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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS MARCO DARMON vom 23. Januar 1986 *

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zurückgelegten Versicherungszeiten un- abhängig ist und die Mindestzeit zurück- gelegt worden ist, von der der Erwerb des Anspruchs nach diesen Rechtsvor- schriften abhängt, auch wenn es sich um ein Sondersystem für einen bestimmten Beruf handelt und die Versicherungszei- ten in einem anderen Mitgliedstaat nicht in einem entsprechenden System zurück- gelegt worden sind.

Für die Ermittlung des in Artikel 46 Ab- satz 1 Unterabsatz 1 genannten Betrags ist die Anwendung einer externen natio- nalen Antikumulierungsvorschrift ausge- schlossen.

Der Betrag, der sich aufgrund des in Ar- tikel 46 Absatz 1 Unterabsatz 2 vorgese- henen Vergleichs als der höhere erweist, wird gegebenenfalls nach Absatz 3 dieses Artikels gekürzt.

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS MARCO DARMON

vom 23. Januar 1986 *

Herr Präsident, meine Herren Richter!

1. Die Cour du travail Mons hat Ihnen mit Urteil vom 5. Dezember 1984 in dem Rechtsstreit Antonino Sinatra gegen Fonds national de retraite des ouvriers mineurs (FNROM) ein zweites Ersuchen um Vorab- entscheidung vorgelegt.

Herr Sinatra, der Kläger des Ausgangsver- fahrens, der die italienische Staatsangehö- rigkeit besitzt, war von 1948 bis 1956 in Ita- lien beschäftigt und arbeitete von 1957 bis 1970 als Bergarbeiter in Belgien.

Aufgrund dieser Tätigkeiten erhält er fol- gende Rentenleistungen:

— in Italien seit dem 1. Dezember 1970 eine nach Artikel 46 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern,

(im folgenden: die Verordnung) prorati- sierte Invaliditätsrente nach dem allge- meinen Versicherungssystem,

— in Belgien seit dem 1. April 1971 gemäß dem belgischen Arrêté royal vom 19.

November 1970 (Artikel 1 bis 4) eine pauschale Invaliditätsrente für Bergar- beiter zum „Verheiratetensatz", deren Gewährung eine Mindestversicherungs- zeit von fünf oder zehn Jahren voraus- setzt, deren Höhe jedoch von der ge- nauen Dauer der zurückgelegten Versi- cherungszeiten unabhängig ist. Vom 10. Mai 1971 an wird die belgische Invaliditätsrente um eine belgische Rente wegen Berufskrankheit gekürzt.

Bei dem ersten Vorabentscheidungsersuchen der Cour du travail Mons vom 7. Januar 1981 (Rechtssache 7/81, Sinatra/FNROM, Urteil vom 2. Februar 1982, Slg. 1982, 137) ging es im wesentlichen darum, ob im Hin- blick auf Artikel 51 der Verordnung eine

1976 in der persönlichen Lage des Klägers eingetretene Änderung — seine Frau hatte

* Aus dem Französischen übersetzt.

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eine Anstellung gefunden und die belgische Invaliditätsrente war vom „Verheirateten- satz" auf den „Alleinstehendensatz" umge- stellt worden — dem F N R O M das Recht gab, den Fall, wie geschehen, insgesamt zu überprüfen. Der Beklagte hatte nämlich auf- grund aller einschlägigen europäischen Ver- ordnungen die belgische Leistung um den Betrag der italienischen Rente für den Zeit- raum vom 1. April 1971 bis 1. Juli 1975 ge- kürzt und die Erstattung einer angeblichen Überzahlung an den Kläger in Höhe von 38 000 BFR verlangt; er hatte ferner die bel- gische Leistung nach Artikel 46 der Verord- nung vom 1. Januar 1975 an neu berechnet und dabei verschiedene Änderungen, darun- ter den Wegfall der Erhöhung für Ehegat- ten seit dem 1. Januar 1976, berücksichtigt.

Sie haben mit Ihrem Urteil vom 2. Februar 1982 für Recht erkannt, daß „bei jeder Än- derung der von einem Mitgliedstaat ge- währten Leistungen ... eine Neuberechnung nach Artikel 46 der Verordnung Nr.

1408/71 vorzunehmen [ist]", außer wenn bestimmte Gründe vorliegen, zu denen je- doch Änderungen der persönlichen Lage des Versicherten nicht gehören. Der FNROM durfte somit eine Überprüfung der zu seinen Lasten gehenden Leistung vornehmen; das Gericht des Ausgangsverfahrens entschied am 2. November 1983 in diesem Sinne, wo- bei es die Parteien aufforderte, sich zu wei- teren Fragen nach der Vereinbarkeit des einschlägigen belgischen Rechts, nämlich des Artikels 23 Absatz 1 des Arrêté royal vom 19. November 1970, mit dem Gemein- schaftsrecht, insbesondere den Artikeln 45, 46 und 12 der Verordnung, zu äußern. Es ging darum, inwieweit die italienische Rente von der belgischen Rente abgezogen werden kann. Dies ist zwischen den Parteien strei- tig.

Artikel 23 Absatz 1 des genannten Arrêté royal enthält eine Antikumulierungsvor- schrift, die das vorlegende Gericht als „ex- tern" bezeichnet, da sie auch für im Ausland

erworbene Leistungen gilt. Vor einer am 3. August 1983 durch den Arrêté royal vor- genommenen Änderung lautete diese Be- stimmung wie folgt:

„Die Invaliditätsrente nach dieser Verord- nung kann, je nachdem, ob der Arbeitneh- mer verheiratet, alleinstehend, verwitwet, geschieden oder getrennt lebend ist, nur bis zu den in Artikel 4 Absätze 1, 2 oder 4 fest- gelegten Jahresrentenbeträgen mit einer oder mehreren Ruhestands- oder Invalidi- tätsrenten kumuliert werden."

Die Änderung vom 3. August 1983 sah die Nichtkumulierung der Invaliditätsrente mit einer oder mehreren Ruhestands- oder Inva- liditätsrenten vor, „die aufgrund belgischer oder ausländischer Rechtsvorschriften ge- währt werden".

In Randnummer 8 der Entscheidungsgründe des zitierten Urteils vom 2. Februar 1982 haben Sie unter Hinweis auf den Sinn Ihrer Rechtsprechung ausgeführt:

„Der dem Wanderarbeitnehmer... gewährte Anspruch auf Anwendung des günstigsten Systems der sozialen Sicherheit führt grund- sätzlich dazu, daß bei jeder Änderung der nach diesem System gewährten Leistungen erneut ein Vergleich gemäß Artikel 46 der Verordnung Nr. 1408/71 zwischen dem na- tionalen System und dem System der Zu- sammenrechnung und Proratisierung anzu- stellen ist, um zu ermitteln, welches nach der erfolgten Änderung das günstigste ist."

Nun stimmten aber die Parteien des Aus- gangsverfahrens darin überein, daß die in Belgien (14 Jahre als Bergarbeiter) und in Italien (3 Jahre, allgemeines System) zu- rückgelegten Versicherungszeiten genauge- nommen nach Artikel 45 Absatz 2 der Ver- ordnung nicht zusammenrechenbar seien, da sie unter verschiedene Systeme fielen.

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Diese Bestimmung besagt unter anderem folgendes :

„2) Für die Gewährung bestimmter Lei- stungen, die nach den Rechtsvorschrif- ten eines Mitgliedstaats davon abhängig ist, daß Versicherungszeiten ausschließ- lich in einem Beruf, für den ein Sonder- system für Arbeitnehmer gilt, oder ge- gebenenfalls in einer bestimmten Be- schäftigung zurückgelegt worden sind, werden die nach den Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten zurückgelegten Zeiten nur dann berücksichtigt, wenn sie in einem entsprechenden System oder, falls es ein solches nicht gibt, in dem gleichen Beruf oder gegebenenfalls in der gleichen Beschäftigung zurück- gelegt worden sind ..."

Der Kläger machte jedoch unter Berufung auf die Randnummer 8 der Entscheidungs- gründe Ihres Urteils vom 2. Februar 1982 vor der Cour du travail Mons geltend, diese Aussage habe keinen Sinn, wenn die Zusam- menrechnung und die Proratisierung gemäß Artikel 46 nicht vorgenommen würden; der Beklagte vertrat demgegenüber unter Hin- weis auf Ihre Urteile vom 13. Oktober 1977 in den Rechtssachen 22/77 (Mura/

FNROM, Slg. 1977, 1699) und 37/77 (Greco/FNROM, Slg. 1977, 1711) den Standpunkt, die Zusammenrechnung, von der diese Rechtsprechung ausgehe, sei auf- grund von Artikel 45 Absatz 2 der Verord- nung unmöglich. Folglich komme die An- tikumulierungsvorschrift des belgischen Rechts uneingeschränkt zur Anwendung.

Die Cour du travail Mons führt in ihrem Vorlageurteil aus, daß „darüber zu ent- scheiden [ist], ob der zuständige belgische Träger, soweit er für die Erfüllung der Vor- aussetzungen des Anspruchs auf Invalidi- tätsrente für Bergarbeiter keine Zusammen- rechnung und Proratisierung vornehmen muß, den Vergleich gemäß Artikel 46 der Verordnung Nr. 1408/71 zwischen dem Gemeinschaftssystem der Absätze 1 bis 3

und dem nationalen System einschließlich der Antikumulierungsvorschrift anzustellen hat, um festzustellen, welches System für den Wanderarbeitnehmer am günstigsten ist".

Die Vorlagefrage ist wie folgt gefaßt:

„Ist die Verordnung Nr. 1408/71 — insbe- sondere die Artikel 12, 45 und 46 — dahin auszulegen, daß dann, wenn die Rechtsvor- schriften eines Mitgliedstaats der Gemein- schaft die Gewährung einer Invaliditätslei- stung eines Sondersystems für Bergarbeiter von der Zurücklegung einer bestimmten Mindestversicherungszeit abhängig machen, der Betrag der Leistung sich jedoch nicht nach der Gesamtdauer der Versicherungs- zeiten bestimmt (es wird nicht zusammenge- rechnet) und diese Rechtsvorschriften eine externe Antikumulierungsvorschrift enthal- ten, der zuständige Träger dieses Staates bei einem in den Anwendungsbereich dieser Rechtsvorschriften fallenden Arbeitnehmer, der jedoch zusätzlich eine proratisierte Ren- tenleistung eines allgemeinen Systems nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mit- gliedstaats bezieht, einen Vergleich anzu- stellen hat zwischen der Leistung nach Ge- meinschaftsrecht — erworben aufgrund von Artikel 46 Absatz 1 ohne Anwendung der nationalen Antikumulierungsvorschriften und ohne Anwendung von Artikel 46 Absatz 3, der als obere Grenze den höchsten theo- retischen Rentenbetrag festlegt — und der Leistung ausschließlich nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften einschließlich der externen Antikumulierungsvorschrift, um das für die Wanderarbeitnehmer gün- stigste System (den höchsten Rentenbetrag) zu ermitteln?"

2. Der Kläger hat sowohl in seinen schrift- lichen Erklärungen als auch in der mündli- chen Verhandlung vorgetragen, daß zu un- terscheiden sei zwischen

— der Zusammenrechnung der Versiche- rungszeiten, die für die Erfüllung der

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Anspruchsvoraussetzungen für eine Lei- stung erforderlich seien; sie sei im vor- liegenden Fall wegen Artikel 45 Absatz 2 und der Heterogenität der Systeme nicht möglich, und

— der Zusammenrechnung der Versiche- rungszeiten, die bei der Berechnung des Anspruchs zu berücksichtigen seien.

Die Artikel 45 und 46 der Verordnung setz- ten die Ziele des Artikels 51 EWG-Vertrag ins Werk, und nach der vom Beklagten zi- tierten Rechtsprechung sei Artikel 46 unein- geschränkt anzuwenden, wenn seine An- wendung zu einem günstigeren Ergebnis führe als die der nationalen Rechtsvorschrif- ten.

In seinem Fall ergebe sich durch Zusam- menrechnung ein Versicherungsverlauf von insgesamt 17 Jahren; bei Proratisierung werde für Belgien (14/17) ein günstigeres Ergebnis erzielt als bei Anwendung der bel- gischen Rechtsvorschriften einschließlich der Antikumulierungsvorschrift (Unterschied zu seinen Gunsten: 596 BFR). Da sich Artikel 46 als günstiger erweise, sei er anzuwenden.

3. Der FNROM macht unter Wiederho- lung seiner Hauptargumente im Ausgangs- verfahren geltend, er habe die in der zitier- ten Rechtsprechung des Gerichtshofes her- ausgearbeiteten Grundsätze beachtet; die Regel der Zusammenrechnung — und damit der Proratisierung — sei wegen des klaren Wortlauts des Artikels 45 Absatz 2 der Ver- ordnung unanwendbar.

4. Nach Auffassung der italienischen Re- gierung, die schriftliche Erklärungen abge- geben hat, könnte Sie diese Rechtssache dazu veranlassen, Ihre Rechtsprechung auf diesem Gebiet zu überprüfen. Die Gewähr- leistung des gemeinschaftlichen Berech- nungssystems könnte sich bei Versiche- rungszeiten, die unter verschiedenen Syste- men zurückgelegt worden seien, als unwirk-

sam erweisen; dieser Umstand könne nach ihrer Auffassung die Anwendbarkeit des Ar- tikels 46 Absatz 2 angesichts des Grundsat- zes des Artikels 45 Absatz 2 der Verord- nung in Frage stellen. Bestünde diese Ge- währleistung nicht mehr, stelle sich das Pro- blem nationaler Antikumulierungsvorschrif- ten, die die Mitgliedstaaten frei einführen könnten und die es ihnen ermöglichten, sich die Leistungen eines anderen Staats zu eigen zu machen. Es sei deshalb eine neue Ausle- gung des Artikels 12 der Verordnung in Be- tracht zu ziehen.

Der Gerichtshof habe den zweiten Absatz dieses Artikels so ausgelegt, daß es nicht zu einer mit Artikel 46 übereinstimmenden Lei- stungsfeststellung komme, sobald eine der beiden Leistungen allein aufgrund nationa- ler Rechtsvorschriften festzustellen sei, was sich aus dem Grundsatz der Nichteinmi- schung des Gemeinschaftssystems in die na- tionalen Rechtsvorschriften ergebe.

Es sei jedoch zu berücksichtigen, daß wegen des vom Gerichtshof bereits betonten Ge- bots der Koordinierung der nationalen Rechtsvorschriften, das dem Gemeinschafts- recht und insbesondere Artikel 51 EWG- Vertrag zu entnehmen sei, eher eine Lösung in Betracht gezogen werden sollte, die die Willkür der Mitgliedstaaten ausschließe.

Diese Notwendigkeit müsse in Artikel 12 der Verordnung ihren besonderen Nieder- schlag finden, der dazu bestimmt sei, diese Koordinierung vorzunehmen, da in ihm von einer Feststellung „gemäß" Artikel 46 der Verordnung und nicht nur „aufgrund" die- ser Bestimmung die Rede sei. Daraus ergebe sich, daß Artikel 46 Absatz 1 ohne Rück- sicht auf die nationale Antikumulierungsvor- schrift anzuwenden sei, was durch Artikel 46 Absatz 3 Unterabsatz 2 bestätigt werde, der die Möglichkeit einer Kürzung von Lei- stungen, die allein aufgrund einer nationa- len Regelung geschuldet würden, ausdrück- lich vorsehe. Auch wenn diese Bestimmung zwischenzeitlich für mit Artikel 51 EWG-

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Vertrag unvereinbar erklärt worden sei (Ur- teil vom 21. Oktober 1975 in der Rechtssa- che 24/75, Petroni, Slg. 1975, 1149), so zeige sie doch das Bemühen, die Koordinie- rung der Systeme auf alle nach Artikel 46 in Betracht kommenden Fälle eines Zusam- mentreffens von Leistungen zu erstrecken.

Es sei somit festzustellen, daß Artikel 12 Absatz 2 die Anwendung nationaler Antiku- mulierungsvorschriften auf Leistungen ver- biete, die nur aufgrund einer nationalen Re- gelung erworben worden seien, um zu ver- hindern, daß im Rahmen der gemeinschaft- lichen Koordinierung nationale Rechtsvor- schriften den Versicherten einseitig an- derswo erworbene Rechte nehmen könnten.

Was das Gemeinschaftsrecht nicht zulasse, könne das nationale Recht nicht gestatten.

Für den Fall, daß der Gerichtshof seine Rechtsprechung gemäß der Auslegung der italienischen Regierung weiterführen sollte, schlägt die Regierung vor, Artikel 46 Absatz 2 über die Zusammenrechnung von Versi- cherungszeiten und die Proratisierung je- denfalls für „entsprechend" anwendbar zu erklären sowie gegebenenfalls auch Artikel 46 Absatz 3, der die gemeinschaftsrechtliche Grenze darstelle, die die Ermittlung eines gemeinschaftlichen theoretischen Betrags er- mögliche, der aufgrund von nationalen An- tikumulierungsvorschriften nicht verringert werden könnte.

5. Die Kommission verweist zunächst dar- auf, daß Artikel 23 Absatz 1 des Arrêté royal vom 19. November 1970 bis zum 1. September 1983 nicht die Kumulierung mit im Ausland erworbenen Leistungen be- troffen habe; daraus ergebe sich, daß es sich bis dahin um eine interne Antikumulierungs- vorschrift gehandelt habe, die infolge der Änderung des Wortlauts zu einer externen Antikumulierungsvorschrift geworden sei.

Unter Hinweis auf die durch Ihre Recht- sprechung, insbesondere im Urteil in den verbundenen Rechtssachen 116, 117, 119,

120 und 121/80 (RWP/Celestre u. a.;

NPM/Strehl, Slg. 1981, 1737), herausgear- beiteten Grundsätze macht die Kommission sodann geltend,

— bis zum 1. September 1983 habe die in- terne Antikumulierungsvorschrift nicht eine Kürzung des Betrags der italieni- schen Rente um den vom Kläger allein nach den belgischen Rechtsvorschriften erworbenen Leistungsanspruch bewirken können;

— vom 1. September 1983 an habe die ex- terne Antikumulierungsvorschrift bei der Berechnung zur Feststellung der Lei- stungen herangezogen werden können, aber im Rahmen der im zitierten Urteil Celestre herausgearbeiteten Methode, d. h. des Vergleichs zwischen der nach dem nationalen Recht einschließlich der Antikumulierungsvorschrift berechneten Leistung und der gemäß Artikel 46 der Verordnung insgesamt gesehen berech- neten Leistung, wie von Generalanwalt Sir Gordon Slynn in seinen Schlußanträ- gen in der Rechtsssache Celestre be- schrieben. Bei der gemeinschaftsrechtli- chen Feststellung werde die nationale Antikumulierungsvorschrift bei der An- wendung der nationalen Rechtsvor- schriften gemäß Artikel 12 Absatz 2 am Ende nicht angewendet. Der erhaltene Betrag (die „autonome" Leistung) sei nach Artikel 46 Absatz 1 Unterabsatz 2 mit dem Betrag zu vergleichen, der sich aus der Anwendung des Artikels 46 Ab- satz 2 Buchstabe a (Zusammenrechnung aller zurückgelegten Versicherungszei- ten) und Buchstabe b (Proratisierung) ergebe.

Da zur Berechnung der mit Zurücklegung der Mindestversicherungszeit erworbenen Leistung keine Zusammenrechnung erfor- derlich sei, sei die autonome Leistung, bei der die Antikumulierungsvorschrift nicht be- rücksichtigt werde, gleich dem unabhängig von der Dauer der Versicherungszeiten er-

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worbenen theoretischen Betrag und auch gleich dem tatsächlichen Betrag.

Schließlich sei die autonome Leistung gege- benenfalls gemäß Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung und unter Berücksichtigung des theoretischen italienischen Betrags zu be- richtigen und die höchste der beiden Lei- stungen — die nationale oder die gemein- schaftliche — zu gewähren.

6. Diese Rechtssache scheint mir, das sei gleich gesagt, ein Scheinproblem aufzuwer- fen und nicht geeignet zu sein, Ihre frühere Rechtsprechung auf diesem Gebiet in Frage zu stellen.

Zu lösen ¡st die Frage, ob Artikel 45 Absatz 2 der Verordnung ein Hindernis für die An- wendung des Artikels 46 Absatz 2 Buch- stabe a darstellt, der die Zusammenrech- nung der von dem Betroffenen zurückgeleg- ten Versicherungszeiten vorsieht. Für den Fall der Heterogenität der Systeme — Son- dersystem einerseits und allgemeines System andererseits — schließt Artikel 45 Absatz 2 die Zusammenrechnung der unter den hete- rogenen Systemen zurückgelegten Versiche- rungszeiten für den Erwerb, die Aufrechter- haltung oder das Wiederaufleben des Lei- stungsanspruchs aus. Davon zu unterschei- den ist der Geltungsbereich des Artikels 46, der die Feststellung der Leistungen betrifft.

Absatz 1 dieser Bestimmung besagt, wie der zuständige Träger eines Mitgliedstaats vor- zugehen hat, der für die Gewährung einer Leistung Artikel 45 nicht anzuwenden braucht. Er betrifft mit anderen Worten den Fall, daß die in ein und demselben Mitglied- staat zurückgelegte(n) Versicherungs- zeit(en) für den Erwerb eines Leistungsan- spruchs ausreicht (ausreichen). Dies trifft im vorliegenden Fall zu, soweit es um die belgi- sche Rente geht, denn der Kläger hat die für den Anspruch auf eine Invaliditätsrente für Bergarbeiter, deren Betrag von der Dauer der tatsächlich zurückgelegten Versi- cherungszeit unabhängig ist, erforderliche

Mindestversicherungszeit zurückgelegt. Ar- tikel 46 Absatz 2 Unterabsatz 1 setzt demge- genüber voraus — und dies trifft nur auf die italienische Rente zu —, daß vorher Artikel 45 angewendet wird.

Wie muß nun der FNROM, der nur Artikel 46 Absatz 1 anzuwenden hat, vorgehen? Er- innern wir uns, daß nach Ihrer Rechtspre- chung, für die das zitierte Urteil Celestre das bekannteste Beispiel ist, der Träger, der Artikel 46 Absatz 1 anzuwenden hat, vorher den Betrag der nationalen Leistung auch unter Berücksichtigung der Antikumulie- rungsvorschrift bestimmt haben muß, um dieses Ergebnis mit dem Ergebnis nach Ge- meinschaftsrecht, das sich aufgrund von Ar- tikel 46 insgesamt ergibt, zu vergleichen.

Auf der Stufe des Artikels 46 Absatz 1 Un- terabsatz 1 wird der betreffende Träger, der für den Erwerb des Anspruchs keine Zusam- menrechnung von Versicherungszeiten vor- nehmen muß, zunächst die „autonome"

Leistung zu bestimmen haben, die der nach seinen nationalen Rechtsvorschriften zu be- rücksichtigenden Gesamtdauer der Versi- cherungszeiten entspricht. Die nationale An- tikumulierungsvorschrift scheidet dabei nach Artikel 12 Absatz 2 am Ende aus, da die Leistungen gleicher Art sind. Das vorle- gende Gericht hat festgestellt, daß im vorlie- genden Rechtsstreit die Leistungen bei Inva- lidität nach belgischem Recht und die (pro- ratisierte) Rente nach italienischem Recht gleicher Art sind. Somit ist der Grundsatz anzuwenden, den Sie in Randnummer 12 Ihres Urteils Celestre wie folgt formuliert haben:

„Bei dem Betrag, auf den Artikel 46 Absatz 1 abstellt, handelt es sich ... um denjenigen Betrag, den der Arbeitnehmer nach den na- tionalen Rechtsvorschriften beanspruchen könnte, wenn er nicht nach den Rechtsvor- schriften eines anderen Mitgliedstaats eine Rente beziehen würde. Hat der Arbeitneh- mer, der eine bestimmte Anzahl Versiche- rungsjahre nachweisen kann, nach den na-

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tionalen Rechtsvorschriften Anspruch auf eine volle Rente, so ist der Betrag dieser vollen Rente zu berücksichtigen" (Slg. 1981,

1754).

Nach Artikel 46 Absatz 1 Unterabsatz 2 hat dieser Träger sodann den „theoretischen"

Betrag der Leistung zu berechnen, der sich bei Zusammenrechnung der in den verschie- denen Mitgliedstaaten zurückgelegten Ver- sicherungs- und Wohnzeiten ergeben würde (Verweisung auf Artikel 46 Absatz 2 Buch- stabe a), sowie den „tatsächlichen" Betrag im Wege der Proratisierung (Verweisung auf Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe b). Ich halte fest, daß auch auf dieser Stufe der Be- rechnung Artikel 45 noch nicht eingreift und der Anwendung von Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe a (Zusammenrechnung) nicht im Wege steht, der am Ende folgendes be- sagt:

„Ist nach diesen Rechtsvorschriften der Be- trag der Leistung' von der Dauer der zu- rückgelegten Zeiten unabhängig, so gilt die- ser Betrag als theoretischer Betrag."

Nach solchen Rechtsvorschriften können deshalb, wie im vorliegenden Fall, der Be- trag der autonomen Rente und der theoreti- sche Betrag gleich sein, weil der Leistungs- betrag von der Dauer der zurückgelegten Versicherungszeiten unabhängig ist. Was die Berechnung des „tatsächlichen" Betrags be-

trifft, der sich durch Proratisierung der zu- rückgelegten Versicherungszeiten nach Arti- kel 46 Absatz 2 Buchstabe b ergibt, so ist zwar ein Meinungsunterschied zwischen dem Kläger des Ausgangsverfahrens und der Kommission in bezug auf die Auslegung dieser Bestimmung zu verzeichnen, ihre An- wendung kann jedoch in keinem Fall zu ei- nem höheren Ergebnis führen, als sich aus der Anwendung des Absatzes 1 ergibt, da die „autonome" Rente mit dem theoreti- schen Betrag identisch ist.

Nach Artikel 46 Absatz 1 Unterabsatz 2 wird allein der höhere Betrag, der nur der der autonomen Rente sein kann, berück- sichtigt.

Das vorlegende Gericht hat sich offensicht- lich Ihre Rechtsprechung in vollem Umfang zu eigen gemacht und verweist zu Recht darauf, daß, soweit die von ihm vorgelegte Frage — wie ich meine — zu bejahen sei, noch der theoretische italienische Betrag zu ermitteln sei, damit der Beklagte als „Trä- ger, der Artikel 46 Absatz 1 anwendet", seine Leistung gegebenenfalls nach Artikel 46 Absatz 3 Unterabsatz 2 berichtigen könne. Schließlich wird ein Vergleich zwi- schen dem nationalen Betrag und dem ge- meinschaftsrechtlichen Betrag anzustellen sein, wobei der höhere Betrag an den Versi- cherten zu zahlen ist.

7. Aufgrund dieser E r w ä g u n g e n schlage ich Ihnen vor, der C o u r du travail M o n s wie folgt zu a n t w o r t e n :

— Artikel 46 Absatz 1 der V e r o r d n u n g N r . 1408/71 führt nicht zu einer A n w e n - d u n g von Artikel 45, da die Voraussetzungen für den Erwerb eines Leistungs- anspruchs bereits aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats erfüllt sind, o h n e d a ß zu den nach diesen Rechtsvorschriften zurückgelegten Versi- cherungszeiten die Zeiten hinzugerechnet w e r d e n m ü ß t e n , die in einem o d e r mehreren anderen Mitgliedstaaten zurückgelegt w o r d e n sind.

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— Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, der eine Invaliditätsrente nach ei-

nem Sondersystem festzustellen hat, die mit Ablauf einer Mindestversiche-

rungszeit erworben wird, deren Höhe jedoch von der genauen Dauer der zu-

rückgelegten Versicherungszeiten unabhängig ist, hat, während der Versicherte

darüber hinaus eine proratisierte Invaliditätsrente nach dem allgemeinen Sy-

stem eines anderen Mitgliedstaats bezieht, einen Vergleich vorzunehmen zwi-

schen dem Betrag der nach seinen eigenen nationalen Rechtsvorschriften ein-

schließlich etwaiger Antikumulierungsvorschriften geschuldeten Leistung und

der gemeinschaftsrechtlichen Leistung, die sich aus der Anwendung des Arti-

kels 46 insgesamt, ohne Anwendung der nationalen Antikumulierungsvorschrif-

ten, soweit die Leistungen gleicher Art sind, ergibt, wobei der Betrag der von

der Dauer der zurückgelegten Zeiten unabhängigen Leistung als theoretischer

Betrag im Sinne des Artikels 46 Absatz 2 Buchstabe a gilt.

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