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nR. 21 / nOVEMBER 2012

Die neue Schweizer Energie- politik: Woher kommt der Strom?

Die Politik hat die leitlinien gesetzt: keine neuen Kernkraftwerke mehr in der Schweiz. Das bedeutet, dass 40% der heutigen Strom- produktion in Zukunft aus anderen Quellen stammen sollen. Wir müssen den Verbrauch senken und erneuerbare Energien stärker nutzen, soviel steht fest. Falls das aber nicht reicht? Braucht es Gaskraftwerke? Oder sollen wir uns auf Stromimporte verlassen?

Diese und weitere solcher Fragen untersucht das PSI im Rahmen von Energieszenarien.*

Nach Fukushima stand rasch fest, dass die Stromversorgung der Schweiz in 40 Jahren anders aussehen soll als heute. Elektrizität aus neuen Kernkraft- werken soll es nicht mehr geben, dafür wird die Nutzung von Sonne, Wind und Biomasse massiv ausgebaut. Ob wir damit unseren Verbrauch decken können, ist allerdings fraglich, wenn man sich die bisherige Entwicklung des Stromver- brauchs anschaut und die prognostizierte Zunahme der Bevölkerung auf 9 Millionen und das Wachstum der Wirtschaft um die Hälfte bis 2050 in Be- tracht zieht.

Die Schweiz steht damit vor grossen Herausforderungen: Für einen erfolgrei- chen Umbau der Stromversorgung müssen die erneuerbaren Energieträger in jedem Fall rasch bis an die Grenze der realistisch nutzbaren Potenziale ausge- baut werden. Und wir müssen Strom effizienter nutzen – die Möglichkeiten dazu sind vorhanden. Schaffen wir es nicht, den Verbrauch erheblich zu sen- ken, wächst unsere Abhängigkeit vom Ausland. Sich auf Stromimporte zu verlassen, ist mit Blick auf die Versorgungssicherheit riskant. Vor allem im Winter, wenn der Verbrauch hoch ist und die Wasserkraftwerke weniger produ- zieren. Setzt man auf Gaskraftwerke, müsste viel Erdgas importiert werden.

Gaskraftwerke produzieren zudem viel CO2. Die ohnehin anspruchsvollen kli- mapolitischen Ziele wären damit noch schwieriger zu erreichen.

Auch wenn die zukünftige Entwicklung schwer abzuschätzen ist: Vieles deutet darauf hin, dass der Strom bis 2050 um mindestens die Hälfte mehr kosten wird als heute.

* Vollständige Hintergrundinformationen und weitere Ergebnisse der Szenarien stehen unter

«http://www.psi.ch/info/energie-spiegel» zum download bereit.

EnErgiE-SpiEgEl

F A c T S F ü R D I E E n E R G I E P O l I T I K V O n M O R G E n

Inhalt

2 Stromverbrauch:

Was wäre, wenn…?

3 Stromversorgung:

Gaskraftwerke oder Stromimporte?

4 Interview mit Heinz Karrer:

«Der Strompreis wird in 10 Jahren

um 30% höher sein»

M I T E I n l A G E B l A T T

(2)

Niemand kann heute vorhersagen, wie die Schweizer Energie- und Stromver- sorgung im Jahr 2050 aussehen wird.

Das ist weder mit dem ominösen Blick in die Kristallkugel möglich, noch mit komplizierten Modellen – auch wenn dieser Eindruck gern vermittelt wird mit Vorhersagen von oft bemerkenswerter Präzision. Viel zu gross sind die Unsi- cherheiten hinter den wichtigsten Ein- flussgrössen. Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftswachstum, Entwick- lung der Technologien und der Preise von Öl und anderen Energieträgern, internationale Rahmenbedingungen:

Dies sind nur einige Einflussfaktoren,

die über so lange Zeiträume nicht präzi- se vorhergesagt werden können. Das heisst aber nicht, dass Modellrech- nungen nutzlos sind, im Gegenteil: Sze- narien zur Energie- und Stromversor- gung können sehr gut Fragen im Stil von «Was wäre, wenn…?» beantwor- ten. Sie skizzieren Entwicklungen, die unter ganz bestimmten Annahmen und Rahmenbedingungen erwartet werden, und zeigen auch deren Kosten und Fol- gen für die CO2-Bilanz der Schweiz auf.

Wie viel Strom werden wir brauchen?

Die Höhe des Elektrizitätsverbrauchs:

Das ist einer der wichtigsten Parameter, wenn Szenarien berechnet werden, wie unsere Stromversorgung in 40 Jahren aussehen könnte. Wie sich der Ver- brauch entwickeln wird, hängt von vie- len Faktoren ab. Dementsprechend gross ist die Bandbreite der Vorhersagen (Abbildung 1).

Für die Versorgung der Schweiz macht es einen Unterschied, ob 50 oder 85 Terawattstunden pro Jahr ver- braucht werden – die Potenziale der verschiedenen Stromquellen sind be- grenzt. Vor allem jene der erneuerbaren Energien, bei denen die heimische Pro- duktion nicht beliebig gesteigert wer- den kann.

Die vom Bund erwartete Entwick- lung (Abbildung 1) hängt von den Rah- menbedingungen ab: Ein Verbrauch, der quasi ab sofort abnimmt und 2050 deutlich unter dem heutigen liegt (Neue Energiepolitik, «NEP»), liesse sich nur mit massiven und rasch wirksamen Lenkungs- und Sparmassnahmen um-

setzen. Und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern im internati- onalen Gleichschritt.

Mit den Massnahmen in der Schweiz, die jetzt im Rahmen der Energiestrategie 2050 zur Debatte stehen, würde der Verbrauch 2050 etwa auf heu- tigem Niveau liegen (Politische Massnah- men, «PoM»). Oh ne diese Massnahmen, also bei einem «Weiter wie bisher», würde der Verbrauch konti- nuierlich zunehmen.

Wobei die aktuellen Prognosen des Bundes dazu («WWB 2012») deutlich optimistischer sind als vor einem Jahr («WWB 2011»). Zum Ver- gleich: Zwischen 2000 und 2010 stieg der Stromverbrauch um 14%; 1970 war der Verbrauch pro Kopf nur gut halb so hoch wie heute.

Wie realistisch es ist, dass der Ver- brauch nicht weiter steigt, oder dass 2050 gar weniger Strom gebraucht wird als heute, sei dahingestellt. Man geht davon aus, dass dann neun Millionen Menschen in der Schweiz leben, die Wirtschaftsleistung um die Hälfte zuge- nommen hat und der Verkehr weiter stark wächst, wobei Strom dort ver- mehrt als Treibstoff dienen soll (Abbil- dung 2).

Abbildung 1: Bandbreite in den Annahmen zur Entwicklung des Stromverbrauchs in der Schweiz bis 2050 (Quellen: Ener- giestrategie 2050 des Bundes; PSI, Labor für Energiesystem- Analysen; VSE; ETH).

Abbildung 2: So entwickeln sich verschiedene Kenngrössen in der Schweiz bis 2050 nach Prognosen des Bundes.

Zwischen 2000 und 2010 stieg der Stromverbrauch um 14 %

50 55 60 65 70 75 80 85 90

2000 2010 2020 2030 2040 2050

TWh pro Jahr

"WWB 2011": Weiter wie bisher (2011)

"PoM": Politische Massnahmen Bandbreite der Prognosen (PSI, VSE, ETH, BFE)

Stromverbrauch Schweiz

"WWB 2012": Weiter wie bisher (2012)

"NEP": Neue Energiepolitik

nach Bund:

1 Karl Valentin, Mark Twain, Winston Churchill u.a.

Bevölkerung Wirtschaftsleistung Wohnfläche Personenverkehr Gütertransport Stromverbrauch

pro Kopf

2010 2050

7.9 Mio.9 Mio.

801 Mrd. CHF 547 Mrd. CHF

661 Mio. m2 479 Mio. m2

159 Mrd. km 118 Mrd. km

40 Mrd. tkm 26 Mrd. tkm

7'570 kWh

NEP: 5'900 kWhPoM: 6'700 kWhWWB 2012: 7'700 kWhWWB 2011: 8'800 kWh

«Vorhersagen sind schwierig, ins- besondere wenn sie die Zukunft betreffen.» Es ist zwar nicht klar, wem dieses Zitat zugeschrieben werden darf1. Sicher ist aber, dass man es zumindest im Hinterkopf haben sollte, wann immer der Öffentlichkeit neue Szenarien im Energiebereich präsentiert werden.

Was wäre, wenn…?

S T R O M V E R B R A U c H

(3)

Das PSI hat verschiedene Szenarien für die drei aktuellen Verbrauchsprognosen in Abbildung 1 durchgerechnet. Wie könnte der Elektrizitätsbedarf am wirt- schaftlichsten gedeckt werden und wel- che Folgen ergeben sich daraus punkto Kosten und CO2-Emissionen? Dazu wurde ein Modell verwendet, mit dem die kostengünstigste Art der Stromver- sorgung ermittelt wird, und das über die nächsten 40 Jahre (siehe Kasten im Ein- lageblatt). Das Fazit daraus: Egal, wie hoch der Bedarf in 40 Jahren sein wird – die Stromversorgung der Schweiz wird eine Herausforderung darstellen, wenn an einem klimapolitischen Ziel von zu- mindest minus 60 % CO2 bis 2050 fest- gehalten wird und keine neuen Kern- kraftwerke gebaut werden.

Rahmenbedingungen

Abbildung 3 zeigt die Ergebnisse der Modellrechnung, wenn der Stromver- brauch in etwa auf heutigem Niveau gehalten werden kann («PoM»-Ent- wicklung in Abbildung 1). Drei Szenari- en wurden durchgerechnet: Im ersten («Gas») müssen die Stromimporte und -exporte während eines Jahres ausgegli- chen sein, während im zweiten («Im- port») Nettoimporte möglich sind, aber keine Gaskraftwerke. Bei beiden sind neue Kernkraftwerke keine Option. Das dritte Szenario entspricht einem Refe- renzfall mit Rahmenbedingungen, wie sie vor Fukushima gegeben waren («REF»). Hier sind neue Kernkraft- werke möglich, die Stromimporte und -exporte müssen ausgeglichen sein.

Erneuerbare am limit

Das Szenario «Gas» zeigt: Eine Kombina- tion aus flexiblen Gaskraftwerken, Foto- voltaik und Windenergie ist die günstigste Lösung, wenn sich Stromimporte und -exporte übers Jahr ausgleichen müssen.

Im Jahr 2050 würden dann sieben grosse Gaskraftwerke benötigt.

Im Szenario «Import» ohne Gaskraft- werke kann mehr Strom importiert werden, maximal knapp ein Fünftel des Jahresverbrauchs. Dann werden die Po- tenziale aller neuen Erneuerbaren – Foto- voltaik, Wind, Holz und Geothermie – voll ausgeschöpft. Das reicht aber nicht:

Vor allem im Winter muss viel Strom

importiert werden (siehe Einlage, Abbil- dung 7).

Weil Strom aus Kernkraftwerken am wenigsten kostet, verdrängen im dritten Szenario («REF») Kernkraftwerke zu- sammen mit Pumpspeicherkraftwerken die Gaskraftwerke und die Erneuerbaren.

Und wenn sich der Stromverbrauch anders entwickelt? Abbildung 4 zeigt die drei Szenarien mit den gleichen Vorgaben wie zuvor für das Jahr 2050. Und das je- weils für die drei Entwicklungen des Ver- brauchs in Abbildung 1.

Wenn das Verbrauchsziel der neuen Energiepolitik erreicht wird («NEP»),

dann kann die Schweiz ohne Gaskraft- werke und Nettostromimporte auskom- men. Eine volle Nutzung der Erneuer- baren würde im Jahresschnitt reichen. Im Winter müsste aber nach wie vor Strom importiert werden.

Ist der Verbrauch höher als heute (WWB 2011 und 2012), dann braucht es entweder mehr Gaskraftwerke oder hö- here Importe. Käme gleich viel Strom wie heute aus Kernkraftwerken, wären zu- sätzlich Gaskraftwerke und Strom aus Fotovoltaik und Windenergie nötig.

Die heimischen Erneuerbaren reichen nur, wenn wir dank neuer Energiepolitik mit viel weniger Strom als heute auskommen – trotz zunehmender Bevölkerung und wachsender Wirtschaft. Sonst aber braucht es einen Plan B.

Abbildung 3: Schweizer Stromversorgung in drei Szenarien bis 2050 mit verschiedenen Rahmenbedingungen. Stromverbrauch nach «PoM»-Entwicklung.

Abbildung 4: Szenarien zur Schweizer Stromversorgung im Jahr 2050 bei unterschiedlichem Stromverbrauch (entspricht der Bruttoproduktion abzüglich des Verbrauchs der Pumpen).

-10 0 10 20 30 40 50 60 70 80

2010 2020 2035 2050 2020 2035 2050 2020 2035 2050

Szenario "Gas" Szenario "Import" Szenario "REF"

Verbrauch Pumpen Import (netto) Holz

Kehrichtverbrennung Wind

Fotovoltaik Geothermie

Erdgas Wärme-Kraft-Kopplung Erdgaskraftwerk

Kernenergie

Wasserkraft - Pumpspeicher Wasserkraft - Staudamm Wasserkraft - Fluss Stromverbrauch ('PoM')

TWh

-10 0 10 20 30 40 50 60 70 80

2010 'Gas' 'Import' 'REF' 'Gas' 'Import' 'REF' 'Gas' 'Import' 'REF' 2050: WWB 2012 2050: PoM 2050: NEP

Verbrauch Pumpen Import (netto) Holz

Kehrichtverbrennung Wind

Fotovoltaik Geothermie

Erdgas Wärme-Kraft-Kopplung Erdgaskraftwerk

Kernenergie

Wasserkraft - Pumpspeicher Wasserkraft - Staudamm Wasserkraft - Fluss Stromverbrauch

TWh

S T R O M V E R S O R G U n G

Gaskraftwerke oder Stromimporte?

(4)

«Der Strompreis wird in 10 Jahren um 30% höher sein»

Heinz Karrer ist seit 2002 Chief Executive Officer (CEO) der Axpo Holding AG. Bis September 2007 war er gleichzeitig CEO der Axpo AG (damals NOK). Zuvor war Karrer in der Konzernleitung der Swiss- com AG, als Leiter von Ringier Schweiz und Mitglied der Ringier AG

Konzernleitung sowie Geschäftsleiter und Verwaltungsratsdelegierter der Intersport Holding AG tätig.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht der Strom- verbrauch in den nächsten Jahrzehnten entwickeln?

Aufgrund des Bevölkerungs- und Wirt- schaftswachstums sowie neuer Strom- anwendungen wie Wärmepumpen, Haushaltsgeräte, Elektromobilität usw.

wird der Stromverbrauch weiterhin steigen. Axpo rechnet bis 2040 mit einem Anstieg des Stromverbrauchs von gegen 1 Prozent pro Jahr. Wobei der Anstieg zunächst deutlich sein und sich dann langfristig abschwächen dürfte.

Wie schätzen Sie die Energiestrategie des Bundes ein, vor allem bezüglich Entwicklung des Stromverbrauchs und der Potenziale der Erneuerbaren Ener- gien?

Grundsätzlich unterstützt Axpo die Ener- giestrategie des Bundesrates, die nebst dem langfristigen Atomausstieg auch die verstärkte Förderung von neuen erneu- erbaren Energien und der Energieeffizi- enz vorsieht. So hat Axpo, die schon heu- te grösste Schweizer Produzentin von Strom aus neuer erneuerbarer Energie ist, ihr Produktionsziel bei den neuen er- neuerbaren Produktionsquellen bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppelt. Aufgrund der beschränkten Potenziale bzw. der zu erwartenden Widerstände gegenüber konkreten Projekten werden wir diesen Zuwachs grösstenteils im Ausland reali- sieren. Beim Stromverbrauch geht der Bundesrat von einer Reduktion ab dem Jahre 2020 aus. Das ist aus unserer Sicht nicht realistisch.

Wo sehen Sie Risiken in dieser neuen Energiestrategie und welche Rahmen- bedingungen muss der Bund schaffen für eine erfolgreiche Umsetzung?

Nach wie vor hängen viele Annahmen von Entwicklungen ab, die aus heutiger Sicht schwer abzuschätzen sind. Darum sollte man sich keine Option verbauen, auf die man morgen allenfalls zurück- kommen muss. Axpo wird sich weiter- hin aktiv in die Gestaltung der Ener- giezukunft der Schweiz einbringen. Wir legen auch Wert darauf und fordern, dass das Volk obligatorisch in die ener- giepolitischen Weichenstellungen ein- gebunden wird. Weitreichende Mass- nahmen mit entsprechenden volks- wirtschaftlichen Konsequenzen sollten unbedingt den Weg über eine Volks- abstimmung nehmen müssen.

Wie stellt die Axpo sicher, dass sie in 25 Jahren und darüber hinaus ihren Versorgungsauftrag erfüllen kann?

Spielen Stromimporte eine Rolle?

Der Auftrag der Axpo ist es weiterhin, eine sichere und nachhaltige Stromver- sorgung in ihrem Versorgungsgebiet zu gewährleisten. Im Januar 2012 haben wir mit der Umsetzung unserer neuen Strategie begonnen. Mit dieser wollen wir flexibel auf die nicht absehbaren Entwicklungen reagieren können, vor allem mittels eines noch breiter abge- stützten Produktions- und Beschaf- fungsportfolios. Stromimporte werden künftig eine zunehmend wichtigere Rolle spielen.

Unter welchen Voraussetzungen würde die Axpo in Gas-Kombikraftwerke inve- stieren?

Mit der heutigen CO2-Gesetzgebung ist ein wirtschaftlicher Betrieb eines Gas- Kombikraftwerks in der Schweiz kaum möglich. Die Anlagen stossen beacht- liche Mengen CO2 aus, die zu 100 % in der Schweiz kompensiert werden müs- sen. Falls die gesetzlichen und ökono- mischen Rahmenbedingungen dereinst stimmen, könnten Gas-Kombikraft- werke eine Option sein. Hauptvoraus- setzung dafür wäre die Anbindung der Schweiz an das Emissionshandelssy- stem der EU.

Mit welchen Strompreisen müssen die Kunden in 25 Jahren rechnen?

Klar ist, dass Stromimporte gemäss der Energiestrategie 2050 des Bundesrates eine grössere Rolle spielen werden. Hin- zu kommen höhere Netzentgelte auf-

grund des grossen Investitionsbedarfes.

Und wir müssen auch davon ausgehen, dass die Abgaben wie bspw. für die neu- en erneuerbaren Energien höher sein werden. So müssen wir heute davon ausgehen, dass der Strompreis alleine in den nächsten 10 Jahren in der Grössen- ordnung von 30 % steigen wird.

Politisches Ziel ist eine Reduktion des Stromverbrauchs. Sieht sich die Axpo in der Verantwortung, zur Erreichung dieses Ziels einen Teil beizutragen?

Werden diesbezügliche Geschäftsmo- delle entwickelt?

Axpo bleibt weiterhin dem Ziel einer sicheren, nachhaltigen und wettbe- werbsfähigen Versorgung verpflichtet.

Die Ansprüche von Wirtschaft und Gesellschaft müssen berücksichtigt werden. Axpo wird sich künftig noch stärker für Energieeffizienz einsetzen, sowohl bei eigenen Anlagen wie auch im Kundenbereich.

Der Stromverbrauch wird weiter zunehmen

I n T E R V I E W

M I T E I n l A G E B l A T T

Impressum

Energie-Spiegel ist der Newsletter des PSI zur ganzheitlichen Betrachtung von Energie- systemen (Projekt GaBE). Beiträge zu dieser Ausgabe stammen von Kannan Rama- chandran, Hal Turton und Stefan Hirschberg ISSn-nr.: 1661-5093

Auflage: 15 000 Ex. Deutsch, 4000 Ex. Französisch, 800 Ex. Englisch Bisherige Ausgaben als Pdf (D, F, E):

http://gabe.web.psi.ch/

Verantwortlich für den Inhalt:

Paul Scherrer Institut Dr. Stefan Hirschberg 5232 Villigen PSI, Schweiz Tel. +41 56 310 29 56 stefan.hirschberg@psi.ch http://gabe.web.psi.ch/

Redaktion: Christian Bauer Verteilung und Subskription:

energiespiegel@psi.ch

layout: Paul Scherrer Institut

Energiesystem-Analysen am PSI: Ziel der Energiesystem-Analysen am Paul Scherrer Institut, Villigen, ist eine umfassende und detaillierte Beurteilung heutiger und zukünf- tiger Energiesysteme. Betrachtet werden neben Technologien insbesondere ökolo- gische, ökonomische und gesellschaftliche Kriterien. Auf der Basis von Life Cycle Assess- ment (LCA), energiewirtschaftlichen Model- len, Risikoanalysen, Schadstoff-Ausbreitungs- modellen und Multikriterien-Analysen ist es möglich, un ter schied liche Energie szenarien zu vergleichen, um Grundlagen für politische Entscheidungen zu schaffen.

Zusammenarbeiten mit:

ETH Zürich; EPF Lausanne; EMPA; Bundesamt für Energie (BFE); swisselectric research;

World Energy Council (WEC); Massachusetts Institute of Technology (MIT); Europäische Union (EU); International Energy Agency (IEA);

Organisation für wirtschaftliche Zusammen- arbeit und Entwicklung (OECD)

(5)

aus erneuerbaren Quellen oder Kernenergie bis zum heutigen Durchschnittsstrom in der EU. Ob das CO2 in der Schweiz produziert wird oder im Ausland, macht für das Klima keinen Unterschied. Bloss würden diese

«grauen» Emissionen der Stromimporte nicht die Schweizer Bilanz belasten, sondern die jener Länder, aus denen der Strom kommt.

Ersatz-Kernkraftwerke (Szenario «REF») würden kaum CO2-Emissionen verursachen.

Wächst der Verbrauch wie in der «WWB 2012»-Entwicklung, braucht es 2050 acht Gaskraftwerke oder höhere Stromimporte.

Damit steigen auch die CO2-Emissionen.

Wirtschaftliche Folgen

Auch wenn es schwierig ist vorauszusagen, wie viel die Produktion einer Kilowattstunde Elektrizität in 40 Jahren kosten wird: Es wird erheblich mehr sein als heute (siehe Abbil- dung 6). Im Erdgas- und Importszenario sind die durchschnittlichen Produktionskosten fast doppelt so hoch wie heute. Die Unsicher- heiten hinter den angenommenen Kosten von Erdgas- und Stromimporten sowie Kern- kraftwerken und neuen Erneuerbaren bis 2050 sind gross. Und diese Kosten haben ent- scheidenden Einfluss auf die Ergebnisse der Szenarien. Mit den aktuellen Annahmen (siehe Tabelle auf der Rückseite) entstehen bei Verzicht auf Ersatz-KKW bis 2050 Zusatzko- sten von rund 60 Mrd. Franken alleine für die Stromversorgung, wenn sich der Verbrauch wie in der «PoM-Prognose» entwickelt. Nicht eingerechnet sind Kosten, die beim Ausbau der Stromleitungen anfallen könnten.

Die Kosten für die Stromversorgung an sich wären geringer, wenn der Elektrizitätsver- brauch sinken würde, wie in der «NEP»-Ent- wicklung angenommen. Dann wären aber höhere Investitionen in Stromsparmassnah- men in Haushalten, Industrie und Verkehr nötig. Diesem Thema «Gesamtenergieversor- gung bis 2050» wird sich eine der nächsten Ausgaben des Energie-Spiegels widmen.

Ohne neue Kernkraftwerke fällt das nukleare Störfallrisiko in der Schweiz weg. Gratis ist die neue Energiepolitik aber nicht zu haben.

Sie wird sich in unserem Haushaltsbudget und in der CO2-Bilanz bemerkbar machen.

Strom- oder Gasimporte könnten für eine weniger stabile Stromversorgung sorgen.

Wenn wir nicht mit viel weniger Strom aus- kommen als heute, brauchen wir bei einem Verzicht auf Kernkraftwerke Erdgas oder Strom aus dem Ausland. Beides ist für eine gesicherte Stromversorgung riskanter als der Import von Brennelementen für die Kern- kraftwerke. Deutschland etwa wird in Zu- kunft auch auf Stromimporte setzen. Als Stra- tegie für ganz Europa funktioniert dies aber nicht. Und Länder wie Russland oder der Iran könnten sich als unzuverlässige Gasliefe- ranten herausstellen.

Folgen für die Klimapolitik

Bei etwa gleichbleibendem Stromverbrauch (Entwicklung «PoM» in Abbildung 1) im Jahr

2050 voll auf Gaskraftwerke zu setzen heisst:

sieben neue Gaskraftwerke, für die dann ge- nauso viel Erdgas importiert werden muss, wie heute für Heizungen und Industrie. Und rund sechs Millionen Tonnen CO2 mehr pro Jahr (Abbildung 5, Szenario «Gas» in der Mit- te). Das sind im Vergleich zu den heutigen Emissionen der Schweiz von rund 40 Millio- nen Tonnen CO2 pro Jahr 15% mehr. Auf dem Weg zum Ziel von minus 60% CO2 bis 2050 stellen diese CO2-Emissionen der Gas- kraftwerke eine zusätzliche Hürde dar. Das Kompensieren im Inland wäre teuer. Eine Lösung könnte das so genannte «Carbon Cap- ture and Storage» sein: Man fängt dabei das CO2 aus Kraftwerken ab und speichert es dauerhaft im Boden (siehe Kasten). Ob sich das in der Schweiz machen lässt, ist aber noch unklar.

Bei einer Importstrategie (Szenario «Im- port») hängen die CO2-Emissionen von der Zusammensetzung des importierten Stroms ab. Die dargestellte Bandbreite bei einem Ver- brauch nach «PoM»-Entwicklung reicht von Null bis gut 2 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Bandbreite entspricht «CO2-freiem» Strom Abbildung 5: Direkte Treibhausgasemissionen aus der Schwei-

zer Stromversorgung pro Jahr, abhäng ig von der Entwicklung des Stromverbrauchs (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 6: So viel kostet in den drei Szena- rien die Herstellung einer Kilowattstunde Strom im Durchschnitt im Jahr 2050. Die Gewinne aus dem Stromhandel sind hier eingerechnet.

0 1 2 3 4 5 6 7 8

2010 'Gas' 'Import' 'REF' 'Gas' 'Import' 'REF' 'Gas' 'Import' 'REF'

2050: WWB 2012 2050: PoM 2050: NEP

Mio. Tonnen CO2 pro Jahr

CO2-Emissionen aus Netto-Stromimporten CO2-Emissionen Stromproduktion Schweiz

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

2010 Szenario

"Gas" Szenario

"Import" Szenario

"REF"

Stromverbrauch 2050: Entwicklung "PoM"

Kosten der Stromproduktion [Rp./kWh]

«Carbon Capture and Storage» bezeichnet Technologien, mit denen CO2-Emissionen aus Kraftwerken oder der Zementherstellung abge- schieden werden. Das CO2 wird komprimiert und in geeignete geologische Strukturen in mindestens 1000 Metern Tiefe gepresst. Dort bleibt das CO2 gespeichert und trägt nicht zum Klimawandel bei. Eine mögliche Umsetzung in der Schweiz wird im Forschungsprojekt CARMA unter Beteiligung des PSI untersucht:

http://www.carma.ethz.ch/

CO 2 -Emissionen, Kosten, Versorgungssicherheit

E i n l A G E B l A t t z u m E n E r G i E S p i E G E l n r . 2 1

(6)

potenziale und Kosten der Stromerzeugung für 2050 im timES-modell für die Schweiz Stromerzeugungskosten Potenziale zur Stromerzeugung, [Rp./kWh] angenommen als realsierbar bis 2050 [TWh/a]

Erdgas-Kombi-Kraftwerk 15.4 flexibel

Kernkraft 5.9 Null in den Szenarien «Gas» und «Import»

~25 im Szenario «REF»

Wasserkraft 14 (neue Kraftwerke) 38.3

Fotovoltaik 10.3 9.7

Wind 14.5 2.6

Geothermie 16.5 4.4

Holz 8.9 3.8

Stromimporte ø 16.4 Max. 17 % des Verbrauchs im «Import»-Szenario 8.5 –22.7 je nach Tageszeit

Erdgas (Brennstoffkosten) 6.7 Rp. pro kWh Erdgas

bei hoher Nachfrage und wenn der Strom teuer ist. Im Sommer kann das meiste davon exportiert werden und bringt finanzielle Ge- winne.

Im Winter braucht es wegen des kleineren Ertrags von Fotovoltaik und Wasserkraft auch tagsüber Importe. Im Importszenario ohne Gaskraftwerke sind diese deutlich höher: Bis zu zwei Drittel des Verbrauchs müssen über viele Stunden hinweg eingeführt werden, da we niger Grundlastkapazitäten in der Schweiz vorhanden sind.

Speicherkraftwerke könnten auch zum Ausgleich der fehlenden Produktion der Fotovoltaikanlagen nachts und bei Schlecht- wetter oder der Windturbinen bei Flaute ge- nutzt werden. Damit würden aber die Ge- winne aus dem Stromexport wegfallen.

im Jahresschnitt genug Strom zu haben, ist das Eine. ist aber auch genug davon da, wenn im Winter alle Heizungen laufen und sich die Sonne hinter den Wolken versteckt? Ob Winter oder Sommer, mitten in der nacht oder am Feierabend:

Stromproduktion und -verbrauch schwanken stark.

Damit Szenarien für die künftige Stromver- sorgung ein realistisches Bild vermitteln kön- nen, müssen sie zeitliche Schwankungen bei Produktion und Verbrauch berücksichtigen.

Fotovoltaikanlagen liefern beispielsweise nur am Tag Strom und mehr davon im Sommer als im Winter. Der Verbrauch ist aber im Winter um einiges höher. Und genauso wie Produkti- on und Verbrauch schwanken, ändern sich auch die Preise für Import und Export der Elektrizität mit der Tages- und Jahreszeit. Das Modell des PSI berücksichtigt all diese Um- stände (siehe Kasten und Tabelle).

Viel Wasser und Sonne im Sommer, wenig im Winter

Stromerzeugung und -verbrauch im Ver- lauf typischer Wochentage im Sommer und Winter sind in Abbildung 7 dargestellt. Und zwar für die Szenarien «Gas» und «Import»

im Jahr 2050.

Im Sommer wird in beiden Szenarien am Abend und in der Nacht billiger Strom impor- tiert (schwarze Flächen). Gut zu sehen ist auch der Tagesgang der Fotovoltaik (gelb) mit dem viel höheren Ertrag im Sommer. Die Speicherkraftwerke (hellblau) produzieren

Abbildung 7: Tagesgang von Stromerzeugung und -verbrauch aus den Szenarien «Gas» und «Import» für 2050 (links: Sommer; rechts: Winter). Die blaue Linie steht für den Verbrauch, die rote für die Produktionskosten einer zusätzlichen Kilowattstunde. Die verschiedenfarbigen Flächen zeigen den Verlauf der Stromproduktion der einzel- nen Technologien und der Importe. Die Produktion muss um 7 % höher sein als der Verbrauch, um Verluste im Stromnetz zu decken. Ist die Produktion um mehr als diese 7 % über der blauen Linie, wird der Strom exportiert.

Farbgebung der Technologien wie in Abbildungen 3 und 4.

Szenario "Gas":

Sommer 2050

0 5 10 15

0 4 8 12 16 20

GW

0 10 20 30 40

Rp/kWh

Szenario "Gas":

Winter 2050

0 5 10 15

0 4 8 12 16 20

GW

0 10 20 30 40

Rp/kWh

Szenario "Import":

Sommer 2050

0 5 10 15

0 4 8 12 16 20

GW

0 10 20 30 40

Rp/kWh

Szenario "Import":

Winter 2050

0 5 10 15

0 4 8 12 16 20

GW

0 10 20 30 40

Rp/kWh

Das «TIMES-Modell Schweiz» wird am PSI zur Berechnung von Szenarien zur Schwei­

zer Stromversorgung verwendet. Damit wird das billigste System zur Stromversor­

gung unter vorgegebenen Rahmenbedin­

gungen bestimmt.

Zur Optimierung des Gesamtsystems wer­

den die Eigenschaften der Technologien berücksichtigt, z.B. Kosten, Verfügbarkeit und Flexibilität. Die Zeitauflösung beträgt eine Stunde – damit können tageszeitliche Schwankungen von Verbrauch und Pro­

duktion gut abgebildet werden. Es wird zwischen den vier Jahreszeiten sowie Wochentag, Samstag und Sonntag unter­

schieden. Strom kann jederzeit importiert und exportiert werden.

Sommer – Winter, tag und nacht

E i n l A G E B l A t t z u m E n E r G i E S p i E G E l n r . 2 1

Referenzen

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