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Archiv "Arzneimittelstudien: Selektive Publikation in der klinischen Forschung" (25.03.2011)

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Selektive Publikation in der

klinischen Forschung

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icht effektiv und potenziell schädlich – so lautet das ver- nichtende Urteil über das Antide- pressivum Reboxetin nach der Aus- wertung von Studien, die der Her- steller lange unter Verschluss gehal- ten hatte. Wie die Leser des „British Medical Journal“ (BMJ) im Oktober 2010 erfuhren, hatte die Firma Pfizer nur einen Bruchteil der Studiendaten publiziert. Und das waren Daten, die suggerierten, der unter dem Han- delsnamen „Edronax“ vertriebene Wirkstoff könne Depressionen lin- dern. Bezieht man jedoch auch die zunächst geheim gehaltenen Daten ein, sind die positiven Effekte im Vergleich mit einem Placebo nur noch halb so groß und damit so klein, dass Reboxetin so gut wie nutzlos ist. Umgekehrt verdoppelt sich der Anteil der Patienten, die die Studie wegen unerwünschter Ne- benwirkungen abbrachen (1–3).

Was die BMJ-Autoren, Mitarbei- ter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits- wesen (IQWiG) und externe Sach-

verständige schildern, ist ein beson- ders drastisches Beispiel für „Pub - likationsbias“ (Bias = englisch für Verzerrung).

Weniger als die Hälfte aller Zulassungsstudien publiziert Das Phänomen ist in der Medizin schon seit etwa 50 Jahren bekannt und inzwischen auch gut erforscht (4–7). Man versteht darunter einen

„systematischen Fehler (Bias) auf- grund einer selektiven Publikati- onspraxis, bei der Studien mit posi- tiven und signifikanten Ergebnissen eine größere Chance haben, pu - bliziert zu werden, als Studien mit negativen und nichtsignifikanten Resultaten“ (8).

Selektives Veröffentlichen ge- schieht auf zwei Ebenen: Auf der ersten Ebene bleiben ganze Studien

unveröffentlicht. So zeigt eine Un- tersuchung von 90 zwischen 1998 und 2000 in den USA neu zugelas- senen Medikamenten, dass diese in insgesamt 909 Studien erprobt wor- den waren. Aber auch fünf Jahre nach der Zulassung waren 57 Pro- zent dieser Studien noch nicht ver- öffentlicht (9).

Auf der zweiten Ebene werden nur ausgewählte Ergebnisse aus Studien publiziert, jeweils abhän- gig von ihrer Art und Richtung. In einem Vergleich der Protokolle und späteren Zeitschriftenpublika- tionen von 102 Studien fanden Chan und Kollegen heraus, dass in 51 der 82 Studien (62 Prozent), die primäre Endpunkte definierten, mindestens ein primärer Endpunkt geändert, hinzugefügt oder uner- wähnt war (10).

Die Gründe sind vielschichtig.

Eine aktuelle systematische Über- sicht hat eine Vielzahl von Studien zu dieser Frage ausgewertet. Dem- nach scheint die Hauptursache dar - Wer Studiendaten zurückhält, schädigt Patienten, Ärzte und Beitragszahler. Nur Gesetze, die Hersteller weltweit verpflichten, alle Daten öffentlich zugänglich zu machen, werden langfristig Abhilfe schaffen können.

Foto: foto-mv/Jens von Oltersdorff-Kalettka

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in zu liegen, dass Prüfärzte bevor- zugt Studien mit positiven oder „in- teressanten“ Ergebnissen bei Fach- zeitschriften einreichen – und nicht darin, dass Zeitschriftenredakteure Manuskripte mit negativen Ergeb- nissen eher ablehnen (6).

Dass eine Finanzierung durch die Industrie sich in mehrfacher Hinsicht auf Arzneimittelstudien auswirkt (Planung, Auswertung, Publikation), hat ein vom Deut- schen Ärztetag in Auftrag gegebe- nes Gutachten erneut eindrücklich gezeigt (11, 12). Ein Einfallstor sind unter anderem Kooperations- verträge mit akademischen Zentren, die es dem Industriesponsor häufig gestatten, Einfluss auf die Inhalte und den Zeitpunkt von Publikatio- nen zu nehmen (13).

Positive Effekte werden überschätzt

Was die Auswirkungen von Publi- kationsbias betrifft, ist das eingangs erwähnte Reboxetin exemplarisch:

Positive Effekte werden häufig überschätzt, mögliche Risiken da- gegen unterschätzt. Für insgesamt zwölf Antidepressiva konnte eine Gruppe um Erik H. Turner 2008 erstmals das Ausmaß der Verzer- rung quantifizieren. Demnach er- scheint der Effekt im Durchschnitt aller Wirkstoffe anhand der publi- zierten Daten um 32 Prozent grö- ßer, bei einzelnen Wirkstoffen so- gar um bis zu 69 Prozent (14).

Dabei ist Publikationsbias keines- wegs auf einzelne Erkrankungen oder auf Medikamente beschränkt.

Eine aktuelle Übersicht in der Zeit- schrift „Trials“ identifizierte mehr als 60 Beispiele, darunter auch Studien zu nichtmedikamentösen und präven- tiven Interventionen, zum Beispiel Ultraschall in der Schwangerschaft, Silikonimplantate in der kosmeti- schen Chirurgie und HIV-Impfstoffe (7). Eine auszugsweise Wiedergabe dieser Beispiele bietet die eTabelle auf www.aerzteblatt.de/11632.

Auch das IQWiG wird durch die selektive Publikation in seiner Ar- beit massiv behindert. Kommt ein Arzneimittel auf den Prüfstand, fragt das Institut regelhaft beim Hersteller nach noch unpublizierten Studien nach. Tatsächlich bekam das IQWiG in den vergangenen Jahren aber bei 41 Prozent (15 von 37) seiner Anfragen keine oder nur unvollständige Unterlagen – und das, obwohl das IQWiG bereits 2005 mit dem Verband forschender Arzneimittelhersteller eine Rahmen- vereinbarung zur Übergabe und Veröffentlichung solcher Daten ge- troffen hatte.

Im Fall von Reboxetin hatte sich der Hersteller Pfizer zunächst geweigert, eine vollständige Liste aller veröffentlichten und unver - öffentlichten Studien zur Verfü- gung zu stellen. Wie das Institut durch aufwendige, an Detektiv - arbeit grenzende Recherchen her - ausfand, wurde der Wirkstoff in mindestens 16 Studien getestet. Al- lerdings waren für zwei Drittel der insgesamt etwa 4 600 Patienten die Ergebnisse nicht ausreichend trans- parent publiziert (15, 16). Erst auf massiven öffentlichen Druck hin lieferte Pfizer schließlich die not- wendigen Unterlagen (17, 18).

Und Pfizer ist kein Einzelfall.

Eine ähnliche Auseinandersetzung hatte das IQWiG zuvor bereits mit der Novo-Nordisk führen müssen.

In einer 2007 abgeschlossenen Be- wertung der kurz wirksamen In - sulinanaloga bei Diabetes mellitus Typ 1 (19, 20) hatte das IQWiG lediglich Aussagen für Erwachsene treffen können. Denn zu Kindern und Jugendlichen standen die Da- ten aus abgeschlossenen, aber noch unpublizierten Studien nicht zur Verfügung. Der Hersteller von In- sulin Aspart, die Firma Novo- Nordisk, hatte zwar zwei Studien mit Kindern und Jugendlichen fi- nanziert, diese aber nur als Kon- gressabstracts veröffentlicht und

sich überdies geweigert, dem IQWiG die notwendigen Daten zu übermitteln. Erst nach öffentlicher Kritik, unter anderem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), änderte Novo-Nordisk seine Haltung und sagte zu, die gewünschten Informationen zu lie- fern. Da eine Bewertung unter die- sen veränderten Bedingungen neue Erkenntnisse versprach, erteilte der G-BA einen Nachfolgeauftrag spe- ziell für Kinder und Jugendliche (21, 22). Der im November 2009 veröffentlichte Abschlussbericht kam dann zu dem Ergebnis, dass die nachgelieferten Studien keine Be- lege für einen Zusatznutzen von Insulin Aspart zeigen.

Leidtragende sind vor allem die Patienten

Publikationsbias ist eine der tü- ckischsten Fehlerquellen in der Medizin. Denn wenn Studien unter Verschluss bleiben, sind Schluss - folgerungen systematischer Über- sichtsarbeiten, die ausschließlich publizierte Studien einbeziehen, potenziell irreführend (6). Ärzte, Patienten und ihre Angehörigen, aber auch Entscheidungsträger im Gesundheitswesen, die häufig auf systematische Übersichten als Ba- sis ihrer Entscheidungen zurück- greifen, werden falsch informiert und damit fehlgeleitet. Auch die Validität von klinischen Leitlinien steht infrage (23). Wird in einer Studie festgestellt, dass eine Inter- vention Schaden hervorruft, und wird dieses Ergebnis nicht veröf- fentlicht, besteht zudem die Gefahr, dass diese Intervention künftig wei- terhin getestet wird. Dabei werden Studienteilnehmer unnötig einem Risiko ausgesetzt und obendrein Forschungsmittel vergeudet (6, 24).

Finanziellen Schaden nimmt auch die Versichertengemeinschaft, die für Unnützes oder Schädliches Geld bezahlt, das dann an anderer Stelle fehlt. Hauptleidtragende sind zwei- fellos die Patienten, die eine nutz - lose oder gar schädliche Therapie erhalten.

Seit Jahren unterstützen Wissen- schaftler und Patienten Initiativen zur Studien- und Ergebnisregistrie- rung (25–28). Experten sind sich

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darin einig, dass letztlich nur eine verbindliche, das heißt in der Regel eine gesetzliche Regelung Abhilfe schaffen kann. Sie muss Sponsoren zum einen dazu verpflichten, Studi- en zu Beginn in ein öffentliches Re- gister einzutragen. Nur so lässt sich zuverlässig verhindern, dass unvor- teilhafte Studien später unterschla- gen werden. In einem solchen Re- gister können sich Patienten zudem über eine mögliche Studienteilnah- me informieren. Zum anderen muss das Gesetz sicherstellen, dass die Ergebnisse zeitnah nach Abschluss publiziert werden. Denn Selbstver- pflichtungen, die Herstellerverbän- de auch unter dem Eindruck mehre- re Medikamentenskandale in den vergangenen Jahren abgaben (29), haben das Problem nicht gelöst.

Das belegen nicht zuletzt die Erfah- rungen des IQWiG.

Um Studien in geeigneter Weise zu erfassen, wurden bereits mehrere nationale und internationale Regis- ter aufgebaut, zum Beispiel das staatliche US-Studienregister Cli - nicalTrials.gov oder das Deutsche Register Klinischer Studien am Uni- versitätsklinikum Freiburg (www.

germanctr.de).

USA sind Vorreiter bei gesetzlicher Regelung Um die Studienregistrierung voran- zutreiben, kündigten einflussreiche wissenschaftliche Zeitschriften (In- ternational Committee of Medical Journal Editors) 2004 an, Artikel über Studien künftig nur dann ab - zudrucken, wenn diese zu Beginn öffentlich registriert worden waren (30). Zwar stieg die Zahl der Regis- tereinträge daraufhin sprunghaft an, die Analyse einer Stichprobe von in ClinicalTrials.Gov registrierten Studien zeigte jedoch, dass nur bei 46 Prozent die Ergebnisse zwei Jah- re nach Abschluss veröffentlicht worden waren (31).

Ein echter Meilenstein auf dem Weg zur Vermeidung von Publika - tionsbias ist zweifellos der „FDA

Amendments Act“ (FDAAA) von 2007 (32). Das Gesetz hat weit - reichende Konsequenzen für neue Studien – und das über die Grenzen der USA hinaus. Denn der FDAAA betrifft jeden Hersteller, der auf den US-amerikanischen Markt will.

Klinische Studien für Arzneimittel, biologische Produkte oder Medi- zingeräte, die durch die FDA regu- liert werden (außer Phase-I-Arznei- mittelstudien und frühe Mach - barkeitsstudien für Medizingeräte), müssen zu Beginn im Clinical - Trials.gov-Register eingetragen wer- den. Innerhalb eines Jahres nach Abschluss müssen dort detaillierte Angaben zu Ergebnissen eingestellt sein. Letzteres gilt allerdings nicht für Studien mit Arzneimitteln, die nicht zugelassen wurden, oder für ältere Studien mit bereits zugelasse- nen Arzneimitteln (33). Eine ent-

sprechende Erweiterung der Ge- setzgebung respektive des Regis- ters wird aber diskutiert (34, 35).

Umsetzung EU-weiter Regelung stockt

In Europa kommt der Prozess ver- gleichsweise langsam voran. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat 2004 eine Datenbank ein- gerichtet, in der alle in der Europä - ischen Union (EU) durchgeführten kli nischen Arzneimittelstudien re- gistriert werden müssen. Zugriff auf EudraCT, so die Kurzbezeichnung, haben bislang aber nur Behörden der Mitgliedsländer (36). Zwar sieht eine Verordnung der EU-Kommission vor, Teile der Registrierungsdaten von allen klinischen Studien über die – ebenfalls von der EU betriebene – Plattform www.EudraPharm.eu zu veröffentlichen (37, 38). Auch die Erweiterung auf Ergebnisdaten ist in Vorbereitung. Doch die Umsetzung stockt: Die Registrierungsdaten soll- ten ursprünglich schon im Septem- ber 2010 zugänglich sein, jetzt hat die EMA die bereits mehrfach ver- schobene Freischaltung der Website für Ende März 2011 angekündigt.

Zwar fand eine öffentliche Anhö- rung darüber statt, in welcher Form Ergebnisdaten über EudraCT zu- gänglich sein werden, aber der wei- tere Zeitplan bleibt unklar (39, 40).

Weil es noch dauern kann, bis europäische Regelungen umgesetzt werden, hat die Bundesregierung zumindest bei den Arzneimitteln die Initiative ergriffen: Im Zuge der jüngsten Gesundheitsreform wurde das Arzneimittelgesetz (AMG) um

§ 42 b ergänzt (41). Danach müssen Hersteller seit Beginn dieses Jahres

„alle Ergebnisse konfirmatorischer klinischer Prüfungen“ binnen sechs Monaten nach der Zulassung eines neuen Medikaments für eine Ver - öffentlichung auf der Internetseite www.PharmNet-Bund.de zur Ver- fügung stellen. Ist ein Medikament bereits auf dem Markt, sollen die Ergebnisse weiterer klinischer Prüfungen innerhalb eines Jahres publiziert werden.

Die Gesetzesnovelle ist sicher- lich ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Allerdings greift § 42 b noch immer zu kurz, Wer Studiendaten

zurückhält, schädigt Patienten, Ärzte und Beitragszahler.

Fotos: Fotolia

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MEDIZIN-MAGAZINE IM FERNSEHEN

Patient auf Sendung

Der ARD-Sender RBB bietet jetzt auch Diagnostik vor laufender Kamera.

T

V-Gesundheitsmagazine, wie die wöchentlich ausgestrahl- ten „Visiten“ oder „Sprechstun- den“, galten beim öffentlich-recht- lichen Fernsehen von je her als ergiebige „Quotenbringer“. Ob neue Forschungsergebnisse, moderne Operationsverfahren, vielverspre- chende Therapien oder Dauerbren- ner, wie beispielsweise die jährli- che „Grippesaison“ – das Themen- spektrum scheint unerschöpflich zu sein, stabile Zuschauerzahlen inklusive. Und dennoch meinen einige Sender offenbar, dass ihre Formate in die Jahre gekommen sind. Die Mediensituation habe sich verändert – und auch das Re- zipientenverhalten, argumentiert der Berliner ARD-Sender „Rund- funk Berlin-Brandenburg“ (RBB).

Der Sender hat das seit Jahrzehn- ten bewährte Magazin „Quivive“

eingestellt. Seit Januar 2011 gibt es dort stattdessen die „RBB-Pra- xis“, ein Regelprogramm, das un- ter demselben Namen täglich im Radio, wöchentlich im Fernsehen und rund um die Uhr im Inter-

net „unterwegs ist“. Damit nicht genug, präsentiert „RBB-Praxis“

alle vier Wochen einen „Patienten des Monats“ mit Anamnese und Diagnostik – vor laufender Kame- ra. Doch daran scheiden sich die Geister.

Untersuchung unklarer Fälle live im Studio

Gleich in der ersten Sendung ging es los: Eine 61-Jährige aus Wandlitz (bei Berlin) war im Januar die „Pa- tientin des Monats“. Der Sender kündigte sie so an: „Sie hat seit Jah- ren schmerzende Hände. Bisher konnte ihr niemand helfen. Die Fernsehzuschauer und das Publi- kum im Studio erleben live mit, wie zwei erfahrene Fachärzte ihre Dia - gnose stellen und, wenn möglich, der Patientin auch Therapien emp- fehlen.“

Als „Sprechzimmer“ dient ein mit Vorhang abgeschirmter Be- reich der Studiobühne. Ein Film- einspieler, in dem die Patientin schildert, bei mehreren Ärzten ge- wesen zu sein, aber nirgends eine RBB-Praxis-

Moderator Thomas Kur scheid – im Hintergrund das durch Vorhang abgetrennte

„Sprech - zimmer“ auf der

Studiobühne

Foto: rbb/Oliver Ziebe

weil er nur ausgewählte Studien be- trifft. Ausgenommen sind unter an- derem ältere Studien, was beispiels- weise bedeutet, dass Pfizer die Zu- lassungsstudien des in Deutschland 1997 zugelassenen Reboxetin legal unter Verschluss halten könnte.

Problematisch ist zudem die Ein- schränkung auf „konfirmatorische“

Studien. Gemeinhin versteht man darunter Studien der Phase III, was bedeutet, dass klinische Prüfungen früherer Phasen nicht erfasst sind.

Zudem ist der Begriff „konfirma - torisch“ auslegungsbedürftig, das heißt, Auseinandersetzungen sind programmiert. Bekommt ein Arz- neimittel keine Zulassung, müssen die klinischen Prüfungen ebenfalls nicht veröffentlicht werden, obwohl auch und gerade deren Ergebnisse für die Forschung und mittelbar auch für die Patientenversorgung von Interesse sind. Eine Vorab - registrierung, wie sie sowohl der FDAAA als auch die geplanten EU- Regelungen vorsehen, beinhaltet

§ 42 b nicht. Schließlich bleiben die nichtmedikamentösen Verfahren – im Unterschied zu den USA – wei- terhin völlig ungeregelt.

Ein Optimist ist, wer glaubt, dass die AMG-Novelle das Problem der selektiven Publikation lösen wird.

Allenfalls in einer sehr langfristigen Perspektive könnte sie eine spürba- re Verbesserung bringen und dann ausschließlich bei den Arzneimit- teln. Bis dahin werden Wissen- schaftler weiterhin detektivische Recherchen betreiben und langwie- rige Auseinandersetzungen mit Stu- diensponsoren führen müssen. Im- merhin scheint das Problembe- wusstsein gewachsen. Das BMJ nimmt die – international weithin beachteten – Beiträge zum Fall Re- boxetin jedenfalls zum Anlass, dem Thema Publikationsbias 2011 ein eigenes Schwerpunktheft zu wid- men. Bleibt zu hoffen, dass auch die Politik die Signale hört und das Gesetz zeitnah nachbessert. ■

Natalie McGauran, Dr. rer. nat. Daniel Fleer, Dr. rer. soc. Anna-Sabine Ernst Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen www.iqwig.de

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit1211

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LITERATURVERZEICHNIS HEFT 12/2011, ZU:

ARZNEIMITTELSTUDIEN

Selektive Publikation in der klinischen Forschung

Wer Studiendaten zurückhält, schädigt Patienten, Ärzte und Beitragszahler. Nur Gesetze, die Hersteller weltweit verpflichten, alle Daten öffentlich zugänglich zu machen, werden langfristig Abhilfe schaffen können.

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20. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Kurzwirksame In- sulinanaloga bei Diabetes mellitus Typ 1:

Überlegenheit ist nicht belegt. http://www.

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59. Bombardier C, Laine L, Reicin A et al:

Comparison of upper gastrointestinal toxi- city of rofecoxib and naproxen in patients with rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2000; 343(21): 1520–8.

60. Lurie P, Zieve A: Sometimes the silence can be like the thunder: access to phar- maceutical data at the FDA. Law Contemp Probl 2008; 69: 85–97.

61. Kesselheim AS, Mello MM: Confidentiality laws and secrecy in medical research: im- proving public access to data on drug safety. Health Aff (Millwood) 2007; 26(2):

483–91.

62. Chalmers I: Underreporting research is scientific misconduct. JAMA 1990;

263(10): 1405–8.

63. McCarthy M: Company sought to block paper´s publication. Lancet 2000;

356(8242): 1659.

(7)

TABELLE

Einige Beispiele von Publikationsbias*

* Gekürzter und übersetzter Auszug aus (7) FDA: Food and Drug Administration, ITT: Intention-to-Treat, GSK: GlaxoSmithKline, KHK: Koronare Herzkrankheit Indikation

Arzneimittel Juvenile Depression

Migräne, bipolare Störung, Schmerzen Schizophrenie

Alzheimer Demenz

Prävention von Arrhythmien

KHK (Blutungs - prophylaxe bei Bypass-OP) Diabetes mellitus Typ 2

Hyper cholesterinämie

Hypothyreose Influenza

HIV/AIDS

Ovarial-Ca

menopausaler Hormonmangel akute Rückenmarks - verletzung

Osteoarthritis

Nichtmedikamentöse Verfahren kosmetische Chirurgie

Schwangerschaft

Intervention

Paroxetin

Gabapentin

Quetiapine

Rofecoxib

Klasse-I-Anti - arrhythmika

Aprotinin

Rosiglitazon

Lipidsenker

Levothyroxin Oseltamivir

Antivirale Substanzen Kombinations - chemotherapie Tibolon Steroide

COX-2-Inhibitor

Silikon - implantate Bettruhe

Routine- Ultraschall

Ergebnisse

Studien zeigten keine Wirksamkeit bzw. uneinheitliche Ergebnisse zur Wirksamkeit sowie ein möglicherweise erhöhtes Ri- siko für suizidales Denken und suizidale Handlungen. Nur die Studie mit den positivsten Daten zur Wirksamkeit (eine von 5 Studien) wurde von GSK veröffentlicht (42).

Studien mit negativen Ergebnissen zu Off-Label-Anwendungen mit Gabapentin wurden nicht veröffentlicht oder negative Ergebnisse wurden als positiv dargestellt. Die Gutachterin Kay Dickersin schlussfolgerte u. a. dass hier eine „Täuschung der biomedizinischen Gemeinschaft“ stattgefunden hatte (43).

Die „Study 15“ zeigte eine “klinische signifikante” Gewichtszunahme bei Patienten, die mit Quetiapine behandelt wurden.

Diese Studie wurde nicht veröffentlicht. Hingegen wurden auf Fachkongressen Daten präsentiert, die andeuteten, dass Quetiapine Patienten mit einer Psychose half, Gewicht abzunehmen (44).

Die firmeninterne ITT-Analyse von gepoolten Daten aus 2 Studien zeigte eine signifikanten Anstieg der Gesamtmortalität unter Rofecoxib (34/1069 unter Rofecoxib versus 12/1078 unter Placebo; HR, 2.99; 95% CI, 1.55–5.77). Diese Mortalitäts- analysen wurden weder der FDA noch der Öffentlichkeit zügig zur Verfügung gestellt (45).

In einer klinischen Studie zur Behandlung von Patienten nach akutem Myokardinfarkt, verstarben 9 von 49 Patienten in der Lorcainid Gruppe and nur einer von 46 Patienten in der Placebo Gruppe (46). Die Studie wurde erst 13 Jahre später veröf- fentlicht. Zwischenzeitlich wurden Millionen Patienten mit KlasseI-Antiarrhythmika behandelt, was laut dem Buchautor TJ Moore “Amerikas schlimmste Arzneimittelkatastrophe“ zur Folge hatte (47).

Der Hersteller von Aprotinin hatte eine Beobachtungsstudie mit fast 70.000 Patienten beauftragt. Daten aus dieser Studie, die Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Todesfälle und schwere Nebenwirkungen enthielten, wurden allerdings nicht voll- ständig an die FDA Kommission weitergegeben, die die Sicherheit von Aprotinin untersuchte (48).

Eine Hersteller-Analyse von 42 klinischen Studien zu Rosiglitazon ergab ein um 31% erhöhtes Risiko für ischämische kar- diovaskuläre Komplikationen. Die Ergebnisse wurden auf der Hersteller-Website veröffentlicht und der FDA übermittelt, wurden jedoch nicht an die breitere Öffentlichkeit kommuniziert (49).

Fall 1) Eine Studie zu Ezetimib and Simvastatin (der primäre Endpunkt war negativ) wurde erst mit 2-jähriger Verzögerung ver- öffentlicht (50). Fall 2) Der Hersteller publizierte Studiendaten zu Ezetimib nicht, die Hinweise auf Leberschädigung enthielten (51). Fall 3) Der Hersteller publizierte Studiendaten zu Cerivastatin nicht, die Hinweise auf ein erhöhtes Rhabdomyolyse-Risiko unter Cerivastatin-Kombinationstherapie und hochdosierter Monotherapie enthielten (52).

Der Hersteller eines Markenproduktes versuchte die Veröffentlichung einer Studie zu verhindern, die Bioäquivalenz von Le- vothyroxin-Generika im Vergleich zu Markenprodukten zeigte (53).

Eine frühere Meta-Analyse die auf 10 Studien basierte, kam zum Ergebnis, dass Oseltamivir die Rate der influenzabeding- ten Komplikationen in den unteren Atemwegen (also Bronchitis und Pneumonie) um 55 Prozent senkt. Nur 2 der einge- schlossenen Studien waren allerdings ausreichend detailliert publiziert. Für eine aktuelle Auswertung bemühten sich Wis- senschafter um die Rohdaten der übrigen Studien, allerdings beantwortete der Hersteller die Anfragen nicht in der ge- wünschten Form; es folgte eine Meta-Analyse ohne Einschluss der „problematischen“ Studien, die eine geringere Wirk- samkeit des Mittels zeigte als die erste Analyse (54).

Eine Untersuchung zum Veröffentlichungsstatus von antiviralen Substanzen zur HIV-Therapie fand, dass mindestens 13 Studien mit 6 antiviralen Medikamenten mit mindestens 3779 Patienten 3 Jahre nach ihrer Fertigstellung oder Präsentation auf Kongressen nicht veröffentlicht waren; die Mehrheit davon zeigte negative Ergebnisse (55).

Publizierte Studien zeigten einen signifikanten Einfluss der Kombinationschemotherapie (CC) versus alkylierende Substan- zen (AA)(Verhältnis der medianen Überlebenszeiten, CC zu AA, 1.16; P = .02). Dieser Unterschied war bei Berücksichtigung von Registerstudien nicht mehr signifikant (1.05; P = .25) (4).

1.5-jährige Verzögerung der Veröffentlichung einer Studie zur Hormonersatztherapie, die zeigte, dass die Gabe von Tibolon bei Frauen mit Brustkrebs in der Anamnese mit einem erhöhten Rezidivrisiko verbunden war (56).

Viele US-Neurochirurgen hinterfragten die Validität einer Studie zur Gabe von hochdosierten Steroiden nach akuter Rück- marksverletzung. Es bestand bei vielen Ärzten die Ansicht, dass diese Therapie Patienten gefährde und für viele Patienten tödlich gewesen sei (von “mehreren Tausend” ist die Rede). Die zugrundeliegenden Studiendaten wurden trotz Anfragen nicht zur objektiven Überprüfung freigegeben (57).

1) Laut FDA Berichten gab es unter Rofecoxib ein erhöhtes Risiko an ernsten kardiovaskulären thrombotischen Ereignissen versus Naproxen (0.7 % vs. 1.7; p < 0.05) (58). Es gab keine Angaben dazu in der Studienpublikation (59), die zudem die erhöhte Myokardinfarktrate in der Rofecoxib-Gruppe als niedrigere Rate in der Naproxen-Gruppe darstellte, also einen pro- tektiven Effekt von Naproxen suggerierte. 2) Eine Studienpublikation berichtete, dass unter Celecoxib nach 6 Monaten we- niger gastrointestinale Geschwüre im Vergleich zu anderen Schmerzmedikationen auftraten. Nicht erwähnt wurde, dass der prädefinierte Endpunkt 12 Monate betrug; zu diesem Zeitpunkt gab es keinen Vorteil für Celecoxib (60).

Eine US Verbraucherschutzorganisation verlangte von der FDA die Herausgabe von Daten aus Tierstudien sowie Verbrau- cherbeschwerden über die Sicherheit von Silikon Brustimplantaten, was von der FDA abgelehnte wurde und erst durch ein Gerichtsverfahren ermöglicht wurde (61).

1977 wurde die erste randomisierte Studie zu Bettruhe im Krankenhaus als Präventivmaßnahme bei Zwillingsschwanger- schaften durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass diese Maßnahme nicht etwa protektiv war, sondern das Risiko für eine Frühgeburt erhöhte. Sieben Jahre später wurden die Studienergebnisse durch Zufall entdeckt und veröffentlicht. Durch die- se Studie und die Ergebnisse einer weiteren Studie wurde die Praxis neu bewertet (62).

Eine große Studie zu Routine-Ultraschall in der Schwangerschaft blieb unveröffentlicht. Zu einer zweiten Studie existierten nur unvollständige, widersprüchliche Publikationen. In dieser einzigen randomisierten Studie zu diesem Thema gab es Hin- weise, dass Routine-Ultraschall in der Schwangerschaft nützliche Effekte haben könnte (62).

Referenzen

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