Jogginghose, E-Zigarette und Fast Food – die eigene Meinung sachlich begründen
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Wie überzeuge ich andere von meinem Standpunkt?
Das Wichtigste auf einen Blick Dauer: 4 Stunden + LEK
Ziele: – Die eigene Meinung sachlich darlegen
– Sich in andere Sichtweisen hineinversetzen
– Eigene Sichtweisen sprachlich gekonnt ausdrücken
– Den anderen verstehen und überzeugen
Ihr Plus: Viele Übungsmöglichkeiten, Übersicht zu Argumenttypen, Klassenarbeit mit Lösungen
Von Nicole Kaufmann, Speyer
Eine Erörterung ist im Prinzip nichts anderes als eine schriftlich geführte Diskussion. Ge- schicktes Argumentieren und das gekonnte Erörtern von Sachverhalten – ob mündlich oder schriftlich – sind in vielen Lebens- situationen vorteilhaft. Sei es in Gehaltsver- handlungen, Kundengesprächen oder Dis- kussions runden. In dieser Unterrichtseinheit wiederholen die Schüler anhand lebens- naher Themen den Aufbau eines überzeu- genden Arguments kennen und wägen Pro- und Kontra-Argumente zu Jogginghosen im Unterricht, E-Zigaretten in öffentlichen Räu- men sowie zuckerhaltigen Nahrungsmitteln ab. Die Lernenden unterscheiden dabei ver- schiedene Argumenttypen und verfassen
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Fachliche Hinweise
Warum argumentieren?
Argumente begegnen uns überall – sei es in Bewerbungs- und Verkaufsgesprächen, bei Abstimmun- gen in der Schule oder wenn man beispielsweise Freunde und Familie für einen bestimmten Urlaubs- ort begeistern will –, überall muss man mit guten Argumenten überzeugen. Der Deutschunterricht ist hier eine wichtige Stütze. Der Erörterungsaufsatz und das Argumentieren sind weit mehr als künst- lich kreierte Deutsch themen, sondern Vorbereitung auf viele alltägliche und berufliche Situationen wie beispielsweise Einstellungstests, Assessment-Center, Aufstiegsprüfungen, Kommunikations- schulungen etc.
Argumentiert wird überall, zunehmend scheint dies den Schülerinnen und Schülern* jedoch schwe- rer zu fallen. Ihnen fehlt es meist schlichtweg an Empathie. Auch hier kommt dem Deutschunterricht eine gesellschaftlich relevante Aufgabe zu: Er vermittelt Schülern, wie sie sich in andere hineinver- setzen und andere Meinungen verstehen und nachvollziehen können. Das ist in vielen beruflichen und privaten Situationen hilfreich, entschärft Konflikte und fördert lösungs- und ergebnisorientiertes Denken und Handeln. Außerdem wird die Kreativität beim Argumentieren gefördert, denn um einen Kompromiss zu finden, muss eventuell nach neuen Wegen gesucht werden.
* Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur „Schüler“ verwendet.
Didaktisch-methodische Hinweise
Die Einheit greift verschiedene aktuelle und schülernahe Themen auf. Der rote Faden ist hier das Argumentieren. Methodenvielfalt und Abwechslung zwischen Einzelarbeit sowie Teamarbeit und Plenumsarbeit sind hier besonders wichtig. Die Phasen im Team und im Plenum schulen unter ande- rem auch die Fähigkeit, sich in andere Sichtweisen hineinzuversetzen und so die eigenen Stand- punkte zu reflektieren und in Bezug zu anderen Meinungen zu setzen.
Ergänzende Materialien
Literatur
• Kaufmann, Nicole. Gut argumentiert! Schriftlich überzeugen, erörtern und Stellung nehmen.
Hamburg. AOL Verlag 2015
Dieses Arbeitsheft eignet sich zur näheren Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsthema „Erör- tern und Argumentieren“. Die Stunden können so gegebenenfalls ergänzt werden.
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Stundenverlauf
1./2. Stunde Einstieg in die Argumentation
Intention Die Schüler sollen verstehen, warum Argumente und gekonntes Argumentieren in der Schule, im Alltag und im Beruf eine wichtige Rolle spielen.
Materialien M 1–M 4
Die Schüler machen sich anhand von M 1–3 mit Argumenten und deren Aufbau vertraut, sie ver stehen, warum Argumentieren wichtig ist und wie man auf die richtigen Argumente kommt.
In M 4 setzen sich die Schüler mit Pro- oder Kontra-Argumenten auseinander.
3.–5. Stunde Dialektisch oder linear? – Einleitung und Hauptteil strukturieren
Intention
Die Schüler setzen sich kritisch mit einem Thema auseinander. Die Aufsatzart Erörterung wird eingeführt. Die Schüler lernen eine Erörterung zu schreiben und außerdem wird deutlich gemacht, was der genaue Unterschied zwischen dialektischer und linearer Erörterung ist.
Materialien M 5–M 9
Zunächst lesen die Schüler in M 5 das Zitat von Karl Lagerfeld und tauschen sich da rüber aus.
In M 6 wird dann die Sanduhr eingeführt. In M 7 ordnen die Schüler einen Hauptteil im Sinne des Sanduhr-Prinzips.
In M 8 wird dann erklärt und durch Übungen verdeutlicht, was eine lineare und was eine dialektische Erörterung ist.
Danach üben die Schüler in M 9 die Strukturierung von Argumenten im Haupt- teil.
6./7. Stunde Pro und kontra argumentieren und einen Schluss verfassen
Intention In dieser Stunde lernen die Schüler, wie man eine Erörterung gekonnt abschließt.
Materialien M 10–M 13
In M 10 werden Stellungnahmen und persönliche Meinungen anhand von Leserbriefen untersucht.
In M 11 wird ein Fachtext näher untersucht und sich über die Meinung von Experten ausgetauscht.
M 12 behandelt das Schreiben eines Schlussteils anhand von Übungen.
M 13 festigt noch einmal das Wissen durch gemischte Übungen zu Argumenten, Hauptteil und Schluss.
8.–10. Stunde Argumente zusammenführen und einen Schlussteil formulieren Intention Die Schüler wiederholen das Gelernte und verfassen einen Schlussteil.
Materialien M 14–M 15
Zunächst wiederholen die Schüler in M 14, was eine Einleitung ist. M 15 beschäf- tigt sich mit der Wiederholung von Hauptteil und Schluss.
Lernerfolgskontrolle
In der abschließenden Klausur M 16 wenden die Schüler das Gelernte an
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Materialübersicht
1./2. Stunde Einstieg in die Argumentation
M 1 (Ab) Argumentieren – warum ist das eigentlich so wichtig?
M 2 (Ab) Der Aufbau eines Arguments – Pyramiden zur Meinungsbildung
M 3 (Ab) Welche Argumenttypen gibt es und wo findet man sie? – In Schubladen!
M 4 (Ab) Dafür oder dagegen? – Pro und Kontra argumentieren
3.–5. Stunde Dialektisch oder linear? – Einleitung und Hauptteil strukturieren
M 5 (Ab) Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren?! – Argumentieren üben
M 6 (Ab) Argumente sammeln und ordnen – den Hauptteil planen
M 7 (Ab) Berufskleidung: Ja oder nein? – Den Hauptteil einer Erörterung untersuchen M 8 (Ab) Dialektisch oder linear? – Den Aufbau erarbeiten
M 9 (Ab) Einen Hauptteil untersuchen – Argumente sinnvoll anordnen ZM 1 (Ab) Der Aufbau einer Erörterung – Sanduhr
6./7. Stunde Pro und kontra argumentieren und einen Schluss verfassen
M 10 (Ab) Nach Rauchen ist nun Dampfen angesagt! – Pro und kontra erörtern
M 11 (Ab) Ist Dampfen wirklich so schlimm? – Ein genauer Blick auf ein neues Phänomen M 12 (Ab) Schluss und gut! – Den Schlussteil einer Erörterung formulieren
M 13 (Ab) Üben macht den (Argumentations-) Meister! – Das Gelernte vertiefen
8.–10. Stunde Argumente zusammenführen und einen Schlussteil formulieren M 14 (Ab) Aber bitte zuckerfrei! – Eine dialektische Erörterung schreiben
M 15 (Ab) Gut verknüpft! – Argumente zusammenführen und einen Schlussteil schreiben
Lernerfolgskontrolle
M 16 (Lk) Wissenscheck – Eine Übungsklausur
Bedeutung der Abkürzungen
Ab = Arbeitsblatt; Lk = Lernerfolgskontrolle;
Minimalplan
Folgende Arbeitsblätter sind variabel einsetzbar. Sie eignen sich auch zum Wiederholen.
Der Aufbau eines Arguments – Pyramiden zur Meinungsbildung M 2
Dafür oder dagegen? – Pro und Kontra argumentieren M 4
Gut verknüpft! – Argumente zusammenführen und einen Schlussteil schreiben M 15
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M 2 Der Aufbau eines Arguments – Pyramiden zur Meinungsbildung
Ein gutes Argument besitzt die Architektur einer Pyramide – und diese Pyramide besteht aus folgen- den drei Bausteinen:
Beispiel Begründung Behauptung
(These)
Aus Argumenten werden Argumentationen …
Beispiel: Klassenfahrten in der Berufsschule sind eine Belastung, da die Schüler neben dem Schulunterricht in den Betrieben arbeiten und deswegen nicht in der knappen Frei- zeit noch eine Klassenfahrt machen können. Sie brauchen die Wochenenden zum Lernen, Ausruhen und die eigene Freizeitgestaltung, um Kraft für die Arbeit unter der Woche im Ausbildungsbetrieb zu sammeln, der sie ja schließlich bezahlt. Am Wochenende sollte der Auszubildende beispielsweise den Lernstoff für die Schule wiederholen können.
Klassenfahrten sind in der Berufsschule zeitlich schwer zu realisieren, da die Schüler in den Betrieben gebraucht werden und für ihre Anwesenheit und Arbeit bezahlt werden.
Azubis müssen sich, wenn sie frei haben wollen, um zum Beispiel wegzufahren, Urlaub nehmen, wie alle anderen Arbeitnehmer auch. Da ist es nicht gut, wenn durch Klassen- fahrten, die eventuell verpflichtend wären, Urlaubstage verbraucht werden müssten. So würde ein Azubi beispielsweise auf privaten Urlaub verzichten müssen.
Aufgaben
1. Markieren Sie in den obigen Argumentationen These, Begründung, Beispiel mit unterschiedlichen Farben.
2. Füllen Sie die obige Pyramide mit einem eigenen Argument aus.
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M 5 Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren?! – Argumentieren üben
Hier erfahren Sie, warum und wann das Erörtern wichtig ist und wie man eine Einleitung formuliert.
„Wer im Alltag Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“
Karl Lagerfeld
Aufgaben
1. Was meinen Sie? Hat Karl Lagerfeld recht? Nehmen Sie kritisch Stellung zu seiner Aussage und begründen Sie Ihre Meinung in Bezug auf Jogginghosen.
2. Jogginghosen werden in vielen Betrieben und in Schulen nicht gerne gesehen. Sollte man Ihrer Meinung nach ein generelles Jogginghosen-Verbot in Ihrer Berufsschule aussprechen? Welche Argumente sprechen dafür, welche dagegen? Begründen Sie Ihre Meinung.
• Nennen Sie je 3 Argumente dafür und 3 dagegen. Tauschen Sie sich dann mit Ihrem Nachbarn aus und einigen Sie sich auf insgesamt ein Pro- und ein Kontra-Argument.
• Pinnen Sie dieses in der Plenumsphase an die Tafel/Pinnwand. Einigen Sie sich im Plenum auf insgesamt 3 Pro- und 3 Kontra-Argumente.
3. Verfassen Sie eine mögliche Einleitung für eine Erörterung zu diesem Thema. Überlegen Sie, welcher Auslöser der Grund sein könnte, eine solche Diskussion zu führen? Gibt es einen aktuel- len Bezug, der als Aufhänger dienen könnte?
4. Füllen Sie die Lücken mit den vorgegebenen Wörtern aus:
schriftlich, Anlass, Einleitung, Einstieg, lineare, dialektischen
Erörterung
Eine Erörterung ist im Grunde eine geführte Diskussion. Am deutlichs- ten wird dies bei der Erörterung. Hier werden Pro- und Kontra- Argumente gegeneinander angeführt. Erörterungen hingegen argumentieren nur in eine Richtung – also Pro oder Kontra. Eine Erörterung beginnt mit einer
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M 8 Dialektisch oder linear? – Den Aufbau erarbeiten
Hier erfahren Sie mehr über die Unterschiede zwischen einer linearen und einer dialektischen Erör- terung.
Lineare Erörterung Dialektische Erörterung
Aufbau Aufbau
Treppchen-Prinzip Sanduhr-Prinzip
Merkmale Merkmale
–die Argumente sind entweder pro oder kon- tra und steigern sich: vom schwächsten zum stärksten Argument
–die Themenstellung ist meist in Frageform –der zu erörternde Sachverhalt ist unstrittig
Beispielthema: Warum ist eine gute Ausbil- dung heute so wichtig?
–beide Seiten sollen erörtert werden, aller- dings soll deutlich werden, ob der Verfasser eher zu Pro oder Kontra tendiert (Sanduhr- Prinzip) – im „unteren“ Teil der Sanduhr dür- fen sich auch hier die Argumente steigern
–in der Fragestellung sollen meist die Vor-und Nachteile erläutert werden
–der Sachverhalt ist immer strittig
Beispielthema: Handys in der Schule – Störfak- tor oder wertvolles Unterrichtstool?
Aufgabe Partnerarbeit:
Erläutern Sie anhand der obigen Informationen im Murmelgespräch, was eine lineare und eine dialektische Erörterung ist.
Partner A: lineare Erörterung Partner B: dialektische Erörterung
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M 10 Nach Rauchen ist nun Dampfen angesagt! – Pro und kontra erörtern
Hier lernen Sie, einen Argumentationsaufsatz gekonnt abzuschließen.
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Aufgaben
1. In der Morgenpost Ederbach erschien ein Artikel über das „Dampfen“. Der Beitrag berichtete über die neue Art des Rauchens und welche Folgen diese für die Raucher, aber auch für die Mitmen- schen im öffentlichen Raum hat. Als Antwort auf den Artikel gab es einige Leserbriefe. Hier zwei Beispiele.
Schauen Sie sich die beiden Leserbriefe genau an. Welche Meinung überzeugt Sie mehr und warum. Begründen Sie Ihre Meinung.
„Nervige Dampferei“
Nachdem die Raucher endlich aus dem öffentlichen Raum verbannt wurden, dachte ich schon, es wäre endlich gut und die Rauch- und Geruchsbelästi- gung hätte ein Ende – aber da hatte ich mich wohl zu früh gefreut. Überall in der Stadt dampft es jetzt – angeblich nicht mehr gesundheitsschädlich, aber für die Leute drumherum auch nervig mit dem Dampf! Mich persönlich stört es sehr – und außerdem finde ich, dass es absolut kein schönes Bild abgibt, wenn jemand „dampft“!
Donald M., 47
„Man kann nicht alles verbieten!“
Zuerst einmal – ich bin Nichtraucherin.
Ich war auch ein Stück weit froh, als man das Rauchen von Plätzen der Allgemeinheit verbannte. Aber mein Gott – man kann nicht alles verbieten.
Natürlich kann es sein, dass man durch den Dampf auch ab und an belästigt wird. Aber er ist lange nicht so intensiv wie der Qualm einer Zigarette. Ob es schön ist zu „dampfen“, dass sollten die Konsumenten für sich selbst entscheiden. Ebenso, ob es wirklich gesund ist oder nicht. In einer Stadt, in der alles verboten ist, möchte ich selbst nicht leben!
Sarah K., 32