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Untersuchung der Auswirkung von Mepazin und Biperiden hinsichtlich extrapyramidal-motorischer Störungen im immundefizienten Mausmodell in der Therapie des humanen Pankreaskarzinoms

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Untersuchung der Auswirkung von Mepazin und Biperiden hinsichtlich extrapyramidal-motorischer Störungen im immundefizienten Mausmodell in der

Therapie des humanen Pankreaskarzinoms

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med. vet.)

vorgelegt von

Nadine Scholz geb. Wenzel Lüneburg

Hannover 2016

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Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. P. Steinberg

Institut für Lebensmitteltoxikologie und Chemische Analytik

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Prof. Dr. med. Prof. h.c. Dr. h.c. J.R. Izbicki Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Visceral- und Thoraxchirurgie

Zentrum für Operative Medizin

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

1. Gutachter: Prof. Dr. J.R. Izbicki Prof. Dr. P. Steinberg

2. Gutachter: Prof. Dr. G. Bicker

Tag der mündlichen Prüfung: 23.05.2016

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Meinen Eltern in Liebe und Dankbarkeit

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INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG ... 9

2 LITERATURÜBERSICHT ... 12

2.1 Das Pankreaskarzinom in der Humanmedizin ... 12

2.1.1 Epidemiologie... 12

2.1.2 Anatomie und Histologie ... 13

2.1.3 Ätiologie und Pathogenese ... 15

2.1.4 Diagnostik des Pankreaskarzinoms ... 17

2.1.5 Pharmakologische Therapie des Pankreaskarzinoms ... 19

2.1.6 Chirurgische Therapie des Pankreaskarzinoms ... 25

2.2 Das Pankreaskarzinom in der Veterinärmedizin ... 26

2.2.1 Epidemiologie... 26

2.2.2 Anatomie und Histologie ... 28

2.2.3 Ätiologie und Pathogenese ... 30

2.2.4 Diagnostik des Pankreaskarzinoms ... 33

2.2.5 Pharmakologische Therapie des Pankreaskarzinoms ... 35

2.2.6 Chirurgische Therapie des Pankreaskarzinoms ... 38

2.3 Neuroleptika... 39

2.3.1 Neuroleptika in der Human- und Veterinärmedizin ... 39

2.3.2 Wirkung und Nebenwirkung von Neuroleptika im Hinblick auf extrapyramidal-motorische Störungen ... 44

2.3.3 Das Phenothiazinderivat Mepazin ... 53

2.3.4 Das Anticholinergikum Biperiden in der Therapie Neuroleptika-induzierter EPMS ... 55

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2.3.5 Die Paracaspase MALT1 als therapeutisches Ziel des

Phenothiazinderivates Mepazin ... 58

2.3.6 Einführung in die Vorarbeiten der Arbeitsgruppe um Herrn Dr. El Gammal in der allgemeinchirurgischen Forschung des Universitätsklinikums Hamburg- Eppendorf ... 64

2.4 Verhaltensanalysen ... 65

2.4.1 Der Spontaneous Activity in the Cylinder-Test ... 66

2.4.2 Der Challenging Beam Traversal-Test ... 67

2.4.3 Der Adhesive Removal-Test ... 69

2.5 Die Bedeutung des Doppelknockout Pfp-/-/Rag2-/--Mausmodell ... 70

2.6 Das Xenograftmodell in onkologischen in vivo Versuchen... 71

2.7 Medikamentenapplikation und Injektionstechnik ... 73

2.8 Ziele der vorliegenden Arbeit ... 74

3 MATERIAL UND METHODEN ... 76

3.1 Materialien... 76

3.1.1 Injektionslösungen und Substanzen ... 76

3.1.2 Verbrauchsmaterialien ... 77

3.1.3 Geräte und Software ... 78

3.1.4 Mausstamm ... 79

3.1.5 Tierhaltung ... 79

3.1.6 Genehmigung... 80

3.2 Methoden ... 81

3.2.1 Zellbiologische Methoden ... 81

3.2.1.1 Die humane Pankreaskarzinomzelllinie Panc-1 ... 81

3.2.1.2 Kultivierung eukaryotischer Zellen ... 81

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3.2.1.3 Passagieren von Zellen mittels Trypsin-EDTA-Lösung ... 81

3.2.1.4 Zellzahlbestimmung mittels Neubauer-Zählkammer ... 82

3.3 Tierversuche ... 82

3.3.1 Lösen des Mepazin-Hydrochlorids ... 82

3.3.2 Tumorinduktion durch subkutane Injektion ... 83

3.3.3 Intraperitoneale Medikamentenapplikation von Mepazin, Biperiden und der Mepazin-Biperiden-Kombination ... 83

3.3.4 Markierung ... 84

3.3.5 Körpergewichtsbestimmung und Messen der Tumorgröße ... 84

3.4 Verhaltensanalysen ... 85

3.4.1 Zylinder-Test ... 85

3.4.2 Auswertung des Zylinder-Tests ... 87

3.4.3 Beam-Test ... 87

3.4.4 Auswertung des Beam-Tests ... 90

3.4.5 Adhesive Removal-Test ... 90

3.4.6 Auswertung des Adhesive Removal-Tests ... 92

3.4.7 Versuchsabbruch mittels kardialer Punktion in der final anästhetisierten Maus ... 92

3.5 Statistische Auswertung ... 93

4 ERGEBNISSE ... 96

4.1 Zylinder-Test ... 96

4.1.1 Analyse der Anzahl der Aufrichtungen im Zylinder-Test ... 96

4.1.2 Analyse der Anzahl der Vorderfußschritte im Zylinder-Test ... 99

4.1.3 Analyse der Anzahl der Hinterfußschritte im Zylinder-Test ... 102

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4.1.4 Analyse der Dauer der Pflegezeit im Zylinder-Test ... 105

4.2 Beam-Test ... 107

4.2.1 Analyse der Schrittanzahl des Beam-Tests ... 107

4.2.2 Analyse der Fehleranzahl des Beam-Tests ... 110

4.2.3 Analyse der Zeit im Beam-Test ... 113

4.3 Adhesive Removal-Test ... 117

5 DISKUSSION ... 120

5.1 Diskussion der Methodik ... 120

5.2 Diskussion der Ergebnisse des Zylinder-Tests ... 129

5.3 Diskussion der Ergebnisse des Beam-Tests ... 131

5.4 Diskussion der Ergebnisse des Adhesive Removal-Tests ... 134

5.5 Abschließende Betrachtung und Ausblick ... 135

6 ZUSAMMENFASSUNG ... 137

7 SUMMARY ... 139

8 LITERATURVERZEICHNIS ... 141

9 ANHANG ... 170

9.1 Abbruchkriterien ... 170

9.2 Abbildungsverzeichnis ... 172

9.3 Tabellenverzeichnis ... 174

9.4 Abkürzungsverzeichnis ... 175

10 DANKSAGUNG ... 176

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1 EINLEITUNG

In Deutschland erkranken jährlich mehr als 15.000 Menschen an einem duktalen Pankreaskarzinom (SEUFFERLEIN et al. 2014), wobei sich die Hauptzahl der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose bereits in einem weit fortgeschrittenen Erkrankungsstadium befindet. Dies ist einer der Gründe, warum die Inzidenz des Pankreaskarzinoms sehr nahe bei der jährlichen Mortalitätsrate liegt. Ein Langzeitüberleben stellt die Ausnahme dar. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate beim Pankreaskarzinom ist in Deutschland die niedrigste Überlebensrate unter allen Krebserkrankungen (ROBERT-KOCH-INSTITUT 2015). Über die Jahre wurden viele Patienten in klinische Studien eingeschlossen, ohne dass sich daraus ein neues Therapiekonzept ergeben hat (CHIEN et al. 2015). Neue Therapiestrategien, die im Gesamtüberleben einen Vorteil gegenüber dem Therapiestandard Gemcitabin zeigen, werden dringend benötigt.

Einer von mehreren Ansätzen ist die Induktion von Apoptose in Tumoren. Die Arbeitsgruppe um Herrn Dr. med. Alexander T. El Gammal in der allgemeinchirurgischen Forschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hat anhand von in vitro Experimenten zeigen können, dass eine Apoptoseinduktion bei Pankreaskarzinomzellen MALT1-abhängig ist.

Diese MALT1-Abhängigkeit haben auch NAGEL et al. (2012) in vitro bei diffus großzelligen Lymphomen des Subtyps ABC (activated-B-cell-like diffuse large B- cell lymphoma) gezeigt. Ein Wirkstoffscreening zur Identifikation von MALT1- Hemmstoffen führte zu der Stoffklasse der Phenothiazine. Mepazin zeigte hier im Vergleich zu anderen Phenothiazinen das größte inhibitorische Potential (NAGEL et al. 2012).

Des Weiteren konnte die Arbeitsgruppe am UKE zeigen, dass Mepazin als MALT1- Inhibitor zu einer Proliferationshemmung und Apoptosesteigerung in humanen Pankreaskarzinomzellen führt. Inwieweit eine Behandlung durch Mepazin als Therapieoption im humanen Pankreaskarzinom in Frage kommt, soll durch in vivo

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Versuche an einem immundefizienten Mausmodell in der vorliegenden Arbeit geklärt werden.

Mepazin ist ein klassisches Neuroleptikum aus der Gruppe der Phenothiazinderivate, welche als Nebenwirkung extrapyramidal-motorische Störungen (EPMS) verursachen können (ALTHAUS 2010; MUTSCHLER 2012).

Eine Therapie der Neuroleptika-induzierten EPMS besteht in der Gabe von Biperiden (FRÖLICH et al. 2013).

Die in vitro Vorversuche der Arbeitsgruppe am UKE zeigten des Weiteren, dass Biperiden aufgrund ähnlicher Struktur-Wirkungsbeziehungen wie Mepazin an die allosterische MALT1-inhibierende Tasche bindet und ebenfalls einen antiproliferativen Effekt hat (EL GAMMAL et al. (2015) und unveröffentlichte Daten).

Hauptaugenmerk dieser Arbeit ist die Auswirkung der Therapie mit Mepazin hinsichtlich der möglichen Ausbildung von EPMS und die Antagonisierbarkeit mit Biperiden sowie die Auswirkung einer Kombinationstherapie aus beiden.

Mepazin kam in den 1950er Jahren als Neuroleptikum für die Behandlung der Schizophrenie unter dem Handelsnamen „Pacatal“ auf den Markt (FELDMAN 1957). Aufgrund fehlender Effektivität und der Neuentwicklung besser wirksamer Neuroleptika wurde Mepazin wieder vom Markt genommen (KLEIN 2007). Die Studienlage zu Mepazin hinsichtlich EPMS ist zum einen dadurch sehr veraltet, zum anderen werden in einer potentiellen antitumoralen Therapie des Pankreaskarzinoms andere Dosierungen eingesetzt, als es zur Behandlung der Schizophrenie vor über 60 Jahren üblich war.

Neuroleptikainduzierte EPMS können den Alltag und die Lebensqualität von Patienten erheblich einschränken (COUREY 2007). Dies kann in der Folge Auswirkungen auf die sogenannte „Compliance“, die Therapietreue der Patienten haben.

Der potentielle Einsatz von Mepazin in der Therapie des Pankreaskarzinoms setzt für einen Erfolg eine hohe Compliance voraus. Dafür ist es wichtig, das Vorkommen von EPMS unter Mepazintherapie in in vivo Versuchen abzuschätzen.

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In der vorliegenden Arbeit wurden die Auswirkungen einer Mepazintherapie, einer Biperidentherapie und einer Mepazin-Biperiden-Kombinationstherapie an einem Mäusekollektiv mit bekannten und etablierten Verhaltenstests quantitativ erfasst.

Neoplasien des Pankreas sind in der Veterinärmedizin im Vergleich zu anderen Krebsarten zwar selten, es existieren aber gut dokumentierte Fälle. Die Prognose für Tiere mit Adenokarzinom des Pankreas ist schlecht, da auch hier der Tumor äußerst aggressiv wächst und auf eine Therapie kaum anspricht (NELSON et al.

2010). Dies unterstreicht somit die Notwendigkeit, dass genau wie in der Humanmedizin auch in der Veterinärmedizin dringend neue therapeutische Ansätze gefunden werden müssen.

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2 LITERATURÜBERSICHT

2.1 Das Pankreaskarzinom in der Humanmedizin

2.1.1 Epidemiologie

In Deutschland erkranken jährlich etwa 16.700 Menschen an einem Pankreaskarzinom (SEUFFERLEIN et al. 2014; ROBERT-KOCH-INSTITUT 2015).

Wie auch in den USA ist in Deutschland das Pankreaskarzinom die vierthäufigste krebsbedingte Todesursache mit 16.100 Todesfällen im Jahr 2012 (ROBERT- KOCH-INSTITUT 2015). Dies zeigt, wie eng Inzidenz und jährliche Mortalitätsrate beieinander liegen (SEUFFERLEIN et al. 2014; TUMORREGISTER MÜNCHEN 2015). Die Inzidenz der Erkrankung ist stark ansteigend und wird Schätzungen zufolge im Jahre 2020 die zweithäufigste durch Krebs bedingte Todesursache in den USA sein (JEMAL et al. 2011; FARRELL et al. 2014). Diese Schätzung muss aber vor dem Hintergrund der verlängerten Lebenserwartung betrachtet werden.

Das Alter ist einer der Hauptrisikofaktoren um an Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken. So ist mit steigender Lebenserwartung auch ein Anstieg der Erkrankungsrate zu erwarten (LOWENFELS et al. 2005). CHIEN et al. (2015) erwarten für das Jahr 2015 in den USA mehr als 45.000 Neuerkrankungen und mehr als 38.000 Todesfälle im Zusammenhang mit Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Achtzig Prozent der Erkrankungsfälle treten zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr auf, Erkrankungen bei Personen jünger als 45 Jahre sind selten (SPALDING et al.

2011). Das mittlere Erkrankungsalter für Männer liegt bei 71Jahren, bei Frauen sind es 75 Jahre (ROBERT-KOCH-INSTITUT 2015). Eine Geschlechterpräferenz ist laut SEUFFERLEIN et al. (2014) nicht zu beobachten, während andere Autoren eine Verteilung des Geschlechterverhältnisses von etwas über 54 % Frauen zu 46 % Männern sehen (SAHORA et al. 2008). SPALDING et al. (2011) berichten, dass weltweit die Inzidenz bei Männern höher ist als bei Frauen und insgesamt ein Geschlechterverhältnis von Männern zu Frauen von 1,5:1 resultiert.

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Europaweit ist das Pankreaskarzinom die siebthäufigste Krebsart und geschätzt verantwortlich für 2,8 % der krebsbedingten Todesfälle bei Männern und für 3,2 % bei den Frauen im Jahr 2012 in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) (SEUFFERLEIN et al. 2012). Es ist dabei die fünfthäufigste krebsbedingte Todesursache mit ca. 70.000 Todesfällen pro Jahr (SEUFFERLEIN et al. 2012).

Das entspricht einem Anteil von 6,2 % aller Krebstoten in der EU in 2012.

Schätzungen zufolge wird es in naher Zukunft die vierthäufigste krebsbedingte Todesursache europaweit sein (JEMAL et al. 2011; SEUFFERLEIN et al. 2012;

FERLAY et al. 2013).

2.1.2 Anatomie und Histologie

Die Bauchspeicheldrüse entwickelt sich aus dem embryonalen Zwölffingerdarm (Duodenum) in Form einer ventralen und einer dorsalen Pankreasknospe. Die ventrale Anlage rotiert um das Duodenum und verschmilzt dort mit dem dorsalen Teil. Die dorsale Anlage bildet Körper- und Schwanzabschnitt des Pankreas, die kleinere ventrale Anlage bildet den späteren Pankreaskopf und den hakenförmigen Fortsatz (Processus uncinatus) (SOBOTTA et al. 2010; SCHÜNKE et al. 2015).

Bei einem erwachsenen Menschen wiegt das Pankreas 70 – 110 g, besitzt eine Länge von ca. 15 – 20 cm, eine Breite von ca. 5 cm und eine Dicke von etwa 2 – 3 cm. Das Pankreas liegt sekundär retroperitoneal, wobei der Pankreaskopf (Caput pancreatis) dem absteigenden Anteil des Duodenums anliegt und in den Processus (Proc.) uncinatus übergeht. Der Proc. uncinatus umfasst die Mesenterialgefäße A.

und V. mesenterica superior. Der Kopf des Pankreas setzt sich in den Körper (Corpus pancreatis) fort, welcher die Wirbelsäule in Höhe des 1. – 2.

Lendenwirbelkörpers überquert. Der Schwanzabschnitt (Cauda pancreatis) schließt sich an den Pankreaskörper an und zieht an der linken Niere vorbei bis zur Milzpforte. Der Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse (Ductus wirsungianus, Ductus pankreaticus major) durchzieht die gesamte Drüse und nimmt das Sekret des Pankreas auf. Er mündet gemeinsam mit dem Gallengang auf der Vaterschen

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Papille (Papilla duodeni major) in den Zwölffingerdarm (BIRMINGHAM 1896;

BADGER et al. 2010; SOBOTTA et al. 2010; SCHÜNKE et al. 2015).

Die Anatomie und Lagebeziehungen des Pankreas sind in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Pankreas, Anatomie und Lagebeziehungen. Ansicht von dorsal (SOBOTTA et al.

2010).

Histologisch besteht das Pankreas aus zwei funktionell getrennten Anteilen, dem exokrinen und dem endokrinen Teil. Achtundneunzig Prozent der Organmasse besteht aus dem exokrinen Anteil, dessen Drüsen (Azini) die Verdauungsenyzme produzieren, die noch als Vorstufen über den Ausführungsgang an das Darmlumen abgegeben werden. Zu diesen Enzymen zur Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettaufspaltung gehören unter anderem Trypsinogen, Alpha-Amylase und Pankreaslipase.

Die restlichen 2 % der Organmasse macht der sogenannte Inselapparat als endokriner Anteil aus. Dieser besteht aus ca. einer Million inselartig im endokrinen Pankreasgewebe verteilter Zellen, welche die Langerhans’schen Inseln (Insulae pancreaticae) bilden. Dieses endokrine Organ ist unter anderem für die Synthese

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und Ausschüttung der Hormone Insulin und Glukagon verantwortlich (SOBOTTA et al. 2010; SCHÜNKE et al. 2015).

2.1.3 Ätiologie und Pathogenese

Mehr als 85 % der Tumore des Pankreas sind duktale Adenokarzinome, welche durch maligne Transformation von Zellen des exokrinen Pankreas entstehen (LI et al. 2004a; HEZEL et al. 2006; HIDALGO 2010; ISHIWATA 2013). Weitere, aber seltenere Formen und ihre Häufigkeiten sind das undifferenzierte Karzinom, (ca.

4%), das adenosquamöse Karzinom (ca. 3 %), das Zystadenokarzinom (ca. 2 %) und das Siegelringzellkarzinom mit ca. 1 %iger Häufigkeit (BRANDWEIN et al.

2001; VINCENT et al. 2011) . Das duktale Adenokarzinom des Pankreas (PDAC = Pancreatic Ductal Adenocarcinoma) wird auch als exokrines Pankreaskarzinom bezeichnet.

Die Ätiologie des Pankreaskarzinoms gilt als komplex und multifaktoriell, wobei Tabakkonsum und eine familiäre Prädisposition eine Hauptrolle zu spielen scheinen (BRUNE et al. 2010; MAISONNEUVE et al. 2010). Tabakkonsum ist für ein Viertel der Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse verantwortlich. Ergebnisse einer Metaanalyse aus 82 Studien ergaben, dass Rauchen das Risiko für eine Erkrankung an Bauchspeicheldrüsenkrebs um bis zu 75 % steigert, mit einem zusätzlich erhöhten Risiko für Langzeitraucher und Kettenraucher (GALL et al.

2015). Als weitere Risikofaktoren werden Alter, Diabetes mellitus Typ 2 (GULLO 1999), Adipositas, familiäre Häufung chronischer Pankreatiden und afroamerikanische ethnische Abstammung genannt (PETERSEN et al. 2003;

MAISONNEUVE et al. 2010; SPALDING et al. 2011; YADAV et al. 2013;

ZAMBIRINIS et al. 2013). Angenommen wird, dass eine hohe Kalorienzufuhr durch eine fett- und fleischreiche Diät mit geringem Gemüse- und Folsäureanteil ebenso zu einem erhöhten Risiko beiträgt wie eine Helicobacter pylori Infektion und parodontale Erkrankungen (VINCENT et al. 2011). Zu den genetischen Prädispositionen, die mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko einhergehen, zählen das familiäre Pankreaskarzinom (FPC), das Peutz-Jeghers Syndrom, die hereditäre Pankreatitis, das hereditäre Mammakarzinom und das Lynch-Syndrom. Ca. 5-10 %

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der Pankreaskarzinome haben eine heriditäre Ursache (SCHENK et al. 2001;

SAHORA et al. 2008; ESER et al. 2014).

Die intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN), die intraepitheliale Neoplasie des Pankreas (PanIN = Pancreatic Intraepithelial Neoplasia) und die muzinös- zystische Neoplasie (MCN = mucinous cystic neoplasms) gelten als die wichtigsten Vorläuferläsionen des duktalen Pankreaskarzinoms. (HRUBAN et al. 2007;

GRÜTZMANN et al. 2011). PanIN werden in unterschiedliche Stadien unterteilt, PanIn-1A, -1B, -2 und -3, wobei das Auftreten einer PanIN-3 Läsion als der entscheidende Schritt in der Karzinogenese gilt. Die Abgrenzung von PanIN und IPMN kann sich schwierig gestalten und eine Entwicklung von IPMN aus PanIN ist denkbar (HEZEL et al. 2006; OTT et al. 2007; ESPOSITO et al. 2011; GRÜTZMANN et al. 2011).

Abbildung 2 zeigt das Progressionsmodell des duktalen Pankreasadenokarzinoms und die genetischen Alterationen.

Abbildung 2: Progressionsmodell des duktalen Pankreasadenokarzinoms mit Darstellung der genetischen Alterationen (HRUBAN et al. 2000).

Fünfundsiebzig Prozent aller duktalen Adenokarzinome treten am Pankreaskopf auf, 15-20 % am Pankreaskörper und 5-10 % der Adenokarzinome betreffen den Pankreasschwanz. Mehr als 90 % der duktalen Adenokarzinome zeigen genetische Mutationen auf dem Kirsten-Rat Sarkoma Gen (KRAS Gen), wobei die Mutationstypen G12V und G12D im Codon 12 überwiegen. Desweiteren zeigen

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mehr als 80 % der Tumore Mutationen oder epigenetische Veränderungen auf dem Cyclin-Dependent Kinase Inhibitor 2A Gen (CDKN2A). Mutationen auf dem Tumorsuppressorgen p53 sind in mehr als 50 % der Fälle zu finden, und weitere 50

% weisen Mutationen oder homozygote Deletionen des Deleted in Pancreatic Carcinoma locus 4/small mothers against decapentaplegic 4 Gen (DPC4/smad4) auf (HAHN et al. 1995; VINCENT et al. 2011; SEUFFERLEIN et al. 2012; GALL et al. 2015).

2.1.4 Diagnostik des Pankreaskarzinoms

Die Symptome des Pankreaskarzinoms sind häufig uncharakteristisch. Im Frühstadium ist der Krebs meist symptomlos, erst nach Metastasierung und Invasion in benachbarte Gewebe zeigen sich Symptome. Ungefähr 80 % der Patienten mit Pankreaskarzinom befinden sich in einem bereits lokal fortgeschrittenen Erkrankungsstadium bei Diagnosestellung (SAHORA et al. 2008;

VINCENT et al. 2011; KUNZMANN et al. 2014). Patienten mit diagnostiziertem Pankreaskarzinom berichten über Symptome wie Oberbauchschmerzen, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Fieber und Rückenschmerzen (BEGER et al. 2008). In etwa 10 % der Fälle tritt eine Thrombophlebitis auf (Trousseau-Syndrom). Spezifischere Beschwerden sind ein Ikterus, ein neu aufgetretener Diabetes mellitus oder eine Pankreatitis. Karzinome des Pankreaskopfes haben in der Regel das Erstsymptom eines Ikterus (VINCENT et al. 2011; WOLFGANG et al. 2013).

Bei ca. 25 % der Patienten mit Pankreaskarzinom liegt ein klinisch manifester Diabetes mellitus vor, bei weiteren 40 % der Patienten wurde eine verminderte Glukosetoleranz festgestellt (VINCENT et al. 2011).

Laborchemische Parameter zeigen Auffälligkeiten, wenn der Tumor den großen Gallengang beeinträchtigt (SAHORA et al. 2008). So kommt es zu einer Erhöhung der Werte von Serum-Bilirubin, alkalischer Phosphatase und γ-Glutamyl- Transferase. Ein Anstieg der Pankreas-Amylase und der Pankreas-Lipase ist bei

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Verlegungen des Pankreasganges zu beobachten (SAHORA et al. 2009). Bei Tumorlokalisation im Bereich des Pankreaskörpers und des Pankreasschwanzes bestehen lange keine Veränderungen im Laborbild oder es zeigen sich unspezifische Veränderungen wie Anämie, Hyperglykämie und erhöhte Leberwerte.

Diese Werte resultieren meist aus dem das Pankreasparenchym beeinträchtigenden Tumor oder aus einer Metastasierung in die Leber (SAHORA et al. 2008; GALL et al. 2015).

In der Klinik wird das Carbohydrate-Antigen 19-9 (CA 19-9) als valider Tumormarker genutzt. Eine Erhöhung des CA 19-9-Serumspiegels kann auf das Vorliegen eines gastrointestinalen Tumors hinweisen (WU et al. 2013). Jedoch ist die Spezifität des CA 19-9 eingeschränkt (HARSHA et al. 2009), da zum einen auch Magen-, Darm-, Leber-, Brust- und Lungenkrebs mit einer Erhöhung dieses Wertes einhergehen können (BHAT et al. 2012; GALL et al. 2015). Zum anderen führen auch nichtmaligne Erkrankungen wie Pankreatitis, Leberzirrhose und Lungenerkrankungen zu erhöhten CA 19-9-Werten (BHAT et al. 2012). Eine weitere Einschränkung ist, dass CA 19-9 von Patienten mit dem negativen Blutgruppenmerkmal Lewis a-/b- nicht gebildet werden kann (WU et al. 2013). Dies betrifft etwa 7 – 10 % der Bevölkerung (SAHORA et al. 2009).

Das Ausmaß des Anstiegs des Tumormarker-Serumspiegels korreliert mit der Tumorgröße, weshalb CA 19-9 zur Verlaufskontrolle von therapierten Karzinompatienten eingesetzt wird. Ein Anstieg bei einem in Remission befindlichen Patienten weist stark auf ein Rezidiv hin (SAHORA et al. 2009). Die höchste diagnostische Sensitivität hat CA 19-9 bei einem Tumordurchmesser von > 3 cm, sie liegt dann bei 85 – 90 %. Besitzt der Tumor einen kleineren Durchmesser als 3 cm oder ist schlecht differenziert, dann liegt die Sensitivität bei etwa 50 % (HARSHA et al. 2009; WU et al. 2013; GALL et al. 2015). Ein weiterer serologischer Prognosemarker ist das A Disintegrin And Metalloproteinase-9-Protein (ADAM-9), welches in einer Studie von GRÜTZMANN et al. (2004) bei 98,3 % der von ihnen untersuchten duktalen Pankreaskarzinome nachgewiesen wurde. Die zytoplasmatische ADAM-9-Expression ist mit einer geringen Tumordifferenzierung und einer verkürzten Überlebenszeit assoziiert (GRÜTZMANN et al. 2004). Das

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Carcinoembryonale Antigen (CEA) ist ein weiterer Tumormarker, eine Erhöhung tritt aber auch bei Erkrankungen wie Hepatitis, Pankreatitis, Leberzirrhose und Colitis ulcerosa auf (LUNDIN et al. 1994). Es gibt gegenwärtig keinen zuverlässigen Früherkennungstest für das Pankreaskarzinom (KLEGER et al. 2014; GALL et al.

2015).

Als weitere diagnostische Verfahren sind noch die bildgebenden Verfahren zu nennen. Abdominaler Ultraschall wird meistens zur primären Diagnostik eingesetzt (SAHORA et al. 2009). Zur weiterführenden Beurteilung dienen die Endoskopische Ultraschalluntersuchung (EUS), die kontrastmittelverstärkte Multidetektor- Computertomographie (MD-CT) und die Magnetresonanztomographie (BEGER et al. 2008; SEUFFERLEIN et al. 2012). Letztere wird dabei oft zur nichtinvasiven Beurteilung des Gallengang- und Pankreasgangsystems mit der Magnetresonanz- Cholangiopankreatikographie (MRCP) kombiniert. Dabei gilt der MD-CT als Goldstandard in der präoperativen Abklärung eines Pankreaskarzinoms (SAHORA et al. 2009). Weitere präzisere Verfahren, wie die Endoskopische-Retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP), dienen als unterstützende Untersuchung in Abhängigkeit von Lokalisation und Tumorstadium (SAHORA et al. 2008;

SEUFFERLEIN et al. 2012; WOLFGANG et al. 2013).

2.1.5 Pharmakologische Therapie des Pankreaskarzinoms

Bei der pharmakologischen Therapie des Pankreaskarzinoms wird zwischen einer adjuvanten Chemotherapie, welche im Anschluss an eine operative Sanierung der Tumorerkrankung durchgeführt wird, und einer palliativen Chemotherapie, welche bei fortgeschrittener Tumorerkrankung zur Linderung der Beschwerden und zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten beiträgt, unterschieden (SEUFFERLEIN et al. 2012). Eine neoadjuvante Therapie zielt auf eine Verkleinerung des Tumors vor einer Operation ab (SAHORA et al. 2008).

Gemcitabin wurde 1996 in Deutschland für die Behandlung des Pankreaskarzinoms zugelassen, davor war 5-Fluoruracil (5-FU) das Mittel der Wahl. In einer Studie von

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BURRIS et al. (1997) zeigt sich eine Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit und eine Verbesserung der Lebensqualität nach einer Gemcitabin-Chemotherapie im Vergleich zu 5-FU von einem Monat (5,6 Monate vs. 4,4 Monate, p = 0,0025). 5-FU als Therapiemittel der Wahl geriet dadurch in den Hintergrund, kam jedoch später in verschiedenen Studien erneut zum Einsatz. Die European Study Group for Pancreatic Cancer (ESPAC) 1-Studie verglich Patienten, die nur operativ versorgt wurden, mit Patienten, die nach der Operation eine adjuvante Chemotherapie mit einer Kombination aus 5-FU und Folinsäure bekamen. Nach fünf Jahren lebten noch 21 % der Patienten, die die adjuvante Chemotherapie zusätzlich zur Operation erhalten hatten und nur 8 % der Patienten, die nur chirurgisch versorgt wurden (SAHORA et al. 2008; VALLE et al. 2014). Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Charité Onkologie-001 (CONKO-001)- Studie. Diese Studie untersuchte sowohl das krankheitsfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben von Patienten nach Tumorresektion, welche eine adjuvante Gemcitabintherapie erhielten, im Vergleich zu einer Beobachtungsgruppe (SIEGMUND-SCHULTZE 2014). Es zeigte sich ein signifikanter Vorteil der Gemcitabingruppe sowohl hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens (13,9 vs. 6,9 Monate, p < 0,001) als auch hinsichtlich einer signifikant verbesserten 5-Jahres-Überlebensrate (21 % Gemcitabin vs. 9 % nicht adjuvant behandelt, p < 0,005) (OETTLE et al. 2007; SAHORA et al. 2009; PAULSON et al.

2013).

NEOPTOLEMOS et al. (2010) konnten in der ESPAC3-Studie zeigen, dass eine adjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin bei Patienten mit resektablem Pankreaskarzinom eine vergleichbare Wirkung hatte wie eine Kombinationstherapie mit 5-FU und Folinsäure (medianes Überleben: 5-FU/Folinsäure 23,0 Monate vs.

Gemcitabin 23,6 Monate, p  =  0,39), jedoch mit geringeren Nebenwirkungen. Auch das mediane progressionsfreie Überleben war mit rund 14 Monaten bei beiden Therapieformen vergleichbar. REGINE et al. (2008) verglichen in der Radiation Therapy Oncology Group Studie (RTOG 9704-Studie) die zusätzliche Gabe von Gemcitabin zu einem 5-FU-basierten adjuvanten Radiochemotherapieprotokoll.

Dabei wurden die beiden Zytostatika Gemcitabin und 5-FU postoperativ jeweils vor und nach einer kombinierten Radiochemotherapie mit 5-FU appliziert. Es konnte ein

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21

Unterschied im medianen Überleben für Patienten mit Tumoren im Pankreaskopf gezeigt werden (20,5 Monate Gemcitabin vs. 16,9 Monate 5-FU). Für Patienten mit Tumoren des Pankreaskorpus oder der Kauda bestand nach multivariater Analyse ein Trend zu längeren Überlebenszeiten unter Gemcitabintherapie (REGINE et al.

2008).

Die etablierte Chemotherapie bestand somit lange aus entweder einer Gemcitabin- oder 5-Fluoruracil-Monotherapie oder aus einer der beiden genannten Komponenten in Kombination mit einer zweiten zytotoxischen Substanz wie Capecitabin, Oxaliplatin oder Cisplatin. Aber auch diese Therapiekonzepte verlängerten die Überlebenszeit nur geringfügig. Sechs Monate Gesamtüberlebenszeit nach der Gemcitabinmonotherapie stehen 7,5 Monaten nach der Gemcitabin-Cisplatin-Kombinationstherapie gegenüber (HEINEMANN et al. 2006; CHIEN et al. 2015). Aktuelle Empfehlungen in der adjuvanten Behandlung sind Gemcitabin und Fluoruoracil, die hinsichtlich der Fünf-Jahres-Überlebensrate (Gemcitabin: 22,5 % vs. Fluoruoracil: 21 % vs. 9 % ohne adjuvante Therapie) als gleichwertig eingestuft werden können (KLEGER et al. 2014). In Patienten mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom zeigt sich nach palliativer Behandlung mit Gemcitabin eine geringe Verbesserung der Überlebensrate im Vergleich zu mit 5- FU behandelten Patienten (mediane Überlebenszeit 5,65 Monate versus 4,41 Monate, p = 0,0025) und eine Verbesserung in der Linderung der krankheitsassoziierten Symptome (WONG et al. 2009).

Die Kombination aus dem Epidermal Growth Factor Receptor- Inhibitor (EGFR) Erlotinib und Gemcitabin führte zu einer geringen Verbesserung der Überlebenszeit (Erlotinib/Gemcitabin 6,24 vs. 5,91 Monate medianes Überleben Gemcitabin/

Placebo). Deutlich bessere Überlebenszeiten wurden bei Patienten beobachtet, die als Nebenwirkung einen Akne-ähnlichen Hautausschlag aufwiesen. Für diese Patienten betrug das mediane Überleben 10,5 Monate im Vergleich zu 5,3 Monaten bei Ausbleiben des Hautausschlages. Die Ursache des Hautausschlages ist bisher noch nicht geklärt und Gegenstand aktueller Forschung (KLEGER et al. 2014).

Deshalb sollte eine Erlotinibtherapie nach acht Wochen beendet werden, wenn kein

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charakteristischer Hautausschlag auftritt (PAULSON et al. 2013; KLEGER et al.

2014; VALSECCHI et al. 2014).

Das FOLFIRINOX-Protokoll ist eine Gemcitabin-freie Option bei Patienten mit Metastasen. Behandlungen mit dem FOLFIRINOX Schema, bestehend aus 5-FU, Leucovorin, Irinotecan und Oxaliplatin, zeigten sowohl eine verlängerte mediane Überlebenszeit von 11,1 vs. 6,8 Monate im Vergleich zu Gemcitabin als auch eine verlängerte mediane progressionsfreie Überlebenszeit (6,4 Monate vs. 3,3 Monate).

Die Therapie mit FOLFIRINOX hat jedoch mehr Nebenwirkungen und ist deutlich toxischer als eine Gemcitabin-Monotherapie. Fünfundvierzig Prozent der Patienten in der Vergleichsstudie hatten eine Neutropenie, 13 % eine schwere Diarrhoe und 9 % eine Neuropathie (CONROY et al. 2011; KUNZMANN et al. 2014). Trotz dieser Nebenwirkungen führt FOLFIRINOX zu einer signifikant höheren Lebensqualität als Gemcitabin, es sollte aber nur bei Patienten (unter 75 Jahren) in einem guten Allgemeinzustand und mit normalen Leberwerten, normalem Bilirubinspiegel und ohne kardiale Ischämie eingesetzt werden (CONROY et al. 2011; KLEGER et al.

2014; VALSECCHI et al. 2014).

Nab-Paclitaxel (nanoparticle albumin bound paclitaxel) konnte als erste Substanz in Kombination mit Gemcitabin eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens beim metastasierten Pankreaskarzinom erreichen (KLEGER et al. 2014;

VALSECCHI et al. 2014). HOFF et al. (2013) berichten über eine Gesamtüberlebenszeit von 8,5 Monaten bei Patienten, die mit der Kombination aus nab-Paclitaxel und Gemcitabin behandelt wurden, gegenüber 6,7 Monaten bei Patienten mit Gemcitabin-Monotherapie. KUNZMANN et al. (2014) kombinierten nab-Paclitaxel und Gemcitabin mit nachfolgendem FOLFIRINOX Schema und konnten mit dieser Medikation als neoadjuvante Therapie bei Patienten mit initial nichtresektablem Pankreastumor eine sekundäre Resektabilität in Form einer R0- Resektion erreichen. Als R0-Resektion wird eine Resektion des Tumors im Gesunden bezeichnet (NEOPTOLEMOS et al. 2001; OETTLE et al. 2007).

Neben diesen Standardtherapien werden in klinischen Studien neue und ergänzende Therapieansätze erprobt, wie z.B. die Immuntherapie, Tumorvakzine,

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Angiogeneseinhibitoren, Applikation von Prodrugs und personalisierte und molekularbiologisch stratifizierte Behandlungen (ARSLAN et al. 2014; KLEGER et al. 2014).

SIKKENS et al. (2014) konnten zeigen, dass besonders bei Patienten mit einem Tumor im Bereich des Pankreaskopfes die Funktion des exokrinen Pankreas hochgradig gestört ist. Gerade diese Patienten profitieren bei adjuvanter oder neoadjuvanter Chemotherapie von einer Enzymsubstitution, welche den Gewichtsverlust eindämmt und somit den Ernährungs- und Gesundheitszustand der Patienten verbessert.

GILLEN et al. (2010) und ASSIFI et al. (2011) untersuchten in einer umfangreichen Literaturrecherche und Metaanalyse die Effekte der neoadjuvanten Chemotherapie und konnten zeigen, dass auch ein Drittel der als nichtresektabel klassifizierten Pankreastumore nach neoadjuvanter Chemotherapie eine vergleichbare mediane Überlebenszeit erzielten wie Patienten mit primär resektablem Tumor. Die mediane Überlebenszeit von Patienten mit resektablem Pankreaskarzinom und nachfolgender adjuvanter Chemotherapie gleicht der von Patienten mit resektablem Tumor, die vorher einer neoadjuvanten Chemotherapie unterzogen wurden. Dies zeigt keinen offensichtlichen Vorteil der neoadjuvanten Therapie. Bei den als nicht resektabel eingestuften Tumoren zeigt sich jedoch ein deutlicher Effekt. Ein Drittel (33,2 %) der Tumore konnte nach neoadjuvanter Chemotherapie chirurgisch entfernt werden. Die Patienten erreichten danach ähnliche mediane Überlebenszeiten wie Patienten mit primär resektablem Pankreaskarzinom (GILLEN et al. 2010). Abbildung 3 zeigt die medianen Überlebenszeiten von Patienten mit einem resektablen, lokal fortgeschrittenen/nichtresektablen und metastasierten Pankreaskarzinom.

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Abbildung 3: Mediane Überlebenszeiten. Die Abbildung gibt einen Überblick über die mediane Überlebenszeit von Patienten mit einem resektablen, lokal fortgeschrittenen/nichtresektablen und metastasierten Pankreaskarzinom

Der Stellenwert einer Strahlentherapie in der Behandlung des Pankreaskarzinoms wird kritisch diskutiert. Die Ergebnisse von Studien sind widersprüchlich und die derzeitige S3 Leitlinie Exokrines Pankreaskarzinom von Oktober 2013 (LEITLINIENPROGRAMM ONKOLOGIE 2013) empfiehlt sowohl eine adjuvante Radiochemotherapie nach R0-Resektion als auch eine additive Radiochemotherapie nach R1-Resektion nur im Rahmen von randomisiert- kontrollierten Studien durchzuführen. Eine R1-Resektion wird als eine makroskopische Entfernung des Tumors definiert, wobei aber Tumoranteile am Resektionsrand histopathologisch nachweisbar bleiben (NEOPTOLEMOS et al.

2001; VERBEKE et al. 2009). Die palliative Strahlentherapie sollte nur bei symptomatischen Metastasen zur Symptomkontrolle und Vermeidung von Komplikationen durchgeführt werden (SEUFFERLEIN et al. 2012; SEUFFERLEIN et al. 2014). Im Gegensatz zu Europa stellt eine Strahlentherapie in den USA die Standardtherapie dar (REGINE et al. 2008; VINCENT et al. 2011).

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Das Pankreaskarzinom bleibt trotz großer Fortschritte im Verständnis der Pathogenese eine Erkrankung mit einer der niedrigsten 5-Jahres-Überlebensraten (CHIEN et al. 2015). Aktuelle Therapiestrategien bleiben ohne messbaren Erfolg bezüglich der Gesamtprognose, woraus sich die dringende Notwendigkeit ergibt, neue Substanzen für die Therapie zu erforschen (SCHNEIDER et al. 2005).

2.1.6 Chirurgische Therapie des Pankreaskarzinoms

Die chirurgische Therapie ist die einzige potentiell kurative Therapiemaßnahme bei einem Pankreaskarzinom mit dem Ziel einer R0-Resektion (SAHORA et al. 2008;

SEUFFERLEIN et al. 2014). Die schlechte Prognose hängt ursächlich mit der bei Diagnosestellung meist schon vorhandenen Lebermetastasierung zusammen. Nur etwas 10 – 15 % der Tumore sind zu diesem Zeitpunkt unter kurativer Intention resektabel (NEOPTOLEMOS et al. 2001). Auch nach einer kompletten Tumorresektion liegt die mediane Überlebenszeit je nach Tumorstadium, Lymphknotenstatus und adjuvanten Therapiemaßnahmen bei 28,7 Monaten, die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei 5 % (GALL et al. 2015). Die mediane Überlebenszeit von Patienten mit einer R1/R2-Resektion des Tumors entspricht etwa sechs Monaten und gleicht damit der Überlebensrate von Patienten, die ohne Operation eine palliative Therapie erhalten (GALL et al. 2015). Unter einer R2- Resektion wird eine inkomplette Tumorresektion verstanden. Makroskopisch sichtbare Teile des Tumors können bei dieser Resektion aufgrund des Erhaltes lebenswichtiger Strukturen nicht entfernt werden (NEOPTOLEMOS et al. 2001).

Verschiedene Operationsverfahren kommen in Abhängigkeit von der Tumorlokalisation und –ausbreitung zum Einsatz. Karzinome mit Lokalisation im Pankreaskörper und im Pankreasschwanz werden mit einer Pankreaslinksresektion behandelt. Da diese Tumore aufgrund ihrer spät einsetzenden Symptomatik meist ein fortgeschrittenes Wachstum aufweisen (BACHMANN et al. 2006), wird hier zusätzlich eine sogenannte multiviszerale Resektion durchgeführt. Der Tumor wird dann mit den betroffenen Nachbarorganen, wie z.B. Magen, linke Niere, linke

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Nebenniere und Dickdarm entfernt (SAHORA et al. 2008; WOLFGANG et al. 2013;

SEUFFERLEIN et al. 2014). Bei Tumoren im Pankreaskopf wird die partielle Duodenopankreatektomie durchgeführt. Da 60-70 % der Pankreaskarzinome im Pankreaskopf lokalisiert sind, ist diese Operation die häufigste onkologische Operation des Pankreaskarzinoms (SAHORA et al. 2008).

Die klassische partielle Duodenopankreatektomie ist die Kausch-Whipple’sche Operation (kurz Whipple-OP). Sie wurde von Kausch erstmals 1912 beschrieben und von Whipple weiterentwickelt (BACHMANN et al. 2006; SAHORA et al. 2008).

Sie stellt nach wie vor eine Standardoperation beim Pankreaskopfkarzinom dar.

Die Resektion des Magens ist aber meist nicht notwendig, so dass diese klassische Form der Operation nur noch selten zu Anwendung kommt. Die Weiterentwicklung dieser Methode ist die pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie (PPPD), auch pyloruserhaltende Whipple´sche Operation genannt oder nach den Erstbeschreibern aus dem Jahr 1978 Operation nach Traverso/Longmire (BACHMANN et al. 2006; SAHORA et al. 2008; VERBEKE et al. 2009). Der Vorteil dieser Methode ist, dass durch den Erhalt der physiologischen Magenfunktion eine verbesserte Ernährung des Patienten möglich ist (SAHORA et al. 2008; BADGER et al. 2010).

Die radikalste Therapieform ist die totale Pankreatektomie. Durch ihre nachfolgenden Probleme für den Patienten in Form schwerster Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels stellt sie die Ultima Ratio in der Behandlung des Pankreaskarzinoms dar (BACHMANN et al. 2006; WOLFGANG et al. 2013).

2.2 Das Pankreaskarzinom in der Veterinärmedizin

2.2.1 Epidemiologie

Maligne Erkrankungen stellen ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem sowohl in der Humanmedizin als auch in der Veterinärmedizin dar. Da Menschen und ihre

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Haustiere denselben genetischen und umwelttechnischen Risikofaktoren ausgesetzt sind, gibt es bei bestimmten Tumorarten vergleichbare Inzidenzraten (GORDON et al. 2009; SINGER et al. 2014). Schätzungen zufolge wird jeder vierte Hund älter als zwei Jahre an Krebs erkranken (PAOLONI et al. 2007; WITHROW et al. 2013). Die Krebsprävalenz steigt besonders bei Hunden an. Dies ist zum Teil auch dem Umstand geschuldet, dass die Population insgesamt wächst. Zum anderen steigt auch bei Hunden die Lebenserwartung durch die verbesserte veterinärmedizinische Versorgung und dem Status des Haustiers als vollwertiges Familienmitglied und Sozialpartner (PAOLONI et al. 2007).

Adenokarzinome des Pankreas kommen in der Veterinärmedizin zwar seltener vor, werden aber für viele Tierarten beschrieben (ROWLATT 1967; KIRCHER et al.

1976). Meist sind die Fallzahlen jedoch gering. HOEFER et al. (1992) verweisen auf zwei Fälle bei Frettchen, CHEN et al. (2006) berichten über einen Fall bei einem Nymphensittich (Nymphicus hollandicus) und RITCHEY et al. (1997) stellten bei einer Gelbscheitelamazone (Amazona ochrocephala) ein Pankreasadenokarzinom fest. Bei Rindern wurden Tumore des Pankreas als Nebenbefunde bei der Untersuchung auf dem Schlachthof festgestellt. Die mikroskopische Untersuchung der Primärtumore stellte hauptsächlich Inselzelltumore und einen geringen Anteil an exokrinen Pankreaskarzinomen fest (KELLEY et al. 1996).

Beim Pferd existieren aufgrund der intra vitam schweren Diagnostizierbarkeit Fallberichte, die ante mortem die Diagnose Pankreaskarzinom bestätigten. Pferde zeigen eine vorwiegend unspezifische Symptomatik, die durch Inappetenz und Gewichtsverlust gekennzeichnet ist. Das klinische Bild kann unter anderem auch Aszites, milde Kolik, Fieber und Ödembildung umfassen (RENDLE et al. 2006;

BARSNICK et al. 2008; STADLER et al. 2013).

PRIESTER sammelte von März 1964 bis Dezember 1972 Daten von 11 veterinärmedizinischen Fakultäten in den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada (PRIESTER 1974). In einem Kollektiv von 10.500 mikroskopisch bestätigten Primärtumoren stellten sich 54 Proben als Pankreaskarzinome dar.

Diese teilten sich auf die Tierarten wie folgt auf: 42 Fälle bei Hunden, neun bei

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Katzen, zwei bei Rindern und ein Fall bei einem Pferd. Basierend auf diesen erhobenen Daten stellte PRIESTER als prädisponierende Risikofaktoren fortgeschrittenes Alter und beim Hund die Rassezugehörigkeit Airedale Terrier fest.

Die Inzidenz des Pankreasadenokarzinoms ist bei Hunden und Katzen ungleich höher als bei anderen Spezies wie Rindern, Pferden und Schweinen (KIRCHER et al. 1976). Die Inzidenz bei Katzen ist jedoch geringer (ROWLATT 1967; MAYR et al. 2003b). Das Pankreasadenokarzinom stellt etwa 1 % aller Tumorerkrankungen beim Hund dar (PRIESTER 1974; KIRCHER et al. 1976; MORRISON 2002). In einer weiteren retrospektiven Studie, die die Jahre 1978 – 1988 einschloß, wurde die Pathologie der Erkrankung des exokrinen Pankreas bei Hunden und Katzen untersucht. Dabei wurden an 9342 Hunden und 6504 Katzen Sektionen durchgeführt. 1,7 % der Hunde und 1,3 % der Katzen wiesen pathologische Veränderungen am exokrinen Pankreas auf. Bei 4 % der Hunde und 1,4 % der Katzen wurde ein Pankreaskarzinom festgestellt (HÄNICHEN et al. 1990).

2.2.2 Anatomie und Histologie

Die Bauchspeicheldrüse entwickelt sich gemeinsam mit der Leber aus dem hepatopankreatischen Ring der embryonalen Darmanlage (AURICH et al. 2014).

Exokrin-sekretorische und endokrin-inkretorische Anteile des Pankreas liegen in unterschiedlichen Zellsystemen getrennt vor und bilden den exokrinen (Pars exocrina pancreatis) und den endokrinen (Pars endocrina pancreatis) Teil der Bauchspeicheldrüse. Der exokrine Teil macht 98 % des Volumens des Pankreas aus und ist eine tubuloazinös zusammengesetzte, seröse Drüse (LIEBICH 2004).

Sie sondert den enzymhaltigen Pankreassaft ins Duodenum ab, welcher u.a.

Peptidasen, Nucleasen, Amylasen und Lipasen enthält. Alle enzymatisch wirksamen Substanzen liegen im Pankreas in ihrer inaktiven Form vor und werden durch die Sekrete des Dünndarms aktiviert (BJORNEBY et al. 2002; LIEBICH 2004;

ENGELHARDT et al. 2005).

Der kleinere endokrine Anteil der Bauchspeicheldrüse, welcher 1-2 % des Volumens ausmacht, besteht aus den Pankreasinseln (Insulae pancreaticae),

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welche man auch als Langerhans-Inseln bezeichnet. Sie bestehen aus vier unterschiedlichen Zelltypen, die u.a. die Hormone Glukagon, Insulin und Somatostatin produzieren (LIEBICH 2004; ENGELHARDT et al. 2005).

Die äußere Form des Pankreas der Haussäugetiere unterscheidet sich von der des Menschen und kann nicht mit der in der Humanmedizin gültigen Nomenklatur beschrieben werden (FREWEIN 2004). In der Veterinärmedizin werden ein mittlerer Körper (Corpus pancreatis) von einem rechten Duodenalschenkel (Lobus pancreatis dexter) und einem linken Milzschenkel (Lobus pancreatis sinister) unterschieden. Über den Dorsalrand des Pankreaskörpers läuft bei Hund, Katze und den Hauswiederkäuern die Incisura pancreatis, in der die Vena portae zur Leber zieht. Beim Schwein und beim Pferd verläuft die Vena portae im Pfortaderring, dem Anulus pancreatis. Die Ausführungsgänge des Pankreas sind tierartlich unterschiedlich ausgebildet, wobei Katzen und kleine Wiederkäuer einen Ductus pancreaticus (Wirsungischer Gang) haben, Schwein und Rind einen Ductus pancreaticus accessorius (Santorinischer Gang) besitzen, während Hund sowie Pferd beide Ausgänge besitzen (BJORNEBY et al. 2002; FREWEIN 2004; AURICH et al. 2014). Abbildung 4 zeigt die Anatomie des Pankreas des Hundes.

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Abbildung 4: Pankreas des Hundes, modifiziert nach FOSSUM (2009).

2.2.3 Ätiologie und Pathogenese

Pankreaskarzinome sind meist epithelialen Ursprungs und lassen sich in Tumore des exokrinen und des endokrinen Pankreas unterteilen (DENNIS et al. 2008).

Exokrine Pankreastumore haben ihren Ursprung in den Azinuszellen des Pankreas, während endokrine Pankreastumore von den Langerhans’schen Inselzellen ausgehen (LAMB et al. 1995). Exokrine Adenokarzinome des Pankreas sind am häufigsten im zentralen Teil der Drüse zu finden (KESSLER 2012). Sie besitzen eine starke Metastasierungstendenz in die Leber, Lunge, Peritoneum und neigen zur lokalen Infiltration des Duodenums und der regionalen Lymphknoten. Beim Hund sind Adenokarzinome des Pankreas insgesamt etwas häufiger als die Inselzelltumore (KIRCHER et al. 1976; LAMB et al. 1995; FOSSUM 2009; KOHN et al. 2012).

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Viele der bei Hunden häufigen Krebsarten sind denen des Menschen histopathologisch ähnlich, was auch Ähnlichkeiten im genetischen Hintergrund sowie der Entstehungsart annehmen lässt (BANNER et al. 1978). Sie zeigen ähnliche biologische Verhalten in Bezug auf Metastasierung, Rezidivraten, therapeutische Reaktion, molekulare Zielstrukturen und Resistenzverhalten (PAOLONI et al. 2007; GORDON et al. 2009; BUSHELL et al. 2015). Somit werden auch zunehmend Therapien der Humanmedizin in der Tiermedizin eingesetzt (SINGER et al. 2014).

In der Regel wird die Diagnose bei älteren Tieren gestellt, das Durchschnittsalter liegt bei Hunden bei 10 Jahren (Altersbereich 5 – 16 Jahre) und bei Katzen bei 12 Jahren (Altersbereich 2,5 – 22 Jahre) (KIRCHER et al. 1976; HÄNICHEN et al.

1990; MORRISON 2002). Als Rassen mit erhöhtem Risiko gelten neben dem Airedale Terrier der Boxer, Spaniel-Rassen, Boston Terrier, Labrador Retriever und Drahthaar-Foxterrier (NELSON et al. 2010; KOHN et al. 2012). Bei Hunden wird die Geschlechtsprädisposition diskutiert, nach FOSSUM (2009) scheint die Erkrankung tendenziell häufiger bei Rüden vorzukommen. WITHROW et al. (2013) und KESSLER (2012) sehen wiederum für ältere Hündinnen ein erhöhtes Risiko.

Die Situation bei Hunden hinsichtlich der Pathogenese scheint der des humanen Pankreaskarzinoms zu ähneln (NELSON et al. 2010). Die Abbildungen 5 und 6 zeigen histologische Schnittbilder eines Pankreasadenokarzinoms des Menschen (Abb. 5) und des Hundes (Abb. 6).

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Abbildung 5 Abbildung 6

Abbildung 5: Humanes duktales Adenokarzinom. Im Kreis ist Anisokaryose dargestellt, die Pfeile zeigen Mitosefiguren, die Sterne markieren nekrotisches Drüsengewebe. Hämatoxylin-Eosin- Färbung, 600fache Vergrößerung (© BELLIZZI et al. (2009))

Abbildung 6: Canines Adenokarzinom des exokrinen Pankreas bei einer 4-jährigen Zwergpinscherhündin. Die neoplastischen Zellen zeigen azinäre (Stern) und tubuläre (Doppelstern) Strukturen. Pleomorphie, Karyomegalie (Pfeile) und Nekrose liegen vor. Hämatoxylin-Eosin- Färbung, 400fache Vergrößerung (© OSKOUI-ZADEH et al. (2008)).

Von den genetischen Veränderungen, die in humanen Neoplasien identifiziert wurden, ist die Aktivierung von KRAS (Kirsten Rat Sarcoma), einem Mitglied der Familie der RAS-Protoonkogene, eine der häufigsten (ESER et al. 2014). MAYR et al. (2003b) und MAYR et al. (2003a) konnten sowohl bei Hunden als auch bei Katzen mit Pankreasadenokarzinom Mutationen im KRAS-Gen nachweisen.

NELSON et al. (2010) sehen die chronische Pankreatitis, ähnlich wie beim Menschen, als einen Risikofaktor für die Entwicklung eines Adenokarzinoms des Pankreas an. Die Autoren gehen davon aus, dass die für chronische Pankreatiden prädisponierten Spanielrassen deshalb auch zu den Rassen mit einem erhöhten Risiko für das Pankreaskarzinom zählen.

BUSHELL et al. (2015) beschreiben beispielsweise erstmalig den Nachweis der Inaktivierung des Tumornekrosefaktor-Receptor-Associated-Factor-3-Gens

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(TRAF3) im caninen B-Zelllymphom. TRAF3 wirkt als negativer Regulator der NF- κB-inducing-kinase (NIK) und somit des alternativen NF-κB-Signalweges beim Hund (BUSHELL et al. 2015) und Menschen (MOORE et al. 2015). Somit gilt auch in der Veterinärmedizin der NF- κB-Signalweg als ein vielversprechendes Angriffsziel in der Krebstherapie (BUSHELL et al. 2015).

2.2.4 Diagnostik des Pankreaskarzinoms

Bei Hund und Katze treten als klinische Symptome hauptsächlich Erbrechen, Bauchschmerzen, Anorexie, Gewichtsverlust, Schwäche, Lethargie und Durchfall auf. Bei der klinischen Untersuchung sind oft Ikterus durch extrahepatische Gallengangsobstruktion, abdominaler Palpationsschmerz und Aszites durch Pankreatitis und Peritonealkarzinomatose feststellbar (BRIGHT 1985; FOSSUM 2009; KOHN et al. 2012). Peritonealmetastasen, raumfordernde Prozesse, sowie Metastasierung in die Leber und die regionalen Lymphknoten treten lange vor den klinischen Symptomen auf (DENNIS et al. 2008; OSKOUI-ZADEH et al. 2008). Das Tumorgeschehen kann sich insgesamt wie eine exogene Pankreasinsuffizienz mit einem Maldigestionssyndrom darstellen (NOLTE et al. 2000; WITHROW et al.

2013).

Die labormedizinische Untersuchung liefert in den meisten Fällen keine spezifischen Befunde und es gibt bis jetzt noch keine verlässlichen Laborparameter, die als spezifisch für eine Neoplasie des exokrinen Pankreas gelten (FOSSUM 2009). In einigen Fällen besteht eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase und der Serumlipase, eine Hyperbilirubinämie und eine geringgradige Leukozytose. Eine Erhöhung der Serumlipase ist dabei in fast allen Fällen zu finden (MORRISON 2002; DENNIS et al. 2008; FOSSUM 2009; KESSLER 2012).

Tumormarker sind auch in der Veterinärmedizin von Interesse. Für häufige Krebsarten wie z.B. Hodentumore beim Rüden sind bereits Inhibin-Alpha, Vimentin und c-KIT als potentielle Tumormarker identifiziert worden (YU et al. 2009). Die

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Serum-Thymidin-Kinase gilt als Tumormarker für das maligne Lymphom und Hämangiosarkom bei Hunden (EULER et al. 2004; THAMM et al. 2012).

ANDREWS et al. (1997) konnten für Inselzelltumore des Pankreas bei Frettchen, Katzen und Hunden Chromogranin A (CgA) und Neuron-Specific-Enolase (NSE) als Tumormarker immunhistochemisch identifizieren. Spezifischere Tumormarker für das Pankreasadenokarzinom in Tieren, welche vergleichbar mit dem humanen CA 19-9 sind, konnten auch nach intensiver Literaturrecherche nicht gefunden werden.

Ähnlich wie in der Humanmedizin ist es schwierig, im frühen Stadium die Diagnose Pankreaskarzinom zu stellen. Bei klinischer Vorstellung ist der Krebs meist in einem fortgeschrittenen Stadium und hat somit eine schlechte Prognose und eine kurze mediane Überlebenszeit. Die Überlebenszeit wird in der Literatur nach Einsetzen der klinischen Symptomatik mit ca. drei Monaten angegeben (NOLTE et al. 2000;

MORRISON 2002; MAYR et al. 2003a; FOSSUM 2009).

Ein wichtiges diagnostisches Instrument in der Veterinärmedizin ist der abdominale Ultraschall (LAMB et al. 1995; MORRISON 2002). Die Differenzierung zwischen Pankreatitis und Tumor kann aber eine Schwierigkeit darstellen (KESSLER 2012;

KOHN et al. 2012). Zuverlässigere diagnostische Techniken sind die kontrastmittelverstärkte Computertomographie, die Laparoskopie und die Probelaparotomie mit Biopsieentnahme (EDWARDS et al. 1990; KOHN et al. 2012).

Die Magnetresonanztomographie hat auch in der Veterinärmedizin ihren Stellenwert, aufgrund des apparativen Aufwandes und der Kosten wird sie zumeist in Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen eingesetzt (KESSLER 2012).

Röntgenaufnahmen sind ohne diagnostischen Wert für das Pankreas, sollten aber von der Lunge in mindestens zwei Ebenen zur Abklärung von Metastasierungen angefertigt werden (EDWARDS et al. 1990; FOSSUM 2009; KESSLER 2012;

KOHN et al. 2012).

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2.2.5 Pharmakologische Therapie des Pankreaskarzinoms

Prinzipiell stehen auch alle Behandlungsmöglichkeiten der Humanmedizin der Veterinärmedizin zur Verfügung (PAOLONI et al. 2008). Die Chemotherapieprotokolle, die in der Veterinärmedizin genutzt werden, sind aus der Humanmedizin adaptiert (PAOLONI et al. 2007). Die verwendeten Chemotherapeutika müssen dazu für den veterinärmedizinischen Gebrauch aus der Humanmedizin umgewidmet werden (PAOLONI et al. 2008; ALTHAUS 2010). In der Behandlung des caninen Mammakarzinoms kommen beispielsweise Cyclophosphamid, 5-Fluoruoracil und Doxorubicin zum Einsatz, beim caninen Lymphom Vincristin, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Mitoxantron, Cytarabin, Arabinosid und Methotrexat (GARRETT et al. 2002; PAOLONI et al. 2007). Auch andere moderne zielgerichtete Therapieansätze wie Tyrosinkinase-Inhibitoren oder Krebsimpfstoffe kommen in der Veterinärmedizin immer mehr zum Einsatz (SINGER et al. 2014). Die Toxizität der Medikamente ist bei Hunden ähnlich wie beim Mensch, allerdings wird die Dosierung oft niedriger gewählt (PAOLONI et al.

2008). Lebensbedrohliche Nebenwirkungen, vielfach hervorgerufen durch Knochenmarksdepression, sind dadurch selten und kommen nur in ca. 1 % der Fälle bei veterinärmedizinischen Patienten vor. In Folge der Dosisreduktion sind die Heilungsraten deutlich geringer als bei humanmedizinischen Patienten, die dasselbe Protokoll erhalten (GARRETT et al. 2002; PAOLONI et al. 2008). Die Prognose des Pankreaskarzinoms ist aufgrund der hohen Metastasierungsfrequenz als infaust zu bezeichnen, weshalb viele Tiere unmittelbar nach der Diagnosestellung euthanasiert werden. Vereinzelt dokumentierte Überlebenszeiten betragen 3 - 90 Tage (PAOLONI et al. 2008; KESSLER 2012). Auch in der Veterinärmedizin ist die de novo Resistenz gegenüber den gängigsten Chemotherapeutika ein ernsthaftes Problem und trägt zu der extrem schlechten Prognose von Tieren mit einem Pankreaskarzinom bei (MORRISON 2002;

WITHROW et al. 2013).

Wird ein Therapieversuch gestartet, dann kommt bei Hunden Gemcitabin zum Einsatz. Ein Standard hat sich aber noch nicht durchgesetzt, was zum Teil auch an

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der schlechten medikamentösen Ansprechbarkeit des Tumors liegt (ROSATELLI et al. 2011; TILLEY et al. 2011). TURNER et al. (2006) berichten über den Einsatz von Gemcitabin bei Hunden mit Lymphom. Die zweimalige Gabe von Gemcitabin führte dabei zu keiner Minderung des Krankheitsgeschehens, jedoch zu Neutropenie und Thrombozytopenie.

In einer präklinischen Studie zum Einsatz von Gemcitabin in der Therapie des humanen Harnblasenkarzinoms bekamen Beaglehunde 350 mg Gemcitabin intravenös verabreicht. Diese Dosis wurde gut toleriert, bei höheren Dosen, die intravesical verabreicht wurden, zeigten sich schwere Nebenwirkungen in Form von Knochenmarkshypoplasie und intestinalen Nekrosen (COZZI et al. 1999).

Das Pankreaskarzinom ist sehr chemoresistent (KESSLER 2012). Mit einer Kombination aus Gemcitabin und Carboplatin konnte aber bei einer Katze mit einem histologisch nachgewiesenen Pankreaskarzinom eine komplette Remission erreicht werden. Das dreiwöchige Behandlungsprotokoll sah eine Dosierung von Gemcitabin von 2 mg/kg vor, infundiert über mindestens 20 Minuten an Tag 1 und Tag 8. Carboplatin in der Dosierung 10 mg/kg wurde an Tag 1 vier Stunden nach Gemcitabingabe intravenös verabreicht. Insgesamt wurden sechs Zyklen dieses Protokolls durchlaufen. Ein intrakavitärer Einsatz von Cisplatin und Carboplatin beim Hund beziehungsweise Cisplatin bei der Katze wird diskutiert und könnte einen Ansatz darstellen (MARTINEZ-RUZAFA et al. 2009; KESSLER 2012).

CHEN et al. (2006) behandelten einen Nymphensittich mit histologisch nachgewiesenem Adenokarzinom des Pankreas nach erfolgreicher chirurgischer Intervention mit dem Cyclooxygenase-2-(COX-2)-Inhibitor Celecoxib. Studien aus der Humanmedizin liefern Hinweise, dass COX-2-Inhibitoren einen antineoplastischen Effekt haben (DING et al. 2001; THUN et al. 2002; PINO et al.

2004; JENDROSSEK 2013). Die Behandlung in der Dosierung 10 mg/kg per os einmal täglich für drei Monate hatte jedoch primär die Schmerzlinderung im Sinne einer palliativen Therapie als Ziel. Der Nymphensittich verstarb viereinhalb Monate nach der Operation an einem Narkosezwischenfall während einer Röntgenaufnahme. Die nachfolgende Autopsie zeigte eine hochgradige

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Metastasierung in die Leber und die Lunge. COX-2 wird aber wiederum in felinen Pankreaskarzinomen selten exprimiert, so dass ein Einsatz von COX-2-Inhibitoren hier nicht sinnvoll wäre (KESSLER 2012).

ALTHAUS (2010) berichtet über gute Erfolge in der Behandlung von metastasierten Tumoren des Gastrointestinaltraktes, des Pankreas und der Blase mit 5-FU bei Tieren. Die Anwendung kann dabei intrathekal, intravenös oder intraperitoneal erfolgen. Bei Tieren mit gutem Ernährungszustand wird nach ALTHAUS (2010) eine Einzeldosierung mittels Infusion über zwei bis vier Stunden von 500 mg/m2 einmal in der Woche empfohlen. Aufgrund der Neurotoxizität sollte 5-FU bei Katzen nicht angewendet werden, bei den anderen Spezies kann es zu den typischen Nebenwirkungen wie Leukopenie, Thrombozytopenie und gastrointestinalen Störungen kommen (ALTHAUS 2010).

Die starke antitumorale Aktivität von Paclitaxel vor allem gegen solide Karzinome der Ovarien, der Lunge, bei Tumoren im Ösophagus und Kopf-Hals-Bereich führte auch zum Einsatz in der Veterinärmedizin. Der Dosierungsvorschlag von ALTHAUS (2010) sieht 170 mg/m2 bei Hunden als intravenöse Gabe alle drei Wochen vor, Katzen und kleine Hund sollten 5 mg/kg erhalten.

Die antineoplastischen Behandlungen bei Tieren sind vielfach palliativ und dienen der Schmerzlinderung sowie der Verhinderung von Übelkeit und Erbrechen (KESSLER 2012). Pankreastumore werden als äußerst schmerzhaft von Humanpatienten beschrieben, und es ist sehr wahrscheinlich, dass dies auch in anderen Spezies so ist (CHEN et al. 2006; DENNIS et al. 2008; KESSLER 2012).

Die Therapieversuche beschränken sich bis dato auf Einzelfallberichte, und einen Goldstandard für die Behandlung des Pankreaskarzinoms in der Veterinärmedizin gibt es (noch) nicht (PAOLONI et al. 2007). Wenn durch chirurgische und chemotherapeutische Maßnahmen keine Besserung der Lebensqualität erreicht werden kann, dann ist die Euthanasie die einzig ethisch vertretbare Alternative (KESSLER 2012).

Die Prognose für veterinärmedizinische Patienten mit einem Pankreaskarzinom ist auch durch die eingeschränkten wirksamen Behandlungsmöglichkeiten fast immer

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aussichtslos. Dies unterstreicht somit die Notwendigkeit, dass genau wie in der Humanmedizin auch in der Veterinärmedizin dringend neue therapeutische Ansätze gefunden werden müssen.

2.2.6 Chirurgische Therapie des Pankreaskarzinoms

Die chirurgischen Verfahren in der Veterinärmedizin sind nahezu identisch mit denen der Humanmedizin (PAOLONI et al. 2008). Die partielle Pankreatektomie wird in der Literatur als kurative Maßnahme bei Hunden genauso beschrieben wie die Pankreatikoduodenektomie nach Vorbild der Whipple-Operation in der Humanmedizin (DENNIS et al. 2008). Ist in Ausnahmefällen eine totale Pankreatektomie nötig, wird dies mit einer Resektion und Anastomosierung des proximalen Duodenums, Ligatur des Ductus choledochus und einer Cholezystojejunostomie verbunden (Billroth–II–Operation) (FOSSUM 2009). Bei diesen Operationen ist das Mortalitätsrisiko sehr hoch und die Heilungsraten extrem gering (WITHROW et al. 2013). Maßnahmen wie ein gastrointestinaler Bypass (Gastrojejunostomie) sind nur kurzfristige bzw. palliative Optionen bei einem Darmverschluss. Viele Patienten müssen aufgrund der äußerst ungünstigen Prognose intraoperativ euthanasiert werden (NOLTE et al. 2000; FOSSUM 2009).

Die mittlere Überlebenszeit nach durchgeführter Operation liegt nach DENNIS et al.

(2008) bei 5 – 120 Tagen.

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2.3 Neuroleptika

2.3.1 Neuroleptika in der Human- und Veterinärmedizin

Der Begriff Neurolepsie bezeichnet eine psychische Spannungslösung, welche bei Erhalt der Ansprechbarkeit durch eine Herabsetzung der emotionalen Erregbarkeit, eine Verminderung des Antriebs, sowie einer Dämpfung der Spontanbewegung und der Ausdrucksmotorik gekennzeichnet ist. Medikamente, die derartige Zustände induzieren, werden Neuroleptika genannt (ALTHAUS 2010). Der Begriff Neuroleptikum fasst dabei Pharmaka zusammen, die auf psychopathologische Syndrome und psychische Krankheiten einwirken (AKTORIES et al. 2013). Die typischen Antipsychotika, zu denen die älteren Substanzen gehören, werden alternativ auch als Antipsychotika der 1. Generation (First Generation Antipsychotics / FGA) und die neueren atypischen Substanzen als Antipsychotika der 2. Generation (Second Generation Antipsychotics / SGA) bezeichnet (LAUX et al. 2013).

Neuroleptika stellen chemisch gesehen eine heterogene Gruppe dar, deren Wirkung auf einer Beeinflussung der monoaminergen Neurotransmittersysteme beruht (ALTHAUS 2010).

Die typischen Neuroleptika werden nach ihrer antipsychotischen Potenz und der chemischen Struktur weiter unterteilt (MUTSCHLER 2012; AKTORIES et al. 2013).

Dabei zeigt sich, dass bei den typischen Antipsychotika große Strukturähnlichkeiten existieren, wohingegen dies bei den atypischen Antipsychotika nicht der Fall ist (LAUX et al. 2013). Die atypischen Antipsychotika lassen sich durch ihre chemische Struktur nicht weiter kategorisieren, und es lässt sich keine Struktur-Wirkungs- Beziehung wie bei den typischen Antipsychotika herstellen (FREISSMUTH et al., 2012).

In der Humanmedizin bilden die klassischen Hauptindikationen für Antipsychotika Schizophrenie, Psychosen und Angststörungen (AMARAL et al. 2012; FARIA et al.

2015). Weitere klinische Anwendungen sind schizoaffektive Erkrankungen sowie manische Episoden im Rahmen bipolarer Störungen (MUTSCHLER 2012).

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Außerhalb der Psychiatrie finden einige Antipsychotika auch Anwendung bei der Behandlung von Erbrechen als Antiemetika, als Antihistaminika oder zur Behandlung der Hyperkinesien beim Gilles-de-la-Tourette-Syndrom (CHEN et al.

2002; AKTORIES et al. 2013). Der Einsatz hier sollte aber nur nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten erfolgen (AKTORIES et al. 2013).

Die typischen Neuroleptika werden in Phenothiazine, Thioxanthene, Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine unterteilt (ALTHAUS 2010; MUTSCHLER 2012;

AKTORIES et al. 2013). Gegenstand der hier vorliegenden Arbeit ist das Phenothiazinderivat Mepazin.

Für die Klinik ist die Einteilung nach der antipsychotischen Potenz von entscheidender Bedeutung. Diese Einteilung wird dabei anhand der neuroleptischen Wirkungen vorgenommen, da antipsychotische Wirkungen schwer zu quantifizieren sind (LAUX et al. 2013). Die neuroleptische Potenz wird durch das Vorkommen der extrapyramidal-motorischen Symptomatik gemessen (FREISSMUTH et al. 2012).

Traditionelle Neuroleptika rufen als häufigste Nebenwirkung extrapyramidal- motorische Störungen (EPMS) hervor (LEHMANN et al. 1997; PELUSO et al. 2012;

FARIA et al. 2015), die nach wie vor ein zentrales Problem in der Therapie mit Antipsychotika darstellen. In Tabelle1 sind die wichtigsten Nebenwirkungen der Neuroleptika dargestellt.

Tabelle 1 : Die wichtigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen der klassischen Neuroleptika (LAUX et al. 2013).

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Neben EPMS als Nebenwirkung bei Patienten unter Phenothiazintherapie wird im klinischen Gebrauch auch Hepatotoxizität mit dieser Stoffklasse in Verbindung gebracht (FARIA et al. 2015).

EPMS lassen sich zumeist sehr frühzeitig in der Feinmotorik erkennen und können in der Humanmedizin z.B. über Veränderungen in der Handschrift erfasst werden (LEHMANN et al. 1997). Den Dosisbereich, ab dem feinmotorische Veränderungen beginnen, bezeichnet man als „neuroleptische Schwelle“. Je weniger von einer Substanz benötigt wird, bis diese neuroleptische Wirkung einsetzt, desto höher ist deren neuroleptische Potenz, also die antipsychotische Wirksamkeit dieser Substanz (LAUX et al. 2013).

Die neuroleptische Potenz ist abhängig vom Substituenten des Mittelringes (FREISSMUTH et al. 2012). Ausgehend von dem Prototyp Chlorpromazin werden alle typischen Antipsychotika verglichen und in hochpotent, mittelpotent und niedrigpotent eingeteilt (AKTORIES et al. 2013). Eine aliphatische Seitenkette bedeutet eine nieder- bis mittelpotente neuroleptische Wirkung, wie sie z.B. bei Chlorpromazin oder Levopromazin zu beobachten ist. Eine Seitenkette mit einem Piperidenring führt zu einer niedrigpotenten neuroleptischen Wirkung. Eine hochpotente neuroleptische Wirkung besitzen Wirkstoffe, bei denen der Substituent am Mittelring eine Seitenkette mit einem Piperazinring ist. Hierzu gehören unter anderem Fluphenazin und Perphenazin (FREISSMUTH et al. 2012).

Die Phenothiazine zählen durch ihre chemische Struktur zu den trizyklischen Antipsychotika (AMARAL et al. 2012; FARIA et al. 2015). Sie besitzen ein Dreiringsystem als Grundstruktur, ähnlich der Struktur von Anthracen, wobei der zentrale Ring jeweils ein Schwefel- und Stickstoffatom enthält (FARIA et al. 2015).

Anhand ihrer Substitution an den Positionen 2 und 10 werden die Phenothiazinderivate weiter unterteilt (CHEN et al. 2002; FARIA et al. 2015).

Abbildung 7 zeigt die Grundstruktur der Phenothiazinderivate.

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