DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BRIEFE AN DIE REDAKTION
MULTIPLE CHOICE
Zu dem Artikel von Prof. Dr.
med. Otto Harth: „Unverbes- serliche Ärztliche Vorprüfun- gen ...", in Heft 6/1986, Seite 309 ff.:
Sprachlich mißverständlich
Der Verfasser hat zu Recht ausgeführt, daß das der- zeitige Multiple-choice- Verfahren untauglich ist, da die als zutreffend vor- gesehenen Antworten un- ter wissenschaftlichen As- pekten teilweise schwere Mängel aufweisen. Teilwei- se sind manche Fragen schon sprachlich mißver- ständlich. Beispielsweise wurde im 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung August 1984 folgende Frage ge- stellt:
„Monatliche Menstrua- tionsblutungen, die regel- mäßig über 150 ml betra- gen, sind ein Grund für die Entwicklung einer Eisen- mangelanämie, weil in 150 ml Blut ungefähr 75 mg Ei- sen enthalten sind und die monatliche Eisenresorp- tion normalerweise niedri- ger liegt." Die Aussage 1, Aussage 2 und die kausale Verknüpfung wurde als richtig bewertet.
Menstruationsblut besteht zu 60 bis 80% aus Schleim, gemischt mit Blutteilen.
Die als zutreffend bewerte- te Antwort hält einer Über- prüfung nur dann stand, wenn im 1. und 2. Teil der Frage von einem realen Blutverlust von über 150 ml und nicht von Menstrua- tionsblut ausgegangen wird, obwohl der Wortlaut wohl gegen diese Auffas- sung sprechen dürfte.
Auch bei einer angegriffe- nen Frage der Ärztlichen Vorprüfung im August 1984 ging es einzig und allein um die sprachliche Ausle- gung der folgenden Frage:
„Die Globuline haben eine größere mittlere relative Molekülmasse als Albu-
min." Es ist wissenschaft- lich unstrittig, daß alle Glo- buline mit Ausnahme des Alpha-1-Globulines eine größere relative Molekül- masse als Albumin haben.
Es ging deshalb um die Frage, ob die Betonung auf
„die" Globuline (generell) liegt oder oder auf „mittle- re" relative Molekülmasse.
Es könnten einige weitere Beispiele aufgeführt wer- den, wo schon die sprach- liche Auslegung einer Fra- ge zu verschiedenen Ant- worten führen kann.
Albert Stegmaier Rechtsanwalt Bahnhofstraße 1 6902 Sandhausen/
Heidelberg
UMWELT
Zu dem Leserbrief von Dr.
med. Klaus Ciba („Unter- schätzt?"), in Heft 9/1986, Sei- te 510, der sich auf einen Arti- kel von Dr. rer. nat. Jürgen Vogt bezog („Die Industriege- sellschaft als Brunnenvergif- ter?" Heft 47/1985, Seite 3511):
Unwürdig
Ich habe etwas gegen die Ausdrucksweise von Kolle- gen Ciba/Lübeck, die che- mische und pharmazeuti- sche Industrie benehme sich „allzu sorglos" zur Grundwassergefährdung durch Einleitung teilweise hochdifferenzierter und hochwirksamer Zwischen- und Abfallprodukte, und dies sogar mit kriminellen Methoden ... Wie begrün- det Ciba sein Pauschalur- teil?
Pauschalurteile sind ei- gentlich des Arztes unwür- dig, weil sie Unkenntnis einerseits und Emotion an- dererseits verraten.
Seit Jahren verfolge ich von Amts wegen und auch als Medizinjournalist die Szene und weiß daher, daß
der Ausdruck „sorglos"
schlicht falsch ist und auf den Schreiber zurückfällt, der, wie man aus seiner Än- derung entnehmen muß, ein gravierendes Urteil
„sorglos" ausspricht.
Wer anders soll denn Ah- nung von Gewässerschutz haben, als die Persönlich- keiten aus Industrie und Wissenschaft, die täglich damit konfrontiert werden, selber in den fraglichen Bereichen leben und Mil- liarden von Mark genehmi- gen müssen, um gerade bei den hochdifferenzier- ten, hochwirksamen und dazu noch in unterschied- lichen Intervallen anfallen- den Zwischen- und Abfall- produkten, die Abwasser- erklärung mit einem Höchstaufwand an Investi- tion, technischem „know how" und praktischer Er- fahrung vor Einleitung in den Vorfluter durchzufüh- ren. Wer oder was ist da kriminell?
Kollege Ciba möge sich über die „Sorglosigkeit"
der in der genannten Indu- strie Verantwortlichen, et- wa an Rhein, Main und Neckar, selber kundig ma- chen.
Eine Studienreise dorthin mit Besichtigung und Rückfragen lohnt sich. Das bedeutet nicht, alles sei schon so, wie wir alle es uns und die Verantwort- lichen es sich wünschen.
Aber gerade die Differen- ziertheit der Abfallproduk- te macht die Schwierigkeit aus, das Abwasser mit Be- lebtschlamm oder wie im- mer von dem zu befreien, was die Umwelt belasten könnte. Das macht Sorgen!
„Die Industrie" besitzt Fachleute für Abwasserfra- gen, die bestimmt nicht schlechter ausgebildet und von nicht geringerer Ver- antwortung sind, als man das von einem Facharzt schlechthin annimmt. An- onyme Anschuldigungen
KASSENÄRZTE
Zu dem Editorial „Die Kassen- ärzte — kriminalisiert", in Heft 11/1986, Seite 653:
Erzwungener Ausgleich
In Ihrem Hinweis ... ver- misse ich, wie immer, den Hinweis auf kriminelle Ver- haltensweisen des Staates gegenüber den Ärzten und hierdurch erzwungene Ausgleichsmaßnahmen:
Ein Allgemeinarzt muß we- gen des unbezahlten Schriftverkehrs (Kranken- kassen) oder unterbe- zahlten Schriftverkehrs (Schwerbeschädigtenge- setz etc.) seine Arbeitszeit verdoppeln und hierdurch ständig die Arbeitszeitord- nung verletzen und zusätz- liche Mittel erarbeiten, um die völlig ungenügenden staatlichen Kostenerstat- tungen zu subventionie- ren: So muß er z. B. für ei- ne DIN-A4-Seite (Kostener- stattungen nach GZSE 1 DM) nach dem Stand von 1953 21,80 DM zulegen, für eine Stunde Gerichtster- min (Kostenerstattung 5 bis 20 DM) 280 bis 295 DM selbst aufbringen, die Kfz- Kosten werden völlig unzu- reichend erstattet; die BKK Daimler-Benz zahlt für ärzt- liche Tätigkeit weniger als die Sozialbehörde in Ham- burg usw. usw.
Dr. Dr. med. G. Hertel Allgemeinarzt
Eimsbütteler Straße 110 2000 Hamburg 50
gehören, wie ich meine, nicht in einem ärztlichen Standesblatt veröffentlicht.
Dr. med.
Bernhard Knoche Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Städt. Medizinaldirektor a. D.
4000 Düsseldorf 30
1338 (18) Heft 19 vom 7. Mai 1986 83. Jahrgang Ausgabe A