jedem Windelwechsel über einen Zeitraum von circa drei bis vier Wochen aufgetra
gen werden. Sollten Bakterien eine Rolle spielen, sind ver
schreibungspflichtige antibioti
sche Cremes erforderlich.
Kopfgneis – Milchschorf Bei vielen Säuglingen zeigen sich gleich in den ersten Lebenswo
chen gelbe bis bräunliche, fest anhaftende, weiche Schuppen auf dem Kopf. Sie sind volks
tümlich unter der Bezeichnung Gneis bekannt und Zeichen eines seborrhoischen Säug
lingsekzems, das sich aus einer
erhöhten Talgproduktion (Se
borrhoe) an talgdrüsenreichen Arealen wie dem behaarten Kopf entwickelt. Ursache sind Rückstände mütterlicher Hor
mone (Androgene), die noch in den ersten Lebensmonaten im Körper des Säuglings nachweis
bar sind und zu einer verstärk
ten Talgproduktion beitragen.
Gleichzeitig spielt der Hefepilz Malassezia furfur bei der Ent
stehung des Ekzems eine Rolle.
Da die schuppigen Auflagerun
gen in der Regel zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr spontan von selbst abheilen, be
steht beim Gneis kein Behand
lungsbedarf. Möchten die El
tern ihn dennoch entfernen, eignen sich Speise, Haut oder Babyöle (z. B. Oliven, Mande
löl) zum Aufweichen der Krus
ten. Die Öle werden mehrmals über Nacht aufgetragen und morgens mit einem milden Shampoo aus dem Haar ausge
waschen. Dabei lösen sich die Beläge nach und nach. Vorsich
tiges Abtupfen der Haare und Kopfhaut mit einem Handtuch unterstützt den Ablöseprozess.
Tabu sind salicylsäurehaltige Zubereitungen.
Davon abzugrenzen ist der Milchschorf. Hierbei handelt es sich um einen entzündlichen Prozess, der zu eher harten Schuppen und Krusten führt.
Die Kopfhaut ist gerötet und juckt zudem stark. Neben der Kopfhaut können auch Stirn
und Wangen, in seltenen Fällen auch Arme und Beine, betroffen sein. Da der Milchschorf von einem starken Jucken begleitet wird, kratzen sich die Säuglinge die schuppenden Stellen häufig auf, sodass sich nässende Krus
ten bilden. Zudem schlafen die Kleinen wegen des ausgepräg
ten Juckreizes schlecht, weinen viel und sind unruhig. Die Be
zeichnung Milchschorf rührt vom Aussehen der gelblichen Plaques, die an angebrannte Milch erinnern. Mit einer Aller
gie gegen Kuhmilch haben die Krusten aber nichts zu tun, ob
gleich Kinder, die Milchschorf entwickeln, eine erhöhte Nei
gung zur Ausbildung von Aller
gien haben. Milchschorf gilt als eine Frühmanifestation der Neurodermitis (atopische Der
matitis), die sich aber nicht zwangsläufig entwickeln muss.
Häufig ist es schwierig, Gneis vom Milchschorf zu unterschei
den. Während sich der harm
lose Gneis gleich in den ersten Lebenswochen zeigt, entwickelt sich Milchschorf in der Regel erst ab dem dritten Lebensmo
nat oder bei der Umstellung auf feste Nahrung. In der Regel klingt der Milchschorf nach mehreren Monaten von selbst ab. Er kann aber auch über Jahre bestehen bleiben. Bei Ver
dacht auf Milchschorf sollte der Kinderarzt eingeschaltet wer
den, der den Juckreiz adäquat (z. B. mit cortisonhaltigen
Cremes) behandelt. Bereits auf
gekratzte Stellen erfordern eventuell auch eine antibioti
sche Behandlung. Damit sich der Säugling nicht kratzt, soll
ten ihm die Eltern die Fingernä
gel kurz schneiden und kleine Fäustlinge aus Baumwolle über die Händchen ziehen. Anders als beim Gneis wird beim Milchschorf prinzipiell auch ein vorsichtiges Entfernen der Schuppen angeraten, um ein Abkratzen der juckenden Pla
ques vom Säugling von vorne
herein zu verhindern. n Gode Chlond,
Apothekerin