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Numerische Modellierung der Einwirkungen von Sturzströmen auf Schutzbauwerke mittels DAN3D

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Academic year: 2022

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D IPLOMARBEIT Master Thesis

Numerische Modellierung der Einwirkungen von Sturzströmen auf Schutzbauwerke mittels DAN3D

ausgeführt zum Zwecke der Erlangung des akademischen Grades eines Diplom-Ingenieurs

unter der Leitung von

Univ.Prof. Dipl.‐Ing. Dr.techn. Rainer Poisel

E220 Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Ingenieurgeologie und

Ass.Prof. Dipl.‐Ing. Dr.techn. Alexander Preh

E220 Institut für Geotechnik, Forschungsbereich Ingenieurgeologie

eingereicht an der Technischen Universität Wien Fakultät für Bauingenieurwesen

von

Johannes Pennauer

8725530 Kräftenweg 5/3 7100 Neusiedl am See

Wien, am 25.11.2015

The approved original version of this diploma or master thesis is available at the main library of the Vienna University of Technology.

http://www.ub.tuwien.ac.at/eng

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Danksagung

Ich möchte mich bei allen Personen bedanken, die mich bei meinem Studienabschluss unterstützt haben und mir die Erstellung dieser Arbeit ermöglicht haben.

Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Ass. Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. Alexander Preh. Durch sein Engagement und Entgegenkommen hat er es mir ermöglicht, die Diplomarbeit in kurzer Zeit fertigzustellen. Seine ausgezeichnete Betreuung und seine wertvollen Anregungen haben die Entstehung dieser Arbeit erst ermöglicht.

Ein großer Dank gebührt Herrn Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. Rainer Poisel für die Korrektur der Arbeit und seine fachlichen Hinweise, die maßgeblich zur Qualität der Arbeit beigetragen haben.

Bei Frau Mag.a Silvia Bock bedanke ich mich für das Korrekturlesen des Abstracts.

Bei meiner Familie und besonders meiner Mutter bedanke ich mich für die jahrelange Unterstützung.

Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Freundin Nina. Sie hat mich motiviert, mein Studium nach einer jahrelangen Pause wiederaufzunehmen und abzuschließen. In den letzten Monaten hat Sie den Stress, der durch die Erstellung der Arbeit entstanden ist, geduldig ertragen und mir alle Verpflichtungen abgenommen. Außerdem hat sie meine Diplomarbeit korrekturgelesen. Ohne Nina würde es diese Arbeit nicht geben.

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Kurzfassung

Sturzprozesse gehören zu den gefährlichsten Naturgefahren im Gebirgsraum. Der Schutz des Siedlungsgebietes ist daher eine wesentliche Aufgabe der modernen Gesellschaft. Schutzbauwerke sind ein wesentlicher Bestandteil eines Sicherheitssystems zur Abwehr von Naturgefahren.

Die vorliegende Arbeit untersucht die Möglichkeit, Bemessungsparameter zur Dimensionierung von Schutzbauten mit dem Programm DAN 3D zu gewinnen.

Zunächst wird ein kurzer Überblick über alpine Naturgefahren und mögliche Schutzmaßnahmen gegeben. Danach werden die in der Praxis üblichen Lastansätze präsentiert.

In der ONR Richtlinie ONR 24801 wird ein Verfahren präsentiert, bei dem von einem Prozessmodell die wesentlichen Bemessungsparameter über eine Schnittstelle an ein Einwirkungsmodell übergeben werden. Die wesentlichen Parameter sind die Fließhöhe und die Geschwindigkeit der Absturzmasse.

In der vorliegenden Arbeit wird ein Verfahren zur Berechnung und Aufbereitung dieser Parameter mit DAN 3D präsentiert. Das Verfahren gliedert sich in 5 Stufen:

 Manipulation des Digitalen Geländemodells (DGM), Einbau eine Schutzdammes

 Aufbereitung des überarbeiteten DGM für DAN 3D

 Berechnung des Absturzprozesses mit DAN 3D

 Aufbereitung der DAN-3D Ergebnisse

 Berechnung der Einwirkungen zufolge des Sturzprozesse

Das Verfahren wird anhand von 2 Fallbeispielen vorgestellt. Im ersten Fall wird ein Schutzdamm gegen einen Felssturz am Hornbergl, Tirol, untersucht. Beim zweiten Fall handelt es sich um einen Felssturz im Alpltal. Die beiden Fallbeispiele unterscheiden sich darin, dass es sich im Fall des Hornbergls um eine relativ schnelle Massenbewegung in einem breiten Tal handelt, während im Alpltal der Sturzprozess in einem engen Tal relativ langsam abläuft.

In beiden Fällen wird die Berechnung u.a. für verschiedene Dammböschungsneigungen durchgeführt. Die ermittelten Kraftverläufe zeigen qualitativ das gleiche Verhalten, wie man es auch aus Modellversuchen kennt.

Es wird gezeigt, dass das vorgeschlagene Verfahren für die Ermittlung der Anprallkräfte auf Schutzbauwerk geeignet ist.

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Abstract

Rock avalanches are the most dangerous landslide hazards in alpine regions. The protection of human settlements is one of the most important duties of modern society. Protective structures are integral parts of a system to avert gravitational hazard processes-

This master thesis analyzes the possibility of designing protective structures using DAN 3D.

At first an overview of gravitational hazard processes and protective structures is given. Load assumptions for the design of protective structures are presented in the next chapter.

The ONR 24801 guideline presents a procedure in which the design parameters for a load model are transferred from a process model by an interface. The essential design parameters are the velocity and depth of the rock avalanche.

This master thesis proposes a 5-step procedure to calculate and prepare these parameters using DAN 3D:

 Preparing the digital terrain model and implementing a protective dam

 Preparing the digital terrain model for DAN 3D using SURFER

 Computation of the gravitational process with DAN 3D

 Preparing the results of DAN 3D for next step

 Calculation of the loads resulting from the gravitational process

The applicability of the procedure will be demonstrated by two case studies. In the first case study a rock avalanche at the Hornbergl, Tyrol, is examined, whereas in the second case study a rock avalanche in the Tyrolean Alpltal is the object of investigation. The two case studies are very different. In the Hornbergl case .we have an extremely rapid rock avalanche taking place in a broad valley, in the Alpltal the gravitational process proceeds slowly in a narrow valley.

In both cases a parameter study was carried out with respect to the angle of the slope of the dam.

The impact forces show the same behavior as known from model experiments.

It is shown that the presented procedure for the determination of the impact forces can be used for designing protective structures.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

2 Schutzbauten gegen Massenbewegungen ... 2

2.1 Massenbewegungen mit Fließverhalten ... 3

2.2 Systematik der Schutzmaßnahmen ... 4

2.3 Klassifikation von Schutzbauten nach Ihrer Funktion ... 5

2.4 Schutzbauwerke gegen Massenbewegungen ... 6

2.5 Konstruktion von Schutzdämmen ... 7

2.6 Ausführungsbeispiele von Schutzbauten ... 11

2.6.1 Felssturz Dürnstein ... 11

2.6.2 Felssturz Eiblschrofen ... 12

3 Lastansätze für Anprallkräfte zufolge Muren ... 16

4 Die ONR Richtlinien 24801 und ONR 24802 ... 19

4.1 Prozess- und Einwirkungsmodell nach ONR 24801 ... 19

4.2 Einwirkungen nach ONR 24801 bzw. 24802 ... 20

4.3 Prozessbedingte Kräfte nach ONR 24801 ... 22

4.4 Schadensfolgeklasse und Grenzzustände ... 24

5 Modellversuche ... 27

5.1 Modellversuche von Moriguchi et.al. ... 27

5.2 Modellversuche von Cui, Zeng und Lei ... 28

5.3 Modellversuche von Mancarella und Hungr ... 28

6 Das Programm DAN 3D ... 31

6.1 Der basale Scherwiderstand T ... 32

6.1.1 Frictional Flow - Reibungsrheologie ... 32

(6)

6.1.2 Voellmy - Reibungsrheologie ... 33

6.2 Programmsteuerung ... 33

6.3 Berechnung... 37

6.4 Ausgabe ... 39

7 Ermittlung der Einwirkungen mittels DAN3D (Prozessmodell) und dem Einwirkungsmodell ... 40

7.1 Die Schnittstelle zwischen Prozessmodell und Einwirkungsmodell ... 40

7.2 Berechnungsablauf ... 42

7.3 Schritt 1 – Manipulation des digitalen Geländemodells – Einbau des Dammes ... 43

7.3.1 Schritt 2 – Aufbereitung des digitalen Geländemodells mit Programm SURFER ... 44

7.3.2 Schritt 3 – Berechnung mit DAN 3D ... 44

7.3.3 Schritt 4 – Aufbereitung der Berechnungsergebnisse mit dem Programm SURFER ... 44

7.3.4 Schritt 5 – Ermittlung der dynamischen und statischen Einwirkungen ... 44

8 Fallbeispiel Hornbergl ... 47

8.1 Allgemeines ... 47

8.2 Geologische Verhältnisse... 49

8.3 Geländemodell ... 51

8.4 Materialparameter ... 55

8.5 Untersuchte Modellvarianten ... 56

8.6 Berechnungsergebnisse ... 57

8.7 Gegenüberstellung der Ergebnisse für unterschiedliche Böschungsneigungen ... 59

8.7.1 Überlagerungshöhen Endzustand ... 59

8.7.2 Gegenüberstellung von Geschwindigkeitsverteilung und Überlagerungshöhe... 60

8.7.3 Dynamischer und Statischer Druck ... 62

8.7.4 Gegenüberstellung der Kräfte ... 63

8.8 Gegenüberstellung der Ergebnisse für unterschiedlichen basalen Scherwiderstand im Dammbereich für eine 45° und und eine 70° Böschung ... 66

8.8.1 Überlagerungshöhen Endzustand ... 66

(7)

8.8.2 Gegenüberstellung von Geschwindigkeitsverteilung und Überlagerungshöhe... 67

8.8.3 Gegenüberstellung des dynamischen und statischen Druckes ... 69

8.8.4 Gegenüberstellung der Kräfte ... 69

8.9 Gegenüberstellung der Ergebnisse für Berechungen mit unterschiedlichen Dichten ... 72

8.9.1 Überlagerungshöhen Endzustand ... 72

8.9.2 Gegenüberstellung der Geschwindigkeitsverteilung und Überlagerungshöhe ... 72

8.9.3 Gegenüberstellung des dynamischen und statischen Druckes ... 74

8.9.4 Gegenüberstellung der Kräfte ... 75

9 Fallbeispiel Alpltal ... 77

9.1 Allgemeines ... 77

9.2 Geologische Verhältnisse... 79

9.3 Geländemodell und gewählte Parameter ... 79

9.4 Untersuchte Modellvarianten ... 82

9.5 Gegenüberstellung der Ergebnisse für unterschiedliche Böschungsneigungen ... 84

9.5.1 Überlagerungshöhen Endzustand ... 84

9.5.2 Gegenüberstellung von Geschwindigkeitsverteilung und Überlagerungshöhe... 85

9.5.3 Gegenüberstellung des dynamischen und statischen Druckes ... 87

9.5.4 Gegenüberstellung der Kräfte ... 88

9.6 Gegenüberstellung der Ergebnisse für unterschiedlichen basalen Scherwiderstand im Dammbereich für eine 45° Böschung ... 90

9.6.1 Überlagerungshöhen Endzustand ... 90

9.6.2 Gegenüberstellung von Geschwindigkeitsverteilung und Überlagerungshöhe... 91

9.6.3 Gegenüberstellung von dynamischen und statischen Druck ... 93

9.6.4 Gegenüberstellung der Kräfte ... 94

10 Interpretation ... 96

10.1 Vergleich Hornbergl – Alptal - Plausibilitätsprüfung ... 96

10.1.1 Fallbeispiel Hornbergl ... 98

(8)

10.1.2 Fallbeispiel Alpltal ... 100

10.1.3 Run-Up-Höhen ... 102

11 Zusammenfassung ... 104

12 Anhang ... 106

12.1 Fallbeispiel Hornbergl - Detailergebnisse ... 106

12.2 Fallbeispiel Alpltal – Detailergebnisse ... 140

Literaturverzeichnis ... 147

Abbildungsverzeichnis ... 149

Tabellenverzeichnis ... 153

(9)

1 Einleitung

Der Schutz des menschlichen Siedlungsgebietes und von Infrastruktureinrichtungen vor gravitativen Naturgefahren in Gebirgsräumen ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Dazu wurde im Laufe der Zeit ein komplexes System von Schutzmaßnahmen entwickelt, von denen Schutzbauwerke ein wesentlicher Bestandteil sind.

Unter gravitativen Naturgefahren sind Massenbewegungen - wie z.B. Hangmuren, Muren, Steinschlag, Fels- und Bergstürze zu verstehen.

Für den Entwurf von Schutzbauwerken sind sehr wenige Normen und Richtlinien vorhanden, da die Einwirkungen, aufgrund der geologischen, geographischen, hydrologischen Gegebenheiten für jeden einzelnen Fall unterschiedlich sind. Die ablaufenden Prozesse lassen sich nur schwer beobachten, da sie nur relativ selten auftreten und eine permanente Überwachung sehr aufwendig ist. Die wesentlichen Entwurfsparameter für Schutzbauwerke sind die erforderliche Höhe um ein Überströmen zu verhindern und ein ausreichendes Retentionsvolumen sicherzustellen, sowie die dynamischen und statischen Beanspruchungen, die auf das Bauwerk aus dem Sturzprozess wirken.

Im Laufe der Zeit wurden mehrere Formeln zur Ermittlung dieser Größen entwickelt bzw. aus Modellversuchen abgeleitet.

In der Richtlinie ONR 24801 „Schutzbauwerke der Wildbachverbauung – Statische und dynamische Einwirkung“ wird ein Verfahren zur Ermittlung der Kräfte auf ein Bauwerk vorgestellt. Neben den statischen Einwirkungen (z.B. Eigengewicht, Erddruck, Wasserdruck) werden die Bauwerke durch dynamische und statische Kräfte, welche aus dem Sturzprozess resultieren, beansprucht. Die wesentlichen Parameter für diese prozessbedingten Kräfte sind die Höhe und Breite der durch die Massenbewegung belasteten Fläche und die Geschwindigkeit, mit der die Sturzmasse auf das Bauwerk trifft.

In der vorliegenden Arbeit wird ein Verfahren vorgestellt, wie man mittels des Programms DAN3D diese Parameter ermitteln kann. Anhand von 2 Fallbeispielen wird die Methode angewendet und es werden die Einwirkungen auf einen Schutzdamm berechnet.

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2 Schutzbauten gegen Massenbewegungen

Der Gefährdung durch gravitative Massenbewegungen kommt in Österreich aufgrund der zunehmenden Urbanisierung und den Folgen des Klimawandels eine immer größere Bedeutung zu.

Unter (gravitativen) Massenbewegungen versteht man die hangabwärts gerichtete Verlagerung von Fels- und/oder Lockergesteinsmassen unter dem Einfluss der Schwerkraft. Neben der Gravitation spielt auch der Wasseranteil eine wesentliche Rolle, einerseits als Teil der transportierten Masse (in flüssiger Form, oder als Schnee bzw. Eis), andererseits als Transportmedium für Feststoffmassen.

Darüber hinaus kann Wasser bei der Mobilisierung und Verlagerung von Feststoffmassen als unterstützendes Medium wirken, z.B. über den Porenwasserdruck bzw. Kluftwasserdruck.

Massenbewegung können in zwei zeitlich hintereinander auftretende Phasen (Poisel und Preh, 2004;

Poisel, Preh und Hungr, 2008) unterteilt werden:

1) Abbruch (Entstehungsprozess)

Das Versagen von Talflanken und Felsböschungen wird von der Geologie und der Hanggeometrie, dem Trennflächengefüge und der Gestalt des Kluftkörpers sowie den mechanischen Eigenschaften des Gesteins bzw. Gebirges (Formänderungs- und Festigkeitsverhalten) bestimmt. Poisel und Preh (2004) definieren einen Katalog mit folgenden Versagensmechanismen.

 Fallen von Kluftkörpern. Darunter versteht man das Herabfallen eines Körpers aus einem Überhang.

 Gleiten eines Kluftkörpers auf einer oder zwei Trennflächen.

 Gleiten mehrerer Kluftkörper auf einer polygonalen Gleitfläche. Dieser Fall kann nur auftreten, wenn es zwischen den Kluftkörpern Gleitflächen gibt, die eine Relativverschiebung zwischen den einzelnen Körpern ermöglichen.

 Rock Slumping. Es handelt sich dabei um eine Rückwärtsrotation von Kluftkörpern, ähnlich einer Leiter, die zu flach an einer Wand steht und wegrutscht.

 Gleiten eines Bruchkörpers auf einer muschelförmigen, neugebildeten Gleitfläche (Rotationsgleitung). Dieser Fall tritt vor allem in Fels mit geringer Festigkeit (stark zerlegtem oder verwitterter Fels) auf.

 Abfahren, Abgleiten oder Kippen von turmartigen bzw. plattenförmigen Kluftkörpern am Rande eines kompetenten Felskörpers auf einem inkompetenten Sockel. Dieser Fall kommt relativ häufig vor, wenn harter Fels auf einem weichen Gestein steht. Der

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weiche Untergrund verformt sich unter der Last so stark, dass es zum Abbruch des darüber liegenden harten Gesteins kommt.

 Rotation einzelner Bruchkörper (Torsionsbruch). Das kann vorkommen, wenn ein Kluftkörper z.B. außermittig gelagert ist.

 Knicken von säulen- bzw. tafelförmigen Kluftkörpern. Dieser Fall kann auftreten, wenn die Säulen- bzw. Plattendicke viel kleiner ist als die Böschungshöhe.

 Kippen von säulen- bzw- tafelförmigen Kluftkörpern. Darunter versteht man die Vorwärtsrotation mehrerer Kluftkörper ähnlich umfallenden Dominosteinen. Dieser Fall tritt im Allgemeinen bei niedriger Trennflächen- und hoher Gesteinsfestigkeit auf.

 Hangkriechen. Darunter versteht man das mit zunehmender Tiefe kontinuierlich abnehmende Hangabwärtskriechen von Fels.

 Kink band slumping. Das Versagen S-förmiger Felsllamellen.

2) Sturzprozess (Verlagerungprozess). Damit ist der Transport und die Ablagerung des Materials gemeint z.B. Steinschlag, Felssturz, Bergsturz.

Sowohl für die Modellierung des Abbruches als auch des Sturzprozesses gibt es heute eine Vielzahl von Programmen. Wesentlich ist, dass der Versagensmechanismus richtig erkannt wird, da nicht jedes Programm für alle Versagensarten geeignet sind. Wählt man ein nicht geeignetes Programm, so kann es zu Fehlinterpretationen kommen. Der Abbruchprozess lässt sich unter anderem mit folgenden Programmen modellieren: FLAC, UDEC, 3DEC

Für die Simulierung des Sturzprozesses kann man prinzipiell zwischen einen kontinuumsmechanischen (z.B. DAN3D) oder einen diskontinuumsmechanischen Ansatz (z.B.

unterscheiden (z.B. PFC3D). Beim ersten Rechenmodell werden die Materialeigenschaften über die ganze Masse verschmiert angenommen, mikromechanische Vorgänge innerhalb der Gesamtmasse werden nicht berücksichtigt. Beim zweiten Ansatz wird die Masse mit einer Vielzahl von Einzelpartikel modelliert und beim Absturzprozess spielt die Interaktion zwischen den Einzelteilen eine wesentliche Rolle.

2.1 Massenbewegungen mit Fließverhalten

1

Trockener (nicht verflüssigter) Strom. Es handelt sich um eine fließähnliche Massenbewegung aus losem, granularem, trockenem oder feuchtem Material ohne

1 Detailierte Beschreibungen siehe (Ixenmeier 2014)

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Porenwasserüberdruck. Die Bewegung kann schnell oder langsam ablaufen. Als Beispiel können Rutschungen auf Sanddünen angeführt werden.

Hangmure. Sehr schnelle Massenbewegung, im Gegensatz zum trockenen Strom ist das Vorhandensein von Wasser eine notwendige Bedingung. Durch Porenwasserüberdrücke kann es zu Bodenverflüssigung von Bodenmaterial (Sand, Schutt, Löss, Schluff) kommen und dadurch zum Fließen des Materials.

Murgang. Unter einer Mure versteht man ein Gemisch aus Wasser, Feststoff und ev.

Wildholz. Im Gegensatz zur Hangmure findet der Vorgang in einer Rinne statt und ist mit Erosionserscheinungen verbunden. Muren treten zeitlich oft gemeinsam mit Starkregenereignissen auf. Auslöser können z.B. Schuttlawinen oder das Einbrechen einer steilen Uferwand sein. Sobald sich das Wasser-Bodengemisch in Bewegung gesetzt hat, wird das darunterliegende Sohlmaterial belastet, wodurch der Porenwasserdruck sprunghaft ansteigt und es zur Bodenverflüssigung kommt und wodurch das Sohlmaterial erodiert wird.

Dadurch werden die Uferwände untergraben und zusätzliches Bodenmaterial gelangt in den Murgang. Durch diesen (periodischen) Prozess kann auch das Phänomen erklärt werden, warum der größte Teil der Festmasse aus Rinne stammt und das Volumen der auslösenden Masse von untergeordneter Bedeutung ist. Suda (2012) gibt für Murgänge Geschwindigkeiten von bis zu 20 m/s an.

Fluviativer Feststofftransport. Sehr schneller Abfluss von Wasser mit einem bedeutenden Anteil von Schweb- und Feststoffen.

Schuttlawine. Sehr schnelle, oberflächige Massenbewegung. Eine Schuttlawine kommt auf steilen Hängen vor und ist – im Gegensatz zu Muren – nicht auf Rinnen beschränkt. Eine Schuttlawine kann jedoch zu einer Mure werden, falls die Schuttlawine in einer Rinne auftritt.

Fels- und Bergsturz. Eine Massenbewegung, die, obwohl sie aus einzelnen Blöcken besteht, ein fließähnliches Verhalten aufweist. Wesentlich ist, dass sich die einzelnen Partikel gegenseitig beeinflussen. Das ist auch der Grund, warum sich Fels- und Bergstürze mit einem kontinuumsmechanischen Modell beschreiben lassen, im Gegensatz zum Stein- oder Blockschlag, wo es sich um einzelne, einander nicht beeinflussende Partikel handelt.

2.2 Systematik der Schutzmaßnahmen

In der Literatur (Bergmeister, et al. 2009) wird zwischen aktiven und passiven Schutzmaßnahmen unterschieden.

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Unter aktiven Schutzmaßnahmen sind alle Mittel zu verstehen, die direkt auf die Naturgefahren Einfluss nehmen, in dem die Eintrittswahrscheinlichkeit reduziert wird (z.B. Rückverankerung von absturzgefährdeten Felsteilen), die Gefahr für den Siedlungsraum verringert wird (z.B. Schutzdamm) oder auf den Ablauf des Prozesses Einfluss genommen wird (z.B. Ablenkdamm). Bei den aktiven Schutzmaßnahmen kann man zwischen jenen, die auf den Entstehungsprozess der Naturgefahr (z.B. Anker, Nägel) wirken und jenen die den Sturzprozess beeinflussen (z.B. Schutzzaun, -netz, - damm).

Passive Schutzmaßnahmen greifen nicht direkt auf in Ablauf des Naturprozesses ein, sondern sie Reduzieren einen möglichen Schaden.

Schutzmaßnahmen lassen sich auch noch in permanente und temporäre Maßnahmen, je nachdem ob sie von Dauer oder nur vorübergehend sind, einteilen. Tabelle1 gibt einen Überblick über die Systematik der Schutzmaßnahmen.

Tab. 1: Systematik der Schutzmaßnahmen (aus: Bergmeister, et al. 2009)

2.3 Klassifikation von Schutzbauten nach Ihrer Funktion

Die erforderlichen Schutzmaßnahmen sind von der Art des Naturprozesses abhängig, meistens ist ein Bündel an Maßnahmen erforderlich, so dass sich daraus ein auf die jeweilige örtliche Situation abgestimmtes Schutzsystem ergibt. Nach der ONR 24800 (Schutzbauwerke der Wildbachverbauung

Permanente Wirkung Temporäre Wirkung Bew irtschaftung der

Einzugsgebiete Forstliche Maßnahmen Technische

Schutzmaßnahmen Auf

Verlagerungs- prozess w irkend

Technische Schutzmaßnahmen

Sofortmaßnahmen im Ereignisfall

Gefahrenzonenplan Information Gefahrenangepasste

Raumplanung Warnung

Gebäudeschutz Alarmierung Einsatz- und

Evakuierungspläne Evakuierung Sperre

Katastrophenmanagement

Aktive SchutzmaßnahmenPassive Schutzmaßnahmen

Vorbeugende Wirkung

Auf Entstehungs- prozess w irkend

Reaktion auf Ereignis

Vorbeugende Wirkung

Reaktion auf Ereignis

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- Begriffe und ihre Definitionen sowie Klassifizierung) können Schutzbauwerke nach folgenden Funktionen unterschieden werden2.

Ableitung: darunter werden alle Maßnahmen verstanden, um Fließprozesse (z.B.

Hochwasser, Lawinen, Muren) an einem zu schützendem Gebiet vorbeizuleiten. Die Ableitung greift in den Verlagerungsprozess ein.

Stabilisierung: dadurch soll ein bestimmter Zustand erhalten bleiben. Bei fluvialen Prozessen können das z.B. Maßnahmen zur Stabilisierung der Sohle und Ufer sein, bei geologischen Prozessen Stützbauwerke oder Hangsicherungen. Die Stabilisierung ist im Entstehungsprozess wirksam.

Konsolidierung. Maßnahmen, die einen Zustand verbessern, ansonsten wie die Stabilisierung.

Umgehung. Maßnahme um einen Abfluss zu fassen und einem angelegten Gerinne am geschützten Bereich vorbeizuleiten. Die Umgehung greift in den Verlagerungsprozess ein.

Retention. Maßnahmen um Wasser, Schnee oder Feststoffe zurückzuhalten, im Verlagerungsprozess wirksam.

Dosierung. Damit ist der temporäre Rückhalt von Wasser oder Geschiebe gemeint, daraus ergibt sich eine Reduktion der unterwasserseitigen Menge. Es wird der Verlagerungsprozess verändert.

Filterung. Eine Maßnahme um grobe Feststoffkomponenten (Blöcke, Baumstämme) aus einer fließenden Masse zu entfernen. Dadurch sollen Verklausungen im Unterlauf verhindert werden.

Energieumwandlung. Durch diese Maßnahme soll die Energie einer fließenden Masse durch ein bremsendes Bauwerk reduziert werden. Es wird die Fließgeschwindigkeit reduziert.

Ablenkung. Dadurch wird eine gezielte Änderung der Bewegungsrichtung einer Massenbewegung herbeigeführt.

2.4 Schutzbauwerke gegen Massenbewegungen

Da in der vorliegenden Arbeit vor allem Fels- und Bergstürze (Sturzströme) betrachtet werden, wird in weiterer Folge ein kurzer Überblick über gängige Maßnahmen zum Schutz vor gravitativen Naturgefahren präsentiert.

2 Auflistung nach Suda (2012)

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Grundsätzlich kann man zwischen Maßnahmen, die in den Entstehungsprozess eingreifen, und Maßnahmen, die in der Sturzbahn und im Ablagerungsbereich gesetzt werden, unterscheiden. Im ersten Fall spricht man von Primärsicherung, im zweiten Fall von Sekundärsicherung.

Primärmaßnahmen an der Anbruchstelle

o Ableitung von Hangwässern: Darunter sind Maßnahmen zur Ableitung von Hangwässern mittels Drainagegräben (Quer- und Längsgräben), Entwässerungsbrunnen, Drainagebohrungen und Entwässerungsstollen zu verstehen.

o Maßnahmen am Hang. Entfernen von absturzgefährdeten Material, Verringerung der Hangneigung, Ausbildung von Bermen und Terrassen

o Sicherung mit Einzelkomponenten. Felsverankerungen, -vernagelungen.

Ankerbalken, Stützpfeiler

o Flächige Felssicherungen. Spritzbetonverkleidungen, Sicherung mit Netzen, Begrünung

Sekundärmaßnahmen im Sturzbereich

o Schutzdämme zur Retention und Ablenkung. Als Schutzbauwerke kommen sowohl Erdbauwerke als auch massive Stahlbetonkonstruktionen in Frage.

o Schutzgalerien

o Flexible Steinschlagschutznetze o Schutzzäune

2.5 Konstruktion von Schutzdämmen

Schutzdämme dürfen nach der ONR 24810 (Technischer Steinschlagschutz - Begriffe, Einwirkungen, Bemessung und konstruktive Durchbildung, Überwachung und Instandhaltung) als reine Erddämme, Erddämme mit einer Steinschlichtung oder als mit Geokunststoffen bewehrte Erddämme hergestellt werden (Abb.1). Die beiden letzten Dammtypen sind jedoch zu bevorzugen, da mit dieser Bauweise steilere Böschungen ausgeführt werden können und dies die Gefahr des Überrollens reduziert.

Reine Erddämme haben den Nachteil, dass die maximal mögliche Neigung der Dammböschungen von der Qualität und den Bodeneigenschaften des Dammschüttmaterials abhängig sind. In der Praxis werden Dammböschungen mit Steigungsverhältnissen von 2:3 und 3:5 hergestellt.

Erddämme mit Steinschlichtungen können mit einer sehr steilen bergseitigen Böschung (bis zu 70°) hergestellt werden, was sich günstig auf die Anprallsituation auswirkt.

(16)

Abb. 1: Schutzdämme – Dammtypen

Bewehrte Dämme haben den Vorteil, dass die Böschungen sehr steil ausgeführt werden können.

Durch die Bewehrung mit Geokunststoffen ist das Tragverhalten in Querrichtung gegenüber reinen Erddämmen günstiger. Die Dämme besitzen ein ausgeprägtes elasto-plastisches Verhalten, was günstige dynamische Dämpfungseigenschaften zur Folge hat. Durch die Querverteilung der Belastung kann bei der Bemessung mit einer geringeren statischen Ersatzkraft gerechnet werden.

Die Bemessung der Geokunststoffe kann nach der EBGEO, in der ein Bemessungsverfahren nach den Eurocode 7 – Bemessungsregeln angegeben ist, erfolgen. Auf ausreichende Überlappungen der Geokunststoffbahnen ist zu achten, eine Bewehrung in Querrichtung sollte auch vorgesehen werden.

Folgende Anforderungswerte an die Geogitter werden in der Literatur (Mölk, Hofmann und Vollmert, 2013) angegeben:

Tab. 2: Anforderungswerte an Geogitter für bewehrte Schutzdämme (aus: Mölk, Hofmann und Vollmert 2013)

Bewehrung Geogitter

quer zur Dammlängsachse: ≥ 225 kN/m in Dammlängsachse: ≥ 225 kN/m quer zur Dammlängsachse: ≥ 4500 kN/m in Dammlängsachse: ≥ 2500 kN/m Bemessungsfestigkeit

der Bewehrung RB,d

Bemessungswert der Dehnsteifigkeit Jd5%

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Bei der konstruktiven Gestaltung empfehlen Mölk, Hofmann und Vollmert (2013) einen Schutz der Oberfläche auf der Bergseite. Das Facing soll den statisch tragenden Damm vor Beschädigungen schützen. Vorteilhaft ist hier eine zweischalige Ausführung, bei der das statische tragende System und der Schutz der Außenhaut getrennt sind. Bei Beschädigungen der Außenhaut sind Reparaturarbeiten einfacher durchzuführen.

Abbildung 2 zeigt den Herstellungsablauf einer zweischaligen Böschung (System M3 – DW der Fa.

Naue). Es wird dabei die sogenannte Umschlagmethode angewandt, bei der die einzelnen Bewehrungslagen durch Ausbildung von Polsterlagen verankert werden, die Verankerungslänge muss nach der EBGEO nachgewiesen werden.

(18)

Abb. 2: Herstellung einer zweischaligen, mit Geogittern bewehrten Böschung, System M3 (Grafik übernommen von: http://naue.com/de/produkte/naue-m3/naue-dw.html , November 2015)

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2.6 Ausführungsbeispiele von Schutzbauten

2.6.1 Felssturz Dürnstein

Im Juli 2009 ereignete sich in Dürnstein in der Wachau ein Felssturz mit einem Gesamtvolumen von ca. 11000 m³. Dabei wurde die Bahntrasse der Donauuferbahn verschüttet, außerdem wurden die Bundesstraße B3 und der Donauradweg von kleineren Blöcken getroffen.

Abb. 3: Felssturz Dürnstein (aus: Müllegger, 2013)

Die geologische Situation der 100 m hohen Felswand aus Gneis wird durch 2 Störungszonen geprägt. Die sogenannte „Diendorfer Störung“ ist eine steil stehende NE-SW streichende Störungszone, das zweite, ebenfalls sehr steile, Störungssystem streicht von NW-SE. Gemeinsam bilden die beiden Störungszonen einen Verschnitt, durch den ein Blockgleiten aus der Felswand ermöglicht wird (Mühlegger, 2013). Neben dem geologisch bedingten Störungssystem haben menschliche Eingriffe die Situation verschärft. Bis in das Jahr 1903 wurde in dem Gebiet ein Steinbruch betrieben. Beim Bau der Eisenbahnlinie, deren Trasse im Bereich des Wandfußes geplant war, wurden 1909 bei einer Sprengung 80000 m³ Felsmasse entfernt. Zwar wurde durch die Sprengung überhängendes Material in der Felswand entfernt, die Maßnahme führte jedoch auch zu

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einer Auflockerung des Materials, zu einer Vergrößerung von Trennflächen und es wurden auch neue Risse erzeugt. Die Folge war, dass es im Laufe der nächsten Jahrzehnte immer wieder zu Felsstürzen kam, wobei diese sehr oft in Verbindung mit Starkregenereignissen auftraten. Im Zuge einer geotechnischen Untersuchung wurde ein Zusammenhang zwischen den Regenereignissen und einer Reduktion der Reibung in den Gleitflächen, wodurch der labile Gleichgewichtszustand überschritten wurde, nachgewiesen.

Nach dem Felssturzereignis im Juli 2009 wurde ein Sanierungskonzept entwickelt, das eine Kombination von primären und sekundären Sicherungsmaßnahmen beinhaltet. Als sekundäre Sicherungsmaßnahme wurde ein Schutzdamm mit ausreichendem Retentionsraum zwischen der Felswand und der Bahnlinie errichtet. Als primäre Schutzmaßnahmen war das Entfernen von absturzgefährdeten Material vorgesehen. Nach 3 Monaten Bauzeit konnte die Bahnlinie wieder eröffnet werden.

Abb. 4: Bahnlinie nach der Wiedereröffnung, links im Bild ist der Schutzdamm zu sehen. (aus: Müllegger, 2013)

2.6.2 Felssturz Eiblschrofen

Ab dem 10. Juli 1999 begann am Eiblschrofen (Schwaz, Tirol) eine Serie von Felsstürzen, die einige Wochen dauerte. Am Beginn der Serie lösten sich ca. 20000 m³, die Gesamtkubatur über die

(21)

gesamte Zeitspanne betrug ca. 150000 m³. Da im Gefahrenbereich Siedlungen und Gewerbebetriebe lagen, veranlassten die zuständigen Behörden eine Räumung von 8 Gewerbebetrieben und 56 Wohnhäusern. Es waren ca. 270 Einwohner betroffen.

Die geologische Situation wird von Poscher (2001) folgendermaßen beschrieben: „Das Eiblschrofenmassiv besteht aus Gesteinen der paläozoischen "Grauwackenzone" und deren sedimentärer permotriadischer Auflage. Es handelt sich um ein steilstehendes Segment paläozoischer Karbonate, denen am Wandfuß permoskythische Sedimente ("Buntsandstein") vorgelagert sind. Hangseitig wird der Karbonatkörper von paläozoischen Schiefern begrenzt, welche an Lateralverschiebungen auch innerhalb des Karbonatkörpers auftreten. Das Trennflächengefüge in den Karbonaten der Wandbereiche ist entsprechend den dominierenden Strukturen durch inntalparallele hangausfallende und hangeinfallende Pultflächen sowie orthogonale Trennflächen charakterisiert. …. Neben den prähistorischen und mittelalterlichen Bergbauanlagen im Eiblschrofenmassiv gibt es unterirdische Abbaue, in denen die paläozoischen Karbonate hereingewonnen werden. Dieser Umstand bedingt eine fachliche wie auch rechtliche Komplizierung der Thematik. Die seit einem Verbruchsereignis im Jahre 1993 geführte Diskussion hinsichtlich der Relevanz oberirdischer und unterirdischer sowie fossiler und rezenter Risikofaktoren hinsichtlich der Stabilität des Eiblschrofens führte zum Einbau von Erschütterungsmessgeräten im Bereich der Bergbaue.“

Der Felssturz von 1999 passierte zu einer Zeit, in der in der Region eine erhöhte seismische Aktivität infolge von Erdbeben registriert wurde.

Aufgrund der Ereignisse wurden folgende Maßnahmen beschlossen:

 Aufbau eines Monitoringsystems zur kontinuierlichen Beobachtung des vom Felssturz betroffenen Gebietes (Abb. 5).

 Errichtung eines Schutzdammes um den evakuierten Siedlungsraum wieder benutzbar zu machen (Abb. 6).

(22)

Abb. 5: Monitoring System Eiblschrofen – Übersichtsprofil mit den Überwachungs- und Meßsystemen. (aus:

Scheikl, et al. 2000 Nr 1)

Der Schutzdamm wurde als Geokunststoffen bewehrter Erddamm mit einer Kubatur von 180000 m³ errichtet, ergänzend dazu wurde im Seitenbereich ein 130 m langes Steinschlagnetz montiert.

Obwohl die Arbeiten im unmittelbaren Gefahrenbereich durchgeführt werden mussten, konnten die Bauwerke innerhalb von weniger als 3 Monaten fertiggestellt werden. Felsstürze, die sich seit damals ereignet haben, stellten so keine Gefahr für den Siedlungsraum dar.

(23)

http://www.naturgefahren.at/.imaging/stk/naturgefahren/bildLarge/dms/naturgefahren/karten/chronik/Katastrophen_oestr/felssturz1999/Fels sturz_Schwaz/document/Felssturz_Schwaz.jpg (November 2015)

https://wwwstatic.tirol.gv.at/t3tiro/typo3temp/_processed_/csm_Damm_Eibelschrofen_quer_43_c5b16d8036.jpg (November 2015)

Abb. 6: Schutzdamm Eiblschrofen. Oberes Bild – Damm kurz nach der Fertigstellung. Unteres Bild – Damm einige Jahre später. Der Damm ist mittlerweile begrünt und fügt sich gut in das Landschaftsbild ein.

(24)

3 Lastansätze für Anprallkräfte zufolge Muren

Es werden Lastansätze für die Bemessung von Schutzbauwerken gegen die Anprallkraft von Muren angegeben. Muren wurden deshalb ausgewählt, weil sich die Formeln der ONR Richtlinien auf den Murdruck beziehen.

Die Ermittlung der Anprallkräfte ausschließlich aufgrund einer Theorie ist wegen der Fülle an Faktoren bis jetzt nicht möglich. Die Berechnung der Kräfte erfolgt anhand von empirischen Formeln, die aus der Auswertung von Modellversuchen oder Naturbeobachtungen hergeleitet werden. Bei Beobachtungen in der Natur besteht das Problem, dass einerseits das Auftreten einer Mure schwer vorhersehbar ist und andererseits die Eingangsgrößen unbekannt sind. Bei Modellversuchen im Labor ist zu beachten, dass es sich um Kleinversuche handelt und bei Rückschlüssen auf die Natur Skalierungseffekte berücksichtigt werden müssen.

Prinzipiell kann man zwischen hydraulischen Druckmodellen und Modellen, die die Kollisionen zwischen festen Teilchen berücksichtigen, unterscheiden. Die hydraulischen Druckmodelle kann man grob in hydrostatische und hydrodynamische Modelle unterteilen.

Eine in der Praxis häufig verwendete Formel, die auf dem hydrostatischen Modell basiert, stammt von Lichtenhahn (aus Bergmeister et al. 2009):

𝒑 = 𝒌 ∙ 𝜸𝒘∙ 𝒉𝒘 (1)

p mittlerer Murdruck [kN/m²]

k Lasterhöhungsfaktor, dynamischer Beiwert k=7-10 nach Lichtenhahn

k=3-11 in der Praxis üblich

w Wichte des Wassers [kN/m³]

hw Stauhöhe [m]

Die Beliebtheit dieser Formel ergibt sich aus der einfachen Handhabung, der Hauptparameter ist die Stauhöhe, die in vielen Fällen der Bauwerkshöhe entspricht und die Anprallkraft kann daher auf sehr einfache Weise berechnet werden. Zu beachten ist, dass hier mit der Wichte des Wassers und nicht mit der höheren Wichte des Murgangs zu rechnen ist.

(25)

Aus Modellversuchen leitet Armanini folgende Beziehung ab (aus Bergmeister et al. 2009):

𝑷𝒘𝒈= 𝟒, 𝟓 ∙ 𝝆𝒘𝒈∙ 𝒈 ∙ 𝒉𝒘𝒈𝟐 (2)

Pwg statische Ersatzkraft für den dynamischen Murdruck

wg Murdichte [kg/m³]

g Erdbeschleunigung [m/s²]

hwg Abflusstiefe [m]

Diese beiden Formeln beruhen auf einem hydrostatischen Ansatz, der allgemein wie folgt angeschrieben werden kann (aus Proske, et al. 2008):

𝒑𝒎𝒂𝒙= 𝒌 ∙ 𝝆𝒘𝒈∙ 𝒈 ∙ 𝒉𝒘𝒈 (3)

pmax maximaler Murdruck [kN/m²]

k Lasterhöhungsfaktor, dynamischer Beiwert

wg Murdichte [kg/m³]

g Erdbeschleunigung [m/s²]

hwg Abflusstiefe [m]

Der allgemeine hydrodynamische Ansatz, der aus dem Impulssatz der Hydrodynamik hergeleitet wird, lässt sich folgendermaßen formulieren (aus Proske et al. 2008):

𝒑𝒎𝒂𝒙= 𝒂 ∙ 𝝆𝒘𝒈∙ 𝒗𝟐 (4)

pmax maximaler Murdruck [kN/m²]

wg Murdichte [kg/m³]

v Murgeschwindigkeit [m/s]

a empirischer Faktor (2,0 für laminares Material, 3,0 für feinkörniges Material, 4,0 für grobkörniges Material)

Kherkheulidze gibt für den mittleren Murdruck eine Formel an, die sich aus einem statischen und dynamischen Anteil zusammensetzt. Die Formel ist für einen relativ breit gestreuten Bereich gültig (v=1,4 bis 22 m/s; h=0,1 – 11,2 m; Dichte 1,67 bis 2,29 t/m³; aus Bergmeister et al. 2009):

𝒑 = 𝟎, 𝟏𝟎 ∙ 𝝆𝒘𝒈∙ 𝒈 ∙ (𝟓 ∙ 𝒉 + 𝒗𝟐) (5)

Hübl/Holzinger haben aus Modellversuchen einen besonderen hydrodynamischen Ansatz entwickelt.

Dabei wurde die gemessene Anprallkraft aus den Versuchen mit der theoretischen,

(26)

hydrodynamischen Kraft normiert. Danach wurde eine Korrelationsanalyse zwischen der normierten Kraft und der Froude-Zahl durchgeführt, die Formel ist daher auch nur für einen Bereich der Froude- Zahl von 1 bis 15 gültig (aus Bergmeister et al. 2009):

𝒑 = 𝟒, 𝟓 ∙ 𝝆𝒘𝒈∙ 𝒗𝟎,𝟖∙ (𝒈 ∙ 𝒉)𝟎,𝟔 (6)

Beim allgemeinen hydrostatischen Ansatz nach Gleichung (3) wird der hydrostatische Druck mit einem Lasterhöhungsfaktor k beaufschlagt, beim hydrodynamischen Ansatz nach Gleichung (4) wird der dynamische Druck mit dem Faktor a erhöht. Für den Entwurf eines Schutzbauwerkes ist daher die Festlegung dieser Faktoren notwendig. Um den Wertebereich für die Praxis festlegen zu können, werden die Beiwerte durch Rückrechnungen aus stattgefundenen Ereignissen ermittelt (Tab. 3).

Tab. 3: Beobachtete Murgänge und geschätzte Anprallkräfte, empirische Faktoren k und a und Froude-Zahl.

(aus: Proske, et al. 2008)

Die Ergebnisse von Tabelle 3 zeigen, dass der hydrostatische Beiwert k mit der Froude-Zahl tendenziell ansteigt und für den Bereich Fr=0,5 bis 1,3 in einem Bereich von ca. 3,7 bis 6,5 liegt. Der hydrodynamische Faktor fällt a steigt mit fallender Froude-Zahl. Für den Bereich Fr=0,85 bis 1,30 liegt a zwischen 7 und 4,1.

(27)

4 Die ONR Richtlinien 24801 und ONR 24802

Die Richtlinien ONR 24801 – Schutzbauwerke der Wildbachverbauung – Statische und Dynamische Einwirkungen

und

ONR 24801 – Schutzbauwerke der Wildbachverbauung – Projektierung, Bemessung und konstruktive Durchbildung

dienen zum Entwurf und zur Bemessung von Wildbachverbauungen

4.1 Prozess- und Einwirkungsmodell nach ONR 24801

In der ONR 24801 wird ein Prozeßmodell, welches den Verlagerungsprozeß (z.B. Mure oder eine andere Massenbewegung) abbildet, definiert. Für das beanspruchte Bauwerk wird ein Einwirkungsmodell festgelegt. An einer Schnittstelle werden Parameter des Prozessmodells (z.B.

Fließgeschwindigkeit, Überlagerungshöhe) an das Einwirkungsmodell übergeben. Mit diesen Parametern können dann die prozeßbedingten Einwirkungen berechnet werden und als Beanspruchung auf das Bauwerk angesetzt werden (Abb. 7)

Abb. 7: Schematische Darstellung der Ermittlung der Einwirkungen aus dem Naturprozess auf das Bauwerk (Auszug aus ONR 24801 Schutzbauwerke der Wildbachverbauung)

(28)

4.2 Einwirkungen nach ONR 24801 bzw. 24802

Schutzbauwerke werden durch statische Einwirkungen wie z.B. Eigengewicht, Wasser- und Erddruck und dynamische Einwirkungen aus Naturprozessen beansprucht. Die Einwirkungen lassen sich nach zeitlicher Veränderung, Ursprung, räumlicher Verteilung und deren Natur unterscheiden (Tab. 4).

Wasser- und Erddrücke sind in der Regel als ständige Einwirkungen anzusetzen, die dynamischen Kräfte aus den Naturprozessen können als veränderliche oder außergewöhnliche Einwirkungen in Rechnung gestellt werden. Zusätzlich werden in der ONR 24801 noch Sondereinwirkungen, die in besonderen Fällen zu berücksichtigen sind, angegeben.

Tab. 4: Einwirkungen nach ONR 24801 bzw. 24802 und die relevanten Bemessungssituationen

Einwirkungsart Bemessung-

situationen

sndig venderlich außergewöhnlich direkt indirekt ortfest frei statisch dynamisch

Eigengewicht x x x x BS1, BS2, BS3

Erddruck x x x x x BS1, BS2, BS3

Hydrostatischer Wasserdruck x x x x BS1, BS2, BS3

Prozessbedingter dynamischer Wasser- oder Murendruck entsprechend dem

Bemessungsereignis (z.B. BHQ)

x x x x BS1, BS2

Prozessbedingter dynamischer Wasser- oder Murendruck größer als das Bemessungsereignis (z.B.

HQ5000)

x x x x BS3

Einzellast aus Gerinneprozessen x x x x BS1, BS2

Verkehrslasten x x x x BS1, BS2, BS3

Lawinen x x x x x BS3 (BS1,BS2)a

Seitlicher Hangdruck (Talzuschub) x x x x BS1, BS2, BS3

Steinschlag, Felssturz x x x x x BS3 (BS1,BS2)b

Erdbeben x x x x BS3

Eingeprägte Verformungen (Zwänge) x x x x BS1, BS2, BS3

Temperatur x x x BS1, BS2, BS3

Zeitabhängiges Materialverhalten

(Schwinden, Kriechen) x x x BS1, BS2, BS3

a) für Bauw erke die eine Schutw irkung gegen Law inenprozesse haben b) für Bauw erke die eine Schutzw irkung gegen Steinschlag oder Felssturz haben

Zeitliche

Veränderung Ursprung Räumliche

Verteilung Natur

Sondereinwirkungen

(29)

Eigengewicht

Das Eigengewicht ist nach den ÖNORMEN EN 1991-1-1 bzw. ÖNORMEN B 1991-1-1 zu ermitteln.

Erddruck

Die Ermittlung der Erddrücke erfolgt nach ÖNORM B 4434 unter Berücksichtigung der ÖNORM B 1997-1-1. Erddrücke können als Belastung oder als Widerstand wirken. Der Erdwiderstand darf nur in Rechnung gestellt werden, wenn dieser Widerstand dauerhaft wirkt und das Bauwerk eine ausreichende Bewegung ausführen kann, um den Widerstand aktivieren zu können.

Hydrostatischer Wasserdruck

Der hydrostatische Wasserdruck kann aus freiem Einstau und/oder dem Grundwasser herrühren. Der statische Wasserdruck setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen (Abb. 8):

o Statischer Wasserdruck auf der Oberwasserseite (wst,o) o Statischer Wasserdruck auf der Unterwasserseite (wst,u) o Wasserauflast auf dem Bauwerk (wa)

o Sohlwasserdruck

Abb. 8: Komponenten des statischen Wasserdrucks (Auszug aus ONR 24801 Schutzbauwerke der Wildbachverbauung)

(30)

Nachweis von Einzelkomponenten

Für den Nachweis der inneren Standsicherheit (STR) werden zur Berücksichtigung von lokal höheren Drücken, die durch den Anprall von Einzelkomponenten verursacht werden, statische Ersatzlasten angesetzt:

Tab. 5: Statische Ersatzlasten für die Einwirkung von Einzelkomponenten (Auszug aus ONR 24801)

Lawinen

Einwirkungen aus Lawinen können als außergewöhnliche oder veränderliche Einwirkung angesetzt werden. Lawinen sind dann zu berücksichtigen, falls das Schutzbauwerk im Bereich eines Lawinenzuges liegt.

Steinschlag, Felssturz

Felssturz oder Steinschlag sind als veränderliche oder außergewöhnliche Einwirkung zu behandeln. Sie müssen nicht mit anderen veränderlichen Einwirkungen kombiniert werden.

Erdbeben

Der Erdbebennachweis für Schutzbauten ist in der ONR 24801:2011 geregelt.

Verkehrslasten

Sollten auf das Bauwerk Verkehrslasten wirken, so sind diese nach ÖNORM EN 1991-2 anzusetzen.

4.3 Prozessbedingte Kräfte nach ONR 24801

In der ONR 24801 werden als prozessbedingte Kräfte der statische Wasser- bzw.- Murdruck und der dynamische Murdruck bzw. hydrodynamische Wasserdruck definiert, wobei sich die Formeln für den

(31)

Wasserdruck und den Murdruck nur im Ansatz der unterschiedlichen Wichte unterscheiden. Es werden im Folgenden nur die Formeln für den Murdruck angegeben. Abbildung 9 zeigt das Prozess- und Einwirkungsmodell für ein Bauwerk, das von einer Mure getroffen wird. Auf der rechten Seite von Abbildung 9 ist Prozessmodell mit den Parametern v,,hdyn,hstat dargestellt. Mit diesen Parametern werden dann die prozessbedingten Drücke und Kräfte mit Formeln (7) bzw. (8) und (9) bzw. (10) ermittelt. Die linken Seite von Abbildung 9 zeigt das Einwirkungsmodell auf das Bauwerk. Für die dynamischen Kraft wird eine rechteckförmige Druckverteilung angenommen, während für die Berechnung der statischen Kraft eine dreieckförmige Druckverteilung zugrunde gelegt wird.

Abb. 9: Prozess- und Einwirkungsmodell auf ein Bauwerk zufolge einer Mure (Auszug aus ONR 24801)

Für statischen Murdruck nach ONR 24801 gelten die Zusammenhänge aus der Hydrostatik : 𝒑𝒔𝒕= (𝝆𝑴∙ 𝒈 ∙ 𝒉𝒔𝒕) ⋅ 𝟏𝟎−𝟑) [kN/m²] (7)

𝑷𝒔𝒕 =𝟏

𝟐∙ 𝒑𝒔𝒕∙ 𝒉𝒔𝒕 [kN] (8)

Den dynamischen Murdruck erhält man nach ONR 24801 aus dem Impulssatz der Hydrodynamik:

𝒑𝒅𝒚𝒏= (𝝆𝑴∙ 𝒗𝟐) ⋅ 𝟏𝟎−𝟑) [kN/m³] (9) 𝑷𝒅𝒚𝒏= (𝝆𝑴∙ 𝒃𝒅𝒚𝒏∙ 𝒉𝒅𝒚𝒏∙ 𝒗𝟐 ) ⋅ 𝟏𝟎−𝟑) [kN] (10)

(32)

Dabei bedeuten:

 M Dichte des Materials

 g Erdbeschleunigung (9,81 m/s²)

 hst Höhe des statischen Drucks

 bdyn dynamische Belastungsbreite (kann kleiner als die Bauwerksbreite sein)

 hdyn dynamische Belastungshöhe, (2 m ≤ hdyn≤ 4m)

4.4 Schadensfolgeklasse und Grenzzustände

Bauwerkskategorie. Die Schadensfolgeklasse für das Schutzbauwerk ist in ONR 24802 geregelt (Tabelle 6). Ein Bauwerk ist dabei entweder als Standard- oder als Schlüsselbauwerk zu klassifizieren. Bei Standardbauwerken hat ein Versagen nur eine mittlere oder geringe Auswirkung auf den geschützten Bereich, der in diesem Fall locker besiedelte Gebiete, Einzel- und Nebengebäude umfasst und für Personen nur ein geringes bis mittleres Gefahrenrisiko besteht. Sind jedoch von einem Bauwerksversagen dicht besiedelte Gebiete oder wichtige Infrastruktureinrichtungen betroffen oder es besteht ein hohes Personenrisiko, so ist die Schutzeinrichtung ein Schlüsselbauwerk. Standardbauwerke werden der Schadensfolgeklasse CC1 oder CC2 zugeordnet, während für Schlüsselbauwerke die Schadenfolgeklasse CC3 gilt.

(33)

Tab. 6: Einteilung eines Schutzbauwerkes zu einer Schadensfolgeklasse (ONR 24802)

Die Bemessung des Schutzbauwerks hat nach den einschlägigen Normen (Eurocodes) zu erfolgen.

Dabei sind die Grenzzustände der Tragfähigkeit – Verlust des Gleichgewichts, Tragwerksversagen, geotechnische Grenzzustände (z.B. Grundbruch), Auftriebssicherheit, hydraulischer Grundbruch - und der Gebrauchstauglichkeit -Setzungen des Untergrunds, Bauwerksverformungen - nachzuweisen (Tab. 7). Für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit definiert die ONR 24802 zusätzlich noch den Nachweis, dass das Schutzziel erfüllt ist (GZG 3 – Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit im Prozessablauf). Unter dem Schutzziel im Sinne der ONR 24802 versteht man das Maß an Sicherheit, das durch die geplanten Schutzmaßnahmen erreicht werden soll. Die Festlegung des Schutzzieles erfolgt durch den Bauherrn (auf Basis von Sachverständigengutachten), wobei ökonomische, soziale und ökologische Faktoren zu berücksichtigen sind.

(34)

Tab. 7: Übersicht über nachzuweisende Grenzzustände (ONR 24802)

(35)

5 Modellversuche

Für die Entwicklung von Lastansätzen für Anprallkräfte sind Modellversuche unbedingt erforderlich.

Es ist dabei zu beachten, dass Modellversuche im kleinen Maßstab unter Laborbedingungen stattfinden, für Rückschlüsse auf Naturprozesse muss dieses Skalierungsproblem berücksichtigt werden. Auf den folgenden Seiten werden einige Publikationen, die sich mit Modellversuchen beschäftigen, vorgestellt. Vor allem wird darauf Wert gelegt, Informationen über den qualitativen Kraftverlauf eines Anprallprozesses zu erhalten. Auf diese Weise kann man einschätzen, ob die mit DAN 3D ermittelten Kräfteverläufe qualitativ mit den Ergebnissen der Modellversuche übereinstimmen.

5.1 Modellversuche von Moriguchi et.al.

Moriguchi et al. (2009) ließen Sand in einer Acryl/Plexiglasrinne auf eine Platte mit Geräten zur Messung der Kraft abstürzen. Die Länge zwischen dem Sandbehälter und der Messplatte betrug 180 cm. Bei der Rinne konnte man die Neigung (45°, 50°, 55°, 60° und 65°) variieren. Als Ergebnis wurden u.a. Kurven mit dem zeitlichen Kraftverlauf veröffentlicht. Für die größeren Neigungen wurden ein rascher Kraftanstieg und ein anschließender Abfall auf das statische Niveau ermittelt. Bei flacheren Neigungen war der Anstieg nicht so ausgeprägt und bei 45° konnte keine Spitze im Kraftverlauf gemessen werden (Abb. 11).

Abb. 10: Versuchsaufbau- und typischer Kraftverlauf (Moriguchi, et al. 2009)

(36)

5.2 Modellversuche von Cui, Zeng und Lei

Bei den Versuchen von Cui, Zeng und Lei (2015) wurde aus einem Tank ein Wasser- Feststoffgemisch in eine Rinne geleert. Am Ende der Rinne stand in Querschnittmitte eine Säule mit Druckaufnehmern. Beim Absturzprozess wurde der Druck auf die Säule gemessen, das Wasser- Feststoffgemisch konnte aber seitlich an der Drucksäule vorbei rinnen. Die Drucksensoren waren auf verschiedenen Höhen angebracht. Die Rinnenlänge betrug 3 m, die Höhe 40 cm. Neben dem Drucksensor erfolgte die Messung der Stärke des abstürzenden Materials mittels Laser und zusätzlich wurden die Experimente mit einer Kamera gefilmt. Bei den Versuchen wurde die Feststoffkonzentration variiert, sodass die Dichte des Materials zwischen 1000 kg/m³ (reines Wasser) und ca. 2140 kg/m³ variierte. Auch hier wurden zeitliche Kraftverläufe gemessen, die einen abrupten Anstieg und ein etwas sanfteres Abklingen des Impacts zeigen.

Abb. 11: Versuchsaufbau und typischer Verlauf des dynamischen Druckes und der Tiefe des Wasser- Feststoffgemisches. (Cui, Zang und Lei 2015)

5.3 Modellversuche von Mancarella und Hungr

In den Versuchen von Mancarella und Hungr (2010) wurden keine Kräfte oder Drücke gemessen, sondern es wurde der Run-Up im Experiment ermittelt und mit den Ergebnissen einer Simulationsberechnung verglichen. Die Nachrechnung wurde mit der zweidimensionalen Variante des DAN Codes durchgeführt und für die vorliegende Arbeit ist das deshalb interessant, weil damit ein Vergleich zwischen einem Versuch und einer DAN-Berechnung vorliegt.

Im Versuch ließ man in einer Rinne Sand hinab rinnen, am Ende der Rinne befand sich ein gebogenes Stück, das den Übergang zu einer Gegenrinne bildet. Der Sand lief das Gegenstück

(37)

hoch, der Run-Up wurde gemessen. Die Neigung der Rinne betrug 29°, der Winkel des Gegenstücks war variabel und umfasste den Wertebereich 7°,13°, 22°, 33°, 44° und 61°.

Ein interessantes Phänomen wurde bei der Berechnung mit einem steilen Gegenhang (61°) festgestellt. In der DAN- Berechnung fließt ein Teil der Masse nach dem ersten Run-Up wieder zurück und es bildet sich im Endzustand ein „Höcker“ (Abb. 13:). Im Modellversuch war das nicht der Fall. Mancarella und Hungr erklären dieses Phänomen damit, dass die internen Schubspannungen an den Trennflächen zwischen den Blöcken bei der Mittelung über die Dicke ignoriert werden. Es wird sich zeigen, dass dieses Phänomen auch in der vorliegenden Arbeit auftritt. Auf den dynamischen Impact und Höhe des Run-Ups hat dies jedoch keinen Einfluss.

In der rechten Abbildung von Abbildung 13 ist der Run-Up sind die Ergebnisse des Laborversuches und der Simulationsrechnung dargestellt. Während der Laborversuch nur bis 22° einen Anstieg des Run-Ups zeigt und im Bereich zwischen 22° und 61° praktisch horizontal verläuft, zeigt die Berechnung eine Anstieg bis zu 61° („Analysis Normal“). Das heißt, dass die Berechnung die Höhe des Run-Ups überschätzt. Zusätzlich sind in dem Diagramm noch die Berechnungsergebniss, die den Run-Up mit empirischen Formeln ermitteln, eingetragen.

Abb. 12: Versuchsaufbau und Vergleich der Run-Up-Höhen zwischen Experiment, DAN Berechnung und Ermittlung mit empirischen Formeln

(38)

Abb. 13: Gegenüberstellung Modellversuch mit DAN Berechnung für 61°. Man kann erkennen, dass sich in der Berechnung für den Endzustand ein „Höcker“ durch Zurückfließen der Masse bildet, der im Modellversuch nicht auftritt.

(39)

6 Das Programm DAN 3D

Das Progamm DAN 3D (Dynamic Analysis) wurde von Oldrich Hungr im 1995 an der University of British Columbia entwickelt. Mit dem Programm kann man Erdrutsche und anderen schnellen Massenbewegungen am Computer simulieren. Beim Programm DAN wird ein kontinuumsmechanischer Ansatz, bei dem die Absturzmasse als zusammenhängendes Netz modelliert wird, verwendet. Die Materialeigenschaften werden dabei über die gesamte Masse

„verschmiert“ angenommen, mikromechanische Vorgänge innerhalb der Gesamtmasse werden nicht berücksichtigt. Bei einem kontiuumsmechanischen Ansatz wird vorausgesetzt, dass die Einzelteile klein gegenüber der gesamten Absturzmasse sind.

Massenbewegungen werden vom Programm mit fluidähnlichem Verhalten beschrieben. Das Absturzmaterial, das in der Realität heterogene Eigenschaften aufweist, wird im Programm durch eine äquivalente homogene Flüssigkeit modelliert (Abb.15). Die Modellparameter werden durch rheologische Beziehungen gesteuert. Man kann zwischen innerer Rheologie – damit sind die Materialeigenschaften zwischen den Einzelteilen der Absturzmasse (innere Spannungsverteilung) gemeint – und der basalen Rheologie – damit werden die Eigenschaften an der Fuge zwischen Absturzmasse und Gleitfläche beschrieben – unterscheiden.

Durch die unterschiedlichen Ansätze von interner und basaler Rheologie ist es möglich, dass die Simulation reale Massenbewegungen hinsichtlich des Run-Outs, der mittleren Geschwindigkeit, der Morphologie der Ablagerung und der Dauer sehr gut beschreibt und das Programm daher zum Nachvollziehen von tatsächlichen Massenbewegungen und zur Prognose von möglichen Ereignissen herangezogen werden kann.

Abb. 14: a) Darstellung einer sich bewegenden heterogenen Masse; b) idealisierten Modell einer homgenen, „scheinbar flüssigen“ Masse (aus Ixenberger, bzw. nach Hungr 1995)

(40)

6.1 Der basale Scherwiderstand T

Der Run-Out Prozess wird hauptsächlich vom basalen Scherwiderstand gesteuert. Die Scherkraft T wirkt der Bewegungsrichtung entgegen. Im Programm DAN 3D stehen insgesamt 5 Materialrheologien zur Beschreibung des basalen Scherwiderstands zur Verfügung:

 Frictional

 Plastic

 Newtonian

 Bingham

 Voellmy

In der vorliegenden Arbeit werden der Frictional- und der Voellmy-Ansatz verwendet, das sind die in der Forschung am meisten verwendeten Modelle. Im Folgenden werden daher auch nur diese beiden Materialrheologien beschrieben.

6.1.1 Frictional Flow - Reibungsrheologie

Der basale Scherwiderstand kann durch folgenden Zusammenhang beschrieben werden:

(11)

zx………...in der Sohle wirkende Schubspannung

z………...auf die Sohle wirkende Normalspannung ru………….Porenwasserdruck

…………..basale Reibungswinkel

Das Schwerwiderstand ist von der Auflast (Normalspannung auf die Sohle) durch die Absturzmasse, dem Porenwasserdruck und dem Reibungswinkel in der Fuge zwischen Absturzmasse und Gleitfläche abhängig. Für die Verwendung der Reibungsrheologie ist eine gute Abschätzung des Porenwasserdruck ru und des basalen Reibungswinkel  erforderlich. In der Literatur wird auch oft der Begriff des bulk friction angle b verwendet, bei dem der Porenwasserdruck mitberücksichtigt wird:

(12)

  

1 tan tan b ru

  

zx  z 1ru tan

(41)

6.1.2 Voellmy - Reibungsrheologie

Die „Voellmy Reibungsrheologie“ wurde 1995 von Voellmy zu Untersuchung von Schneelawinen eingeführt. Das Modell setzt sich aus einem Reibungs- und Turbulenzterm zusammen:



 

    

 

 

zx z f g v2

(13)

zx………...in der Sohle wirkende Schubspannung

z………...auf die Sohle wirkende Normalspannung

f…………..dimensionsloser Reibungskoeffizient, äquivalent zu „tan b

·g………..Wichte des Materials v………Geschwindigkeit

………Turbulenzkoeffizient [m/s²]

Der erste Term der Gleichung entspricht der Reibungsrheologie, während für den zweiten Term Anleihen aus der Strömungshydraulik genommen wurden, wobei  dem Quadrat des Chezy Koeffizienten C entspricht. Mit dem zweiten Term werden alle möglichen Ursachen für den geschwindigkeitsabhängigen Anteil des Scherwiderstands abgedeckt.

6.2 Programmsteuerung

Das Programm DAN 3D benötigt für die Berechnung Angaben über die Topographie des Geländes und der Absturzmasse sowie die Materialparameter, mit denen die rheologischen Eigenschaften beschrieben werden. Die Topographie muss für das Programm in speziellen ASCI Grid-Files (*.grd) aufbereitet werden. Dazu wird ein digitales Höhenmodell in der Ebene in ein X-Y-Gitter unterteilt und jedem Gitterpunkt wird eine Z-Koordinate zugeordnet. Für die Eingabe werden 3 verschiedene Grid–

Files benötigt, denen allen gemeinsam ist, dass sie die gleiche Anzahl von Gitterpunkten aufweisen und sich nur in den Z-Werten unterscheiden:

Path Topography File: Diese Datei beinhaltet die Geländegeometrie, in der der Absturz stattfindet („Pfad“ entlang dem der Absturz stattfindet). Zu beachten ist, dass die Absturzmasse vom Geländemodell abgezogen ist und die Abbruchfläche freiliegt:

ZPath = Zursprüngliches Gelände – ZAbbruchmasse (14)

(42)

Source Depth File: In dieser Datei ist die Absturzmasse für den Startzeitpunkt definiert. Die Datei hat nur Z-Werte an der Stelle der Absturzmasse, an allen anderen Stellen ist der Wert 0.

Erosion Map File: In dieser Datei wird jedem Punkt ein Material zugeordnet. Auf die Datei kann verzichtet werden, falls nur mit einem Material gerechnet wird, alle Punkte erhalten automatisch die Materialnummer 1.

Abbildung 16 zeigt schematisch die Inhalte der 3 Dateien. Anzumerken ist noch, dass alle Grid- Files ein bestimmtes Format („Surfer6.grd“) haben müssen, da nur dieses Format von DAN3D gelesen werden kann. Die Umwandlung aus einer X-Y-Z-Datei erfolgt mit dem Programm Surfer.

Abb. 15: Schematische Darstellung von „Path“- „Source“- und „Erosion“-File.

(43)

Neben den drei Grid-Dateien werden noch eine Reihe von Parametern für die Berechnung benötigt:

No. of Materials: Anzahl der unterschiedlichen Materialien bzw. Rheologien (Abb. 16). Es kann mit bis zu 20 verschiedenen Materialien gerechnet werden.

No. of Particles: Anzahl der Teilchen, in die die Absturzmasse unterteilt wird. Der Wert liegt zwischen 400 und 2000 Partikeln (Abb. 16). Je höher die Anzahl, desto präziser ist die Berechnung, die Berechnungszeit nimmt allerdings mit der Teilchenanzahl zu.

Erosion Rate: Damit kann eine Zunahme des Volumens der Absturzmasse während des Abgleitens durch Erosion des Untergrund berücksichtigt werden. Die Erosionsrate ist die prozentuale Zunahme des Volumens im Verhältnis zur zurückgelegten Strecke. Es besteht die Möglichkeit die Erosionsrate E nach Eingabe des Anfangs-, Endvolumens (VA, VE) und der zurückgelegten Strecke L vom Programm nach folgender Formel berechnen zu lassen (Abb. 16):

L V V

E A

E 

 

ln (15)

Maximum Simulation Time: Die maximale Zeitspanne für die Berechnung.

Time Step: Zeitschritt für die Berechnung, muss zwischen 0,05 s und 0,1 s liegen. Ein kleinerer Zeitschritt führt zu genaueren Ergebnissen, ist jedoch auch mit einem größeren Rechenaufwand verbunden. Je größer die gewählte Partikelanzahl ist, desto geringer sollte der Zeitschritt gewählt werden.

Abb. 16: DAN 3D – Allg. Kontrollparameter und Berechnung der Erosionsrate

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