A854 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 1618. April 2008
S T A T U S
Nachwuchsmangel macht sich hier inzwischen genauso stark bemerk- bar wie in der Viszeralchirurgie. So standen den 161 Oberarztausschrei- bungen nur 230 frisch gebackene Gastroenterologen als potenzielle Bewerber gegenüber.
In anderen Schwerpunkten sieht es nicht viel besser aus. In der Pneu- mologie, Hämatologie/Onkologie, Kardiologie und Gefäßchirurgie kommen ebenfalls maximal zwei potenzielle Bewerber auf eine Oberarztausschreibung. Dieser dras- tische Nachwuchsmangel trifft die Krankenhäuser in einer denkbar ungünstigen Situation: Sie benöti- gen dringend Spezialisten, um ihr Leistungsprofil zu schärfen und so wettbewerbsfähig zu bleiben.
Im relativ jungen Fachgebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie hat sich die Lage etwas entspannt, weil die Zahl der Facharztanerkennun- gen in den letzten Jahren sukzessive gestiegen ist. Allerdings reicht diese immer noch nicht, um die enorme Nachfrage auf der Facharzt-/Ober- arztebene zu decken. In den Fachge- bieten Neurologie sowie Psychoso-
matische Medizin hat sich hingegen der Bewerbermangel gegenüber dem Vorjahr weiter verschärft.
Im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist die Verschär- fung des Bewerbermangels auf der Oberarztebene zum Teil „hausge- macht“. Die Krankenhäuser stellen sich immer noch zu wenig auf die
besonderen Bedürfnisse der stei- genden Zahl an Gynäkologinnen ein, die Familie und Beruf miteinan- der vereinbaren wollen. Welches Krankenhaus bietet etwa eine Kin- derbetreuung an oder ist bereit, eine Oberarztposition zu teilen? Zudem fällt auf, dass sich Frauen nicht nur häufiger, sondern auch grundsätzli- cher als ihre männlichen Kollegen weigern, in den bisherigen hierarchi- schen Strukturen Verantwortung zu übernehmen. Insofern müssen sich die Krankenhäuser nicht wundern, wenn sie Oberarztpositionen immer schwerer besetzen können. So muss- te auch im letzten Jahr jede dritte Abteilung in der Frauenheilkunde eine Oberarztposition ausschreiben.
Dass sich der Bewerbermangel in bestimmten Fachgebieten so rasant verschärft hat, realisieren die meis- ten Krankenhäuser erst, wenn sie entsprechende Positionen zu beset- zen haben. Hier fehlt eine Art Vor- warnsystem, das frühzeitig (Fehl-) Entwicklungen in der ärztlichen Weiterbildung aufdeckt. I Dr. Wolfgang Martin E-Mail: mainmedico@t-online.de
GOÄ-RATGEBER
Extrakorporale Stoßwellenbehand- lung – ambulante Operation?
Der Ausschuss „Gebührenordnung“ der Bun- desärztekammer hat 2001 beschlossen, die Durchführung der extrakorporalen Stoßwel- lentherapie (ESWT) bei orthopädischen, chirur- gischen und schmerztherapeutischen Indika- tionen, bei denen „Großgeräte“ zum Einsatz kommen (mit Ortungseinrichtung und potenzi- ell hochenergetischer Energiedichte im Fokus), analog nach der Nr. 1800 der Amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu bewerten (DÄ, Heft 7/2002).
Dabei taucht immer wieder die Frage auf, ob der Zuschlag nach Nr. 445 GOÄ für ambu- lante Operation neben der analogen Nr. 1800 GOÄ für die ESWT berechnungsfähig sei. Unter formalen gebührenrechtlichen Gesichtspunk- ten wäre neben der Nr. 1800 GOÄ analog ent- sprechend den „Allgemeinen Bestimmungen“
zu Kapitel C VIII GOÄ Ziffer 3 die Zuschlagspo- sition Nr. 445 GOÄ „Zuschlag bei ambulanter Durchführung von Operationen nach den Num- mern ...“ denkbar, weil im Fall einer Analogbe-
wertung grundsätzlich die Rahmenbedingun- gen der analog abgegriffenen Gebührenpositi- on infrage kommen können und die Nr. 1800 GOÄ im Katalog der zuschlagsfähigen Leistun- gen verzeichnet ist.
Hinweisgebend zur Berechnungsfähigkeit in dieser speziellen Frage sind zum einen die Be- stimmungen nach Ziffer 1 der Präambel zu C VIII GOÄ, wonach für die ambulante Durchführung von Operations- und Anästhesieleistungen Zu- schläge „für die erforderliche Bereitstellung von Operationseinrichtungen und Einrichtungen zur Vor- und Nachsorge (wie Kosten für Operations- oder Aufwachräume oder Gebühren/Kosten für wieder verwendbare Operationsmaterialien oder -geräte)“ berechnet werden können. Durch die Zuschläge soll den besonderen Erfordernissen einer Operation Rechnung getragen werden. Die ESWT bei orthopädischen oder chirurgischen In- dikationen kann nicht als operative Leistung an- gesehen werden. Besondere Anforderungen, wie in der Präambel genannt oder wie bei der ori- ginären Nr. 1800 GOÄ (Zertrümmerung und Ent- fernung von Blasensteinen unter endoskopi- scher Kontrolle), sind bei der ESWT bei orthopä-
dischen, chirurgischen und schmerztherapeuti- schen Indikationen nicht erforderlich.
Obwohl analoge Bewertungen grundsätzlich den Rahmenbedingungen der abgegriffenen Gebührenposition folgen, muss unterschieden werden zwischen Regelungen, die zwingend zu beachten sind (wie Gebührenrahmen, Mindest- dauer, Mengenbegrenzungen, Ausschlussbe- stimmungen) und den fakultativen Zuschlags- positionen, die – im Übrigen auch bei der Ab- rechnung der originären Gebührennummer – nur angesetzt werden dürfen, wenn sie inhalt- lich erfüllt werden. Auch wenn aus rein forma- len Gesichtspunkten eine Abrechnung denkbar wäre, ist der schematische Ansatz fakultativer Zuschlagspositionen zu zuschlagsfähigen ana- logen Leistungspositionen ohne Berücksichti- gung der inhaltlichen Leistungserfüllung ge- bührenrechtlich nicht korrekt.
Aus diesen Gründen vertritt die Bundesärz- tekammer derzeit die Auffassung, dass die Be- rechnung der Nr. 445 GOÄ neben dem analo- gen Ansatz der Nr. 1800 GOÄ für die ESWT bei orthopädischen oder chirurgischen Indikationen nicht sachgerecht ist. Dr. med. Anja Pieritz TABELLE
Facharztindex 2007:
In welchen Fachgebieten ist die Bewerberdecke besonders dünn?
1) Gastroenterologie 5,4
2) Viszeralchirurgie 6,5
3) Kinder- und Jugendpsychiatrie 7,5
4) Psychosomatische Medizin 7,7
5) Pneumologie 8,1
6) Gefäßchirurgie 8,3
7) Hämatologie/Onkologie 8,4
8) Frauenheilkunde und Geburtshilfe 8,9
9) Neurologie 9,2
10) Kardiologie 9,4
11) Orthopädie und Unfallchirurgie 9,5 Durchschnittswert aller Fachgebiete: 14,6
Der Facharztindex gibt an, wie viele Fachärzte rein rech- nerisch auf eine An- nonce entfallen.