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Die Geschäftsraummiete

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Academic year: 2022

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2. Rechtsgrundlagen der Geschäftsraummiete

Für den Geschäftsraummietvertrag gelten die allgemeinen Vorschriften des Mietrechts, wie sie in den§§ 535–548geregelt sind, ferner die Vorschrift des § 580, die die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses bei Tod des Mieters zulässt, sowie§ 580 a Abs. 2und4, die bei Geschäftsraum- mietverhältnissen verlängerte Kündigungsfristen bei ordentlicher und außer- ordentlicher Kündigung mit gesetzlicher Kündigungsfrist vorsehen.

Außerdem sind gem. § 578 Abs. 1 und 2 folgende Vorschriften des Wohn- raummietrechts entsprechend anwendbar:

§ 550Form des Mietvertrags;

§ 552 Abs. 1Abwendung des Wegnahmerechts;

§§ 555 a Abs. 1 bis 3, 555 b, 555 c Abs. 1 bis 4, 555 d Abs. 1 bis 6, 555 e Abs. 1 und 2, 555 fErhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen;

§ 556 b Abs. 1Fälligkeit der Miete (anwendbar gem. § 579 Abs. 2);

§ 556 c Abs. 1–3Kosten der Wärmelieferung als Betriebskosten, Verord- nungsermächtigung;

§§ 562–562 dVorschriften über das Vermieterpfandrecht, das Selbsthil- ferecht und den Herausgabeanspruch des Vermieters bei Entfernung von Sachen durch den Mieter, die Abwendung des Vermieterpfandrechts durch den Mieter und die Beschränkung des Vermieterpfandrechts gegenüber der Pfändung Dritter;

§§ 566–567 b Vorschriften zur Regelung der Ansprüche, Rechte und Pflichten bei Veräußerung der Mietsache;

§ 569 Abs. 1 und 2Vorschriften über die außerordentliche fristlose Kün- digung aus wichtigem Grund;

§ 578 Abs. 3Neuerung, welche die Anmietung von Räumen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege zum Zwecke der Unterbringung von Menschen mit dringendem Wohnungsbedarf regelt. Die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 49 EGBGB ist zu beachten;

§ 570Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts der Mietsache.

Im Übrigen gilt für die Geschäftsraummiete im Gegensatz zur Wohnungs- miete der Grundsatz derVertragsfreiheit.Danach besteht

" Abschlussfreiheit: Vermieter und Mieter können Verträge über

Geschäftsräume abschließen, mit wem sie wollen;

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2. Rechtsgrundlagen der Geschäftsraummiete

" Inhaltliche Gestaltungsfreiheit: Vermieter und Mieter können ihnen pas-

sende Vertragsbedingungen aushandeln. Schranken der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit ergeben sich allerdings aus den Regeln über die All- gemeinen Geschäftsbedingungen der §§ 305–310;

" Mietpreisfreiheit, Grenze: Wucher (§§ 138 BGB, 291 StGB);

" Kündigungsfreiheit (mit allerdings halbjähriger Kündigungsfrist;

§ 580 a): Um sich davor zu schützen, kann im Rahmen der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen werden.

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3. Mischmietverhältnisse

Werden Wohnräume und Geschäftsräume in einem einzigen Vertrag ge- mietet, liegt ein sog. Mischmietverhältnis vor. Anders als man zunächst ver- muten könnte, handelt es sich nicht um mehrere Mietverhältnisse mit unter- schiedlichen Rechtsfolgen, sondern es bleibt bei einem einheitlichen Mietverhältnis, und es ist zu klären, ob es sich um Wohn- oder Geschäfts- raummiete handelt.

Ein Mischmietverhältnis liegt vor, wenn der Mieter das Mietobjekt auf- grund eines einzigen Mietvertrages sowohl zu Wohnzwecken als auch gewerblich nutzt.

Beispiele:

Der Gaststättenpächter bewohnt auf der Grundlage eines einheitlichen Vertrages auch eine Wohnung im gleichen Haus („Wirtewohnung“)4, ein Freiberufler (An- walt, Architekt) hat in der Privatwohnung ein Büro.

Insbesondere aus den folgenden Gründen ist es sehr wichtig, eindeutig zu klären, ob es sich um Wohn- oder Geschäftsraum handelt:

Die Gerichtsstände sind bei der Wohn- und Geschäftsraummiete unter- schiedlich. Erfolgt keine korrekte Einordnung, wird das falsche Gericht angerufen. Es gelten unterschiedliche Kündigungsfristen. Die Schutzvor- schrift des § 569 Abs. 3 BGB ist bei einem gewerblichen Mietverhältnis nicht anwendbar. Es gelten bei Wohnraum teilweise deutlich schärfere gesetzliche Bestimmungen zum Schutz des Mieters, so z. B. § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB (Ausschlussfrist für Betriebskostennachforderungen durch den Vermie- ter, wenn die Abrechnungsfrist von einem Jahr überschritten ist.

Dass Wohnraum durch den Mieter zu gewerblichen Zwecken (mit-) benutzt wird, lässt für sich allein nicht den Schluss auf das Vorliegen von Geschäftsraummiete zu. Ein Wohnraummietverhältnis bleibt auch dann ein solches, wenn der Mieter in der privaten Wohnung vertragswidrig eine gewerbliche Tätigkeit ausübt.5

4 OLG Düsseldorf, Urt. v. 02. 03. 2006I-10 U 120/05 = IMR 2006, 79 5 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19. 04. 200710 U 69/03 = NZM 2007, 799

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3. Mischmietverhältnisse

Ausschlaggebend ist insoweit nicht, ob die Parteien in der Vertrags- urkunde das Mietverhältnis als Wohn- oder Geschäftsraummietverhältnis bezeichnen. Vielmehr kommt es auf ihrenwirklichen Willenan. Lässt sich der Parteiwille nicht ermitteln, muss auf die Umstände abgestellt werden, die das Mietverhältnis prägen, wobei die Verhältnisse ausschlaggebend sind, die überwiegen (sog. Übergewichtstheorie).6

Beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen ist für die Ermittlung des nach dem Willen der Parteien vorherrschenden Vertragszwecks aufobjektive (äu- ßerliche) Umständezurückzugreifen, sofern diese tragfähige Anhaltspunkte für den Parteiwillen bilden.7AlsIndizienkommen insbesondere in Betracht:

– Die Verwendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten (geschäfts- raum- oder Wohnraummiete) zugeschnittenenVertragsformulars.

– Das Verhältnis der für eine gewerbliche/freiberufliche Nutzung vorgese- henenFlächenund der für Wohnzwecke bestimmten Flächen.

– Diebaulichen Gegebenheiten(Zuschnitt, Einrichtung etc.) können unter Umständen Rückschlüsse auf einen von den Parteien gewollten Vorrang einer Nutzungsart zulassen.

– Die Umstände imVorfeld des Vertragsschlusses.

– Nachträgliches Verhaltender Parteien, soweit dieses Rückschlüsse auf den übereinstimmenden Willen bei Vertragsschluss zulässt.

Die Bestimmung des Schwerpunktes entscheidet darüber, welche Vor- schriften auf das gesamte Mietverhältnis angewendet werden. Lässt sich der Mietvertraginsgesamt als Wohnraummietvertragqualifizieren, gilt der Kündigungsschutz gemäß §§ 573 ff. BGB. Der Vermieter kann eine Miet- erhöhung nach den §§ 558 ff. BGB geltend machen. Ist der Mietvertrag dagegen allein nachGewerbemietrechtzu beurteilen, kann der Mieter sich nicht auf Kündigungsschutz und die sonstigen Schutzbestimmungen zu Gunsten des Mieters von Wohnraum berufen, selbst wenn er die Räume für sich und seine Familienangehörigen als Lebensmittelpunkt nutzt. Es gilt dann die Kündigungsfrist des § 580 Abs. 2 BGB.8

6 Lützenkirchen, Mietrecht, Vor § 535 Rdnr. 65 f.

7 BGH, Urt. v. 09. 07. 2014VIII ZR 376/13, WuM 2014, 539 = IMR 2014, 365 8 Lützenkirchen, Mietrecht, Vor § 535 Rdnr. 71 f.

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4. Abgrenzung zu anderen Schuldverhältnissen

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsachewährend der Mietzeit zu gewähren (§ 535 Abs. 1 Satz 1). Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu zahlen (§ 535 Abs. 2). Wesentlicher Inhalt des Mietvertrags ist damit die Gebrauchsgewährungspflicht an einer Sache gegen Entgelt.

Pacht:Demgegenüber spricht § 581 beim Pachtvertragvon Gegenstän- den, deren Gebrauch und Fruchtgenuss dem Pächter zu gewähren sind (§ 581 Abs. 1 Satz 1). Der Begriff„Gegenstand“ist weiter. Er umfasst nicht nur Sachen und Rechte, sondern kann sich auch auf Sach- und Rechtsge- samtheiten, z. B. ein ganzes gewerbliches Unternehmen (Unternehmens- pacht), beziehen.

Leihe (§ 598) ist im Gegensatz zum Mietvertrag ein unentgeltliches Schuldverhältnis. Außerdem besteht für den Verleiher nicht die Pflicht zur Gewährung des Gebrauchs, sondern lediglich eineGestattungspflicht. Der Verleiher hat im Gegensatz zum Vermieter nicht die Pflicht, die verliehene Sache für den vertragsgemäßen Gebrauch in Stand zu setzen oder zu halten9. Auch Wohn- oder Geschäftsräume können verliehen werden. Wird dafür allerdings ein (auch nur geringes) Entgelt gefordert, liegt nicht mehr Leihe, sondern bereits Miete vor10.

Verwahrung (§ 688 BGB), Lagervertrag (§ 467 HGB): Beim Verwah- rungsvertrag und beim handelsrechtlichen Lagervertrag wird zwar in der Regel auch Raum zur Verfügung gestellt. Die eigentliche vertragstypische Leistung besteht aber nicht darin, sondern in derAufbewahrung von beweg- lichen Sachen in diesem Raumsowie in derÜbernahme einer Obhutspflicht gegenüber dem Hinterleger/Einlagerer der Sachen.

Die Gemeinschaft(§§ 741 ff.) berechtigt zum Gebrauch einer gemein- schaftlichen Sacheaus eigenem Recht(§ 743 Abs. 2). Doch ist ein Mietver- trag gegeben, wenn im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung oder durch Vereinbarung der Gemeinschaft mit einem einzelnen Teilhaber diesem der alleinige Gebrauch gegen Entgelt überlassen wird11.

9 Palandt/Weidenkaff, § 598 Rdnr. 6

10 Im allgemeinen Sprachgebrauch werdenMieteundLeihehäufig verwechselt. So sind der Leihwagen und die Leihbücherei in Wirklichkeit Mietwagen bzw. eine Mietbücherei, wenn für die Überlassung des Fahrzeugs bzw. der Bücher ein Entgelt gefordert wird (Mü/Ko/Häublein vor § 535 Rdnr. 10 f.).

11 BGH, NJW 1974, 364; NJW-RR 2001, 369; NJW 1974, 743

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4. Abgrenzung zu anderen Schuldverhältnissen

Nießbrauch (§§ 1030, 1036 BGB) ist im Gegensatz zur Pacht ein beschränktes dingliches Rechtan einer Sache und zugleich ein gesetzliches Schuldverhältnis, das den Inhalt des dinglichen Rechts und die Rechtsbezie- hungen zwischen Nießbraucher und Eigentümer regelt. Der Nießbraucher ist berechtigt, die mit dem Nießbrauch belastete Sache in Besitz zu nehmen und die Nutzungen nach Maßgabe des bestehenden gesetzlichen Schuldver- hältnisses zu ziehen. Nießbrauch kann an Sachen, Rechten und an einem Vermögen begründet werden. Beim echten Unternehmensnießbrauch (z. B.

§ 22 Abs. 2 HGB) führt der Nießbraucher selbst das Unternehmen. Es hat damit Ähnlichkeiten mit der Unternehmenspacht.

Dauernutzungsrecht (§ 31 Abs. 2 WEG): Wie das Nießbrauchsrecht ist auch das Dauernutzungsrecht eindingliches Rechtan einem Grundstück.

Es gibt dem Berechtigten das Recht, nicht zu Wohnzwecken dienende Räume in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude unter Ausschluss des Eigentümers zu nutzen.

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5. Vertragsverhandlungen

5.1 Das Schuldverhältnis aus Aufnahme von Vertragsverhandlungen Ein Mietvertrag kommt erst zustande, wenn sich Vermieter und Mieter über alle Punkte des Mietvertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden sollte (§ 154).

Das Stadium der Vertragsverhandlungen beginnt mit ihrer Aufnahme und es endet mit dem Abschluss des Vertrags oder mit dem Abbruch der Ver- tragsverhandlungen. Bis zum Ende der Vertragsverhandlungen sind die Par- teien nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich frei in ihren Entschlie- ßungen, und zwar auch dann, wenn der andere Teil in Erwartung des Ver- trags bereits Aufwendungen gemacht hat12.

Allerdings entsteht durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 ein rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis mit Verhaltenspflichten gegenüber dem anderen Partner. Maßgebend ist § 241 Abs. 2, wonach jede Partei zu Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet ist. Zu diesen Pflichten während der Vertragsverhandlungen gehört u. a.,

" das durch eigenes Verhalten während der Vertragsverhandlungen beim

Verhandlungspartner erweckte Vertrauen nicht in unredlicher Weise zu enttäuschen,

" aufzuklären über den Vertrag betreffende erhebliche Tatsachen und

Umstände, die für die Entscheidung des anderen von Bedeutung sein können (Aufklärungspflicht) sowie

" dafür Sorge zu tragen, dass der andere während der Vertragsverhandlun-

gen nicht an Körper, Leben, Eigentum oder einem sonstigen Rechtsgut verletzt wird (Obhuts- und Schutzpflichten13).

Werden von einem Vertragspartner diese Verhaltenspflichten schuldhaft ver- letzt, hat der andere Teil gem. §§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, Abs. 3, 241 Abs. 2 einen Schadensersatzanspruch.

Diese Regelung, eingefügt durch das SMG, ersetzt das bis zu der Moder- nisierung des Schuldrechts im Jahr 2001 ungeschriebene Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo–c. i. c.), auf Grund dessen auch schon bisher ein Verhandlungspartner Schadensersatz-

12 BGH, NJW 1996, 1885; 2013, 928; NZM 2018, 285. st.Rspr.

13 Palandt/Grüneberg, § 242 Rdnr. 35; § 311 Rdnr. 29

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5. Vertragsverhandlungen

ansprüche geltend machen konnte, wenn er durch ein unredliches Verhalten des anderen Teils während der Verhandlungen einen Schaden erlitten hat14.

5.2 Vertrauensverletzungen

Ein Vertrauensverhältnis entsteht, wenn durch das Verhalten des Verhand- lungspartners beim anderen ein Eindruck erweckt wird, der ihm die Sicher- heit gibt, es werde zu dem Vertragsabschluss kommen15. Ein nur„blindes“ Vertrauen reicht allerdings nicht aus. Auch Verhandlungen allein können ein solches Vertrauen noch nicht schaffen. Vertrauen wird ferner nicht erweckt, wenn nur allgemeine Erklärungen abgegeben werden, die Parteien zwar einen schriftlichen Mietvertrag abschließen wollen, über mehrere Punkte aber noch keine Einigung erzielt wurde16. Selbst ein vom Vermieter bereits formulierter und von ihm unterschriebener Vertrag reicht nicht aus17, solange sich die Parteien noch nicht über die wesentlichen Punkte geeinigt haben. Denn die in der Vertragsfreiheit liegende Abschlussfreiheit wird dadurch nicht beschnitten. Ein berechtigtes Vertrauen beim anderen liegt dagegen vor, wenn ein Verhandlungspartner den Vertragsabschluss als sicher darstellt und den anderen dadurch zu Dispositionen veranlasst, die nur bei Zustandekommen des Vertrags sinnvoll sind, ferner wenn ein Verhandlungs- partner ohne triftigen Grund die Verhandlungen abbricht oder gar keine Vertretungsmacht hat, nachdem er zuvor das Vertrauen auf das Zustande- kommen des Vertrags erweckt hatte.

5.3 Verletzung von Aufklärungspflichten

Aufklärungspflicht ist die Pflicht, den Verhandlungspartner unaufgefordert über entscheidungserhebliche Umstände zu informieren. Entscheidungser- heblich sind die Umstände dann, wenn sie den Vertragszweck gefährden und für die Entschließung des Verhandlungspartners von wesentlicher Bedeutung sein können18. Ansonsten besteht die Aufklärungspflicht nicht

14 Auf die ausführliche Darstellung von Franke „Schadensersatz nach Verschulden bei Vertragsverhandlungen sog. c. i.c-Haftung (ZMR 2000, 733) mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung wird verwiesen. Zwar ist die Darstellung vor Erlass des SMG verfasst, da aber die Rechtsprechung die von ihr entwickelten Rechtsgrundsätze weiterhin anwenden und sich weiterhin an den bisher anerkannten Fallgruppen orientieren wird (Palandt/Heinrichs, § 311 Rdnr. 29), sollen hier die dort erwähnten Fallgruppen im Lichte der jetzt bestehenden Rechtslage angesprochen werden.

15 BGH, NJW 1996, 1885; 2013, 928; NZM 2018, 285. st.Rspr.

16 LG Mannheim, WuM 1971, 82 17 OLG Hamburg, MDR 1980, 494 18 BGH, NJW-RR 2007, 32 Tz. 30

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Verletzung von Aufklärungspflichten 5.3

generell19, sondern nur dann, wenn der andere Teil nach den im allgemeinen Verkehr herrschenden Anschauungen redlicherweise Aufklärung erwarten darf20. Wird dagegen konkret gefragt, wird dadurch die Aufklärungspflicht ausgelöst. Deshalb ist es sinnvoll, bei Vertragsverhandlungen zu fragen, um sich einen Überblick für seine Entscheidung zu verschaffen. Wer der Wahr- heit zuwider–gefragt oder ungefragt–eine falsche Auskunft gibt, handelt u. U. sogar arglistig und gibt dem Verhandlungspartner damit das Recht, einen evtl. zustande gekommenen Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten21. Wird die Aufklärung zurechenbar nicht, nicht richtig oder nicht vollständig gegeben, entsteht ein Schadensersatzanspruch wegen Ver- letzung von Verhaltenspflichten nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 i. V. mit § 280 Abs. 1.

Aufklärungspflicht besteht über besondere Eigenschaften und rechtliche Beziehungen des Vertragsgegenstands, bei Umständen, die nur einer Partei bekannt sind und die geeignet sind, den Vertragszweck zu gefährden oder zu vereiteln22, z. B. erhebliche Mängel, wie mangelhafte Isolierung und dadurch bedingte hohe Heizkosten23; Kontaminierung des Grundstücks mit Altlas- ten24, Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung25, eine bevorstehende langfristige Straßensperre im Falle der Vermietung an ein auf Publikumsverkehr angewiesenes Dienstleistungsunternehmen26. Gewerbli- che Zwischenvermieter von Geschäftsräumen müssen außerdem einen End- mieter darüber aufklären, dass nur ein Zwischenmietverhältnis besteht, da mit der Beendigung des Hauptmietverhältnisses auch der Zwischenmietver- trag mit dem Endmieter endet und Kündigungsschutz sowie Eintrittsrechte in den Hauptmietvertrag im Geschäftsraummietverhältnis grundsätzlich nicht bestehen.

Während der Vertragsverhandlungen sind die Verhandlungspartner grundsätzlich nicht von sich aus verpflichtet, über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufzuklären, sondern nur, wenn danach gefragt

19 So braucht der Vermieter nicht ungefragt auf ihm bekannte Mängel hinzuweisen, vor allem dann nicht, wenn es sich um geringfügige Mängel handelt.

20 Palandt/Grüneberg, § 242 Rdnr. 37; § 311 Rdnr. 40

21 Bei Vorliegen einer arglistigen Täuschung siehe auch Palandt/Ellenberger, § 123 Rdnr. 2 ff.

22 Bub/Treier, Handbuch II Rdnr. 371

23 LG Frankfurt, NJW-RR 1987, 659; allerdings kann Mitverschulden den Schadensersatz mindern, wenn sich der Mieter nicht selbst genügend über die Verhältnisse eines Altbaus informiert hat.

24 Beim Grundstückskauf: BGH, NJW 1995, 1549; OLG Düsseldorf, NJW 1996, 3284;

OLG Hamm, DWW 1997, 383

25 OLG Hamburg, BB 1988, 1842; OLG Hamm, NJW-RR 1988, 784

26 AG Berlin-Hohenschönhausen, NJWE-MietR 1997, 57; Bub/Treier II Rdnr. 372 ff.

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5. Vertragsverhandlungen

wird. Die Antwort muss dann wahrheitsgemäß sein. Liegt dagegen ein Grund zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor (drohende Zahlungsunfä- higkeit, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung–§§ 17–19 InsO) oder ist Insolvenz beantragt oder sogar eröffnet worden, ist hierüber ungefragt aufzuklären. Dies gilt auch für den Vermieter, da Insolvenz auch bei ihm Verfügungsbeschränkungen zum Inhalt hat.

5.4 Obhuts- oder Schutzpflichtverletzungen

Ein Schadensersatzanspruch ist schließlich gegeben, wenn ein Mietinteres- sent bei der Besichtigung des Mietobjekts Schäden an Körper und Gesund- heit durch den mangelhaften Zustand des Mietobjekts erleidet. Diese allge- meine Verkehrssicherungspflicht besteht als Vertragspflicht im Rahmen eines Mietvertrags gegenüber dem Mieter, sie besteht beim rechtsgeschäfts- ähnlichen Schuldverhältnis, während der Vertragsanbahnung und den Ver- tragsverhandlungen nach § 311 Abs. 2 i. V. mit § 241 Abs. 2 und § 280 Abs. 1 und sie ergibt sich schließlich auch aus § 823, wonach jeder, der Gefahrenquellen schafft, verpflichtet ist, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen27. Als Gefahrenquellen kommen z. B. in Betracht unsichere Türverschlüsse am Fahrstuhl28, Teppichböden in Trep- penhäusern29, nicht ausreichende Treppenhausbeleuchtung30, Schneeglätte auf den Hauszugängen. Wird ein Mietinteressent zu einer Besichtigung eines Mietobjekts im noch unfertigen Zustand eingeladen, muss der vermietungs- willige Verhandlungspartner auf Gefahrenquellen deutlich aufmerksam machen, notfalls Absperrungen und Sicherungen anbringen lassen und alles unternehmen, damit der Mietinteressent nicht zu Schaden kommt. Führt die Besichtigung nicht der Vermietungswillige selbst durch, sondern eine von ihm beauftragte Person, muss sich der Auftraggeber deren Verschulden wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 278)31.

27 Palandt/Sprau, § 823 Rdnr. 46 28 BGH, DB 1957, 115

29 OLG Köln, NJWE-MietR 1996, 178 30 OLG Koblenz, WM 1997, 50 31 Palandt/Grüneberg, § 311 Rdnr. 29, 28

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