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Dieselskandal: Kein Rücktritt vom Kaufvertrag bei unangemessen kurzer Frist

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LG Bamberg, Endurteil v. 19.04.2017 – 12 O 505/16 Titel:

Dieselskandal: Kein Rücktritt vom Kaufvertrag bei unangemessen kurzer Frist Normenkette:

BGB § 323, § 346 Abs. 1, § 348, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 437 Nr. 2 Leitsätze:

1. Der Käufer eines Fahrzeugs mit manipulierter Abgassoftware hat gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. §§ 346 Abs. 1, 348 BGB iVm 437 Nr. 2, 323 BGB, wenn er eine unangemessen kurze Frist zur Mängelbeseitigung von nur 11-13 Tagen gesetzt hat.

(Rn. 76 – 83) (redaktioneller Leitsatz)

2. Ist die vom Käufer gesetzte Frist unangemessen kurz, so wird eine angemessene Frist in Kraft gesetzt, die bei Fahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware mindestens 9 Monate beträgt. (Rn. 84) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Dieselskandal, Abgassoftware, Kaufvertrag, Software, Dieselmotor, Beschaffenheitsvereinbarung, Rücktritt, Fristsetzung

Fundstelle:

BeckRS 2017, 155530  

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 33.430,00 € festgesetzt.

Tatbestand 1

Die Parteien streiten um Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages im Zusammenhang mit dem sogenannten „...-Abgasskandal“.

2

Mit Vertrag vom 08.08.2015 (Anlage K 1) kaufte die Klägerin bei der Beklagten das Fahrzeug Marke VW Modell Tiguan 2.0 TDI DSG 4Motion Sport and Style als Gebrauchtfahrzeug mit einem Kilometerstand von 30.100 km zum Preis von 33.430,00 € brutto.

3

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.07.2016 (Anlage K 2) focht die Klägerin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und forderte die Beklagtenpartei auf, die Anfechtung bis zum 09.08.2016 anzuerkennen und der Klägerin einen Termin für die Rückgabe des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises unter Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung für die bislang gefahrenen Kilometer zu benennen. Zugleich wurde die Beklagtenpartei aufgefordert, die Mangelhaftigkeit des

streitgegenständlichen Fahrzeugs und der eingebauten Manipulationssoftware bis zum 09.08.2016 anzuerkennen. Außerdem forderte die Klägerin die Beklagte vorbehaltlich einer einvernehmlichen Rückabwicklung des Kaufvertrages auf, den Mangel auf Kosten der Beklagten bis zum 09.08.2016 zu beheben. Des Weiteren wurde die Beklagtenpartei aufgefordert, bis zum 09.08.2016 eine Erklärung zum Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2017 abzugeben.

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4

Mit Schreiben vom 08.08.2016 (Anlage K 3) wies die Beklagte den Vorwurf einer arglistigen Täuschung zurück und rügte die gesetzte Nachbesserungsfrist unter Hinweis auf die Abstimmung im

Kraftfahrtbundesamt als unangemessen kurz. Die Beklagtenpartei wies darauf hin, dass das Kalenderjahr 2016 als Zeitspanne zur Nachbesserung vorgesehen sei und erklärte, sie werde bis zum 31.12.2016 auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klagepartei verzichten.

5

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.08.2016 (ebenfalls Anlage K 2) erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagtenpartei unter Fristsetzung zum 06.09.2016 dazu auf, den bezahlten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückübereignung des gegenständlichen Pkw zu tätigen.

6

Zu dem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Dezember 2016 teilte der ...-Konzern der Klägerin mittels formlosem Brief mit, dass für ihr Fahrzeugmodell ein Softwareupdate zur Verfügung stehe und forderte diese auf, sich mit dem Beklagten Autohaus in Verbindung zu setzen. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 30.01.2017 (Anlage B 4) erneut auf, sich mit einem Volkswagenvertragspartner in

Verbindung zu setzen, um einen Termin zum Aufspielen des Softwareupdates zu vereinbaren. Zugleich wurde auf einen hierfür nötigen Zeitaufwand von etwa 30 Minuten bis 1 Stunde verwiesen. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 08.03.2017 kam es nicht zu einem Aufspielen des Softwareupdates auf das streitgegenständliche Fahrzeug.

7

Die Klägerin trägt zum Erwerb des Fahrzeugs vor, sie hätte dieses nicht gekauft, wenn sie davon gewusst hätte, dass es werkseitig manipuliert gewesen sei. Ihr sei es auf den Kauf eines umweltfreundlichen und wertstabilen Fahrzeuges angekommen. Insbesondere der Umweltaspekt sei ein wichtiges Kaufargument gewesen. Über den Co2-Ausstoß habe die Beklagte in den verwendeten Informationen und Broschüren deutlich informiert, zudem habe die Beklagte auch vom Hersteller die nötigen Informationen erhalten.

8

Die Pflichtangaben zum Kraftstoffverbrauch und den Co2-Werten seien falsch. Für die Klägerin sei die Einhaltung der Euro5-Norm besonders wichtig, da sich danach die zu zahlende Steuer beziffere. Das gegenständliche Fahrzeug sei eingeordnet in die Schadstoffklasse Euro5 verkauft worden. Nach den Feststellungen des Kraftfahrtbundesamts (im Folgenden auch „KBA“ genannt) sei jedoch die verwendete Software eine unzulässige Abschalteinrichtung. Die Beklagte müsse sich ein Handeln des ...-Konzerns zurechnen lassen. Die Beklagte sei zwar freier Händlerin, aber an die Vorgaben des Herstellers in einer Art Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Nachbesserung werde direkt von ... angeboten. Die Beklagte führe diese nur als „Befehlsempfängerin“ aus. Eigene Maßnahmen seien den Händlern untersagt worden. Diesen seien auch unbekannt, welche Maßnahme ergriffen würde und hätten kein eigenes Wahlrecht.

9

Das streitgegenständliche Fahrzeug sei mit einem Sachmangel behaftet, da von der Typenbezeichnung in den außerhalb des Kaufvertrages niedergelegten Dokumenten eine Beschaffenheitsvereinbarung zwischen den Parteien getroffen worden sei. Hierzu würden auch Prospekte und Werbematerialien zählen. Hierin sei die Einhaltung der Schadstoffnorm Euro5 dargelegt gewesen. Mangels Einhaltung der Schadstoffnorm, fehle es an der Zulassungseignung mit der Folge eines Sachmangels im Sinne von § 434 BGB.

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Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sei als Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen. Bei Nichteilnahme an der angekündigten Rückrufaktion sei angedroht worden, dass die Zulassung entfallen könne. Außerdem sei nach den vertraglichen Voraussetzungen die Verwendung des Fahrzeug für den uneingeschränkten Betrieb im Straßenverkehr nicht gewährleistet.

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Unter anderem sei in der Schweiz eine Zulassung des Fahrzeugs als Handelsgut nicht mehr uneingeschränkt gegeben.

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Die Klägerin könne als Käuferin jedoch erwarten, dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspreche. Es sei auch unerheblich, ob dies der Klägerin als Käuferin bewusst gewesen sei oder nicht.

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Das Fahrzeug müsse auch in der Lage sein die Abgasnormen bei realem Fahrbetrieb einzuhalten, was weder vor noch nach dem Softwareupdate möglich sei.

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Außerdem liege ein Sachmangel wegen Fehlen einer der üblichen Beschaffenheiten des Fahrzeuges vor.

Für die Klägerin sei zu erwarten gewesen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug frei von rechtswidrigen Einbauten ist. Der Einbau einer Manipulationsoftware sei in negativer Hinsicht unüblich. Bei Nichteinhaltung erlösche die Typengenehmigung bereits von Gesetzes wegen. Derzeit liege lediglich ein Dulden durch das KBA vor. Die Betriebserlaubnis sei jedoch bereits erloschen.

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Ferner liege ein Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 BGB vor, da das Fahrzeug nicht die Eigenschaften habe, die nach den öffentlichen Äußerungen zu erwarten sei. Hierbei wird insbesondere auf die werbenden Äußerungen, dass die Euro5-Norm eingehalten werde, abgestellt.

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Die Beklagte habe diese Aussagen als Verkäuferin gekannt bzw. sei dieser fahrlässige Unkenntnis hierüber vorzuwerfen. Entgegenstehende Aussagen seien bei Vertragsschluss auch nicht berichtigt worden. Die Schadstoffklasse sei für die Klägerin entscheidend bei der Kaufentscheidung gewesen. Zudem läge aufgrund der Mitteilung des ...-Konzerns hinsichtlich der Manipulationsoftware bereits ein begründeter Mangelverdacht vor . Dies genüge bereits für die Annahme eines Mangels.

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Die Klägerin bestreitet die Ausführungen der Beklagtenpartei zur Motorkonfiguration. Nach Artikel 3 Nr. 10 EG-Verordnung Nr. 715 aus 2007 liege eine Abschalteinrichtung vor. Die Klägerin bestreitet weiterhin die Darlegung der Beklagtenpartei zur technischen Überarbeitung und zum nötigen Aufwand des

Softwareupdates. Die vollumfängliche Darlegungslast liege bei der Beklagten, so dass aus Sicht der Klagepartei ein einfaches Bestreiten genüge. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, keine Kenntnis von der Motorkonfiguration gehabt zu haben. Wegen § 38 BImschG hätte dieser eine eigene Untersuchungsverpflichtung oblegen.

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Der Klägerin stehe ein Rücktrittsrecht zu. Eine Fristsetzung sei unter Abwägung der jeweiligen Interessen gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 entbehrlich, die Nachbesserung unzumutbar gemäß § 440 S. 1 BGB.

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Für die Klägerin bestehe die begründete Befürchtung, die Kaufsache werde auch nach dem Softwareupdate weiter mangelhaft sein. Wegen des betrügerischen Verhaltens des ...-Konzerns sei ein sofortiger Rücktritt gerechtfertigt. Bei einer arglistigen Täuschung sei ohnehin keine Fristsetzung nötig. Möglicherweise werde die Klägerin bei dem Softwareupdate durch den ...-Konzern erneut getäuscht. Für die Klägerin sei ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar. Sie habe kein Vertrauen mehr in die ... AG und es sei unbekannt, ob es durch die Nachbesserung zu Folgeschäden komme. Zudem sei bei falscher Prospektangaben ein sofortiger Rücktritt möglich.

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... habe zu den Dauerfolgen nach dem Softwareupdate keine Angaben machen können. Selbst wenn die klägerseits gesetzte Frist zu knapp bemessen anzusehen wäre, käme eine angemessene Frist zum Tragen, die mittlerweile ebenfalls abgelaufen sei.

21

Zum Zeitpunkt der Klagezustellung habe der Beklagten bereits eine Frist von 4 Monaten zur Verfügung gestanden, die verstrichen sei. Im BGB und in der Rechtsprechung seien längere Fristen als 2 Monate unüblich. Obwohl ... seit 2014 Bescheid gewusst habe und der Skandal 2015 aufgekommen sei, sei die Nachbesserung erst für 2016 angekündigt worden. Auch unter Berücksichtigung der Wertungen des AGB- Rechts, sei eine Nachbesserungszeit von mehr als 2 Monaten unangemessen, da hier ein Verstoß gegen § 308 BGB vorläge.

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Darüber hinaus sei eine Nachbesserung gemäß § 326 Abs. 5 BGB unmöglich, da ein merkantiler Minderwert verbleibe, der nicht beseitigt werden könne. Fahrzeuge, die mit der Manipulationsoftware ausgestattet gewesen seien, seien schwerer verkäuflich. Der Vortrag der Beklagtenpartei zu Angaben von

^| und …H wird klägerseits bestritten. Es sei vielmehr so, dass ... Aktionen mit Wechselprämien von bis zu 3.000,00 € und einer Garantieverlängerung auf 5 Jahre anbiete, um für Wertstabilität zu sorgen. Auch bei einer Nachbesserung verbleibe eine geringere Wertschätzung in Kundenkreises. Es lägen verschiedene Pressemeldungen vor, wonach eine spürbare Verschlechterung der Leasingrückläufer von betroffenen ...- Fahrzeugen vorlägen. Aufgrund diverser Rabattaktionen von ... verzögere sich ein Durchschlagen des Minderwerts auf Gebrauchtwagenpreise. Zudem sei die Dauerhaltbarkeit betroffener Fahrzeuge nach Softwareupdate bis heute nicht geklärt.

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Das Rücktrittsrecht sei nicht gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen. Hierbei sei eine umfangreiche Interessensabwägung vorzunehmen und nicht lediglich der Aufwand der Mangelbeseitigung heranzuziehen.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt des Rücktritts das Softwareupdate noch gar nicht zur Verfügung gestanden sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei nicht der reine Kostenaufwand zum Einbau des Softwareupdates heranzuziehen, sondern auch die hierfür nötigen Entwicklungskosten, die mit einem Vorlauf vom einem Jahr als komplexe technische Maßnahme einzuordnen seien und je nach Softwarevariante 6 - 8 Millionen Euro an veranschlagen würden. Für jedes Fahrzeug würden somit umgelegt rund 3.000,00 € bis 4.000,00 € Kosten entstehen.

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Im Rahmen der Interessensabwägung sei zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Qualitäts aspekt betroffen sei, der merkantile Minderwert über 1% liege, die Beseitigungskosten über 5% lägen, Unerheblichkeit bei Arglist zu verneinen sei, die Erheblichkeit bei einem Verstoß gegen eine

Beschaffenheitsvereinbarung bereits indiziert sei, eine Rückrufandrohung durch das KBA vorliege und ein massiver Zeitaufwand von Monaten vorläge.

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Zudem sei eine Nachbesserung durch Softwareupdate nicht folgenlos möglich. Unter Bezugnahme auf verschiedene Experten, Zeitungsberichte und Studien, trägt die Klägerin vor, dass die Deaktivierung der Manipulationsoftware zu einem Mehrverbrauch von 10%, einer Leistungsreduzierung, einer geringeren Beschleunigung und zu einem häufigeren Austausch von Verschleißteilen führe.

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Andere Kunden hätten auch von Sicherheitsrisiken berichtet. Bislang sei durch ... keine Garantie abgegeben worden, dass durch die Nachbesserung keine Nachteile entstünden.

27

Die negativen Folgen würden auch durch ein Gutachten des Speziallisten …| von einer amerkanischen Universität bestätigt, der zu dem Ergebnis komme, dass wahrscheinlich ein hoher Kraftstoffverbrauch vorliege. Das Schreiben des Kraftfahrtbundesamt (Anlage B 3) stehe dem nicht entgegen, zumal seitens des Kraftfahrtbundesamtes keine Feststellung zu dem konkreten Fahrzeug vorlägen. Außerdem wird die Echtheit der Urkunde bestritten.

28

Dem Kraftfahrtbundesamt sei lediglich ein Fahrzeug aus dem Clustertyp, in den auch das

streitgegenständliche Fahrzeug einzuordnen sei, vorgeführt worden, es hätte sich auch um ein anderes Fahrzeug handeln können.

29

Zum Nutzungsersatz erklärt die Klägerin, dass dieser ggf. nachträglich berücksichtigt werden könne. Bei Nutzung eines Fahrzeuges ohne Typengenehmigung scheide dieser aus bzw. sei mit einem erheblichen Abschlag von 50% zu berücksichtigen. Die Beklagtenseite müsste zudem die Berechnung des

Nutzungsersatzes vortragen. Zudem sei bereits bei Übergabe des Fahrzeugs ein Minderwert vorgelegen.

30

Die Klägerin beantragt,

(5)

1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei 33.430,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2016 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw VW Modell Tiguan 2.0 TDI DSG 4Motion, FIN: ...

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des in Klageantrag Ziffer 1 genannten Pkw im Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von dem durch die Beauftragung der

Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.698,13 € freizustellen nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten seit Rechtshängigkeit.

31

Die Beklagte beantragt,

die Klage kostenpflichtig abzuweisen.

32

Die Beklagte bestreitet, dass die Klägerin auf der Suche nach einem umweltfreundlichen Fahrzeug gewesen sei. Bei den Vertragsverhandlungen habe diese jedenfalls nicht zum Ausdruck gebracht, ein Fahrzeug mit einem bestimmten Schadstoffausstoß oder einer bestimmten Abgasnorm erwerben zu wollen.

33

Auch aus den Ausführungen der Klagepartei zu den Broschüren und Prospekten ergebe sich der Umweltaspekt nicht als maßgebliches Verkaufsargument.

34

Die Beklagtenpartei rügt die hinreichende Substantiierung des klägerischen Vortrages unter Verweis darauf, dass die in Bezug genommenen Werbeunterlagen nicht vorgelegt worden seien. Es liege keine Verletzung einer Beschaffenheitsvereinbarung vor. Die Beklagte bestreitet, dass die Umweltaspekte, die klägerseits vorgetragen wurden, kaufentscheidende Motive gewesen seien. Allein aus der Tatsache, dass ein Käufer seine Kaufentscheidung auf bestimmte Aspekte stütze, folge noch keine Beschaffenheitsvereinbarung.

Zudem sei eine einseitige Vorstellung des Käufers nicht ausreichend.

35

Die Beklagte sei nicht mit dem ...-Konzern gleich zu setzen und sei eine unabhängige freie Händlerin. Sie verfüge nicht einmal über einen Vertragshändlervertrag mit ... Die Beklagte sei auch auf einem

unterschiedlichen Markt tätig und handle vorrangig mit Gebrauchtwagen. Sie befindet sich weder in einer Schicksalsgemeinschaft mit ... noch sei sie Befehlsempfängerin.

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Die Beklagte habe keine Kenntnis von der Motorkonfiguration des gegenständlichen Fahrzeugs gehabt. Sie selbst habe erst 2015 hiervon Kenntnis erhalten durch die mediale Darstellung. Zuvor habe keine

Veranlassung zur Prüfung der Software bestanden. Eine eigene Manipulation oder ein eigener Betrug sei der Beklagten jedenfalls nicht vorzuwerfen.

37

Die Emissionsgrenzwerte seien vom Gesetzgeber bewusst nach Laborbedingungen festgelegt. Es sei keine Abschalteinrichtung eingebaut, sondern vielmehr werde eine Rückführung von Abgas in den Motor

vorgenommen.

38

Die technische Überarbeitung stelle einen aufwendigen Prozess dar, da es 1.200 verschiedene

Motorvarianten gebe. Dieser Prozess sei von der Beklagten nur in begrenztem Umfang beeinflussbar. Das zur Verfügungstehen der Softwareupdates sei durch das Kraftfahrtbundesamt am 16.12.2015 bestätigt worden (Anlage B 2). Es sei ein Zeitaufwand von 24 Minuten für das Softwareupdate und von 15 Minuten für den Einbau des Strömungsgleichrichters anzusetzen.

39

Ziel des Updates sei, dass nur noch ein Betriebsmodus vorliege und der Verbrennungsprozess durch Anpassung der Einspritztechnik optimiert werde.

(6)

40

Es liege kein Sachmangel vor, da das Fahrzeug technisch sicher, sei und im Straßenverkehr uneingeschränkt gebrauchstauglich. Der Bestand und die Wirksamkeit der Genehmigung sei nicht beeinträchtigt. Die Typengenehmigung sei nicht von Gesetzes wegen erloschen.

41

Der Klägerin würden keine finanziellen Nachteile drohen. Es liege eine wirksame Typengenehmigung vor, wonach sich die Steuerlast richte. Mit dem Fahrzeug sei jede Umweltzone befahrbar. Der Hinweis der Klägerin auf eine Zulassungseinschränkung in der Schweiz gehe fehl, da nicht ersichtlich sei, dass diese das Fahrzeug dorthin verkaufen wolle. Zudem sei das Zulassungsverbot in der Schweiz zwischenzeitlich gelockert worden.

42

Es liege kein Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB vor, da ein über die übliche Verwendung hinausgehender Zweck nicht vereinbart worden sei.

43

Das Fahrzeug sei für die gewöhnliche Verwendung uneingeschränkt geeignet. Aus der technischen Überarbeitung sei kein Rückschluss zu ziehen. Zudem wäre eine verweigerte Teilnahme der Klägerin an dem Softwareupdate der Beklagten nicht zurechenbar, da es auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs ankomme.

44

Das Fahrzeug sei wegen der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht mangelhaft, da dieses im normalen Fahrbetrieb nicht tätig sei.

45

Die Nichteinhaltung zulässiger Stickoxidwerte führe nicht zu einem Mangel, da es hierauf nicht ankomme, mangels gesetzlicher Vorgabe. Der normale Straßenfahrbetrieb sei nicht Maßstab für die Klassifizierung der Schadstoffklasse. Es liege auch kein Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 3 BGB vor, da es bereits am klägerischen Sachvortrag fehle, welchen konkreten Prospektangaben die Klägerin vertraut habe. Es liege weder ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 VO (EG) Nr. 715/2007 noch gegen § 38 BImschG vor.

46

Die Beklagte weist das Vorliegen eines Mangels allein wegen eines Mangelverdachts zurück.

47

Die Fristsetzung zur Nachbesserung von 2 Wochen sei zu kurz, worauf die Beklagte sogleich hingewiesen habe. Technische Maßnahmen seien nur nach einer Vielzahl von Instruktionen des Herstellers möglich.

Zudem habe die Beklagte auf die Einrede der Verjährung bis Ende 2016 verzichtet.

48

Ein arglistiges Verhalten der Beklagten liege nicht vor. Sie habe selbst keine Kenntnis von den behaupteten Mängeln gehabt. Dies sei für die Fristsetzung zu berücksichtigen.

49

Zudem gäbe es einen unauflösbaren Wertungswiderspruch zum Zeitplan des Kraftfahrtbundesamts, wenn man eine kürzere Nacherfüllungsfrist annähme.

50

Eine endgültige und gut organisierte Mängelbeseitigung entspreche letztlich auch dem Interesse der Klägerin selbst.

51

Als Folge der zu kurzen Fristsetzung fehle es an einer Fristsetzung in Gänze. Es werde nicht automatisch eine angemessene Frist in Gang gesetzt. Eine Fristsetzung sei auch nicht gemäß § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich. Es fehle an einer Darlegung, dass das Interesse des Beklagten an der Nachbesserung so gering sei, dass eine Fristsetzung entbehrlich sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug auch bei einer lang andauernden Nacherfüllungszeit auch mit einem bestehenden Mangel uneingeschränkt nutzbar sei. Eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung der Beklagtenseite läge nicht vor. Sie habe stets auf Bemühungen von ... und die Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrtbundesamt verwiesen.

(7)

52

Die Voraussetzungen von § 326 Abs. 5 S. 1 BGB seien nicht gegeben. ... habe sich mit dem

Kraftfahrtbundesamt auf einen Zeitplan verständigt. Selbst wenn danach noch ein Mangel vorläge, wäre dieser behebbar. Gewährleistungsrechte stünden der Klagepartei ggf. erst nach der Erfolglosigkeit der Nacherfüllung zu.

53

Es liege kein merkantiler Minderwert vor. Die Behauptung eines 10%-tigen merkantilen Minderwerts durch die Klagepartei sei „ins Blaue hinein“ erfolgt. Eine diesbezügliche Beweiserhebung würde eine

Ausforschung darstellen. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Überarbeitung zu nachteiligen Auswirkungen führe. Zudem sei kein sinkender Verkehrswert zu erwarten. Geringfügige Schwankungen am Gebrauchtwagen seien normal. Laut ^| und …H seien ...-Diesel-Fahrzeuge im Preis auch wertstabil

geblieben. Insgesamt hätten Dieselfahrzeuge ihren Marktanteil sogar weiter ausgebaut. Die Beklagte bestreitet, das Werbemaßnahmen Wertverluste ausgleichen würden. Zudem seien die Grundsätze der Rechtsprechung zum merkantilen Minderwert vorliegend nicht übertragbar, da diese nur bei einer unwesentlichen Beschädigung der Sache in Betracht kämen. Hier liege schon keine Beschädigung vor, zudem seien die Kosten der technischen Maßnahme unter 100,00 € anzusetzen und lägen somit bei 0,3%

bezogen auf den Kaufpreis.

54

Die Beklagte bestreitet, dass die Nachbesserung nicht folgenlos möglich sei. Aus dem Softwareupdate würden keine negativen Folgen resultieren. Der diesbezügliche Vortrag der Klagepartei sei unsubstantiiert.

Verweise auf Presseberichte seien untauglich. Das Kraftfahrtbundesamt habe mittlerweile bestätigt, dass keine nachteiligen Auswirkungen vorlägen. Es lägen bereits für den Tiguan 2.0 TDI entsprechende

Freigabebescheinigungen vor (Anlage B 3). Die Maßnahmen des Softwareupdates seien also geeignet die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen. Auch Automobilclubs in Deutschland,

Österreich und der Schweiz würden das Update empfehlen. Nach Mitteilung des beeinträchtige die Umrüstung die Leistung und den Verbrauch nicht.

55

Die Beklagte bestreitet, dass Rußpartikelfilter und Motor eine verkürzte Lebensdauer hätten. Entsprechende Dauertests würden auch durchgeführt.

56

Ein Rücktrittsrecht der Klagepartei sei bereits gem. § 353 Abs. 5. S. 2 BGB ausgeschlossen, da der Mangelbeseitigungsaufwand von 100,00 € weniger als 5% des Kaufpreises betrage.

57

Auch nach § 323 Abs. 6 Alt. 1 BGB stehe der Klägerin kein Rücktrittsrecht zu, da keine überwiegende Verantwortlichkeit der Beklagten gegeben sei. Diese habe die Entgegennahme der Nacherfüllung nicht verweigert. Vielmehr habe die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht verletzt.

58

Die Fristsetzung sei auch nicht wegen § 440 BGB entbehrlich. Die Nacherfüllung sei nicht verweigert worden. Ein Zuwarten bis zur Umsetzung der technischen Maßnahme sei für die Klägerin zumutbar.

59

Vorsorglich rügt die Beklagte, dass die Klägerin sich einen Nutzungsersatz für die seit Übergabe des Fahrzeugs gefahrenen Kilometer anrechnen lassen müsse. Diesbezüglich wäre klägerseits der Tachostand mitzuteilen.

60

Ein Schadensersatzanspruch nach § 281 BGB oder § 283 BGB scheitere bereits an einer Pflichtverletzung der Klagepartei, zudem könne ein etwaiges Verschulden des ...-Konzerns nicht der Beklagten zugerechnet werden. Greifbare Anhaltspunkte für eine Untersuchungspflicht bestünden nicht.

61

Es liege kein Annahmeverzug vor, mangels Wirksamkeit des Rücktritts.

62

(8)

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst aller Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 08.03.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe 63

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

A.

64

Die Klage ist zulässig.

65

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bamberg ist gegeben.

66

Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich Antrag Ziffer 2 ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO gegeben ist, da die Klage insgesamt unbegründet ist.

B.

67

Die Klage ist in der Sache unbegründet.

68

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 33.430,- € Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pkw.

I.

69

Der Klägerin steht kein Anspruch gemäß §§ 346 Abs. 1, 348 BGB i.V.m. 437 Nr. 2, 323 BGB zu, da sie nicht wirksam von dem zwischen den Parteien am 08.08.2015 geschlossenen Kaufvertrag bezüglich des VW Tiguan zurückgetreten ist.

70

1. An an dem streitgegenständlichen Pkw lag zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs zwar ein Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor, da dieser eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art unüblich ist und der Käufer nach der Art der Sache nicht erwarten kann.

71

a) Zwar eignet sich das Fahrzeug trotz der unstreitig vorhandenen manipulierten Abgassoftware für die gewöhnliche Verwendung. Durch den Einbau einer Umschalteinrichtigung, die dafür sorgt, dass das Fahrzeug im Prüfstandbetrieb andere Emissionswerte vortäuscht, als es im normalen Straßenverkehr einhalten kann, weist das Fahrzeug allerdings eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art unüblich ist. Der Durchschnittskäufer erwartet nicht, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen

Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoss reduziert wird (LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, Az. 011 O 341/15).

72

b) Die Mangelhaftigkeit resultiert somit nicht daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf) gemessenen Nennwerte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält (LG Münster a.a.O.).

73

c) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob, wie die Beklagte vorträgt, durch die Umschalteinrichtung eine Manipulation der Abgasrückführung stattfindet oder, wie die Klägerseite vorträgt, die Abschaltung des Emissionskontrollsystems erfolgt. Welche technischen Maßnahmen der Fahrzeughersteller gewählt hat, um in unzulässiger Weise bessere Emissionswerte vorzutäuschen, ist ohne Belang. Ebenso ist unerheblich, ob

(9)

man diese Software als „Schummelsoftware“ oder „Abschalteinrichtung“ bezeichnet (vgl. LG Bochum, Urteil vom 15.03.2016, Az. I-2 O 425/15).

74

d) Es kann somit dahinstehen, ob zwischen den Parteien eine konkludente oder ausdrückliche

Beschaffenheitsvereinbarung zur Einhaltung der Euro5-Norm getroffen wurde, obgleich das Gericht der Auffassung ist, dass sich hierfür allein aufgrund des wenig substantiierten Sachvortrags der Klagepartei keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte ergeben, denn einseitige Vorstellungen des Käufers sind hierfür nicht ausreichend (vgl. Faust, in: BeckOK BGB, Stand: 39. Edition, § 434, Rdnr. 40).

75

2. Allerdings liegt kein erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist gemäß § 323 Abs. 1 BGB vor.

76

a) Die Fristsetzung der Klägerin zur Behebung des Mangels „Abschalteinrichtung“ mit Schreiben vom 26.07.2016 (Anl. K2) zum 09.08.2016 war nach Auffassung des Gerichts nicht angemessen im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB. Das auf 26.07.2016 datierte Schreiben ist unter Berücksichtigung des üblichen Postlaufs ein bis drei Tage nach Absendung eingegangen, so dass der Beklagtenpartei maximal 11 bis 13 Tage zur Behebung des klägerseits gerügten Mangels zur Verfügung standen.

77

1) Zwar richtet sich die Angemessenheit der Frist zur Mangelbehebung nach der Intention des

Gesetzgebers (BT-Drucks. 10/6040) vorrangig nach den Interessen des Käufers. Dieser kann - gerade bei Alltagsgeschäften - eine kurzfristige Reparatur oder einen sofortigen Austausch der mangelhaften Sache verlangen (vgl. Ring, NJW 2016, 3121).

78

Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Verkäufer dem Käufer die Zeit zugestehen muss, die dieser für die geforderte Art der Nacherfüllung bei objektiver Betrachtung benötigt, weshalb letztendlich die Frage der Angemessenheit der Frist nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden kann (LG Frankenthal, Urteil vom 12.05.2016, Az. 8 O 208/15 m.w.N.). Anders ausgedrückt bestimmt sich die Angemessenheit der Frist nach dem Umständen des konkreten Vertrags, wobei die Interessen beider Vertragsparteien zu berücksichtigen sind.

79

Einerseits hat der Gläubiger ein Interesse an alsbaldiger Klage darüber, ob der Schuldner die Leistung erbringen wird; andererseits soll dem Schuldner die letzte Möglichkeit gegeben werden, die Leistung tatsächlich noch zu erbringen. Die Frist muss daher so lang bemessen sein, dass der Schuldner in der Lage ist, die bereits begonnene Erfüllung zu beschleunigen und zu vollenden. Sie braucht jedoch nicht so lang zu sein, dass der Schuldner die Möglichkeit hat erst jetzt mit den Leistungsvorbereitungen zu beginnen (vgl.

LG Frankenthal a.a.O. m.w.N.).

80

2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und mangels konkreter Parteivereinbarung, richtet sich die Bewertung der Angemessenheit somit nach objektiven Maßstäben.

81

Insoweit ist zunächst die Dimension der Softwareproblematik bei diversen Dieselmotoren der ...-

Fahrzeugflotte zu berücksichtigen. Bei der von der Klägerin gerügten Mangelhaftigkeit handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Vielmehr sind allein in Deutschland bekanntermaßen Millionen von Fahrzeugen betroffen. Insofern war und ist dem ...-Konzern, den Vertragshändlern und im Ergebnis der Beklagten zuzugestehen, zunächst eine Problemlösung zu entwickeln und eine Strategie zur Umsetzung der selben zu entwerfen, insbesondere auch unter Einbeziehung der beteiligten Behörden. Ferner kann bei der

Angemessenheit der Frist nicht vernachlässigt werden, dass die Fahrtauglichkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs nach derzeitigen Sach- und Streitstand in keiner Weise eingeschränkt ist. Die Klägerin ist für die volle Nutzbarkeit des Pkw nicht auf die umgehende Durchführung des Softwareupdates angewiesen.

Letztlich ist es für sie daher unerheblich, wann das Update aufgespielt wird (vgl. LG Münster, Urteil vom 14.03.2016, Az. 011 O 341/15). Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, auf die zügige Behebung des Softewareproblems angewiesen zu sein.

(10)

82

Ferner ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der ...-Konzern eine Lösungsstrategie für diesen Abgasskandal entwickelt hat und dabei in enger Absprache mit dem Kraftfahrbundesamt tätig geworden ist, welches den Zeitplan des ...-Konzern gebilligt hat und die Einstufung der betroffenen Fahrzeuge in die jeweiligen Abgasnormen bislang nicht widerrufen oder aufgehoben hat.

83

3) Im Ergebnis ist die vorliegend gesetzte Frist von 11 bis 13 Tagen zum 09.08.2016 unter Berücksichtigung der oben geschilderten Gesamtumstände unangemessen kurz.

84

4) Dies hat jedoch zur Folge, dass die Fristsetzung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schlechthin unwirksam ist, sondern vielmehr eine angemessene Frist in Kraft setzt. Das Gericht ist vorliegend der Ansicht, dass eine Frist von mindestens 9 Monaten noch angemessen ist.

85

Das Landgericht Paderborn (Urteil vom 19.09.2016, Az. 2 O 55/16) erachtet im Hinblick auf den Zeitplan des KBA sogar Nacherfüllungsfristen von bis zu einem Jahr als noch angemessen an.

86

5) Angesichts dessen war die angemessene Frist weder zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage am 14.12.2016, noch zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit am 12.01.2017 noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 08.03.2017 erfolglos abgelaufen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der ...-Konzern der Klägerin bereits zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Dezember 2016 unstreitig mitgeteilt hat, dass für ihr Fahrzeug ein Softwareupdate zur Verfügung steht und sie sich mit ihrem Vertragspartner in Verbindung setzen solle.

87

Das Nachbesserungsangebot wurde seitens der Beklagten mittels Schreiben vom 30.01.2017 und somit in nach wie vor laufender angemessener Frist erneuert, von der Klägerin jedoch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen.

88

6) Die klägerseits vorgebrachten Argumente, der Beklagten sei keinesfalls eine länger als zwei Monate andauernde Frist einzuräumen, greifen vorliegend angesichts der Dimensionen der Gesamtdimensionen des ...-Abgasskandals nicht durch.

89

Auch geht der Verweis der Klagepartei auf Rechtsprechung zu Höchstfristen im Rahmen der

Nachbesserung in allgemeinen Geschäftsbedingungen fehl. Zwar mag eine zweimonatige Höchstfrist, die bereits formularmäßig vereinbart ist, in aller Regel in Kaufverträgen den Käufer unangemessen

benachteiligen. Vorliegend liegt der Fall jedoch anders. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass, wie die Beklagte zutreffend vorträgt, es auch im Interesse der Klägerin sein muss, dass für die zugrundeliegende Abgasmanipulationsproblematik nicht „auf die Schnelle“ eine möglicherweise unbefriedigende Lösung herbeigeführt wird, sondern in enger Absprache zwischen dem ...-Konzern und dem Kraftfahrtbundesamt eine endgültige und gut organisierte Mängelbeseitigung vorgenommen wird.

90

7) Auch aus verjährungsrechtlichen Gründen kann vorliegend nichts anderes gelten. Unzweifelhaft hat die Beklagte bis Ende des Jahres 2016 auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung verzichtet. Bereits vor Ablauf dieses Einredeverzichts, war der Klägerin durch den ...-Konzern direkt die Nachbesserung angeboten worden. Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte mit Schreiben vom 30.01.2017 deutlich gemacht hat auch zu weiteren Nachbesserungen bereit zu sein und sich auch Ende Januar 2017 nicht auf die Einrede der Verjährung zu berufen, entstehen der Klägerin durch diese - zugegebenermaßen

ungewöhnlich lange - Frist keinerlei gravierende Nachteile.

91

8) Vielmehr hat die Klägerin binnen laufender angemessener Frist gegen die ihr obliegende

Mitwirkungspflicht verstoßen (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, Rdnr. 15) in dem sie trotz Nachbesserungsangebot des ...-Konzerns und der Beklagten hierauf nicht eingegangen ist.

(11)

92

9) Somit liegt auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung kein erfolgloser Ablauf einer angemessenen Frist vor.

93

3. Die Fristsetzung war auch nicht entbehrlich.

94

a) Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung der Beklagtenpartei gemäß § 353 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist nicht gegeben.

95

An dieses Vorliegen sind strenge Anforderungen zu stellen, die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 76., 2017, § 323 Rdnr. 18 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr hat die Beklagte stets deutlich gemacht, nachbesserungsbereit zu sein, allerdings bereits mit dem ersten Einlassungsschreiben vom 08.08.2016 (Anl. K3) und auch im weiteren außergerichtlichen Schriftverkehr (Schreiben vom 06.09.2016) deutlich gemacht, hierfür mehr Zeit zu benötigen. Ihre Nachbesserungsbereitschaft wurde mit Schreiben vom 30.01.2017 nochmals erneuert.

96

b) Es liegt auch kein Ausschluss der Fristsetzung gemäß § 326 Abs. 5 BGB vor. Die Nachefüllung ist nach Auffassung des Gerichts nicht unmöglich.

97

1) Das Gericht tritt der Ansicht der Klagepartei, dass die Nachbesserung nicht folgenlos möglich sei, nicht bei. Die Klagepartei beruft sich hierbei auf eine Vielzahl von Studien, Zeitungsartikeln sowie eine

Untersuchung einer amerikanischen Universität zu einem ebenfalls von dem ...-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug des ...-Konzerns, dem ... Amarok. Selbst wenn nachteilige Auswirkungen bei anderen

Fahrzeugtypen aus der Flotte des ...-Konzerns aufgetreten wären, rechtfertigt dies noch keinen zwingenden Rückschluss auf Auswirkungen beim Fahrzeugtyp Tiguan TDI 2.0, wie ihn die Klägerin gekauft hat.

98

Soweit auf ein Gutachten (K70), welches in der Bild-Zeitung thematisiert wurde Bezug genommen wird (dieses betraf offenbar einen VW Tiguan), erfolgte dieser Sachvortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Eine Schriftsatzfrist hatte die Klagepartei nicht beantragt.

99

2) Demgegenüber hat die Beklagte mit Anl. B3 substantiiert dargelegt, dass das Kraftfahrtbundesamt für den sog. Clustertyp 7 d (von dem nach der der Anlage beigefügten Tabelle auch der streitgegenständliche Motortyp Tiguan, den die Klägerin kaufte, erfasst ist) bestätigte, dass die von ... für die betroffenen Fahrzeuge vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet ist, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.

100

Unter C ist dort als Ergebnis aufgeführt, dass die Grenzwerte und die anderen Anforderungen hinsichtlich der Schadstoffemission und Dauerhaltbarkeit von emissionsminderenden Einrichtungen eingehalten wird.

Unter D ist aufgeführt, dass die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte und Co2-Emissionen in Prüfungen durch einen technischen Dienst bestätigt wurden. Die bisherige Motorleistung das maximale Drehmoment blieben unverändert, ebenso die bisherigen Geräuschemissionswerte.

101

Sofern die Klagepartei die Richtigkeit der Urkunde B3 gemäß § 417 ZPO rügt, sieht das Gericht keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass es sich hierbei um eine Fälschung handelt. Auch der Einwand der Klagepartei, bei dem Test des KBA sei möglichweise nicht ein Tiguan sondern ein vollständig anderes Fahrzeug getestet worden, greift nicht durch. Denn das Kraftfahrtbundesamt hat die Einhaltung sämtlicher Werte nach Softewareupdate ausdrücklich für den Motorklastertyp 7 bestätigt, unter welchen auch der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeug zu fassen ist. Im Übrigen beruft sich die Klagepartei gegenbeweislich selbst auf Studien, die andere Fahrzeugtypen betreffen.

102

(12)

3) Im Ergebnis liegen keine ausreichenden Anknüpfungspunkte vor, dass die Nachbesserung von vorne herein nicht erfolgreich sein kann oder sogar unmöglich ist. Eine Beweisaufnahme war insofern nicht veranlasst.

103

Selbst wenn man der Klagepartei hinsichtlich der Zweifel bezüglich der Richtigkeit der Feststellungen des Kraftfahrtbundesamts in der Anl. B3 folgen würde, ist zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten beabsichtigte Nacherfüllung jedenfalls nicht von vorneherein untauglich erscheint, den Mangel zu beheben oder anderweitige negative Auswirkungen auf das Fahrzeug zu haben.

104

In diesem Zusammenhang ist auch der bei Kaufverträgen geltende Vorrang der Nacherfüllung zu

berücksichtigen. Hierauf hat sich die Klägerin einzulassen. Im Ergebnis ist es allein Sache des Verkäufers, mit welchen Mitteln und auf welchem Wege er die geschuldete Nacherfüllung leistet, ohne dass er im Detail gehalten wäre, seine beabsichtigte Nacherfüllungsmethode im Vorfeld bereits einer Tauglichkeitsprüfung durch den Käufer unterziehen zu lassen.Bei nicht erfolgreichem Verlauf der Nachbesserung, stünden der Klagepartei ohnehin weitere Gewährleistungsansprüche zu. Der Klägerin ist es somit nicht unzumutbar, die angemessene Frist, wie oben geschildert, abzuwarten (vgl. hierzu auch LG Paderborn, Urteil vom

19.09.2016, Az. 2 O 55/16).

105

c) Die Fristsetzung ist auch nicht gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB bzw. § 440 BGB entbehrlich.

106

Dies wäre in der Regel nur der Fall, wenn der Verkäufer einen Mangel der gekauften Sache arglistig verschwiegen hat (vgl. BGH, NJW 2007, 835, BGH NJW 2008, 1371). Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine arglistige Täuschung von den maßgeblich Verantwortlichen im ...-Konzern vorgelegen hat, liegen zunächst keinerlei greifbaren Anhaltspunkte vor, dass Mitarbeiter der Beklagtenpartei bereits vor Bekanntwerden des ...-Abgasskandals in den Medien Kenntnis von durchgeführten Manipulationen bei der Abgassoftware durchgeführt hätten. Hierzu fehlt es auch bereits an hinreichend substantiiertem Vortrag der Klagepartei. Die Beklagte selbst hat vorgetragen erst über die Medienberichterstattung von der

Manipulationssoftware erfahren zu haben. Ein etwaiges zeitliches früheres Wissen der maßgeblichen Verantwortlichen des ...-Konzerns muss sich die Beklagte jedoch nicht zurechnen lassen, da die ... AG nicht Erfüllungsgehilfin der Beklagten gemäß § 278 BGB ist. Diese war in keinster Weise am Zustandekommen des streitgegenständlichen Kaufvertrags beteiligt und konnte hierauf auch keinen Einfluss nehmen. Die Beklagte handelte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und ist eine rechtlich unabhängige juristische Person ohne gesellschaftsrechtliche oder personelle Verpflichtungen mit dem ...-Konzern (vgl.

hierzu LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2016, Az. 21 O 10/16, Rdnr. 29).

107

Die Beklagte ist nach eigenen unwidersprochenen Angaben nicht einmal Vertragshändlerin des ...- Konzerns.

108

Sofern die Klägerin hier das zusprechende Urteil des Landgerichts München vom 14.04.2016 (Az. 23 O 23033/15) in Bezug nimmt, ist zu berücksichtigen, dass dort eine Sonderkonstellation gegeben war, wonach die dortige Vertragshändlerin aufgrund einer durchgehenden Beteiligungskette der zwischengeschalteten Gesellschafter direkt zum ...-Konzern gehöre und als 100%-ige Konzerntochter anzusehen sei. Dies ist vorliegend unzweifelhaft nicht der Fall.

109

d) Eine Fristsetzung war auch nicht gemäß § 440 BGB entbehrlich, da für eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung aus klägerischer Sicht keine besonderen Umstände dargetan sind.

110

1) Dabei ist zu berücksichtigen, dass es bereits auf der Hand liegt, dass eine umfassende Rückrufaktion und auch die Entwicklung einer Software, die noch vom Kraftfahrtbundesamt zu genehmigen ist, nicht innerhalb weniger Wochen realisierbar ist. Auch aus dem Umstand, dass zum Zeitpunkt des

Nacherfüllungsverlangen seitens der Beklagten noch kein konkreter Termin zur Nacherfüllung genannt werden konnte, führt nicht zu einer Unzumutbarkeit der Fristsetzung insgesamt.

(13)

111

2) Eine Unzumutbarkeit resultiert auch nicht daraus, dass nach Auffassung der Klagepartei die Gefahr des Verbleibs eines merkantilen Minderwerts an dem streitgegenständlichen Fahrzeug gegeben ist.

112

Die Behauptung des Entstehen eines merkantilen Minderwerts rechtfertigt die Unzumutbarkeit einer Fristsetzung nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte einen Verjährungsverzicht bis Ende des Jahres 2016 erklärt hat. Zudem ist für einen verbleibenden Minderwert trotz einer möglichen erfolgreichen Nachbesserung kein plausibler Grund ersichtlich und vorgetragen. Unterstellt, das Aufspielen des

Softwareupdates würde zu einer erfolgreichen Nachbesserung führen, bliebe nach Ansicht des Gerichts kein merkantiler Minderwert.

113

In diesem Zusammenhang ist bereits fraglich, ob diese von der Rechtsprechung entwickelte

Schadensposition in der vorliegenden Konstellation überhaupt zum Tragen kommt. Von einem merkantilen Minderwert ist die Rede, wenn bei technisch gesehen erfolgreicher Nachbesserung der objektiv

unbegründete Verdacht verborgene Mängel verbleibt. Die bisherige Rechtsprechung hat einen merkantilen Minderwert in erster Linie bei gravierenden Bauschäden wie Schimmelbelastung und

Feuchtigkeitseindringen im Dachstuhl und Keller oder bei Verkehrsunfällen, die nicht lediglich im Bagatellbereich liegen.

114

Anders als in diesen genannten Fallgruppen, ist hier - zumindest nach dem Nachbesserungsplan des ...- Konzerns in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt, offenbar eine Schadensbehebung durch ein einfaches Softwareupdate und ggf. Einbau eines Strömungsgleichrichters möglich und keine aufwendige Schadenssanierung, wie dies beispielsweise bei einem verschimmelten Dachstuhl oder einem umfangreich verunfallten Fahrzeug der Fall wäre. Denn bei letzten Schadensbehebungen besteht stets die wenn auch noch so geringe Möglichkeit, dass Kleinigkeiten übersehen würden, die letztlich den technisch

unbegründeten Verdacht verborgener Mängel rechtfertigen.

115

Abgesehen davon sind auch die klägerseits vorgelegten Berichte und Studien nicht geeignet, den Nachweis eines merkantilen Minderwerts nach erfolgreicher Nachbesserung zu rechtfertigen.

116

Soweit die Klagepartei Zeitungsberichte, Studien und Mitteilungen zum Preisverfall von betroffenen ...- Gebrauchtwägen vorlegte, hat die Beklagte im Gegenzug ihrerseits gegenteilige Erhebungen von und …H vorgelegt. Substantiierter Sachvortrag, Statistiken und Zahlenwerke der Klagepartei fehlen jedoch

vorliegend. Die Beweiserhebung, beispielsweise durch Einholung eines Marktforschungsgutachtens, liefe somit auf einen im Rahmen der Zivilprozessordnung unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus.

117

Auch aus der Tatsache, dass seitens ... oder Audi Rabattaktionen oder Garantieverlängerungen angeboten werden, resultiert allein noch kein befürchteter merkantiler Minderwert bei betroffenen Dieselfahrzeugen der ...-Fahrzeugflotte. Derartige Rabattaktionen werden auch von anderen Anbietern gelegentlich zu

Werbezwecken angeboten. Es wäre zu kurz gegriffen hieraus bereits einen merkantilen Minderwert zu konstruieren. Das Gericht tritt dem jedenfalls nicht bei.

118

3) Auf einen Vertrauensverlust wegen arglistiger Täuschung durch den ...-Konzern kann sich die

Klagepartei nicht berufen. Unabhängig von der Frage, ob eine solche Täuschung seitens der maßgeblich Verantwortlichen im ...-Konzern überhaupt vorlag, ist eine Zurechnung an die Beklagtenpartei - wie oben dargestellt - jedenfalls nicht vorzunehmen. Anders als in den vom LG Krefeld (Az. 2 O 72/16 und 2 O 83/16) zu entscheidenden Fällen, war die Beklagte vorliegend auch keine Vertragshändlerin von ...

119

Zudem erfolgte der gesamte Prozess der Entwicklung des Software-Updates sowie der Zeitplan der Nachrüstung der betroffenen Fahrzeugflotte unter ständiger Kontrolle und Aufsicht des

Kraftfahrtbundesamts, mithin einer staatlichen Behörde, die letztlich auch die Freigabe des Software-

(14)

Updates erkärte. Etwaiges Misstrauen der Klägerin in die Tätigkeit der Beklagten im Rahmen einer Nachbesserung wird hierdurch vollumfänglich kompensiert.

120

Bei Annahme der Unzumutbarkeit der Fristsetzung würden im Ergebnis der Vorrang der Nacherfüllung und die Wertung des § 440 S. 2 BGB umgangen.

121

4. Auf die Frage einer etwaigen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB wonach ein Rücktritt ausgeschlossen wäre, kam es daher nicht streitentscheidend an.

122

Gleiches gilt für die Frage, ob ein Rücktrittsrecht gem. § 323 Abs. 6 BGB wegen überwiegender Verantwortlichkeit der Klagepartei ausgeschlossen ist.

II.

123

Der Klägerin steht auch kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alternative 1 BGB infolge Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegen die Beklagte zu.

124

Wie oben bereits dargetan, ist für eine eigene Täuschungshandlung der Mitarbeiter der Beklagtenpartei nichts ersichtlich, eine Wissenszurechnung etwaiger Kenntnis der Verantwortlichen des ...-Konzerns hat vorliegend nicht stattzufinden.

III.

125

Der Klägerin steht auch kein (großer) Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3., 281, 434, 437, 440 BGB zu. Hierzu gilt im Ergebnis das oben Gesagte entsprechend. Eine angemessene Fristsetzung liegt seitens der Klagepartei nicht vor. Die dadurch in Kraft getretene angemessene Frist ist noch nicht abgelaufen und diese war auch nicht entbehrlich. Darüber hinaus liegt keine zurechenbare Pflichtverletzung der Beklagtenpartei vor.

IV.

126

Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG zu.

Unterstellt, es lägen in den maßgeblichen Prospekten unwahre Angaben vor, fehlt es bereits an einem vorsätzlichen Handeln der Beklagten oder an einer Zurechnung eines etwaigen vorsätzlichen Handeln des Herstellers der Beklagten (vgl. hierzu LG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2016, Az. 21 O 10/16).

V.

127

Mangels Begründetheit des Hauptanspruchs steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Zinsen zu. Ferner besteht kein Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzuges sowie der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

C.

128

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

129

Dem Antrag des Beklagtenvertreters in der letzten mündlichen Verhandlung auf Einräumung einer Schriftsatzfrist zu dem Schriftsatz der Klagepartei vom 27.02.2017 war nicht nachzukommen, da

streitentscheidend weniger das neue Tatsachenvorbringen der Klagepartei, sondern rechtliche Erwägungen waren. Rechtsvortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung konnte Berücksichtigung finden.

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