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1933-1955

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Die Raubgoldproblematik

1933-1955

Von Thomas Maissen

Originalveröffentlichung in: Die Raubgoldproblematik 1933-1955, in: Joseph Jung (Hg.), Zwischen Bundeshaus und Paradeplatz. Die Banken der Credit Suisse Group im Zweiten Weltkrieg. Studien und Materialien, Zürich 2001, S.

275-320.

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Inhaltsverzeichnis

1 Deutscher Goldbedarf und Golderwerb 1933-1945 279 2 Die Politik der Schweizerischen Nationalbank 284 3 Der Wissensstand der Schweizerischen Nationalbank 289 4 Mögliche Motive des Nationalbank-Direktoriums 293

5 Die Washingtoner Verhandlungen 302

6 Ansätze zur Flurbereinigung in der Schweiz 1946 305 7 Weitere Verhandlungen mit den Niederlanden bis 1955 308 8 Zusammensetzung und Verteilung des alliierten .Goldropfs. 311

9 Quellen 314

10 Anmerkungen 316

277

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D

ie schweizerischen Goldgeschäfte, insbesondere diej enigen der Schweizerischen Nationalbank (SNBj, werden im ftlgenden Beitrag in ihrem internationalen Zusammenhang dargestellt.Aufder einen Seitesind dies die verschiedenenMassnah- men Nazi-Deu tschlands, um an Gold heranzu kom men, aufder anderen dieBemü- hungen der westlichenAlliierten, die betroffinen Zentralbanken nach dem Krieg zu entschädigen. was das in die Schweiz gelangte Gold betrifft, geschahdies vor allem in den washingtonerVerhan dlungenvom Frühjahr1946. l/or diesemHintergrund wird gezeigt, wiedie SNB aufirund vonstabilitätspolitischenÜberlegungenzum wichtig- stenGeschäftspartner derReichsbank wurde. Das Schw ergewicht des Beitrages liegtbei der Frage, weshalb dasDirektorium der SNB an diesen Geschäftsbeziehungen selbst dann noch festhielt, alsklare warnungenden unrechtmässigenErwerb desdeutschen Goldes belegten. Sechsmögliche Motive werdenerörtert unddabei die persönlicheVer- antwortungderzuständigenDirektoren herausgestrichen.

278

1 Deutscher Goldbedarf und Golderwerb 1933-1945

Am 23. März 1938, nur zehn Tage nach dem <Anschluss>,wird im «Gesetzblatt für das Land Österreich»eine neue Devisen ordnung verö ffentlich t,deren § 8 die «An- meld ung undAblieferu ng ausländ ische rWerte»regelt.1 Zu melden sind ausseraus- länd ischen Zahlung smi ttel n,Konti und Wertpapieren auch «G old und Platin in un- verarbeite tem oder halbverarbeitetem Zustand»; gleichzeit ig sind diese Werte «der Reichsbank-Hauptstelle Wien zum Kaufanzu bieten».Widr igenfalls drohen massive Strafbestimm unge n mit bis zu fünfJahre schwerem Kerker. Mit solche n Gesetzen saniert sich das<D ritte Reich>vorü bergehe nd:Währe nd die - unfreiwilligen- Anbie- ter von privatem Gold wenigstenseinigermassen in Reichsmark entschädigtwerden, wandern die Devisenreserven der österre ichischen Staats bank und ihr Goldvorrat (im Wert von 436 Mio.Fr.)oh ne Gegenleistu ngzur Reichsbank.

Diese Massnah men sind sym ptomatisch für Nazi-De utschland, das bereits vor dem Krieg in permanenterDevisenn ot ist und seinen Bedarfaufzwanglosem Weg- durch inte nsivierte n Aussenhan del - niemalsdecken kann. Die eigenen Devisenvor- rätebetr agen im März 1938 noch 76 Mio. RM (137 Mio. Fr.), waszeigt,wie wichtig der Nachschu bausÖsterreich ist. Scho n 1931 , alsonochvorder Mach tergreifung der Nazis,ist in Deutsc hland der Devisenha ndel beiderReichsbank konzentriertworden;

ähnliche Massnah men haben im Gefolge der Weltwirtsc haftskriseauchzahlreiche an- dere Staaten ergriffen.Gleichwohl sink t der Gold- und Devisenb estand der Reichs- ban k sehr rasch, von860 Mio.RM imFebruar 1933 aufn Mio.RM Mitte 1934.Mit dem «Neuen Plan» vom Septe mber 1934 begin nt unter Reichswirtschaftsminister Hjalma r Schach t die völligestaatliche Kon tro lle des Aussenhandels, der vorallem den Rüstungsbemühungen zu dienen hat. Zudem helfen Goldzahlungen ausderUdSSR, die bisJuni 1941 anhalten und 1933/ 34 imm erhin einen Wert von429 Mio.RM ha- ben,über dieprekärsten Engpässe hinweg, sodassdie Devisenknappheit wenigstens vorübergehendstabilisiertwerden kann .

Im Untersc hiedzu den Staaten des Goldblocks(Frankreich, Italien , Niederlande, Polen, Belgien, Schweiz) legtdie nation alsozialistische Wäh ru ngspo litik keinen Wert aufeineGoldbind ung derReichsmark. Seit1933praktiziert sieeine reinePapierwäh- rung;die Golddeckung der Noten beträgt 1938nur noch 1%. Abgesehen davon,dass dieEdelme tallreserven desReichesoh nehin geringsind,ist Gold den Nazisauchals angeblich«jüdisch-plutokratisches» Symbol nicht willkomme n; ihre Wäh ru ngsei viel- mehr an«Arbeit»gebunden- odervielmeh r an HitlersdirigistischeDekrete.Während 279

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so dieGold reserven ihre Bedeutung im Binnen markt und alsWährungsdeckungver- lieren,bleiben Devisen und Gold im Zahlungsverkeh rmit dem Ausland trotz deut-

->S.42 scher Bemühungen um bilateraleClearingabkom me n und-N atu ralrausc h-notwendig.

Gold,dasdurch stre nge Devisengesetze und drakoni sche Strafen seit 1933 auch bei der deutschenBevölkerungeingetriebenwird, dient alsoallein dem strategischen Ein- satzim Aussenhandelfür Geschäfte ausserhalb des Clearings(etwamit den USA) oder zum AusgleichvonClearingüberschüssen, diesinsbesonderebeimErwerb kriegswich- tigerRohstoffe.

Dervorerst aufgescho bene, dann energisch betriebene Kriegsausbruch ergibtsich auch aus der finanziellen Noclage:Am 7.Januar 1939 teilt das Reichsbank-Direkto- riumHiclerin einer Denkschrift mit:«Gold-oder Devisenreserven bei der Reichsbank sind nicht mehr vorhanden-"- dieösterreichische Beute ist aufgezehrt, Deutschland riskiert,keineImporte mehr tätigenzu können.Im Anschluss an diesesMemorandum wird dasDirektorium mit Ausn ahme Emil Puhls en tlassen; er wird ab 1940 als ge- schäftsführenderVizepräsident unter demformellen Präsidium von Winschaftsmini- ster Walther Funk die Reichsbank faktisch führen.Der Kampf um Ressourcen wird schon bald ,ab September 1939, mit der Waffebetrieben. Damit einher geht in den besetztenLänd ern eine systematische Jagd aller NS-Instanzen nach Edelmetallen: Bis 1945werden sie Gold im Wertvon fast 3Mrd.Fr. zusammenraffen.

Während die Verlu steder betroffenen Nationalbankengut belegt sind,lässt sich die Situ ation beiIndividu envielschwerer beurteilen, vor allembei den Opfern derSS- Raub züge in Ghett os und Konzentrationslagern .Polen, dessen nach Dakar verfrach- tete monetäreReservedem deutschen Zugriff entgeht,wird nachdem Krieg erfolglos Anspruch auf 130 t Gold erheben,das seinenmeistjüdischen ,in den Kon zentrations- lagern ermordeten Bürgern abgen ommenword en sei. Die alliierte Definition ,welche in der Nachkriegszeit zur Anwendungkommt,betracht et die Reserven der National- bank en und das aufgrund der deut schen Devisengesetze an jene abgelieferte Edel- metall-alsoauch Münzgold - als<monetäres,Gold. Bei der 1946einsetzendenRück- erstattung gilt es, <mo netäres, Gold im Wert von rund 585 Mio.$ (Schätzung von 1946) zu berücksichtigen, wasweitgehend den unlängst berechneten 583,2 Mio.$ en tspricht." Nicht berücksichti gt in dieser Zahl sind die Beut estü cke, die Privaten abgenommenworden sind; sofern sie ungemünzt sind,etwa Schmuck,Uhren ,Zahn- kron en usw., werdensie bei der Rückerstattung nach dem Kriegfür Flüchtlinge ver- wendet.Aufdem für die Konzentrationslager bei der Reichsbankeingerichteten SS- Konto .M elrner.trifft insgesamt gemünztes.O pfergold- im Wert von 2,9 Mio.$ein, das zum Teil von der Preussischen Münze eingeschmolzen wird. Bei den jüngsten Berechnungen der deut schen Goldflüsse ergibt sich ferner ein zusätzlicher Betrag

«Residualgrösse,)von7,3Mio.$für das oftauch ungemünzteübrige .O pfergold- das aufanderenWegenan dieReichsbankgelangte.4

Wie Polen gelingt es beispielsweise Frankreich, Norwegen und Dänemark, ihre Währungsreservenrechtzeitig nachGrossbritannienoder Überseezu verfrachten; äh n-

Goldbeständeund Goldoperationender Deutschen Reichsbank(1939-1945)

*1 $- Fr.4.40 Mio.$ Mio.Fr.*

AusgewiesenedeutscheGoldreserven1939 28,6 125,8

Stille Reserven 82,7 363,9

Andere deuts cheNotenbanken 12,1 53,2

Gold aus Zentralbanken

Österreich 99,0 435,6

Tschechoslowakei 34,3 150,9

Niederland e 137,2 603,7

Belgien 225,9 994,0

Luxemburg 4,8 21,1

Itali en 71,9 316,4

Andere 10,1 44,4

Gold Privat er

Vierjahrespl an,Melmer-Gold,unbekannteQuellen 82,0 360,8

Goldkäufe im Ausland

Sowjetunion,Japan,BIZ 67,9 298,8

Total 856,5 3768,6

Davon Raubgold 665,2 2926,9

lich es wird 1939/40 auf französische Anregung in der Schweiz erwogen und teilweise durchgeführt. Die ZentralbankenJugoslawiens und Albani enswerd en zuerst von den Italienern geplündert;dieGoldbestände gelangen nur indirekt nach Deutschland, als nach dem Seitenwechsel der RegierungBadoglio deutscheTruppen die Reserven der Banca d'ltalia1943 von Rom nachNorditalienundspäter nachDeutschland verfrach- ten.Einen Teil davon könnendieAmeri kaner in derSüdrirolerFestung«La Forrezza» bei Kriegsende sicherstellen, ausserdem ungarisches und österr eichisches Gold in Österreich sowie als Hauptfund Gold im Wert von 238 Mio.$(gut 1 Mrd. Fr.) im KalibergwerkKaiserodabeimthüringischen Merkers .Ungarn wird daserstkurzzuvor gestohleneGold (33,3 Mio.$)gleichwieder zurückerstattet ,weshalb es in derTabelle

«C oldbesrändeund Goldoperationen derDeut schen Reichsbank(1939-1945 )>> nicht erschei nt. Insgesamt wird im besiegtenDeutschland1945 nochGoldim Wert von 252 Mio.$(1,1Mrd. Fr.)gefunden , von denen32Mio.$belgischen Urspru ngssind.

Abgesehenvon militärischen undSS-Aktionen, die umfangmässigwenigerinsGe- wicht fallen , bedientsich Deut schland meistens sch einlegaler Mittel,um an dasEdel- metall heranzukommen.Strenge Devisen-und Anbietgesetze wie dasoben erwähnt e aus Österreich gelten überall; besonders ertragreich sind sie in den Niederlanden.

Insgesamt eignet sich das <D ritte Reich, über die jeweiligen Nationalbanken gut 80 Mio. $ (352 Mio. Fr.) Gold von Privaten an. Bestehend e Finanzin stitutionen sind auch sonst hilfreich: Im Anschluss an dasMünchner Abkommen verlangt das

<D ritte Reich, unter massiven Drohungen, dass ihr die Golddeckung für das im

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Sudetenland zirkulierende Geld ausgehändigt werde. Wenige Tage vor der Errichtung des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren, am 7.März 1939, gehorcht die tsche- choslowakische Zentralbank einem entsprechenden Ultimatum und ersucht die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und die SNB, insgesamt 14 t tschecho- slowakisches Gold, das bei ihnen deponiert ist, der Reichsbank zu übertragen. Wie sy- stematisch die deutsche Goldjagd verläuft, zeigt sich acht Tage später, als am Tag des deutschen Einmarsches die Direktoren der Nationalbank in Prag mit der sofortigen Exekution bedroht werden, sofern sie nicht die Überweisung von 23 t Gold veranlas- sen, dass bei der BIZ in London deponiert ist. Unter deutschem Druck willigt 1940 auch die Vichy-Nationalbank ein, das bei ihr deponierte belgisehe Währungsgold un- ter Wahrung scheinlegaler Formen nach Berlin zu verschieben, wozu es zuerst auf abenteuerlichen Wegen von Dakar durch die Sahara nach Europa zurückverfrachtet werden muss.Formal korrekt werden auch alle Lieferungen der Nederlandsche Bank nach Berlin verbucht: Sie gelten als Beiträge an den «Kampf gegen den Bolschewismus»

oder für ausserhalb des Landes entstehende Okkupationskosten. Im Falle Hollands steht ein Kollaborateur an der Spitze der Nationalbank, und gleiches gilt für Vichy- Frankreich.

Auch dank solchen scheinlegalen Erwerbsformen hat die Reichsbank keine Beden- ken, das holländische Gold zum grössten Teil in unverändertem Zustand weiter zu ver- wenden, zumal es seiner Prägung nach oft französisch, südafrikanisch oder amerika- nisch ist. Dagegen wirddas belgisehe Gold, für das der belgisehe Notenbankchefkeine Reichsmarkgutschrift zu akzeptieren bereit ist, in der Preussischen Münzstätte umge- schmolzen und mit deutschen Vorkriegsstempeln versehen. Zusammen mit Münzen wird ausserdem auch ein Teil des ungeprägten 55-Golds eingeschmolzen und als Bar- ren geprägt. Unter Aufsicht der -Reichsstellefür Edelmetalle> bereitet auch die private Degussa (Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt) via die Reichsbank angeliefertes Gold (4,2 Mio.$) für die industrielle und (kunst-)handwerkliche Nutzung vor;dabei wird ebenfalls nichtmonetäres Raubgut eingeschmolzen.

Vor allem aber benötigt Deutschland Gold (oder eine konvertible Währung) für die Bezahlung von Importen aus verbündeten oder neutralen Staaten, und dies um so mehr, je länger der Krieg dauert: Solange das <Dritte Reich>übermächtig ist, kann es noch andere Zahlungsmodalitäten durchsetzen (Zusagen von Waren- und Waffenliefe- rungen, Clearingkredite beziehungsweise bilaterale Verschuldungen in der Höhe von insgesamt 23,4 Mrd.RM bis 1944). Dabei richtet sich das strategische Interesse vor allem auf einige Rohstoffe, die für die Rüstung unabdingbar sind und nicht im unter- worfenen Teil Europas eingebracht werden können. So beträgt 1943 der Anteil der Einfuhr am deutschen Verbrauch bei Eisenerz 47,1% (aus Schweden, ferner aus der Slowakei), bei den für die Stahlhärtung notwendigen Mangan 100% (Spanien) und Wolfram 75,9% (Portugal), bei Chrom 99,8% und bei Kupfer 45% (beides aus der Türkei) sowie bei Öl 28% (Rumänien).5 Die Bedeutung des Finanzplatzes Schweiz liegt nun darin, dass er dem <Dritten Reich> solche unabdingbaren Importe ermög- 282

lichte: Mit Schweizerfranken (oder Gold) wird im Clearingverfahren der Saldo, die so- genannte Devisenspitze, beglichen. Dagegen macht das über die Schweiz versetzte Gold (im Wert von 1,7 Mrd. Fr.) einen insgesamt nur geringen Teil der - unfreiwilli- gen - Kontributionen unterworfener Staaten (im Wert von 119 Mrd.Fr.) an Hitlers Krieg aus, von den totalen deutschen Kriegskosten (rund 1224 Mrd. Fr.) ganz zu schweigen."

Der Kreislauf des Goldes wird insofern zusätzlich intensiviert, als die erwähnten Staaten, die nicht unmittelbar dem deutschen Herrschaftsbereich angehören, ihre Ge- schäfte oft auch mit Gold begleichen. Dies gilt für die Schweiz im Verkehr mit den iberischen Staaten, denen bei der Versorgung der fast vollständig eingeschlossenen Eidgenossenschaft eine zentrale Rolle zukommt. Das ist ein Grund dafür, dass vom physisch in die Schweiz gelangten Gold der Reichsbank bei Kriegsende nur noch we- nig im Lande selbst verblieben ist. Portugal und Spanien erhalten viel mehr Gold über die Schweiz als direkt aus Deutschland - einerseits von der SNB als Bezahlung für Lie- ferungen und im Tausch für Schweizerfranken, andererseits vom Depot der Reichs- bank bei der SNB in Bern. Diese Praxis macht sich später für die Iberer bezahlt: Auf-

grund des Abkommens von Bretton Woods werden die Amerikaner prinzipiell ---+5.3:

fesrhalten, dass sie Raubgold nur beim ersten Käufer als schmutzig (etainred») anse- ---+5.2 : hen.?Dagegen empfängt Schweden seine knapp 60 t Gold direkt von der Reichsbank,

und davon wiederum 20 t über das Berner Depot. Im Rahmen dieser internationalen Finanztransaktionen wickelt auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel ihre Geschäfte ab. Gegründet 1930 im Rahmen des Young-Plans, besteht ihre ur- sprüngliche Aufgabe darin, die deutschen Reparationszahlungen abzuwickeln; ausser- dem - und bald vorwiegend - operiert sie als <Bank der Zenrralbanken., deren Zu- sammenarbeit sie erleichtern soll und die auch ihre Gremien besetzen: Präsident während der Kriegsjahte ist der Amerikaner Thomas McKittrik. Die BIZ bleibt wäh- rend des ganzen Krieges tätig, wobei Vertreter der verfeindeten Nationen zusammen- arbeiten, die Aktivitäten sich aber weitgehend auf Goldtransporte beschränken. Als einzige relevante Einnahmequelle bleiben die deutschen Zinszahlungen übrig (in der Höhe von rund 10 Mio. Fr.jährlich), die mit Gold beglichen werden. Insgesamt gelan- gen so während des Krieges 12 t deutsches Gold über die jeweiligen Depots bei der SNB in Bern zur BIZ. Nach dem Krieg wird das nachgewiesene Raubgold zurücker- stattet, nämlich 1,6 tumgeschmolzenes belgisches und 2,1 t niederländisches Gold.

Obwohl in den Verhandlungen von Bretton Woods 1944 beschlossen wird, die BIZ zu liquidieren, die vom amerikanischen Finanzminister Henry Morgenthau als «Instru- ment der Nazis» betrachtet wird, bleibt sie als wichtige Institution für den euro- päischen Wiederaufbau erhalten.

283

(6)

2 Die Politik der Schweizerischen Nationalbank

AlsGrossbritannien am 21.Septemb er 1931 von der Goldwähru ngAbsch ied nimmt und abwertet, gehteinweltumspannendes System von auf Golddeckungberuhenden und entsprech end konvertiblenWährungen zu Ende;derfreie Welthandel wird durch protektioni stische Nationalisme n und kompetiti ve Abwert ungen abgelöst. Nach lan- gem , von wirtschaftlicher Depression begleitetem Widerstand fügen sich schliesslich auchdie Staatender um Frankreichgruppierten ehemaligenLateinischen Münzunion

207 (Laror) in das Unverm eidlich e: Im Gefolge des westliche n Nachbarn werte t die Schw eizam 26. Sep tem ber 1936 den Schweizerfranken um 30%ab.DieSNB hat sich biszuletzt dagegen geweh rt , dasie dasVertrauen von In- und Ausland ineinenstabi- len Schweizerfranken als unabdingbare Voraussetzung eines gesunden Finanzplatzes auch gegen denAbwertungswunsch der Exportindustri e verte idigen will. Im Gegen- satz zur Reichsmark wird der Schwe izerfranken aber nicht zu einer reinen Papier- währung, sondern behält eine engeParität zum Gold.Diese währendder Kriegsjahre aufrechtzuerhalten ist eines der wichtigsten finanzpolitischen Ziele derSN B, deren Direktorium sich aus Ernst Weber (Präsident), Paul Rossy und Fritz Schnorf zu- sam mensetzt; 1942 wird der Letztgenanntedurch Alfred Hirs ersetzt. Die währu ngs- theoreti schmotivierteAnhänglichkeitan den Goldstandard, diebei anderen Zentral- banken nicht mehrso ausgeprägt herrscht,ist eine man chm al auch leicht irration ale Komponente bei den Goldkäufen, welche die SNB in der Tradition eines liberalen Finanzpl atzestätigen wird.

Eine andere prägend e Erfahrung nicht nur desSNB-Direktoriums, sondern der ganzen Schweiz und ihrer bürgerlichen Elite ist dieverhä ngn isvolle Wirtschafts-und Geldpolitik im Ersten Weltkrieg, die im Lande sstreik geende t hat: Die umlaufende Geldmenge hat sich von 1914 bis19 18 verdreifacht,dasPreisniveau sichverdoppelt.

Dies sollsich nichtwiederholen,und tatsächli cherhöht sich der Indexder Konsumen- tenpreise von 1939 bis194 5nur um dieHälfte- obwohl dasLand, anders als1914bis 1918,die meiste Zeit von den Achsenstaaten umklammert und die Versorgungslage entsprechend zusätzlich erschwert ist. Der schweizerische Notenumlauf verdoppelt sichvomSommer 1939bisMärz 1946; in Grossbritannien ist er dagegen zweieinhalb- mal höher, in den USA steigt er um das Vier-, in Frank reich um das Fünf-, in Deutschlandum dasSechseinhalb- und in Italienum das Zwanzigfache.8

Die Prämissen Geldwertstabilität zur Inflationsbek ämpfung sowie Goldbindung, ausserdem das ch ron ische Defizit in derschweizerischen Handel sbilanz,dieAngst vor

einer umfassend en bürokratischen Kontrolle des gesam ten Devisenmarkt es und vor Nachteilen für die auslando rient ierten Branchen und insbesondere für die Finanz- gläubigerveranlassen die SNB,die KonvertibilitätdesSchweizerfrankenswährenddes ganzenKriegesbeizub ehaltenund trotz vorübergehe nd massiverKapitalflucht aufeine Devisenb ewirtschaftun g zuverzichte n, obwohl innerhalbdesDirektoriums vor allem PaulRossybei entsprechendenDiskussion enim Mai 1940 underne utim August 1941 und Juni 1943 klardafür eintritt. Mit dieserWährungspol itikstehtdie Schweiz alleine da:Die anderen internation algebräuchli chen Wäh ru ngen, insbesondereder ame rika- nischeDollar, verlierenspätestens mit demKriegseintrittderUSAdenCharakter eines überall anerkannten und zu einem festen Kurseintauschbaren Zahlungsm itt els.Für Transakti on en über diejeweiligen politischen Einfluss- beziehungsweiseHerrschafts- bereiche hinaus bieten sich fortan nur noch Gold oderSchweizerfranken an . Dieser Situa tionverda nken beideihreBedeutungim Geschä ft der Deutschen , aberauch der Alliiertenmit denneutralen und nichtkriegführenden Staaten.

Die Reichsbank,diebis 1939 mangelsDevisen auf dem schweizerische n Fina nz- platz wenig aktivgewesen ist,zeigtsich nach Kriegsbeginn zusehe nds an Schweizer- frankeninteressiert.Bis zum Herbst1941deckt sie ihr Bedürfni sim freienHandel mit Schwe izerGeschäftsba nken. Die Goldlieferu ngen der Reichsbankgehen voralleman den SBV in Le Lodeund Zürich, die Bank Leu und die SBG in Bern und Zürich."

Allerd ings ist ein erhebliche r Teildavon (34 t)sowjetischen Ursprungs,daszu22,7t ---+S.:

zum SBV und zu 6,5 tan dieSBG kommt.Der SBV schmilzt das .Russengold. das zwischen JanuarundApril 1940 eint rifft,in LeLodeum undversch ifftesnachAme- rika,woesder«Soviet com me rcial rep resent ationin NewYork»gut gesch riebenwird - ohne je Eigent um einerSchweizerBank gewesen zusein und ebensowenigderReichs- bank,welchedieseTransporte ebenfallsin Kommission erledigt.Die ebenfalls1940/41 erfolgten Transfers von .Russengold. via Berlin zur SBG dienen grösstenteils dazu, schweizerische Exporte in die UdSSR zu bezahlen .Tatsächli ch erwo rben wird von Schweizer Geschäftsba nken alsoGold im seit 1946 bekannten Umfang von etwa 90 bis100 Mio.Fr.IO

Mit den auf dem Schweizer Markt erworbenen Schweizerfrank en und ebenfalls

dort bezogenen Escudos bezahlt Deut schlandLieferungen insbesondereausPortugal ---+S.2

GoldlieferungenderDeutschen Reichsbank an Schweizer Geschäftsbanken(1940/41)

Mio.Fr. Mio.$ kgfein

SchweizerischerBankverein 151,0 34,9 31 015

BankLeu 43,8 10,1 8990

SchweizerischeBankgesell schaft 31,8 7,4 6540

BaslerHand elsban k 9,6 2,2 1963

SchweizerischeKredit anstalt 7,4 1,7 1513

EidgenössischeBank 0,1 0,03 25

Total 243,7 56,3 50045

(7)

.44 5ft., 09

und aus Rumäni en. Diese Länder tauschen ihrerseits die Schwe izerfra nke n bei der SN Bwieder gegen Goldein .In diesem Kreislau f fällt dasdeutsche Gold beiden Ge- schäftsbanke n an, die es auf dem Markt an Private weite rgeben, währe nd das Wäh- rungsgold der SNB ins Ausland abRiessr. Zusätzlich kompliziert wird die Lage der SN B dadurch,dass sieals Vorsich tsmassnah me grosse Men gen Gold (688,7 Mio. Fr.) in ihrNew Yo rkerDepot verlagert hat ,die USA aberam 14.Juni 1941,noch vor ihrem Kriegseintritt,die schweizerischen und alle bishernoch nichtgesperrten kontinental- eu ro päisc he n Gut haben blockieren lassen.Dam it steht der SNBfüreine aktiveGeld - politik zurSta bilisieru ng des Schweizerfrankens nurnoch diephysisch inBern befind- liche Gold reserve zur Verfüg u ng. Hat diese Anfan g 1939 noch 1,6 54 Mrd. Fr. be- tragen,so gehtsie bis zu m drittenQuart al 1940aufwen igerals dieHälfte zur ück und ste igt bis Kriegsende nur lan gsam wieder auf1,047 Mrd.Fr.Wohl nimmt der Gold- bestandder SN B dankdengrossen Verkäufen der Alliierte n von 19 39 bis Mitte 194 5 insgesam t um 1,764 Mrd. Fr.zu - doch dieses Wachs tu m finde tauf den blocki ert en Dep otsin London,NewYorkundOttawasta tt, wogege n die inder Schwe iz liegen d en Goldreserven 194 5 erhe blich unter den en von 193 9 liegen. Für die sta bilitätsorien- tierte Handlungsfreiheit auf dem interna tio nalen Schweizerfra nken- beziehungsweise Goldma rkt und auf dem Binnenmarkt (GoldverkäufezurAbschöpfunginflationstre i- bender Kaufkraft ) kön ne n die in Übersee blockierten Menge n nicht herangezoge n werde n.

Die inländischeGold reserve und damitdas Vertrauen desPublikums in dieStabi- lität desSchweizerfranken sdroht nichtnur durchdie erwä h ntenDreieckgeschäfte mit Portugal, sonde rn auch durch die zune h me nde Gold ho rtung insbesondere fra nz ösi-

Goldtransaktionen der Deutschen Reichsbank überihr Depot bei der SNB in Bern (1940-1945)

(Mio.Fr.) 1940 194 1 1942 1943 1944 1945 Total

Eingäng e

Transfers aus Berlin 102,3 190,9 492,3 581,9 254,7 15,6 1637,7

SNB 19,5 19,5

Por tugiesischeZent ralb ank 14,1 11,7 25,8

Tür kis che Zentralbank 14,6 14,6

Schwe izer Geschäft sbanke nund Diverse 3,9 0,5 4,4

Ausg äng e

SNB 85,7 141,2 424,2 370,1 180, 2 29,7 1231,1

PortugiesischeZent ralbank 41,4 150,5 46,3 238,1

SchwedischeZentra lbank 6,8 19,5 56,0 4,9 87,2

BIZ 20,0 6,3 5,4 13.1 13,6 58,4

Rumänis cheZentralbank 50,6 50,6

SlowakischeZentralb ank 7,8 15,6 23,4

Spanis che Zentral bank 6,8 6.8

SchweizerGeschäft sban kenundDiver se 0,5 5,4 5,8

286

scherKunden gefäh rlichgesch mälertzuwerde n.Die SNBen tschliesstsich deshalbim August 1941,dieBelieferungder Geschäftsbanken mit Gold einzuschränken ,und im Herbst 1941folgt im Sinneeiner Notmass nah me der Beschluss, denGoldhandel bei der SN Bzu monopolisieren : Fortan kanndieReichsba n knur nochdirek tbeider SN B Gold verka ufen und Schweize rfra nken erwerb en. Auch wird Deutschland gebete n, seine Zahlungen an Portugal nicht über Schweizerfranke n abzuw ickel n, sondern di- rekt gege n Gold; nur physisch finden dieseTransaktionen in derSchweiz sta tt, näm- lich über die ents preche nde n Depot sderbeiden Nationalba n ken beider SNB.

Ausser der Reich sban k (seit 1940 ) unterhalten auch andere Staaten währe nd der Kriegsjahre ein Depot bei der SNB in Bern; dies hat den Vorteil, dass Gold be- zieh u ngsweise Schweizerfran ken bei Zahlungen nicht mit hohen Kosten über weite Dista nze n im kriegsversehrten Eur opa verschob en werden, sondern in eine m zent ral gelege nen, vergleichswe ise sicheren Staat verbleiben kön ne n. Wie aus der Tabelle

«G oldtransaktio nen der Deutsc he n Reich sban k über ihr Depo t bei der SNB in Bern (194 0- 1945)>> hervor geht, dient das Berner Depot der Reichsbank vor allem den Goldtransaktio ne n mit der SNB, den Nationa lba n ken von Portugal, Schwede n, Ru- mäni en, Spa nien,der Slowakeisow ie derBIZ.ll

DieTabellezeigtzude m auf,dass die SNB mitAbsta nd die grösste Goldkäuferin der Reichsbankist.Ents prec he nd den erwäh nte nZwängen der Konve rt ibilität undder am portugiesisch en Beisp iel beschri ebenen Dreieckgeschäfte bleibt es allerdings oft nicht langebei ihr liegen : DasGoldwirdweite rverkauft,einerseitsals Zahlungs m itt el für im po rt iert eWaren (so besondersim FalleSpa n iens) oder fürande re dem Waren- erwe rb dien ende Wäh ru nge n (Escudos), ande rerseitsimTau sch gegen Schweizerfrau- ken, mit denen das Reich seine Rechnu ngen bei Dritten beglich en hat. Die Tabelle

«G oldtransaktio nen derSN B (1.Septe m ber 1939 bis 30 .Juni 1945 »>zeigt , mit wem und inwelche mUmfa ng die SN Bwähr end derKriegsjahre Gold tra nsaktio ne ntätigt."

Goldtransaktionen der SNB(1.September 1939 bis30.Juni 1945)

Netto käufevon Mio. Fr. Nelloverkäufean Mio.Fr.

Deut schl and 1211 ,6 Portugal 451,5

USA 1528,7 Spanien 185,1

Grossb rita nnie n 668,6 Rumänien 102,3

Frankreich 193,2 Ungarn 16.3

Ita lien 150,1 Türkei 14,8

Schweden 74,5 Slowakei 11,3

Kanada 65.3 Japan 5,0

Argent inien 32,7 Bun d 818,6

Griechenland 0,5 Binne nmarkt 596 ,2

DavonGrossbanken 514,5

BIZ 43,2 Eidgenössische Münzstätte 3.3

Tot al 3968,4 Total 2204,4

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Die bei weitem wichtigsten Goldverkäufer an die SNB sind die USA, das <Dritte Reich> und mit bereits erheblichem Abstand Grossbritannien; der mit Abstand bedeu- tendste Käufer ist Portugal, gefolgt von Spanien und Rumänien.Das meiste Gold wird von der SNB jedoch im Inland abgegeben. Der insgesamt weit überwiegende Zufluss von Gold und Devisen führt angesichrs der beschränkten Importmöglichkeiten zu einem chronischen Überschuss in der schweizerischen Zahlungsbilanz. Deshalb sollen die durch Kredite finanzierten Goldankäufe des Bundes inflationstreibende Schweizer- franken sterilisieren, die als Bezahlung für - aussenpolitisch zusehends opportuneren- Export und Dienstleistungen zugunsten der Alliierten ins Land gekommen sind, wäh- rend das dafür erhaltene Gold - stabilitätspolitisch unerwünscht - in Übersee blok- kiert bleibt. Ebenfalls der Sterilisierung dient, wie erwähnt, das physisch im Land be- findliche Edelmetall deutscher Provenienz, das zur Vernichtung von Kaufkraft vor allem in Form von Goldmünzen am Binnenmarkt abgegeben wird.Insofern sie den Manövrierraum der SNB beschränkt, bedingt die amerikanische Blockadepolitik den Kauf deutschen Golds mit.

Die amerikanischen Goldverkäufe erfolgen dagegen,um dessen passive Leistungs- bilanz auszugleichen: Die USA können nur wenig Waren in die Schweiz exportieren, erwerben aber strategisches Material, insbesondere Uhren, und müssen Diplomatie und Spionage, schweizerische Schutzdienste und humanitäre Missionen in Europa finanzieren.Die Goldverkäufe der USA sind 1941 (831,2 Mio. Fr.) und 1942 (669,1 Mio.Fr.) am höchsten und liegen 1943 (168,4 Mio. Fr.), 1944 (341 Mio. Fr.) und 1945 (233,2 Mio. Fr.) deutlich tiefer. Die britischen Verkäufe erreichen den Höhepunkt da- gegen erst 1944 (206,4 Mio. Fr.). Seinerseits verkauft Deutschland 1942 (424 Mio. Fr.) und 1943 (370,4 Mio. Fr.) am meisten Gold (1940: 65,1 Mio.Fr.; 1941: 141,2 Mio. Fr.; 1944: 180,2 Mio. Fr.; 1945: 29,5 Mio.Fr.); die intensive Phase mit monatlichen Ankäufen der SNB im Wert von 14 bis über 58 Mio. Fr. dauert vom Oktober 1941 bis Juli 1944. Die letzten Lieferungen der Reichsbank, vor allem Goldmünzen, werden von November 1944 bis Januar 1945 und im April 1945 (15,6 Mio. Fr.) übernommen. Die Verkäufe der SNB an Portugal sind 1941 (208 Mio.Fr.) und 1942 (295 Mio.Fr.) am höchsten, wogegen die SNB in den folgenden beiden Jahren auf einem deutlich tieferen Niveau von diesem Land mehr Gold ankauft, als sie abtritt.13

3 Der Wissensstand der Schweizerischen Nationalbank

Grundsätzlich entsprechen die Goldtransaktionen der SNB dem Völkerrecht,zumal keine der beiden Kriegsparteien klar begünstigt wird; entsprechend wird sich das Di- rektorium der SNB bei der Rechtfertigung seines Vorgehens regelmässig auf die Neu- tralität berufen. Das Problem liegt allerdings darin, dass die deutschen Lieferungen grosse Mengen gestohlenen Goldes beinhalten, was bei den Alliierten nicht der Fall ist.

Wohl ist die Konfiskation von Bargeld und Wertbeständen des besetzten Staates durch eine Siegermacht gemäss der Haager Konvention von 1907 (Art.53) möglich; aber Zentralbanken sind privatrechtlich konstituiert, die öffentliche Hand ist bloss ein Aktionär neben anderen. Obwohl sie es später bestreiten werden, ist der fragwürdige Erwerb des Goldes den Verantwortlichender SNB schon früh bewusst.Die geringen ausgewiesenen monetären Reserven der Reichsbank sind bekannt; auch wenn die ver- steckten Reserven - wie es die SNB wenigstens im nachhinein tun wird - sehr viel hö- her veranschlagt werden, müssen die ab 1940 massiven Lieferungen auffallen. Im Som- mer und Herbst 1940 kursieren Meldungen aus Holland über Requisitionen bei der Notenbank und bei Privaten, und dies sogar in der deutschen Presse.Seit Anfang 1941 ist offensichtlich, dasssich die Deutschen um die Rückführung des belgischen Goldes aus Dakar bemühen und dass die Nederlandsche Bank regelmässig um grosse Mengen Edelmetall mit unbekanntem Ziel erleichtert wird. In einem NZZ-Artikel vom 16.Au- gust 1942 weist Salomon Wolff nach, dass die Reichsbank-Bestände teilweise aus Raubgut bestehen müssen." Ausserdem tauchen Goldbarren mit dem Prägedatum

«1942»auf - umgeschmolzen aus holländischemGold,wie sich erst später herausstel- len wird, doch von Anfang an äusserst verdächtig angesichts der 1942 sehr beschränk- ten Möglichkeiten des <D ritten Reichs>, auf legalem Weg zu Gold zu gelangen. Wenn dies aber doch möglich ist - weshalbsollte es dann umgeschmolzen werden? Das müs- sen sich die Verantwortlichen der SNB erst recht fragen, als die Reichsbank im De- zem ber 1942 sondiert, ob sie bereit seien, deutsche Barren umzuschmelzen und mit schweizerischem Stempel zu versehen - was immerhin abgelehnt wird. Offenbar er- wägt die Reichsbank eine solche Massnahme, weil der Banco de Portugal vorüberge- hend keine Barren deutschen Ursprungs mehr annehmen will. Ein Vertreter der SNB berichtet von einer Reise nach Lissabon im Oktober 1942: «Le Portugal n'achetepas directement deI'or de la Reichsbank, en partie pour des raisons politiques, en partie, sans deute,pour des raisons de precautiori juridique. Mais lorsque cet or a passe par nous, ces objections rornbenr, Il me semble qu'il y a la pour nous matiere a rerlexion.» "

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Das Zitat istnich t so einfachzu interpr etieren , wiees scheint, denn tatsächli chbegin- nendiePortugiesenin dieser Zeitgerade damit,direkt eZahlungender Reichsbank zu akzeptieren, nachd em bisher- wie erwähnt - ein Dreiecksgeschäft über die Schweiz funktion iert hat.Dass-ju ristisc he Vorsichrsmassnah me n-beim Erwerb deutschen Gol- des angebrac h tsein könnten,wird aus demportu giesischen Standpunk t deutli ch ge- nug, und ebenso,dassdie Veran two rtlichen der SN B um ihre Rollebeidieser<Gold- wäsche,wissen müssen.Doch offenbar istihnendies keine «rnatierederefiexion».So wird 1946 auch einVertreter der amerikanischen Zent ralbank in New Yorkim Ge- spräch mitAlfred Hirs festhalten. die SN Bsei im Goldgeschäft mit der Reichsbank

«lesscircumspect»gewesenals die Portugiesen oderSchweden.16

Wiesich spä terzeigenwird,gelangen bis Ende 1944 6864 Barren holländischen Urspru ngs imWert von 399,9 Mio. Fr. zurSNB,aus Belgien 6312 Barren (379 Mio.

Fr.) undausLuxem burg272 Barren (16Mio. Fr.).Dam it werdensich- nochoh ne Be- rücksich tigung anderer erwiesene r Raub goldquellen - dreiViertel des von der SNB . angeka uften Goldesalsgestoh len erweisen . Das einzige Bedenk en ,dasdie Direkti on zu haben schei nt,kom m tim Som mer 1942 zurSprache: Die exilierten Leiter derhol- ländi schen oder belgischen Nationalbank könntenListenmit in derHeimat verbliebe- nen und deshalb zu sperre nden Barrenaufstellen , deren Vertrieb dadurch verhindert würde . Das SNB-D irektio nsmi tglied Rossy kommt deshalb zum Schluss: «Obschon die Gefahr, dass die Nationalbank hier zu Schaden käme, nich t gross ist, so würde selbstredend eine Umschmelzung der Barren diese Gefahr vollständig beseirigen .»'?

Nich tzuletztwegen praktischer Probleme wird jedoc h beschlo ssen , «von einer Um- schmelzung derBarren vorder ha nd,d. h.für solangeals keineBean standu ngen sicher- geben,abzusehen»."

Beanstandungen dieserArt bleiben aus, dochdafür sind immerlautere Warn un- gen der Alliierten zu verne h me n. Bereitsbeiden Wirtschaftsverha nd lunge n mit Eng- land 1942 wird die Gold politik derSNBkritisiert .Am 5.]an uar 1943 folgteine«De- clarati on against Acts of Dispossession», in der die Alliierte n insbesondere die neutralen Staaten darau fhinweisen ,dass sie«alleTran sferierungen undTransaktionen, die sich aufGüter, Rechte und Interessen in den besetzten Gebieten [...] beziehen», für ungülti g erklärenwerden, wennih nenEnte ignungen durchdie Achsenmäch tevor- angegangensind.«D iese Warnunggilt ingleicher Weise,ob es sich um offene Plünde- rung,um Ente ignungoder umanscheinend legaleTran sakt ion enhandelt, sogarwen n diese Transaktio nen alsfreiwilligangesehenwerden können .»!?Gold ist in diesen allge- meinen Ausführu ngen nichtbesonders erwäh n t, doch in einemArtikelvom Juni1943 wird die «Fina ncialNews»deutli ch : Selbst wen n die Barren eingeschmo lzen worden sind, können die Neutra len nich t behaupten , von ihrem Urspru ng nichtsgewusst zu haben , sondern müssen sie den«rightfulowners»zu rückersta t ren." Ebenfalls im Som- mer 1943 em pfieh lt der schwedische Zent ralbankpräsident grösste VorsichtbeiGold- käufen in Deut schland, und der Gouverne ur der Vichy- treuen Banq ue de France, Brearr de Boisanger,weist bei einem Besuch in der SchweizdieSNB-D irekto renaus-

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drücklieh auf ihre Verantwortung hin,wenn sie Gold anneh men, das aus dem ur- sprünglich ihmanvertrauten belgischen Depot stam m t.Schliesslichwirdauch Rudolf Pfenninger,derVertreterder SN B in NewYork, vom amerikanische n Schatzamt er- mahnt,dass sich die SNB nicht oh neweiteres aufden gut enGlauben berufen könne, wo es sich um gesto h lenesEigentu m handelnkönnte.

ErstdieseReihe vonWarn ungen führtzueiner Infragestellungderbisherigen Pra- xis- allerdingsnicht innerhalb desDirektoriums, sondern seitens desNationalbank- Aufsichtso rgans, des Bank aussch usses, dessen Präsident, der freisinnige Nation alrat Gottlieb Bachm ann, bis 1939 selbst das Direkto rium der SNBgeleitet hat. An der Ausschu ßsitzung vom 22./23.Juli 1943 weister auf den «politische n Charakter»des Goldha ndels hin,und dasDirekt orium wird zu Vorsich tangehalten; undan derjeni- genvom26./27.August 1943hält Bachm ann fest,man könne sich nicht «ohne weite- res auf den gute nGlauben»berufen- «es seinurzu hoffen, dassder Nation albank aus demGoldgeschäftmit der Reichsbankkeine Nach teileerwachsen werden».Das Neu- tralitätsarg ume nt allein impliziere keine Verpflichtu ng zum Goldkauf: «Jedes Land [kann] sich weigern,Gold anzu neh men, ohne dassesdam it seineStellung alsGold- wäh ru ngslandaufgibt.»Rossy entg egnet, er habe ein gutesGewissen:«DieRequi sition von Gold seiein Recht,dasderBesetzun gsmacht gemäss Völkerrecht zustehe.»!'

Dieser Satzfindet sichbeina heident ischauch in einemBrief,mitdemdasDirek- toriumauf Dräng en des Ausschussesam9. Okto ber desselbenJahresBundesrat Ernst Wetter über dieschweizerischen Goldkäufe und die alliiert e Kritik daran informiert.

Dam it erfährt diepoliti scheBehörd e erstmalsoffiziellvon den RisikendesGeschäfts, allerdingsinverklausulierten Wendungen und ohneHinweis auf dieklaren Verdachts- mom ente:«Seit Jah ren zedie rt dieDeut scheReichsbank derNationalbank vonZeitzu Zeit Gold in Barren und Münzen .[...] DieNation albankdarfund muss an neh men, dassdasihr von einer ausländ ischen Notenbankangebotene Gold rechtmässig erwor- ben worden ist; es istihr bisjetzt auch nienotifiziert worden,dassdieDeut schen Gold gestohlen hätten , wen nauchanderseits die Verm utu ng nicht von derHand zuweisen ist, dass es sich teilweiseum Gold handelt,dasausden besetzten Gebietenstarn m r.sf Mit solchenAusfüh runge n soll die Regieru ng mit in die Verantwortung geno m me n werden, da«dasProblem nicht nureinewähru ngstech nische,sonde rn auch eine aus- gespro chen politis che Seitehat»- ist der Bundesrat «mit der von der Nationalban k bisherbefolgten Politik einverstande n»?ImAntwo rt brief hält Wette r den Sachverhalt noch einmalfest und drückt - am 19.Novem ber 1943 - den Wunsch desBunderats aus,dass«entsprechend Ihrem eigenen Bestrebendiese Goldüberna h me n für die Zu- kunftsich ineher bescheidener emRahmenbewegen »."

Am 22.Februar 1944 erlässt das amerikanische Scha tzam t die sogenan nte«Gold declarati on»: «The UnitedStares formallydeclares thar it doesnot andwill not recog- nize rhe transferen ce oftitle to the looted goldwh ich theAxis at any time holds or disposed of in world markets.v" Das Eidgenössische Politi sche Depart ement (EPD) bestäti gt den Empfang der «G old declarat ion», geh taber auf deren Inhalt nicht ein.

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Deut scheVerhandlungspartner der SNB können sich wen igspäte r aufErnst Weber berufen, wen nsiefesth alten ,dass«d iekürzlich veröffentlichteStellungnahmeaus dem Lager unserer Feindmächt e eine Änderu ng der bisherigen Haltung in dieser Frage nicht beinhalte»." Gleichwohl lässt die SNB vom Völkerrech tsprofessor Dietrich Schind ler ein Gutac h tenzur Goldpro blemati k erstellen, dasdieser am 22.Juli 1944 vorlegt.Es seimöglich,dassdasbelgische Gold- umdas esin einigenwestlichenZei- tungsart ikeln der Zwischenzeit vor allem gegangen ist- alsEigentu m des besetzten Staates gemäss Haager Ordnung dem Beut erecht der Besatzungsmacht unterliege.

Ent sche idend für die SN Bsei, wie 1946 ein weiteres Gut achten desGenferJuristen Georges Sauser-Hall ern eut beton en wird" ; ihr guter Glaube, weshalb Sch indler empfiehlt, «dassbei der Überna hmevonGoldvonseiten der Achsenmäc hteeineaus- drückliche Erkläru ngverlang twürde desInhalts,dassdas Gold nichtimWiderspruc h zuvölkerrechtli chen Gru ndsätzen [...] erworb enwurde»."

Die SN B brauchtdiese Empfehlung nicht meh r zubefolgen,dadieAlliierte nan- lässlich der Wirtschaftsverha ndlungen mit der Schwe izvom Som mer 1944 den voll- ständ igenAbbruc h der Goldkäufeverlangen undsolchevonAugust bisOktober 1944 tatsächlichausbleib en .In einemBriefvom 5.Septem bererklärt Weberdiesen starken Rückgang allerdings nicht mit eigenen Massnahmen , sondern mit der «wirtschaft- lichen Abschn üru ng»des<D ritten Reiches>,dasdieherkömmlichen Import e garnicht mehr tätigen kann und deshalb auch keine Schwe izerfranken mehr braucht ." Nach vereinzelten letztenLieferungen imWint erwilligt derBundesrat aufalliierte n Druck hin am 16 .Februar 1945 in eineSperreder Reichsb ank-Guthaben in der Schweizein,

~S.468f. was durchdas sogenann te Currie-Abkornrn en vom Märzbestätigt wird. Nachlän geren Gespr ächen desReichsbank-Vizepr äsident en Em il Puhl werden am 6.Apr ilvon Kon- stanz aus gleichw ohl noch 15,9 t Gold in Empfang genommen, die ents prechend alliierten Ausnah meklauseln nur konsulari schen und humanitären Zwecken dien en sollen, aber von den Amerikanern scho n bald als Verstossgegen das Currie-Abko rn- meninterpr etiert werden.

4 Mögliche Motive des Nationalbank-Direktoriums

Welches sind die Motivefür die so umfang reichen undso lange anhaltenden Gold- käufeder SNB beider Reichsbank - trotz früh em Wissen um deren Verfäng lichkeit, ungeachtetderbaldundab 1943immerhäufiger erfolgtenWarnu ngen? ImAnschluss an diese Appelle hätte man, wie Eberhard Reinh ardt vom Eidgenössischen Finanz- departement (EFD )am 14.August 1946festh altenwird, «m it aller Umsicht und Sorg- falt,wieauch mit jeder nur möglichen tatb eständlichen Dokumentation die Abwehr - bereitschaft recht zeit ig herstellen müssen. [.. .] Leider ist seitens der Organe der Nationalbank dieseLagenich tin ihrem vollenErnsterfasstworde n.s" Als Gründe für diesefolgenrei cheGoldpolitik haben die SNB selbst, die wissensch aftlich e Forschung und die in teressierte Publizistik versch iedene Gründe vorgebr acht ,die teilweise auch zusam menspielen könnten.Diese Gründesollen im folgend en diskutiert werden:

1. NazistischeSym pathien,Antis em itism us, Deutsch freundli chk eit 2. Gewinnsucht

3. Ökon omi scheSachzwänge 4. Neutralitätspri nzip 5. Dissuasion

6. <Gutgläubigkeitsfalle>undFurc htvor persönli cherVerantwortung

1. Für nazistische Neigungen bei den Verantwortlichen der SNB finden sich keine Spure n,wohlaber fürreligiösmotivierten Ant isem itismus beiAlfred Hirs.l"Dass sol- che Voru rt eile die Polit ik der SNB wesent lich beeinflu sst haben kön nte n, ist aber kaumwah rschei nlich, um sowenigerals Hirs (der Nachfol ger vonFritzSch norf) erst am 1.Septem ber 1942 zur SN B stösst, als die grundlegenden Ent scheidu ngen im Goldberei ch längst gefälltsind. Ebensowen ig gibteskonkreteHinweise,dassjemand im Direktorium eine Begün stigungDeut schland sim Kriegbezweckthätte,auchwen n dieBereitschaft zu unkritischer Anpassun getwa in Äusseru ngenvon Rossy ausdem Jahr 1940 deutlichwird." Offensichtlich ist allerdi ngs, dassdie Goldtransaktionen - wie eine deutsche Quellefesth ält - «zu einem grossen Teil»auf den «guten persön- lichen Beziehungen»von Reichsbank-Vizep räsident Em il Puhl zum Direkto riumbe- ruhe n.F Diese engen Kontakt ebewähr en sich für die Deut schen nochimApril 1945 bei Puhlserwähnten erfolgreichenVerhandlungen.Als vier beidieserGelegenheit von Puhl an seinen VorgesetztenFunk gerichteteBriefe,in denender Reichsbank-Vizeprä- sident über den warmhe rzigenschweizerischen Empfang berichtet , in die Händeder

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Amerikaner geraten und vom amerikanischen Senator Harvey Kilgore veröffen tlich t werd en, entstehtein grösserer Skandal.P Puhl sieht offen sichtlich die SNB(wie auch Vertreterder Geschäftsbanken und der Industrie) im Unterschiedzu anderen schwei- zerischen Institutionen, insbesondereder Schweizerisch enVerrechnungsstelle (SVSt), alsumgängli ch und gesch äftsfr eudigan. DieSN B-D irekto rensindzu Goldkäufen be- reit,sofern sie formal die Cur rie-Abmac h ungeneinhalten, wie Puhl in seinen abgefan- genen und auf englischüberset ztenBriefenfesthalt:«TheSwissdid not intend to-buy- thisgold from usbut to acceptir in payment of paymentsto diplornatic legations,mil- itary establi shrn ents, interned personnel, and the Red Cross. It goes without saying that thisprocedure is merely another name for it.»34Für Puhl ist das Entscheidende nicht die klar umschriebene Verwendung der Gelder,sondern die Tatsache,dassdank seinen herzlichenpersönlichen Kontakten dieFinanzbeziehungen nach Abschluss des Currie-Abkommenswieder neu hergestellt sind - wasdem Sin n undGeist der mit den Alliierten getroffenen Abmachungen widerspricht. Der Schweizer Diplomat Walter Stucki wirdsich spät erdarüberbeschweren ,dassHirsbei den VerhandlungenmitPuhl der schw eizer ischen Delegation«meh rfach in den Rückengescho ssen»habe,unter an- derem indem er und Weberheimlich mit Puhl über Goldübern ahmen verha ndelte n."

2. Notenbankgeschäfte werden primär nicht um des Gewinnes willen getätigt, und einepersönlicheBereicherungist für diein beamtenähnlichen Stellungen am tie- renden Direktoren damit ohnehi n nicht verbunden . Als private Aktiengesellschaft bemühtsich dieSNB allerdings doch darum, schwarze Zahlen zu schre iben; die Aktio- näre haben am Gewinn teil. Im Krieg bringen die gesam ten Goldgeschäfte der SNB rund 50 Mio. Fr. an Ert rägen ein,wovon 18,5 Mio.Fr. aus den Geschäften mitGold der Reich sbank stam men ; davon decken wiederum7,5 Mio. Fr. die realen Kosten der Lagerhaltung,Buchführung und Gebühren. Als lukrativ isthingegen offenbardasGe- schäft mit Goldmünzen der Lateini schen Münzunion betrachtet worden , den soge-

-->5.207 nannten Lator-Münzen , welche dierestlichen 11 Mio. Fr.einbringen. Hirsund Rossy

erwägen 1943 ,ob man dieReich sbanklieberum Barren statt um Münzen bittensolle.

Dasssich die Herkunft von Münzen kaumnachwei senlässt ,istdagegen für Weberge- radeeinVorte il:Sie können auf demSchweizer Markt abgesetzt werd en,ohneSpur en zu hinterlassen,und dies mit einerGewinnmarge von biszu20%.36Rückblickend auf die WashingtonerVerhandlungenwird Eberha rd Reinhardtvom EFD festhalten. «Lei- der kam in der Delegation aus denAusführungen von Herrn Generald irekto r Hirsab und zu der Eindruck auf, dassdie Goldremittierung,insbesondere die Goldmünzen, für die Natio nalba nk ein interessantes Geschä ftwaren und dassdiese Überlegungviel- leicht bei der Ausdehnung,die esannahm, nichtganzunbedeutendwar.»?

Nicht im eigenen finanziellemInteressederSNB, aber in demj enigen schweizerischer Auslandgläubiger liegen die Goldkäufe des letzten Kriegsjahres begründet. Die von

-->S.42 f. Deutschland geschuldeten <Invisibles>(Stillhaltezinsen, Funding Bonds , Neukredit-

zinsen, Frankengrundschuld zinsen sowie Versicherungszahlungen)machen jährlich rund 200 Mio.Fr. aus.Ihre Bedeutung wird daraus ersichtlich , dassdie Schweiz im Krieg

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mehr aus den Achsenländern importiert als dorthin expo rt iert, die Zahlungsbil anz aber trotzdem aktivbleibt. Indem die SNB sich bisApril 1945 und in Widerspru ch zum Zweck desCur rie-Abkom mens darum bemüht, deutsches Gold in die Schweiz zu holen,kann insbesonderedieVersicherungsbranche hoffen,dassden deutschen Zah- lungsverpRichtungenbiszuletztnoch Folgegeleistet werdenkan n . Dabei stelltsich die SNB erklärte rm assen hinter die Finanzgläubiger, indem sie nicht einsieht, weshalb man von der Reichsbank<<1'or qu'elleest prete

a

offrir» nicht annehmen sollte."

3. DieSNB betont stets die währu ngspolitische n Gründe für ihre Goldkäufe,wie sie oben gesch ilde rt worden sind . Aufgrund der Erfahrungen des Ersten Weltkriegs wird einer möglichst hohen Geldwert stabilität seh r grosse Bedeutung beigemessen, und das Vertrauen des Auslands in einen kon vertiblen Schwe izerfranken hilft in schwierigen Zeiten bei der Landesversor gung durch Importe. Wenn der Aussenwert des Schwe izerfra nkens und damit eine feste Parität zum Gold erhalten bleiben soll, mussdie Zentralbank Gold ankaufen , das ihr angebo ten wird, und selbst über aus- reichende Reserven verfüge n, um auf dem Markt interveni eren zu können. Dies ist zweifellos dasMotiv, welches die SNB ursprünglich veran lasst hat , den Goldhandel mit der ReichsbankEnde 1941 zu monopolisierenund in immer grösseremAusrnass Gold zu übernehmen,daswirklich auch physisch in die Schweizgelangt.Allerdings entw ickelt die SNB in den untersch iedl ichen Krisen seit 1939 (Go lda bRüsse und Frankenschwäc he,Schwa rzma rkt, unerwünschte Dollarübernahmen ) allmä hlich und pragmati sch ein interventionistischesInstrumentarium, um dieWährung unter Ein- sch ränkung der freien Konvertibilität stabilisieren zu können: Monopolisierung des Goldg eschä fts mit der Reich sbank (Okto ber 194 1),vollstä ndige Kontrolle der SNB überEin- und Ausfuhr von Gold und fixierterHöchstpreis für Gold auf dem Schwei- zer Markt (7. Dezember 1942). Rein währungspolitisch hätte die SNB ab 1943 ihre Käufe beiderReichsbank rascheinschränkenkönnen,ohnedassdiesbed eutende Aus- wirkungenauf diemonetäre Reservegehabt hätte."?

4.Ebensoregelmässigwiedie Währungsstab ilitätführt die SNB dieNeutralität als Grund dafür an, dass esunmöglich sei, «von alliierterSeite Gold,ja sogar gesperrtes Gold, anzu neh me n, Deutschl and gegenü ber aber die Übe rn ahme von Gold,dasder Nationalbank zugestellt wurde und über das sie daherfrei verfügen konnte,abzuleh- nen».40 Neutralitäts- und realpolitische Richtlinien der Eidgenossenschaft dürften dazu beitragen,dassdie SN B in den letzten Kriegsm onaten an direkten (und kompro- mittierenden) Kontakt en und Gesch äft en mit der Reich sbankfesthält ,obwohl diese kein en bedeutenden Umfang mehr haben . So hält Bundesrat Walther StampRi in einem nicht an passerisch gemeinten Votum Anfang 1944 fest,«dass jeder Geda nke, dieSchweizgehe davon aus, mit Deutschl and sei esfertigund man hab ekein eRück- sicht mehrzu nehmen, absolut falschsei. Der Bundesratlegt im Gegenteil grosses Ge- wicht darauf, nicht nur politisch , sondern auch wirtschaftlich mit Deutschland in guten Beziehungenzustehen.[00']Der Bundesrattreibtkeine Politik,die abhängi gist vom KriegsunglückoderKriegsglüc b.41

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5.Die Interpretation,der Goldhandel könntedissu asivgewirkthaben,tauchterst spät auf. Bezeichnenderweisefehltsie noch im erwäh nt en, wichtigen Brief der SN Ban Bundesrat Wetter vom 9.Oktober 1943, obwohl es hier darum geht,die politisch e Führung von der Richtigkeit der eigenen Politik zu übetzeugen - und dies in einem Moment, da dieWehrmacht soeben das ganze Land eingekreist hat! Ebenso bezeich- nend ist , dass die -D issuasionstheo rie. am 27.J anuar 1944 zuerst durchaus zögerlich bei Vorbereitungsgesprächen für Wirtschaftsvethandlungen mit den Alliierten ent- wickelt wird - also von Anfang an defensiv, «pour justifier la politique de l'or de la B. N.»Y Auf der Suche nach Rechtfertigungen gelangt Hirs im Lauf des Gespr ächs zum Urteil«q ue lesAllemandsattachent beaucoup de prix

a

l'existenced'une Suisse neutre par l'interrnediairede laquelle ils puissent continuer lesoperations financieres internationales. Ce desir estpeut-erreplus qu'on le croit dans le faitque laSuisse aitpu echapper

a

la guerrejusqu' ämainrenant.»DieEntstehungsgeschichtedieser Deutung, gerade auch die vorsich tigen Formulierungen von Hirs (vpeu r-etre», «plus qu'on le croit»)istaufschlussreich: Eshandeltsich nicht um eine von Anfangan gewählteund mit den politischenBehörden koordinierteStrategie derDissuasion,sondern um eine nachträgliche,verhandlungstechnischopportuneDeutung einesFaktums.

Ausgebautfindet sich die Dissuasionstheorie im SNB-Bericht über den Goldver- kehr mit der Reichsbank vom 16. Mai 1946 ,der in doppeltem Sin n apologetisch ist:

einerseits gegen die Alliiert en , mit denen in Wash ingto n verha nd elt wird, vor allem aber gegenüberden Bundesbehörden , die sich über die unsorgfältigePraxisderSNB und die sich darausergebenden mühsamenVerhandlungen und Folgekosten ärgern.

Im SNB-Bericht steht: «Es darf ruhig behauptet werden, dass die Goldübernahmen ausdeutschem Besitzdamalskriegswirtschaftlicheine ebenso notwendige Massnahme darstelltenwie die sogenan nt en Clearingvo rschüssedesBundes.v" Gem eint ist einer- seits dieAufrechterhaltung einer ausreichend en Versorgung und damit derWehrbe- reitschafr, andererseitsdie Dissu asion .DieseBehauptung ist insofern int eressant, als tatsächlich die ents cheide nden Clearingkredi te in den Jahren 1940 und 1941 gespro- chen werden,währenddie Goldkäufe der SNB, wie erwähnt, in denJahren 1942und 1943 den grössten Umfang annehmen - die eine Massnahme also die andere gleich- sam abzulösensche int . Nach dem Kriegsbeginn im Osten und dankdem nachlassen- den Druck wäre demnach die schwe izerische Finanzhilfe für das<D ritt e Reich>nicht mehrä fondsperdu zu haben ,wie dasbeimClearingkre d it bereit sfür die Zeit genossen offensichtlich ist , sondern nur noch gegen Gold,zumaleswegen der deutschen Eng- pässeimmer schwieriger wird, anderezugesagt eWaren, insbesondereKohle,im Waren- austauschzu erhalten. Eine solche Verlagerungim Handelsverkehrvon Kreditenund Gutschriftenauf konkreteZahlungsmittelwie Gold,Devisenoder Waffen istein Phä-

nom~n,wie es sichauch bei den anderen Neutralen und VerbündetenderAchse zeigt , als die zusehe nds schwäche re deutsche Macht die Handelsbedingungen nicht meh r willkürlich diktieren kann. Im Falle der Schweiz liesse sich ein derartiger Übergang von Kreditgewährung zu Goldübernahme rechtfertigend als koordinierte Dissuasion

interpretieren ,anklägerisch dagegenals kontinuierlichen SchweizerBeitrag zu Hitl ers Krieg.Doch beide Betr achtungsweisen verken nenversch iede newich tige Faktoren:

• Es fehlt gerad e die politisch e Instan z, welche die Strategie der schw eizerische n Unterhändler in der Ständigen Verhandlungskommission mit der Goldpolitik der SNB koordinieren würde- im Gegenteil,der Finanzpl atzwird in den zäh en Verhandlungen mit dem <D ritten Reich>nie angefüh rt, um Zugeständnisse her- auszu ho len; noch im Dezember 1944 hält Weber fest , «d assnach Auffassu ng der Nationalb ank die Wäh ru ngspolitik gru ndsätzlich nicht mit der Handelspolitik verkn ü pftwerde n dürfe»."

• Goldkäu fein grossem Umfangwerden bereitsvor 1942 getätigt,allerdingsdurch Geschäftsbankenund nicht durch die SNB.

• Die Funktion des Clearingkredits (Finanzieru ng der Schweizer Exporte) ist eine and ereals das - wie beschrieben alte,also nichterst 1942 aktue lle - Problemder Devisenbeschaffung.

• Die für Deutschl anderwünschte Wirku ng derKredite,näml ich dieVerdoppelung der Ausfuhren , tritt in den Jahren 1941 bis 1943 ein, also gleichzeitig mit den grössten Goldkäufen.

• Ferner gibtesvo n den BeteiligtenAussagen dazu,dass sie die Clearingkrediteals Konzession im Zeitpunkthöchster Bedrohungansehen- und insofern als dissua- sive Massnahme.Seite ns der SNB ist aus den zent ralen Kriegsjahren auch nicht einestic h halt igeAussage in dieser Richtungüberliefert.

Allerdingswird im SN B-Berich t von 1946 ein Zitat Emil Puhls von 1940 angeführt, dasseither als zentraler Beleg für die Dissuasionsabsicht herhalten muss: «D ass die Schweiz kein eDevisenrestriktioneneinführt, ist auch vom politischen Gesichtspunkt wichtig, da dies ein en Grund dafür bildet, der Schwe iz ihre Freiheit zu lassen>"

Weber hat diese vo n eine mschwed ische n Mitglied der BIZ-G eschäftsleitungkolpor- tierte Einsch ätzung bereitsJahre früher, am 28. November 1940 , Bundesrat Wetter weitergeleit et _ als Argu m ent gegen eine Devisenbewirrs chaftung, welche die SN B

«aus währungspolitischen und wirtschaftlichen Grü nd en» ablehne, wobei sie sich

«ausschliesslich durch die schwe izerischen Bedürfnisse» habe lenken lassen. " Dass

diese_ ökon omisch begründete - Politik«auch für andere LänderunseresKontinents vo n Vorteil sein kann»,ist ein willko m me nes, zusä tzliches Argument, abe r nicht das Motivfür ein Handeln,daseinerdissuasivenStrategieunterg eordnet wäre. Damitsich eine solche ergäbe ,müsstesie auch mit den politischen, militärischen und diplomati- schen Instanzenkoordiniertsein oder diesenmindestens mitgeteilt werden- gerade in Hinsichtauf die Wirrschaftsverhandlungen!47Wiegezeigt, istdiesbei den Goldkäufen aus Deutschl andbisHerbst 1943nichtderFall.

Dasskeine dissuasiveIntention vo rliegt, bedeutet nicht,dasskein dissuasiverEf- fekt erfolgt sein kann .Ausserbei Puhl gibt es versch ied ene, oft zitierte Äusserungen von _ allerdings subaltern en - Exponenten des <D ritt en Reich s>wie Walther Funk, 297

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Han s Gaefgen oder Karl Clod ius, welch bed eutende Roll e die Schwe iz «als einz iger noch ins Gewich tfallen de rMark tfür freieDevisen»ein n im m t." Reich sw irt sch aftsmi- nister Funk erklärt in ein er intern en Notiz, «er könne nichteinmal für zwe i Mon at e aufdie Möglichkeit verzich te n, in der Schweiz Devisentran saktionen (vor allem Um - wand lung von Gold in freie Devisen ) durch zuführen»; in diesem Zusa m me n ha ng wird auch auf Hitler verw iesen, der nich t wolle, dass die Wirtschaftsverha n dlu nge n sche iterte n." Nach Abschlussdes neuenAbkommen s vom 24 .März 1944 urt eilt der deutsch e Unte rhä n d lerSchn ur re, die Schweiz dü rft e «das einzige Land sein, in dem diesefür uns kriegsw ich tigen Tra nsak tio ne n noch vorgenom me n werde n kön nenv"

Solche naheliegenden Einschä tzu nge n der «Gold - und Devisenwechselstube des Rei- ches»!' sin d für dieDeutsch en offens ich tlicheine r der Gründe, es in den Wirtsc hafts- verha nd lu ngen von 194 3 und 1944 nicht aufeine n Bruch ankomme n zu lassen,was auc h den Schwe izern nicht völlig entgange n sein kann.VInteressanterweise wide r- sp rich t dieser hohen Wertsc hä tzung jedoch ausge rech n et Weber in deroben erwähn- ten Sitzu ng vo m 27.Ja n ua r 1944 : Nach ihm würde das Reich auc h andere Mittel als den Schweizerfra nken fin den, um an Waren heranzukommen. Ausse rdem weist die SNB auch darau fhin,dass siedeutsch es Gold, wen n sieesnich t selbst ankauft,eben über an dere Natio nalba n ken angel iefert bekäme. Angesichts solch wid ersprüc h liche r Aussage n ist es wen igüberrasc he n d, dass in den Pro to koll en und Briefen der SNBvor

1944der Gedan keoder gar derBegriffderDissu asion nicht aufta uc ht.

6.Die stabilitä tspo lit ische n Prämis sen ,die zum Kau f von deutsch em Goldführen , sin d bereits geschildert und zusa m mengefasst worde n . Das erklärt allerdi ngs noch nich t , wesha lb die SNB ihrePraxis nicht ändert,als dieHinweise auf Raub goldin den erha lten en Liefer u nge n imme rein de utigerwerden.An na h meverweigeru nge n ausdie- sem Gru n dwäre n auch für diekonvertibleWährung eines neutralen Lan des durch aus möglich , wie Bachmann 194 3und Reinh ardt 194 6 fesrha lten'",und ebenso Vorsichts - massn ahmen wie die Einfor de rung von Ursp ru ngszertifikaten, was Schin d ler in sei- nemGutach te nanregt .54Wesha lbverzich tet die SNB nicht, wieSchwe de n, spä testens nach der«Gold decla rarion»von 1944 aufweitere Käufe, zumal die militärisch eBe- drohung star knachg elassen hat ,die inlän disc he nGold reserve n sichaufeine m beruhi- gen den Niveau bewegen und seit 1943 das währu ngs politische Instrumentarium be- reit st eht,dieses zubewah ren ?

Nach dem Kriegverm u tet Rob ertKohli vomEPD, die SNBsei in das verhä ng n is- volle Geschäftgerate n,weilsie«vielleicht etwas allzuse hraufih reAuto no mie bed acht war»>'- also gerade weilsie fü r ihreGoldkäufe kein en ode r nur spä ten Rückh alt bei den politischenBehörden gesuc h t hat %, was siespä te rzu vert usc he n such t ,als es dar- um geh t, wer sich finanzi ell an der im Washi ng to ne r Abko mme n festgelegten Ent- schä d igu ngss u mme bete ilige n muss, wogegen sich die SNB sträub t. Finanzmi nister Erns t Nobs besteht jed och daraufund sch reib t am 6. Mai 194 6 seine m Vorgäng er Wetter diesbe züglich , «besond ers weil die Nati on alb ank heute den Eind ruck zu er- weckensuch t,alsob derBundesrat, sowohlals[auc h] die Aufsich tsorgane derBan k zu

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früh eren Daten orientiert worde n seien. [...] In gleicher Weise [wie der Bankau s- sch uss]wird woh lauch das Fina nzde pa rte me nt nurneb enbei informiert worde nsein, oh n e dassinein em frühe ren Zeitpunktals im November 194 3eine ausd rücklich eZu- st im m u ng des Fina nz de pa rte me nts und des Bu ndes rates ausges proche n worde n wäre.»;7Wette rantwo rte tvierTage später,erhab e sich im merstre nggeh ütet, derBank Weisu nge n zu ertei len , und sei nursporadisc h und ungen au überdeu tsch e Goldsen- dungen informiertworde n.«Im übrigen sche intmir, dassdasDirektorium mitseine n Bemühungen alles tut, um seine n Sta ndp u nkt des <gut en Glaube ns>zu untergrab en.

Denn wen nman derarti geBed en ken und Hemmungen geha bt hab en will,so hat man ebe n den guten Glau be n an die <Unsc h uld dieses Goldes >nicht geh ab t. Es ist wohl sch on gut, wen n von dieser Gesch ich te die Alliierte n nichts verne h me n .x" Gestü tzt auf diese Auskü nfte, mach t Nobs am 15 . MaiWeber klar,dass ih n dessen Argu me nta- tion nichtüberzeu gt: «In ih rer Zusch riftvom 11.Mai setzen Sieause ina nder, dassdie Gold übe rn ah me der Nationalbank wäh rend der Kriegsjahre <zweifelloseine em in ent kriegswinscha ftliche und politi sch e Massna h rne-darstellt e.Siefügen hinzu :<Diesegab dem Direkto riu m,wieSiewissen, Veranlass ung, das eidg .Fina nz de parte m entin den period ische n Konferenz en über das Goldgesc häft zu orien tiere n ..Damit diese Äusse- rung nicht als unbestrittene Feststellungin dieAkten komme,bin ich gezwungenfest- zustellen,dass .IhreOrientierung>über das Goldgesc häft nie eine vollstä nd igeOrien- tierung gewesen ist. Sie waren ste ts darau f bedacht, die Selbstän d igkeit der Na- tionalbank zu wah ren und ihreAufgabe als Notenbank im Rahmen ihrer gesetzlich umschrieb en en Auto nomie zu erfü llen.Desh alb hatdie Nati onalb ankdem Finanzde- partementwohlvon Zeit zu Zeit Mitte ilu ng gemach t,Reichsban k-Vi zedi rek to rPuhl seiwiede r da,man habeihm wiederetwas Gold abge no m me n oder man werde ihm demnäch st wiederein en Betrag ab ne h m en müssen.MeinEindruck warim Jahre1944 der,dassdieNati on aib an k von Zeitzu Zeit, inAbstä nde n vonzwei bisdrei Mon ate n gewisse Beträge Gold übernehme.Aus den späterenAufstellungen habe ich abersehe n müssen , dassdie Zedi eru ngen in kurzen Intervallen mit einer gewissen Regelmässig- keit vorsichginge n. Die Beträge wurdenin diesen ,uns stets mündlich eröffn ete n Mit- teilunge n meist ens gar nich t genan nt . Eine schriftliche Aufstellung über die Jah res- übernahme ode r den Gesam tbe trag, der von den versch iede ne n Noten ba nke n von Ihnen übernommen en Gold be träge, habe ich bisnach Kriegsendenie gesehen. Als ich ein ma l imVerlaufe desJah res194 4darnachfragt e, wievieleigentl ich die Gesamtübe r- nahmebetrage, erh ielt ich die Antwo rt,man werde gelegen tlic h eineAufstellu ng ma- che n .Diese hab e ich nicht erha lte n und im Drang der Geschäfte auch nicht mehr daran gedac h t.»;9

Die SN B hat imstolze nSelbstvers tän d niseinerauto n o me nNote n bank geh andelt;

als sie bem erkt, dass die Lage heikel wird, suc h t sie die Verantwo rt u ng mit den Bun des behö rde n zu teilen, wasnur teilweisegelingt - nämlich gegen aussen, in den Verha nd lu nge n mit den Alliiert en.Ausserd em tritt das Direk torium in seinereigene n Rech tfert igungsstr ategiein die<Gutgläub igkeitsfalle>:60 Esfälltdie Entsche id u ng, vom

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einmal gewählten Vorgehen dürfe man nicht abweichen, da ein Kurswechsel dem Ein- geständnisgleichkäme,dass man schon zuvor falsch gehandelt hat - was für den zen- tralen Punkt bei der Rechtfertigung verhängnisvoll wäre, nämlich den guten Glauben, dass die deutschen Lieferungen aus Vorkriegsbeständen stammen oder rechtmässig er- worben sind. Die Direktoren der SNB ziehen es vor,ihre früheren Fehlentscheidungen zu perpetuieren anstatt die Notbremse zu ziehen: Weiter bedenkenlos Gold kaufen heisst stets gutgläubig gewesen zu sein; plötzlich Ursprungszertifikate verlangen würde dagegen verraten, dass man den guten Glauben - auch hinsichtlich des bereits erwor- benen Goldes - nicht mehr hat. Bittet man einmal die Reichsbank um Belege für die rechtmässigen Besitzverhältnisse, so kann man - im Kalkül der SNB - ebensogut die Goldkäufe gleich ganz einstellen, womit aber auch die moralische Verteidigungsstel- lung kompromittiert würde, wenn es dereinst einmal gelten sollte, die bereits ge- tätigten Käufe vor den Alliierten zu rechtfertigen. Naive Unschuld verspricht in dieser Hinsicht mehr Erfolg. So hat sich Weber bereits Mitte 1943 gegen eine Praxis- änderung ausgesprochen: «Eine andere Stellungnahme käme dem Eingeständnis gleich, bisher etwas Unrechtes getan zuhaben.s'"Ähnlich rechtfertigtRossy nachträg- lich mit bezeichnender Begründung, dass man von der Reichsbank nicht im Sinne des Schindlerschen Vorschlags schriftliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen verlangt hat, weil die SNB damitzugegeben hätte, «dass sie den Erklärungen der Deutschen nichtrraute-.P

Diese Haltung des Direktoriums wird noch verstärkt durch die Angst,persönlich für das Geschehene geradestehen zu müssen. Diese Flucht aus der Verantwortung istin den Quellen besonders bei Hirs greifbar, der sich in Washington nur als«techn isches Mitglied» der Delegation verstehen will und von dort am 10. April an Weber schreibt:

«Beru higt bin ich besonders darüber, dass in der Schweiz an höchster Stelle niemand von Verantwortungen spricht, sondern sich mit unserer Goldpolitik auch heute noch solidarisierr.v" In einem späteren Bericht meint der Verhandlungsleiter Stucki über Hirs: «Seine Darlegungen waren nicht überzeugend und liessen immer der Vermutung Raum,sie seien unvollständig und es werde etwas verheimlicht.Immer wieder kam zum Ausdruck, dass Herr Hirs gepeinigt war von der Sorge um seine persönliche Ver- antwortlichkeit. Diese Sorge dürfte denn auch der Schlüssel sein zu seinem ganzen Verhalten.sv' Auch Reinhardt spricht von Hirs' «Bed ürfnis nach Deckung und dem Dominieren von Verantwortlichkeitsüberlegungen».65 Die finanziellen Folgen eines Abkommens mit den Alliierten für die Schweiz kümmern Hirs offensichtlich weniger als die persönlichen für ihn selbst, wobei er bezeichnenderweise das Wort «General- amnestie» verwender.s" Das Ziel ist es,den Bund und die Verhandlungsdelegation in Washington dazu zu bringen, sich mit der SNB zu solidarisieren und damit um per- sönliche Konsequenzen herumzukommen. Hinsichtlich dieses Hauptziels bestehen innerhalb des Direktoriums keine Differenzen, wohl aber hinsichtlich der zu wählen- den Verteidigungsstrategien. Soll man - mit Weber - die Goldkäufe als Konzession unter deutschem Druck darstellen oder - mit Rossy - als Gebot der Neutralität? Rossy

selbst meint:«Je crois que mon systeme de defense est beaucoup plus efficace et plus digneque celui de M. Weber.»67

Unter diesen Umständen ist es nur natürlich,dass die SNB die Praxis der Kriegs- jahre nie grundsätzlich hinterfragt, sondern nur mit je nachdem unterschiedlichen

«Sachzwängen»begründet und damit als unumgänglich darstellt. Als günstig erweist sich, dass mit Neutralität und Antidirigismus akzeptierte Leitlinien der Bundespolitik bereitstehen, in welche die eigene Praxis hineingedeutet werden kann. Völlig ausser Betracht geraten in der apologetischen Rück- und Nabelschau des Direktoriums die nicht nur denkbaren, sondern einst erwogenen Alternativen, etwa die Devisenbewirt- schaftung und erst recht eine radikale Praxisänderung wie die Annahmeverweigerung nach der alliierten«G old declaration», Würde darüber nach Kriegsende diskutiert, so müsste auch nach dem Handlungsspielraum der Direktoren gefragt werden und damit auch nach ihrer persönlichen Verantwortung. Die statt dessen gewählten Verteidi- gungsliniensind sowohl bei Rossy als auch bei Weber sehr diskutabel:Neutralitätver- pflichtet nicht zu Nachlässigkeit , und um von deutschem Druck zu sprechen, hätte man es wenigstens einmal auf ihn ankommen lassen müssen - Angst vor den Deut- schen sei jedenfalls, so Rossy, nicht der Grund für die Handlungen der SNB gewe- sen. 68 Ganz abgesehen davon wäre es nicht an der SNB allein gewesen, sondern an den politischen Behörden, bei der Goldannahme - wie in anderen Bereichen auch - zu entscheiden, ob und inwieweit man allfälligem deutschem Druck nachgeben wolle oder nicht.

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