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Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) des XXXX,

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Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 13.05.2015

Geschäftszahl G312 2101998-1

Spruch

G312 2101998-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) des XXXX,

2.) der XXXX und 3.) der minderjährigen XXXX,

geb. 21.03.2014, alle StA. Serbien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2015, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerden werden die bekämpften Bescheide gemäß

§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG idgF, aufgehoben und die Angelegenheiten zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1), die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3), letztere gesetzlich vertreten durch den BF1 und die BF2, stellten am 15.11.2013 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

Am 15.11.2013 fand vor einem Organ der Landespolizeidirektion Niederösterreich,

PI Traiskirchen, die niederschriftliche Erstbefragung des BF1 und der BF2 statt. Auf die Frage, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe (Fluchtgrund), gab der BF1 an, dass sein Vater in Serbien Schulden in der Höhe von Euro 30.000 gemacht hätte und er sie vor einer Woche verlassen hätte. Am Dienstag seien die Gläubiger gekommen und hätten ihn und seine Frau aus dem Haus geworfen. Sie hätten nur die notwendigsten Sachen mitnehmen dürfen. Da er und seine Familie kein Dach mehr über dem Kopf hätten und seine Frau schwanger sei, habe er beschlossen nach Österreich zu kommen, hier hätte er Kontakt zu seiner Tante. Ansonsten habe er keine weiteren Fluchtgründe. Auf die Frage, was er im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte, erwiderte der BF1, dass er in Serbien gar nichts mehr hätte, er hätte kein Zuhause und außerdem Angst, dass die Gläubiger seines Vaters ihn umbringen würden.

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Am 14.01.2015 wurde der BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), RD Wien, im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Auf Befragung zu seinen Asylgründen gab der BF1 - entgegen seinem Vorbringen in der Erstbefragung - erstmalig an, dass er keinen Frieden finden würde, da er Roma sei. Er sei das erste Mal 2009 angegriffen worden. Drei Männer seien zu ihm ins Haus gekommen, zu diesem Zeitpunkt sei er mit seiner Frau und den Großeltern zu Hause gewesen. Seine Frau sei damals im 2.

Monat schwanger gewesen. Die drei Männer hätten begonnen auf ihn einzuschlagen, seine Frau sei dazwischen gegangen und wollte ihn in Schutz nehmen, sie sei durch ein Messer am Finger verletzt worden, von den Männern gestoßen worden und sei auf das Bett gefallen. Er habe seine Frau dann sofort zum Arzt gebracht, aber es sei zu spät gewesen, sie habe das Kind verloren. Diese Leute hätten ihm dann den Ehering und den Schmuck, einfach alles, weggenommen. Erst nachdem seine Frau zu weinen und zu schreien begonnen habe, seien diese Männer weggegangen. Sie seien aber immer wieder gekommen. Er sei zur Polizei gegangen, die hätten den Vorfall aber nur in ein Buch geschrieben und er habe keine Bestätigung darüber bekommen. Die Angreifer seien immer wieder gekommen, jedoch habe er dann zugesperrt und sie seien nicht mehr ins Haus gekommen. Er habe dies immer wieder der Polizei gemeldet, bis es einem Polizisten zu viel geworden sei und er selbst mit angegriffen habe. Er sei in der Früh, in Begleitung eines Freundes, zu ihm ins Haus gekommen und sie seien betrunken gewesen. Sie hätten geklopft und er habe noch geschlafen. Er habe aus dem Fenster gesehen und bemerkt, dass sie betrunken gewesen seien und einen Elektroschocker in der Hand hielten. Er habe geschrien:

"Kommt raus, ihr Zigeuner!". Die Nachbarn hätten dies auch gehört. Der Polizist habe sie weiter beschimpft, die Nachbarn seien herausgekommen und hätten die beiden Männer gefragt, was sie hier wollen. Dann seien die Männer weggegangen. Die anderen 3 seien immer wieder gekommen und es habe ständig Probleme mit diesen Leuten gegeben. Er habe dann seine Großmutter zu seiner Tante nach Wien geschickt, weil sie krank gewesen sei und große Angst um ihn gehabt hätte. Das sei 2012 gewesen, sie sei dann in Österreich geblieben und 2014 gestorben. 2013 seien die Leute wieder gekommen, hätten Geld von ihm verlangt und ihn gequält. Sie hätten ihm gegenüber behauptet, dass sein Vater ihnen 30.000 Euro schulden würde, er wisse jedoch nicht, ob dies stimme.

Seit 2009 hätte er ständig diese Probleme, daher hätten sie sich entschlossen, zu seiner Tante nach Wien zu gehen. Seine Frau sei dann auch wieder schwanger gewesen und da er nicht wollte, dass sie das 2. Kind verliert, hätten sie sich im November entschieden, das Land zu verlassen und nach Österreich zu gehen. Daher hätten sie in Österreich einen Asylantrag gestellt.

Auf weitere Befragung ergänzte der BF, dass er nicht wisse, wo seine Eltern leben würden. Er hätte zu ihnen keinen Kontakt mehr. Der Vater habe sich scheiden lassen und auf Nachfrage erklärte er, dass er bei seinen Großeltern väterlicherseits gelebt habe. Er habe die Anzeigen über die Überfälle auf der Dienststelle in XXXX gemeldet. Er kenne die Leute nicht, könne sie aber beschreiben. Es seien Serben gewesen mit kurz geschnittenen Haaren und kräftig. Er habe die Gesichter gesehen, er sei unter Stress gewesen. Auf Nachfragen erklärte der BF1, dass der Polizist, der ihn betrunken aufgesucht habe, XXXX oder so ähnlich geheißen habe. Den Familiennamen kenne er aber nicht. Er hätte bei höheren Stellen versucht, seine Anzeige einzubringen und zwar telefonisch, das habe aber nichts genützt. Wahrscheinlich hätte er wohin gehen müssen, das habe er aber nicht gemacht. Beschwerde beim Ombudsmann habe er nicht eingebracht. Er sei niemals politisch aktiv gewesen und habe keine Probleme mit den Behörden seines Heimatlandes gehabt. Ob sein Vater noch in Serbien lebe, wisse er nicht, er habe nur Kontakt zu seinen Tanten und Onkeln. Seit 2013 habe er keinen Kontakt mehr zu seinem Vater, er sei mit seiner neuen Frau weggegangen. Wo seine Mutter lebe, wisse er nicht, sie sei weggegangen, als er fünf Jahre alt war und er sei bei den Großeltern geblieben. In Österreich habe er eine Tante, sie und ihr Mann, der österreichischer Staatsbürger sei, würden in Wien leben. Sie sei immer für ihn da, wenn er etwas brauche. Er lebe derzeit in Österreich und werde über die Grundversorgung betreut. In Serbien würde noch weitere Verwandte von ihm leben, sein Großvater und eine Schwester, wo genau, wisse er nicht. Sonst gebe es keine Gründe, warum er Serbien verlassen habe.

Im Rahmen des Gespräches wurden Dokumente über Sprachkurse, Arbeitsvorvertrag und ein Sozialbericht vorgelegt. Der BF1 konnte einige Fragen auf Deutsch beantworten und lediglich bei Unklarheiten übersetzte die Dolmetscherin. Die Fluchtvarianten wurden in serbischer Sprache geschildert.

2. Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des BFA, den BF durch Hinterlegung am 12.02.2015 zugestellt, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Die belangte Behörde begründete in den angefochtenen Bescheiden ihre abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass einerseits keine asylrelevanten Ausreisegründe im Sinne der GFK festgestellt werden

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konnten, vor allem, da die vorgebrachten Gründe zum Verlassen des Herkunftslandes als nicht glaubwürdig zu werten seien. Andererseits würde selbst bei unterstellter Glaubhaftigkeit der vom BF1 in der Einvernahme im Vergleich zur Erstbefragung gesteigerten Angaben das Vorbringen keine Asylrelevanz erreichen.

Zusammenfassend führte die belangte Behörde aus, dass der BF1 und seine Familie durch Kriminelle, welchen sein Vater angeblich Geld schulden würde, bedroht worden seien. Nach Wiederholung der Angaben des BF1 stellte die belangte Behörde fest, dass sein gesamtes Vorbringen bei näherer Betrachtung logisch nicht nachvollziehbar sei und sein Verhalten im Zuge der vorgebrachten Bedrohung durch Dritte keinesfalls dem Verhalten einer Person, welche tatsächlich derart bedroht wäre, entsprechen würde. Es sei nicht nachvollziehbar, dass er und seine Frau sich nach dem ersten behaupteten Übergriff 2009, welche nach seinen Angaben ursächlich für die Fehlgeburt sein Frau gewesen sei, nach wie vor in dem Haus aufgehalten habe. Dies würde gänzlich dem vernünftigerweise erwartbaren Verhalten einer Person widersprechen. Auch wenn nicht auszuschließen sei, dass Angehörige der Volksgruppe der Roma etwaigen Diskriminierungen ausgesetzt seien und die Unterstützung der Polizei bei nicht schweren Vergehen nicht immer garantiert sei, habe seine Frau durch den angeblichen Vorfall eine Fehlgeburt erlitten und dies sei eine schwere Straftat, dass dem durch die serbischen Polizei nicht nachgegangen werde, sei äußerst unwahrscheinlich, ebenso wie das weitere Vorbringen, dass ein Polizist betrunken sein Haus aufgesucht und ihn beschimpft habe. Dies sei nur ein Vorwand, um eine Bedrohung durch die serbische Behörden in sein Vorbringen einzuflechten. Zudem habe die BF2 das Fluchtszenario in völlig unglaubwürdiger Weise dahin gesteigert, als genau am Tag der Abreise die Männer wieder bei ihnen gewesen wären und sie aus dem Haus geworfen hätten. Auch die weiteren Recherchen bezüglich der Angehörigen würden die Unglaubwürdigkeit erhärten. So sei er im November/Dezember 2013 bei seiner Tante angemeldet gewesen und auch sein Vater sei an der gleichen Adresse bis Juli 2014 gemeldet gewesen. Somit sei seine Behauptung, er hätte keinen Kontakt mehr zu seinem Vater, widerlegt. Seit Juli 2014 sei zudem auch die Halbschwester des BF1 an dieser Adresse gemeldet, der Vater sei seit Dezember 2014 an der nächsten Parallelstraße zur Wohnung der Tante angemeldet. Es sei daher bei näherer Betrachtung davon auszugehen, dass der BF1 und seine Familie, wie auch sein Vater und Geschwister sich regelmäßig, wenn auch illegal, in Österreich aufhalten, den Mittelpunkt des Lebens jedoch in Serbien haben. Dies erkläre auch, obwohl der BF1 über einen Reisepass verfüge, diesen nicht vorgelegt habe, da daraus die Reisebewegungen ersichtlich seien. Zudem widerspreche das Fluchtvorbringen - er würde durch serbische Kriminelle/Mafia bedroht werden, und sei deshalb nach Wien geflüchtet - der Tatsache, dass in Wien eine der größten serbischen Gemeinschaften außerhalb von Serbien zu finden sei und sollte er tatsächlich einer Bedrohung ausgesetzt sein, Wien als eines der ungeeigneten Fluchtziele anzusehen sei.

Des Weiteren traf die belangte Behörde umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Serbien.

Beim BF1 würden auch keine individuellen Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Serbien in eine derart extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung iSd Art. 3 EMRK darstellen würde. Auch sonst hätten sich keine sonstigen Hinweise auf eine Verletzung bzw.

Gefährdung iSd § 50 FPG ergeben. Eine Rückkehrentscheidung verletze nicht das Recht auf Privat- und Familienleben und es würden auch die Voraussetzungen eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht vorliegen. Da der BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme, sei der Beschwerde gegen diese Entscheidungen die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Das Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens trete hinter das Interesse Österreichs an einer raschen und effektiven Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück.

3. Mit dem am 25.02.2015 beim BFA, RD Wien, eingelangten und mit 25.02.2015 datiertem Schriftsatz erhoben die BF1, BF2 und BF3 Beschwerde gegen die im Spruch angeführten Bescheide. Darin wurde beantragt, die angefochtenen Bescheide dahingehend zu ändern, dass zumindest der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, in eventu für die BF aufgrund ihrer intensiven familiären Anknüpfungspunkte in Österreich und ihrer guten Integrationsfortschritte eine auf Dauer unzulässige Ausweisung ausgesprochen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung abzuhalten, in eventu die angefochtenen Bescheide zu beheben und an die erste Instanz zur nochmaligen Abhandlung der Verfahren zurückzuverweisen. Im Wesentlichen führten die BF aus, dass der BF1 vor seiner Ausreise im Hause des Großvaters väterlicherseits in XXXX gelebt habe. Er sei der Volksgruppe der Roma zugehörig. Der BF sowie seine Frau hätten die fluchtauslösende Situation geschildert, die sie gemeinsam erlebt hätten und welche sie zur gemeinsamen Flucht veranlasst hätten. Mehrere Männer serbischer Ethnie hätten in krimineller Weise gegen das Ehepaar Furcht erregende und erniedrigende Verfolgungshandlungen getätigt. Als Grund dafür hätten sie eine unbeglichene Schuldenangelegenheit, welche den Vater des BF1 betrifft, vorgegeben und den Zweck der Taten, nämlich die Räumung des Hauses aufgrund dieser Schulden, genannt.

Die Angriffe hätten im Jahr 2009 begonnen und seien mehrfach gesetzt worden. Die gewalttätigen Männer seien ins Haus eingedrungen, hätten die Herausgabe von im Haus vorhandenen Wertsachen und Ersparnissen erzwungen, die Einrichtung zerstört, beide BF misshandelt und sie diskriminierend als Roma beschimpft. Ein

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Übergriff habe während der Schwangerschaft der BF2 stattgefunden, infolge dessen sie das ungeborene Kind verloren habe. Die BF hätten sich mehrmals hilfesuchend an die Polizei gewandt, diese habe die Täter jedoch nicht verfolgt und sie auch nicht vor den Übergriffen der Täter beschützt. Im Gegenteil hätte einer der örtlich zuständigen Polizisten den BF ebenfalls belästigt und ihn als "schmutziger Zigeuner" beschimpft. Der BF1 habe es unterlassen, wegen dem Fehlverhalten dieses Polizisten und wegen der Untätigkeit eine diensthöhere Stelle einzuschalten. Dies sei ihm zu mühsam und aussichtslos erschienen, da er einen weiten Weg dafür auf sich hätte nehmen müssen. Die gewalttätig serbisch-national rassistisch agierende "Inkasso-Mannschaft" sei jedenfalls in krimineller Weise gegen die BF vorgegangen, um sie schlussendlich aus dem Haus zu vertreiben. Zuletzt sei die BF2 erneut schwanger gewesen und die Männer hätten dem Ehepaar angedroht, im Falle sie das Haus nicht freigeben würden, sie das neu geborene Baby "abschlachten" würden. Die BF seien der anhaltenden Gewalteinwirkung gewichen und hätten das Haus und ihr Herkunftsland verlassen und seien nach Österreich geflüchtet, wo sie sogleich und vorübergehend Unterkunft in der Wohnung der Tante des BF1 gefunden hätten.

Diese Tante sei in Österreich aufenthaltsberechtigt als Ehegattin eines österreichischen Staatsbürgers. Auch nachdem das Ehepaar in ein Flüchtlingslager der Grundversorgung gezogen sei, habe die Tante für alle anfallenden besonderen Bedürfnisse des Ehepaares und insbesondere für die Schwangere mittels finanzieller Unterstützung und seelischen Beistand gesorgt. Das gemeinsame Kind, XXXX (BF3) sei in Wien am 21.03.2014 geboren worden. Die Tante finanziere die Babyausstattung, Kinderwagen und alle anfallenden sonstigen außerordentlichen Bedarf der jungen Familie, auch stehe sie der jungen Mutter ständig bei der Pflege des Kindes mit Rat und Tat zur Seite. In Österreich würde sich des Weiteren auch noch der Großvater (der Vater des BF) befinden. Im Falle der Rückkehr müssten die BF eine ausweglose Lage, da sie aus dem Haus geworfen worden und dadurch obdachlos geworden seien, befürchten.

Die belangte Behörde hätte aufgrund von Verfahrensmängel, nämliche die unschlüssige Beweiswürdigung zur Unglaubwürdigkeitsunterstellung, Ignorieren des Parteienvorbringens, Verletzung der Ermittlungspflicht, die gegenständliche zu bekämpfende Entscheidung getroffen.

Zur Unglaubwürdigkeit sei der belangten Behörde entgegen zu setzen, dass sie die BF überhaupt nicht nach einer innerstaatlichen Fluchtalternative gefragt hätten und ob die BF überhaupt die Möglichkeit bzw. die finanziellen Mittel gehabt hätten, sich den Repressalien durch Umzug in eine andere Unterkunft zu flüchten. Es sei zwar der belangten Behörde dahingehend zu Folgen, dass eine verfolgungswürdige Straftat, dass die BF2 so misshandelt und in Unruhe versetzt hätte, dass sie ihr Kind verloren habe, behördlich verfolgt werden hätte müssen. Jedoch übersieht die belangte Behörde dabei, dass hierbei die Beweislast beim Opfer liege und diesbezüglich eine Beweisführung für eine Roma-Frau in Serbien nur sehr schwer oder gar nicht zu erbringen sei. Die Zusammenhänge, welche die Fehlgeburt tatsächlich ausgelöst hätten, könnten nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn die Behörde willens sei, auf das Vorbringen der Frau hinreichend einzugehen, wovon aber bei der auch heute noch gegebenen diskriminierenden Haltung gegenüber der Roma in Serbien sicherlich nicht auszugehen sei. Der belangten Behörde sei auch dahingehend im Recht, wenn sie dem BF1 zu Last lege, er hätte hinsichtlich des Aufenthaltes seines Vaters bzw. dass er keinen Kontakt zu ihm habe, die Unwahrheit gesagt hätte. Diesbezügliche Unwahrheiten seien jedoch noch lange kein Beweis, dass das Fluchtvorbringen des BF auch unwahr sei. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der BF seinen wahrscheinlich nicht legal in Österreich lebenden Vater mit dieser Lüge sozusagen schützen hätte wollen. Die BF hätten sich bezüglich der Bedrohungen und Verfolgungen im Heimatstaat mehrmals an die Polizei gewandt, jedoch hätten diese sich selbst von den Vorbringen der BF belästigt gesehen und ihrerseits die BF beschimpft und bedroht. Die belangte Behörde hätte in keiner Weise verifiziert, ob und in wie weit das Fluchtvorbringen wahr oder unwahr ist und bleibe im spekulativen Bereich. Sie hätte über die österreichische Botschaft in Serbien zielgerichtet recherchieren können, ob die vorgebrachte Situation überhaupt so oder wie stattgefunden habe und es wäre ihr offen gestanden, einen länderkundlichen Sachverständigen heranzuziehen.

4. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2015 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

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2.1. Zuständigkeit:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und

§ 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs.

2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 i. d. F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde mit dem BFA-Einrichtungsgesetz, BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012, mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014, geschaffen. Diese Behörde ist nunmehr für die Vollziehung des BFA-VG, des AsylG, des 7., 8. und 11. Hauptstückes des FPG, des GVG-B und der Dublin VO zuständig.

2.2. Zu Spruchtpunkt A):

2.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B- VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 BVG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

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Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung des Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs.

2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus. Dennoch ist die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes (im Folgenden: VwGH) zu § 66 Abs. 2 AVG auch für das Verwaltungsgericht maßgebend, wenn es gilt zu beurteilen, ob die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs 2 AVG erging bereits vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle. Diese Judikatur war für den damaligen Asylgerichthof, wie auch für seinen Vorläufer dem unabhängigen Bundesasylsenates (im Folgenden: UBAS) maßgebend. Der Asylgerichtshof wurde mit 01.01.2014 organisatorisch zum Bundesverwaltungsgericht. Mit dessen Einrichtung wurde schon zuvor vom Gesetzgeber in Asylangelegenheiten ein zweiinstanzliches Verfahren geschaffen und hat in diesen Verfahren bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln. Es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn die Berufungsbehörde jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht und somit ihre umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Dies spricht auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich bei derselben Behörde enden soll, für ein Vorgehen nach § 66 Abs 2 AVG (vgl. AsylGH 28.10.2010, A1 413.995-1/2010).

Im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084, führte der VwGH insbesondere aus, dass bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte nämlich auch berücksichtigt werden muss, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörden in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen.

In seiner Funktion als unabhängige und unparteiische Rechtsschutzinstanz erachtet das Bundesverwaltungsgericht, wie schon erwähnt, diese Rechtsprechung auch unverändert auf das von ihm zu führende Beschwerdeverfahren für übertragbar und sinngemäß anwendbar.

2.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 07.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw.

die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichtes ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen

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an ein rechtsstaatliches Asylverfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

2.2.3. Das BFA legte das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers seiner Entscheidung zu Grunde. So führte das BFA bei den Feststellungen aus, dass aus seinem Vorbringen nicht glaubhaft zu entnehmen sei, dass er aus genannten Gründen verfolgt werde. Seine sämtlichen Angaben bezüglich der Wohnsitze seiner weiteren Verwandten hätten ergeben, dass seine Angaben als gänzlich unglaubwürdig festgestellt werden mussten. Die Beweiswürdigung dazu beschränkte sich darauf, dass die vom Asylwerber geltend gemachte Furcht nicht nur behauptet werden muss, sondern auch glaubhaft gemacht werden müsse. Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörden davon zu überzeugen, dass behaupteter Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht worden ist. Die vom BF1 vorgebrachten Gründe seien als nicht glaubwürdig gewertet worden, da sein gesamtes Vorbringen bei näherer Betrachtung logisch nicht nachvollziehbar gewesen sei und sein Verhalten im Zuge der vorgebrachten Bedrohung durch Dritte keinesfalls dem Verhalten einer Person, welche tatsächlich derart bedroht wäre, entsprechen würde.

Nach Ansicht der Behörde sei das Verhalten der BF aufgrund des ersten behaupteten Übergriffes im Jahr 2009 nicht nachvollziehbar, da sie sich danach nach wie vor in diesem Haus aufgehalten hätten. Zudem hätten sie erst 2013 erfahren, warum diese Übergriffe stattfanden (Schulden des Vaters bei diesen Männern in der Höhe von 30.000 Euro).

Das BFA ging in seiner Entscheidung davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist, ohne jedoch im Zuge eines Ermittlungsverfahrens den konkreten Sachverhalt zu verifizieren.

Es ist jedoch insoweit festzuhalten, dass es im gegenständlichen Fall vom BFA in zentralen Punkten des Fluchtvorbringens verabsäumt wurde, weitere Hintergrundinformationen zu erlangen. Der Sachverhalt wurde hier nicht ausreichend erforscht; das BFA hätte jedenfalls Ermittlungen zu den folgenden entscheidungsrelevanten Punkten vorzunehmen gehabt und wären die Angaben des Beschwerdeführers anschließend auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen sowie entsprechend rechtlich zu würdigen gewesen.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, durch Vorortrecherche zB über die österreichische Botschaft oder über Verbindungsstellen, in Erfahrung zu bringen, ob es dieses Einfamilienhaus, welches den Großeltern gehört haben soll, an genannter Adresse überhaupt gibt, ob tatsächlich die Familie des BF darin gewohnt hat, ob die Übergriffe ab 2009 dokumentiert und bekannt waren bzw. ob bekannt ist, dass tatsächlich Vorfälle, an denen sich Polizisten in ihrer Privatzeit beteiligten, gegenüber Roma stattgefunden haben, bekannt sind.

So bedarf es einer genaueren Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, ob es sich nun bei den vom Beschwerdeführer relativierten Problemen tatsächlich nur um eine Verfolgung durch "Dritte"

handelt oder ob diese einen asylrechtlich relevanten Hintergrund haben. Im Anschluss daran bedarf es einer individuell konkreten Prüfung, ob davon ausgegangen werden kann, dass die staatlichen Institutionen in Serbien im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch Privatpersonen mit oder ohne asylrechtlich relevanten Motiven tatsächlich schutzfähig und schutzwillig wären.

Konkrete Feststellungen zu diesen zentralen Punkten des Fluchtvorbringens wurden seitens des BFA jedenfalls verabsäumt, da es als gänzlich nicht glaubhaft gewertet wurde, was aber im Lichte der Prüfung einer Bedrohung des Beschwerdeführers bzw. im Lichte einer allfälligen Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers unerlässlich ist. Der Sachverhalt wurde hier nicht entsprechend detailliert ermittelt; eine umfassende weitere Hintergrundermittlung zu diesen Punkten wäre aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher erforderlich gewesen.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass durch eine Zurückverweisung das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befand (VwGH 22.05.1984, 84/07/0012), sodass das BFA das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen - im gegenständlichen Fall somit die Beschwerdeausführungen und die ergänzend vorgelegten Dokumente - sowie allfällig zwischenzeitig vorgelegte Beweismittel zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs. 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben wird, dass getätigte Angaben ergänzt bzw. vervollständigt werden.

2.2.4. Im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungstätigkeiten wird sich das BFA somit im Rahmen einer eingehenden weiteren Befragung unter den soeben angeführten Gesichtspunkten nochmals mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer hinreichend auseinanderzusetzen haben und werden sämtliche von den Beschwerdeführern - auch im Zuge des Beschwerdeverfahrens - in Vorlage gebrachten Unterlagen und Anträge entsprechend zu würdigen sein. Jedenfalls wird das BFA zusätzlich eingehende Ermittlungen - auch durch Erhebungen vor Ort seitens eines Verbindungsbeamten oder Einbeziehung eines Vertrauensanwaltes im Wege

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der ÖB, österreichische Botschaft sowie der Vernehmung der eventueller Zeugen (Nachbarn) - zu tätigen haben;

dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass einem Vorbringen wie es vom Beschwerdeführer erstattet wurde, unter Berücksichtigung der dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen, jedenfalls nicht von vornherein die Asylrelevanz abgesprochen werden kann.

Das BFA wird zudem unter Wahrung des Parteiengehörs seiner Entscheidung zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderfeststellungen unter nachvollziehbarer Nennung von Quellen zugrunde zu legen haben (zur Aktualität von Länderfeststellungen vgl. auch VwGH 09.03.1999, 89/01/0287; 11.11.1998, 98/01/0284, 07.06.2000, 99/01/0210), wobei zu beachten ist, dass diese auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers Bezug zu nehmen haben.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes verstößt das Prozedere der Erstinstanz gegen die § 18 AsylG 2005 determinierten Ermittlungspflichten. Der für den Umfang der Ermittlungspflicht maßgebliche § 18 AsylG bestimmt nämlich, dass die Asylbehörden in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken haben, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen.

Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Diese Rechtsnorm, die eine Konkretisierung der aus § 37 AVG i.V.m. § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und festzustellen ist, hat die Erstbehörde in diesem Verfahren missachtet.

Die belangte Behörde wird zudem Ermittlungen zur Herkunftsregion sowie zu den persönlichen und familiären Verhältnisse der BF durchzuführen haben. Weiters wird sich die belangte Behörde mit dem aktuellen familiären Verhältnissen der BF auseinanderzusetzen haben, vor allem ob sich der Vater und der Großvater tatsächlich (illegal?) in Österreich aufhalten und ob bzw. welcher Tätigkeit sie nachgehen (Pflichtversicherung bei der Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft aufgrund einer Selbständigkeit des Vaters des BF1 ist zu verifizieren). Die Feststellungen werden dann mit den vorgebrachten Fluchtgründen der BF in Beziehung zu setzen sein. Die Angaben der BF werden auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen sowie entsprechend rechtlich zu würdigen sein, ebenso die privaten und familiären Verhältnisse der BF im Hinblick auf das durch Art 8 Abs.

1 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben.

Zusammengefasst ist die belangte Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht zur Erforschung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalts nicht ausreichend nachgekommen, obwohl die Ermittlung der oben genannten Umstände zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zur Erforschung der materiellen Wahrheit von maßgeblicher Bedeutung ist (VwGH 09.11.1989, 87/06/0064).

Das BFA hat es gegenständlich somit verabsäumt, hinreichende Ermittlungen zur individuellen Situation der BF in Bezug auf ihre persönlichen, familiären und gesundheitlichen Verhältnisse durchzuführen, auch hinsichtlich des in Wien geborenen Kindes. Der Sachverhalt wurde hier nicht entsprechend detailliert ermittelt; eine umfassende Sachverhaltsermittlung zu diesen Punkten wäre aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher erforderlich gewesen.

2.2.5. Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid des BFA gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zu beheben und die gegenständliche Rechtssache an das BFA als nunmehr zuständige erstinstanzliche Behörde zur neuerlichen Einvernahme und Entscheidung zurückzuverweisen. Das BFA wird im fortzusetzenden Verfahren die dargestellten Mängel zu verbessern haben.

3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Da im gegenständlichen Fall bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die mit Beschwerde angefochtenen Bescheide aufzuheben sind, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

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Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2015:G312.2101998.1.00

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