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100 Jahre Stinnes-Legien-Abkommen - Renaissance der Tarifbindung?

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Nr. 37/2018 25. Oktober 2018

DGB Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

100 Jahre Stinnes-Legien-Abkommen - Renaissance der Tarifbindung?

Wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber in diesen Tagen 100 Jahre Sozialpartnerschaft feiern, dann scheint ab und an auch ein wenig Erleichterung in der Luft zu liegen, darüber, dass man es so lange miteinander ausgehalten hat. Schon das Abkommen vor 100 Jahren zwischen dem Industriellen Hugo Stinnes und dem Gewerkschafter Carl Legien war alles andere als eine Liebeserklärung, son- dern ein Zweckbündnis, welches beiden Seiten Vorteile brachte. Die Unternehmen entgingen in den Wirren der Novemberrevolution 1918 der Verstaatlichung und Ge- werkschaften wurden das erste Mal anerkannt und konn- ten seit diesem Zeitpunkt die Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder kollektivrechtlich über Tarifverträge regeln.

100 Jahre danach scheint dieses Zweckbündnis reform- bedürftig. Ganze 73 Prozent der Betriebe waren 2017 ohne Tarifvertrag. Lediglich 47 Prozent der Beschäftigten fielen noch unter den Schutz solcher kollektivrechtlicher Vereinbarungen. Wenn innerhalb von 10 Jahren die Ta- rifbindung der Unternehmen um knapp 30 Prozent auf derzeit 25 Prozent sinkt, dann steht damit für beide Sei- ten viel auf dem Spiel. Es geht um Akzeptanz, um Durch- setzungsfähigkeit und nicht zuletzt um einen gemeinsa- men Gestaltungswillen. In der deutschen institutionellen Struktur entscheiden zuallererst Arbeitgeber und Ge- werkschaften und nicht der Staat über die Ausgestaltung der Arbeitsbeziehungen. Tarifbindung ist damit Grad- messer für eine funktionierende Tarifautonomie.

Dementsprechend einig sind sich die Sozialpartner bei der Frage, ob die Tarifbindung wieder erhöht werden soll. Die Frage des „Wie“ wird indes auch 100 Jahre nach Stinnes und Legien unterschiedlich beantwortet. Für Ar- beitgeberpräsident Kramer liegt der Schlüssel zur Stär- kung der Tarifautonomie in der Flexibilisierung der Tarif- politik. So fordert er u. a. den stärkeren Einsatz von Öff- nungsklauseln, die Modularisierung von Tarifverträgen

oder die direkte Verhandlung über Tarife zwischen Be- triebsräten und Arbeitgebern ohne den Schutz und die Unterstützung der Gewerkschaft. Aus gewerkschaftlicher Sicht beinhalten diese Forderungen wenig Neues und of- fenbaren eine gewisse Ideenlosigkeit. Nicht nur das sie das Tarifsystem weiter durchlöchern würden, dem Ansatz durch weniger Tarifbindung, mehr Tarifbindung zu errei- chen, fehlt einfach die innere Logik. Besser wäre es, All- gemeinverbindlicherklärungen sowie die Nachwirkung von Tarifverträgen zu erleichtern. Außerdem könnte die Tarifbindung auch durch geeignete Steuerpolitik erhöht werden. So könnten Gewerkschaftsmitglieder, deren Be- triebe tarifgebunden sind, einen neuen Steuerfreibetrag erhalten oder ihren Mitgliedsbeitrag zukünftig vollstän- dig als Werbungskosten absetzen. Die aktuellen Ver- handlungen in einigen Bundesländern über Tariftreuere- gelungen bei öffentlicher Auftragsvergabe geben indes einigen Grund zum Optimismus. Auch für den Bund hat Arbeitsminister Heil jüngst solche Regelungen in Aussicht gestellt.

Die Diskussion um die Steigerung der Tarifbindung ist eine entscheidende Gerechtigkeitsfrage der heutigen Zeit. An ihr hängt nicht nur die Durchsetzungsfähigkeit der Sozialpartner, sondern auch der Fortbestand der so- zialen Ordnung wie wir sie kennen. Man kann nur hof- fen, dass dies allen Beteiligten bewusst ist.

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