Heinz
StreibKinder und Jugendliche -
religiöse Erziehung und Entwicklung
Schülerorientierung
ist
ein wichtiges Themain
der religionspädagogischen Konzeptionsdiskussion nach 1945 geworden. Esmarkiert
eine Gewichtsver- lagerung, oder zumindest Ausbalancierung, von Stoff- und Lehrerzentrierunghin
zu den Schülerinnen und Schülern. Man kann vielleicht sogar von einem Wetteifern um die Schüler sprechen und dem Versuch, dem immer deutlicher spürbaren Relevanzverlust des Religionsunterrichts etwas entgegenzusetzen-
und freilich
ging es konkret auchum
das Partizipationsverhaltenim
Religi- onsunterricht. Wennwiederholt
neue Konzeptionsentwürfeihr
innovativesProfil nicht
zuletzt dadurch deutlich unterstreichen wollten,mit
der Orien-tierung
am Schülernun
endlich ernstzu
machen, deutet das auch darauf, dass Schülerorientierung Verschiedenes bedeuten kann:Anknüpfung
an die Fraglichkeit der Existenzund
die Fragen, Zweifelund
die Traditionsverges- senheit der Jugendlichen; Aufgreifen der schülerseitigen Fragen und Problem- wahrnehmungenim individuellen und
gesellschaftlichenAlltag;
Fokussie-rung
auf die Sozialisationund
Entfremdung der Schùlerinnenund
Schüler;Suche nach Anfängen
in
ihrer Erfahrungswelt-
um auf einige anzuspielen.D. Stoodt
konnte
noch 1,977 behaupten, dass sowohlim
hermeneutischorientierten
als auchim problem- und
lernzielorientiertenUnterricht
>die Religiositat des Schülers- der
sowohl Gegenstand des RU als auch dessen Subjekt ist- nicht
zum entscheidenden Bezugspunkt< wurde.r Auf den kom- me es jedoch gerade an und das wolle das Programm der Sozialisationsbeglei-tung
realisieren. Stoodts Feststellungist darum
interessant,weil
sie einen wichtigen Drehpunkt markiert; denn eines kann man Stoodt wohl kaum vor- halten: er habe sich nicht um den Anschluss an zeitgenössische humanwissen- schaftliche Modelle bemüht. Doch spätestens nachfünf
lahrenwar
Stoodts Feststellung, was den problemorientierten Ansatz angeht, weitgehend über-holt,
weil neuere Elgebnissein
Entwicklungspsychologieund
Psychoanalyse vorgelegt worden waren-
exemplarisch sei auf D. Levinson,A.-M.
Rizzuto,l.
D. Stoodt, Unterricht als Therapie? Am Beispiel des sozialisationsbegleitenden Reli- gionsunterrichts. In: P M. PJlùger (Hg.), Tiefenpsychologie und Pâdagogik. über die emotionalen Grundlagen des Erziehens, Stuttgart 1977, 178-193,179.42 I
Heinz StreibJ.
W
Fowler, R. Kegan, erste Texte von F. Oser, und das wachsende Werk von L. Kohlberg verwiesen- und in
der Religionspädagogik die Diskussion um deren Integration in vollem Gang war.2 Dass hierbei Nipkow die entscheiden- de Schlüsselrolle gespielt hat, ist der Fokus dieses Beitrags.Das Themenfeld religiöse Entwicklung, das möchte
ich
zeigenund
hier vorab behaupten, konnte (und kann) eine Gravitation entfalten, die die Reli- gionspädagogik dazu anhält,der
Schülerorientierung,der Orientierung
anihren
Lebensweitenund ihrem
Alltag,in
der religiösen Erziehung einen be- sonderen Schwerpunkt einzuräumen.Die Modelle
religiöser Entwicklung stammen-
notq bene-
vorwiegend aus der Psychologie: es sind Modelle aus Psychoanalyse, psychologischer Lebenslaufforschungund
insbesondere ausder
Entwicklungspsychologie;man könnte
also durchaus behaupten, dassmit
dem hier gestellten Thema ein Kapitel angewandte Religionspsychologie aufgeschlagenwird - und
NipkowsProfil
als Religionspsychologe erkennbarwird.
L Psychoanalytische Modelle und der Horizont von Lebenslauf und Lebenswelt
Es wäre verfehlt anzunehmen, dass
Nipkow für
die Frage nach der religiösen Enhvicklungallein auf die kognitiv-strukturellen
Modellevon
Fowler und Oser Bezug nehmen würde. Iedenfallsim
einschlägigen Band 3 der >Grund- fragen der Religionspädagogik< spielt einviel
größeres Spektrumvon
Ent- wicklungsmodellen eine Rolle. Es gehtum
>Sinnerschließungim
Lebenslauf und Lebensalltag<, wie die Kapiteltiberschrift sagt. Das heißt: Lebensgeschich- tein
einem möglichst umfassenden Sinn und Lebenswelt sind die Bezugsgrö-ßen, oder:
>Religionist ein
Vorgang vieldimensionaler SinnerschlieJ3ungn.3 Freilich scheint sich Fowlers integrative Perspektive wie ein roter Faden durch Nipkows Darstellungvon Kindheit,
lugendund
Erwachsenenalterhindurch zu
zrehen, aber ohne eine psychoanalytische Sicht- hier
verweistNipkow
tresonders hinsichtlich der Bedeutung der Elternbilder
fur
die religiöse Ent- wicklung aufA.-M.
Rizzuto,a die damals ja der deutschen Öffentlichkeit noch kaum bekannt war-
und einen Bezug auf Alltag und Lebenswelt sowienicht
zulefzi aufTradition und
Erfahrung wäre nachNipkow
dasBild nicht voll-
2.
K. E. Nipkou Grundfragen der Religionspädagogik, Bd. 3: Gemeinsam ieben und glauben lernen, Gütersloh 1982.3.
Nipkott 1982, a. a. O., 48.4.
A. M, Rizzuto, The Birth of the Living God. A Psychoanalytic Study, Chicago 1979.Kinder und Jugendliche
-
religiöse Erziehung und EntwicklunCI
43ständig.
Im
Vordergrund jedoch stand das Werk Fowlersund
(nach dessen Erscheinen) das Modell Osers.Fowlers Modell der Claubensstufen
Die Resonanz auf Fowlers Modell
in
den USA war von Anfang an groß, seine Publikationen, vornehmlich >Stages of Faith<, haben jahrelang unter den von Religionspädagoginnenund
-pädagogen meistgelesenBüchern
rangiert,s zahlreiche Dissertationeninspiriert6 und
bereits 1982zu
Konferenzen ge-führt,
aus denen wesentlicheImpulse für
einekritische
Aufsatzsammlung hervorgingen.T In Deutschland war die Resonanz insgesamt zurückhaltender.Während
in
den USA das Gespräch zwischen entwicklungspsychologischer Forschung und Theologie eingesetzt hatte, beklagtNipkow
1982, dass >hier- zulandeein
Gegenstücknoch
fehlt<.8Doch Nipkow hat hier
Pionierarbeit geleistet: Fowlers >StagesofFaith<,
1981 publiziert, ist bereitsin
dem ein Jahr später erscheinenden Band 3 der rGrundfragen der Religionspädagogiku der deutschen Offentlichkeit vorgestellt undin
den Entwurf einer Perspektiveauf
>Sinnerschließung
im
Lebenslaufund
Lebensalltag<integriert
worden.e Da- beiist freilich
auch von Anfang an eine kritische Distanz gegenüber Fowler erkennbar, wenn etwa aus theologischer und religionspädagogischer Perspek- tive festgestelltwird,
>dasstrotz
der unbestleitbaren konstruktiven Tätigkeitdes
menschlichen Geistes Lebenssinn geradenicht konstruiert
werden kann<.IoOsers Modell des religiösen Urteils
Osers und Gmûnders Standardwerkrl
von
1984 wurde vonNipkow in
einem Grundsatzartikel 1987 aufgegriffen.12 Er weist daraufhin,
dass dieses Modell5.
W].
Walter, Booksin
religious adult education valued by professional religious adult educators, Ed.D. Disse¡tation, University of North Têxas, 1996 (DAI-A 57 107,p.2950,|an 1997).
6.
H. Streib, Faith Development Research at Twenty Years. In: R. R. Osmer/F. Schweit- zer (Hg.), Developing a Public Faith. New Directions in Practical Theology, Essays in Honor of James W. Fowler, St. Louis 2003,15-42.7.
C. Dykstra/S. Parks (Hg.), Faith Development and Fowler, Birmingham 1986.8.
Nipkow 1982, a.a.O'49.9.
Ebd., 4s ff.10. Ebd., s7.
li.
FK
Oser/P. Gnúnder, DerMensch
Stufen seiner religiösen Entwicklung. Ein strukturgenetischer Ansatz, ZürichlKöln 1984.12. K. E. Nipkow, Lebensgeschichte und religiöse Lebenslinie. Zul Bedeutung der Di-
44
I
I lr,irrz Strcitrnitlr(
von Wisscnsstlukttrlcn, soncìerll von Tiefenstrukturen handelt,in
de- nt'n siclr >rclic tats¿ichlich volhandene Fassung der Gottesbeziehung spiegelt<.Zustinrnrcncl
nimrlt Nipkow
auchdie
Zielperspektive eines expliziten Ge- winns ¿rn Autonomie auf.13Nipkows theologische Bedenken richten sich auf Osers höhere Stufen 5
und
6,in
ihnen schrumpfe der biblischeGott
zu einem >metaphysischen apriori<.la
An
der Zielperspektivekritisiert
Nipkow deren mangelndeempiri-
sche Absichemng) aber
vor
allem den Eintrag von Wünschen, >die eher denkulturell
und konfessionell geprägten individuellen Standort des Autors spie- geln, als dass sie einer Entr,vicklungslogik empirisch-normativ gehorchen<.r5Kritik des kognìtiv-strukturellen Modells von Fowler
In
seiner Auseinandersetzung standfùr
Nipkow eindeutig Fowlerim
Vorder-grund. Wird
bereitsdurch die
Übersetzung >faith<mit
>Lebensglaube( eine behutsame Distanzzum Ausdruck
gebrachtt6, soformuliert Nipkow
1983noch
schärfer: >FowlersBegriff
des >Lebensglaubens<hat inhaltlich
nichtsmit
Luthersund
Calvins Rechtfertigungsglauben als Christusglaube zu tun.Von Christus ist nicht die Rede. Fowlers Buch ist kein theologisches, sondern ein psychologisches Buch.< r7
Eng
damit
zusammenhängend problematisiertNipkow
Piagets ,dyna- mischen Kantianismus<, der aus der Sinnsuche ein Sinnschaffen macht, was eben auch bei Fowler erkennbar sei: >Psychologisch greifbarwird fùr
Fowler...
eher das,...
wasnicht
auf die empfangende Seite des Menschen gehört, sondern auf die aktive, gestaltende, sinnentwerfende Seite<.In
seinem Gastvortrag 1986 in Atlanta >Who is the Author of My Biogra- phy?nt'nimmt Nipkow
Fowlers Veröffentlichungen aus <1enlahren
1983 bismension des Lebenslaufs in der Praktischen Theologie uncl lì.eligionspädagogik. In:
Jahrbuch der Religionspädagogik, Bd. 3, Neukirchen-Vluyn 1987, 3 -35.
13.
Nipkow 1987, a.a.O., 30; vgl. auchK
E. Nipkow, Stufentheorien der Glaubensent- wicklung als Herausforderung fur die Religiorspädagogik und Praktische Theo- logie. In: K. E. Nipkow/F. Schweitzer/J. W. Fowler (Hg.), Glaubensentwicklung und Erziehung, Gütersloh 1988, 27 0-289, 272.14.
Nipkow 1988, a.a.O.,272.15.
Nipkow 1.987, a.a.O., 33.16.
Nipkow 1982, a.a.O.17. K. E. Nipkow, Wachstum des Glaubens
-
Stufen des Glaubens. In: H. M. Müller/D. Rössler (Hg.), Reformation und Praktische Theologie, Festschrift für Werner Jet-
te¡ Göttingen 1983, 161-189, 175.
18.
K
E. Nipkow, Who is the Author of My Biography? Historical and Systematical Re- marks to a Theology of individual Faith History (Lecture presented at EMORY Uni- versity, Atlanta, Sept. 1986).Kinder und Jugendliche
-
religiöse Erziehung und EntwicklungI
1985,
in
denen Fowler seine Theorie als >practical theology ofchristian
for-mation( unter
demMotto
>becoming a subject before God<profiliert
hat, beimWort
und schlussfolgert: >we shouldnot
speak of theindivi
dual as the>meaning
maker. (Ernst
Becker)<.te Weiterwird
das Fowlersche,an
H. R.Niebuhr
angelehnte,Konstrukt
derushared center(s)of
values and power<mit
der kritischen Fragekonfrontiert:
>Couldit not
be that by this framing God is seen as a timeless, ahistoric, and impersonalentit¡ not
any longer asGod
in
history?< Nipkow btlndelt seine konstruktiveKritik in
einem konkre- ten Vorschlag zur Aspekt-Systematik von Fowlers Modell: >Soit might
seem apt to introduce the explicit category of >God-person-relationship< as an addi-tional
eighth structural factorinto
Fowler'sfaith
development theory and to operationalizeit in the Manual by
corresponding aspect descriptions and code criteria.<20Bereits 1982 problematisiert Nipkow eine exklusivistisch lineare und hie- rarchische Stufenfolge
bei
Fowler.2Ì Fowler entwerfe >eine stufenfolge des>Lebensglaubens<,
die nicht nur
beschreibend, sondern auchnormativ,
alsFortschritt, verstanden werden soll<.22 Anders und schärfer
in
seinem Atlan-ta-Vortrag: Mit Berufung auf Luther,
Comenius,vor allem jedoch auf Hamann und
Kierkegaard,stellt er der auf Kontinuität und
prozess aus- gerichteten Perspektive Fowlersdie
Bedeutungvon Diskontinuitäten,
dem unerwarteten und den dunklen Seiten des Lebens und damit eine geschicht- liche Perspektive entgegen. Auf den Punkt gebracht: Nipkow stellt der evolu- tionistischen Gesetzmäßigkeiten folgenden stufensequenz Fowlers ein zweites Paradigma gegenüber: >anotion of
history as open process,or in
theological terms, a process rendered openby
God<- und
bescheinigt Fowler, er habe erstere)more
elaborated< als das refztere.23 schließlichwird die
Entwick- lungsrichtungin
FowlersModell in
Nipkows Beitrag zum Symposium 1986in
Blaubeuren, an dem sowohl Oser als auch Fowler teilgenommen haben und über deren Modelle heftig diskutiert wurde, kritisch betrachtet: sie über- nehme bewusst den gesellschaftlichen Prozesses derIndividualisierung
und Pluralisierung als normatives Ziel der Entwicklung.2a Nipkow würdigt jedoch ausdrücklich Fowlers theologischeProfilierung
seines Modells, sofern dieser19. Nipkow 1.986, a. a. O., 42; vgl. Nipkow i988, a. a. O., 28 l.
20, Nipkow 1986, a. a. O., 48.
2I.
Nipkotv 7982, a.a.O, 102. K. E. Nipkow, Pädagogik und Religionspädagogik zum neuen Jahrhundert, Bd.1: Bildungsverständnis im Umbruch, Religio'spädagogik im Lebenslauf, Elementarisierung, Güter:sloh 2005, 267.22. Nipkow 1983, a. a. O., 178.
23. Nipkow i986, Who is the author, a. a. O., 55.
24. Nipkow 1988, a.a.O.,273f.
45
46 I
Heinz Streibaus theologischen und ethischen Gründen einer rigorosen Stufen-Hierarchie
und
demMotto
>Entwicklung
alsZiel
der Erziehung<nicht
dasWort
reden will.25 Außerdem sei es Theologenund
Religionspädagogen auf der Grund- lage von Fowlers Modellnun möglich,
das >Problem des religiösen Infantilis- musu anzugehen.26Ingesamt hat Fowlers Modell
fùr Nipkow ftir
die Wahrnehmung der Re- ligiosität von Kindern und |ugendlichen wie fur die Religionspädagogik über- haupt eine hohe Bedeutung. Offenkundig ist ebenso die Bedeutung von OsersModell,
besonders wenn esdarum
geht, die Außerungenvon Kindern
und Jugendlichenkonkret
einzuschätzenund zu interpretieren, denn Nipkow
spieltnicht nur mit
dem Gedanken einer praktischen Umsetzung, sondern zeigt diesen Entwicklungs-und
Handlungsbedarf an konkreten Unterrichts- situationen auf.2. Die Wahrnehmung von Kindern und fugendlichen und die Bedeutung der Entwicklungsmodelle
Die Kinder
Die grundlegende Botschaft der Modelle religiöser Entr,vicklung ist die einer Differenz: Es gibt eine Verschiedenheit von
Modi
des Zugangs und Umgangsmit
Religion, die sich, wieund warum
auch immer, auf dert Lebenslauf ab- tragen lassen. Oder ganz einfach und auf eine bestimmte AltersgrupPe zuge- spitzt: Kinder glauben und denken anders. Oft ist selbst den Insidernim
Dis- kurs über religiöse Entwicklung und Erziehung die Tragweite dieser einfachen Erkenntnis nicht voll bewusst-
und ein kleines >Plädoyerfür
die erste Naivi- tät<kann
eine heftige Kontroverse auslösen.27Durch
den neueren Diskurs über Kindertheologieist
dies stärkerins
Bewusstsein gerückt worden. >Die Religion des Kindes hat eine eigene Struktur<,28 schreibt Nipkow, umunmit-
telbarim
Anschluss daran auf Fowlers und Osers Modelle einzugehen.Ebd., 281f.
Ebd., 284.
Ygl. A. A. Bucher, >Wenn wir immer tiefer graben . .. kommt vielleicht die Höl1e(. In:
Katechetische Blätter 114 (1989),654-662 und die Von diesem Aufsatz ausgelöste Debatte in den Katechetischen Blättern.
K. E. Nipkott, Abschied vom Kinderglauben
-
oder: Werden wie die Kinder? Theo- logische Perspektiven zum Glauben im Lebenslauf. In: Brennpunkt Gemeinde, Mis- sionarische Impulse für Verkundigung und Gemeindeaufbau 48 (1995), 173-777,17 5.
25 26 27
Kinder und Jugendliche
-
religiöse Erziehung und EntwicklunCI
47Detailliert
gehtNipkow
2006 auf das Thema Kindertheologie ein2e und gliedert seine Überlegungen anhand der Systematik der Tübinger Elementa- risierung, die ja alsdritte
Dimension explizit die Reflexion über >elementare Verstehenszugänge( einschließt,die wiederum
entwicklungspsychologischprofiliert
sind.30 Fowlerwird im
übrigen hier bescheinigt,nicht
so entschie- denim
strukturgenetischen Rahmen zu verbleibenund
eine kognitive Eng-führung
überwunden zu haben (435).Ftir
die früheKindheit
siehtNipkow
den>intuitiv-projektiven
Glaubeno vorherrschend,in
der weiterenKindheit
den >mythisch-wörtlichen Glauben<.Die Jugendlichen
Nipkows nähere Beschäftigung
mit
der Religiosität fugendlicher beginnt be- reils vor und unabhängig von seiner Rezeption entwicklungspsychologischer Modelle:mit
den so genannten lugendreligionen oder, wie Nipkow treffenderformuliert: der
>neuen Religiosität<,3Idie
eben auchund
insbesondere die fugendlichenbetrifft.
Zwar stehenzur
Analysehier
eher soziologische und psychoanalytische Zusammenhänge, etwa der Narzissmus des so genannteu )neuen Sozialisationstyps<im
Vordergrund; dochwird
auch auf Modelle re- ligiöser Entwicklung Bezug genommenwird -
und zwarmit
eher deutlichenWorten. Man dürfe nicht verkennen, dass die neuen Bewegungen z. T. >durch lhren Irrationqlismus
und
durch ihre bedenkliche Tendenz zur gedanklichen Vereinfachungim
Sinne von Simplifizierung die notwendigen Reflexionsauf- gaben untergraben.Die
Schulebleibt
demgegenüberder Ort, wo in
jederHinsicht
den schrecklichen Vereinfachern gewehrtund
heutemehr
denn je das differenzierte Denkenkritisch
eingeübt werden sollte.<12Betrifft
diese >neue Religiosität<, wie Nipkow feststellt,nur
eineMinder-
K. E. Nipkow, Theologie des Kindes und Kindertheologie. In: Zeitschrift für Theo- logie und Kirche 103 (2006),422-442.
K. E. Nipkow, Elementarisierung als Kern der Unterrichtsvorbereitung. In: Kateche- tische Blätter 1i
I
(1986), 600-608; K. E. Nipkow, Elementarisierung. In: G. Bitter/R. Englert/G. MilIer/K. E. Nipkow (Hg.), Neues Handbuch religionspädagogischer Glundbegriffe, München 2002, 451-456; K. E. Nipkow, Pädagogik und Religions- pädagogik zum neuen Jahrhundert, I, a. a.O., 326ff.
K, E. Nipkow, Neue Religiosität, gesellschaftlicher Wandeì und die Situation der Ju- gendlichen. In: Zeitschrift ftrr Pädagogik 27 (1981),379-402:
K
E. Nþkor4 Sinn-losigkeit und ¡neue Religiosität, im Erleben der Jugendlichen als pädagogische He- rausfordelung.
In:
-E Bohnsack (Hg.), Sinnlosigkeitund
Sinnperspektive. Die Bedeutung gewandelter Lebens- und Sinnstrukturen für die Schulkrise, Frankfurt/M. 1984, 90-r 16.
Nipkow 1984, a. a. O., I12.
30
31
32
4,\ I
llr.rnz i,trr.rlrIt,'il
vort lrrlit'rr<llitltcn, solicg(
Nipl<or'v clurch eine 1236 Texte umfassende lrrlrt'lrrrrrli urìter
lJcrul,ssclltilclinnell ur1cl -schùlernin
Württemberg Material t¡trirsi rrtrstlcl
M itLc clcs Lebens vor. Die Alalyse des relativ sperrigen Materials gcstaltcl sichnicht
einfach. Als methodischen Zugang gr-eiftNipkow
darum auf clezicliert quaìitative Methoden zut'ùck, die an die GroundedTheoly
an- gelehnt sind. Das Ergebnis derAlalyse
ist darum dicht am thematischenIn-
halt der Schriieräußerungenund
bestehtvol
allemin
der thematischen Verdichtung und Identifizierung von
Problemschwerpunkten,wie
etwa>enttäuschte Erwartungen
an Gott
alsHelfer und
Garant des Guten< oder die offenkundig hochbedeutsame Theodizeeproblematik, die Frage nach An- fang und Ende, die Frage, ob >Gott< eine Fiktion bzw. Ergebnis einer Projek-tion
sei, oder herbeKritik
an derMoralität
der Kirchenchristen.Zwar nicht bei der
Analyse, aberhinsichtlich der
Folgerungen werden strukturgenetische Modellein
Anspruch genommen, besondelsin
These 7.Dort
heißt es: >Da alle aufgewiesenen möglichen rEinbruchstellen< des Got- tesglaubens auf Grund ihrer konflikthaften Divergenzen eine gedankliche He- rausforderung an das ,religiöse Denken< (F. Oser) enthalten, legt es sich .. .religionspädagogisch nahe, besonders
den
schulischen Religionsunterrichtmit
der Aufgabe (neben anderen) zu betrauen, den Schülerin
entwicklungs-und
sachgemäßer Weisezu
selbständiger gedanklicher Auseinandersetzung auf dern Wege zu einem reiferen religiösenund
theologischenUrteil
anzu- regen. <r33. Die Integration der Entwicklungsperspektive in die Religionspädagogik
Bereits 1987
notiert Nipkow
das Erreichen eines ,bemerkenswerten< theo- retischen Diskussionsstands über die entwicklungspsychologische Fragestel- lungen innerhalb weniger lahre, jedoch gleichzeitig dasDefizit der
Umset-zLlng
entwicklungspsychologischerErkenntnisse in die Anleitung
zúÍ Unterrichtsvorbereitungund in die
Gestaltungvon
Lehrplänen.3a LetzteresK. E. Nipkon, Die Gottesfrage bei jugendlichen
-
Ausweltung einer empirischen Umfrage. In: U. Nembncå (Hg.), Jugend und Religion in Europa, Frankflrrt/M./Bern1987 , 233-259,254.
K. E. Nipkow, Entwickìungspsychologie und Religionsdidaktik, Zur Problem- und Rezeptionslage und zur Bedeutung entwicklungspsychologischer Fragen
in
einerelementarisierenden didaktischen Analyse als Keln der Unterrichtsvorbeleitung.
In: Zeitschlift tur Pädagogik 33 (1987), 149-165.
33
34
Kinder und Jugendliche
-
religiöse Erziehung und Entwicklung I
49verdeutlicht er exemplarisch an dem unangefochten
im
Lehrplanfur
Klas- se 5/6 aufgeführten Elia-Zyklus, und hier insbesondere an der Erzählungvom Gottesurteil auf dem Berg Karmel. Denn die Kinder müssten verständlicher- weise-
wie auch eine Video-Dokumentation einer Unterrichtsstunde zeigt-
diese Erzählung, besonders
die Tötung der
Baals-Priester,in
moralischen Denkstrukturen einer präkonventionellen Logik oder von Vergeltungsgerech- tigkeitskategorien verstehen, während sich wahrscheinlich erstfur
Schùlerin- nenund
Schüler der SekundarstufeII
>die Geschichtevom
Gottesurteilauf
dem Karmelin ihrem
vollen religionspolitischenund
religiös-existentiellen Gehalt erschließen lassen(wird),
weil jetzt die Verständnisfahigkeitfur politi-
sche Sachverhalte stärker entwickelt
ist
undweil für
ältere Jungendliche die Erfahrung des eigenen Selbstin
Entscheidungslagen relevant wirdu.3sDamit hebt Nipkow die Problematik und Dringlichkeit einer der vier
Di-
mensionender
Elementarisierunghervor, nämlich
des Sequenzproblems (>elementare Anfänge<), das besonders die Frage der Entwicklungsgemäßheit des Unterrichtsgeschehens thematisiert.Hier
finden Modelle religiösel Ent- wicklung vorwiegend diagnostische Anwendung.Mit
demMotto
>Entwicklung alsZiel der Erziehung< sind Oser und seine Mitarbeiter36 nicht zurückhaltend. Nipkow greift diese religionspädagogische Perspektive grundsätzlich auF7, auchihm
geht esdarum,
>den Schülerin
entwicklungs-und
sachgemäßer Weisezu
selbständiger gedanklicher Aus- einandersetzungauf
dem Wegezu
einem reiferen religiösenund
theologi- schenUrteil
anzuregen(: >Als ein Zeichen der Reife des religiösen Urteils ist es dabei anzusehen, wenn die Schüler langsam, je älter sie werden, erkennen,wo
der menschliche Verstand an seine Grenzekommt,
und sie dennoch das Interesse an einem >denkenden Glauben, nicht aufgeben.<38Oder,
auf die
kritischeFunktion der
Theologie abhebend:,Man
kannund darf
daherauch Strukturstufen kognitiv-struktureller Herkunft
reli- gionspädagogisch anwenden, ohne sich ihren Schwächen auszuliefern, wenn man siein
theologischer Selbstunterscheidung präzis auf den Punkt bringt:Wo widersprechen sie theologischen Kategorien
...
und wo nicht.<reMethodisch
wird
dies näher präzisiert: >Wenn Schüler es von sich aus zu erkennen geben, dass siemit
ihren älteren Denkfolmennicht
mehr zu Rand3s.
Ebd., 162.36. P. Gmünder, Entwicklung aIs ZreI der religiösen Erziehung. Bericht über ein For- schungsprojekt >Entwicklung kognitiver Stufen des religiösen Urteils<. In: Kateche- tische Blätter I04 (1979), 629 -634.
37
.
Nipkow i 987, Gottesfrage bei Jugendlichen, a. a. O.38. Ebd.
39. Nipkow 1987, Lebengeschichte und religiose Lebenslinie, 19.
l
l l,.rrr,,"tr,.rl,li,'nun,'n,
isttlt'r'lìcligionslchlcl legitimielt,
zu einer theologisch(!)
als ange-r ì ì ('ss(' r ì(' r ir u szr.r wc iscr-rclcn ¡höheren< Stufe zu stimulieren. <40
IIntl
noch cinen Schlitt weiter schlägt Nipkow vor'. >geplant vorausgehendf 0r'tlcrn<
-
dannnämlich,
Dwenn bestimmte Erfahrungs-und
Denkformen t.war f;jrr ein Entwicklungsstadium zunächst die einzig kindgemäßen sein mö- gen (etwa das Do-ut-des-Denken),für
das Erwachsenwerden alsChrist
in reformatorischer Sicht aber problematisch sind, da sie gerade das Verdienst- denkenin
der Gottesbeziehung spiegeln, das die Reformation zu überwinden versucht hat.<arIn
dieser eigenen UmgangsweiseÍhgt Nipkow
diedritte
Dimension der Elementarisierung (>elementareA¡fänge< bzw
>elementare Zugänge<)in
seinen Elementarisierungsansatz ein.a2Ein vielleicht noch
prominentererOrt ist der kognitiv-strukturellen
Perspektive eingeräumt,wenn
Nipkow jùngstin
seine Systematikvon
>Kompetenzaufbauund
-stufen aus pädago- gisch-religionspsychologischer Sicht< a3explizit
das kognitiv- strukturelle Ler-nen
neben >kumulativemuund
ureflexivem Lernen< alsdritte Form
auf-nimmt.
Es zeichne sich besondersdurch
>tiefenstrukturelle Merkmale< ausund
werdemit
K.H.
Reichaazu
einem transformatives Lernen, wenn etwa>Komplementäres Denken< ein Entweder-Oder-Denken überwindet, das die Verständigung
mit
den Naturwissenschaftenund
zwischen Religionen blo- ckiert und nicht zuletztin
der Friedenspädagogikfür
die Überwindung dua- listischen Feindbilddenkensnotwendig
ist.a5Hinsichtlich der
didaktischen Einflussmöglichkeitenfreilich ist
festzustellen, dass diese Transformation nicht einfach vermittelt werden kann, weil erst unter der Erfahrung des Schei- terns von Assimilation sich die Auffassungsstrukturen seÌbst verändern und transformieren. Insgesamt erkennt man beiNipkow
eine starke Verbindungvon
religiöser Erziehungund
religiöser Entwicklung, ocler-:ein
Plädoyerfür
eine entwicklungsbezogene Religionspädagogik- wenll
das auch stets unterdem wachsamen theologischen Auge geschehen soll.
40.
Ebd.,34,4r.
Ebd.42.
Nipkow 1986, Elementarisierung, a. a. O., 606; Nipkol 2002, a.a.O., 452f.; Nipkow 2005, a,a.O.,327.43.
Nipkow 2005, a. a. O., 128 ff.44. K. H. Reich, Developing the Horizons of the Mind. Relational and Contextual Rea- soning and the Resolution of Cognitive Conflict, Cambridge 2002.
45. K. E. Nipkow, Der schwere Weg zum Frieden. Geschichte und Theorie der Friedens- pädagogik von Erasmus bis zur Gegenwart, Gütersloh 2007, 406ff.
Kinder und Jugendliche religiöse Erziehung und Entwìcklung
I
5r4. Offene
Fragenund (nicht abschließende)
ThesenHeute steht die
religionspädagogische Rezeption entwicklungspsychologi- scher Moclelle religiöserEntwicklung vor
neuen Herausfolderungen. Das vonNipkow
angestoßene Projekt muss weitergeführt und innovativfortent-
rvickelt werclen.Darum
abschließend eirrige Bemerkungen, Thesenund
Fra-gen, die als kritisch-konstrr-rktive
Antwort
eines Schùlers an seinen Lehrer ver standen werden wollen.1.
Zulange habenlvir
die kognitiv-strukturellen Entwùrfe, besonders die von Kohlberg, Fowler und Oser, als empirisch abgesicherte und kaurn anfecht- bare Theorien gellonlmenund nicht
als das, was sie allein beanspruchen dürfen: Modelle, deren Validitätwir
nicht voralrssetzen können und die je überpr-uft werden muss,nicht
ztlelzT von der Psychologie.'162.
Nachdem die Plausibilität einerinvaliant-unidirektionalen,
irreversiblen, strukturalistisch-ganzheitlichen (structural whole), hierarchisch angeord- neten turd dazu noch universal gültigen Stufenfolgeim
Sinne Kohlbergs erheblich gesunken ist, stellt sich neuer Diskussionsbedarf. Was gel-rt ver- loren, wenn r,r,ir Kohlbergs Er-rtwicklungslogik verabschiedenoder
diffe- renzieren (müssen)? Einesmit
Sicherheit nicht:dendifferentialdiagnosti-
sche< \A¡ert einer Unterscheidung
von
Stilen des Zugangsund
Umgangsmit
Religion.lTM.E. ist von
dieser Problematik wederein in die dritte
Dimension der Elementarisierungas noch einin
die Systematik vonKon-
petenzen bzw. Lerndimensionenae aufgenomme nes kognitiv-struktw'elles Lernen tangiert, wie es beiNipkow
der Fall ist. Warum alsonicht
explizit eine Entwicklungslogik, wie Kohlberg diese entworfen hat, ignorieren?503. Die
>Feinmotorik<der
Entn'icklungsdynamik avanciertauf den
Linienvon Assimliation
ur-rdAkkomodation
nach Piaget/Kohlbergleicht
zumVgl. dazu die fehlende oder eher kritische Resonanz aus der Psychologie (um die sich Forvlel so gut wie nicht und Oser nur begrenzt bemùht hat).
Erste Vorschläge, die untel Hintanstellung del enLr,vicklungslogischen Prämissen rnit Begriffen von )Schenla( und ,Stil, arbeiten rvollen, stehen bereits zur Diskussion.
Fär die Nlodelldiskussion über leligiöse Entwicklung vgl. H. St eib, Faith Develop- ment Theory Revisited: The Religious Styles Perspective. ln: International Journal fol the Psychology of Religion 1
I
(2001), 143 158.Nipkow 1986, Elementarisielung, a. a. O., 606; Nipkon 2002, a. a. O., 452 f.; Nipkotu 2005, a. a. O.,327.
Nipkotv 2005, a.a.O., 12Bff.
Ein solches
-
allerdings implizites-
Ignolieren del strlrkturgenetischen Entrvick- lur-rgslogrk kann man in Nipkorvs Einbindung post-formalel Denkstrukturen und komplementären Denkens, sorveit diese den schulischen Unterricht betreffen, erken- nen.46 47
49 50 48
'Ì |
llt'iilz Streibzcntr¿rlcn >Motor< der Entwicklung und
birgt
die Gefahr kognitivistischer Vcrengur.rg5r- mit
der Folge, dass z. B. adaptive(in
der Life-Span-Psycho- Iogie), pychodl'namische und andere Entwicklungsdimensionen unterbe- wertet werden.s2Damit wird
die komplexe Felddynamik lebensgeschicht- licher Veränderung auf einen kleinen Ausschnitt reduziert-
was besondersfut
religiöse Entwicklung unangebracht ist, und diesnicht
zulefzl deshalb,weil damit
auch die kreative Bedeutung der Entdeckungvon
neuen Ge- schichtenund
Symbolenins Hintertreffen
gerät.53Man könnte
freilich auch überlegen,ob
das Zusammenspielvon Assimilation und
Akkom- modation nicht nach wie vor ein interessantes Modell wärefür
den Wech- sel von Stilen oder Zugangsmttstern, selbst wenn diese nicht mehrim
Rah- men einer Kohlbergschen Entwicklungslogik konzipiert werden.4. Die
Fragen der Hierarchisierung derkognitiv-strukturellen
Stileund
der Zielangabefür
die gesamte Entwicklungslinie, die auchfúr
Nipkowsa of-fenkundig
der jeweiligen philosophischenoder
theologischen Präferenzder Autoren
entsprechen, werfendie
Frage nachder Normativität
auf.Hier darf man
sichnicht vom
empirischen Mäntelchen humanwissen- schaftlicher Modelle blenden lassen.ss Aber das heißt doch: Die Zuständig-keit für
normative Zielhorizonteund
Hierarchisierungen liegt bei Theo- logieund
Religionstheorie- die freilich ihre Kriterien in
einen offenen, interdisziplinärenDiskurs einbringen
müssen. Hierarchisierungen undPräskriptivität sind dann
>Fremdbeiträgeuin Modellen
religiöser Ent-wicklung, die
dies auchexplizit
notieren sollten- zur
Entìastung ihrer eigenen Prämissen. Wennjedoch
solche >Albeitsteilung< berücksichtigwird, gibt
eskeinen Grund ar
Zt::ücl<haltung gegenüber normativenund
>hierarchisierendenu Bewertungen,die
den einenStil für
,besseru und >angemessener( erklären.Vgl. exemplarisch G. Noam, Beyond Freud and Piaget: Biographical Worlds
-
Inter-personal Self. In: T. E. Wren (Hg.), The Moral Domain, Cambridge 1990,360-399;
vgl. Streib 2001, a. a. O.
Ygl. Streib 2001, a.a.O; H. Streib, Faith Development Research Revisited: Accoun- ting for Diversity in Structure, Content, and Narrativity of Faith. ln: International Journal for the Psychology ofReligion 15 (2005), 99-121.
Dies habe ich bereits in meine¡ in intensivem Gespräch mit Nipkow entstandenen, Dissertation vor allem mit Berufung auf P. Ricoeur herausgearbeitet, vgl. H. Streib, Hermeneutics of Metaphor, Symbol and Narrative in Faith Development Theory (European University Studies, Ser. 23, Vol. 408), Frankfurt/M. 1991.
Nipkow 1987, Lebensgeschichte und reÌigiöse Lebenslinie, a. a. O., 33.
>Wir würden einem naturalistischen Fehlschluß unterliegen, wenn wir den Versuch machen wollten, unser Problem empirisch zu lösen.< (Nipkow 1988, a. a. O., 289).
51
52
53
54 55
Kinder und Jugendliche
-
religiöse Erziehung und EntwicklungI
5.
In seinem Beitrag zur Kindertheologies6 hat Nipkow ein weiteres)norma-
tives Problem< aufgeworfenen, nämlich ob >religiöse Mythen und religiö- ser Buchstabenglauben neben ihrem Recht in der Kindheit auch ihren blei- benden positiven Wert in Jugend und Erwøchsenenalter<<s1 haben
und ,ob
etwa eine Stagnationin
der Weiterentwicklung zum Erwachsenenalterhin
gutist und
zurNorm
erhoben werden soll(.58 Dies seimit
einer Gegen- fragekonfrontiert: Würde im
Falle einer positivenAntwort
auf die auf- geworfenen Fragennicht
dasModell
Fowlers quasi auf den Kopf gestellt, weil eben das Fortbestehen oder die Wiederkehr des mythisch-wörtlichen Schemasim |ugend- und
Erwachsenenalter das Charakteristikumfun-
damentalistischer Weltsicht darstellt?seMit
Bezug auf ,neue Religiosität<, die ja teilweise durchaus fundamentalistischeZige
lràgl, plädiertNipkow
eindeutigfur
eine Stimulation zum >individuierend-reflektierenden Glau- benn. Dennoch:Hinsichtlich
fundamentalistischer Orientierungen undder
Rolle >mythisch-wörtlicher<Strukturen im fugend- und
Erwachse- nenalter sehe ich noch Diskussionsbedarf.6.
Eins jedoch sollte der Vergangenheit angehören:die
Überfremdung der Perspektive der religiösen Entwicklung (und darum auch teilweise der Per- spektivenzur
religiösen Erziehung)durch
eine naive Wettkampf-ldeo- logie. Als sei religiöse Entwicklung ein Wettrennen oder Wettkletternmit
Siegern
-
und Verlierern, zu denen man sagen kann: >Du bist aber zurück- geblieben<. Ehewir
aber das weit von uns weisen: Sindwir nicht
selbstoft
genugin
Gefahr,Kindern und
jugendlichendie
Übernahme eines Stilsoder
einer Kompetenznur darum nicht
zuzutrauen,weil die
Entwick- lungsmodelle dasnicht
vorsehen?60Die
Redevon
Stilenodel
Schemata hat auch hier den Vorteil, dass nicht ein ,besseru- oder >schlechter<-Urteil damit transportiertwird,
sondern schlicht: individual dffirence.Wie immer die weitere Diskussion verlaufen
wird,
soviel darf am Ende dieses Beitrags festgehalten werden: Selbst wenn die Diskussion über die Modelle religiöserEntwicklung,
besondersdie
Entwicklungslogik,wieder
geöffnet56.
Nipkow 2006.57.
Ûbd.,439.s8.
Ebd.59. Das habe ich detailliert entfaltet und aus Fowlers Texten, soweit möglich, belegt in:
H. Streib, Faith Deveìopment and a Way beyond Fundamentalism. In: C, Timmer- man/D. Hutsebaut/S, MeIs/W Nonneman/W van Herck (Hg.), Faith-based Radica- Iism: Christianit¡ Islam and Judaism between Constructive Activism and Destructi- ve Fanaticism, Brussels 2007, 15I-167, bes. 155 f.
60. Vgl. dazu meine entsprechende Kritik in: H. Streib, Extending Our Vision of Deve- lopmental Growth and Engaging in Empirical Scrutin¡ Proposals for the Future of Faith Development Theory. In: Religious Education 99 (2004),427-434.
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