WIDENER LIBRARY
JL 2
—
i«'
Die Perioden
des
menschlichen Organismus
inihrer
psychologischen und
biologischenBedeutung
von
D
1-Hermann §woboda.
LEIPZIG
UND WIEN F RANZ DE U T ICKE
1904.
S 7^0^. 3. 2o
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Verlags-Nr.984.
Druck von BrunoDaitelt,Wien.XVIII.,Thercsicngassci.
Vorwort.
Manche werdenderMeinungsein,ichhätte dieseSchrift noch einige Zeitbeimir behalten können,
um
sie in einem nächsthöherenEntwicklungsstadium ans Licht zusetzen.Undes istwahr, es repräsentiertsichnamentlich der ersteTeilwie eine Ausstellungam
Eröffnungstag.Ichführemeine Leser meist nicht inden Salon,wo
das Fertige zusehenist,sonderninsAtelier, wo gearbeitet undgeändert wird,wo
vieles angefangen und unvollendet herumliegt. Außerdemliebeiches,Gedankengänge, die zu etwas führen,festzuhalten. Für mich hatderleimehr SpannendesalseinRoman
undichdenkemir,es wirdandere geben,denen es ebenso ergeht.Vorausschicken
muß
ich ferner, daß sichmeine Schrift nicht an diejenigen wendet, deren wissenschaftliche Tätigkeit darin besteht,dievonanderengefundenen Ergebnissezu registrieren undzukritisieren,sondernanallediejenigen,welche begierig zu- sammenströmen, wenn derSchleier derNatur irgendwo einen Rißbekommt, undsichmit freudigem Eiferan der Erweiterung diesesRissesbeteiligen,diealsonichtglauben,dem Autoreinen Gefallenzu erweisen,wennsieseineMeinunganerkennen, son- dern diesichselberzuGefallen andieProblemeherantreten.Diesewerdenesmirkeineswegsverübeln,wennichgelegentlich nicht alleKonsequenzen gezogen habe, die in meinen Auf- stellungeneingesehlos8enlagen, wennichüberhauptnichtden Ehrgeizgezeigt habe,allesselbermachenzuwollen.
Diesen Ehrgeizhabeichwirklichnicht. DieResultate der Wissenschafthabeneinenganzunpersönlichen Charakter.
Was
dem einen heute nichtgelingt, gelingtdem andern morgen.Wenn
unseinBöcklin verbrennt,wenn uns dieMeistersinger- partiturverloren geht,können wirvon einem unersetzlichenIV Vorwort.
Verluste sprechen. Inder Wissenschaftistder einzelne nurIn- fanterist.Soweiter
Indviduelles
leistet,steht erzurWissen- schaftinkeinemVerhältnisse. Inder Wissenschaftgibtskeine splendidisolation. Darauserklärt,essichja auch,daß natur- wissenschaftlicheEntdeckungen so häufig zugleicher Zeit ge- machtwerden.DieEntdeckungder Periodizitäten desmenschlichen Organis- musisteinneuerlichesBeispiel.
Wenn
ichnichtdurch äußere Umstände abgehaltenworden wäre, denDingengleichwieich aufdieersteSpur kam,nachzugehen, so hätteichschonvor einigen Jahren zu den Ergebnissen dervorliegendenArbeit gelangen müssen,vielleichtganzgleichzeitigmitW.
Fließ.Wenn
ichaberauch denEhrgeizbesessenhätte, alleszu finden,was voneinigenGrundtatsachenauszufindenmöglich ist,soistesnochimmerfraglich,obichdamitim Verlaufvon Jahren soweitgekommenwäre, wieanderevielleicht schonin den nächsten Monaten. Bei solchen Gegenständen hängt ja außerordentlichvielvondemBeobachtungsmaterialab, welches einem derZufall in dieHändespielt.Was
der einebehutsam deduziert,kannder andrevoneinemFalleherablesen;undfürs„Weiterbauen“ istdasvonunschätzbaremVorteile.Manspricht nichtumsonst
vom „Boden
der Empirie“.Vielewerdenschon Materialbereithaben, welchessienur anders zu ordnen brauchen,
um
neue Einblicke zu gewinnen.Kurz,es kann nurimInteresse derWissenschaft sein,wenn ichnichtallzulangealleinweiterarbeite,sondernmich nach Mit- arbeiternumsehe. IchwäresonsteinemMannezu vergleichen, der auf seinemGrunde undBodenMetallfindetundganzallein schürfenwill.
Undnoch eins! Esistoffenbar nichtausgeschlossen,daß ichmichin diesem oderjenem Punkteim Irrtumbefinde.
Da
istesnunwiederbesser,ichverschaffe mir durch rechtzeitige PublikationdieMöglichkeiteinerKorrektur,alsicharbeiteauf diesem Irrtumeweiter. DiePfadederWissenschaft sind ohne- diesmit totenBüchernhartgenugbesät.Die
Wegräumung
des Unbrauchbaren kostet mehr Arbeit als die Herstellung des Brauchbaren. Dieser Uebelstandistnichtsonaturnotwendigals manchevielleichtglauben. DerForschermuß
nurvonechtemVorwort.
V
Korpsgeiste beseeltsein,dannwird er mit der kostbaren Zeit seiner Kollegen sorgsamerumgehenund,ehe er den
Weg
derWissen- schaftmit einemBandeverrammelt,einBändcheninErprobung geben. AufdieseErprobunghat er allerdingsauch Anspruch.DerWertneuerGedanken, neuerBegriffe erhellterstaus der Praxis.
Man muß
siezurHand nehmenwieInstrumenteund sehen,wie weitmandamitkommt
undob weiteralsmit anderen.Eshat keine Berechtigung, vonihnen „wegsein“ zu wollen;
siegehörennichtaufdieKommode, sondernindieWerkstatt.
Hiemitglaubeich zum Lobemeiner Selbstbeschränkung genuggesagt zu haben, wenigstenswasden erstenTeilbetrifft.
Ichhabevieleszurückbehalten,wasschon beimirfertigliegt;
ichwolltenurdieim erstenTeile mitgeteiltenTatsachen nicht miteinem allzugroßenUeberbaubelasten,ichwolltedenGrund- rißnichtganz überdecken.
DerzweiteTeilbringtunteranderemeinpaar ausgiebige AenderungenaufdemGebiete derPsychologie. DasBedürfnis nach einerPsychologie,diesichmehralsebenmerklichvonder gegenwärtig herrschenden unterscheidet, dürftenselbstdiejenigen haben,welche unsdieexperimentelle Psychologiealsalleinselig- machendanpreisen.Die absolute Unfruchtbarkeit dieser Methode, welche mitdemElementarsten beginnt,
um
zum Komplexenüber- hauptniezukommen, istnicht mehrwegzuleugnen.Mag
die Idee,dasExperimentfürdiePsychologie fruchtbarzumachen, noch soglänzend sein, so glänzend istsie doch nicht, daß dreißigJahrezum AufgehenderSaatnotwendigwären. Diese Ideebargüberhaupt keinenKeiminsich. Siewarnur der ad- äquateAusdruckeinesZeitalters,in welchem alteZiegelsteine über Religionsfragenentscheidenund—
MaschinenüberFragen der Psychologie, überdieSeeledeshöchsten irdischen Geschöpfes.Die experimentelle Psychologie bringtnur heraus, was jedermannweiß oderwas niemandeninteressiert.Siehat es zu- stande gebracht, daß eineDisziplin,welchedemgebildeten Laien- publikumwie keineandre liegt,vondiesem gänzlich ignoriert wirdunddaßsichihrvon denMännernderWissenschaft gerade dieberufsmäßigen Entseeler der Natur, Mathematiker, Physiker, Mediziner,zuwenden; aberauch manchehrsamemMechaniker warvergönnt,anihrerFörderungmitzuwirken.
VI Vorwort.
Dabeiistdiese Psychologie durch allerlei Umstände zu einer förmlichen Staatspsychologie geworden und genießtals madeinGermany auchimAuslandbedeutendesAnsehen
—
be- sonders natürlich im Industrieland Nordamerika. Ausdiesem Grundeistesmit derwissenschaftlichen Bekämpfung dieser Psychologiedurchaus nicht abgetan. Manmuß
sieausstorben lassen.Aber
vom
erstenTeileerhoffeichmir docheinigenErfolg beiden„Experimentellen“.DasisteinFeld,wo
sich ihreigen- tümlichesTalent und ihrFleiß—
alleswaswahrist1—
be- tätigenkann.Da
isteinAcker, der nicht so baldbrachwerden wird, aus dem sich nochwasherauskriegen läßt. Undüber Langweilewird sich aufdiesemGebieteniemand zubeklagen haben.LaßtalsodenStaubsichniedersenkenauf Farbenkreisel, Kymographien,TachistoskopeundwiedieMarterwerkzeugealle heißen,mitdenendieNaturpeinlichbefragtwird1 MitHebeln undSchrauben läßtsiesichnichtsabringen.
Man
hat es einemgroßenAnatomensehr verübelt, daßer seinerzeitvom Mikroskop nichts wissenwollte. Ichhabe denMann
lange nicht verstanden. Erwarwohl der Meinung, daß dieAnsicht des Kleinsten nichtmehrsagenkönnealsder Blick aufsgroße Ganze.Vom
gegenteiligenWahne
sindvieleNatur- forscherbefallen. SieengenihrGesichtsfeldein, soweit es nur mitHilfeder Instrumentemöglichist. Sieschauen
soaller- dings manches,wasmanfrüher nichtgeschaut hat, abersie erschauennichts.Das Erschauenhatmit der Verfeinerung der Instrumente nichtszutun. DerStand unsrer Erkenntniskannunmöglich
vonder FindigkeitunsererPhysikerundMechaniker abhängen.DieMöglichkeit, mehrzu
schauen,
hatbei vielendie Wichtigkeit desErschauens
verdunkelt.Die Instrumente sind aufKostenderMenschenbesser
geworden. Und was das Schlimmsteist, eshatsicheine ganz eigene ArtvonEvidenz herausgebildet, dienunjeder aufseinem Gebiete zu erreichen strebt, ohne zu erkennen, daß es keine alleinseligmachende Methodegibt.DasistdieEvidenz
desElementaren.
Teile, Bestandteileschauen, istfürVieledasUm
undAufder Er-Vorwort. VII keniitnisdos
Ganzen.
DerTag,wo
mandieersteZellege- schaut,der Tag, wo maninder ZelledenKernundimKerne Körnchen undin denKörnchenStruktur geschauthat—
das sind fürdieseForscherdieTagedes Fortschrittes derWissen- schaft. DerGeist hat beidieserMethodenichtsmehrzu tun.Hinter
derNetzhautherrschtKühe.DasBedauerlicheist,daß diese Methode,dieschoninden Naturwissenschaftennurdieärmlichsten Resultateerzielenkann, auch aufdieGeisteswissenschaften übergegriffenhat;diePsycho- logieleidetdarunter
am
meisten.DiejenigeMethodeisteinem bestimmten Wissensgebieteent- sprechend,welche zu
evidenten Sätzen
führt.DieseEvidenz istjeweilseineandere,schon deswegen, weil andreZweigeder Forschung immer vonanders Gearteten kultiviertwerden—
vonden Leuten,diewerdenkönnen,wassiewollen,istnatürlich nichtdieRede.
Wenn
dem Chemiker oder Physiker die Resultate der Psychologienichteinleuchtendsind,sohat dasden Psychologen nicht zubekümmern.Wer
zu etwas keinen Berufhat, kann dafürauch kein Verständnis haben.Und nundarfichwohl schon das Schlagwort aussprechen, welchessichdiePsychologie zueigenmachensollte:
Emanzi-
pationvon den Methoden
derNaturwissenschaft.
Methode, das ist dieArt, wie auch diejenigen etwas finden können, diesonst nichtszufinden imstande wären.
Was
sie damitfinden,istallerdingsdanach.Psychologiekannmannur mit Psychetreiben.Unter dieses Erforderniskannmannichthinuntergehen.
Ichdankeim
Namen
der Wissenschaftallendenen,welche ihreLeidenin denDienst derselbengestelltundmir Bekennt- nisseundFällegelieferthaben.Insbesonderegedenkeichferner an dieserStellemeines Freundes, des ZahnarztesEduardWolf
inWien,*) welcheralsbaldnach derBekanntschaft mit dem Gegenstände meiner LTntersuchungensichan diesen lebhaft be- teiligt,mirvielewertvolleBeobachtungengeliefertundimganzen Periodenweseneine sehr ersprießlicheFindigkeit an denTag
*)Ihm verdankeichdieindemKapitelüber Träume mitE.
W
gezeichnetenFälle.
VIII Vorwort.
gelegthat.MöchtemirdiePublikationmeinerSchriftnur noch einhalbes Dutzend solcherMitarbeiterverschaffen! Ichhege indesdiebestenHoffnungen.
Kaum
dürftesicheinSpezialgebiet derWissenschaft so zum Amateurbetriebeignen wie dieses.BeobachtungsmaterialinHülleundFülle,dabeiimmer Abwechs- lung! MitzunehmenderHebung wachsendieFälle an wiedie Planetoiden, bis schließlichjeder Nächste ein„Fall“wird,an welchemesheutedies, morgenjeneszubeobachtengibt. Der Aspekt derganzen Menschheit,kann
man
sagen,ändert sich, undvom Katzenjammer Salomosangefangen biszudemflüch- tigenWetterleuchtenaufdemAntlitzeunsererBekanntenfindetman
mit einer ratiosuffieiensseinAuslangen.UnddasSpan- nende derBeobachtungen!Man muß
nur einmaldiefreudige, überdieLeiden desMitmenschen oft ganz hinwegtäuschende Aufregung mitgemacht haben, wenn eine imvorhinein aus- gerechneteVerstimmuug eintrifTt, pünklich wie eine Sonnen- finsternis!Wenn
jemand, deram
AbendnochguterDinge war,am
nächstenMorgen mit der vorausgeschilderten ärgerlichen Mieneeinsilbigdaherkommt!AbernichtnurdieFreude an solchen praktischen Erfolgen machtdie PeriodenlehrederAstronomievergleichbar,sondern auch jeneExaktheit,derentwegen dieAstronomieein solchos Ansehengenießt. Wundergenug, daßdieMenschenlängstdie genaueste Kenntnis vomKreisen derfernenGestirne hatten, ehe ihnen eineAhnung vondenBewegungenim eigenen sonahen Innernaufdämmerte.*)
Möge dieneue Wissenschaftauch darinderAstronomie gleichen,daßsieso eifrigwie diesevon Dilettanten gefördert wird. Zu dieser Art von Psychologie kann man wirklich
„beitragen“
—
manche werden mir auch bestreiten, daßdie Periodenlehre mit Psychologie etwas zu tun habe, das sei Biologie,—
wogegendieanalytischePsychologie nichtvon Kon-*)Sosagtauch
Havelock
Ellis((ieschlechtstriebund Scham- gefühl. ITebersetztvonJulia E.Kötscher.Leipzig 1900. Seite100.)„MännerhabenunendlichenScharfsinnbeiderErforschungder viel fernerliegendenPeriodendesSonnensystemsundderPeriodizität der Kometenentwickelt,habenesaberverschmäht,sichmit der viel ein- fachem(?)Aufgabe desNachweisesoderNichtnachweisesderregel- mäßigenWechselinihrem eignenOrganismuszu beschäftigen.“
Vorwort. IX sortiertgeschaffenwerdenkann,sondern nur von bedeutenden Einzelnen, von großen prosaischen Lyrikern. Laboratoriums- psychologiekanndieanalytische niewerden;dagegenvertragen diein diesemBucheaufgerollten ProblemezumTeilganz gut eineInstitutsbehandlung,undindiesemPunktenähereichmich wiederden experimentellen Psychologen.
Vielleichtwerde ichgleichdiesen danneinmal den Vor- wurfzuhören bekommen,ichhättediePsycheineinerihrer unwürdigen Weiseerforscht.Meinetwegen. Die Wissenschaftist überhaupt keine erbaulicheSache. Es liegt ihr immer eine Neugier zugrunde,diesomächtigist,daßsieteure Illusionen opfert. DerForscher steigt
vom
Parterre hinterdieKulissen, wodieKinderempflndungeneinjähesEndenehmen. Injedem Forscher steckt etwasvonder frevlerischenNeugierdes Vivi- sekteurs.DieAnatomiezerstörtdieHarmoniedesmenschlichen Körpers,das GravitationsgesetzdieHarmonieder Sphären.Aber hinter deräußerlichenvertrautenHarmonie der Erscheinungen liegt eineinnere, auch nurdem inneren Auge erschaubare, welche nicht süße Bekanntheitsgefühle erweckt, sondern staunende Ehrfurcht.DieWahrheitvertragen nurdiejenigen,welchedazu ge- borensind,siezufinden.
Wien,
im Herbst1903.*
Inhaltsübersicht.
ERSTER
TEIL.Neue Tatsachen.
Erstes Kapitel.Die ersten
Beobachtnngen
Das46ständige Erinnerungsintervall.—
Die freisteigende Vor-stellung.
—
PräcessionderspontanenErinnerungen.—
Die n.23 ständigenund das 23tägigeIntervall.Zweites Kajntel.Die
Forschungen
vonWilli.Flieh . . Die23tägigeunddie28tägigeMenstruationsroihe.—
ErweiterteBedeutungderzweiPeriodentypen,
Drittes Kapitel.
Fortgang
der eigenen Unter- suchungenDie sexuellenNeurosentretenindenselbenIntervallenaufwie spontane Erinnerungen.
—
Durchlaufendeundvorüber-gehende
„Perioden“ desOrganismus.—
Diskussionder Fliellschen Sätze,—
Auchdie 28tilgigePeriode hatpsycho- logischeGeltung.—
Periodizitätnichtauf einzelnePhä- nomenebeschränkt.ViertesKapitel.
Wesen
der PeriodizitätDie allgemeine Wellenbewegung im Organismus.
—
Die natürlich belastetenTage.—
Deren Berechnung.—
Die ausdem psychophysischenParallismusfolgendeErklärung derspontanen Erinnerung.Fünftes Kapitel.
Neue Beobachtungen
Das18stündigeIntervall.
—
Bestätigungdesselbendurch hypnotische Versuche.Sechstes Kapitel.
Zusammenwirken
verschiedener PeriodenGegenseitigeVerstärkung undAbschwächungderWellen.
—
Periodenzirkel.
Siebentes Kapitel.Die
Herkunft
derPerioden . . . .Erkenntniskritischesüberden VersucheinerkosmischenEr- klärung.
Achtes Kapitel.
Zusammenfassung
Seite
1—
78-11
12-22
23-28
29-33
34-39
40—42
43—44
XII Inhaltsübersicht.
ZWEITER
TEIL.Die Konsequenzen der Periodenlebre.
Einleitung
ERSTER ABSCHNITT.
Konsequenzenfür die wissenschaftliche Psychologie.
Erstes Kapitel.Die freisteigenden Vorstellungen. .
Das spontaneSeelenlebenund dasRelationsleben.
Zweites Kapitel.Die
Träume
WiesichdieVorstellungskombinationenderTräumeerklären.
—
Konstatierung der28tägigenund23tägigen Periodein Träumen.—
BedeutungundUnbedeutungderTräume.—
ErklärungtelepathischerundprophetischerTräume.
—
Fälle.Drittes Kapitel.DieAssoziationspsychologie. . . .
Die AssoziationalsErklärungsbehelfhinfürder häufigent- behrlich.
Viertes KapitelDas Eigenleben der Seelebei
Tag
. .Notwendigkeit,Unbewußtesanzunehmen.
—
DiezweiArten des Unbewußten.—
DieWirkung des Unbewußten.—
Periodischeund aperiodischeMenschen.
—
DieNervosität des Periodikers.—
DieSpontaneität des Periodikers.—
Der Periodikerproduktiv.—
Spontaneität undRezeptivität.—
Ueber EingewöhnenundAbgewöhnen.
—
WesendesBe- dürfnisses.Fünftes Kapitel.
DieStimmungen
Stimmung und spontanesSeelenleben.
—
FundamentalerUnter- schiedzwischenStimmungundGefühl.—
Rückbildungbe- wußterPhänomenezuStimmungen.—
Charakterologisehe BedeutungdesspontanenSeelenlebens.SechstesKapitel.
DasGedächtnis
MnemotechnikaufGrundder Perioden.ZWEITER
ABSCHNITT.Konsequenzenfür die Biologie.
Einleitung
Erstes Kapitel.Kehrseite der Geschlechtsfreuden . .
Die PeriodenermöglichendieAuffindungder mannigfaltigsten Folgendes Sexualaktes.
—
GemeinsamesdieserFolgen.Zweites Kapitel.Das Gesetz vonderErhaltung des Lebens Lebenseinbußeund Lebens Verminderung.
—
Aequivalonzzwi- schenLeben undTod.—
Lebenslust-und-unlust.—
Lebens- armundLebensreich.—
Gesundund krank.—
Normales undpathologischesAequivalent—
Der vorübergehende Be- wußtseinsverlust—
DiepathologischeWirkungfrustraner Erregung.—
PsychologischeFormulierungdesAequivalenz- gesetzes.—
Die TeilsymptomederNeurastheniesexualissindSeite 45 48—
48 49—
65
66—68
69—82
83—87
88-90
91 92—95
96—109
Inhaltsübersicht.
insgesamt Lebensverminderungen.
—
Hypochondrie und Melancholie.—
Erklärungder lokalisiertenundderwandern- denNeurasthenie.Drittes Kapitel.VorwissenschaftlichoFormulierungen desGesetzes von derErhaltung des Lebens . .
ViertesKapitel.Neurasthenie und Hysterie Kritikdes Begriffes der Neurasthenie.
—
Konstitutionelleundi akuteLebensarmut.
—
Die letiformenSymptomeder Hysterie.—
Gemeinsames vonHysterieundNeurasthenie;ihrUnter- schied.—
DieGesetzeder LibidovonBedeutungfürdie Neurosen.Schwierigkeit, diese Gesetze aufzufinden.—
Teleo- logischeErklärungder fünftägigen Differenzzwischenmänn-k Hoherundweiblicher Sexualperiode.
FünftesKapitel.Das
Wesen
dernatürlichen Periode.Allgemeine
Bemerkungen
überdieorganische MaterieMenstruationundsexuelleNeurasthenie.
—
Faktische Identität derangeborenen unddererworbenenPerioden.—
Verhältnis von Menstruation undOvulation.—
DieZweckmäßigkeitder Periodizität.—
DasorganischeBeharrungsgesetz.—
Die Neurasthenie eine Anorganisierung.—
Die psychischen Symptomeder„Beharrungsneurose“.—
Die Lebensperspektive.^
—
DerBegriffdes absoluten Gefühls.—Der Grund akuter undchronischerErkrankung.—
DietraumatischenNeurosen.—
Neurasthenie und Gravitation.—
Neurasthenie und Religiosität.—
DiezweiDimensionendesLebens.—
Das Bildvonder fortschreitenden Flüssigkeitswelle.—
DasFort- schreiten despsychischenLebensein Schein.k
XIII Seite
110—111 112-122
123-135
I
ERSTER TEIL.
Neue Tatsachen.
ERSTES KAPITEL.
Die ersten Beobachtungen.
Beieinererstmaligen Mitteilungistesimmer vonVorteil, bisinseinzelneanzugeben,wie
man
zuseinenErgebnissenge- langtist.Man
erleichtertanderendamitsowohldieZustimmung alsauch besondersdie Kritik,dasichim Falle einer fehlerhaften oder voreiligenFolgerungdieQuellenderselbenbesser aufzeigen lassen. Ich habe aber nocheinenGrundmehr, mich füreine genetischeDarstellungmeinesGedankengebäudeszu entscheiden:Esdeckensich nämlich meine ErgebnissezumTeil mit denen einesanderen Forschersunddiegenaue DarlegungderArtund Weise, wieichzudenmeinigengekommenbin,liefertnichtnur den BeweisfürihreSelbständigkeit,sondern verleihtauch den Beobachtungen desanderen eine erhöhte Vertrauenswürdigkeit.
Endlich dürftedasPeriodenproblem in derWissenschaft
vom
Menscheneinmal eine große Rolle spielen undeswird dann interessant sein, von welch unscheinbaren Beobachtungen die Erörterungen hierüber ihrenAnfang genommenhaben.Solchen Erwägungenentsprichtdiefolgende Darstellung.EsistschonandieachtJahreher, daß ichdesöfteren eineBeobachtungmachte:NacheinemKonzert oder einerOper gabichmir vergeblichMühe,mich einerStellezu erinnern,die mir während derAufführung besonders gefallen hatte. Eines Tages aber, währendeinesSpazierganges, während derFahrt auf derStraßenbahn,bei der Arbeit oder mittenineinem Ge- spräch war dieStelle vonselberda. Das wardieersteBe- obachtung: Die Arie
kommt von
selbst. Und damitpflegte ichmich fortan zutrösten,sooftmirdiewillkürliche Reproduktion nichtgelingenwollte.VieleDutzendmale mochteichwohlsolche spontane Erinnerungen an musikalische Eindrückeerlebthaben, ehesicheinezweiteBeobachtungeinstellte: Diespontanen Er- innerungen fanden mit Vorliebeam zweiten
Tage nach der Perzeptionstatt.An
diesemTagekonnteichihrersichersein.Swoboda,Die Perioden desmenschlichen Organismus. 1
2 NeueTatsachen.
Den Erinnerungen an anderen Tagenwendete ich anfänglich gar keinAugenmerk zu. Und wieder verstrich geraumeZeit, bis ichdiedritteBeobachtungmachte, daßdieErinnerung
am
zweitenTageum
zwei Stunden früher erfolgt. Die von mir häufigbesuchten philharmonischen Konzerte beginnenum
einUhr.Den zweitenTagdarnach, zirka elfUhr, konnteichbestimmt darauf rechnen,mich beieinerErinnerung daran zu ertappen, alsonach46Stunden.Handelte es sich
um
Stellen,derenRe- produktionzu jeder ZeitinmeinerMachtlag,soerinnerteich mich nach 46 Stunden dochviel deutlicher, die Erinnerung warinstrumentiert,Klangfarbe,Stimmtimbre,alleswarda.An
Assoziationenzu denken,warnach der Sachlage meist ganz ausgeschlossen,ichhattevielmehr den Eindruck, daßsich dieErinnerung durchdas,wasmich gerade beschäftigte, hindurch ihrenWeg
zumBewußtsein bahnte.Ichglaubteaußerdemnoch eineBeobachtungmachenzukönnen, über derenBedeutungich vorderhand nichtsausmachenwill,daß nämlich besonders solche musikalische Eindrücke zur spontanen Reproduktion berufen sind, welchenichtapperzipiert,sondern nurperzipiertwerden, wiewennman
zumBeispiel inGedankenversunken an einem Hausvorbeigeht,wo
eineDrehorgelgespieltwird,oderjene Ein- drücke,welchewährendeinesKonzertes geradeindieErmüdungs- pausenfallen.MeineBeobachtungen mehrten sich baldderart,daßich keinen Zweifel mehrhegte, eshandlesichhier
um
einFrei- steigenvon Vorstellungen.
Damit gewann dieSache ein außerordentliches psycho- logischesInteresse,denneswar von Hausaus wahrscheinlich, erstens, daß dieses Freisteigen nicht auf musikalischeVor- stellungenbeschränkt seinwerdeunddaß zweitens mit diesem 46-Stunden-Intervali nur derAnfanggemacht sei zu weiteren Beobachtungen überdie hiebeiin Betracht kommendenZeit- verhältnisse.Ich begann nunsystematisch zubeobachten,
um
michder Allgemeingiltigkeit des 46-Stunden-Intervalles zuver- gewissern.EinesAbendsgingichmiteinem Kollegen spazieren, als er plötzlich ein Thema aus derOuvertüre zu „Zampa“ zu pfeifenbegann. Es wargerade sechs Uhr, Aha, dachteichmir, du warst vorgestern imKonzert
—
er hattemirnämlich den Besuchdesselben aus einemGrundeverheimlichen wollen!—
und
man
hatum
acht Uhrmit dieser Ouvertürebegonnen.Esstimmte.Sowurdediesespontane Erinnerung zur Verräterin.
Eine Reihe vonPersonen, an welcheich michmit dem Ersuchenwendete, Beobachtungen in meinemStil zumachen, liefertenmir sofort Bestätigungen.Eswar, wiesichspäterheraus- stellte,beidiesen erstenEnquetenallerdingsetwas Glückdaboi.
DioerstenBeobachtungen. 3 GeübteBeobachterfandenfür ihrePerson ebenfalls das 46-Stunden-Intervall,wenigergeübte bezeugtenmir zumindest, |
daßihnen „immeralles
am
zweitenTage einffillt“, d.h.am
zweitenTage nach derPerzeption.Ein Kollegebezeugte mir, nach 46StundenvisuelleErinnerungen zuhaben. Esistdie»j
dieeinzigederartigeBeobachtung,welcheichergatternkonnte, umsowertvoller,als dieserKollegegleich mir eherzum type auditifgehört.Die Verhältnisse liegenfürdas Freisteigen einer Vorstellungoffenbar verschiedengünstig,je nachdemjemand zueinem derdreitype»,visuel,auditifodermoteurgehört.
IchhattealsodenBeweisfürmeineVermutung,daß das Freisteigennichtauf musikalischeErinnerungenbeschränktsei.
Bald machte ich folgende Beobachtung: Ich erwischte mich dabei,wieichinGedankenBillardstößemachte;zurückrechnend fand ich, daßichvor zirka46 Stunden die letztePartiege- spielthatte.In diesemFalle
—
nahm ichan—
handle es sichum
einekombinierteErinnerung des Gesichts-undMuskel- sinnes.An
Deutlichkeitstanden jedoch—
sowohlwas meine eigenePersonbetrifft,alsauch diemeiner Datenlieferanten—
alleErinnerungen hinterden musikalischen weit zurück.
Letzterehaben häufig den CharaktervonZwangsvorstellungen.
Plötzlich sind sie da, ein paar Takte, diesichunermüdlich wiederholenundnichtloszukriegensind,meistensnurfürkürzere Zeit,etwa fünf, zehn Minuten,
um
dann aufeinmal wieder spurloszuverschwinden, häufig so spurlos, daß auch wiederdie frühereVerlegenheitbesteht, siewillkürlichinsBewußtsein zu befördern.Ich merkte nunbald, daßsieliiemitnicht endgiltigver- loren waren,sondernnach Verlauf einiger Zeit wiedervonselbst auftauchten.
IchbeganndaraufhingenauereAufzeichnungen zuführen und entnahm denselben folgende Beobachtung: Erinnerteich mich eines Liedesnach 4 Tagen, so trat dieErinnerung
um
4 Stunden früher alsam
Tage der Perzeption ein, nach 6Tagenum
6Stundenfrüher,nach 10Tagenum
10Stunden früherusw. Also,aneinAbendkonzerterinnnerteichmichnach einerWocheum
Mittagherum, nach14Tagenmorgens beim Aufstehen.DieBeobachtungen konnten natürlich nicht aufStunden genausein.Fürs erstefälltschon der Zeitpunkt des Auftauchens derErinnerung mitdem Bemerkenderselben meistnichtzusammen;
geradeindenfür dieSpontaneität der Reproduktionbewegendsten FällengehteinemdieMelodieschoneinigeZeitimKopfherum, ehe
man
siearretiert,unddasselbstdann, wennman
an der Beobachtunginteressiertundinihrgeübtist.Eine weit größere Schwierigkeit bestehtdarin,den Zeitpunktder Perzeptionfest-1*
4 NeueTatsachen.
zustellen.
Da
manim vorhinein nicht weiß, an welche Perzeptionman
sich erinnern wird, somüßteman
über alles Gehörte Register führen;aberselbstwennman
einensolchenOpfermut besäße,sowäreerdochinallenjenenFällenumsonst,wo
wir etwasauf nehmen, ohneeszuvernehmen.Das warendieSchwierigkeiten,die ichbeimir selbst nicht beheben konnte. Bei anderen, welchean derartigenBeobachtungen auch kein solches Interessehabenkonnten, weilichihnen deren Zweck,ohne eine Suggestivwirkung zuriskieren,nicht mitteilen durfte, kamenzu diesenSchwierigkeitennatürlichnochandere.
EsistnichtjedermannsSache, mittenauf der Straßeoder in Gesellschaft,kurzniedurchdieUmgebungbeirrt,seinen Block aus derTasche zu ziehen und daraufloszu notieren. Den MißlichkeitenderBeobachtungreihtsichabernoch eine andere, inderSache selbst gelegenean.
DerZeitpunkt der Erinnerung dürfte nämlich nichtganz unveränderlichsein;derEintrittkannverzögert,dieErinnerung kannverhaltenwerden, sowiedies beiperiodisch wiederkehrenden organischenBedürfnissen derFall ist. Treffen sie gerade in einem Augenblickein,
wo man
anderweitiginAnspruchgenommenist,ineinem Augenblick, der unsereAufmerksamkeitstarkkon- zentriert,
wo
sichdiePsyche—
der Elektrizitätineinem ge- schlossenen Leiter vergleichbar, demmaneinenanderen Leiter nähert—
an derPeripherie desMenschen ansammelt,dann müssensich freisteigendeVorstellungen gedulden. Und wenn sienichtgarzulangewartenmüssen, so daßsiewiederab- ziehen,kommen
sieschließlichdochvorimEmpfangssalondes Bewußtseins, wiewohl mit einigerVerspätung.DaßaufdiegeschilderteWelseeineVerrückungderEr- innerung stattfinden kann, glaubeichhauptsächlich deshalbmit Bestimmtheitannehmen zukönnen,weilichdiebrauchbarsten Beobachtungen gemachthabe zu Tageszeiten,
wo
dieäußerliche undinnerlicheBeanspruchunginderRegel geringist,alsofrüham
Morgen,währendder Mittagspause,währendeines zerstreuenden Spaziergangesu.dgl.Erinnerteichmich mittenineiner ernsten Arbeitplötzlich aneineMelodie, so machtemichdieshäufig erstaufmerksam,daßichschonseiteinigerZeitzerstreutsei.ObineinembestimmtenFalleeineVerrückungstattgefunden habe,istnatürlichnichtleichtzu entscheiden.Die Entscheidung kannjeder nurselber treffenmit annähernder Verläßlichkeit.
Wollte
man
übrigensvonanderen verlangen,daßsienebstden Aufzeichnungen über dasWann?
einerErinnerung auchnoch solcheüberdienäherenUmständederselbenmachen,sowürdeman
häufigriskieren,gar nichts zuerhalten.Derexperimentierende Physiker braucht Materialkunde, der experimentierende Psycholog Menschenkenntnis. Es ist nicht so leicht, jemanden alsDieerstenBeobachtungen. 0 Infanteristen ohne jedeDistinktioninden Dienst der Wissenschaft zustellen.
Mit einer Anzahlvon Beobachtungenkonnteichzu jener Zeitüberhaupt noch nichtsanfangen; eine Verzögerungder Erinnerung
um
vieleStundenwardenn doch nichtanzunehmen.Siewar besondersdann unstatthaft,wenn dieErinnerungim Falleder NichtbehinderungnureinigeMinutengedauerthätte.
Diese Beobachtungen,welcheübrigens sehr inderMinderzahl waren,ließichvorderhandbeiseite.
FürdieseEnthaltsiimkeit bin ichspäterdurch eineneue Entdeckungbelohnt worden.Eswirdsichauchbeiallenferneren Beobachtungenaufdiesem Gebiete empfehlen,dieUnannehmlich- keiten,welche ausdem„Nichtstimmen“ entspringen, durch neue Entdeckungen zubeheben. DieZahldernoch zu machenden dürftenichtkleinsein.
Diewenigennichtstimmenden Beobachtungenabgerechnet, ergabsichausallenübrigen trotzallermodifizierendenUmstände mitgroßer Deutlichkeit, daß diespontaneErinnerung an eine Perzeption
um
sovieleStundenfrühererfolgtalssieum
Tage spätererfolgt.Dasselbe Resultat ergabsichaus Beobachtungen, welchemir Herr Dr. B.inLeipzig lieferte, selbstverständlich ohne zu wissen,wasdieBeobachtungenerweisensollten.Ein paarmal glückte es mir endlich auch, eine Erinnerung nach 23Stundenzuhaben, meinemKollegen Dr.
W.
ebenfalls.Seither sind mirBeobachtungendes 23stündigenIntervalles inMengezugegangen, u.zw. fürdieverschiedenartigstenRe- produktionen:VonMelodien,vonBildern,von Stimmungen, von Schmerzen. Eine
Dame
wird von einem bösartigenInsektge- stochen,der anfänglicheSchmerzläßtsehr bald nach, pünktlich nach 23Stundenkehrter plötzlichmit ursprünglicher Heftigkeit wieder.Man
mochte dasBeobachtungsmaterialnoch so skeptisch ansehen,man
konnte sichdesEindruckes nicht erwehren, daß die spontanen Erinnerungen eine Tendenz zurPräzession
zeigten,wennauch nichtimmermitwünschenswerterPräzision.
Daß es sich aber
um
ein Freisteigen vonVorstellungen handle, dafürwar dervorausbestimmte Eintrittstermin Beweis.Es wärevölligwidersinnig,anzunehmen,daß zu diesemTermin auf einmal Assoziationen tätig werden,
um
geradediebestimmte MelodieinsBewußtsein zu heben.Nachdem einmal 23 Stunden als kleinstes Erinnerungs- intervallfestgestelltwar,konntemannatürlichdas obige Gesetz der Präzession auch so ausdrücken: Spontane Erinnerungen kehren nach einer Anzahl von Stunden wieder, die einem Multiplumvon23gleichist.
6 NeueTatsachen.
EstratabergleichanfangseinwichtigerUmstandzutage:
Daß nämlichnichtjedesMultiplum fürdas Freisteigeneiner Erinnerung gleichgünstig ist. 2x23, 4x23,
6x23
usw. zeigte sichvielhäufigeralsdiedazwischen liegenden Vielfachen,oder anders ausgedrückt,dieVielfachenvon46wareninder Uebcr- zahl. Das stimmt damit, daß mir das 46stündige Intervall schon längst bekannt war, ehe ich dazu kam, das weniger ausgesprochene 23stündigo zu beobachten. Aber auch die Vielfachenvon 46 waren nichtgleich häufig; besonders be- vorzugtz. B. warder 6. Tag. Inwieweit hiebei individuelle UnterschiedeinBetrachtkommen, davonspäter. Jedenfallshat dasIndividuum nur Einfluß aufdieAuswahl
unterden ver- schiedenenIntervallen.Wenn
die freisteigendeErinnerungjeden folgendenTagum
eineStunde früherkommt,somuß
sienach24x23Stunden, d.i.nach 23Tagen um
dieselboStundeeintreffen,zuwelcher diezugehörigeWahrnehmungstattfand.Biszu14TagenIntervall hatteichschon beobachtet,weiter hinaus wollte es mir nicht gleich gelingen. Dasmochte seinenguten Grund haben. Es handelte sich meistum
abends gehörte Musik; nach zirka 15Tagen warendieErinnerungenbeimMorgenangelangt,dann kamen sie unter dieTräume, welchenichdamals noch keine genügende Aufmerksamkeit zuwandte. Dann unterliegen ja alle Erinnerungen der Abnützung, es gehört schon große Uebung und Wachsamkeit dazu,um
sie beim leisen Auf- tauchen gleich festzuhalten, zumal wenn sie sich nur als Beimengung frischerer und näherer Erinnerungen kund- geben. Ich mutmaßte allerdings, daß der 23. Tag für eine deutlichere Reproduktion günstig sei: Zur selben Tageszeit mußten nach meiner Ansichtassoziative Elementemitwirken, dieErinnerung treuer zugestalten.Auf diesemPunkt war meine Untersuchung angelangt, alsich dieBekanntschaftmachtemitdem Buche von
W.
Fließ:„Die Beziehungen zwischen Nase und weiblichen Geschlechts- organen.“*)Die Nichtmedizineruntermeinen Lesernwerden es mirDankwissen, wenn ichsiemit demInhaltdiesesBuches kurzbekannt mache. Dasselbe beanspruchteinweit allgemeineres Interesse,als
man
nachdemTitelahnenmöchte.EbendemTitel isteswahrscheinlichauchzuzuschreiben, daß dasBuch selbst unter Medizinern keineswegs sobekanntistalsman
nach den darinenthaltenenschönen Mitteilungen wünschte.Eineswillichder ausführlicherenDarstellunggleichvorweg nehmen:Fließhatdie23tägigo Periodebeobachtetu.zw.an seinen Patienten, für
pathologische
Phänomene. Von mir*)LeipzigundWien1897.
Die erstenBeobachtungen. 7 kannichsagen,iclihabesiegerechnet,übrigens für psychische Phänomene,noch dazu der normalen Psychologie angehörige,woran Fließ, seinem Beobachtungsmaterial entsprechend, natürlich gar nichtgedachthat.
Als ich von den Fließsehen Beobachtungen Kenntnis erhielt, freute ich mich, wie ein Astronom, der dieStelle vorausbestimmthat,an welchereinSternsichtbarwerden muß.
Balddaraufkonnteichbeimirund anderendie23tägige Periode auchfürmusikalische ErinnerungeninmehrerenFällen nachweisen.
Ein Student teilt mirmit, daßersich
am
13. Februar plötzlicheinesTanzmotivsaus einemBalletterinnerthabe;wann erindemselben gewesen, erinnert er sichnichtmehrgenau.Ich sage, es
muß am
21.Jännergewesensein.Die Nachforschung im Theaterspielplangibtmir Recht. Und solcherKunststücke habe ichseither eine hübsche Anzahl ausgeführt;sowieman
Tatsachen der Physik zur KonstruktionvonZauberinstrumenten verwendet.ZWEITES KAPITEL.
Die
Forschungen von W.
Fließ.Den AusgangspunktderFließschen GedankenbildenBe- obachtungen überVeränderungenderNase während derMen- struation.
Man
kannzudiesemZeitpunkt inderNaseregel- mäßigSchwellungen undeine gesteigerteEmpfindlichkeitkon- statieren.Außerdembesteht eineNeigungzuBlutungen. Diese Blutungennehmen invielenFällen den Charakter einerMen- struatiovicaria an.DieStellen,andenensichinsbesondereder ZusammenhangzwischenNaseundSexualsorganoffenbart,sind die unteren Muschelnund dietubercula septi. Fließ nennt sie Genitalstellen. Bei pathologischer Beschaffenheitderselben unterliegtauchderMenstruationsprozeß Störungen:Eskommt
zu Dysmenorrhoe, Polymenorrhoe, Amenorrhoe. Beweis dafür, daß dieseStörungen mitderNase Zusammenhängen, istder Umstand,daßman
sieauch vonderNaseauserfolgreichbe- handeln kann. Z.B.Bepinselungder betreffendenStellen der Nase mit einer starken Kokainlösung hat binnen wenigen Minuten einAufhören derKreuz-undHypogastriumschmerzen zurFolge. Starke Mittel, wie Aetzungmit Trichloressigsäure oder Kauterisieren, bipolare Elektrolyse beheben Men- struationsstörungen für immer. Alle die Phänomene, welche eine unvollkommene Menstruation begleiten oder eine aus- bleibende ersetzen,nenntFließErsatzphänomene.
Dieselben treten natürlich besonders dann ein, wenn das Ausbleiben derMenstruation im regelrechtenphysiologischen Verlaufder Dinge liegt,wie währendderSchwangerschaftundLaktation.Doch sind sieauch zudieserZeit an denTermin gebunden, an welchem ansonstendieMenstruation eingetretenwäre. Ein gleichesgiltfürdieMenopause.
Beiden Analysen,dienun Fließ vorgenommenhat,
um
dasVorhandenseinvon Ersatzphänomenen währendderSchwanger- schaftzuerweisen, machteerdieEntdeckung, daßeineReihe von Phänomenen 28 odern.28Tagevoneinanderabstehen, anderedagegen23odern.23 Tage.DerFehlerbetruginkeinemFallmehralseinenTag.
DieForschungenvonW.Fließ. 9 Sofindeterz.B.beieiner Patientin:
Intervall 28
5.Februar:
5.März:
2x28=56 30.April:
28 28.Mai:
Stirnkopfschmorz, verstopfte Nase.
Matt,starkesJucken an den Brüsten wie sonstvorden Menses.
Wehen, Druckauf die Stirn.
ProfuserSchweiß,Beschwerden im Nasen- rachenraum.
Oderbeiderselben Patientin:
Intervall 22 23 23 2x23=46
15.Dezember:Angst.
6.Jänner: Angst, sehr matt.
29.Jänner: SehrstarkerKopfschmerz.
21.Februar: Angst,Nasenbluten.
7.April: Brechreiz, Blutaus der rechten Nase,Nasen- verstopfung.
Ich gebe hiemit nurzwei kleine Proben,
um
dasFließsehe Verfahren zu veranschaulichen. AufdieseWeisebringt eralle im Verlaufvon Monaten auftretendenSymptome ineinerAn- zahlvonReihenunterund nennt diemit28tägigemIntervall dieweiblichen,diemit23tägigemIntervalldiemännlichenMen- struationsreihen.Ichmachegleichhierauf einenUmstandaufmerksam, der fürdiespäterenErörterungen wichtigist: Fließfindetnicht mit
einer
28 tägigenund einer23 tägigen ReiheseinAuslangen, sondernermuß
derenimmereinegroße Zahlannehmen,indem Fallez.B.,welchem dieoben angeführtenBeobachtungen ent-nommen
sind,sechs männlicheundsechs weibliche Reihen.Jeder Tag kann einerReihe angehören. Dadurch verliertdieserauf den ersten Blick soungemein klärende undanziehendeBegriff wieder sehrviel.DerMenstruationsterminstellteinenbesonders markantenPunktin derReihe derphysiologischenVorgänge dar. Kann beinahejeder Tagmiteinem Ersatzphänomen be- haftetsein,dann istes nicht schwer,jede beliebigePeriode aufzustellen.Ichwerdespäterhinzeigen,wiesichdieseSchwierig- keitlöstunddieEinwändeWegfällen,welche nichtnur andere, sondernich selber aus diesemGrundederFließsehenThese gemachthaben.IndieseReihenläßt sichnunnicht nuralleseinordnen, was zudemSexuallebeninnächsterBeziehungsteht:Unregelmäßige Menses, Kindesbewegungen, Vorwehen, Abortus, Entbindung, Milchsekretion, sondern auch alle Ersatzerscheinungen, wie Migräne, Angst,Asthmau.dgl.Ja,derCharakter dieserPhäno- meneals Ersatzphänomenezeigtsicheben darin,daßsiean solchenTermineneintreten.
Was
aber denBeobachtungenvon Fließ ihren eigent- lichenWertgibt,istfolgendes:Bei der notorischen Bisexualität desmenschlichenOrganismus,diesichgerade darin wiederzeigt,10 NeueTatsachen.
daß
man
beieinemweiblichenIndividuumsowohldieweiblichen alsauchdiemännlichen Perioden konstatieren kann,waresvon vornherein wahrscheinlich,daßman
beimännlichen Individuen neben der männlichen auch dieweibliche Periode entdecken werde,undzwar,den geänderten physischenVerhältnissen ent- sprechend,durch Ersatzphänomene markiert. BeiderAnalyse derKrankengeschichten mehrererMänner hat sichderganze bunte Symptomenkomplex—
Angstanfälle, Husten,Krämpfe, Magenschmerzen,Flimmerskotom, Schnupfen, Schlaflosigkeitu.s.w.—
inReihenvon dervorhin geschildertenBeschaffenheit auf- lösenlassen. HiedurchhatnatürlichdasPeriodenproblem eine derartigeAusdehnung gewonnen, daß es nichtmehrangeht,es imHinblickaufdiePeriodexxx’ iioyrp,dieMenstruation, zulösen.Vielmehristeswahrscheinlich, daßdieseeinegeändertebe- grifflicheFassungaus derEntdeckunganderer periodischerVor- gänge beziehen wird.
Imweiteren Verfolg seiner Forschungen fandFließ, daß nicht nur pathologischeVorgänge allerArt, sondernauchdie Phasen dernormalen menschlichen Ontogenesean periodische Terminegeknüpft sind:So das Zahnen, das Sprechenlernen der Kinder.„Die menstruelle Blutung schrumpft zueinem verhält- nismäßigunwesentlichenSymptom eines großen Prozesseszu- sammen,der beiden Geschlechternund jedemAltereignet,“Ob eine konstitutionelle Krankheit(Epilepsie,Hämorrhoidalleiden, Gichtu.s.w.)Beschwerdenmacht, hängtvon den kritischen Tagenab.
Auch bei Infektionskrankheiten sinddieselben von Be- deutung,siearbeitenden BazillenindieHände. Endlichhaben diePerioden, wie auf dieGeburtso auch aufden Todden größtenEinfluß. Der Aufbau wie derAbbaudes menschlichen Körpers gehtinperiodischenSchübenvorsich.
Goethes
Todes- tagistvonseinemGeburtstag1077X
28Tageentfernt.Schlag- anfälle,dieverläßlichstenBotendes Todes, finden an kritischen Tagenstatt.Eine weitere wichtigeTatsache ist, daßsich dieperiodi- schenReihen
vom
mütterlichenOrganismusauf dasKindüber- tragenundsich durch das ganzeLeben desselbenfortsetzen.Siesindbei allen(männlichenundweiblichen) Kindernderselben Mutter aufzoigbarund verknüpfen die Generationen unter- einander.
Das istdie letztegioße Folgerung, zu welcher Fließ
kommt
undan deren Richtigkeitnach dembeigestelltenBeob- achtungsmaterial nicht zu zweifelnist.Daß dieneugewonneneErkenntnis über die physiologi- schenVorgängeim menschlichen Organismusuns der Möglich- keit derGeschlechtsbestimmung näher gebrachthat,glaubeich
DieForschungenvonW.Fließ. 11 auch,gleichFließ. Doch stelle ich mir die Lösung dieses Problems nicht so einfach vor wieer.
Bemerkenswert ist,daßsichdiePerioden auchimTier- reichvorfinden.DieRechnungergab,daßdieTage,an welchen ausgezeichneteRennpferde schlechtliefen,irgendein Multiplum von23Tagen voneinander abstehen.*)
Was
dieGründedafür anlangt, daßgewisseTagefürdas Auftretenvon Krankheitserscheinungen so günstigsind, meint Fließ, eshandlesichum
eine periodischeAusscheidungvon Toxinen. Merkwürdig. In diesem Punkto ist er, dessen An- passungsfähigkeit an ungewöhnliche Beobachtungen wahrlich nichthochgenugangeschlagenwerdenkann, der sonst so recht denfreienGeist desbahnbrechendenNaturforscherszeigt, der altenSchuleundihrenätiologischenModebedürfnissen treu ge- blieben.Eswirdhievon weiter untennochdieRedesein.Fließ
istnichtdereinzige,derdie23tägigo Periode be- obachtethat.Jon Board
(The spanofgestation and the cause ofbirth,Jena1897)findeteineOvulationseinheitvonungefähr 23 V* Tagen. ZweiOvulationseinheiten bilden nach ihm eine kritische Einheit,beimMenschenbildensechs kritische Einheiten eineSchwangerschaftsperiodo.*)BeieinemSchimpansenwurde23tägiges Menstruationsintervall beobachtet.HavellockElfis,Geschlechtstriebund Schamgefühl.
DRITTES KAPITEL.
Fortgang der eigenen Untersuchungen.
EheichmichandieKritik derFließscheu Forschungs- ergebnissemache,willichdenFortgangmeiner eigenen Unter- suchungen darlegen. Dieselbensind durchdieBekanntschaft mit seinemBuchetatsächlichnichtalteriertworden.UnsereGe- meinschaft erstreckt sich eigentlich nichtweiter, als auf die Zahl23.Daßessichhiebei
um
einePeriode handle,mußtemir anfangssehr unwahrscheinlich dünken. DiesePeriodekonnte ja—
nachmeineneigenenBeobachtungen—
jedenAugenblick beginnen.Es warganzgleichgültig, anwelchemTageichoder einanderereinem Konzert beiwohnte. Nach23Tagentauchte dieErinnerungauf.Wieschon frühererwähnt,wares mir baldnach der Be- kanntschaftmit
Fließ
tatsächlicheinpaarmal gelungen, solche Erinnerungenbeimirund anderen zuattrapieren.Was
sollten dieseErinnerungen mitderAusscheidung vonToxinenzutun haben?Wiesah es ferner mit derUebernahmederWellenvom
mütterlichenOrganismus aus?Ichnahm vorläufig an,daß essich
um
eine Latenzzeit handle,welcheumgekehrtproportionaldem GradederAufmerk- samkeitist,mitderman
etwas aufnimmt. Ichexperimentierte miteinemWortein Gedanken herum, bismireinFallunter- kam,derneues Licht brachte.Herr K.H.,25Jahrealt, blühend von Aussehen, klagte mir einesTagesüberein asthmatischesLeiden, dasihnschon seitJahrenquäle,undvondem ihn keinerleiMedikamentebe- freienkonnten. Ich argwöhntesogleichAsthma nervosumsive sexualeunddiespontanen Mitteilungen des Patienten über seine sexuelleVergangenheitgabenmirhierinRecht.Erhatteesnie zu einer normalenvita sexualisgebracht. ErstesexuelleEr- regungbeim Anblicksich balgenderSchulkameraden. Im An- schlußdarandieersteMasturbation undvon daanzeitweilig ExzesseindieserHinsicht.
Um
das 20.Lebensjahr tratendie Asthmaanfälleauf. HerrK. H., intelligent und vorzüglicherFortgangdereigenen Untersuchungen. 13 Selbstbeobachter,
kommt
selbstaufdieIdee, daß seine vitase- xualisdaran Schuld trage; Versuch zunormalemKoitus miß- lingt; vonda anwerdendieAnfälle häufigerundstärker.Der energische Vorsatz, derMasturbation zu entsagen, wirdvondem starkentwickeltenGeschlechtsbedürfnis immerwiederbesiegt, diepsychische Situation wirdimmertrostloser, denAsthma- anfällengesellensichmelancholischeVerstimmungen undSelbst- mordgedankenbei.IndiesemZustandeister,wieichseineBe- kanntschaftmache.
Ererwiessichalsmäßig leicht hypnotisierbar,war aber immerhinineinStadium bedeutenderhöhter Suggestibilität zu bringen, sodaß es mirbereitsmit dererstenSitzung gelang, demanfallsweisenTrieb zur Masturbation dieUnwiderstehlich- keitzunehmen. Er hatte keinen einzigenRückfallmehr und erntete auch sofort dieFrüchtehievon, indem er während dersechs Wochen unseresZusammenseins sichvonallenBe- schwerdenfreifühlte.
Dieser Fall brachtemich nun, ich weiß nicht wie, auf einenGedanken.Wiewär’s,wennzwischendemverursachenden sexuellen Akt und dem Asthmaanfall dieselbe Zeitverstriche, wie zwischen
Wahrnehmung
undErinnerung.Unmittelbar folgten daUrsacheund Wirkungnichtaufeinander,dasIntervallkonnte aberunmöglich willkürlichsein.Vonvornherein hatte dieserGedankeeigentlichnichtvielBe- rechtigung.DenndieErinnerungwar
—
wenigstens anscheinend—
ein mehroder mindergetreuesAbbildderWahrnehmung.Was
für ein himmel- und höllenweiterUnterschied dagegen zwischender Geschlechtslustund einemAsthma- oderAngst- anfallmit obligaten Selbstmordgedanken1Herr H.konntesichan jeden schweren Anfall derletzten Jahre erinnern,desgleichenandas Datumseiner Exzesse. Da stellte sichnun tatsächlichheraus, daß zwischen dem Exzeß unddemAnfalle regelmäßig ein Intervallvon 23Tagenver- strich,und zwar bis aufdieStundegenau. DieZwischenzeit selbstwar von Beschwerdenvollständigfrei.
War
derAnfall einmalda,dannverginger allerdingsnicht so rasch; es dauerte Wochen,jaoftMonate,bisalleswiederverklungen war.Um
dieselbeZeitübermitteltemireinKollege Dr.F.Auf- zeichnungen, ausdenen mit mathematischer Klarheit hervorgeht, daßauch Angstanfälle pünktlich 23TagenachsexuellenEx- zessenauftreten.Warum
indemeinen FalleAsthma,im anderen Angst, dasisthiernebensächlich;dasHauptgewichtistaufdie inbeidenFällenauftretendeGemütsdoprossionzulegen.EsistFreud8Verdienst,denZusammenhangzwischenAngst undvitasexualisentdeckt zuhaben.
Wer
ihmaber nichtglauben14 NeueTatsachen.
wollte,derwar
—
wie jadieLiteratur tatsächlichzeigt—
zum Glaubennichtzuzwingen.*) Der Umstand,daßdieAngstanfälle fixeTermineeinhalten,machtfürderhinjeden Zweifel unmöglich.Ihr Eintreffenistaber nicht determiniertdurch irgendeine Periode des Organismus, sondern durch denabusus sexualis, einefrustrane Erregung, coitus interruptusu.dgl. Daspaßtnun wieder gut zu den musikalischen Erinnerungen,die jaauch von einem bestimmten Zeitpunkte, derWahrnehmung,datieren.
DieseBeobachtungen mußten mich natürlich daran irre machen, daß essich
um
eino23 tägigePeriode
handle. Von einer Periodeverlangtman
insolchemFalle,daßsieunendlich weitnach vorwärts und rückwärtsgeht, aber nicht ineiner schwachenStunde beginntundnachmehrmonatlichen peinlichen Mahnungen wieder abklingt. MitseinerBehauptung unddem Nachweis,daß—
allerdingsnurmanche! —
2 3 tägige Perioden tatsächlichdurch Geschlechter sichhindurchziehen, hatFließ selbsteinesolche Möglichkeit abgelehnt. Alsogibtesvielleicht zweiArtenvon23 tägigen Perioden? Eswirdsicherweisen.Herr H.bliebauch nachunsererTrennung von allenAn- fällenverschont,biser einigeMonatespäterdieBekanntschaft einesjungen Mädchens machte, dieihm wieder zu seinenAn- fällen verhalf. Zuerstfrustrane Erregungen, dann halbe Be- friedigung,schließlichExzesse, alsoder Anlässe genug.Herr H.
hat auf meineBitte
vom
Beginne diesesVerhältnisses durch fünfMonatehindurch Aufzeichnungen überseinevitasexualis gemacht. Die Resultate, welcheichdiesenAufzeichnungen ent-nommen
habe, sindüberraschend.Gleich eineder ersten Aufzeichnungen lautetwiefolgt:
16.
Oktober.
5Uhr morgensDeflorations versuch.17.
Oktober.
BestesWohlbefinden.18.
Oktober.
3 Uhr morgens mit heftigem Asthma erwacht.Also genau 46 Stunden nachder unbefriedigenden Er- regungden AsthmaanfallI Dasselbe Intervall, welches ichso ungezähltemalefürmusikalischeErinnerungenbeobachtethabe
!
Icherwähne, daßHerr H.vondemIntervallkeineKenntnisbe- saß. Uebrigens
mag man
sichvielleichteinemanderen zuliebe nach 46Stunden aufeine Melodiebesinnen, aberum
3Uhr nachtsausdembesten Schlafemiteinem Asthmaanfallmunter werden!
Daßes mitdem
zweiten Tage
eine besondereBewandt- nishabe,istschon mehrerenbeim Studium derKrankenge- schichtenaufgefallen.FließfindetineinigenFällen,daß jeder*)SieheLöwenfeld, SexuallebenundNervenleiden, 3.Aufl., Wiesbaden1903. S.207ff.
FortgangdereigenenUntersuchungen. 15
zweit«Tagmit einem
Weh
behaftetist.Beard
bemerkt,daß dieüblen FolgeneinesSexualaktessich häufignach einigen Tagen einstellen.*)Freud
macht eine ähnliche Bemerkung über den Angstanfall. Solangeman
sichmit derNotierungvon Tagenbegnügt, istnichtsSonderlicheszu erfahren. Ichhabe vonAnfanganWertaufdieAngabederStundengelegt.Ganz natürlich; binich dochvon Beobachtungenüber Stundeninter- valleausgegangen.Fließ, welcher an einerStelleseinesBucheserwähnt,er werdeinHinkunftbisaufStundengenauAufzeichnungenmachen lassen,könnteeigentlichschon im Besitze der nämlichen Ergeb- nissesein,zu welchenichgelangtbin.
Was
sichnunausdem TagebuchdesHerrn H. unzweifel- haftergab,ist,daß für seine Asthmaanfälle das nämliche Gesetz derPräzession besteht,wieiches fürmusikalischeErinnerungen gefunden habe,und daß auch indiesem Falle ganz bestimmte Tagefürden WiedereintrittdesAnfallesgünstigsind, sodaß derselbe nichtjedenTagum
eineStundefrüher,sondernmanch- malerstnachmehrerenTagen,dannaberauchum
ebensoviele Stunden früher kommt. Einezeitliche Präzision warhier—
wenigstens in denAufzeichnungen
—
selbstverständlich noch schwieriger zuerhalten,alsbeianderen Beobachtungen.DieEntdeckung der PräzessionhätteichmitHilfodieses Tagebucheswohl
kaum
machen können. Abor, einmalim Ber sitze derselben, war ich imstande, sie trotz des Wirrsals wechselnderZuständeklarunddeutlichzu erkennen.Ich gebe imfolgenden einenAuszug, welcherallesWesent- licheaus den Notizenenthält.
6.
N
ov.7.Nov.
8.Nov.
9.Nov.
10.Nov.
11.Nov.
12.Nov.
13.Nov.
14.Nov.
15.Nov.
16.
N
ov.17.Nov.
3Uhr 30 Minuten nachtsleichterAsthmaanfall, zurückzufiihren aufeineunbefriedigendePollutionvom4.November 6 Uhr 30 Minuten.Intervall:45Stunden.Manbedenkeindes,welche FehlerquellenbeiAufzeichnungenObernächtlicheVorgänge, noch dazusolche,bestehen!
DenganzenTag heftiges Asthma. (DiesenAnfallnehme ichzumAusgangspunkt meiner Beobachtungen.) Ziemlichfrei.
Ziemlichfrei.
SehrguterTag.
Sehrguter Tag.
Sehrguter Tag.
Früh etwas Asthma, welches jedoch durcheinen unbefriedi- gendenKoitusvom11.Novemberfrühdeterminiertist LeidlicherTag.
AbendsleichtesAsthma.
AbendsleichtesAsthma.
FreierTag.
*)Beard.DiesexuelleNeurasthenie,S.96.
16 NeueTatsachen.
18.Nov.NachTisch leichtesAsthma, abendsgut.
19.Nov. Wieder nachTischAsthma, dannfrei.
20.Nov. Ziemlichden ganzenTag Asthma.
21.Nov.LeichtesAsthma, mittagsbesser,abends ganzgut.
22.
Nov
FreierTag 23.Nov.Sohrguter Tag.24.Nov.bis 26.
November
Sehrwohl.27.Nov.MorgensleichtesAsthma, danndenganzenTagfrei.(Pol- lutionvom4.Novemberfrüh).
28.Nov.Frei.
29.Nov.3UhrmorgensleichtesAsthma,welchesgegenAbendsehr stark wird.
30.Nov.Den ganzen Tag schweres Asthma.
Hiersieht
man
nundeutlich,wie dasAsthmavom6.bis zum15.Novemberbraucht,um
indieAbendstundenzurückzurüeken, wie es hieraufdieNachmittagstunden,dieNachtstundenbefällt,wie diesewieder freiwerdenunddafürderVormittagundMorgen ihr Teilerhalten,bisder Anfallnach pünktlich 23Tagenwiederum
3 Uhr morgens auftritt, wie ersicham
29.November ebenso wieam
6.gegen denAbendhinbedeutend verstärktund wie schließlich der ganze 30.November gleich dem 7.von einemschweren Anfall ausgefülltist.Man
könnteeinwenden—
ichstellemiralsLeser lauter ungläubigeThomasevor,habichjainmirselbstgenugSkepsis zuüberwindengehabt—
daßbeieinem soreichlichmitAsthma bedachten Patienten esleichtsei,allesMögliche zu konstatieren.Allein alleimobigenAuszugweggelassenen Anfällesind auf gleicheoder ähnlicheWeisedeterminiert wieder
vom
13.November früh,sodaßsichdasaufden ersten Blick verwirrendeKrank- heitsbild beiKenntnis der kleineren Intervalle spielendauflöst.AusdemebenbesprochenenFallerhelltdeutlich,wie not- wendig es ist, sich Mitteilungen über das Sexualleben der Personen zu verschaffen, in deren pathologischen Zuständen
man
mitHilfeperiodischerReihenOrdnungschaffenwill.Freilich istdieshäufigauch ohne Kenntnis des periodonkonstituierenden sexuellen Moments möglich, indem es oft mit den Nach- wehenam
23.Tagenochnicht abgetanist,sondernauchnocham
46.,am
69.Tageusw.Sühnegeleistet werden muß.Dann reißtdiePeriodeallerdings wieder ab. Istes mir doch auch gelungen, musikalischeErinnerungenam
46.und69.Tagezu beobachten.Mich wundert die Vernachlässigungdes verursachenden sexuellenMomentsbeiFließumsomehr,alserin seinemBuch einen eigenenAbschnitt hatüberdieVeränderungenderNase wülirenddesReproduktionsaktes,mitAngabe von Fällen,
wo
der ReproduktionsaktNasenverstopfung, Nasenbluten oder einen Asthmaanfall im Gefolge hatte. Diese Vernachlässigung wirdFortgangdereigenen Untersuchungen. 17 aber anderseitsverständlich, wenn man bedenkt, daß er die Perioden als etwasdem OrganismusEigentümlicheshinstellen will,worandieZufälligkeiten derLebensführung nichts ändern können. Die periodischeWellenbewegungistdemmenschlichen Organismus nachFließ angeboren,Begründungeinersolchen ineinem beliebigen Zeitpunkt ausgeschlossen.
Beim weiblichen Geschlecht beträgt die Inkubationszeit fürSexualneurosen natürlich28 Tage. DerZufall verschaffte mir Kenntnis von einem beweiskräftigen Fall. Ein junges Mädchen, mitSexualgenußund NeuroseningleicherWeiseun- bekannt,
kommt
einesAbendsmit einemVersucherzusammen, dersichdieSachezwarschließlichüberlegt, aberdochindem MädcheneinegroßeErregunghervorruft,dieunter diesenUm- ständenfrustranbleibt. VierWochenlang vollständigesWohl- befinden. Plötzlich,am
28.Tage, einungeheurer Angstanfall mit Selbstmordideen, Unfähigkeit,alleinzubleiben,Befürchtungen allerArt—
man bedenkenurdieSchwierigkeit,um
nicht zu sagen Unmöglichkeit einerErklärung, irgend einer plausiblen Aetiologienach28 wohlverbrachten Tagen!IstderWissenschaft dieser Zusammenhang solange entgangen,was sollman
erst von Laien verlangen!Geradedieseanscheinende Undeterminiertheit von unangenehmen Zuständen steigertsiehäufigbiszueinem gefährlichenGrade,sie istvielleichtdas Allerschlimmste an ihnen.Nach zweiTagen warder Anfall zumgrößtenErstaunen derTiefungüekliehen wieder spurlosverschwunden.
Am
56.Tage kam
ergetreulichwieder,inverminderterIntensität.Erwähnenmuß
ich noch,daßdieSzene, welcheden Anfall verursachte, nach 28 Tagen im Traum wiederkehrte, nur mit einigen charakteristischenAenderungen und einerFortsetzung, welche derFreudschenWunschtheorie rechtgibt.Alsoeine dernormalen Psychologie unterstehende Erin- nerungnach 28Tagen!
Man
merkt, welcheAusdehnungdas Periodenproblem gewinnt.AusderAnalysederAufzeichnungendes HerrnH.ergibt sichauch,daßdieAnnahmemehrerersichkreuzender Perioden unnötigist. Zwischendiegroßen 23 tägigen Perioden sinddie kleinen46stündigen eingeschaltet. DieAnnahmesovielerdurch- einanderlaufender Perioden hat vonvornhereinnichtsfürsich.
Sechs männliche,sechs weiblichePerioden, undessolltekeine dieandere stören?!
Mit derEntdeckungder kleinerenPeriodenisteinegroße Vereinfachung geboten.Daßdieselben bestehen,dafürlieferndie Beobachtungen vonFließselbst auf jeder Seite Belege: Das ungemeinhäufige
Vorkommen
deszweitägigenRhythmus oder einesVielfachenvonzweiTagen.Swoboda,Die Periodor» desmenschlichen Organismus. 2
18 NeueTatsachen.
Auf wasichnoch besondersaufmerksam machen muß,ist, daß im Palle des Herrn H.alleindas 23 tägige Intervall hinein- fallendenAsthmaanfälle an Intensität weit hinter den zweiAn- fällen
am
Anfang undEnde derReihe zurückblieben, daß also voneinerUsurinnerhalb diesesZeitraumes nichtszumerken war. Solltesichetwas Analoges fürdiespontaneReproduktion vonVorstellungen ergeben, dannfallen einpaaruralte Sätze derPsychologie. Bishersind diepsychischenPhänomene als Gegenstände betrachtetworden, diesich traetutemporis ab- nützen; dem MenschenalsGanzes istesübrigensauch nicht andersergangen. DieTatsache der periodischenWiederkehr nötigt zuganz anderenBegriffen. Bisherhatman
allesLeben überhaupt nur mit anderweitiggewonnenenBegriffendarzustellen versucht,z.B.mit denen derMechanik. Einerseitsprojiziertder MenschseinWesennach außen, anderseits sucht er seinWesen außersich.NochetwasNeuesbrachtemirder Fall desHerrn H. Ich hattezuerstdieWiederkehrvonnormalpsychologischenPhäno- menennach den verschiedenen Perioden beobachtet,danachdie UmwandlungsexuellerErregungzupathologischenPhänomenen inderselbenZeit, endlichdieWiederkehrvon pathologischen Phänomenen. DiedritteBeobachtunghattemit der ersten ent- schiedenmehrAehnlichkeitalsdiezweite.Sienötigtaberschon dazu,dasProblem etwas zu erweitern.Anfangsfragteichmich:
Wieso
kommt
eine Wahrnehmungnach n.23 Stunden oder 23Tagenwieder? Es warnoch möglich,daß daseinauf dieseWahrnehmung
oder ihresgleichen beschränkterProzeß sei.BeimAsthmaebenso wie beim Angstanfallwareinesolche Isolierungschonschweranzunehmen.Hierhandelte essich
um
einen ganzen Symptomenkomplex, einen Gesamtzustand, an welchem Sensibilität,Motilität und hauptsächlich das Gemüt beteiligtwaren.Undes lagjetzt derGedankenahe, daßdieperiodische Wiederkehrnichtauf einzelnePhänomene beschränktsei,son- derndengesamten Organismus in allenseinen Teilenergreife, unddaßnurbeigewissenPhänomenendieWiederkehrleichter zukonstatierensei. FürGemütszustände, Gemeingefühlefehlt unsjafastjedebestimmtereBezeichnung; indemselbenGrade wächst auch die Schwierigkeitdes Bemerkens undWieder- erkennens.
DieVermutung,daß der ganze Organismus, LeibundSeele, in dengefundenenPerioden eineRevolution vollziehe, wurde mir zur Gewißheit durchdieAnalyse einer zweiten Krankheits- geschichte, besser gesagt eines „pathologischen Tagebuches“, welchosmireinKollegeDr.L.anzulegen so liebenswürdig war.
Dr.L.führteinensehrüppigenLebenswandel, hat häufig Angst-
Fortgang dor eigenen Untersuchungen. 19
anfälievonwechselnder Stärke,das hervorragendsteSymptom beiihmistaber einehochgradige sexuelle Uebererregbarkeit.
Ichgebeim folgenden einenAuszugausseinem Tagebuch.
8.Dez. NachTisch starke sexuelleErregung. DieNacht vorherPollution imHalbschlaf.
9.Dez.NachTisch sehr nervös.Angst,fliegende Hitze.
10.Dez.Arbeitsunlust.
11.Dez.0.
12.Dez.HitzeimKopf,mittagsleichteAngst.
13.Dez. Von9Uhr abendsbis6 Uhrfrühschlaflosmitsexuellen Phantasien.
14.Dez.0.
15.Dez. Nachts lange wach mitsexuellenPhantasien.
10.Dez.Bedürfnislos.
17.Dez. 3Uhr morgensstarkoschmerzhafteErektion.
18.Dez.Schlaflosigkeitmit sexuellerErregung.
19.Dez.Nervös.
20.Dez.Nervös.
21.Dez. 9Uhr abends Kreuzschmerzen, Mittagsstarke Angst.
22.Dez.Bedürfnislos.
23.Dez.tiund10Uhr abendssexuelleErregung.
24.Dez. Normal.
25.Dez.Gegen4Uhr nachmittagsstarkesexuelleErregung.
20.Dez. Normal.
27.Dez.5Uhr nachmittagsstarkesexuelleErregung.
28.Dez.0.
29.Dez.Mittags stark erregt.
30.Dez. Unter TagsverstreuteErregungen.
31.Dez.11Uhr vormittags und nachTisch(1Uhr) Präkordialangstund starke sexuelleErregung.
1.Jänner.'/„IUhr mittagsstarkeAngst.
Ja wahrlich, solche Geschichten
kommen
demnichtunter, derdieewigen GesetzedesHimmelserforscht undseinAuge nurauf leuchtende Kernen zu richten hat!Sehenwirnunwiederzu,wasobigeAufzeichnungen ent- halten. Ich bemerke,daßich einiges aus demOriginalweg- gelassen habe, daß aber dies weggelassene fast durchwegs determiniertist,zumTeiledurchimTagebuchverzeichnete sexu- elle Betätigungen, zumTeile durch krankhafte Zustände,die vorden8.Dezemberfallen. Der kleineRest, dernochübrig bleibt, istoffenbardurchUmständedeterminiert, diederAn- lagedesTagebuchesvorausgehen und derenWirkungnochin dasselbehereinreicht.
Auchindiesem Kallenunkann
man
deutlichbeobachten, wiediespontanen sexuellenErregungenzuerst mittags, dann morgensauftreten,wiesiedannindieNachthineinrücken,den Schlaf störenundTräumesexuellen Inhaltshervorrufen,bissie sozusagenam
anderen Endo derNacht wiederherauskommen (um21.Dezember9Uhrabendsnach13Tagenum
13Stunden früher). DanntreffenwirsieindenAbendstunden undschließ-20 NeueTatsachen.
liehpünktlichnach 28Taften,
am
31.Dezemberwieder,um
die Mittagszeit, diesmal verquickt mit Angst,demAequivalent für dieErregungvom
8.Dezember.AuchdieZustände des1.Jänner entsprechenganz jenen des9.Dezember.Undsowürdees über- haupt mitjedemfolgendenTagesein,wennnichtNeueshinzu- käme. TrotzallerAktualitätenkannman
aberbeivielenTagen deutlichdieSpurendes23.vorangehendenTages erkennen,so z.B.am
10.
Jänner.
Schlaflose Nacht, Alpdrücken (vergleiche 18.Dezember).13.
Jänner.
1UhrstarkeAngst(ebensoam
21.Dezember).21.
Jänner.
NachdemMittagessenunangenehmesGefühl umsHerz(am29.DezembermittagsstarkesexuelleErregung;hierliegtwiedereinFallvonTransformationvor).
24.
Jänner.
MittagsAngst(wieam
1.).5.
Februar.
Ganz wieam
13.Jänner,23Tagevorher.46Tagevorher
am
21.DezemberExcessusinvenere!Der29.Jä
nner
trägt die interessante Notiz: Gegen MorgenschwererTraummitAlpdrücken. Deutliche Erinnerunir, daß dasselbe schonam
6.Jänner geträumt!
Dr.L.nahmalsogleichimTraumedieKonstatierung des 23 tägigen Intervallsvor.
DieTräumesindfürdieKonstatierung der Intervalle über-
*
liauptsehr geeignet, von welchemUmstande ich bei meinen späterenUntersuchungenGebrauchgemachthabe.
Nunergibtsichausdem Tagebuchedes HerrnDr. L.aber nochetwas Besonderes.
Am
23.November vermerkt er: tags- über ruhig;am
16.Dezember(23Tagespäter):sexuelleErreg- barkeit sehrgering.Undwieder 23Tagespäter,am
8.Jänner:brillanter Tag, ohne sexuelle Erregungund
am
31.Jänner:ArbeitslustundFrische,Sexualitas gering.AlledieseTagosind, wohlgemerkt,vonlauterschlechtenumgeben.
Siesindkeineswegs dieeinzigen, andenen icherweisen könnte, daßauchdieEuphorie periodischwiederkehrt.Undhie- initwirdeszur Gewißheit,daß man es nichtmit einer Reihe vonsichkreuzenden Perioden zu tun habe, sondern daßjeder Tag,
sowie
erist,nach
23Tagen
dieTendenz zur Wiederkehr
hat.Oberwirklichsowiederkehrtwie er war, das hängtein- maldavonab,mitwelcherGegenwarterinKorkurrenzkommt, ob er so kräftigist, daßer dieGegenwartdurchdringt,oder dieGegenwart so schwach, daßihm dasDurchdringen keine Mühemacht.
Wenn man
sichabendsinguter Gesellschaft unter- hält,soistes nicht sehr wahrscheinlich,daßman
sich23Tage danach, mittenineinerhitzigenArbeitbegriffen,daran erinnern werde. Verbringt man dagegen eine Nacht aufdemBall, so/
FortgangdereigenenUntersuchungen. 2t kann
man
sicher sein,nach n.23 oder n.28Tagedavonzu träumen. InderNacht stehtderwiederkehrenden Vorstellung nichtsentgegen. DannhängtdieWiederkehrnoch davon ah, welcheandere Perioden, kleinere odergrößere, andemselben Tageeingehen. Das bringtjeweilsModifikationen hervor, die aber nicht imstande sind, den gemeinsamen Hintergrund zu verdecken.So vermerktdasTagebuchunterm30.Dezember:im Laufe derNachtstarke Erektionen undunterm22.Jänner:sexuelle Träume,oderunterm 11.Jänner:matt,schweresAtmen, und unterm3.Februar: leichterDruck aufdasZwerchfell, keine ausgesprochene Angst;wozu ich bemerken muß,daß gerade dieseBezeichnungenfürdas BefindenimganzenTagebuchenur dieseinemalVorkommen.
AufSeite 220 seines Buches analysiert Fließ einen Krankenfall,
wo
aufmindestensjeden zweitenTageinpatho- logischesSymptomfällt,underbraucht 9männlicheund3 weib- liche,imganzen also 12Reihen,um
allesunterzubringen. Esist»jeder zweiteTagdurch eine Periodebelastet“. Und Fließ meint, das dürfte wohldiegrößtmöglicheAnzahlvon Perioden sein. Alleinerirrt.
Die größteistauch noch nicht23.Man
muß
nurdieguten Tage auch in Reihenordnen. Dazu lagnun freilichfürden praktischenArzt,derseineBeobachtungenanKrankenbegann, keinAnlaßvor, währendichvonden harmlosen musikalischen Erinnerungen ausging unddaher vonHaus ausgeneigtwar, das Periodenproblem allgemeiner zu behandeln, anderes dahinter zusuchen.Fließ
hat nurmarkante DatenzuReihen geordnet;aus meinenUntersuchungen, soweitich sie bishermitgeteilthabe, undausdemFolgendenergabsich, daß allesohneAusnahme wiederkehrt oder wenigstens wiederkehren kann, das ganze eine Periodevon 28 oder 23Tagenerfüllendekörperlicheundseeli- scheLeben,MinutefürMinute.Jede Minutekannbelastetsein;sie
muß
es abernichtsein. „Belastung“ hörtüberhauptauf, fürdiePeriodizitäteineRollezuspielen, ln derAnschauung, daßdemsoseinmüsse, zeigt sich nochdieAbhängigkeitvon der zuerstbeobachtetenPoriode,der Periodexcct’ der weib- lichen28 tägigen mit ihren subjektiven Beschwerden.Natürlich, BeschwerdenerleichterndieBeobachtungeinerPeriodeundmit jedemWeh
geht ein neuesLichtimInnernauf—
,aber be- grifflichhabensiemit derPeriodizitätnichtszutun.Das Leben desMenschen bewegtsich in einer Spirale.
DerMensch schraubtsichweiter. Legenwir an dieseSpirale einezuihrerAchseparalleleGerade, so
kann
jederaufjedem PunktdieserGeradenalles sein,waserschon aufeinem früheren,22 NeueTatsachen.
tieferenPunktderGeradenwar.EinguterTag kannsichdurch geraumeZeithindurch regelmäßig wiederholen,biserauf einmal voneinem bösen Ereignis besetzt wird, das ihn auf lange hinaus in Beschlagnimmt. Leute, die ein äußerlich ruhiges Leben führen,
kommen
viel leichter dazu,einePeriodizitätin ihrem Befindenzukonstatieren.Esistübrigensnoch nichtanderZeit,diebiologischen Gesetze darzustellen,welchesichaus der Tatsache der Periodizität ergeben.Diese Tatsacheselbst