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Potenziale, Standortanalysen, Stromtransport (2002) - PDF ( 1.1 MB )

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(1)

Einleitung

Die globalen solaren Energieressourcen sind unterschiedlich verteilt: auf der einen Seite die Länder mit hohem Strahlungs- und Flächenpo- tenzial, aber oft relativ geringem Stromver- brauch im Sonnengürtel der Erde, auf der ande- ren Seite Industrieländer des Nordens, mit sehr hohem Energiebedarf, aber vergleichsweise geringerem Strahlungs- und Flächenangebot.

Entscheidungen zur Markteinführung solarther- mischer Kraftwerke, zum Aufbau entsprechender industrieller Infrastrukturen und zur Initiierung von Kraftwerksprojekten erfordern die genaue Kenntnis der technischen und wirtschaftlichen Potenziale einer Region. Es gibt nur wenige ver- lässliche Informationen zu solaren Energieres- sourcen, Flächenressourcen und Ausbaupotenzia- len solarthermischer Kraftwerke in den Ländern des Sonnengürtels der Erde. Das Verhalten von Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft ist bezüglich der Projektentwicklung und Markt- einführung entsprechend zurückhaltend.

Der Beitrag stellt wesentliche Merkmale des Instruments STEPS (Evaluation System for Solar

Thermal Power Stations) zur flächendeckenden Erkundung der Potenziale solarthermischer Kraftwerke auf der Basis von Satellitenfernerkun- dung und geografischen Informationssystemen vor, und erörtert Strategien einer internationa- len Nord-Süd-Kooperation zur gemeinsamen, synergetischen Nutzung der solaren Energiepo- tenziale mit Hilfe solarthermischer Kraftwerke.

Ermittlung der solaren Energieressourcen

Der erste Schritt zur Ermittlung der Standortpo- tenziale einer Region ist die Erkundung der sola- ren Energieressource. Dies kann zum einen durch die Auswertung von Messungen der solaren Strahlungsintensität erfolgen [1], was relativ ge- naue Ergebnisse für die unmittelbaren Standorte der Messungen liefern kann. Bodenmessungen sind aber sehr aufwändig, kostspielig und wenig genau, wenn es darum geht, die Potenziale größerer Regionen zu erfassen.

Das beim DLR im Rahmen des Projekts STEPS entwickelte Verfahren zur flächendeckenden Bestimmung der solaren Strahlungsressource beruht auf der Satellitenfernerkundung der Komponenten der Atmosphäre, die das Son-

36

Potenziale, Standortanalysen, Stromtransport

Meteosat – Cloud Index AOT x 1000 Precipitable Water mm/m2

Wolken, 1/2stündl., 2,5 x 2,5 km, METEOSAT

Aerosole, monatl., 4° x 5°

NASA-GACP

52,60 83,00 113,40 143,80 174,20 204,60 235,00 265,40 295,80 326,20 356,60

12,42 13,27 14,11 14,96 15,81 16,66 17,51 18,36 19,21 20,06 20,91 21,75 22,60 23,45 24,30

Wasserdampf, tägl., 2,5°x 2,5°

NCAR-NCEP-Reanalysis

Satellitenfernerkundung atmosphärischer Bestandteile wie Wolken, Aerosole, Wasserdampf, Ozon, Gase usw. als Funk- tion von Ort und Zeit am Beispiel Marokko. Angegeben ist die jeweilige Komponente sowie zeitliche und räumliche Auflösung der Daten.

Dr. Franz Trieb DLR

franz.trieb@dlr.de

Volker Quaschning DLR

volker.quaschning@psa.es

Christoph Schillings DLR

christoph.schillings@dlr.de

Stefan Kronshage DLR

stefan.kronshage@dlr.de

Dr. Lars-Arvid Brischke DLR

lars-arvid.brischke@dlr.de

Gregor Czisch ISET

gczisch@iset.uni-kassel

Abbildung 1

(2)

nenlicht absorbieren, reflektieren oder streuen.

So liefert z.B. der geostationäre europäische Wettersatellit METEOSAT, der 36.000 km über dem Schnittpunkt des Äquators und des Null- meridians steht, halbstündlich Bilder der Erde, aus denen u.a. die Art und Transparenz durch- ziehender Wolken ermittelt werden kann.

Andere Komponenten der Atmosphäre wie z.B. Aerosole, Wasserdampf, Ozon usw. können ebenso direkt aus Satellitenbeobachtungen oder aus entsprechenden Re-Analysen solcher Daten gewonnen werden (Abb.1).

Aus dem Produkt der Transmissionskoeffizienten aller Bestandteile der Atmosphäre und der aus

der zeitlich variablen Erde-Sonne-Geometrie ermittelbaren extraterrestrischen Strahlung kann im Stundentakt für jeden Punkt am Boden die Intensität der Direktstrahlung auf ideal nachgeführte, konzentrierende Kollektorsyste- me, die sogenannte Direkt-Normal-Strahlung (DNI) berechnet werden.

Auf diese Weise können zum einen elektronische Karten der Jahressumme der DNI (in kWh/m2a) erstellt werden, zum anderen können aber auch stündliche Zeitreihen der DNI (in W/m2) für die Bewertung von Einzelstandorten generiert wer- den (Abb. 2). Gegenüber Bodenmessungen wurden bisher je nach Standort systematische

Abbildung 2 Flächendeckende Be- rechnung der Jahres- summe der Direkt- Normal-Strahlung (DNI) sowie Extraktion einzelner Zeitreihen zur detaillierten Standortevaluierung

räumliche Auflösung 1 km zeitliche Auflösung 1 h

Time (h) Direct Normal Irradiation (W/m2)

Extract of DNI Time Series of 1998 Lat. 35.39, Long. -5.11

0,0,1 0,2 0,30,4 0,50,6 0,70,8 0,91,0 1,0 - 3,0

>3,0 MeerInlandsgewässer

Grasland und Buschwerk Wald

sumpfige Feuchtgebiete Savanne

Ackerbau Reisanbau

Halbwüste mit Sträuchern Wüste

Siedlung keine Daten verfügbar

No feature Water

Dunes or Shifting Sands Dunes buffer zone Salt flats

Rock debris or desert detritus No data

Slope in %

Geländesteigung GLOBE 1999

Landbedeckung USGS 1997

Geomorphologie FAO 1995

Abbildung 3 Aufschluss über geeignete und ungeeignete Flächen anhand bestimmter Kriterien bezüglich Geländesteigung, Land- bedeckung, Geomorphologie, Hydrografie, Schutzgebiete usw. am Beispiel Marokko

(3)

Abweichungen dieses Verfahrens in der Größen- ordnung zwischen ± 5 und ± 15 % bezüglich der Jahressumme der DNI beobachtet. Die bisher angewandten Satellitenverfahren liefern damit flächendeckend in etwa die Qualität eines ge- schlossenen, gut gewarteten Netzes von Boden- messstationen mit je 50 km Abstand [4].

Um aussagekräftige Ergebnisse über die Solar- strahlungsressource liefern zu können, reicht die Analyse eines – willkürlich herausgegriffenen – Jahres nicht aus. Deshalb wird am DLR ange- strebt, im Rahmen der Projekte „Solar and Wind Energy Resource Assessment SWERA“ (UNEP/

GEF), „Solarthermische Kraftwerkstechnologie für den Schutz des Erdklimas SOKRATES“ (BMU) und dem EU-Projekt HELIOSAT-3 die bisher vor- handenen Datenarchive auf 5 Jahre – mittelfri- stig auf bis zu 10 Jahre – zu erweitern und die Qualität durch die Nutzung des kürzlich gestar-

teten Wettersatelliten Meteosat Second Genera- tion (MSG) weiter zu verbessern.

Ermittlung der Standort- und Flächenressourcen

Der zweite Schritt zur Ermittlung potenzieller Standorte für solarthermische Kraftwerke ist die Erkundung potenziell geeigneter Flächen zu deren Aufstellung bzw. der Ausschluss von Flächen, die aufgrund ihrer Orographie, indu- strieller, land- oder forstwirtschaftlicher Nut- zung, schützenswerter Natur- oder Kulturwerte oder durch die Bedeckung mit Wasser, Treib- sand, Sümpfen o.ä. nicht als Standorte in Frage kommen.

Für diesen Zweck besonders geeignet sind geo- grafische Informationssysteme (GIS) und elek- tronische geografische Datenbanken, die welt- weit zunehmend im Bereich der infrastrukturellen Planung und Projektentwicklung eingesetzt und mit einer ständig aktualisierten Datenbasis aus- gestattet werden. Abb. 3zeigt einige Beispiele solcher Datensätze für Marokko mit einer geo- grafischen Auflösung von 1 km x 1 km. Nach einer – frei wählbaren – Festlegung der Aus- schlusskriterien für solarthermische Kraftwerke (z.B. Geländesteigung nicht größer als 2,1 %, keine Wälder, keine landwirtschaftliche oder anderweitige Nutzung, keine Schutzgebiete usw.) können diese Datensätze mit Hilfe eines geogra- fischen Informationssystems so kombiniert werden, dass die geeigneten Flächen ausgewie- sen werden (Abb. 4)als elektronische Maske aller potenziellen Standorte eines Landes [6], [7].

38

Abbildung 4

Zusammenfassung der Ausschlussmerkmale am Beispiel Marokko

Abbildung 5

Kein Ausschlussmerkmal

Industrielle, infrastrukturelle oder militärische Nutzung Hydrographisches Ausschlussmerkmal

Schutzgebiet

Landbedeckung als Ausschlussmerkmal Geomorphologisches Ausschlussmerkmal Geländesteigung als Ausschlussmerkmal

Einstrahlung Betriebsmodellierung

Parabolic Trough Collector

Heat Transfer Oil Loop

Solar Steam Generator

Steam Turbine

Condenser Superheater

Generator

Cooling Tower Pump

Stromerträge

Stromerlöse pro Kraftwerk (200 MWe) in GWh/a

< 300 320310 329339 349358 368378 387397 407416 426436

> = 455445

Aus den meteorologischen Eingangsdaten und einem detaillierten mathematischen Modell werden die Stromerträge solarthermischer Kraftwerke für jeden Standort und Zeitschritt berechnet

(4)

Knapp 38 % aller bewerteten Standorte Marok- kos sind prinzipiell für die Errichtung von solar- thermischen Kraftwerken geeignet. Etwa 62 % sind als ungeeignet einzustufen. Die Meseta- Ebene (Nordwest-Küste) weist die größten zu- sammenhängenden geeigneten Standortflächen auf. Insbesondere der Küstenabschnitt von Casa- blanca im Norden bis nach Safi ist lediglich von kleinräumigen Ausschlussflächen durchschnitten.

Ähnlich weiträumig geeignete Flächen zeigt das

„Hochland der Schotts“ im Nordosten und das Grenzgebiet zur Westsahara. Auffällig ist der weitgehend von Ausschlussmerkmalen unbe- rührte Keil, der sich von der Westküste her süd- lich von Agadir zwischen Hohen Atlas und Anti- Atlas schiebt.

Zu den ungeeigneten Landbedeckungsformen gehören vor allem die landwirtschaftlich genutz- ten Flächen im Norden Marokkos sowie Wälder im Hohen Atlas. Als hydrografisches Ausschluss- merkmal gut zu erkennen sind die Überschwem- mungsflächen der zahlreichen Nebenarme und Zuflüsse des Qued Drâa, dem mit 1200 Kilome- tern längsten Fluss Marokkos. Industrie und Infrastruktur sowie das‚ Bokkoays-Schutzgebiet im Norden Marokkos haben relativ unbedeuten- de Anteile an den Ausschlussflächen.

Modellierung der Erträge

Kalkulatorisch würden die oben ermittelten, prinzipiell geeigneten Standorte in Marokko aus- reichen, um den heutigen weltweiten Stromver- brauch mit Sonnenenergie zu decken. Deshalb ist es erforderlich, diese Standorte in einer Rang- liste zu klassifizieren, um Entscheidungen über

ziale solarthermischer Kraftwerke und über die konkrete Projekte treffen zu können.

Zu diesem Zweck wird ein Modell für ein gegebenes solarthermisches Kraftwerkskonzept (z.B. Parabolrinnenkraftwerk des Typs SEGS, 200 MW, rein solar, ohne Speicher) erstellt und mit der DNI für jeden Standort im Stundentakt die solare Stromerzeugung berechnet. Über- tragungsverluste zum nächstgelegenen Hoch- spannungsnetz werden ebenso berücksichtigt wie der Energieaufwand zur Bereitstellung von Kühlwasser. Dabei werden alternativ die drei Kühlungstypen Meerwasserdurchlaufkühlung, Verdampfungskühlung und Trockenkühlung im Modell implementiert, wobei standort- abhängig die jeweils wirtschaftlichste Lösung gewählt wird. Ein Ergebnis dieser Rechnungen

Abbildung 6 Berechnung des Bar- wertes der Projektkosten aus den Investitions- kosten, Infrastruktur- kosten, Versicherungs- kosten (Mitte), Betriebskosten, Steuern usw.

Abbildung 7

Wirtschaftliche Rang- liste der potenziellen Standorte durch die Ermittlung der Strom- gestehungskosten aus den Gesamtkosten und den Stromerträgen Infrastrukturkosten, z. B. Straßenbau

0 136 19 2632 3845 51 5864 7077 83 9096

>=102

< 60 6469 7378 8286 9195 10499 108112 117121

>=130125

Versicherungsrate in 1/ 10 Promille

550.00 558.13 566.25 574.38 582.50 590.63 598.75 606.88 615.00 623.13 639.38 647.50 655.63 663.75 671.88

>=680.00 Gesamtkosten in Mio €

Versicherungskosten Münchener Rück Barwert der Projektkosten

10,5 Cent/kWh 11,0 Cent/kWh 11,5 Cent/kWh 12,0 Cent/kWh 12,5 Cent/kWh 13,0 Cent/kWh 13,5 Cent/kWh 14,0 Cent/kWh 14,5 Cent/kWh 15,0 Cent/kWh 15,5 Cent/kWh 16,0 Cent/kWh 16,5 Cent/kWh

Stromgestehungskosten in €-Cents/kWh

(5)

ist z.B. eine elektronische Karte der jährlichen solaren Stromerträge (Abb. 5).

Wirtschaftliche Rangliste potenzieller Standorte

Für das Pro oder Contra einer Projektdurch- führung sind letztendlich wirtschaftliche Erwä- gungen ausschlaggebend. Die zu erwartenden Stromerzeugung hängt von den meteorologi- schen Bedingungen ab, die Projektkosten mehr von den Standortbedingungen. Die wichtigsten Faktoren sind dabei die Kosten der Anbindung an die vorhandene Infrastruktur (Straßen, Stromleitungen, Wasserversorgung), sicherheits- technische Kosten (Versicherung gegen Natur- gefahren oder politische Gefahren) und die Investition für die Anlage selbst, die zum Beispiel stark mit dem optimalen Kühlungstyp und der dafür notwendigen Infrastruktur (z.B.

Nasskühlung und Wasserpipeline oder Trockenkühlung) variiert.

Sämtliche Kosten inklusive Betrieb, Instandhal- tung, Wartung und Steuern werden als Barwert berechnet auf die erwartete Lebensdauer umge- legt. Man erhält dann für Marokko die in Abb. 6 rechts dargestellte Karte der Gesamtprojektkosten.

Hier ist deutlich die Kostensteigerung mit dem Abstand von der Küste zu erkennen, die durch den Umstieg von der billigen und effizienten Meerwasserdurchlaufkühlung über Verdamp- fungskühlung auf die wenig effiziente und teure Trockenkühlung bedingt ist. Großen Einfluss auf die Gesamtkosten haben auch die Erdbebenge- biete in Nordmarokko und die erhöhten Infra- strukturkosten an der Grenze zu Algerien.

Aus den Gesamtkosten und den Stromerträgen werden für alle Standorte die Stromgestehungs- kosten ermittelt (wirtschaftliche Lebensdauer 25 Jahre, Diskontrate real 4 %, Kosten inkl. Kapi-

40

Abbildung 9 Weltkarte der Licht- emissionen als Indikator für den Stromverbrauch, nach P. Cinzano, F. Falchi (University of Padova), C. D. Elvidge (NOAA National Geo- physical Data Center, Boulder). © Royal Astronomical Society.

Abbildung 8 Weltkarte der solar- thermischen Strom- erzeugungspotenziale in GWh/km2a.

Durchschnittswerte für Standorte mit 25 km x 25 km Kantenlänge.

Artificial Night Sky Brightness Cinzano et al., DMSP Satellites Copyright: Royal Astronomical Society Astronomy Picture of the day: http://antwrp.gsfc.nasa.gov/

More information available at: http://antwrp.gsfc.nasa.gov/ap

0 50 100 150 200 250

300 2GWh/kmyear

(6)

tal- und Betriebskosten, Versicherung, Infrastruk- turanbindung, Steuern, Zölle, usw.). In Marokko sind für solarthermische Kraftwerke des Typs SEGS (200 MW) im reinen Solarbetrieb Strom- gestehungskosten zwischen 10,5 und 16,5 ct/

kWh zu erwarten. Zur Erstellung einer Rangfolge der Standorte werden diese Werte in Klassen von 0,5 ct/kWh zusammengefasst (Abb. 7).

Das kostensenkende Potenzial solcher Untersu- chungen wird deutlich, wenn man die bisher erkundeten Standorte mit den besten im Rahmen dieser Studie gefundenen vergleicht, (bis zu 5 ct/kWh geringere Stromgestehungskosten).

Dies zeigt, dass solche systematischen Länder- analysen einen wichtigen Beitrag zur Kosten- senkung und zur Markteinführung solarthermi- scher Kraftwerke leisten können.

Allerdings beruht die hier gezeigte Studie auf den Strahlungswerten von nur einem Jahr (1998) und ist deshalb noch nicht für eine endgültige Aussage über die Potenziale in Marokko ausrei- chend. Eine entsprechende Erweiterung der Untersuchung wird derzeit im Rahmen des BMU/ZIP Projektes SOKRATES durchgeführt.

Vorteile internationaler Energiepartnerschaften

Vergleicht man die weltweite Verteilung der Potenziale solarthermischer Stromerzeugung (Abb. 8)mit der Intensität der Lichtemissionen (Abb. 9)als Indikator für den Stromverbrauch, so wird deutlich, dass die geografische Vertei- lung von hohem Solarstromangebot und hoher Stromnachfrage beinahe komplementär ist und sich beide Gebiete nur wenig überschneiden.

Dieses Phänomen gilt nicht nur für Solarener- gie. Große Teile der international verfügbaren erneuerbaren Energiepotenziale sind auf lange Sicht nur über einen internationalen Verbund erschließbar (Abb.10). Zum Beispiel übersteigen die Wasserkraft- und Geothermiepotenziale in Skandinavien und Island sowie die Solar- und Windstrompotenziale in Nordafrika bei weitem den heutigen und absehbaren Eigenbedarf dieser Länder. Der weitaus größte Teil der weltweiten erneuerbaren Energie-Ressourcen kann nur durch

Exportländern erschlossen werden. Denn nur durch Verbundlösungen zur Nutzbarmachung von erneuerbaren Energie-Potenzialen wird die globale Stromversorgung die Herausforderungen des nächsten Jahrhunderts in Bezug auf Nach- haltigkeit erfüllen können. Die Erschließung der Solar- und Windpotenziale speziell in Nordafrika ist auch unter dem Gesichtspunkt einer wirt- schaftlichen und politischen Stabilisierung die- ser Länder und ihrer Beziehungen zu Europa zu sehen und zu beurteilen.

Die bei der solarthermischen Stromerzeugung entstehende Wärme kann durch Kraft-Wärme- Kopplung in Verbindung mit Meerwasserent- salzung zur Deckung des zunehmenden Trink- wasserbedarfs in den überwiegend trocken- heißen Erzeugerländern genutzt werden. So kann ein Konzept entstehen, bei dem solarther- mische Kraftwerke primär zur Trinkwassererzeu- gung in den Standortländern genutzt werden, und überschüssiger Solarstrom praktisch als Nebenprodukt in die (nördlichen) Industrieländer exportiert wird. Diese Kombination liegt nahe, da ein solarthermisches Kraftwerk mit z.B. 200 MW installierter Leistung in Verbindung mit einer thermischen Meerwasserentsalzungsanlage Trink- wasser für etwa 50.000 Menschen, Strom aber für 250.000 Menschen erzeugen kann [9].

Durch Fernübertragung elektrischer Energie kann mittelfristig kostengünstiger Solarstrom aus solar- thermischen Kraftwerken von Nordafrika nach Mitteleuropa gebracht werden. Die Übertra- gungskosten liegen in der Größenordnung von 0,01€/kWh, sodass Importkosten für Solarstrom von unter 0,06 €/kWh erreichbar sind. Gleich-

Abbildung 10 Vision eines Euro- Mediterranen Strom- verbunds zur Nutzung der ergiebigsten erneu- erbaren Energiequellen

Solar Wind Hydro Geothermal EURO-MED possible further interconnections

(7)

eine regenerative Quelle für zusätzliche Wert- schöpfung, Arbeit und wirtschaftliche Entwick- lung in der Region erschlossen und Konflikten um Energie und Wasser vorgebeugt.

Für den Stromtransport über große Entfernungen werden leistungsfähige Leitungen zur Hoch- spannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) be- nötigt, wie sie bisher weltweit mit über 50 GW Leistung und Übertragungslängen von bis zu 2.000 km realisiert sind, und zwar schon heute im Wesentlichen zur Übertragung regenerativ erzeugter Elektrizität aus Wasserkraft und Geo- thermie in Ballungs- und Industriegebiete [14].

Der Ausbau der HGÜ für den regenerativen Stromtransport sollte deshalb Bestandteil zu- künftiger Investitionsplanungen im europäischen Stromverbund sein und als europäische Infrastrukturmaßnahme für eine nachhaltige Entwicklung eingestuft werden.

Sichere Stromversorgung mit regenerativen Energien

Als Argumente gegen große Anteile erneuerbaren Energien an der Stromversorgung werden oft hervorgebracht, ihre verteilte Erzeugungsart und ihr fluktuierender Charakter erlaubten es nicht, eine gesicherte Grundlastversorgung bereitzu- stellen. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Stromnachfrage aus der Summe vieler verteilter, fluktuierender und im einzelnen unvorherseh-

barer Verbraucher entsteht. Stromnachfrage und Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie- quellen sind also analoge Phänomene.

Ein Teil der Fluktuationen der Erneuerbaren, insbesondere der Tag-Nacht-Zyklus der Sonnen- energie und das Wintermaximum der Wind- energie, können durchaus mit dem Bedarf unserer im wesentlichen tagaktiven Gesellschaft in Einklang gebracht werden. Die Deckung der Grundlast erfordert, analog zu ihrer Entste- hung, die Kombination vielfältiger, großflächig verteilter, wenig korrelierter Quellen, die in ihrem Zusammenspiel eine möglichst gleich- mäßige Leistungscharakteristik aufweisen.

Wichtig ist dabei ein ausgewogenes Verhältnis der verschiedenen erneuerbaren Energie- Anteile. Verbessern lässt sich die Anpassung der elektrischen Last und des erneuerbaren Energie Angebotes durch vielfältige Maß- nahmen:

• Großflächige Nutzung der erneuerbaren Energie in Verbundnetzen

• Ausgewogene Nutzung eines möglichst breiten Spektrums regenerativer Quellen

• Stromimport aus verschiedenen regenera- tiven Quellen

• Integriertes Last- und Energiemanagement zur Anpassung von Last und erneuerbaren Energie-Angebot, insbesondere die Rück- nahme der derzeitigen Lastverschiebungen zugunsten konventioneller Großkraft- werke

• Nutzung der Speichermöglichkeiten der erneuerbaren Energie (Speicherwasser- kraftwerke, Geothermie, Biomasse, thermi- sche Speicher bei solarthermischen Kraft- werken)

• Neue Einsatzstrategien für die bestehenden Pumpspeicherkraftwerke

• Zeitweilig stromgeführter Betrieb von Kraft- Wärme-Kopplung-Anlagen (KWK), wie große Heizkraftwerke und dezentrale Wandler mit hoher Stromkennzahl

• Schnell regelbare, effiziente Kombinierte Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) und Kondensationskraftwerke als Reserve- und Ausgleichskapazität auf fossiler Energie- basis (Gas, Kohle), die längerfristig auch auf regenerativ erzeugten Wasserstoff umgestellt werden können.

42

Abbildung 11

Entwicklung der Strom- anteile aus Erneuer- baren in Deutschland im „Nachhaltigkeits- szenario“, (ohne Stromerzeugung für Wasserstoff.) Installierte Leistungen im Jahr 2050:

Wasser 5 GW, Wind (inkl. Offshore) 34 GW, Biomasse 6 GW, Photovoltaik 22 GW, Geothermie 5 GW, Import aus solarthermi- schen Kraftwerken 9 GW, Import aus anderen erneuerbaren Energiequellen 3 GW, nach [15].

Import Erneuerbare Photovoltaik Geothermie Wind Laufwasser Biomasse, Biogase KWK fossil Kond Gas Kond Kohle Kernenergie

600

500

400

300

200

100

0

2000 2010 2020 2030 2040 2050 Jahr 557

520

495 470

455 430

Stromerzeugung, [TWh/a]

(8)

Die Auswirkungen dieser Maßnahmen wurden auf der Basis eines Langfristszenarios der deutschen Elektrizitätsversorgung (Abb.11)simuliert [15].

Wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Strom- versorgung ist eine effizientere Stromnutzung.

Trotz deutlich wachsender Wirtschaftsleistung kann so die Bruttostromerzeugung bis 2050 voraussichtlich von derzeit 553 TWh/a auf etwa 430 TWh/a zurückgehen. Einem deutlichen Rück- gang des Stromverbrauchs in privaten Haushalten stehen dabei ein nur schwacher Rückgang im Dienstleistungssektor und Anstiege im Industrie- und Verkehrsbereich gegenüber. Der Stromver- brauch für Telekommunikation wächst überpro- portional.

Eine wichtige Randbedingung für das Szenario ist der Konsens zum Ausstieg aus der Kernener- gie vom Juni 2001. Der Beitrag der KWK orien- tiert sich an den Zielvorstellungen der Bundes- regierung und wird sich bis 2020 auf niedrigem Niveau etwa verdoppeln.

In der deutschen Elektrizitätswirtschaft mit zukünftig großen Anteilen erneuerbarer Energie führen Importe von Solarstrom aus Nordafrika ebenso wie Wasserkraft und Geothermiestrom aus Skandinavien zu einer gleichmäßigeren und ausgewogeneren Versorgung. Durch die Kombi- nation heimischer und importierter erneuer- barer Energieströme wird ein ausgeglichenes zeitliches Angebotsprofil der regenerativen Quellen in ihrer Gesamtheit erzielt. Die nur wenig fluktuierenden Anteile aus Wasserkraft, Geothermie, Biomasse und Solarthermie über- wiegen in einem solchen Verbund trotz gerin- gerer installierter Leistung deutlich vor den stärker fluktuierenden Anteilen aus Windkraft und Photovoltaik.

Bei sinkender Stromnachfrage und dem ange- nommenen Ausbau der KWK und der Erneuer- baren werden in dem beschriebenen Nach- haltigkeitsszenario die Anteile fossil gefeuerter Kondensationskraftwerke (Abb.11)bis 2050 stark reduziert. Im Wesentlichen werden noch gasgefeuerte GuD-Kraftwerke zum Einsatz kom- men, die flexibel an das Angebot der Erneuer- baren angepasst werden können.

Literatur

[1] Quaschning, V.:

Datenbanken für Solarstrahlung, Sonne Wind & Wärme 8 (2001) S.39-41

[4] Schillings, C., Pereira, E.,C., Perez, R., Meyer, R., Trieb, F., Renné, D.:

High Resolution Solar Energy Resource Assessment within the UNEP-Project SWERA, World Renewable Energy Congress VII, Cologne, Germany, 29. Juni - 5 Juli, 2002

[6] Broesamle, H., Mannstein, H., Schillings, C., Trieb, F.:

Assessment of Solar Electricity Potentials in North Africa based on Satellite Data and a Geographic Information System, Solar Ener- gy, Vol. 70, Nr.1 (2001), S. 1-12

[7] Kronshage, S., Schilings, C., Trieb, F.:

Country Analysis for Solar Thermal Power Stations using Remote Sensing Methods, World Renewable Energy Congress VII, Cologne, Germany, 29. Juni - 5 Juli, 2002

[9] Trieb, F., Nitsch, J., Knies, G.:

Strom und Trinkwasser aus solaren Dampf- kraftwerken. Energiewirtschaftliche Tages- fragen, 51, 6, (2001), S. 386-389

[14]Czisch, G., Kronshage, S., Trieb, F.:

Interkontinentale Stromverbünde – Per- spektiven für eine regenerative Stromver- sorgung, FVS Themen 2001 – Integration Erneuerbarer Energien in Versorgungsstruk- turen, S. 51-63, Berlin 2002

[15]Trieb, F., Nitsch, J., Brischke, L.A., Quaschning, V.:

Sichere Stromversorgung mit regenerativen Energien, Energiewirtschaftliche Tagesfragen (et), 52. Jg., Heft 9 (2002), S. 446-451

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