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Taktile Information. Mechanorezeptoren, die auf Druck- und Vibrationsreize. Typ-II-Rezeptoren, die sich in den tiefen Kapselschichten

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Academic year: 2022

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liche Selbstständigkeit im Alltag erlangt haben, sind die Therapieziele oftmals primär strukturell festzulegen. Wenn gewährleistet ist, dass zu Hau- se weiter geübt wird (Abb. 3.6), können ab diesem Zeitpunkt die Intervalle zwischen den Therapie- einheiten vergrößert werden. Diese Methode ist sicherlich im Interesse der Kostendämpfung im Gesundheitssystem und für einen Selbstzahler sehr motivierend.

Taktile Information

Mechanorezeptoren, die auf Druck- und Vibra- tionsreize reagieren, sind:

Typ-II-Rezeptoren, die sich in den tiefen Kapsel- schichten befinden, und

Typ-III-Rezeptoren, die in den Bändern lokali- siert sind.

Wiederholte, angenehm erlebte Druck- und/oder Vibrationsreize führen zur Habituation (Sato u.

Schmidt 1973, Chong et al. 2003).

Kapselstrukturen umgeben sind (Abb. 3.7).

Behandelt man diese Region, fangen Klienten möglicherweise an, etwas vermehrt zu schwit- zen und die Hautoberfläche errötet sich. Oftmals bekommen Klienten einen trockenen Mund oder sie fühlen sich etwas mulmig. Diese gesteigerten vegetativen Reaktionen sind individuell verschie- den. In diesem Zusammenhang spielt die oben beschriebene Methode der Kommunikation eine wichtige Rolle, damit es nicht zur Überdosierung kommt. Nur wenn die Druckreize des Therapeuten als gerade noch angenehm empfunden werden, tritt infolge der Reizgebung eine Habituation ein.

Fallbeispiel J.S. Ein Klient Mitte 20, J.S., erlitt vor 1 Jahr einen lumbalen Bandscheibenvorfall. Er traute sich nicht, seine Wirbelsäule zu flektieren. Hierdurch sind Alltagsaktivitäten, wie z. B. Schuhe anziehen und Gegenstände vom Boden aufzuheben, beeinträch­

tigt. Seine Partizipation am Berufsleben ist ebenfalls erschwert. Als Physiotherapeut kann er seine Klien­

ten nicht heben und nicht adäquat reagieren, wenn sie instabil werden. Da die akute Wundheilungsphase längst abgeschlossen ist und er nach dieser Zeit Bewegungen, die die Matrix belasten, nicht nur aus­

führen darf, sondern muss, um sein Bandscheiben­

gewebe entsprechend zu ernähren, wird es Zeit, dass er lernt, dass diese ursprünglich benötigten Schutz­

mechanismen jetzt nicht mehr benötigt werden (van den Berg 1999, Bd. 1).

Eine wesentliche Hypothese von N.A.P. ist: Wenn es irgendwo im System zu einer Störung kommt, reorganisiert sich das System, um die bestmög­

lichen motorischen Strategien zu entwickeln. Der Mensch greift auf unbewusst gesteuerte Schutz­

programme zurück und entwickelt neue adaptive Strategien.

Den Grundsätzen folgend: Die Aktivität bestimmt die Struktur und jede Struktur ist nur so belast­

bar wie sie belastet wird (nach abgeschlossener Wundheilung und struktureller Belastbarkeit). Ziel der Therapie ist es, adaptive Vermeidungsstrategi­

en zu löschen, damit das Gehirn erneuten Zugang zu den bestehenden motorischen Programmen erlangen kann.

Fortsetzung Fallbeispiel J.S. Der Klient fängt im Stand an und rollt den Pezziball langsam unter Abb. 3.6 Die Schwester einer Klientin mit einer He­

misymptomatik rechts und Aphasie übt mit ihr die Dor­

salextension, damit die Volarflexoren nicht kontrakt werden. Hierfür lässt sie ihre Schwester die Papierrolle zurückrollen und mobilisiert dabei ihr Skaphoid nach volar. Zu Hause hat sie ein Nudelholz und versteht somit die Sinnhaftigkeit dieser Übung.

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seinem Bauch nach hinten, sodass sein Becken nach dorsal zu rotieren beginnt. Durch exzentrisches Nach­

lassen seiner Rückenmuskeln, die sich ansonsten in konzentrischer Schutzspannung befinden, kann er sich allmählich auf dem Ball ablegen. Wichtig dabei ist es, dass der Klient von der Bewegungsfolge her zuerst sein Becken nach dorsal rotiert und sein oberer Rumpf dann in die Flexion folgt. Er soll die Rumpfvorneigung nicht von kranial einleiten, da dies eine unnötige Kompression der Lendenwirbelsäule verursachen würde.

Wenn er auf dem Ball liegt, wird er aufgefordert, sich mit den Armen leicht nach hinten abzudrücken, sodass eine reaktive Gewichtsverlagerung auf seine Beine entsteht. Er soll dabei versuchen, in die linke Hand des Therapeuten einzuatmen. So wird der M. serratus posterior inferior aktiviert (Abb. 3.8).

Während der Ausatmung drückt der Therapeut die untersten Rippen mithilfe seiner linken Hand in die kraniale Richtung. Seine rechte Hand stabilisiert

währenddessen den rechten Rippenbogen von ventral. Durch diese Rumpfaktivität bewegen sich die Processus transversi nach dorsal, sodass eine Traktion für die kostotranversalen Gelenke auf der linken Seite entsteht (Abb. 3.9). Der Klient empfindet den Druck des Therapeuten als angenehm und nach ein paar Wiederholungen spürt der Therapeut die vermehrte Mobilität der Rippenwirbelgelenke.

Die Bewegung der untersten Rippen nach kaudal und dorsal bedarf der Fixierung des 11. und 12. Brustwir­

bels sowie des 1. und 2. Lendenwirbels (Ursprung des M. serratus posterior inferior). Diese Fixierung muss in der Aktivität des Bückens dynamisch und exzent­

risch kontrolliert werden (Abb. 3.8).

Während der Aktivität Aufstehen/Hinsetzen er- höht eine Langhantel die Belastung von Wirbel- körpern und Bandscheibengewebe (Abb. 3.10).

Dies fördert die Ernährung in diesen Geweben und somit deren Belastbarkeit.

b

Ramus cutaneus posterior (im oberen Thoraxbereich ein Ast des Ramus muscularis medialis, im unteren Thorax- und im Lumbalbereich ein Ast des Ramus muscularis lateralis!)

Ramus cutaneus lateralis

Ramus ventralis [N. intercostalis]

Ramus anterior

Ramus posterior Radix anterior

N. spinalis Ganglion spinale

Ganglion trunci sympathici Rami communicantes (griseus und albus) Radix posterior

Foramen inter- vertebrale

M. trapezius M. rhomboideus major M. erector spinae

Membrana intercostalis interna Rami cutanei

posteriores (aus den Rami laterales der Rami dorsales T VII – T XII)

a

Abb. 3.7 a, b Die Hautnerven im thorakalen Bereich verlaufen rechtwinklig zur Wirbelsäule. Sie sind direkt verbunden mit den sympathischen Grenzstrangganglien und der Dura mater. Die Kerne im Bereich Th3–Th8 versorgen die obere Extremität. a Nerven des Rückens, b Astfolge thorakaler Spinalnerven.

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Fallbeispiel C.D. Druckreize fördern die proaktive Stabilität. Ein Anfang 50­jähriger Klient, C.D., hat nach einem Schlaganfall einen sensorischen und motorischen Hemineglekt links mit leichter Subluxa­

tionsstellung des linken Schultergelenks. Während der Klient mit seiner rechten Hand nach etwas greift, appliziert die Therapeutin Druckreize für sein linkes Handgelenk und Schultergelenk. Mit ihrem linken Daumen wird Druck auf das Skaphoid nach volar gegeben. Mit ihrem rechten Daumen wird Druck an den Insertionen der Außenrotatoren der Schulter in Richtung Gelenkpfanne appliziert (Abb. 3.11 a). Die

ventralen Kapselstrukturen erfahren hierdurch eine Spannungszunahme. Die implizite propriozeptive Wahrnehmung dieser Spannungszunahme führt zu der reflektorischen und somit unbewusst gesteuer­

ten Aktivierung der gelenkstabilisierenden Muskula­

tur (Abb. 3.11 b; Guanche 1995).

Wiederholung von Willkürbewegungen Bei dieser Methode stellt der Therapeut die best- mögliche biomechanische Situation her, während

gewährleisten.

Fascia thoracolumbalis (= Fascia nuchae, tiefes Blatt)

M. obliquus externus abdominis

M. gluteus maximus

M. latissimus dorsi M. obliquus externus abdominis M. serratus posterior inferior M. trapezius

M. serratus posterior superior Mm. rhomboidei

major u. minor

Crista iliaca

Fascia thoracolumbalis

Mm. inter- costales externi

Fascia thoraco- lumbalis

M. obliquus internus abdominis

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der Klient innerhalb der Schmerztoleranz wieder- holt Willkürbewegungen ausführt.

Bei N.A.P. unterstützt der Therapeut den Ler- nenden, indem er sein Handeln fördert. Das In- dividuum soll lernen, die situativen Inputs zu nutzen, um ökonomische und sichere Strate gien zu entwickeln. Der Therapeut kann hierfür seine Hände als spezifisches Werkzeug verwenden, um Körperstrukturen innerhalb der Willküraktivität so zu bewegen bzw. zu stabilisieren, wie es im gesunden neuromuskulären System erfolgt. Hier- für werden fundierte biomechanische und neuro- physiologische Kenntnisse benötigt. Vor allem der Zeitpunkt, wann die Hände angelegt werden, ist entscheidend.

Erst nachdem der Therapeut die Bereitschaft des Klienten, in Aktion zu treten, erkannt hat, werden, falls nötig, die Therapeutenhände spezifisch einge­

setzt (Horst 2007).

Fallbeispiel „Frozen Shoulder“ Eine Klientin, Mitte 60, leidet an einer sogen. „Frozen Shoulder“. Die Mobilität ihrer rechten Schulter ist schmerzhaft eingeschränkt. Sie kann z. B. nicht mehr ihren BH

hinten in gewohnter Weise öffnen und schließen. Für die Aktivität, den BH zu öffnen und zu schließen oder einen Geldbeutel aus der Gesäßtasche zu nehmen, muss die Innenrotationsbeweglichkeit des Hume­

roskapulargelenks ausreichend vorhanden sein. Das Akromion muss zudem nach ventral an der Klavikula vorbeigleiten können. Defizite der posturalen Kont­

rolle führen zu einer veränderten biomechanischen Situation.

Eine verstärkte Protraktion des Kopfes etwa führt zu einer Anhebung des Zungenbeins bedingt durch vermehrte Zugspannung der Mm. digastrici. Die Anhebung des Zungenbeins führt wiederum zu einer Abb. 3.9 Traktion der kostotransversalen Gelenke der

linken Rumpfseite während der Ausatmung.

Abb. 3.10 Ein Klient nach BWK­12­Kompressionfrak­

tur infolge eines Sturzes erfährt die schmerzfreie Druckbelastung mittels einer ca. 10 kg schweren Lang­

hantel während des Aufstehens und Hinsetzens.

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Anhebung der Klavikula, bedingt durch die binde­

gewebige Aufhängung des M. omohyoideus an der Klavikula (Abb. 3.12). Diese kausalen Zusammen­

hänge werden analysiert (Prinzip: Körperstruktur­/

Funktions­ und Aktivitätsanalyse).

Bei der Palpation bestätigt sich ein leichter Hoch­

stand der Klavikula im Seitenvergleich. Die Klientin wird angeleitet, dies selbst zu tasten, damit sie die Notwendigkeit versteht, die Klavikula zu mobilisieren (Prinzip: kognitives Angst­ und Schmerzmanage­

ment; Methode: Kommunikation der Notwendig­

keit, die Struktur beeinflussen zu müssen). Vor der Behandlung wird ihr aktiver Bewegungsversuch, den BH­Verschluss zu lösen, mit Video dokumentiert.

Ein Blick auf die Wanduhr hält die Zeit fest. Es ist 10:31 Uhr (Abb. 3.13 a).

Sie versucht wiederholt, nach ihrem Verschluss zu greifen, während die Therapeutin mit ihrer linken Hand den Angulus superior scapulae nach kaudal und dorsal stabilisiert. So kann sie verhindern, dass die Skapula zu früh nach ventral bewegt wird (Abb. 3.13 b). Mit ihrer rechten Hand kaudalisiert die Therapeutin die Klavikula und rotiert sie nach dorsal, damit das Akromion nach ventral vorbeigleiten kann. Hierbei verwendet sie ein Handtuch, damit der Druckreiz nicht zu unangenehm für die Klientin

ist. Während dieser wiederholten Aktivität presst die Klientin ihre Zunge in ihre linke Wange, um eine ak­

tive Stabilisation ihres Zungenbeins zu ermöglichen.

Diese Aktivität bietet einen Fixpunkt für den M. omo­

hyoideus. So kann die Klavikula unter Verlängerung dieses Muskels kaudalisiert werden (Abb. 3.13 c).

Um festzustellen, wie häufig die Übung wiederholt werden muss, muss die Aktivität zwischendurch wie­

der beurteilt werden. Um 10:35 Uhr, also nach 4 min, ist das Ziel erreicht (Abb. 3.13 d).

Von Kollegen und Ärzte wird häufig die Frage gestellt, wie lange diese Aktivitätsverbesserung bestehen bleibt. Klinische Erfahrungen haben gezeigt, dass Bewegungserweiterungen, die rein strukturell erfolgen („klassische“ Manuelle Tech- niken), in der Regel nicht von Dauer sind. Wenn Klienten hingegen Gelegenheit bekommen, eine sinnvolle Aktivität mit der neu gewonnenen Be- wegung auszuführen, sind die Behandlungserfol- ge erfahrungsgemäß von Dauer. Lernen erfordert emotionale Beteiligung, d. h., die Bewegung muss für das Individuum eine Bedeutung haben. So scheint es, dass sich das Gehirn durch die Erfah- rung einer erfolgreichen Aktivität (implizit) wie- der daran erinnern kann, wie es diese organisieren Abb. 3.11 a, b Schulterbehandlung bei einem Klien­

ten mit Hemisymptomatik.

a Der Klient mit einer Hemisymptomatik, begleitet von motorischem und sensorischem Neglekt links, soll einen Wasserkrug mit seiner rechten Hand auf das Regal stellen. Druckreize fördern die proaktive Stabili­

tät seines Stützarms.

b Die Gewebestrukturen werden nach außen rotiert, um die ventrale Kapsel zu spannen. Gleichzeitig wird der Humeruskopf in die Gelenkpfanne approximiert.

a

b

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muss (Kleim et al. 2007, Markham u. Greenough 2004).

Wiederholung von Bewegungen Für das motorische Lernen ist die Wiederholung von Bewegungen innerhalb unterschiedlicher Ak- tivitäten und in verschiedenen realistischen Le- benssituationen entscheidend. Nicht die Wieder- holung von Bewegung an sich fördert das Lernen, sondern die Wiederholung verschiedener Aktivi- täten, bei der diese Bewegung benötigt wird, führt zu langfristigen und auf neue Situationen über- tragbaren Lernerfolgen (Lee et al. 1991, Woldag et al. 2003).

Fallbeispiel W.M. Die Abstoßphase eines Klienten Anfang 70, W.M., mit der seit 20 Jahren diagnostizier­

ten Pathologie der multiplen Sklerose, soll verbessert werden. Voraussichtlich kann seine Sturzgefahr gemindert werden (Kerrigan et al. 2001, Winter 1991). Vermutet wird, dass eine Verbesserung der Schnellkraft der Plantarflexoren, insbesondere der Peronäusmuskulatur, zu einer größeren Schrittlänge und somit zum schnelleren Gehen führen wird. Den Timed­up­and­go­Test absolviert er vor der Behand­

lung in 15 s. Da der Normwert maximal 10 s beträgt, bestätigt dieser Wert die erhöhte Sturzgefahr. Er hat keine Tiefensensibilitätsdefizite, obwohl die Ober flächensensibilität stark beeinträchtigt ist. Aus diesem Grunde werden unterschiedliche Unterstüt­

zungsflächen für die Therapie gewählt. Nach der Behandlung schafft er den Test innerhalb von 8 s.

Aktivitätsanalyse. Zunächst erfolgt die Analyse des Treppabsteigens, weil ihm diese Aktivität Schwie­

rigkeiten bereitet. Deutlich ist die Instabilität seines Fußes. Er kann nicht pronatorisch plantarflexorisch stabilisieren und knickt in die Supination weg (Abb. 3.14 a).

Aktivierung der Plantarflexoren und Pronato- ren. Bei der Anamnese gibt der Klient an, dass er 2­mal in der Woche an medizinischen Trainingsgerä­

ten zur Kräftigung seiner Beinmuskulatur trainiert.

Die Therapeutin möchte gewährleisten, dass er die Stellung seines Fußes auf der Beinpresse bewusst kontrollieren kann. Sie erklärt ihm, dass der Mensch beim Gehen und Rennen seine Füße alternierend nach vorne setzt, im Gegensatz zu einem Känguru, das mit beiden Beinen gleichzeitig vorwärts hüpft.

Deswegen ist es wichtig, dass der Mensch zur Kräfti­

gung seiner Beinmuskulatur, um sicherer gehen zu können, seine Muskelketten entsprechend trainiert.

Das kontralaterale Bein wird in Flexion (Spielbein) ein­

gestellt. So wird das Ileum nach dorsal aufgerichtet, um die untere Rumpfstabilität zu gewährleisten. Erst durch den Druckaufbau am Grundgelenk der Groß­

zehe und das Ablösen der Ferse werden die Peronäen aktiv. Er lernt nun, sich langsam von der Presse, die die Therapeutin mit der Weichmatte simuliert, zurückdrücken zu lassen, und nimmt bewusst wahr, dass seine untere Rumpfmuskulatur anspannt, bevor er sein Bein wieder zu strecken beginnt (Abb. 3.14 b).

Abstoßaktivität im Kies. Da der Klient Störungen der Oberflächensensibilität hat, wird nun die prona­

torische Verschraubung des Vorfußes bei der Abstoß­

aktivität im Kies trainiert. Erst in der Aktivität ist der sensorische Input von Bedeutung für die Handlungs­

organisation (Matyas et al. 1986; Abb. 3.14 c).

Abb. 3.12 Der M. omohyoideus ist bindegewebig mit der Pars sternalis der Klavikula verbunden.

Os hyoideum M. omohyoideus Lamina pretrachealis der fascia cervicalis (binde- gewebige Anheftung des M. omohyoideus an der Klavicula)

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Abb. 3.13 a–d Untersuchung und Therapie einer Klientin mit Frozen Shoulder.

a Eine Klientin mit „Frozen Shoulder“ kann ihren Büstenhalter nicht schließen. Die Wanduhr zeigt 10:31 Uhr.

b Die Klientin versucht, mithilfe ihrer linken Hand zum BH zu greifen, während die Therapeutin den Angulus superior scapulae nach kaudal stabilisiert.

c Die Klientin presst ihre Zunge in die linke Wange, um ihr Zungenbein zu stabilisieren, während die Therapeutin die Klavikula nach kaudal mobilisiert. So kann der M. omohyoideus verlängert werden und das Akromion nach ventral an der Klavikula vorbeigleiten.

d Nach einer 4­minütigen Behandlung (beachte die Wanduhr!) ist die Klientin in der Lage, ihren BH selbst­

ständig und schmerzfrei aufzumachen.

a b

c d

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Biomechanische Situation beim Treppabgehen.

Beim Treppabgehen mobilisiert die Therapeutin den Talus in Innenrotation, damit die Eversion des unteren Sprunggelenks gewährleistet ist. Sie zieht den Unterschenkel nach ventral, um den M. tibialis anterior anzunähren und somit zu aktivieren. Dies führt zur Stabilität des oberen Sprunggelenks. Der M. soleus kann das obere Sprunggelenk hierbei exzentrisch kontrollieren. Die Mobilisation des Fibu­

laköpfchens nach ventral entlastet den N. peronaeus, der vermutlich durch die persistierende Supina­

tionsstellung des Fußes und die hierdurch bedingte dorsale Stellung des Fibulakopfes komprimiert wird.

Diese Kompression führt wiederum zur Abschwä­

chung der vom N. peronaeus innervierten Muskula­

tur (Abb. 3.14 d).

Abstoßaktivität gegen Widerstand. Nachdem die Stellung des Fußes vom Klienten bewusst kontrol­

liert werden kann, wird seiner Abstoßaktivität ein Widerstand entgegengesetzt, um die Explosivkraft der Plantarflexoren zu fördern. Wichtig hierbei ist, dass er sein Spielbein und den Rumpf nach ventral beschleunigt (Abb. 3.14 e). So werden die biome­

chanischen und die neuromuskulären Bedingungen dieser Gangphase situativ trainiert. Die Plantarfle­

xoren arbeiten in der willkürmotorischen Aktivität als primäre Beweger konzentrisch. Die Beschleuni­

gung des Rumpfes und der Tibia nach vorne führt gleichzeitig zu einer Verlängerung dieser Muskulatur (Winter 1991). Die Stellung des oberen Sprungge­

lenks beizubehalten, damit die Tibia nicht zu weit nach ventral kollabiert, erfordert nun exzentrische Aktivität der Plantarflexoren (Götz­Neumann 2003).

Die Tatsache, dass äußere beschleunigende Fakto­

ren die Plantarflexoren in Verlängerung bringen und sie gleichzeitig konzentrische Kraft entfalten müssen, stellt eine große Herausforderung an die Muskulatur.

Kontrolle der Fußstellung. Im Anschluss an diese Übungen versucht der Klient, beim Treppabsteigen die Stellung seines Fußes selbstständig zu kontrol­

lieren. Dies gelingt ihm nur mithilfe beider Arme (Abb. 3.14 f). So wird deutlich, dass er nach wie vor sturzgefährdet ist, wenn er dieses Potenzial nicht nutzen kann. Variable Umweltkontexte bleiben für ihn ein Problem und schränken ihn auf seiner Parti­

zipationsebene ein. Aus diesem Grund ist eine regel­

mäßige Therapie im Sinne der Sekundärprophylaxe erforderlich. Man muss ansonsten damit rechnen, dass aufgrund der Muskelschwäche Kontrakturen entstehen und dass er verletzungsgefährdet ist, wenn er die Situation nicht bewusst kontrolliert. Es wird ihm empfohlen, in unbekannten Situationen eine Fußorthese zu tragen. Zu Hause an seiner

bekannten Treppe und wenn er die Möglichkeit hat, sich zu konzentrieren, kann er ohne Orthese gehen.

Nutzen der positiven Ressourcen Dieses Prinzip beruht auf folgenden Erkenntnis- sen, die bereits in Kap. 2 ausführlich dargestellt wurden:

1.Strukturen werden durch funktionelle Aktivitä- ten geformt.

2.Assoziation und Summation fördern die kortika- le Repräsentation und das motorische Lernen.

3.Plastizität der Strukturen resultiert aus Anpas- sungsvorgängen auf gezielte Reize.

Bei der Wahl geeigneter Methoden, die dieses Prinzip umsetzen, gilt:

Aktivität so einfach wie nötig wählen damit Strukturen adäquat belastet werden können.

Sinnvolle Aktivitäten wählen.

Applikation von Längszug auf der Struktur, die verlängert werden muss, bei gleichzeitiger di- stal gesteuerter Willkürmotorik (Aktionsmas- sage).

Aktivität so einfach wie nötig

Im oben geschilderten Fall des Klienten mit Multi- ple Sklerose, W.M., verfügt der Klient über ausrei- chende Potenziale, in sog. „hohen“ Positionen zu üben. Folgendes Fallbeispiel zeigt, was zu tun ist wenn dies nicht möglich ist.

Fallbeispiel H.B. Der Klient, H.B., Anfang 70, hat nach einem Schlaganfall mit Hemiparese links erhebliche Störungen des Gleichgewichts. In seinem Fall sind höhere Positionen für die Aktivierung der Plantarflexoren ungünstig bzw. nicht möglich. Im Stand muss er auf Strategien zurückgreifen, die es ihm ermöglichen, seine Balance zu halten. Diese las­

sen eine Aktivierung seiner Plantarflexoren nicht zu.

Die Therapeutenhände sind in dieser Situation nicht frei, um die biomechanische Situation seines Fußes einzustellen. Sie haben damit zu tun, ihn festzuhal­

ten, damit er nicht stürzt (Abb. 3.15 a).

Es muss eine andere Aktivität gewählt werden, die für ihn einfach genug ist, sodass die biomechanisch korrekte Fußstellung eingenommen werden kann.

Auch für die Therapeutin muss die Aktivität einfach genug sein, damit sie die Gelenke am Fuß entspre­

chend einstellen kann. Da der Klient sturzgefährdet ist, ist das Üben, vom Boden aufzustehen, eine sinnvolle Aktivität. Er darf seine Schuhe auf der Matte anbehalten, da ihm dies zusätzliche Stabilität bietet (Abb. 3.15 b).

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a b

c d

(10)

Abb. 3.14 a–f Therapie eines sturzgefährdeten Klienten.

a Aktivitätsanalyse vor der Behandlung. Ein Klient mit der Diagnose: MS kann seinen Fuß in Plantarfle­

xion und Pronation beim Treppeabwärtsgehen nicht stabilisieren.

b Da der Klient an medizinischen Trainingsgeräten trainiert, instruiert ihn die Therapeutin, wie er am besten seine Plantarflexoren und Pronatoren aktivieren kann, indem sie eine Beinpresse simuliert.

c Auf dem Kies erhält der Klient sensorisches Feed­

back während der Abstoßaktivität. Die Therapeutin stellt die erforderlichen Gelenkstellungen ein.

d Während des Treppengehens stellt die Therapeutin die erforderliche biomechanische Situation her.

e Der Klient soll versuchen, sein linkes Bein schnell nach vorne auf die 3. Treppenstufe zu beschleuni­

gen. Dabei hält ihn die Therapeutin zurück, damit er gezwungen ist, mehr phasische Motoneuronen zu rekrutieren.

f Im Anschluss versucht der Klient, die korrekte Fußstellung bewusst wahrzunehmen, während er die Treppenstufe heruntersteigt.

e

f

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